Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.sollte, die würzige Münze, und fügte sie, thaufrisch und safterfüllt, wie sie war, Das ist die Fabel. Und die Moral davon? -- Nun, die Moral besteht in Bei der drückenden Hitze, die den Tag über geherrscht hatte, war es eine Die Aussicht war, wo nicht schon, so doch charakteristisch. Der Bordergrund sollte, die würzige Münze, und fügte sie, thaufrisch und safterfüllt, wie sie war, Das ist die Fabel. Und die Moral davon? — Nun, die Moral besteht in Bei der drückenden Hitze, die den Tag über geherrscht hatte, war es eine Die Aussicht war, wo nicht schon, so doch charakteristisch. Der Bordergrund <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95361"/> <p xml:id="ID_1086" prev="#ID_1085"> sollte, die würzige Münze, und fügte sie, thaufrisch und safterfüllt, wie sie war,<lb/> in die Mischung der Andern. Ein köstlicher Trank! riefen darauf alle Götter<lb/> mit Einem Munde, obwol sie sammt und sonders noch ein Etwas darin ver¬<lb/> mißten. Da warf Zeus selbst eine Handvoll Hagel hinein, und von jetzt ab, sagt<lb/> Ferro Hoffmann, dem ich diese Myth? nacherzähle, wurde Miutjulep das Lieb¬<lb/> lingsgetränk .der Unsterblichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1087"> Das ist die Fabel. Und die Moral davon? — Nun, die Moral besteht in<lb/> dem Recepte: Nimm, da Hagel und Honig von Hybla nicht immer zur Hand<lb/> sind, Eis und weißen Zucker, wirf es in ein Glas, gieße Whiskey, Perfiko und<lb/> Krausemünzen-Extract, von letzterem nur ein paar Tropfen, darauf und schüttle<lb/> es fein säuberlich durch einander. Dann stecke einen Strohhalm hinein, setze dich<lb/> und erhebe die Beine, bis sich die Füße in gleicher Höhe mit einem gegenüber<lb/> befindlichen Tische oder Fenstersimse befinden. Nach diesen Vorbereitungen und<lb/> in dieser Lage magst du an's Aussaugen des aromatischen Kühltranks gehen. Er<lb/> ist dann eben so kunstgerecht gebraut, als in gebührlicher Stellung genossen, und<lb/> so, aber.auch nur so, kannst du sagen: Auch ich habe Mintjulep getrunken!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1088"> Bei der drückenden Hitze, die den Tag über geherrscht hatte, war es eine<lb/> außerordentliche Erquickung, als der Abend dem See kühlende Lüftchen entlockte,<lb/> auf dem Balkon des Hotels zu sitzen und sich, entrückt dem Stande der Straße,<lb/> den Schweiß von der Stirn und die Gluth aus den Adern fächeln zu lassen.<lb/> Hiermit konnten eine Beobachtung des Dampfbootes, welches uns nach Cleveland<lb/> abholen sollte, eine Lection'im amerikanischen Dialekte, wozu ein Farmer von<lb/> Wabash, der neben uns Platz genommen, Gelegenheit bot, ferner Betrachtungen<lb/> des Volksthums, das uns zu Füßen wogte, und endlich eine Probe zur Ent¬<lb/> scheidung der beim Jnlep angeregten wissenschaftlichen Frage verbunden werden,<lb/> ob sich's denn wirklich bequemer sitze, wenn man die Füße in horizontaler Lage<lb/> mit der Nasenspitze vor sich hinstreckt und mit dem Stuhle dazu schaukelt. Man<lb/> sieht, die Situation war dem uMs wie dem clules gleich günstig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1089" next="#ID_1090"> Die Aussicht war, wo nicht schon, so doch charakteristisch. Der Bordergrund<lb/> zeigte ein halbes Dutzend Kramladen, in denen man nicht weniger als Alles,<lb/> Kartoffeln und Pfefferkuchen, Mehl und Medicin, Syrup und Pökelfleisch, Tuch,<lb/> Töpferwaaren und Ackerwerkzeuge seil hatte. Zwischen die Rivalen hatten sich ein<lb/> Buchhändler, der zugleich in Eisenbahn- und Dampfbootbillets Geschäfte machte, und<lb/> eine Barbierstube geklemmt. Vor der letztern stand, statt unsrer Becken, als Hand¬<lb/> werkszeichen der landesübliche, mit dem nationalen Blaurothweiß angestrichene<lb/> Pfahl, dessen Streifen die Aderlaßbinde bedeuten, und darunter saßen die Inhaber<lb/> des Etablissements, drei Neger mit wohlgepflegten Schnurrbärten und pommade-<lb/> glänzenden Wollköpfen. Eine lärmende Kupferschmiedsmerkstatt, eine Art<lb/> Apotheke,' mit Anzeigen von allerhand Wnndersalben und Welterlösungspillen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
sollte, die würzige Münze, und fügte sie, thaufrisch und safterfüllt, wie sie war,
in die Mischung der Andern. Ein köstlicher Trank! riefen darauf alle Götter
mit Einem Munde, obwol sie sammt und sonders noch ein Etwas darin ver¬
mißten. Da warf Zeus selbst eine Handvoll Hagel hinein, und von jetzt ab, sagt
Ferro Hoffmann, dem ich diese Myth? nacherzähle, wurde Miutjulep das Lieb¬
lingsgetränk .der Unsterblichen.
Das ist die Fabel. Und die Moral davon? — Nun, die Moral besteht in
dem Recepte: Nimm, da Hagel und Honig von Hybla nicht immer zur Hand
sind, Eis und weißen Zucker, wirf es in ein Glas, gieße Whiskey, Perfiko und
Krausemünzen-Extract, von letzterem nur ein paar Tropfen, darauf und schüttle
es fein säuberlich durch einander. Dann stecke einen Strohhalm hinein, setze dich
und erhebe die Beine, bis sich die Füße in gleicher Höhe mit einem gegenüber
befindlichen Tische oder Fenstersimse befinden. Nach diesen Vorbereitungen und
in dieser Lage magst du an's Aussaugen des aromatischen Kühltranks gehen. Er
ist dann eben so kunstgerecht gebraut, als in gebührlicher Stellung genossen, und
so, aber.auch nur so, kannst du sagen: Auch ich habe Mintjulep getrunken!
Bei der drückenden Hitze, die den Tag über geherrscht hatte, war es eine
außerordentliche Erquickung, als der Abend dem See kühlende Lüftchen entlockte,
auf dem Balkon des Hotels zu sitzen und sich, entrückt dem Stande der Straße,
den Schweiß von der Stirn und die Gluth aus den Adern fächeln zu lassen.
Hiermit konnten eine Beobachtung des Dampfbootes, welches uns nach Cleveland
abholen sollte, eine Lection'im amerikanischen Dialekte, wozu ein Farmer von
Wabash, der neben uns Platz genommen, Gelegenheit bot, ferner Betrachtungen
des Volksthums, das uns zu Füßen wogte, und endlich eine Probe zur Ent¬
scheidung der beim Jnlep angeregten wissenschaftlichen Frage verbunden werden,
ob sich's denn wirklich bequemer sitze, wenn man die Füße in horizontaler Lage
mit der Nasenspitze vor sich hinstreckt und mit dem Stuhle dazu schaukelt. Man
sieht, die Situation war dem uMs wie dem clules gleich günstig.
Die Aussicht war, wo nicht schon, so doch charakteristisch. Der Bordergrund
zeigte ein halbes Dutzend Kramladen, in denen man nicht weniger als Alles,
Kartoffeln und Pfefferkuchen, Mehl und Medicin, Syrup und Pökelfleisch, Tuch,
Töpferwaaren und Ackerwerkzeuge seil hatte. Zwischen die Rivalen hatten sich ein
Buchhändler, der zugleich in Eisenbahn- und Dampfbootbillets Geschäfte machte, und
eine Barbierstube geklemmt. Vor der letztern stand, statt unsrer Becken, als Hand¬
werkszeichen der landesübliche, mit dem nationalen Blaurothweiß angestrichene
Pfahl, dessen Streifen die Aderlaßbinde bedeuten, und darunter saßen die Inhaber
des Etablissements, drei Neger mit wohlgepflegten Schnurrbärten und pommade-
glänzenden Wollköpfen. Eine lärmende Kupferschmiedsmerkstatt, eine Art
Apotheke,' mit Anzeigen von allerhand Wnndersalben und Welterlösungspillen
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