Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.betrachten, mehr als überdrüßig geworden. Endlich zeigte ein Blick in Phelps' "(ist out ok ete ears I" rief der Schaffner in die Wagen herein, nachdem "Landsleute hier? -- Deutsches Gasthaus -- fünfzig Cent den Tag -- Unsre Bekanntschaft war auf eigenthümliche Weise gemacht worden. Die betrachten, mehr als überdrüßig geworden. Endlich zeigte ein Blick in Phelps' „(ist out ok ete ears I" rief der Schaffner in die Wagen herein, nachdem „Landsleute hier? — Deutsches Gasthaus — fünfzig Cent den Tag — Unsre Bekanntschaft war auf eigenthümliche Weise gemacht worden. Die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0374" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95355"/> <p xml:id="ID_1062" prev="#ID_1061"> betrachten, mehr als überdrüßig geworden. Endlich zeigte ein Blick in Phelps'<lb/> Guide, daß die Erlösung nahe sei, und als der Abend sank, öffnete sich<lb/> vor uns der Eichenwald zu einer weiten Lichtung, in deren Hintergrunde, am<lb/> Strande des spiegelglatten Erie-Sees, unser Rastort, die Stadt Dunkirk, mit<lb/> dem uns empfohlenen schmucken American-Hotel uus eutgegenwinkte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1063"> „(ist out ok ete ears I" rief der Schaffner in die Wagen herein, nachdem<lb/> der Zug angehalten, und „el«zg,r out ^on se:amp8l" schrie er in noch gröberen<lb/> Tone Denen zu, welche, die erste Aufforderung nicht verstehend, ihre Sitze zu<lb/> verlassen zögerten. .</p><lb/> <p xml:id="ID_1064"> „Landsleute hier? — Deutsches Gasthaus — fünfzig Cent den Tag —<lb/> dreimal warm Essen — gleich beim Landungsplatze — 'raus, 'raus, Landsleute —<lb/> wer geht mit in's deutsche Gasthaus?" krächzte eine von den Harpyen, welche<lb/> an den Haltpunkten im Innern der Emigration auflauern, um sich von dem<lb/> Fette, das die Genossen in den Hafenplätzen auf der Suppe gelassen, ihr Theil<lb/> zu nehmen. Die große Masse folgte dem schmierigen Gesellen in sein schmuziges<lb/> Wanzennest. Ich aber begab mich mit einem jungen Elegant, der sich mir zum<lb/> Reisebegleiter nach Cincinnati angetragen, nach! dem erwähnten amerikanischen<lb/> Gasthause, das uns für einen Dollar per Tag nichts von „den guten Dingen<lb/> dieses Lebens" vermissen ließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_1065" next="#ID_1066"> Unsre Bekanntschaft war auf eigenthümliche Weise gemacht worden. Die<lb/> Condncteure erachten es bei Auswanderungszügen unter ihrer Würde als Gentlemen,<lb/> ans die Frage, wie lange der Dampfer bei der oder jener Station anhalte, zu<lb/> antworten, gleichviel ob der Fragsteller Englisch redet oder nicht. So wagte es<lb/> in unsrem Waggon selten jemand, sich nach den Restaurationen zu entfernen, um<lb/> sich mit dem zu versehen, was Leib und Seele zusammenhält. Die Folge war<lb/> eine kleine Hungersnoth, der ich endlich für uns und die zunächst Sitzenden in Otis-<lb/> ville dadurch ein Ende machte, daß ich, kühnen Muthes der Gefahr, zurückgelassen zu<lb/> werden, trotzend, uach der Abspeisungsanstalt sprang, und —-es war nämlich in<lb/> der Eile nichts Substanzielleres zu bekommen — eine ungeheure Torte zurück¬<lb/> brachte, die zum allgemeinen Besten geschlachtet wurde. Ein wohlgekleideter Herr<lb/> in der entgegengesetzten Ecke, der seine Nachbarn mit Erzählungen aus Paris<lb/> unterhielt, bekam ebenfalls seinen Antheil, und an diese Spende knüpften sich<lb/> verbindliche Worte, denen später ein näheres An- und Ausschließen folgte. Mein<lb/> neuer Freund war ein voetor mscliein^o Fürster, der in Frankfurt mitgefochten,<lb/> und nach seiner Flucht von da im Spitale des Doctor Ricord in Paris An¬<lb/> stellung gefunden hatte, jetzt aber uach New-Orleans wollte, wo er in Gemeiu-<lb/> schafr mit einem dort schon länger etablirten Bruder die ärztliche Praxis zu be¬<lb/> treiben gedachte. Er sprach etwas Französisch, war mit dem nvrvu8 rerum wohl<lb/> versehen und hatte in New-Uork im Broadway-Hätel gewohnt. Sein Deutsch war<lb/> freilich nicht von der Sorte, die in gebildeten Kreisen Cours hat. Seine latei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0374]
betrachten, mehr als überdrüßig geworden. Endlich zeigte ein Blick in Phelps'
Guide, daß die Erlösung nahe sei, und als der Abend sank, öffnete sich
vor uns der Eichenwald zu einer weiten Lichtung, in deren Hintergrunde, am
Strande des spiegelglatten Erie-Sees, unser Rastort, die Stadt Dunkirk, mit
dem uns empfohlenen schmucken American-Hotel uus eutgegenwinkte.
„(ist out ok ete ears I" rief der Schaffner in die Wagen herein, nachdem
der Zug angehalten, und „el«zg,r out ^on se:amp8l" schrie er in noch gröberen
Tone Denen zu, welche, die erste Aufforderung nicht verstehend, ihre Sitze zu
verlassen zögerten. .
„Landsleute hier? — Deutsches Gasthaus — fünfzig Cent den Tag —
dreimal warm Essen — gleich beim Landungsplatze — 'raus, 'raus, Landsleute —
wer geht mit in's deutsche Gasthaus?" krächzte eine von den Harpyen, welche
an den Haltpunkten im Innern der Emigration auflauern, um sich von dem
Fette, das die Genossen in den Hafenplätzen auf der Suppe gelassen, ihr Theil
zu nehmen. Die große Masse folgte dem schmierigen Gesellen in sein schmuziges
Wanzennest. Ich aber begab mich mit einem jungen Elegant, der sich mir zum
Reisebegleiter nach Cincinnati angetragen, nach! dem erwähnten amerikanischen
Gasthause, das uns für einen Dollar per Tag nichts von „den guten Dingen
dieses Lebens" vermissen ließ.
Unsre Bekanntschaft war auf eigenthümliche Weise gemacht worden. Die
Condncteure erachten es bei Auswanderungszügen unter ihrer Würde als Gentlemen,
ans die Frage, wie lange der Dampfer bei der oder jener Station anhalte, zu
antworten, gleichviel ob der Fragsteller Englisch redet oder nicht. So wagte es
in unsrem Waggon selten jemand, sich nach den Restaurationen zu entfernen, um
sich mit dem zu versehen, was Leib und Seele zusammenhält. Die Folge war
eine kleine Hungersnoth, der ich endlich für uns und die zunächst Sitzenden in Otis-
ville dadurch ein Ende machte, daß ich, kühnen Muthes der Gefahr, zurückgelassen zu
werden, trotzend, uach der Abspeisungsanstalt sprang, und —-es war nämlich in
der Eile nichts Substanzielleres zu bekommen — eine ungeheure Torte zurück¬
brachte, die zum allgemeinen Besten geschlachtet wurde. Ein wohlgekleideter Herr
in der entgegengesetzten Ecke, der seine Nachbarn mit Erzählungen aus Paris
unterhielt, bekam ebenfalls seinen Antheil, und an diese Spende knüpften sich
verbindliche Worte, denen später ein näheres An- und Ausschließen folgte. Mein
neuer Freund war ein voetor mscliein^o Fürster, der in Frankfurt mitgefochten,
und nach seiner Flucht von da im Spitale des Doctor Ricord in Paris An¬
stellung gefunden hatte, jetzt aber uach New-Orleans wollte, wo er in Gemeiu-
schafr mit einem dort schon länger etablirten Bruder die ärztliche Praxis zu be¬
treiben gedachte. Er sprach etwas Französisch, war mit dem nvrvu8 rerum wohl
versehen und hatte in New-Uork im Broadway-Hätel gewohnt. Sein Deutsch war
freilich nicht von der Sorte, die in gebildeten Kreisen Cours hat. Seine latei-
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