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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Stadtanlagen viel mehr Bedeutung als in Gärten. Die Verbindungswege zwischen
verschiedenen Stadttheilen müssen entweder gerade, oder dürfen nur wenig gebogen
sein, damit man nicht zu Umwegen gezwungen ist. Dagegen können die eigent¬
lichen Promenadenwege wieder mehr Windungen machen, als in großen Park¬
anlagen sür schön gilt, damit die Promenade möglichst ausgedehnt werden kann.
Neben den Hauptwegen müssen zahlreiche Seitenwege das Ausweichen erleichtern.
Wenn es möglich ist, so sollte man auf besondere sonnige Winterwege Rücksicht
nehmen, und diese auf der Nordseite mit immergrünen Bäumen bepflanzen. Außer
den zur Zierde dienenden, oder um öffentliche Gebäude, Kaffeehäuser u s. w.
angebrachten Plätzen müssen noch besondere Neit- und Spielplätze vorhanden sein;
wenn eine Stadtanlage ihren Zweck erfüllen soll, so muß vor Allem auch für
das Wohl der Kinder gesorgt werden. Fließendes oder auch stehendes frisches
Wasser ist in einer solchen Anlage stets angenehm, besonders wenn es sich zu
einem seeartigen Teiche ausdehnen kann; dagegen vermeide man sorgfältig stehen¬
des Wasser, wenn kein hinreichender Zufluß und Abfluß vorhanden ist. Bei der
Wahl der zu pflanzenden Holzarten sehe man auf solche, welche sich früh belauben,
und vermeide die spättreibenden so viel als möglich, bringe wenigstens keine Massen
davon an. Dasselbe gilt von solchen, die im Herbst die Blätter zu zeitig ver¬
lieren) z. B. Kastanien, obschon diese schön sind. Schädliche, übelriechende,
dnrch Samenwolle belästigende oder gar giftige Pflanzen dürfen gar nicht in der
Anlage verwendet werden. Blühende Sträucher siud häufig, aber nicht nahe an
Wegen anzubringen. -- Ganz anders siud regelmäßige Plätze in der Stadt selbst
zu behandeln. Hier darf die architektonische Form auch in die Gartenanlagen
übergehen, und es wird nur selten lobenswerth sein, eine zweckmäßige Anlage
darauf auszuführend) Freilich sind gar zu künstliche Formen auch nicht zu em¬
pfehlen, und vor Allem darauf zu scheu, daß die Communication so wenig wie
möglich erschwert wird.

Am meisten kann sür die Verschönerung einer Landschaft geschehen durch die
Erziehung und das Beispiel. Behörden und Vereine haben kein Recht und keine
Macht über die Einzelnen. Wenn aber der Schönheitssinn schon im Kinde ge¬
weckt wird und von einflußreichen Personen den Erwachsenen ein gutes Beispiel
gegeben, so werden sich die guten Wirkungen schnell zeigen. Wenn z. B. ein
Gutsbesitzer oder eine Gemeinde jährlich 10 Thaler auf die Verschönerung des
Dorfes verwenden, so lHnen sie nach unsrem Recept in 10 Jahren das hä߬
lichste Dorf in ein hübsches verwandelt haben.





Ans den Squares in London und Edinburg ist dies gleichwohl geschehen, doch hat
letztere Stadt mehr architektonisch arrangirte Garteuplähe.

Stadtanlagen viel mehr Bedeutung als in Gärten. Die Verbindungswege zwischen
verschiedenen Stadttheilen müssen entweder gerade, oder dürfen nur wenig gebogen
sein, damit man nicht zu Umwegen gezwungen ist. Dagegen können die eigent¬
lichen Promenadenwege wieder mehr Windungen machen, als in großen Park¬
anlagen sür schön gilt, damit die Promenade möglichst ausgedehnt werden kann.
Neben den Hauptwegen müssen zahlreiche Seitenwege das Ausweichen erleichtern.
Wenn es möglich ist, so sollte man auf besondere sonnige Winterwege Rücksicht
nehmen, und diese auf der Nordseite mit immergrünen Bäumen bepflanzen. Außer
den zur Zierde dienenden, oder um öffentliche Gebäude, Kaffeehäuser u s. w.
angebrachten Plätzen müssen noch besondere Neit- und Spielplätze vorhanden sein;
wenn eine Stadtanlage ihren Zweck erfüllen soll, so muß vor Allem auch für
das Wohl der Kinder gesorgt werden. Fließendes oder auch stehendes frisches
Wasser ist in einer solchen Anlage stets angenehm, besonders wenn es sich zu
einem seeartigen Teiche ausdehnen kann; dagegen vermeide man sorgfältig stehen¬
des Wasser, wenn kein hinreichender Zufluß und Abfluß vorhanden ist. Bei der
Wahl der zu pflanzenden Holzarten sehe man auf solche, welche sich früh belauben,
und vermeide die spättreibenden so viel als möglich, bringe wenigstens keine Massen
davon an. Dasselbe gilt von solchen, die im Herbst die Blätter zu zeitig ver¬
lieren) z. B. Kastanien, obschon diese schön sind. Schädliche, übelriechende,
dnrch Samenwolle belästigende oder gar giftige Pflanzen dürfen gar nicht in der
Anlage verwendet werden. Blühende Sträucher siud häufig, aber nicht nahe an
Wegen anzubringen. — Ganz anders siud regelmäßige Plätze in der Stadt selbst
zu behandeln. Hier darf die architektonische Form auch in die Gartenanlagen
übergehen, und es wird nur selten lobenswerth sein, eine zweckmäßige Anlage
darauf auszuführend) Freilich sind gar zu künstliche Formen auch nicht zu em¬
pfehlen, und vor Allem darauf zu scheu, daß die Communication so wenig wie
möglich erschwert wird.

Am meisten kann sür die Verschönerung einer Landschaft geschehen durch die
Erziehung und das Beispiel. Behörden und Vereine haben kein Recht und keine
Macht über die Einzelnen. Wenn aber der Schönheitssinn schon im Kinde ge¬
weckt wird und von einflußreichen Personen den Erwachsenen ein gutes Beispiel
gegeben, so werden sich die guten Wirkungen schnell zeigen. Wenn z. B. ein
Gutsbesitzer oder eine Gemeinde jährlich 10 Thaler auf die Verschönerung des
Dorfes verwenden, so lHnen sie nach unsrem Recept in 10 Jahren das hä߬
lichste Dorf in ein hübsches verwandelt haben.





Ans den Squares in London und Edinburg ist dies gleichwohl geschehen, doch hat
letztere Stadt mehr architektonisch arrangirte Garteuplähe.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/350>, abgerufen am 27.09.2024.