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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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man sie durch unregelmäßige Scitenpflanznngcn unsichtbar oder weniger auffallend.
Auch die Biegung der Wege darf freilich nie gezwungen und mit großen Um¬
wegen verknüpft sein. Regelmäßig bepflanzte Wege oder Alleen bringen dem
Bilde der Landschaft zuweilen mehr Nachtheil als Nutzen. Indeß da Schatten
ein Bedürfniß ist, und die Bepflanzung der Wege den Obstbau fördert, so
mögen sie immerhin zu den Verschönerungsmitteln gerechnet werden. Das Wich¬
tigste ist freilich die Wahl der Bäume. Wo Obstbämue nicht fortkommen oder
nicht schön genug sind, wähle man Linden, Platanen, Eichen, Kastanien, Tulpen-
bäume, Spitzahorn n. a. in. Unter den fruchttragenden Bäumen sind Wallnu߬
bäume und eßbare Kastanien die vorzüglichsten. Pappchi schaden den Feldern zu
sehr, geben wenig Schatten und sind selten schön; am wenigsten die lombardischen
Pappeln, die leider überall angepflanzten schattenlosen Wächter der Heerstraße.
Nur wenn eine durchaus reizlose Gegend verborgen werden soll, leistet eine lange
Pappelallee, zuweilen gute Dienste, da sie, schräge gestellt, wie eine spanische
Wand wirkt.*)

Für die Verschönerung der Siädte dnrch Gartenanlagen ist in Deutschland
bereits viel gethan. Die Anlagen von Frankfurt a. M., Hamburg und anderer
Orte, so wie die öffentlichen Plätze in Berlin sind vor Allem zur Nachahmung
empfohlen. Hier noch einige Winke, die der vielfach begangenen Fehler wegen
nicht unnütz sein werde". Das Eigenthümliche solcher Stadtanlagen ist, daß sie
sich häufig zwischen verschiedenen Stadttheilen sehr in die Länge, aber wenig in
die Breite ausdehnen und sehr unregelmäßige Umrisse haben. Man hat daher
an deu meisten Orten mit Recht den landschaftlichen Gartenstyl in Anwendung
gebracht, häufig aber die Regeln der Gartenkunst zu streng beobachtet. Bei
dem Plane ist zunächst darauf zu sehen, daß Licht und Schatten nach der Oert-
lichkeit vertheilt wird, indem man ersteres aus die breiten, die Schattemnasse aber
auf die schmalen Stellen bringt. Auf diese Art wird der breiteste Raum in seiner
ganzen Größe gezeigt, die geringe Breite anderer Stellen aber dnrch dichte Be¬
pflanzung verborgen, so daß die Anlagen viel freier und großer erscheinen, als
sie wirklich sind. Obschon Schatten das erste Bedürfniß einer Stadtpromenade
ist, so dürfen doch die Schattenpartien nur einen verhältnißmäßig kleinen Raum
einnehmen, damit die Luft sich rein erhält und frei circuliren kann, und die Nachbar-
gcbäude nicht darunter leiden. Es muß darauf Rücksicht genommen werden, daß
schöne Häuserreihen und die vorzüglichsten Gebäude von der besten Seite gesehen
werden können. Prachtgebäude, Thürme, Thore und andere auffallende Gegen¬
stände sollten deu Hintergrund besonderer Bilder bilden. Die Wege haben in



Die größte Geschmacklosigkeit in Bezug auf Alleen hat die .untere Grafschaft Stollberg
ain Unterharz auszuweisen. Dort sind die Chausseen und herrschaftlichen Wege mit kleinen
zu Kugeln beschnittenen Hainbuchen eingefaßt, die sich selbst in dein herrlichsten Laubwald
und uuter anderen Bäumen fortsehen.
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man sie durch unregelmäßige Scitenpflanznngcn unsichtbar oder weniger auffallend.
Auch die Biegung der Wege darf freilich nie gezwungen und mit großen Um¬
wegen verknüpft sein. Regelmäßig bepflanzte Wege oder Alleen bringen dem
Bilde der Landschaft zuweilen mehr Nachtheil als Nutzen. Indeß da Schatten
ein Bedürfniß ist, und die Bepflanzung der Wege den Obstbau fördert, so
mögen sie immerhin zu den Verschönerungsmitteln gerechnet werden. Das Wich¬
tigste ist freilich die Wahl der Bäume. Wo Obstbämue nicht fortkommen oder
nicht schön genug sind, wähle man Linden, Platanen, Eichen, Kastanien, Tulpen-
bäume, Spitzahorn n. a. in. Unter den fruchttragenden Bäumen sind Wallnu߬
bäume und eßbare Kastanien die vorzüglichsten. Pappchi schaden den Feldern zu
sehr, geben wenig Schatten und sind selten schön; am wenigsten die lombardischen
Pappeln, die leider überall angepflanzten schattenlosen Wächter der Heerstraße.
Nur wenn eine durchaus reizlose Gegend verborgen werden soll, leistet eine lange
Pappelallee, zuweilen gute Dienste, da sie, schräge gestellt, wie eine spanische
Wand wirkt.*)

Für die Verschönerung der Siädte dnrch Gartenanlagen ist in Deutschland
bereits viel gethan. Die Anlagen von Frankfurt a. M., Hamburg und anderer
Orte, so wie die öffentlichen Plätze in Berlin sind vor Allem zur Nachahmung
empfohlen. Hier noch einige Winke, die der vielfach begangenen Fehler wegen
nicht unnütz sein werde». Das Eigenthümliche solcher Stadtanlagen ist, daß sie
sich häufig zwischen verschiedenen Stadttheilen sehr in die Länge, aber wenig in
die Breite ausdehnen und sehr unregelmäßige Umrisse haben. Man hat daher
an deu meisten Orten mit Recht den landschaftlichen Gartenstyl in Anwendung
gebracht, häufig aber die Regeln der Gartenkunst zu streng beobachtet. Bei
dem Plane ist zunächst darauf zu sehen, daß Licht und Schatten nach der Oert-
lichkeit vertheilt wird, indem man ersteres aus die breiten, die Schattemnasse aber
auf die schmalen Stellen bringt. Auf diese Art wird der breiteste Raum in seiner
ganzen Größe gezeigt, die geringe Breite anderer Stellen aber dnrch dichte Be¬
pflanzung verborgen, so daß die Anlagen viel freier und großer erscheinen, als
sie wirklich sind. Obschon Schatten das erste Bedürfniß einer Stadtpromenade
ist, so dürfen doch die Schattenpartien nur einen verhältnißmäßig kleinen Raum
einnehmen, damit die Luft sich rein erhält und frei circuliren kann, und die Nachbar-
gcbäude nicht darunter leiden. Es muß darauf Rücksicht genommen werden, daß
schöne Häuserreihen und die vorzüglichsten Gebäude von der besten Seite gesehen
werden können. Prachtgebäude, Thürme, Thore und andere auffallende Gegen¬
stände sollten deu Hintergrund besonderer Bilder bilden. Die Wege haben in



Die größte Geschmacklosigkeit in Bezug auf Alleen hat die .untere Grafschaft Stollberg
ain Unterharz auszuweisen. Dort sind die Chausseen und herrschaftlichen Wege mit kleinen
zu Kugeln beschnittenen Hainbuchen eingefaßt, die sich selbst in dein herrlichsten Laubwald
und uuter anderen Bäumen fortsehen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/349>, abgerufen am 27.09.2024.