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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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hin, Allen die Bedeckung des Weinstocks im Winter und den Fähigeren die Geheimnisse
des Nebeuschnitts beizubringen. Härter, als der Weinstock, von eben so schnellem
Wuchs und noch malerischer, ist die schönste Kletterpflanze Deutschlands, der
wilde Wein (^mpelopsis quinquololiÄ, Jungsernwcin, Fuchswein); er färbt im
Herbst seine Blätter roth, umzieht schnell und eifrig große Flächen, und dauert
in der strengsten Kälte' ohne Schutz aus. Epheu und eiemiM8 sind weniger zu
empfehlen, weil sie langsamer wachsen. An der Nordseite ist freilich der Epheu
am besten zu gebrauchen. Außer diesen perennirenden Pflanzen ist vor Allem
der Anbau weitrankender Kürbisse zu empfehlen, es ist sehr leicht, die langen
Ranken bis auf das Dach zu ziehen, und ein Dorf gewohnt sich schnell, die
wunderlichen und in der Wirthschaft nützlichen Früchte zu pflegen.

Oft werden die Kletterpflanzen in Gestalt einer Veranda (Pergola, große an
den Seiten offene Laube) am besten die Einförmigkeit unterbrechen. Ueberhaupt
sind diese Art Lauben in vielen Fällen mit Vortheil anzubringen und stets an-
muthig, da sie auf die natürlichste Weise Schatten geben, wo Bäume nicht statt¬
haft siud. Sie können als Vorhalle die Thür beschatten, oder als Galerie um
das Haus laufen, oder auch als schattiger Verbindungsweg durch den Garten
und über den Hof führen. Die Kletterpflanzen können ferner als Guirlanden
von Baum zu Baum ranken, oder an den Stämmen hinauf klimmen. -- Die
nächste Verschönerung betrifft den Hos oder den Vorplatz, wenn letzterer kein
Garten ist. Er sei vor Allem geebnet und rein. Der Viehhof sei durch Hecken
oder ein Geländer abgeschlossen, wenigstens bis an den Eingang des Wohnhauses.

Wo in einem Dorfe Häßliches nicht dnrch Schlingpflanzen zu verstecken ist,
z. B. Düngerstätten, da reichen einige Flieder- und Jasminsträucher-Hecken, oder
eine Gruppe niedriger Bäume in der Regel hin, die der Einzelne oder die Ge¬
meinde setzen läßt. Ueberall muß die weibliche Bevölkerung eines Dorfes so viel
Frende an der Natur haben, daß sie am Hanse, im kleinen Garten auf hübsche
Blumen hält. Alle diese kleinen Verzierungen des Dorfes sind fast ohne Kosten,
nur durch Unterweisung der Kinder in der Schule zu erreichen. --

Das Hauptgebäude des Dorfes ist die Kirche, und die größte Zierde des
Kirchthurms in der Landschaft ist eine schlanke Spitze, welche sich stattlich über
der Häusergruppe erhebt. Die dicken unförmlichen Dächer von Bretern und Zie¬
geln an den Thürmen müssen nach und nach bei Reparaturen entfernt werden,
und wo ein Neubau *) stattfindet, sollen Pfarr - und Schulhaus mit der Kirche
zu einer Gruppe vereinigt werden. Liegt das Dorf an einem AbHange, so wähle
mau für die Kirche den höchsten Platz.

Eine besondere Berücksichtigung verdienen die aus dem Mittelalter, oder



*) Sehr schöne Entwürfe von Kirchen, Pfarr- und Schulhäusern enthält das von der
kiwigl. preußischen Oberbaudeputation herausgegebene Kupferwerk.

hin, Allen die Bedeckung des Weinstocks im Winter und den Fähigeren die Geheimnisse
des Nebeuschnitts beizubringen. Härter, als der Weinstock, von eben so schnellem
Wuchs und noch malerischer, ist die schönste Kletterpflanze Deutschlands, der
wilde Wein (^mpelopsis quinquololiÄ, Jungsernwcin, Fuchswein); er färbt im
Herbst seine Blätter roth, umzieht schnell und eifrig große Flächen, und dauert
in der strengsten Kälte' ohne Schutz aus. Epheu und eiemiM8 sind weniger zu
empfehlen, weil sie langsamer wachsen. An der Nordseite ist freilich der Epheu
am besten zu gebrauchen. Außer diesen perennirenden Pflanzen ist vor Allem
der Anbau weitrankender Kürbisse zu empfehlen, es ist sehr leicht, die langen
Ranken bis auf das Dach zu ziehen, und ein Dorf gewohnt sich schnell, die
wunderlichen und in der Wirthschaft nützlichen Früchte zu pflegen.

Oft werden die Kletterpflanzen in Gestalt einer Veranda (Pergola, große an
den Seiten offene Laube) am besten die Einförmigkeit unterbrechen. Ueberhaupt
sind diese Art Lauben in vielen Fällen mit Vortheil anzubringen und stets an-
muthig, da sie auf die natürlichste Weise Schatten geben, wo Bäume nicht statt¬
haft siud. Sie können als Vorhalle die Thür beschatten, oder als Galerie um
das Haus laufen, oder auch als schattiger Verbindungsweg durch den Garten
und über den Hof führen. Die Kletterpflanzen können ferner als Guirlanden
von Baum zu Baum ranken, oder an den Stämmen hinauf klimmen. — Die
nächste Verschönerung betrifft den Hos oder den Vorplatz, wenn letzterer kein
Garten ist. Er sei vor Allem geebnet und rein. Der Viehhof sei durch Hecken
oder ein Geländer abgeschlossen, wenigstens bis an den Eingang des Wohnhauses.

Wo in einem Dorfe Häßliches nicht dnrch Schlingpflanzen zu verstecken ist,
z. B. Düngerstätten, da reichen einige Flieder- und Jasminsträucher-Hecken, oder
eine Gruppe niedriger Bäume in der Regel hin, die der Einzelne oder die Ge¬
meinde setzen läßt. Ueberall muß die weibliche Bevölkerung eines Dorfes so viel
Frende an der Natur haben, daß sie am Hanse, im kleinen Garten auf hübsche
Blumen hält. Alle diese kleinen Verzierungen des Dorfes sind fast ohne Kosten,
nur durch Unterweisung der Kinder in der Schule zu erreichen. —

Das Hauptgebäude des Dorfes ist die Kirche, und die größte Zierde des
Kirchthurms in der Landschaft ist eine schlanke Spitze, welche sich stattlich über
der Häusergruppe erhebt. Die dicken unförmlichen Dächer von Bretern und Zie¬
geln an den Thürmen müssen nach und nach bei Reparaturen entfernt werden,
und wo ein Neubau *) stattfindet, sollen Pfarr - und Schulhaus mit der Kirche
zu einer Gruppe vereinigt werden. Liegt das Dorf an einem AbHange, so wähle
mau für die Kirche den höchsten Platz.

Eine besondere Berücksichtigung verdienen die aus dem Mittelalter, oder



*) Sehr schöne Entwürfe von Kirchen, Pfarr- und Schulhäusern enthält das von der
kiwigl. preußischen Oberbaudeputation herausgegebene Kupferwerk.
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[0345] hin, Allen die Bedeckung des Weinstocks im Winter und den Fähigeren die Geheimnisse des Nebeuschnitts beizubringen. Härter, als der Weinstock, von eben so schnellem Wuchs und noch malerischer, ist die schönste Kletterpflanze Deutschlands, der wilde Wein (^mpelopsis quinquololiÄ, Jungsernwcin, Fuchswein); er färbt im Herbst seine Blätter roth, umzieht schnell und eifrig große Flächen, und dauert in der strengsten Kälte' ohne Schutz aus. Epheu und eiemiM8 sind weniger zu empfehlen, weil sie langsamer wachsen. An der Nordseite ist freilich der Epheu am besten zu gebrauchen. Außer diesen perennirenden Pflanzen ist vor Allem der Anbau weitrankender Kürbisse zu empfehlen, es ist sehr leicht, die langen Ranken bis auf das Dach zu ziehen, und ein Dorf gewohnt sich schnell, die wunderlichen und in der Wirthschaft nützlichen Früchte zu pflegen. Oft werden die Kletterpflanzen in Gestalt einer Veranda (Pergola, große an den Seiten offene Laube) am besten die Einförmigkeit unterbrechen. Ueberhaupt sind diese Art Lauben in vielen Fällen mit Vortheil anzubringen und stets an- muthig, da sie auf die natürlichste Weise Schatten geben, wo Bäume nicht statt¬ haft siud. Sie können als Vorhalle die Thür beschatten, oder als Galerie um das Haus laufen, oder auch als schattiger Verbindungsweg durch den Garten und über den Hof führen. Die Kletterpflanzen können ferner als Guirlanden von Baum zu Baum ranken, oder an den Stämmen hinauf klimmen. — Die nächste Verschönerung betrifft den Hos oder den Vorplatz, wenn letzterer kein Garten ist. Er sei vor Allem geebnet und rein. Der Viehhof sei durch Hecken oder ein Geländer abgeschlossen, wenigstens bis an den Eingang des Wohnhauses. Wo in einem Dorfe Häßliches nicht dnrch Schlingpflanzen zu verstecken ist, z. B. Düngerstätten, da reichen einige Flieder- und Jasminsträucher-Hecken, oder eine Gruppe niedriger Bäume in der Regel hin, die der Einzelne oder die Ge¬ meinde setzen läßt. Ueberall muß die weibliche Bevölkerung eines Dorfes so viel Frende an der Natur haben, daß sie am Hanse, im kleinen Garten auf hübsche Blumen hält. Alle diese kleinen Verzierungen des Dorfes sind fast ohne Kosten, nur durch Unterweisung der Kinder in der Schule zu erreichen. — Das Hauptgebäude des Dorfes ist die Kirche, und die größte Zierde des Kirchthurms in der Landschaft ist eine schlanke Spitze, welche sich stattlich über der Häusergruppe erhebt. Die dicken unförmlichen Dächer von Bretern und Zie¬ geln an den Thürmen müssen nach und nach bei Reparaturen entfernt werden, und wo ein Neubau *) stattfindet, sollen Pfarr - und Schulhaus mit der Kirche zu einer Gruppe vereinigt werden. Liegt das Dorf an einem AbHange, so wähle mau für die Kirche den höchsten Platz. Eine besondere Berücksichtigung verdienen die aus dem Mittelalter, oder *) Sehr schöne Entwürfe von Kirchen, Pfarr- und Schulhäusern enthält das von der kiwigl. preußischen Oberbaudeputation herausgegebene Kupferwerk.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/345>, abgerufen am 27.09.2024.