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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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.dann aber auch in der Praxis. Am leichtesten ist die Verschönerung der Landschaft
natürlich da geworden, wo die Natur selbst das Beste gethan hatte. In anmu¬
thigen Gebirgslandschaften war die Verbindung schöner Bergformen, lebendiger
Gewässer und einer frischen Vegetation bereits vorhanden und lockte die Besuchen¬
den an. Hier galt es nur, Wege zu bahnen, welche die schönsten Punkte zu¬
gänglich machten, diesen Wegen den Charakter der Ungezwungenheit zu- geben,
Fernsichten zu öffnen, wo sie durch Gebüsch verdeckt waren, einzelne schöne Bäume
und groteske Felsen in das beste Licht zu stellen, kurz, der Natur bescheiden und
respectvoll zu Hilfe zu kommen. Größer und umfangreicher konnte die Thätigkeit
des Menschen da werden, wo die Natur wenig geboten hatte, und wo großer
Grundbesitz und souveraine Herrschaft über ausgedehnte Bvdenflächen umfang¬
reiche und planvolle Anlagen erlaubten. Dick ist in dieser Beziehung in Deutschland
geschehen, besonders in der Nähe von Residenzstädten oder Bädern. Z. B. in
den frischen Thälern des Odenwaldes, in der Nähe von Darmstadt, in der
Brühl hinter Mödling, im Helmeuthal bei Baden, und um den Leopolds- und
Kahlenberg, die letzteren in der Nähe von Wien, ferner in den westlichen Bergen
des Thüringer Waldes bei Eisenach, in der sächsischen Schweiz, in der Umgegend
von Berlin, noch mehr in der Umgegend von Hamburg, am planvollsten und
großartigsten in der Umgebung von Potsdam, wo durch zahlreiche Anpflanzungen,
Bauten und Anlagen die alte kärgliche und düstere Vegetation der Mark verdrängt
worden ist und fast jedes im Bereich dieses Verschönerungskreiscs liegende Ge¬
bäude mit seiner Umgebung eine Zierde der Gegend ist. Doch was anch
geschehen ist, noch viel mehr bleibt zu thun übrig, auch da, wo großer
Grundbesitz und Reichthum der Menschen und anmuthiges Detail der Natur diese
Thätigkeit leicht und lohnend macht.

Aber die Verschönerung einer Landschaft läßt sich nicht nur durch Anlagen in
großem Style und mit den umfassenden Geldmitteln bewirten, welche nur einzel¬
nen Bevorzugten zu Gebote stehen, auch in kleineren Kreisen bis in die unterste
Schicht unsres Volkslebens hinab kann sehr viel, ja vielleicht das Meiste für
Verschönerung einer Landschaft gethan werden. Jedem Rittergutsbesitzer, jeder
Gemeinde einer kleinen Stadt oder eines Dorfes ist die Möglichkeit gegeben, ihren
Wohnort und seine Umgebung in anmuthiger und reizender Weise durch schöne
Naturformen zu schmücken. Diese Thätigkeit im Kleinen kann allerdings nicht die
Grundzüge einer Landschaft umformen, wie das in einzelnen Gegenden mit
großem Kostenaufwande vielleicht der souveraine Herr versuche" mag, aber sie
vermag fast in allen Fällen auch der reizlosesten Gegend einen Strich von Anmuth
und Behaglichkeit zu geben und dnrch die große Anzahl kleiner freundlicher Bilder
das zu ersetzen, was dem Ganzen an imponirenden Formen oder schönen Linien
fehlt. Ja diese Thätigkeit der Kleinen in kleinem Maßstabe wird für ein ganzes
Land viel wichtiger sein, als die großartigen Anlagen Einzelner, denn sie wird


.dann aber auch in der Praxis. Am leichtesten ist die Verschönerung der Landschaft
natürlich da geworden, wo die Natur selbst das Beste gethan hatte. In anmu¬
thigen Gebirgslandschaften war die Verbindung schöner Bergformen, lebendiger
Gewässer und einer frischen Vegetation bereits vorhanden und lockte die Besuchen¬
den an. Hier galt es nur, Wege zu bahnen, welche die schönsten Punkte zu¬
gänglich machten, diesen Wegen den Charakter der Ungezwungenheit zu- geben,
Fernsichten zu öffnen, wo sie durch Gebüsch verdeckt waren, einzelne schöne Bäume
und groteske Felsen in das beste Licht zu stellen, kurz, der Natur bescheiden und
respectvoll zu Hilfe zu kommen. Größer und umfangreicher konnte die Thätigkeit
des Menschen da werden, wo die Natur wenig geboten hatte, und wo großer
Grundbesitz und souveraine Herrschaft über ausgedehnte Bvdenflächen umfang¬
reiche und planvolle Anlagen erlaubten. Dick ist in dieser Beziehung in Deutschland
geschehen, besonders in der Nähe von Residenzstädten oder Bädern. Z. B. in
den frischen Thälern des Odenwaldes, in der Nähe von Darmstadt, in der
Brühl hinter Mödling, im Helmeuthal bei Baden, und um den Leopolds- und
Kahlenberg, die letzteren in der Nähe von Wien, ferner in den westlichen Bergen
des Thüringer Waldes bei Eisenach, in der sächsischen Schweiz, in der Umgegend
von Berlin, noch mehr in der Umgegend von Hamburg, am planvollsten und
großartigsten in der Umgebung von Potsdam, wo durch zahlreiche Anpflanzungen,
Bauten und Anlagen die alte kärgliche und düstere Vegetation der Mark verdrängt
worden ist und fast jedes im Bereich dieses Verschönerungskreiscs liegende Ge¬
bäude mit seiner Umgebung eine Zierde der Gegend ist. Doch was anch
geschehen ist, noch viel mehr bleibt zu thun übrig, auch da, wo großer
Grundbesitz und Reichthum der Menschen und anmuthiges Detail der Natur diese
Thätigkeit leicht und lohnend macht.

Aber die Verschönerung einer Landschaft läßt sich nicht nur durch Anlagen in
großem Style und mit den umfassenden Geldmitteln bewirten, welche nur einzel¬
nen Bevorzugten zu Gebote stehen, auch in kleineren Kreisen bis in die unterste
Schicht unsres Volkslebens hinab kann sehr viel, ja vielleicht das Meiste für
Verschönerung einer Landschaft gethan werden. Jedem Rittergutsbesitzer, jeder
Gemeinde einer kleinen Stadt oder eines Dorfes ist die Möglichkeit gegeben, ihren
Wohnort und seine Umgebung in anmuthiger und reizender Weise durch schöne
Naturformen zu schmücken. Diese Thätigkeit im Kleinen kann allerdings nicht die
Grundzüge einer Landschaft umformen, wie das in einzelnen Gegenden mit
großem Kostenaufwande vielleicht der souveraine Herr versuche» mag, aber sie
vermag fast in allen Fällen auch der reizlosesten Gegend einen Strich von Anmuth
und Behaglichkeit zu geben und dnrch die große Anzahl kleiner freundlicher Bilder
das zu ersetzen, was dem Ganzen an imponirenden Formen oder schönen Linien
fehlt. Ja diese Thätigkeit der Kleinen in kleinem Maßstabe wird für ein ganzes
Land viel wichtiger sein, als die großartigen Anlagen Einzelner, denn sie wird


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/342>, abgerufen am 27.09.2024.