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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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gerade hinreichend erscheint, um comfortabel zu schlafen, willkürlich bestimmen
kann; ist die Hitze sehr groß, so vertritt ein leinenes Tuch die Stelle aller Be¬
deckung. Der Deutsche hingegen, wenigstens in den meisten Theilen unsres
Vaterlandes, macht zwischen Winter und Sommer keinen Unterschied, und schwitzt
daher im Sommer unter den dicken Federbetten, oder friert und trägt eine Er¬
kaltung davon, wenn die Füße im Schlafe die Bedeckung abwerfen, oder wenn
er die Federn von dem obern Theile des Körpers nach unten schüttelt.

Denselben Sinn sür Comfort zeigt der Amerikaner in seiner Kleidung. Im
Winter trägt der Farmer seinen blauen Flanellrock, während sich der Städter
gefütterter Röcke und Mäntel als Schutzmittel gegen die Kälte bedient; kommt
aber der Sommer, dann holt er seinen gestreiften baumwollenen Rock hervor,
und schämt sich nicht, da er nun einmal den Frack liebt, dieselben leichten und
hellen Zeuge auch zu diesem Kleidungsstücke zu verwenden; blau und weiß ge¬
streifte, oft ganz weiße Fräcke sind daher keine Seltenheit; ja er geht in der
Verwirklichung seines Sinnes sür Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit noch weiter:
er legt nicht allein in seiner Behausung, sondern in allen öffentlichen Localen,
sowol.in Gasthäusern, als in Material- und Galanteriewaarenhandlungeu, die Obcr-
bedecknug ganz ab, und wandelt in Hemdeärmeln einher; und dann rümpfen die
Damen wegen Verletzung des Auslandes eben so wenig die Nasen, wie in Deutsch¬
land, wenn sie an den Händen die vorderen Theile der Hemdeärmel als Mcmchetten,
oder durch die ausgeschnittene Weste die Chemisette sehen, vt>er wenn sich uns
die Arme der Damen ohne alle Bedeckung präsentiren. Dient nun eine zweck¬
mäßige Kleidung am Tage und eine entsprechende Bedeckung während der Nacht dazu,
die unangenehmen Einflüsse der Temperatur zu schwache", so wenden die Herren
eben so wie die Damen gegen die Einwirkung der directen Sonnenstrahlen Sonnen¬
schirme an, nur daß erstere sich zu diesem Behufe der Regenschirme bedienen, die
sie zu Fuß und zu Pferde, bei Regenwetter und Sonnenschein als treue Begleiter
mit sich führen. Auch die Fächer, die theils sehr sein und kostbar sind, meist
aber von wohlfeilen Stoffe, den großen runden Blättern einer kleinen Palme,
durch die Hände der Indianer verfertigt werden, pflegen von Damen und Herren
ohne Unterschied in Wohnzimmern, öffentlichen Verkaufslocalen und Kirchen in
Bewegung gesetzt zu werden, und verbreiten vornehmlich in den heißen Mittags¬
stunden, die man meist der Ruhe widmet, angenehme Kühlung.

Die Bettstellen sind meist zweischläfrig, aber dann ziemlich so breit als lang,
und die zugehörigen Betttücher sind in einem Stück gewebt; auch die ein¬
schläfrigen Bettstellen sind größtentheils so breit als bei uns die zweischläfrigen.
Sie haben über sich'einen Himmel, an welchem Vorhänge Gefestigt sind. Während
diese in Deutschland, wo sie jetzt jedoch ziemlich aus der Mode gekommen sind,
den Zweck haben, neugierige" Augen den Zutritt zu verwehren, und daher von
ziemlich dickem Zeuge verfertigt sein müssen, sind sie in den südlichen Staaten von


Grenzboten. IV. 37

gerade hinreichend erscheint, um comfortabel zu schlafen, willkürlich bestimmen
kann; ist die Hitze sehr groß, so vertritt ein leinenes Tuch die Stelle aller Be¬
deckung. Der Deutsche hingegen, wenigstens in den meisten Theilen unsres
Vaterlandes, macht zwischen Winter und Sommer keinen Unterschied, und schwitzt
daher im Sommer unter den dicken Federbetten, oder friert und trägt eine Er¬
kaltung davon, wenn die Füße im Schlafe die Bedeckung abwerfen, oder wenn
er die Federn von dem obern Theile des Körpers nach unten schüttelt.

Denselben Sinn sür Comfort zeigt der Amerikaner in seiner Kleidung. Im
Winter trägt der Farmer seinen blauen Flanellrock, während sich der Städter
gefütterter Röcke und Mäntel als Schutzmittel gegen die Kälte bedient; kommt
aber der Sommer, dann holt er seinen gestreiften baumwollenen Rock hervor,
und schämt sich nicht, da er nun einmal den Frack liebt, dieselben leichten und
hellen Zeuge auch zu diesem Kleidungsstücke zu verwenden; blau und weiß ge¬
streifte, oft ganz weiße Fräcke sind daher keine Seltenheit; ja er geht in der
Verwirklichung seines Sinnes sür Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit noch weiter:
er legt nicht allein in seiner Behausung, sondern in allen öffentlichen Localen,
sowol.in Gasthäusern, als in Material- und Galanteriewaarenhandlungeu, die Obcr-
bedecknug ganz ab, und wandelt in Hemdeärmeln einher; und dann rümpfen die
Damen wegen Verletzung des Auslandes eben so wenig die Nasen, wie in Deutsch¬
land, wenn sie an den Händen die vorderen Theile der Hemdeärmel als Mcmchetten,
oder durch die ausgeschnittene Weste die Chemisette sehen, vt>er wenn sich uns
die Arme der Damen ohne alle Bedeckung präsentiren. Dient nun eine zweck¬
mäßige Kleidung am Tage und eine entsprechende Bedeckung während der Nacht dazu,
die unangenehmen Einflüsse der Temperatur zu schwache«, so wenden die Herren
eben so wie die Damen gegen die Einwirkung der directen Sonnenstrahlen Sonnen¬
schirme an, nur daß erstere sich zu diesem Behufe der Regenschirme bedienen, die
sie zu Fuß und zu Pferde, bei Regenwetter und Sonnenschein als treue Begleiter
mit sich führen. Auch die Fächer, die theils sehr sein und kostbar sind, meist
aber von wohlfeilen Stoffe, den großen runden Blättern einer kleinen Palme,
durch die Hände der Indianer verfertigt werden, pflegen von Damen und Herren
ohne Unterschied in Wohnzimmern, öffentlichen Verkaufslocalen und Kirchen in
Bewegung gesetzt zu werden, und verbreiten vornehmlich in den heißen Mittags¬
stunden, die man meist der Ruhe widmet, angenehme Kühlung.

Die Bettstellen sind meist zweischläfrig, aber dann ziemlich so breit als lang,
und die zugehörigen Betttücher sind in einem Stück gewebt; auch die ein¬
schläfrigen Bettstellen sind größtentheils so breit als bei uns die zweischläfrigen.
Sie haben über sich'einen Himmel, an welchem Vorhänge Gefestigt sind. Während
diese in Deutschland, wo sie jetzt jedoch ziemlich aus der Mode gekommen sind,
den Zweck haben, neugierige» Augen den Zutritt zu verwehren, und daher von
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Grenzboten. IV. 37
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[0299] gerade hinreichend erscheint, um comfortabel zu schlafen, willkürlich bestimmen kann; ist die Hitze sehr groß, so vertritt ein leinenes Tuch die Stelle aller Be¬ deckung. Der Deutsche hingegen, wenigstens in den meisten Theilen unsres Vaterlandes, macht zwischen Winter und Sommer keinen Unterschied, und schwitzt daher im Sommer unter den dicken Federbetten, oder friert und trägt eine Er¬ kaltung davon, wenn die Füße im Schlafe die Bedeckung abwerfen, oder wenn er die Federn von dem obern Theile des Körpers nach unten schüttelt. Denselben Sinn sür Comfort zeigt der Amerikaner in seiner Kleidung. Im Winter trägt der Farmer seinen blauen Flanellrock, während sich der Städter gefütterter Röcke und Mäntel als Schutzmittel gegen die Kälte bedient; kommt aber der Sommer, dann holt er seinen gestreiften baumwollenen Rock hervor, und schämt sich nicht, da er nun einmal den Frack liebt, dieselben leichten und hellen Zeuge auch zu diesem Kleidungsstücke zu verwenden; blau und weiß ge¬ streifte, oft ganz weiße Fräcke sind daher keine Seltenheit; ja er geht in der Verwirklichung seines Sinnes sür Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit noch weiter: er legt nicht allein in seiner Behausung, sondern in allen öffentlichen Localen, sowol.in Gasthäusern, als in Material- und Galanteriewaarenhandlungeu, die Obcr- bedecknug ganz ab, und wandelt in Hemdeärmeln einher; und dann rümpfen die Damen wegen Verletzung des Auslandes eben so wenig die Nasen, wie in Deutsch¬ land, wenn sie an den Händen die vorderen Theile der Hemdeärmel als Mcmchetten, oder durch die ausgeschnittene Weste die Chemisette sehen, vt>er wenn sich uns die Arme der Damen ohne alle Bedeckung präsentiren. Dient nun eine zweck¬ mäßige Kleidung am Tage und eine entsprechende Bedeckung während der Nacht dazu, die unangenehmen Einflüsse der Temperatur zu schwache«, so wenden die Herren eben so wie die Damen gegen die Einwirkung der directen Sonnenstrahlen Sonnen¬ schirme an, nur daß erstere sich zu diesem Behufe der Regenschirme bedienen, die sie zu Fuß und zu Pferde, bei Regenwetter und Sonnenschein als treue Begleiter mit sich führen. Auch die Fächer, die theils sehr sein und kostbar sind, meist aber von wohlfeilen Stoffe, den großen runden Blättern einer kleinen Palme, durch die Hände der Indianer verfertigt werden, pflegen von Damen und Herren ohne Unterschied in Wohnzimmern, öffentlichen Verkaufslocalen und Kirchen in Bewegung gesetzt zu werden, und verbreiten vornehmlich in den heißen Mittags¬ stunden, die man meist der Ruhe widmet, angenehme Kühlung. Die Bettstellen sind meist zweischläfrig, aber dann ziemlich so breit als lang, und die zugehörigen Betttücher sind in einem Stück gewebt; auch die ein¬ schläfrigen Bettstellen sind größtentheils so breit als bei uns die zweischläfrigen. Sie haben über sich'einen Himmel, an welchem Vorhänge Gefestigt sind. Während diese in Deutschland, wo sie jetzt jedoch ziemlich aus der Mode gekommen sind, den Zweck haben, neugierige» Augen den Zutritt zu verwehren, und daher von ziemlich dickem Zeuge verfertigt sein müssen, sind sie in den südlichen Staaten von Grenzboten. IV. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/299>, abgerufen am 27.09.2024.