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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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kam, erfaßten sie die treuen Rüden, und zerrten sie, winselnd und mit den
Schwänzen wedelnd ein's Ufer.

Dicksott war indessen ebenfalls seinem nassen Bade entstiegen, und Merville, der
jetzt, .freilich etwas spät, ans dem Kampfplatz erschien, half die Beute anf's Trockene
ziehen und wehrte die übrige Meute ab, die klaffend herbeistürmte und ihre Freude
wenigstens durch einige wohlangebrachte Bisse kund zu thun wünscht".

Nach und nach versammelte sich nun die ganze Jägerschaar um das glücklich
erlegte Thier, und nachdem es gemessen war -- es maß vier Fuß fünf Zoll
vom Kopf bis zum Schwanzende -- zog sie jubelnd dem nicht weit entfernten
Farmhof Halway's zu, um sich dort bei Speise und Trank von den gehabten
Anstrengungen zu erholen.

Dickson aber und Merville waren an diesem Tage die beiden unglücklichen
Schlachtopfer aller Jägerscherze.




Berliner Kunstausstellung.

(S es l n ß.)

Lessing. Schützen, die einen Paß vertheidigen Lessing hat jede
Gestalt dieses Bildes mit einem innern Leben durchdrungen, das nicht viele ihrer
Figuren zu geben vermögen. Wir sehen die Schützen ans einer felsigen Anhöhe,
theils deu Feind, der unten durch einen Gebirgspaß ziehen will, aufmerksam be¬
trachtend, theils ans ihn schießend, theils ladend, zielend und in ähnlichen Be¬
schäftigungen. Auf einem noch etwas höhern und entferntem Gipfel ist eine
andere Abtheilung in ähnlichen Verrichtungen, während andere zu ihnen hinauf¬
steigen. Am Fußpnnkte dieses 'höhern Gipfels steht ein, wie eS scheint, vor¬
nehmer Gefangener, bewacht von einer Frau, die im Nothfall die Büchse, mit
der sie bewaffnet ist, gebrauchen wird. Das ist, wie gesagt, Alles vortrefflich
und lebendig dargestellt; aber die Figuren benehmen sich zu sehr wie eine
bloße Staffage in der Landschaft, sie sind durch keinen.innern Zusammenhang
verbunden, und doch, meinen wir, wäre es nicht so gar schwer gewesen, durch
irgend ein besonderes Interesse, das diese Gruppen plötzlich'gemeinsam beleben
konnte, einen für die Darstellung fruchtbarem Moment zu gewinnen. Will
Lessing uns das nicht zugestehen, so verlangen wir wenigstens ein entschiedenes
Hauptmotiv, wenigstens eine Hauptgruppe. Die Figuren stehen zu einzeln neben
einander, und ziehen auch nur so das Interesse auf sich.

Die ganze Stimmung des Bildes ist vortrefflich, und namentlich das Land¬
schaftliche meisterhaft; in der Behandlung der Figuren, namentlich des Costnms,


kam, erfaßten sie die treuen Rüden, und zerrten sie, winselnd und mit den
Schwänzen wedelnd ein's Ufer.

Dicksott war indessen ebenfalls seinem nassen Bade entstiegen, und Merville, der
jetzt, .freilich etwas spät, ans dem Kampfplatz erschien, half die Beute anf's Trockene
ziehen und wehrte die übrige Meute ab, die klaffend herbeistürmte und ihre Freude
wenigstens durch einige wohlangebrachte Bisse kund zu thun wünscht«.

Nach und nach versammelte sich nun die ganze Jägerschaar um das glücklich
erlegte Thier, und nachdem es gemessen war — es maß vier Fuß fünf Zoll
vom Kopf bis zum Schwanzende — zog sie jubelnd dem nicht weit entfernten
Farmhof Halway's zu, um sich dort bei Speise und Trank von den gehabten
Anstrengungen zu erholen.

Dickson aber und Merville waren an diesem Tage die beiden unglücklichen
Schlachtopfer aller Jägerscherze.




Berliner Kunstausstellung.

(S es l n ß.)

Lessing. Schützen, die einen Paß vertheidigen Lessing hat jede
Gestalt dieses Bildes mit einem innern Leben durchdrungen, das nicht viele ihrer
Figuren zu geben vermögen. Wir sehen die Schützen ans einer felsigen Anhöhe,
theils deu Feind, der unten durch einen Gebirgspaß ziehen will, aufmerksam be¬
trachtend, theils ans ihn schießend, theils ladend, zielend und in ähnlichen Be¬
schäftigungen. Auf einem noch etwas höhern und entferntem Gipfel ist eine
andere Abtheilung in ähnlichen Verrichtungen, während andere zu ihnen hinauf¬
steigen. Am Fußpnnkte dieses 'höhern Gipfels steht ein, wie eS scheint, vor¬
nehmer Gefangener, bewacht von einer Frau, die im Nothfall die Büchse, mit
der sie bewaffnet ist, gebrauchen wird. Das ist, wie gesagt, Alles vortrefflich
und lebendig dargestellt; aber die Figuren benehmen sich zu sehr wie eine
bloße Staffage in der Landschaft, sie sind durch keinen.innern Zusammenhang
verbunden, und doch, meinen wir, wäre es nicht so gar schwer gewesen, durch
irgend ein besonderes Interesse, das diese Gruppen plötzlich'gemeinsam beleben
konnte, einen für die Darstellung fruchtbarem Moment zu gewinnen. Will
Lessing uns das nicht zugestehen, so verlangen wir wenigstens ein entschiedenes
Hauptmotiv, wenigstens eine Hauptgruppe. Die Figuren stehen zu einzeln neben
einander, und ziehen auch nur so das Interesse auf sich.

Die ganze Stimmung des Bildes ist vortrefflich, und namentlich das Land¬
schaftliche meisterhaft; in der Behandlung der Figuren, namentlich des Costnms,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/239>, abgerufen am 27.09.2024.