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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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die Musik zu einer skizzenhaften Illustration herabsetzt. Auch Mendelssohn erreichte
im Elias, einerseits freilich durch Hingabe an den Stoff, eben so sehr aber auch
durch specifisch musikalische Verkörperung, einen festeren objectiveren Gehalt, als
er im Paulus gefunden hatte.

Zum Schluß noch Einiges von unseren Gästen. Das bedeutendste Gastspiel
war außer dem jetzt stattfindenden von Roger das der Petersburger Italiener,
Sgr. Tamburini und Rossi und Sga. Persiani. Sie gaben den Barbier, den
Liebestrank und den Don PaLquale. Freilich war mit Ausnahme Rossi's das
Metall und die Reinheit der Stimme dahin, und dennoch konnte man die höchste
Befriedigung finden an der noch immer durchschimmernden, aristokratisch geglätteten
Methode der Sänger und an ihrer lebendigen dramatischen Auffassung. Sga.
Persiani ist freilich mehr Concertsängerin; aber sie entschädigt durch-die vollendete
Feinheit und Deutlichkeit der Ausführung; ihr Gesang ist so geebnet, wie
es auf dem Standpunkt höchster Bildung zu sein pflegt, und dennoch reich an
Nuanmungen, die freilich sehr maßvoll und zart hineingewoben werden. Tamburini
ist namentlich als Barbier fast das verwirklichte Ideal eines dramatischen Sängers.
Ohne durch grelle Farbenmischung den gefälligen Eindruck des Ganzen zu stören,
weiß er doch seinen Gesang auf das Mannichfaltigste zu beleben, und'entfaltet
z. B. gleich in der ersten Arie einen Reichthum in den Wendungen des Vortrags,
der , zumal bei der Seltenheit dieser Gabe, auch den sprödesten Zuhörer beleben
Muß. Sgr. Rossi ist nach wie vor ein trefflicher Buffo; seine Gewandtheit in
dein schnellen Uebergang vom parlancio zum Gesang setzt vorzugsweise in Er¬
staunen; die Mehrzahl der deutschen Sänger würde dies wahrscheinlich nie erreichen
können. Die Italiener gehen spielend mit dem Gesang um und befolgen trotzdem alle
Grundregeln desselben viel strenger, als die Deutschen. Ob die italienische
Operngesellschaft, die, wie es heißt, für den nächsten Winter von Kroll engagirt
worden ist, in diesem etwas zu abgelegenen Local eine gute Stätte haben wird,
ist noch zu bezweifeln. Erfreulich wäre es, wenn sich die Nachricht von dem
Gastspiel der Wiener Gesellschaft bestätigen sollte. -- Zwei Sängerinnen gastirten
außerdem, Frl. Liebhardt und Frl. Luise Meyer, beide mit recht vielem
Talent begabt; namentlich ist von der Zukunft des Frl. Meyer, die viel dramati¬
schen Sinn zu haben scheint, Günstiges zu hoffen. -- Die Friedrich-Wilhelmsstadt,
deren bedeutendste Opernkräfte in Frau Kljchenmeister-Rudersdorfs, einer
gewandten Koloratursängerin, Herrn Hirsch (ein gist ausgebildeter und auch geistig
befähigter Tenor) und dem überaus beliebten Baß-Buffo Herrn Düfsler bestehen,
schwankt immer noch herum und scheint nicht geneigt, sich ausschließlich ans das Gebiet
der komischen und Conversalionsvper zu beschränken. Doch hat sie auch in diesem
Icchre einiges Alte ans dem Schutt hervorgesucht, den Schauspicldirector von
Mozart, die beiden Gefangenen von d'Allegri, die Schwestern von Prag, die
Dorfsängerinnen und die wandernden Komödianten, von Fioravanti; der be-


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die Musik zu einer skizzenhaften Illustration herabsetzt. Auch Mendelssohn erreichte
im Elias, einerseits freilich durch Hingabe an den Stoff, eben so sehr aber auch
durch specifisch musikalische Verkörperung, einen festeren objectiveren Gehalt, als
er im Paulus gefunden hatte.

Zum Schluß noch Einiges von unseren Gästen. Das bedeutendste Gastspiel
war außer dem jetzt stattfindenden von Roger das der Petersburger Italiener,
Sgr. Tamburini und Rossi und Sga. Persiani. Sie gaben den Barbier, den
Liebestrank und den Don PaLquale. Freilich war mit Ausnahme Rossi's das
Metall und die Reinheit der Stimme dahin, und dennoch konnte man die höchste
Befriedigung finden an der noch immer durchschimmernden, aristokratisch geglätteten
Methode der Sänger und an ihrer lebendigen dramatischen Auffassung. Sga.
Persiani ist freilich mehr Concertsängerin; aber sie entschädigt durch-die vollendete
Feinheit und Deutlichkeit der Ausführung; ihr Gesang ist so geebnet, wie
es auf dem Standpunkt höchster Bildung zu sein pflegt, und dennoch reich an
Nuanmungen, die freilich sehr maßvoll und zart hineingewoben werden. Tamburini
ist namentlich als Barbier fast das verwirklichte Ideal eines dramatischen Sängers.
Ohne durch grelle Farbenmischung den gefälligen Eindruck des Ganzen zu stören,
weiß er doch seinen Gesang auf das Mannichfaltigste zu beleben, und'entfaltet
z. B. gleich in der ersten Arie einen Reichthum in den Wendungen des Vortrags,
der , zumal bei der Seltenheit dieser Gabe, auch den sprödesten Zuhörer beleben
Muß. Sgr. Rossi ist nach wie vor ein trefflicher Buffo; seine Gewandtheit in
dein schnellen Uebergang vom parlancio zum Gesang setzt vorzugsweise in Er¬
staunen; die Mehrzahl der deutschen Sänger würde dies wahrscheinlich nie erreichen
können. Die Italiener gehen spielend mit dem Gesang um und befolgen trotzdem alle
Grundregeln desselben viel strenger, als die Deutschen. Ob die italienische
Operngesellschaft, die, wie es heißt, für den nächsten Winter von Kroll engagirt
worden ist, in diesem etwas zu abgelegenen Local eine gute Stätte haben wird,
ist noch zu bezweifeln. Erfreulich wäre es, wenn sich die Nachricht von dem
Gastspiel der Wiener Gesellschaft bestätigen sollte. — Zwei Sängerinnen gastirten
außerdem, Frl. Liebhardt und Frl. Luise Meyer, beide mit recht vielem
Talent begabt; namentlich ist von der Zukunft des Frl. Meyer, die viel dramati¬
schen Sinn zu haben scheint, Günstiges zu hoffen. — Die Friedrich-Wilhelmsstadt,
deren bedeutendste Opernkräfte in Frau Kljchenmeister-Rudersdorfs, einer
gewandten Koloratursängerin, Herrn Hirsch (ein gist ausgebildeter und auch geistig
befähigter Tenor) und dem überaus beliebten Baß-Buffo Herrn Düfsler bestehen,
schwankt immer noch herum und scheint nicht geneigt, sich ausschließlich ans das Gebiet
der komischen und Conversalionsvper zu beschränken. Doch hat sie auch in diesem
Icchre einiges Alte ans dem Schutt hervorgesucht, den Schauspicldirector von
Mozart, die beiden Gefangenen von d'Allegri, die Schwestern von Prag, die
Dorfsängerinnen und die wandernden Komödianten, von Fioravanti; der be-


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[0327] die Musik zu einer skizzenhaften Illustration herabsetzt. Auch Mendelssohn erreichte im Elias, einerseits freilich durch Hingabe an den Stoff, eben so sehr aber auch durch specifisch musikalische Verkörperung, einen festeren objectiveren Gehalt, als er im Paulus gefunden hatte. Zum Schluß noch Einiges von unseren Gästen. Das bedeutendste Gastspiel war außer dem jetzt stattfindenden von Roger das der Petersburger Italiener, Sgr. Tamburini und Rossi und Sga. Persiani. Sie gaben den Barbier, den Liebestrank und den Don PaLquale. Freilich war mit Ausnahme Rossi's das Metall und die Reinheit der Stimme dahin, und dennoch konnte man die höchste Befriedigung finden an der noch immer durchschimmernden, aristokratisch geglätteten Methode der Sänger und an ihrer lebendigen dramatischen Auffassung. Sga. Persiani ist freilich mehr Concertsängerin; aber sie entschädigt durch-die vollendete Feinheit und Deutlichkeit der Ausführung; ihr Gesang ist so geebnet, wie es auf dem Standpunkt höchster Bildung zu sein pflegt, und dennoch reich an Nuanmungen, die freilich sehr maßvoll und zart hineingewoben werden. Tamburini ist namentlich als Barbier fast das verwirklichte Ideal eines dramatischen Sängers. Ohne durch grelle Farbenmischung den gefälligen Eindruck des Ganzen zu stören, weiß er doch seinen Gesang auf das Mannichfaltigste zu beleben, und'entfaltet z. B. gleich in der ersten Arie einen Reichthum in den Wendungen des Vortrags, der , zumal bei der Seltenheit dieser Gabe, auch den sprödesten Zuhörer beleben Muß. Sgr. Rossi ist nach wie vor ein trefflicher Buffo; seine Gewandtheit in dein schnellen Uebergang vom parlancio zum Gesang setzt vorzugsweise in Er¬ staunen; die Mehrzahl der deutschen Sänger würde dies wahrscheinlich nie erreichen können. Die Italiener gehen spielend mit dem Gesang um und befolgen trotzdem alle Grundregeln desselben viel strenger, als die Deutschen. Ob die italienische Operngesellschaft, die, wie es heißt, für den nächsten Winter von Kroll engagirt worden ist, in diesem etwas zu abgelegenen Local eine gute Stätte haben wird, ist noch zu bezweifeln. Erfreulich wäre es, wenn sich die Nachricht von dem Gastspiel der Wiener Gesellschaft bestätigen sollte. — Zwei Sängerinnen gastirten außerdem, Frl. Liebhardt und Frl. Luise Meyer, beide mit recht vielem Talent begabt; namentlich ist von der Zukunft des Frl. Meyer, die viel dramati¬ schen Sinn zu haben scheint, Günstiges zu hoffen. — Die Friedrich-Wilhelmsstadt, deren bedeutendste Opernkräfte in Frau Kljchenmeister-Rudersdorfs, einer gewandten Koloratursängerin, Herrn Hirsch (ein gist ausgebildeter und auch geistig befähigter Tenor) und dem überaus beliebten Baß-Buffo Herrn Düfsler bestehen, schwankt immer noch herum und scheint nicht geneigt, sich ausschließlich ans das Gebiet der komischen und Conversalionsvper zu beschränken. Doch hat sie auch in diesem Icchre einiges Alte ans dem Schutt hervorgesucht, den Schauspicldirector von Mozart, die beiden Gefangenen von d'Allegri, die Schwestern von Prag, die Dorfsängerinnen und die wandernden Komödianten, von Fioravanti; der be- 40*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/327>, abgerufen am 21.12.2024.