bar genug: denn es sind eigentlich nur in Streitform zusammengestellte Collectaneen, wodurch wir unterrich- tet werden, wie manches damals bekannt war, und wie vieles die Wißbegierigen schon interessirte.
Was Scaliger über die Farben in der dreyhun- dert fünf und zwanzigsten Exercitation vorzubringen weiß, läßt sich in zwey Hauptabschnitte theilen, in einen theoretischen und einen etymologischen. In dem ersten wiederhohlt er, was die Alten von den Farben gesagt, theils beyfällig, theils mißfällig; er hält sich auf der Seite des Aristoteles, die platonischen Vor- stellungsarten wollen ihm nicht einleuchten. Da er aber keinen eigentlichen Standpunct hat, so ist es auch nur ein Hin- und Wiederreden, wodurch nichts ausgemacht wird.
Bey dieser Gelegenheit läßt sich jene Betrachtung anstellen, die uns auch schon früher entgegendrang: welch eine andre wissenschaftliche Ansicht würde die Welt gewonnen haben, wenn die griechische Sprache lebendig geblieben wäre und sich anstatt der Lateini- schen verbreitet hätte.
Die weniger sorgfältigen arabischen und lateini- schen Uebersetzungen hatten schon früher manches Un- heil angerichtet, aber auch die sorgfältigste Uebersetzung bringt immer etwas fremdes in die Sache, wegen Verschiedenheit des Sprachgebrauchs.
bar genug: denn es ſind eigentlich nur in Streitform zuſammengeſtellte Collectaneen, wodurch wir unterrich- tet werden, wie manches damals bekannt war, und wie vieles die Wißbegierigen ſchon intereſſirte.
Was Scaliger uͤber die Farben in der dreyhun- dert fuͤnf und zwanzigſten Exercitation vorzubringen weiß, laͤßt ſich in zwey Hauptabſchnitte theilen, in einen theoretiſchen und einen etymologiſchen. In dem erſten wiederhohlt er, was die Alten von den Farben geſagt, theils beyfaͤllig, theils mißfaͤllig; er haͤlt ſich auf der Seite des Ariſtoteles, die platoniſchen Vor- ſtellungsarten wollen ihm nicht einleuchten. Da er aber keinen eigentlichen Standpunct hat, ſo iſt es auch nur ein Hin- und Wiederreden, wodurch nichts ausgemacht wird.
Bey dieſer Gelegenheit laͤßt ſich jene Betrachtung anſtellen, die uns auch ſchon fruͤher entgegendrang: welch eine andre wiſſenſchaftliche Anſicht wuͤrde die Welt gewonnen haben, wenn die griechiſche Sprache lebendig geblieben waͤre und ſich anſtatt der Lateini- ſchen verbreitet haͤtte.
Die weniger ſorgfaͤltigen arabiſchen und lateini- ſchen Ueberſetzungen hatten ſchon fruͤher manches Un- heil angerichtet, aber auch die ſorgfaͤltigſte Ueberſetzung bringt immer etwas fremdes in die Sache, wegen Verſchiedenheit des Sprachgebrauchs.
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[201/0235]
bar genug: denn es ſind eigentlich nur in Streitform
zuſammengeſtellte Collectaneen, wodurch wir unterrich-
tet werden, wie manches damals bekannt war, und
wie vieles die Wißbegierigen ſchon intereſſirte.
Was Scaliger uͤber die Farben in der dreyhun-
dert fuͤnf und zwanzigſten Exercitation vorzubringen
weiß, laͤßt ſich in zwey Hauptabſchnitte theilen, in
einen theoretiſchen und einen etymologiſchen. In dem
erſten wiederhohlt er, was die Alten von den Farben
geſagt, theils beyfaͤllig, theils mißfaͤllig; er haͤlt ſich
auf der Seite des Ariſtoteles, die platoniſchen Vor-
ſtellungsarten wollen ihm nicht einleuchten. Da er
aber keinen eigentlichen Standpunct hat, ſo iſt es
auch nur ein Hin- und Wiederreden, wodurch nichts
ausgemacht wird.
Bey dieſer Gelegenheit laͤßt ſich jene Betrachtung
anſtellen, die uns auch ſchon fruͤher entgegendrang:
welch eine andre wiſſenſchaftliche Anſicht wuͤrde die
Welt gewonnen haben, wenn die griechiſche Sprache
lebendig geblieben waͤre und ſich anſtatt der Lateini-
ſchen verbreitet haͤtte.
Die weniger ſorgfaͤltigen arabiſchen und lateini-
ſchen Ueberſetzungen hatten ſchon fruͤher manches Un-
heil angerichtet, aber auch die ſorgfaͤltigſte Ueberſetzung
bringt immer etwas fremdes in die Sache, wegen
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/235>, abgerufen am 23.11.2024.
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