Diese Gabe, viele Dinge nicht zu sehen und nicht zu hören, um von einer recht gerührt zu werden, die Aufmerksamkeit mit einem Worte, ist sowohl die Ursache als der Beweis starker Em- pfindungen. Die Ursache, weil, wo mehr Kraft angewendet wird, die Wirkung größer seyn muß; der Beweis, weil die Seele von jeder Sache um so viel mehr an sich gezogen wird, je größer die Thätigkeit ist, in die sie die Seele sezt. Ist die Seele nur zu leichten und gleichsam nur berüh- renden Eindrücken fähig; so werden sie niemals über die Zerstreuungen die Oberhand behalten; die Kraft der Seele wird unter alles gleich ausge- theilt, und durch diese Theilung verzehrt. Hef- tige Wirkungen hingegen werden die Aufmerksam- keit, auch ohne ihren Willen, auf die Gegenstän- de festhalten, die sie erregen.
3. Ein drittes, aber mehr zweydeutiges Kennzeichen ist schon immer bey dieser Untersu- chung gebraucht worden; die Lebhaftigkeit meyne ich, und die Geschäftigkeit des Geistes. Die Wahrheit, die zum Grunde liegt, ist diese: Je
B
der Faͤhigkeiten.
Dieſe Gabe, viele Dinge nicht zu ſehen und nicht zu hoͤren, um von einer recht geruͤhrt zu werden, die Aufmerkſamkeit mit einem Worte, iſt ſowohl die Urſache als der Beweis ſtarker Em- pfindungen. Die Urſache, weil, wo mehr Kraft angewendet wird, die Wirkung groͤßer ſeyn muß; der Beweis, weil die Seele von jeder Sache um ſo viel mehr an ſich gezogen wird, je groͤßer die Thaͤtigkeit iſt, in die ſie die Seele ſezt. Iſt die Seele nur zu leichten und gleichſam nur beruͤh- renden Eindruͤcken faͤhig; ſo werden ſie niemals uͤber die Zerſtreuungen die Oberhand behalten; die Kraft der Seele wird unter alles gleich ausge- theilt, und durch dieſe Theilung verzehrt. Hef- tige Wirkungen hingegen werden die Aufmerkſam- keit, auch ohne ihren Willen, auf die Gegenſtaͤn- de feſthalten, die ſie erregen.
3. Ein drittes, aber mehr zweydeutiges Kennzeichen iſt ſchon immer bey dieſer Unterſu- chung gebraucht worden; die Lebhaftigkeit meyne ich, und die Geſchaͤftigkeit des Geiſtes. Die Wahrheit, die zum Grunde liegt, iſt dieſe: Je
B
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0023"n="17"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Faͤhigkeiten.</hi></fw><lb/><p>Dieſe Gabe, viele Dinge nicht zu ſehen und<lb/>
nicht zu hoͤren, um von einer recht geruͤhrt zu<lb/>
werden, die Aufmerkſamkeit mit einem Worte, iſt<lb/>ſowohl die Urſache als der Beweis ſtarker Em-<lb/>
pfindungen. Die Urſache, weil, wo mehr Kraft<lb/>
angewendet wird, die Wirkung groͤßer ſeyn muß;<lb/>
der Beweis, weil die Seele von jeder Sache um<lb/>ſo viel mehr an ſich gezogen wird, je groͤßer die<lb/>
Thaͤtigkeit iſt, in die ſie die Seele ſezt. Iſt die<lb/>
Seele nur zu leichten und gleichſam nur beruͤh-<lb/>
renden Eindruͤcken faͤhig; ſo werden ſie niemals<lb/>
uͤber die Zerſtreuungen die Oberhand behalten;<lb/>
die Kraft der Seele wird unter alles gleich ausge-<lb/>
theilt, und durch dieſe Theilung verzehrt. Hef-<lb/>
tige Wirkungen hingegen werden die Aufmerkſam-<lb/>
keit, auch ohne ihren Willen, auf die Gegenſtaͤn-<lb/>
de feſthalten, die ſie erregen.</p><lb/><p>3. Ein drittes, aber mehr zweydeutiges<lb/>
Kennzeichen iſt ſchon immer bey dieſer Unterſu-<lb/>
chung gebraucht worden; die Lebhaftigkeit meyne<lb/>
ich, und die Geſchaͤftigkeit des Geiſtes. Die<lb/>
Wahrheit, die zum Grunde liegt, iſt dieſe: Je<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[17/0023]
der Faͤhigkeiten.
Dieſe Gabe, viele Dinge nicht zu ſehen und
nicht zu hoͤren, um von einer recht geruͤhrt zu
werden, die Aufmerkſamkeit mit einem Worte, iſt
ſowohl die Urſache als der Beweis ſtarker Em-
pfindungen. Die Urſache, weil, wo mehr Kraft
angewendet wird, die Wirkung groͤßer ſeyn muß;
der Beweis, weil die Seele von jeder Sache um
ſo viel mehr an ſich gezogen wird, je groͤßer die
Thaͤtigkeit iſt, in die ſie die Seele ſezt. Iſt die
Seele nur zu leichten und gleichſam nur beruͤh-
renden Eindruͤcken faͤhig; ſo werden ſie niemals
uͤber die Zerſtreuungen die Oberhand behalten;
die Kraft der Seele wird unter alles gleich ausge-
theilt, und durch dieſe Theilung verzehrt. Hef-
tige Wirkungen hingegen werden die Aufmerkſam-
keit, auch ohne ihren Willen, auf die Gegenſtaͤn-
de feſthalten, die ſie erregen.
3. Ein drittes, aber mehr zweydeutiges
Kennzeichen iſt ſchon immer bey dieſer Unterſu-
chung gebraucht worden; die Lebhaftigkeit meyne
ich, und die Geſchaͤftigkeit des Geiſtes. Die
Wahrheit, die zum Grunde liegt, iſt dieſe: Je
B
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/23>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.