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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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Aber wie gesagt, im Grunde ist sie doch von
ganzem Herzen gut. -- Du kannst wohl spre-
chen! entgegnete kopfschüttelnd die Alte. Wenn
Du so von Fischfang heimkommst oder von der
Reise, da mag es mit ihren Schäkereien ganz
was Artiges sein. Aber sie den ganzen Tag
lang auf dem Halse haben, und kein kluges
Wort hören, und statt bei wachsendem Alter
Hülfe im Haushalte zu finden, immer nur da-
für sorgen müssen, daß uns ihre Thorheiten
nicht vollends zu Grunde richten, -- da ist es
gar ein Andres, und die heilige Geduld selb-
sten würd' es am Ende satt. -- Nun, nun,
lächelte der Hausherr, Du hast es mit Undi-
nen, und ich mit dem See. Reißt mir der
doch auch oftmals meine Dämme und Netze
durch, aber ich hab' ihn dennoch gern, und Du
mit allem Kreuz und Elend das zierliche Kind-
lein auch. Nicht wahr? -- Ganz böse kann
man ihr eben nicht werden, sagte die Alte,
und lächelte beifällig.

Da flog die Thüre auf, und ein wunder-

Aber wie geſagt, im Grunde iſt ſie doch von
ganzem Herzen gut. — Du kannſt wohl ſpre-
chen! entgegnete kopfſchuͤttelnd die Alte. Wenn
Du ſo von Fiſchfang heimkommſt oder von der
Reiſe, da mag es mit ihren Schaͤkereien ganz
was Artiges ſein. Aber ſie den ganzen Tag
lang auf dem Halſe haben, und kein kluges
Wort hoͤren, und ſtatt bei wachſendem Alter
Huͤlfe im Haushalte zu finden, immer nur da-
fuͤr ſorgen muͤſſen, daß uns ihre Thorheiten
nicht vollends zu Grunde richten, — da iſt es
gar ein Andres, und die heilige Geduld ſelb-
ſten wuͤrd’ es am Ende ſatt. — Nun, nun,
laͤchelte der Hausherr, Du haſt es mit Undi-
nen, und ich mit dem See. Reißt mir der
doch auch oftmals meine Daͤmme und Netze
durch, aber ich hab’ ihn dennoch gern, und Du
mit allem Kreuz und Elend das zierliche Kind-
lein auch. Nicht wahr? — Ganz boͤſe kann
man ihr eben nicht werden, ſagte die Alte,
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Da flog die Thuͤre auf, und ein wunder-

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[11/0025] Aber wie geſagt, im Grunde iſt ſie doch von ganzem Herzen gut. — Du kannſt wohl ſpre- chen! entgegnete kopfſchuͤttelnd die Alte. Wenn Du ſo von Fiſchfang heimkommſt oder von der Reiſe, da mag es mit ihren Schaͤkereien ganz was Artiges ſein. Aber ſie den ganzen Tag lang auf dem Halſe haben, und kein kluges Wort hoͤren, und ſtatt bei wachſendem Alter Huͤlfe im Haushalte zu finden, immer nur da- fuͤr ſorgen muͤſſen, daß uns ihre Thorheiten nicht vollends zu Grunde richten, — da iſt es gar ein Andres, und die heilige Geduld ſelb- ſten wuͤrd’ es am Ende ſatt. — Nun, nun, laͤchelte der Hausherr, Du haſt es mit Undi- nen, und ich mit dem See. Reißt mir der doch auch oftmals meine Daͤmme und Netze durch, aber ich hab’ ihn dennoch gern, und Du mit allem Kreuz und Elend das zierliche Kind- lein auch. Nicht wahr? — Ganz boͤſe kann man ihr eben nicht werden, ſagte die Alte, und laͤchelte beifaͤllig. Da flog die Thuͤre auf, und ein wunder-

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/25>, abgerufen am 25.04.2024.