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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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und Herr Huldbrand von Ringstetten geheißen
sei. Mitten durch das Gespräch hatte der Frem-
de schon bisweilen ein Plätschern am niedrigen
Fensterlein vernommen, als sprütze Jemand Was-
ser dagegen. Der Alte runzelte bei diesem Ge-
räusche jedesmal unzufrieden die Stirn; als aber
endlich ein ganzer Guß gegen die Scheiben flog,
und durch den schlechtverwahrten Rahmen in die
Stube herein sprudelte, stand er unwillig auf,
und rief drohend nach dem Fenster hin: Undi-
ne! Wirst Du endlich einmal die Kindereien
lassen. Und ist noch obenein Heut ein fremder
Herr bei uns in der Hütte. -- Es ward auch
draußen stille, nur ein leises Gekicher ließ sich
noch vernehmen, und der Fischer sagte, zurück
kommend: das müßt Ihr nun schon zu Gute
halten, mein ehrenwerther Gast, und vielleicht
noch manche Ungezogenheiten mehr, aber sie
meint es nicht böse. Es ist nämlich unsere
Pflegetochter Undine, die sich das kindische We-
sen gar nicht abgewöhnen will, ob sie gleich
bereits in ihr achtzehentes Jahr gehen mag.

und Herr Huldbrand von Ringſtetten geheißen
ſei. Mitten durch das Geſpraͤch hatte der Frem-
de ſchon bisweilen ein Plaͤtſchern am niedrigen
Fenſterlein vernommen, als ſpruͤtze Jemand Waſ-
ſer dagegen. Der Alte runzelte bei dieſem Ge-
raͤuſche jedesmal unzufrieden die Stirn; als aber
endlich ein ganzer Guß gegen die Scheiben flog,
und durch den ſchlechtverwahrten Rahmen in die
Stube herein ſprudelte, ſtand er unwillig auf,
und rief drohend nach dem Fenſter hin: Undi-
ne! Wirſt Du endlich einmal die Kindereien
laſſen. Und iſt noch obenein Heut ein fremder
Herr bei uns in der Huͤtte. — Es ward auch
draußen ſtille, nur ein leiſes Gekicher ließ ſich
noch vernehmen, und der Fiſcher ſagte, zuruͤck
kommend: das muͤßt Ihr nun ſchon zu Gute
halten, mein ehrenwerther Gaſt, und vielleicht
noch manche Ungezogenheiten mehr, aber ſie
meint es nicht boͤſe. Es iſt naͤmlich unſere
Pflegetochter Undine, die ſich das kindiſche We-
ſen gar nicht abgewoͤhnen will, ob ſie gleich
bereits in ihr achtzehentes Jahr gehen mag.

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[10/0024] und Herr Huldbrand von Ringſtetten geheißen ſei. Mitten durch das Geſpraͤch hatte der Frem- de ſchon bisweilen ein Plaͤtſchern am niedrigen Fenſterlein vernommen, als ſpruͤtze Jemand Waſ- ſer dagegen. Der Alte runzelte bei dieſem Ge- raͤuſche jedesmal unzufrieden die Stirn; als aber endlich ein ganzer Guß gegen die Scheiben flog, und durch den ſchlechtverwahrten Rahmen in die Stube herein ſprudelte, ſtand er unwillig auf, und rief drohend nach dem Fenſter hin: Undi- ne! Wirſt Du endlich einmal die Kindereien laſſen. Und iſt noch obenein Heut ein fremder Herr bei uns in der Huͤtte. — Es ward auch draußen ſtille, nur ein leiſes Gekicher ließ ſich noch vernehmen, und der Fiſcher ſagte, zuruͤck kommend: das muͤßt Ihr nun ſchon zu Gute halten, mein ehrenwerther Gaſt, und vielleicht noch manche Ungezogenheiten mehr, aber ſie meint es nicht boͤſe. Es iſt naͤmlich unſere Pflegetochter Undine, die ſich das kindiſche We- ſen gar nicht abgewoͤhnen will, ob ſie gleich bereits in ihr achtzehentes Jahr gehen mag.

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/24>, abgerufen am 25.04.2024.