Bau. Er muß ergänzt oder wohl gar ver- ändert, erneuet werden. Welch eine Fluth glücklicher Jdeen strömen da der Phan- tasie zu! die Unterhaltung kann gar nicht stocken! Sie wird, nach dem jedesmaligen Verhältniß frivol oder bedürftig, das Klein- liche auffinden, und den Frauen die Mit- tel zuführen, das Jntresse auf einen Punkt festzuhalten, von dem die Gegenwart, mit ihren tausend Rücksichten, so leicht nicht wieder los läßt.
Es ist erstaunt, wie sinnreich hier die weibliche Erfindungskraft jedesmal das Zweck- mäßigste ermittelt, um den etwanigen Ueber- druß und die Langeweile, bei steter Wieder- kehr des Geringfügigen, durch allerlei zierliche Stacheln und Spitzen wegzudrücken und den Geist nachgiebig in die alte Fesseln zu schlagen, wenn es ihm wirklich einfiele, sich davon frei machen zu wollen. Verstehen sie es recht, so darf kein ordentliches Gespräch in dem Kreise aufkommen, wo sie regieren. Als gute Wirthinnen hassen sie den unnüz- zen Aufwand der Jdeen. Sie wissen, so wie
Bau. Er muß ergaͤnzt oder wohl gar ver- aͤndert, erneuet werden. Welch eine Fluth gluͤcklicher Jdeen ſtroͤmen da der Phan- taſie zu! die Unterhaltung kann gar nicht ſtocken! Sie wird, nach dem jedesmaligen Verhaͤltniß frivol oder beduͤrftig, das Klein- liche auffinden, und den Frauen die Mit- tel zufuͤhren, das Jntreſſe auf einen Punkt feſtzuhalten, von dem die Gegenwart, mit ihren tauſend Ruͤckſichten, ſo leicht nicht wieder los laͤßt.
Es iſt erſtaunt, wie ſinnreich hier die weibliche Erfindungskraft jedesmal das Zweck- maͤßigſte ermittelt, um den etwanigen Ueber- druß und die Langeweile, bei ſteter Wieder- kehr des Geringfuͤgigen, durch allerlei zierliche Stacheln und Spitzen wegzudruͤcken und den Geiſt nachgiebig in die alte Feſſeln zu ſchlagen, wenn es ihm wirklich einfiele, ſich davon frei machen zu wollen. Verſtehen ſie es recht, ſo darf kein ordentliches Geſpraͤch in dem Kreiſe aufkommen, wo ſie regieren. Als gute Wirthinnen haſſen ſie den unnuͤz- zen Aufwand der Jdeen. Sie wiſſen, ſo wie
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Bau. Er muß ergaͤnzt oder wohl gar ver-
aͤndert, erneuet werden. Welch eine
Fluth gluͤcklicher Jdeen ſtroͤmen da der Phan-
taſie zu! die Unterhaltung kann gar nicht
ſtocken! Sie wird, nach dem jedesmaligen
Verhaͤltniß frivol oder beduͤrftig, das Klein-
liche auffinden, und den Frauen die Mit-
tel zufuͤhren, das Jntreſſe auf einen Punkt
feſtzuhalten, von dem die Gegenwart, mit
ihren tauſend Ruͤckſichten, ſo leicht nicht
wieder los laͤßt.
Es iſt erſtaunt, wie ſinnreich hier die
weibliche Erfindungskraft jedesmal das Zweck-
maͤßigſte ermittelt, um den etwanigen Ueber-
druß und die Langeweile, bei ſteter Wieder-
kehr des Geringfuͤgigen, durch allerlei zierliche
Stacheln und Spitzen wegzudruͤcken und
den Geiſt nachgiebig in die alte Feſſeln zu
ſchlagen, wenn es ihm wirklich einfiele, ſich
davon frei machen zu wollen. Verſtehen ſie
es recht, ſo darf kein ordentliches Geſpraͤch
in dem Kreiſe aufkommen, wo ſie regieren.
Als gute Wirthinnen haſſen ſie den unnuͤz-
zen Aufwand der Jdeen. Sie wiſſen, ſo wie
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/184>, abgerufen am 23.11.2024.
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