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Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802.

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Vergessenheit und dem Untergange entgegen zu gehen, errichtet dem Künstler ein unvergängliches Denkmahl, und erwirbt sich ein Verdienst um das Vaterland; und jeder, dem die Ehre des deutschen Nahmens etwas gilt, ist verpflichtet, ein solches patriotisches Unternehmen zu unterstützen, und so viel an ihm ist, zu befördern. An diese Pflicht unser Publicum zu erinnern, diesen edlen Enthusiasmus in der Brust jedes deutschen Mannes zu wecken, achtete ich für meine Schuldigkeit, und dieß ist die Ursache, weßwegen diese Blätter früher erscheinen, als sonst geschehen seyn würde. Auch hoffe ich, daß es mir auf diesem Wege möglich seyn wird, zu einem größern Theil meiner deutschen Mitwelt zu sprechen; was ich in meiner Geschichte der Musik von Bach zu sagen habe, möchte vielleicht bloß von dem kleinen Kreise der Kunstgelehrten gelesen werden, und doch ist die Erhaltung des Andenkens an diesen großen Mann - man erlaube mir, es noch Ein Mahl zu wiederhohlen - nicht bloß Kunst-Angelegenheit - sie ist National-Angelegenheit.

Das wirksamste Mittel zur lebendigen Erhaltung musikalischer Kunstwerke bleibt freylich immer die öffentliche Aufführung derselben vor einem zahlreichen Publicum. Durch dieses Mittel sind von je her eine Menge großer Werke verbreitet worden, und werden es noch. Das Publicum hört sie vorher im Concert-Saal, in der Kirche oder im Schauspielhause mit Wohlgefallen, erinnert sich nachher des angenehmen Eindrucks und kauft sodann das herausgekommene Werk, ohne vielleicht Gebrauch davon machen zu können. Aber wo, durch wen soll das Publicum Bachs Werke hören, da es von je her so wenige gegeben hat, die sie gehörig vortragen konnten? Ganz anders würde es geworden seyn, wenn Bach selbst sie an mehrern Orten hätte hören lassen können. Aber dazu hatte er weder Zeit noch Lust. So oft dieß irgend einer seiner Schüler that, obgleich deren keiner sie in

Vergessenheit und dem Untergange entgegen zu gehen, errichtet dem Künstler ein unvergängliches Denkmahl, und erwirbt sich ein Verdienst um das Vaterland; und jeder, dem die Ehre des deutschen Nahmens etwas gilt, ist verpflichtet, ein solches patriotisches Unternehmen zu unterstützen, und so viel an ihm ist, zu befördern. An diese Pflicht unser Publicum zu erinnern, diesen edlen Enthusiasmus in der Brust jedes deutschen Mannes zu wecken, achtete ich für meine Schuldigkeit, und dieß ist die Ursache, weßwegen diese Blätter früher erscheinen, als sonst geschehen seyn würde. Auch hoffe ich, daß es mir auf diesem Wege möglich seyn wird, zu einem größern Theil meiner deutschen Mitwelt zu sprechen; was ich in meiner Geschichte der Musik von Bach zu sagen habe, möchte vielleicht bloß von dem kleinen Kreise der Kunstgelehrten gelesen werden, und doch ist die Erhaltung des Andenkens an diesen großen Mann – man erlaube mir, es noch Ein Mahl zu wiederhohlen – nicht bloß Kunst-Angelegenheit – sie ist National-Angelegenheit.

Das wirksamste Mittel zur lebendigen Erhaltung musikalischer Kunstwerke bleibt freylich immer die öffentliche Aufführung derselben vor einem zahlreichen Publicum. Durch dieses Mittel sind von je her eine Menge großer Werke verbreitet worden, und werden es noch. Das Publicum hört sie vorher im Concert-Saal, in der Kirche oder im Schauspielhause mit Wohlgefallen, erinnert sich nachher des angenehmen Eindrucks und kauft sodann das herausgekommene Werk, ohne vielleicht Gebrauch davon machen zu können. Aber wo, durch wen soll das Publicum Bachs Werke hören, da es von je her so wenige gegeben hat, die sie gehörig vortragen konnten? Ganz anders würde es geworden seyn, wenn Bach selbst sie an mehrern Orten hätte hören lassen können. Aber dazu hatte er weder Zeit noch Lust. So oft dieß irgend einer seiner Schüler that, obgleich deren keiner sie in

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[VI/0006] Vergessenheit und dem Untergange entgegen zu gehen, errichtet dem Künstler ein unvergängliches Denkmahl, und erwirbt sich ein Verdienst um das Vaterland; und jeder, dem die Ehre des deutschen Nahmens etwas gilt, ist verpflichtet, ein solches patriotisches Unternehmen zu unterstützen, und so viel an ihm ist, zu befördern. An diese Pflicht unser Publicum zu erinnern, diesen edlen Enthusiasmus in der Brust jedes deutschen Mannes zu wecken, achtete ich für meine Schuldigkeit, und dieß ist die Ursache, weßwegen diese Blätter früher erscheinen, als sonst geschehen seyn würde. Auch hoffe ich, daß es mir auf diesem Wege möglich seyn wird, zu einem größern Theil meiner deutschen Mitwelt zu sprechen; was ich in meiner Geschichte der Musik von Bach zu sagen habe, möchte vielleicht bloß von dem kleinen Kreise der Kunstgelehrten gelesen werden, und doch ist die Erhaltung des Andenkens an diesen großen Mann – man erlaube mir, es noch Ein Mahl zu wiederhohlen – nicht bloß Kunst-Angelegenheit – sie ist National-Angelegenheit. Das wirksamste Mittel zur lebendigen Erhaltung musikalischer Kunstwerke bleibt freylich immer die öffentliche Aufführung derselben vor einem zahlreichen Publicum. Durch dieses Mittel sind von je her eine Menge großer Werke verbreitet worden, und werden es noch. Das Publicum hört sie vorher im Concert-Saal, in der Kirche oder im Schauspielhause mit Wohlgefallen, erinnert sich nachher des angenehmen Eindrucks und kauft sodann das herausgekommene Werk, ohne vielleicht Gebrauch davon machen zu können. Aber wo, durch wen soll das Publicum Bachs Werke hören, da es von je her so wenige gegeben hat, die sie gehörig vortragen konnten? Ganz anders würde es geworden seyn, wenn Bach selbst sie an mehrern Orten hätte hören lassen können. Aber dazu hatte er weder Zeit noch Lust. So oft dieß irgend einer seiner Schüler that, obgleich deren keiner sie in

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Zitationshilfe: Forkel, Johann Nikolaus: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Leipzig, 1802, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forkel_bach_1802/6>, abgerufen am 25.04.2024.