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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
ich Sie nicht vergessen. Ich habe mich hier mit¬
unter einsam gefühlt, und mitunter war mir so
schwer ums Herz, schwerer als Sie wissen können;
ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn
ich Sie gesehen habe, vom ersten Tage an, dann
habe ich mich immer wohler gefühlt und auch besser."

"Aber meine gnädigste Frau."

"Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe
mir eben ein Fläschchen mit Sal volatile gekauft;
im Coupe sind mitunter so merkwürdige Menschen
und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein
Fenster aufmacht; und wenn mir dann vielleicht --
denn es steigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine
das Salz -- die Augen übergehen, dann will ich
an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen
Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den
letzten Wochen öfter an sie gedacht und an Fürst
Kotschukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es
doch. Aber ich kann mich hineinfinden ... Und
lassen Sie einmal von sich hören. Oder ich werde
schreiben."

Damit ging Effi. Gieshübler begleitete sie bis
auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, so
sehr, daß er über manches Rätselhafte, was sie ge¬
sprochen, ganz hinwegsah.


Effi Brieſt
ich Sie nicht vergeſſen. Ich habe mich hier mit¬
unter einſam gefühlt, und mitunter war mir ſo
ſchwer ums Herz, ſchwerer als Sie wiſſen können;
ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn
ich Sie geſehen habe, vom erſten Tage an, dann
habe ich mich immer wohler gefühlt und auch beſſer.“

„Aber meine gnädigſte Frau.“

„Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe
mir eben ein Fläſchchen mit Sal volatile gekauft;
im Coupé ſind mitunter ſo merkwürdige Menſchen
und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein
Fenſter aufmacht; und wenn mir dann vielleicht —
denn es ſteigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine
das Salz — die Augen übergehen, dann will ich
an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen
Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den
letzten Wochen öfter an ſie gedacht und an Fürſt
Kotſchukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es
doch. Aber ich kann mich hineinfinden … Und
laſſen Sie einmal von ſich hören. Oder ich werde
ſchreiben.“

Damit ging Effi. Gieshübler begleitete ſie bis
auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, ſo
ſehr, daß er über manches Rätſelhafte, was ſie ge¬
ſprochen, ganz hinwegſah.


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[329/0338] Effi Brieſt ich Sie nicht vergeſſen. Ich habe mich hier mit¬ unter einſam gefühlt, und mitunter war mir ſo ſchwer ums Herz, ſchwerer als Sie wiſſen können; ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn ich Sie geſehen habe, vom erſten Tage an, dann habe ich mich immer wohler gefühlt und auch beſſer.“ „Aber meine gnädigſte Frau.“ „Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe mir eben ein Fläſchchen mit Sal volatile gekauft; im Coupé ſind mitunter ſo merkwürdige Menſchen und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein Fenſter aufmacht; und wenn mir dann vielleicht — denn es ſteigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine das Salz — die Augen übergehen, dann will ich an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den letzten Wochen öfter an ſie gedacht und an Fürſt Kotſchukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es doch. Aber ich kann mich hineinfinden … Und laſſen Sie einmal von ſich hören. Oder ich werde ſchreiben.“ Damit ging Effi. Gieshübler begleitete ſie bis auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, ſo ſehr, daß er über manches Rätſelhafte, was ſie ge¬ ſprochen, ganz hinwegſah.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/338>, abgerufen am 30.11.2024.