men ließ, das tägliche Geschwäz sich desselben bemächtigte, und es in einen spaßhaften Un¬ terhaltungsstoff seiner drükenden Langeweile verwandelte. Zunächst um mich herum habe ich dermalen nicht, so wie ehemals, bemerkt, daß man von meinen gegenwärtigen Vorträ¬ gen denselben Gebrauch gemacht hätte; von dem zeitigen Tone aber der geselligen Zusam¬ menkünfte auf dem Boden des Bücherdrucks, ich meine die Litteraturzeitungen, und anderes Journalwesen, habe ich keine Kunde genom¬ men, und weiß nicht, ob von diesem sich Scherz oder Ernst erwarten lassen. Wie dies sich verhalten möge, meine Absicht wenigstens ist es nicht gewesen, zu scherzen, und den be¬ kannten Witz, den unser Zeitalter besizt, wie¬ der in den Gang zu bringen.
Tiefer unter uns eingewurzelt, fast zur andern Natur geworden, und das Gegentheil beinahe unerhört, war unter den Deutschen die Sitte, daß man alles, was auf die Bahn gebracht wurde, betrachtete, als eine Auffor¬ derung an jeden, der einen Mund hätte, nur geschwind und auf der Stelle sein Wort auch dazu zu geben, und uns zu berichten, ob er
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men ließ, das taͤgliche Geſchwaͤz ſich deſſelben bemaͤchtigte, und es in einen ſpaßhaften Un¬ terhaltungsſtoff ſeiner druͤkenden Langeweile verwandelte. Zunaͤchſt um mich herum habe ich dermalen nicht, ſo wie ehemals, bemerkt, daß man von meinen gegenwaͤrtigen Vortraͤ¬ gen denſelben Gebrauch gemacht haͤtte; von dem zeitigen Tone aber der geſelligen Zuſam¬ menkuͤnfte auf dem Boden des Buͤcherdrucks, ich meine die Litteraturzeitungen, und anderes Journalweſen, habe ich keine Kunde genom¬ men, und weiß nicht, ob von dieſem ſich Scherz oder Ernſt erwarten laſſen. Wie dies ſich verhalten moͤge, meine Abſicht wenigſtens iſt es nicht geweſen, zu ſcherzen, und den be¬ kannten Witz, den unſer Zeitalter beſizt, wie¬ der in den Gang zu bringen.
Tiefer unter uns eingewurzelt, faſt zur andern Natur geworden, und das Gegentheil beinahe unerhoͤrt, war unter den Deutſchen die Sitte, daß man alles, was auf die Bahn gebracht wurde, betrachtete, als eine Auffor¬ derung an jeden, der einen Mund haͤtte, nur geſchwind und auf der Stelle ſein Wort auch dazu zu geben, und uns zu berichten, ob er
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men ließ, das taͤgliche Geſchwaͤz ſich deſſelben
bemaͤchtigte, und es in einen ſpaßhaften Un¬
terhaltungsſtoff ſeiner druͤkenden Langeweile
verwandelte. Zunaͤchſt um mich herum habe
ich dermalen nicht, ſo wie ehemals, bemerkt,
daß man von meinen gegenwaͤrtigen Vortraͤ¬
gen denſelben Gebrauch gemacht haͤtte; von
dem zeitigen Tone aber der geſelligen Zuſam¬
menkuͤnfte auf dem Boden des Buͤcherdrucks,
ich meine die Litteraturzeitungen, und anderes
Journalweſen, habe ich keine Kunde genom¬
men, und weiß nicht, ob von dieſem ſich
Scherz oder Ernſt erwarten laſſen. Wie dies
ſich verhalten moͤge, meine Abſicht wenigſtens
iſt es nicht geweſen, zu ſcherzen, und den be¬
kannten Witz, den unſer Zeitalter beſizt, wie¬
der in den Gang zu bringen.
Tiefer unter uns eingewurzelt, faſt zur
andern Natur geworden, und das Gegentheil
beinahe unerhoͤrt, war unter den Deutſchen
die Sitte, daß man alles, was auf die Bahn
gebracht wurde, betrachtete, als eine Auffor¬
derung an jeden, der einen Mund haͤtte, nur
geſchwind und auf der Stelle ſein Wort auch
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/391>, abgerufen am 23.11.2024.
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