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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757.

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CXXIII haubtst. von den
personen sollen entweder einen erkornen, oder ge-
bornen vormund haben, welcher der nächste väter-
licher seite ist, im IIten buche 130 cap.

§ 983
wem sie zu-
stehet?

Sotane vormundschaft stehet entweder gewissen
personen vermöge der gesäze zu, oder sie wird
durch ein geding errichtet, oder von der oberkeit
bestellet. Dem ehemanne wird nach maasge-
bung der Teutschen rechte die eheliche vormund-
schaft über sein eheweib beigeleget (§ 713, 714),
Ostfrisisches landrecht im IIten buche cap. 189.

§ 984
wie ein sol-
cher vor-
mund zu be-
trachten ist?

Der vormund einer weibesperson wird nur als
ein ratgeber angesehen; daher er auch, ausser dem
ehemanne, mit der verwaltung der güter nichts zu
tun hat; es sind deswegen seine güter der Curan-
din mit einem stillschweigenden unterpfande nicht
verhaftet; er hat mit nichts zu schaffen; wenn er
der weibesperson nicht mehr anständig ist, kann
wenn die le-
digen wei-
bespersonen
und witben
selbigen
nicht brau-
chen?
sie von ihm abgehen. Zu den aussergerichtlichen
handlungen brauchen die ledigen weibespersonen
und witben in Sachsen keinen vormund, welches
auch nach dem Schwäbischen landrechte befunden
wird, cap. 309, Reinhardts disp. de feminae
Sax. negotiis absque curatore validis,
Basti-
nellers
disp. de negotiis, quae a muliere sine
curatore in Sax. expediri possunt.

§ 985
wo sotane
vormund-
schaft noch
üblich ist?

Obgleich durch das Römische recht sotane vor-
mundschaft der weibespersonen in vielen Teutschen
landen verdrungen, auch aufgehoben worden ist;
nichts destoweniger ist selbige noch in Pommern,
in Ober-Sachsen, zu Hamburg, Lübeck, im
königreiche Preussen, Sahme in der disp. de cu-
ratore mulieris Prutentico,
in Schwaben, z. e.
im herzogtume Wirtenberg, zu Ulm etc. in Ost-

frießland,

CXXIII haubtſt. von den
perſonen ſollen entweder einen erkornen, oder ge-
bornen vormund haben, welcher der naͤchſte vaͤter-
licher ſeite iſt, im IIten buche 130 cap.

§ 983
wem ſie zu-
ſtehet?

Sotane vormundſchaft ſtehet entweder gewiſſen
perſonen vermoͤge der geſaͤze zu, oder ſie wird
durch ein geding errichtet, oder von der oberkeit
beſtellet. Dem ehemanne wird nach maasge-
bung der Teutſchen rechte die eheliche vormund-
ſchaft uͤber ſein eheweib beigeleget (§ 713, 714),
Oſtfriſiſches landrecht im IIten buche cap. 189.

§ 984
wie ein ſol-
cher vor-
mund zu be-
trachten iſt?

Der vormund einer weibesperſon wird nur als
ein ratgeber angeſehen; daher er auch, auſſer dem
ehemanne, mit der verwaltung der guͤter nichts zu
tun hat; es ſind deswegen ſeine guͤter der Curan-
din mit einem ſtillſchweigenden unterpfande nicht
verhaftet; er hat mit nichts zu ſchaffen; wenn er
der weibesperſon nicht mehr anſtaͤndig iſt, kann
wenn die le-
digen wei-
besperſonen
und witben
ſelbigen
nicht brau-
chen?
ſie von ihm abgehen. Zu den auſſergerichtlichen
handlungen brauchen die ledigen weibesperſonen
und witben in Sachſen keinen vormund, welches
auch nach dem Schwaͤbiſchen landrechte befunden
wird, cap. 309, Reinhardts diſp. de feminae
Sax. negotiis absque curatore validis,
Baſti-
nellers
diſp. de negotiis, quae a muliere ſine
curatore in Sax. expediri poſſunt.

§ 985
wo ſotane
vormund-
ſchaft noch
uͤblich iſt?

Obgleich durch das Roͤmiſche recht ſotane vor-
mundſchaft der weibesperſonen in vielen Teutſchen
landen verdrungen, auch aufgehoben worden iſt;
nichts deſtoweniger iſt ſelbige noch in Pommern,
in Ober-Sachſen, zu Hamburg, Luͤbeck, im
koͤnigreiche Preuſſen, Sahme in der diſp. de cu-
ratore mulieris Prutentico,
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im herzogtume Wirtenberg, zu Ulm ꝛc. in Oſt-

frießland,
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[422/0434] CXXIII haubtſt. von den perſonen ſollen entweder einen erkornen, oder ge- bornen vormund haben, welcher der naͤchſte vaͤter- licher ſeite iſt, im IIten buche 130 cap. § 983 Sotane vormundſchaft ſtehet entweder gewiſſen perſonen vermoͤge der geſaͤze zu, oder ſie wird durch ein geding errichtet, oder von der oberkeit beſtellet. Dem ehemanne wird nach maasge- bung der Teutſchen rechte die eheliche vormund- ſchaft uͤber ſein eheweib beigeleget (§ 713, 714), Oſtfriſiſches landrecht im IIten buche cap. 189. § 984 Der vormund einer weibesperſon wird nur als ein ratgeber angeſehen; daher er auch, auſſer dem ehemanne, mit der verwaltung der guͤter nichts zu tun hat; es ſind deswegen ſeine guͤter der Curan- din mit einem ſtillſchweigenden unterpfande nicht verhaftet; er hat mit nichts zu ſchaffen; wenn er der weibesperſon nicht mehr anſtaͤndig iſt, kann ſie von ihm abgehen. Zu den auſſergerichtlichen handlungen brauchen die ledigen weibesperſonen und witben in Sachſen keinen vormund, welches auch nach dem Schwaͤbiſchen landrechte befunden wird, cap. 309, Reinhardts diſp. de feminae Sax. negotiis absque curatore validis, Baſti- nellers diſp. de negotiis, quae a muliere ſine curatore in Sax. expediri poſſunt. wenn die le- digen wei- besperſonen und witben ſelbigen nicht brau- chen? § 985 Obgleich durch das Roͤmiſche recht ſotane vor- mundſchaft der weibesperſonen in vielen Teutſchen landen verdrungen, auch aufgehoben worden iſt; nichts deſtoweniger iſt ſelbige noch in Pommern, in Ober-Sachſen, zu Hamburg, Luͤbeck, im koͤnigreiche Preuſſen, Sahme in der diſp. de cu- ratore mulieris Prutentico, in Schwaben, z. e. im herzogtume Wirtenberg, zu Ulm ꝛc. in Oſt- frießland,

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/434>, abgerufen am 23.11.2024.