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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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kennt. Diese Amalie, sein Jdeal der Weiblichkeit, wird
aber von Niemand geliebt, als von dem allerdings
trefflichen, aber blöden und etwas ungeschlachten Ma-
jor Dobbin, und auch dieser fühlt sich zuletzt über
Amalie enttäuscht. Der eigene, von ihr angebetete
Gatte verläßt sie, nachdem er kaum 14 Tage mit ihr
vermählt gewesen, um der herzlosen und koketten Re-
becca willen. Rebecca, der Personifikation des gemei-
nen, raffinirten, heuchlerischen Weibes, ihr liegt alles
zu Füßen. Thackeray ist ein zu feiner Beobachter, um
der Wirkung des menschlichen Wesens auf dem Markt
des Lebens nicht gerecht zu werden.

Ein witziger Franzose sagt einmal, ihm wäre, als
stände über der Thür einer strengtugendhaften Frau
die Jnschrift zu Dante's Hölle: "Voi che entrate, las-
ciate ogui speranza.
" Solche Blasphemien würden
deutsche Männer allerdings niemals aussprechen, im
Gegentheil, sie bewundern stets an den Frauen pflicht-
schuldigst die Tugend, freilich vorzugsweise schriftlich
und gedruckt; die Triumphe aber, die eine Frau im ge-
selligen Leben und in den Herzen der Männer feiert,
pflegen in einem intimeren Zusammenhang mit der
Abnahme als mit der Zunahme ihrer Tugenden zu
stehen.

Was wollen die Männer überhaupt von den

kennt. Diese Amalie, sein Jdeal der Weiblichkeit, wird
aber von Niemand geliebt, als von dem allerdings
trefflichen, aber blöden und etwas ungeschlachten Ma-
jor Dobbin, und auch dieser fühlt sich zuletzt über
Amalie enttäuscht. Der eigene, von ihr angebetete
Gatte verläßt sie, nachdem er kaum 14 Tage mit ihr
vermählt gewesen, um der herzlosen und koketten Re-
becca willen. Rebecca, der Personifikation des gemei-
nen, raffinirten, heuchlerischen Weibes, ihr liegt alles
zu Füßen. Thackeray ist ein zu feiner Beobachter, um
der Wirkung des menschlichen Wesens auf dem Markt
des Lebens nicht gerecht zu werden.

Ein witziger Franzose sagt einmal, ihm wäre, als
stände über der Thür einer strengtugendhaften Frau
die Jnschrift zu Dante's Hölle: „Voi che entrate, las-
ciate ogui speranza.
‟ Solche Blasphemien würden
deutsche Männer allerdings niemals aussprechen, im
Gegentheil, sie bewundern stets an den Frauen pflicht-
schuldigst die Tugend, freilich vorzugsweise schriftlich
und gedruckt; die Triumphe aber, die eine Frau im ge-
selligen Leben und in den Herzen der Männer feiert,
pflegen in einem intimeren Zusammenhang mit der
Abnahme als mit der Zunahme ihrer Tugenden zu
stehen.

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[24/0032] kennt. Diese Amalie, sein Jdeal der Weiblichkeit, wird aber von Niemand geliebt, als von dem allerdings trefflichen, aber blöden und etwas ungeschlachten Ma- jor Dobbin, und auch dieser fühlt sich zuletzt über Amalie enttäuscht. Der eigene, von ihr angebetete Gatte verläßt sie, nachdem er kaum 14 Tage mit ihr vermählt gewesen, um der herzlosen und koketten Re- becca willen. Rebecca, der Personifikation des gemei- nen, raffinirten, heuchlerischen Weibes, ihr liegt alles zu Füßen. Thackeray ist ein zu feiner Beobachter, um der Wirkung des menschlichen Wesens auf dem Markt des Lebens nicht gerecht zu werden. Ein witziger Franzose sagt einmal, ihm wäre, als stände über der Thür einer strengtugendhaften Frau die Jnschrift zu Dante's Hölle: „Voi che entrate, las- ciate ogui speranza.‟ Solche Blasphemien würden deutsche Männer allerdings niemals aussprechen, im Gegentheil, sie bewundern stets an den Frauen pflicht- schuldigst die Tugend, freilich vorzugsweise schriftlich und gedruckt; die Triumphe aber, die eine Frau im ge- selligen Leben und in den Herzen der Männer feiert, pflegen in einem intimeren Zusammenhang mit der Abnahme als mit der Zunahme ihrer Tugenden zu stehen. Was wollen die Männer überhaupt von den  

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/32>, abgerufen am 28.03.2024.