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Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.

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steigert die Stellung der Kunst in der Gesellschaft, und sie belebt pdi_309.002
den arbeitenden Künstler. In einem solchen lebendigen pdi_309.003
Milieu arbeiteten die Künstler der griechischen Zeit und der pdi_309.004
Renaissance, Corneille, Racine und Moliere, Schiller und Goethe. pdi_309.005
In der Zeit ihrer höchsten künstlerischen Anstrengungen finden pdi_309.006
wir Schiller und Goethe ganz umgeben von einer solchen sie pdi_309.007
tragenden ästhetischen Lebendigkeit der Nation, von Kritik, ästhetischem pdi_309.008
Urtheil und lebhafter Debatte. Die ganze Geschichte pdi_309.009
der Kunst und der Dichtung zeigt, wie das nachdenkliche Erfassen pdi_309.010
von Functionen und Gesetzen der Kunst die Bedeutung pdi_309.011
und die idealen Ziele derselben im Bewusstsein erhält, während pdi_309.012
die niederen Instincte der menschlichen Natur sie beständig pdi_309.013
herabziehen möchten. Insbesondere die deutsche Aesthetik hat pdi_309.014
den Glauben, dass die Kunst eine unsterbliche Angelegenheit pdi_309.015
der Menschheit ist, tiefsinnig begründet. Nur indem das pdi_309.016
Dauernde in dieser Aesthetik, insbesondere die Einsicht in die pdi_309.017
Function der Kunst für das Leben der Gesellschaft, tiefer begründet pdi_309.018
wird, kann auch der Künstler, der Dichter die hohe pdi_309.019
Stellung in der Schätzung der Gesellschaft behaupten, die er in pdi_309.020
den hundert Jahren von dem verkommenen armen Günther bis zur pdi_309.021
Bestattung Goethe's in einer Fürstengruft errungen hat. Aesthetisches pdi_309.022
Nachdenken über Ziel und Technik der einzelnen Kunstübung pdi_309.023
hat in jeder Blüthezeit der bildenden Kunst oder der Dichtung pdi_309.024
die Ausbildung eines festen Styls und einer zusammenhängenden pdi_309.025
Tradition in der Kunst wesentlich unterstützt. So sehen pdi_309.026
wir aus den Resten von Poetik und Rhetorik der Griechen, wie pdi_309.027
sich dort der feste Styl der Dichter und Redner überall Hand pdi_309.028
in Hand mit Regelgebung ausgebildet hat. Wir bemerken, wie pdi_309.029
die lange Blüthe des französischen Theaters durch das an der pdi_309.030
cartesianischen Philosophie genährte ästhetische Raisonnement pdi_309.031
gefördert wurde. Und Lessing, Schiller und Goethe bereiteten pdi_309.032
ihre Dichtungen durch tiefes ästhetisches und technisches Nachdenken pdi_309.033
vor; Wallenstein, Hermann, Meister, Faust wurden pdi_309.034
unter der lebendigen Betheiligung dieses Nachdenkens ausgebildet; pdi_309.035
ebendasselbe Raisonnement sicherte dann diesen pdi_309.036
Werken Verständniss und Aufnahme im Publicum. Kurz, die

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Zitationshilfe: Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482, hier S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dilthey_poetik_1887/11>, abgerufen am 23.11.2024.