p1c_315.001 in Deutschland hat der italienische und französische Geschmack p1c_315.002 überhand genommen, das Heiligthum des Lebens und die p1c_315.003 Mysterien der Liebe mit kalten Scherzen zu entweihen, und p1c_315.004 die Kunst hat dadurch eben so verloren, als die poetische p1c_315.005 Sprache. Die höhere Kunst, wie wir von den Griechen p1c_315.006 lernen, ist eben so keusch, wie die Natur. Alle Zweydeutigkeiten p1c_315.007 dagegen, mit denen ein kultivirter Verstand seinen p1c_315.008 Scherz treibt, sind eben wegen ihrer scheinbaren Anständigkeit p1c_315.009 eine bittere Satyre auf die wahre Schaamhaftigkeit und p1c_315.010 erniedrigen den Menschen weit unter das Thier.
p1c_315.011 Anmerk. 3. So viel von den merkwürdigsten figuris p1c_315.012 maioribus der dichterischen Rede. Es giebt deren noch p1c_315.013 unzählige. Denn bey dem, welcher lebhaft spricht, tout p1c_315.014 prend un corps, une ame, un esprit, un visage. p1c_315.015 Ein Kunstrichter vergleicht die Figuren mit den Stellungen p1c_315.016 eines behenden Fechters, deren einige, die am öftersten vorkommen, p1c_315.017 man benennen, aber nicht alle angeben kann. So p1c_315.018 findet sich bey der Satyre noch die ausgeführte Jronie als p1c_315.019 Figur. Der sarkasmos der Griechen z. B. wenn ein Held p1c_315.020 zu dem Besiegten sagt: Isthic nunc metuende iaces. - p1c_315.021 Die Paroemia oder sprüchwörtliche Redensart. Die Dubitatio, p1c_315.022 die Confessio, die Epitrophe, z. B. wenn man p1c_315.023 gewisse Blößen giebt, die aber nur Finten sind u. s. w. - p1c_315.024 Einige Figuren sind offenbare Spielereyen und werden äußerst p1c_315.025 selten geduldet werden können, z. B. der khiasmos. p1c_315.026 So sagt Justinian in seinen Jnstitutionen zu Anfang: Imperatoriam p1c_315.027 maiestatem non solum armis decoratam,
p1c_315.001 in Deutschland hat der italienische und französische Geschmack p1c_315.002 überhand genommen, das Heiligthum des Lebens und die p1c_315.003 Mysterien der Liebe mit kalten Scherzen zu entweihen, und p1c_315.004 die Kunst hat dadurch eben so verloren, als die poetische p1c_315.005 Sprache. Die höhere Kunst, wie wir von den Griechen p1c_315.006 lernen, ist eben so keusch, wie die Natur. Alle Zweydeutigkeiten p1c_315.007 dagegen, mit denen ein kultivirter Verstand seinen p1c_315.008 Scherz treibt, sind eben wegen ihrer scheinbaren Anständigkeit p1c_315.009 eine bittere Satyre auf die wahre Schaamhaftigkeit und p1c_315.010 erniedrigen den Menschen weit unter das Thier.
p1c_315.011 Anmerk. 3. So viel von den merkwürdigsten figuris p1c_315.012 maioribus der dichterischen Rede. Es giebt deren noch p1c_315.013 unzählige. Denn bey dem, welcher lebhaft spricht, tout p1c_315.014 prend un corps, une ame, un esprit, un visage. p1c_315.015 Ein Kunstrichter vergleicht die Figuren mit den Stellungen p1c_315.016 eines behenden Fechters, deren einige, die am öftersten vorkommen, p1c_315.017 man benennen, aber nicht alle angeben kann. So p1c_315.018 findet sich bey der Satyre noch die ausgeführte Jronie als p1c_315.019 Figur. Der σαρκασμος der Griechen z. B. wenn ein Held p1c_315.020 zu dem Besiegten sagt: Isthic nunc metuende iaces. ─ p1c_315.021 Die Paroemia oder sprüchwörtliche Redensart. Die Dubitatio, p1c_315.022 die Confessio, die Epitrophe, z. B. wenn man p1c_315.023 gewisse Blößen giebt, die aber nur Finten sind u. s. w. ─ p1c_315.024 Einige Figuren sind offenbare Spielereyen und werden äußerst p1c_315.025 selten geduldet werden können, z. B. der χιασμος. p1c_315.026 So sagt Justinian in seinen Jnstitutionen zu Anfang: Imperatoriam p1c_315.027 maiestatem non solum armis decoratam,
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zu dem Besiegten sagt: Isthic nunc metuende iaces. ─ p1c_315.021
Die Paroemia oder sprüchwörtliche Redensart. Die Dubitatio, p1c_315.022
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/373>, abgerufen am 23.11.2024.
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