Eine Christliche Leichpredigt /
Gehalten bey der Begräbnüß /
Des Weyland /
Ehrwürdigen / Ehrn-
vesten / Achtbarn vnd Wolge-
larten Herrn
Johannis Bode-
meiers/
Propsten der Kirchen S. Bonifacii
in Hamelen / vnd F. B. geheimen
Cammer-
Secretarii / Den 28. Aprilis
Anno 1620 .
Durch
Henricum VVideburgium , Th. D . vnd General
Superintendent zu
Wolffenbüttel .
Augustinus sup . Psalmo 38.
Transimus à Veteribus ad nova , ipse transitus agitur , cum
corrum-
puntur exteriora , & innovantur interiora , donec etiam post hoc
ipsum ,
quod corrumpitur , exterius reddat debitum naturae , veniat in mortem ,
renovetur & hoc in resurrectione , tunc fient revera omnia nova reliqua ,
quae nunc sunt in spe & fide .
Wolffenbüttel /
Gedruckt durch Eliam Holwein / F : B : Buchd : daselbst .
Im Jahr / 1620 .
Den Ehrnvesten vnd Wolgelarten Herrn Henrico Iulio vnd Iohanni VVernero
Bodenmeiers LL. Studiosissimis .
Vnd Den Ehrbaren vnd Vieltugentreichen Frawen ELISABETHAE , Des Ehrnvesten /
Achtbarn vnd Wolgelarten Herrn Erasmi Helders / Erbgesessen zu Sündhausen /
ehelichen Haußfrawen .
Frawen Hedewieg Elisabeth / Des auch Ehrnvesten / Achtbarn vnd Wolgel : Henrici
Müllcri , F : B : Cammer-Secrerarii zu Schöningen ehelichen Haußfrawen .
Jungfrawen Clarae Mariae , Des Weyland / Ehrwürdigen / Ehrnvesten vnd
Wolgelarten Iohannis Bodenmeiers / Praepositi der Kirchen S. Bonifacii in
Hamelen vnd F : B : Cammer-Secretarii S. hinderlassenen lieben Söhnen vnd
Töchtern .
Meinen günstigen in Ehren Freunden vnd Freundinnen / Wünsche ich Frewd vnd
Trost / von GOtt dem Vater aller Gnaden / durch JEsum Christum im H. Geist /
Amen
EHrn veste / Achtbare vnd Wolgelarte großgünstige Herrn vnnd Freunde / wie auch
Ehrbare vnd Vieltugentreiche Frawen vnd Jungfrawe / Es hat vorzeiten das
Concilium Toletanum geschlossen / die Bischöffe sollen allen Christen verbieten
/ jhre Todten zubeweinen . Vnd da etlichen das Exempel des HErrn Christi / Joh.
c. 11 . Da er Lazari Todt hertzlich beweinete / vorgehalten ist / haben sie
vngereimet geantwortet / der HErr habe nicht geweinet / das Lazarus gestorben /
sondern dz er wieder vom Todt erstanden sey . Aber das ist ja wieder die Exempel
der H. Alten / welche vns der Weise Syrach heisset ansehen . Es ist wieder die
Vermanung desselben Syrachs c. 38. Mein Kind / spricht er / wenn einer stirbt /
so beweine jhn / vnd klage jhn / als sey dir groß Leid geschehen / vnd verhülle
seinen
Leib gebürlicher weise /
vnd bestete jhnen ehrlich zum Grabe . Du solt bitterlich weinen vnd hertzlich
betrübet sein vnd Leide tragen / darnach er gewest ist . Vñ
erfordert auch ja solches vnser Christenthumb zum wenigsten deßhalben / daß der
Todt / all Jam̃er vnd Noht zu den Menschen durch die Sünde
durchgedrungen ist / Röm. c. 5. HErr das macht dein Zorn / sagt Moses Ps. 90 .
Daß wir also vergehen / vnd dein Grim̃ daß wir so plötzlich davon
müssen . Es erfordert auch solches die Natur selbsten / vnd natürliche Affection
gegen die vnseren / die sich nicht sollen dämpffen lassen / so wir nicht / für
Stoische Blöcke vnd Steine / ja auch Vnchristen wollen gehalten seyn . Dennoch
muß in dem trawren die Christliche maß gehalten seyn / wir müssen nicht trawren
wie die Heyden / die nicht Hoffnung habẽ / 1. Thes. 4 . Sondern
wie die H. Kinder GOttes /
daß wir mit der Hoffnung des ewigen Lebens / vnd dem seligen Abwechsel / denen
vnsere liebesten Freunde im sterben erlanget haben / vnd deñ auch
der frölichen wieder Zusammenkunfft in dem Himmelreich / vnsere trawrigkeit
stillen / vnd die Wasserquelle vnser Augen verstopffen . Welches auch vnter
andern nicht die geringste Vrsach / das bey bestadtung der abgestorbenen
Christliche Leichsermonen vñ tröstliche Predigten gehalten werden
/ darinnen die momenta consolationum den vberlebenden fürgetragen werden . Weil
nun deßhalben auch E. E. vnd Achtb . wie auch Vielt. G. võ meiner
wenigen Person / begehret nicht allein bey der Christlichen vnnd Volckreichen
Leichbegengn üß deroselben Weyland lieben vnd vielgeehrten Vaters ein solche
Leichpredige zu thun / sondern auch zu mehrem Trost
hernach zu Papier zu fassen /
habe solchem Christlichem begehren tragendes Amptes halben ich billig / so viel
mir GOtt Gnade verleihen / raum vnd statt geben müssen . Stehe demnach auch in
der gewissen Zuversicht / dieselben werden neben den anderen Anverwandten vñ Freunden jhnen solche Verfassung belieben lassen / vnd in gutem
auff : vnd annemen . Vnser lieber HErr vnd Heyland JEsus Christus wolle E. E. vnnd
Achtb . wie auch Vielt. G. vnd alle betrübte Hertzen mit dem Trost des H. Geistes
erfüllen / regieren vnd bewahren auff dem Wege des Friedes zu der ewigen
Seligkeit . Geben zu Wolffenbüttel in der Heinrichstadt / den 3. Julij / Anno
1620 .
E. E. vnd Achtb . wie auch Vielt. G.
Dienstwill .
Henricus VVideburgius D. Prediger vnd General. Sup. daselbst .
Cum Iesu Christo .
TEXTVS .
Iohan. XI. V. 25 .
JESVS spricht zu Martha : Ich bin die Aufferstehung vnnd das Leben / wer an mich
gleubet / der wird Leben / ob er gleich Stürbe : Vnd wer da Lebet / vnd glaubet
an mich der wird nimmermehr Sterben .
Erklärung .
GEliebte vnd andechtige Freunde in Christo JESV / es bekennet die Him̃lische Gesponß vnd Braut die Christliche Kirche / von jrẽ trewen vnd werthen Breutgam vnd trawten Immanuel JESu Christo :
Seine Lippen sind wie Rosen / die mit fliessenden Myrrehn trieffen / seine Hände
sind wie güldene Ringe voller Türchysen . Ein solcher ist mein Freundt / Mein
Freundt ist ein solcher / Ihr Tochter von Jerusalem / Cant.
5. v. 14 .
In welchen anmütigen verblümeten Worten fürnemlich zweyerley von dem HErrn
Christo gerümet werden : Eins ist / daß seine Hände sein wie eitel güldene Ringe
voller Türckosen oder anderer herrlichen Edelgesteine / das ist / das seine
Hände sind voller Göttlichen Wunderwercke / davon Johannes meldet in seinem
Evangelio cap. 20. Viele andere Zeichen thete JESus / die nicht geschrieben sind
in diesem Buch / diese aber sind geschrieben / daß jhr gleubet / JESus sey
Christ der Sohn GOttes / vnd daß jhr durch den Glauben das Leben habt in seinem
Namen . Vnd cap. 21 . Es sind auch viele andere dinge die JEsus gethan hat /
welche so sie solten eins nach dem anderen geschrieben werden / achte ich / die
Welt würde die Bücher nicht begreiffen / die zu schreiben weren . Denn Petrus
meldet auch von jhm / daß er vmbher gezogen durch das gantze Jüdische Land / vnd
habe wolgethan vnd gesundt gemachet / alle die vom Teuffel vberweltiget waren /
denn GOtt war mit jhm / Act. 10 .
Diese Wunderwerck werden nicht Vnrecht verglichen köstlichen Goldt vnd güldenen
Ringen / die von Türckosen vnd Edelgesteinem gläntzen . Denn so wol Goldt als
Edelsteine diese Natur vnd Eigenschafft an jhnen haben / daß sie das Hertze vnd
natürliche Kräffte stercken / vnd Gifft davon außtreiben / vnd sonderliche
Türckose jhrer Tugendt nach für allerley gefärliche Vnfälle den jungen Kinderen
wol an den Halß gehenget werden . Eben solch eine Natur vnd solche Eigenschafften
haben auch die güldene vnd Türckosene Wunderwerck vnsers HErrn Christi / wenn
ein Mensch wil schwach im Glauben werden / vnd sein Hertz beginnet Noht zu
leiden von Anfechtungen / ob auch sein Heylandt vnd Nohthelffer in allerley Noht
vnd Todt rahten vnd helffen künne / da stercken sie das Hertz / erhalten den
Glaubẽ /
vnd
sein dienlich wieder die gefehrliche vnfäll der Kleinmütigkeit vnd
Verzweiffelung / wenn man sie zum Dengmahl in den Halß henget / ja wie ein
köstlichen Edelstein in das Hertze fasset : Denn eben darvmb sind sie
auffgeschrieben / daß wir gleuben / er sey Christ der Sohn GOttes / vnd durch
den Glauben das ewige Leben haben in seinem Namen. Joh. 20. Vnd Christus selber
führet vnd weiset vns drauff : Glaubet mir / daß ich in dem Vater / vnd der Vater
in mir ist : Wo nicht / so gleubet mir doch vmb der Wercke willen .
Zum Anderen / wird gerümet seine grosse Holdseligkeit in der Lehre vnd in den
Worten : Seine Lippen sind wie Rosen / die mit fliessenden Myrrhen trieffen . Das
ist / Seine Predige / seine Lehre vnd Worte sind holdselig süsse vnd lieblich /
wie die süssen wolriechenden Rosen / doch so mit den Myrrehn des lieben Creutzes
Temperirt vnd vermischet / daß die Honigsüsse vnd Rosenliebliche Predige des H.
Evangelii vns nicht sicher mache vnd in der Vnbußfertigkeit stercke : Denn gleich
wie die Rosen die Natur vnd Tugendt haben / da sie mit jhrem schönen Geruch die
Spiritus animales oder das Gehirn vnd Gemüht erfrischen vnd auffmunteren / die
Spiritus Vitales oder das Hertze stercken / mit jhrem wunderlieblichen Safft vnd
Wasser das Angesicht schön vnd frölich vnd die Augen klar machen / vnd
sonderlich wieder eusserliche vnd jnnerliche Hitze heilsamlich gebraucht werden :
Also ist auch in Warheit kein besser Remedium wieder die eusserliche Hitze
mancherley Creutzes vnd Trübsals / wieder jnnerliche Hitze des bösen beissenden
vnd nagenden Gewissens / denn die schöne Rose des Göttlichen Wortes / nach
außsag des Königlichen Propheten Davids Psal . 119. HErr wenn dein Wort nicht
were mein Trost gewesen / so were ich vergangen in meinem Elende / vnd des
Königes Hißkiae Esa. 38. HErr davon lebet man / vnd die Krafft meineß Geistes /
die stehet gantz vnd
gar in
deinem Worte . Es ist auch kein besser Confortativ . in der Welt zufinden / die
außgemattete Hertzen wieder zuerquicken / die Augen des Glaubens zu
Clarificiren , das gantze Angesicht / das aus schrecken vnd forcht verfallen vnd
trawrig worden / zuerfrölichen / denn eben die liebliche Rose des H. Evangelii .
Denn so sagt davon David / Ps. 19 . Das Gesetze des HErrn ist ohn Wandel / vnd
erquicket die Seele / das Zeugnis des HErrn ist gewisse / vnd machet die Albern
weise / die befehl des HErrn sind richtig vnd erfrewen das Hertz . Die Gebot des
HErrn sind lauter vnd erleuchten die Augen / vnd in Summa / wil Paulus sagen /
Röm. cap. 1. Das Evangelium ist ein Krafft GOTTes selig zu machen / die daran
gleuben .
Einen solchen güldenen Ring mit einem Edlen Türckoß / vnd solche liebliche Rosen
finden wir auch in dem elfften Capittel Johannis / dar aus die verlesene Wort
genommen sind . Denn Erstlich / findet sich da ein statlicher Türckoß / ein
Göttlich Wunderwerck der Hände Christi : So bald er spricht zu dem Verstorbenen /
vnd nun mehr in den fünfften Tag im Grab gelegenen vnd stinckenden Lazaro /
Lazare kom heraus / so bald kompt er heraus / ohngeachtet / daß er gebundẽ war mit Grabtüchern an Händen vnd Füssen / vnd sein Angesicht
verhüllet mit einem Schweißtuch . Welches Wunderwerck Chrysologus serm. 63. recht nennet Signorum signum , & Virtutum
virtutem , ein Zeichen aller Zeichen / eine Krafft aller Kräffte . Euthymius
Miraculum duplum , ein gedoppelt Wunderwerck. Basilius homil. 4. de gratias
actione : Miraculum in miraculo , ein Wunderwerck in dem Wunderwerck / denn zu
dreyen vnterschiedenen mahlen hat der HErr Christus Todten aufferwecket : Des
Jairi Töchterlein erweckete er im Hause / ehe denn sie vom Todtbette
heraußgetragen ward . Den Jüngling zu Naim erweckete er / da er jetzo in den
Staub des Todtes solte geleget werden . Aber Lazarum erwecket er / da er schon
vier Tag im Grab gelegen vnnd
stinckend worden war / ja er muste auff sein Allmechtiges Wort auß dem Grab
herfürsteigen / da er doch in Grabtüchern an Händen vnd Füssen eingewickelt vnd
gebunden war . Dieser Wunder-Türckoß muste auch seine Krafft haben / nicht allein
an den Fingern des HERRN Christi scheinen vnd gläntzen als ein radius divinae
Majestatis , alß ein glantz seiner Göttlichen Allmacht vnd Majestet / Sondern
auch seine stralen in die Hertzen vieler Jüden hinein werffen / vnd von dem
Vnfall des Vnglaubens auffhelffen : Denn viel der Jüden / die zu Mariam kommen
waren / vnd sahen was JEsus thete / die glaubten an jhn .
Zum Andern / findet sich auch die wunderliebliche süsse Rose / der trieffende
Honigseim vnd Lebens Safft von den Lippen des HERRN Christi in dem herrlichen
vorabgelesenen Sprüchlein : Ich bin die Aufferstehung vnd das Leben / wer an mich
gleubet / der wird Leben / ob er gleich stürbe . Vnd wer da lebet vnd gleubet an
mich / der wird nimmermehr sterben .
Vnd dazu hats nicht allein vnser werhter vnd lieber in Christo seliglich
verstorbener Mit Bruder bey guter zeit vnd gesundtheit Erwehlet / vnd zu mehrem
gedechtnis in seine auffgebawete Ruhestete vnd Begräbnis schreiben vnd mahlen
lassen / sondern er hats jhm auch lassen durch den Finger GOttes / das ist /
Durch den H. Geist dermassen tieff in sein Hertz eingraben / daß er sich damit
wieder alle Noht vnd endlich auch wieder den zeitlichen vnd ewigen Todt
erquicket vnd getröstet hat .
Derowegen so haben wirs auch nicht vnbillig bey dieser Volckreichen Versamlung zu
vnser Leichmateri erwehlet / wollens auch durch GOttes hülff vnd beystandt
Erklären in nachfolgenden dreyen Stücken .
1. Wie sich Christus nenne die Aufferstehung / vnd was wir davon haben / Nemlich
/ wir sollen auch Aufferstehen vnd Leben / ob wir gleich Sterben .
2. Wie sich Christus nenne das Leben / vnd was wir davon haben / Nemlich / daß
wir sollen leben / vnd nimmermehr sterben .
3. Welcher gestalt wir denn solcher grossen Güter vnd Wolthaten theilhafftig
werden / Nemlich durch den seligmachenden Glauben .
Der Vater aller Gnaden vnd Barmhertzigkeit / wolle vns hie zuverleihen die Gnad
vnd Krafft seines heiligen Geistes / vmb JESu Christi seines eingebornen Sohns
vnsers Heylandes vnd Seligmachers willen / Amen / Amen .
Erster Theil :
ZV diesem lieblichen vnd köstlichen Rosen Spruch / hatte dem HERrn Christo die
sorgfeltige vnd betrübte Martha vrsach geben . Denn als er gen Bethanien kam /
seinen guten Freundt den Lazarum von den Todten zuerwecken / da gehet jhm die
Martha hinaus für den Flecken entgegen / Vnnd spricht zu jhm : HErr werestu hie
gewesen / mein Bruder were nicht gestorben . Vnd wil so viel sagen : Ach HErr /
werestu noch bey seinem Leben kommen / hettestu jhnen mit einem Wort künnen
gesundt machen / aber nunmehr ists so weit kommen / daß er da ligt in der Erden
/ vnd ist ein Speise der Würme vnd Schlangen worden . Doch erinnert sie sich bald
/ daß Christus auch vorher hatte Todten aufferwecket / alß Luc. cap. 7. vnd
Matth. cap. 9. vnd spricht dem nach ferner : Doch weis ich auch noch / das / was
du bittest von GOtt / das wird dir GOtt geben . Das war ein sehr vnvollkommene
Bekäntnüs von Christo / in deme sie jhm das kaum zu trawet / daß er aus eigener
Macht Todten aufferwecke / Sondern er müste auch darvmb / wie andere heilige
Leute / bitten : Dennoch so lesset jhm der gnädiger vnd gütiger
HErr die Einfalt gefallen / vnd
wil das glimmende Dächtlein nicht vollens außleschen / sondern erhalten vnd mehr
anzünden . Spricht demnach : Dein Bruder sol aufferstehen . Weil aber Christus
nicht außtrücket / wenn vnd wie balde solches geschehen solle / viel weniger /
daß er jhn zur stunde aufferwecken wolle / so stehet sie in den gedancken /
Christus deute auff die allgemeine aufferstehung die am jüngsten Tage erfolgen
wird / vnd spricht : Ich weiß wol / daß er aufferstehẽ wird in der
aufferstehung am jüngsten Tage . Welches dann eine herrliche bestendige Bekentnis
/ das dennoch der hohe Artikel vnsers Glaubens von der aufferstehung des
Fleisches vnter dem Volck GOttes erhalten sey Denen bekennet sie hie mit
starckem Glauben vnd vollen Hertzẽ vnd saget : Sie wisse es / ich
weis daß er aufferstehen wird in der aufferstehung am jüngsten Tage . Aber daß er
vor dem Tage werde wieder aufferstehen / darinnen streiten bey jhr der Glaube
vnd Vnglaube . Damit aber der Herr Christus solcher Schwachheit auffhelffe / so
gibt er jhr einen außbündigen bericht von seiner Person vnd Wolthaten / vnd
spricht : Ich bin die Aufferstehung vnd das Leben / wer an mich gleubet / der
wird leben / ob er gleich stürbe / vnd wer da lebet vnd gleubt an mich / der
wird nim̃ermehr sterben .
Da nennet sich Christus erstlich die Aufferstehung . Anderßwo in der heiligen
Schrifft verheisset er seinen Jüngern / daß er am dritten Tage wieder vmb von
den Todten wolte aufferstehen / als Matth. cap. 16. stehet geschrieben : Von der
zeit an / fieng JEsus an / vnd zeiget seinen Jüngern / wie er muste hingehen gen
Jerusalem / vnd viel leiden von den Eltesten vnd Hohenpriestern vnd
Schrifftgelerten / vnd getödtet werden / vnd am dritten Tage aufferstehen / vnd
cap. 17. spricht er : Es ist zukünfftig / daß des
Menschen Sohn vberäntwortet werde
in der Menschen Hände / vnd sie werden jhn Tödten / vnd am dritten Tage wird er
Aufferstehen Deßgleichen auch zu finden ist / cap. 20. 26. 27. Marc. 8 . 9.
etc .
Anderßwo in der heiligen Schrifft verheisset er / daß er mit seinem Allmechtigen
Wort die Todten wolle aufferwecken : Denn es kompt die stunde / Spricht er / in
welcher alle die in Gräbern sind / werden die Stimme des Sohns GOTTes hören /
vnd werden herfürgehen / die da gutes gethan haben zu der aufferstehung des
Lebens / die aber vbels gethan haben / zur aufferstehung des Gerichts. Joh. cap.
5 . Aber hie an diesem ort da gehet er viel höher vnd weiter : Denn er spricht mit
einer sonderbahren Emphasi oder Nachtruck / Er sey die Aufferstehung selbst . Der
keiner anderen oder frembden Macht vnd Krafft bedürfftig sey / weder selber von
den Todten auffzustehen / oder andere von den Todten auffzuwecken / sondern er
sey die Allmechtige Krafft Gottes lebendig zu machen selber / hab Leben vnd Todt
in seinen Händen / daß er Lebendig mache vnd aus den Banden des Todtes herauß
reisse / welche / wenn vnd wie er wil .
Ist demnach dieser ein solch fürtrefflicher vnd Göttlicher Name / daß er keinem
Menschen kan oder sol beygemessen werden / ob schon im alten vnd newen
Testamente Menschen gefunden werden / die zum theil Todten aufferwecket / zum
theil von den Todten Aufferstanden / Sondern diesen Gnadenreichen Ehren vnd
Amptstitul / führet mit recht allein vnser trawter Immanuel JEsus Christus / vnd
dasselbe / 1. ratione sui seinenthalber . 1. Ratio nostri vnserenthalber .
Seiner Person halber wird er genennet die Aufferstehung / Dieweil es vnmüglich
war / daß er solte vom Toote gehalten werden / wie Petrus saget / act. 4. vers.
24. Sintemahl sein Fleisch war nicht ein Sündliches / wie vnsers / Sonder ein
heiliges Fleisch / Daß die Verwesung nicht sehen künte /
Sondern am dritten Tage hat er
sich selbst aus den Banden des Todtes wieder loß gewircket / vnd ist als ein
Triumphator vnd Siegßfürste vber Todt vnd Teuffel aus dem Grab wieder
herfürgangen .
Es sagt zwar die Schrifft auch / daß jhn sein Him̃lischer Vater
habe von den Todten aufferwecket / Inmassen Paulus setzet Röm : cap. 6. Christus
sey aufferwecket von den Todten durch die Herrligkeit des Vaters / vnd Petrus
act. 2. GOtt habe jhn aufferwecket / vnd auffgelöset die schmertzen des Todtes /
vnd act. 10. GOtt habe jhn aufferwecket am dritten Tage / vnd habe jhn lassen
Offenbar werden nicht allem Volck / sondern jhnen den Aufferwehlten zeugen von
GOtt . Dennoch mus man eins gegen das ander nicht setzen / viel weniger das eine
setzen vnd das ander dagegen außschliessen vnd verneinen . Denn beydes findet
sich in dem Wort der Warheit . 1. Daß er aus eigener Macht auffgestanden / vnd
nicht solcher gestalt / wie Lazarus / der Jüngling zu Naim vnd alle andere die
nach der Aufferstehung des HERrn Christi aus den Gräbern sein herfürgangen / vnd
mit jhm gen Himmel gefahren : Denn so spricht er selber Johannis cap. 2. Brecht
diesen Tempel ( meines Leibes ) ab / vnd am dritten Tage / wil ich jhn wider
auffrichten / noch klärer spricht er Joh. cap. 10. Niemand nimpt mein Leben von
mir / Sondern ich lasse es von mir selber . Ich habe es Macht zu lassen / vnd
habe es Macht wieder zu nemen . Welche Wort fast gehen auff die Propheceiung des
Königlichen Propheten Davids / da er im dritten Psalm die Worte Messiae
einfüret : Ich liege vnd schlaffe vnd erwache . Denn da lautet der Hebreische Text
also / daß der Messias aus eigenem willen vnd eigener Macht sterbe vnd
einschlaffe / da andere müssen von GOtt auffgelöset werden / auch sich selbst
von dem Todtes schlaffe auffwecke . Solches nun zeuget GOttes Wort / nicht allein
anzudeuten / daß Christus eines Göttlichen Wesens / einer Göttlichen Krafft vnd
Allmacht sey mit seinem Him̃lischen
Vater / weil jhm mit dem Vater
einerley Göttliche Wercke zugeschrieben werden / davon auch sonsten Christus
lehret / Joha . cap . 5. Was der Vater thut / das thut auch der Sohn . Denn wie der
Vater die Todten aufferwecket vnd wieder lebendig machet / Also auch der Sohn
machet lebendig / welche er wil . Item / wie der Vater das Leben hat in jhm
selber / also hat er dem Sohn gegeben / das Leben zu haben in jhm selber .
Sondern auch vnsere blöde Hertzen vnd Gewissen zu vberzeugen / daß vnser Heyland
vnd Seligmacher JESus Christus warhafftig die Sünde getilget / den Todt
verschlungen / den Teuffel vberwunden / vnd die Helle zerstöret habe . Denn
sollen wir vns seines Leidens vnd Sterbens getrösten / so muß solches mit
rechten vertrawen gefasset seyn . Damit nun vnser Glaube dazu Ja vnd Amen sage /
siehe so sagt der H. Geist in dem festen Prophetischen vnd Apostolischen Wort
nicht allein daß er aufferstanden / denn das wird auch von anderen gesaget / mit
deren Sterben vnd Aufferstehen vns wenig gedienet / Sondern daß er sich selber
Aufferwecket / vnd wie ein Siegsfürst aus dem Grab herdurch gebrochen sey / Wie
S. Paulus klärlich meldet / Col. 2. Christus hat außgezogen die Fürstenthumb vnd
Gewaltigen / vnd sie schaw getragen öffentlich / vnd einen Triumph aus jhnen
gemacht / durch sich selbst . Durch sich selbst / spricht er / habe er seine
Feinde vberwunden / geplündert vnd geraubet . Teuffel vnnd Todt meineten sie
hetten einen Menschen für / wie andere heilige Menschen GOttes / die alle haben
sterben müssen .
Aber es ist jhnen an Christo recht gangen / wie einem grossen Fische / der nach
einem kleinẽ Würmlein ( damit der herab gelassener scharffer Angel
vberzogen ist ) mit auffgesperretem Maul schnappet / vnd vermeinets aller ding
zuverschlingen / bleibet aber mit seinem Halse am Angel behengen / vnd würget
sich selbst : Also sehen die obberürte Feinde der Hellische Leviathan vnnd
vermaledeite Mordschlange / der Todt vnd die Helle den Herrn
Christum an / als ein armes
elendes Würmlein ( wie er selber sagt : Psalm 22 . Ich bin ein Wurm vnd kein
Mensch ) hüten sich aber nicht für der Gottheit vnd dem Leben / welches
leibhafftig in jhm wohnet / vnd meinen jhnen demnach zuverschlingen / vnd
ewiglich zu fressen / aber sie fressen jhren Gifft vnd Todt an dem Fürsten des
Lebens / vnd HErrn der Herrligkeit / daß ein jeglicher frommer Christe / der
sich mit rechtem vertrawen an diesen vnsern Siegs Fürsten helt / jhrer Lachen
vnd Spotten kan / mit dem heiligen Apostel Paulo : Todt wo ist dein Stachel /
Hell / wo ist dein Sieg ? 1. Cor. 15 .
Es findet sich auch fürs Ander / in den vorangezogenen Sprüchen / daß der Him̃lischer Vater seinen lieben Sohn habe von dẽ
Todtẽ aufferwecket / nicht allein nochmahls die die Einigkeit des Wesens anzuzeigen / sondern am
allermeisten sufficientis persolutionem , die genugsame
Rantion vñ Lösegeldt / welches der Sohn GOttes für die Sünde des
gantzen Menschlichen Geschlechts seinem Vater erlegt hat / das nun alle vnsere
Schuld cassiret vnd abgelegt / vnd die Handtschrifft / so wieder vns war / aus
dem Mittel gethan sey . Denn sonsten vnser HErr JEsus / der sich als ein
selbstschüldiger Bürge an vnsere statt der Gerechtigkeit GOttes dargestellet /
aus dem Schuldtthurm vnd Banden des Todtes nicht hätte wieder loß kommen können .
Denn ehe / denn die Bezahlung geschehen / sprach der HErr / Zachar. cap. 13.
Schwert mache dich auff vber meinen Hirten / vnd vber den Mann der mir der
nehest ist . Er zu schlegt jhn mit Kranckheit / Esa. 53 . vnd legt jhn in den
Staub des Todtes / Ps. 22 . vnd zwar das alles vmb vnser Sünde willen . Denn vmb
vnser Missethat willen ist er verwundet / vñ vmb vnser Sünde
willen zerschlagen . Esa. 53 . Damit nun demnach der gantzen Welt kund vnd
offenbar werden möchte / daß GOtt der Him̃lischer Vater mit dem
Lösegelt seines lieben Sohns contentiret
vnd zu frieden gestellet sey /
vnd sich nun mit seinen Gnadenaugen zu dem armen Menschlichen Geschlechte wieder
zu wenden wolle / siehe so schleust er gleichsam selber den Schuldthurm auff /
er gibt nicht zu / dz sein Heiliger verwese / Ps. 16. sondern er ziehet jhn
heraus aus der grawsamen Gruben vnd aus dem Schlam / vnd stellet seine Füsse
auff einen Fels / daß er gewisten treten kan / Ps. 30 . Er hat jhn aus der Angst
genom̃en / wer wil seines Lebens lenge außreden / Esa. 53. Ja
er krönet jhn mit Schmuck vnd Ehren / vñ setzet jhn vber alle
seiner Hände Werck zu rechten seiner Göttlichen Krafft / vnd gibt jhm alle Macht
vnd Gewalt im Him̃el vnd auff Erden . Sehet geliebte / also hat der
Geist der Warheit in seinem H. Wort nicht vmbsonst diese abwechselung der reden
gebrauchen wollen / daß er bald GOtt dem Vater / bald GOtt dem Sohn selbsten
seine aufferstehung hat zu geschrieben / sondern hat damit zu allen seiten
vnsere blöde vnd zaghaffte Hertzen wieder mannigerley ansechtung rüsten vnd
verwarn wollen . Denn da künnen wir augenscheinlich sehen / vnd hand greifflich
fühlen / das in vnserem angenom̃enen Fleisch vnd Blut durch den
Todt des Sohns GOttes dem Teuffel die Macht des Todtes genom̃en /
Heb. c. 2. vnd daß wir also durch den Glauben an Christum Sieger vnd Herrn des
Teuffels vnd des Todtes worden sind / denn GOtt sey danck / der vns den Sieg
gibt durch vnsern HErrn JESum Christ. 1. Cor. 15. Alles was von GOtt geboren ist
vber windet die Welt / vnd vnser Glaub ist der Sieg der die Welt vberwunden hat.
1 Joh. c. 5. da haben wir gleichsam Siegel vñ Brieffe / dz durch
dz Blut des Sohns GOttes der fewrbreñende Zorn des gerechten
GOTTES gestillet / Gerechtigkeit / Heil vnd Seligkeit wieder gebracht sey . Denn
so wir GOTT versünet sind / durch den Todt seines Sohns / da wir noch Feinde
wahren / viel mehr werden wir selig werden durch sein Leben / so wir nun
versünet sind ? Röm. cap. 5. vnnd cap. 8. führet er diese fürtreffliche Wort : Wer
wil die außerwehlten Gottes beschüldigen ?
GOtt ist hie der Gerecht macht
Wer wil verdammen ? Christus ist hie der gestorben ist / ja viel mehr / der auch
aufferwecket ist / welcher ist zur Rechten GOTTES / vnd vertrit vns . Wer wil vns
scheiden von der Liebe GOttes ? Ich bin gewis / das weder Todt noch Leben / weder
Engel noch Fürstenthumb / noch Gewalt / weder gegenwertiges noch zukünfftiges /
weder hohes noch tieffes / noch keine andere Creaturen mag vns scheiden von der
Liebe GOttes / die in Christo JEsu ist vnserem HErrn .
Zum Anderen / Gibt er jhm auch diesen Gnaden vnnd Ehrentitul vnserenthalber : Denn
nicht jhm allein mit seiner Aufferstehung ist gedienet gewesen / sondern am
allermeisten vns armen Erd : vnd Sünden Würmlein : Denn ists doch alles vnser /
was CHRISTVS ist / hat vnd thut . Vns ist er geboren / vns ist er gegeben . Vns zu
gute hat er gelitten / vns zu gute ist er gestorben / so wird er auch ja
freylich vns zu gute von den Todten Aufferstanden seyn . Vnd gleich wie er vns
von GOtt gemacht ist zur Weißheit vnd Gerechtigkeit / zur Heyligung vnd zur
Erlösung / also ist er auch vnser Aufferstehung / der mit seiner Aufferstehung
die Thüren vnser Gräber eröffnet / daß vns der Würger in seinen Banden nicht
ewiglich behalten kan / sondern vns an dem jüngsten Tage mit seinem grossen
Schaden / wieder herfür geben muß / wenn er alle vnser Gebrechligkeit / vnd
sündliche Zuneigung an dem Elenden Madensack gantz vnd gar außgezogen vnd
abgezehret hat .
Das deme also vnd nicht anders bezeuget er selber / wenn er beym Propheten Osea
cap. 13. sagt : Ich wil sie erlösen aus der Helle / vnd vom Todt erretten . Todt
ich wil dir eine Gifft seyn / Helle ich wil dir eine Pestilentz seyn .
Was künte er von vnser Aufferstehung / durch seine Aufferstehung klärer sagen ?
Wovon wir errettet werden / in dessen Händen vnd Gewalt müssen wir ja nicht
bleiben ? Was verschlungen wird ( wie Paulus bey diesem Spruch saget / 1. Cor. 15 .
Der Todt ist verschlungen in
dem Sieg ) das mus auffhören / was vergifftet wird / das mus sterben vnd
verderben . Weils denn nun im angezogen Sprüchlein GOttes Fürsatz ist / daß er
den Todt verschlingen vnd jhme eine Tödtliche Gifft werden wil / so mus ja der
Todt auffhören vnd sterben / vnd denn auch wieder lebendig werden / alles / was
vorhin lebendig gewesen ist / sonst künte der Todt nicht verschlungen vnd
gestorben seyn / wenn er noch etwas vnter seiner Gewalt behalten würde . Das sol
aber nicht seyn / Sondern ich wil sie vom Todt erretten / spricht der HERR
Israels GOtt / vnd zwar nach dem willen seines Him̃lischen Vaters
/ wie er lehret / Johan. cap 6 . Das ist der wille des Vaters / der mich gesandt
hat / daß ich nichts verlieren von allem / daß er mir gegeben hat / Sondern daß
ichs aufferwecke am jüngsten Tage . Das ist aber der wille / des / der mich
gesandt hat / daß / werden Sohn siehet / vnd gleubet an jhn / habe das ewige
Leben / vnd ich werde jhn aufferwecken am jüngsten Tage .
So knüpffet auch der heiliger Geist in seinem Götlichen Worte die Aufferstehung
Christi / vnd die vnsere so hart an einander / daß / wer die eine verneinet /
die andere keinerley weise gleuben kan / vnd wer die eine / als Christi
Aufferstehung gleubet / die andere keinerley weise verneinen kan . Denn so sagt
der heiliger Apostel Paulus : 2. Cor. 4 . Wir wissen / daß der / so den HERRN
JESVM aufferwecket hat / wird vns auch aufferwecken durch JESVM .
Vnd noch viel höher führet ers 1. Thess. cap. 4 . So wir gleuben / das JEsus
gestorben vnd Aufferstanden ist / also wird GOtt auch die da entschlaffen sind
durch JEsum / mit jhm führen . Da menget er nicht allein vnsere Aufferstehung mit
der Aufferstehung Christi / knüpffets an einander vnd machet ein ding draus /
wie Lutherus vber diese Wortredet / Tom. 2. Ienen . Germ. p. 516. b. Sondern er
henget auch daran vnser Himmelfahrt / daß wir mit jhm sollen geführet werden /
vnd bey jhm in
seinem Ehren Reich
ewig seyn / vnd aller Güter die er hat / alß seine Brüder vnd Mit Erben
theilhafftig sein vnd bleiben ewiglich . Vnd eben das thut auch der heiliger
Apostel Petrus in seiner Ersten Epistel cap. 1. Gelobet sey GOTT vnd der Vater
vnsers HErrn JESV Christi / der vns nach seiner grossen Barmhertzigkeit wieder
geboren hat / zu einer lebendigen Heffnung / durch die Aufferstehung JESV
Christi von den Todten zu einem vnvergänglichem vnd vnbeflecktem / vnd
vnverwelcktem Erbe / das behalten wird im Himmel / euch die jhr aus GOttes Macht
durch den Glauben bewahret werdet zur Seligkeit / welche zubereitet ist / daß
sie offenbar werde zu der letzten zeit / Sehet da bindet er vnsere lebendige
Hoffnung an die Aufferstehung JESV Christi / wie denn auch die gantze Seligkeit
mit allen stücken / das keines ohn das ander sein kan .
Die weil dieses aber der Natur ein seltzame Consequentz vnd Folgerey ist / aus
Christi Aufferstehung die vnsere / ja auch vnsere Seligkeit herführen vnnd
schliessen wollen / fürnemlich wenn man daneben in tieffe Betrachtung ziehet /
das Christus ist Heilig / vnschüldig / vnbefleckt vn von den Sündern abgesondert
/ Heb. 7. Wir aber allzusammen Sünder / Rom. 6. Das Christi Menschheit dem Sohn
GOttes Persönlich vnd vnaufflößlich Vereiniget / vnd also die Verwesung nicht
sehen künte . Wir aber durch die Sünde von GOtt gescheiden seyn / vnd müssen die
Verwesung sehen vnd der Würne Speise seyn / Siehe / so hat vns der heiliger
Geist hiervber geben wollen / nicht allein den hellen vnd klaren Buchstab / der
doch in diesem Geheimnis gnug vnd vbergenug ist / sondern auch herrliche vnnd
vnwiedertreibliche Vrsachen / Fürnemlich durch den heiligen Apostel Paulum / 1.
Cor. 15 .
Erstlich nennet er den HERRn Christum den Erstling deren
die da Schlaffen / vnd zwar das nicht dar-
vmb / alß wenn er am
allerersten gestorben oder aufferstanden were / dann er ja selbst Todten
aufferwecket / ehe dann er gestorben / ja ehe denn er im Fleisch erschienen /
sind schon etliche Todten lebendig worden / Sondern es wird damit gesehen auff
die Erstling im alten Testamente / Wann man da die Erstling der Erndte des
anderen Tages nach dem Sabbath / das ist / des anderen Oster Tages bey den Jüden
eingebracht hatte / so war gute Hoffnung / daß die andere Früchte vnd volle
Erndte auch hernach folgen würde . Also sagt nun Paulus sey Christus auch der
Erstling worden / da er am anderen Tage der Jüdischen Ostern Aufferstanden / vnd
habe zu wegen bracht / daß wir am jüngsten Tage auch hernach folgen vnd mit
vnseren Leibern als die volle Erndte folgen sollen / Inmassen das Ende der Welt
der Erndte verglichen wird / Matth. 13 . Wie auch im alten Testamente die ersten
Früchte die andern allzumahl Heiligten / also das man sie ohn einiges bedencken
/ oder vermutung einiger Vnreinigkeit gebrauchen müchte / also ist auch Christus
der Erstling worden vnser Aufferstehung / daß wir mit den Gottlosen Epicurern
dafür nicht erschrecken dürffen / sondern festiglich gleuben mügen / sterben wir
mit / so werden wir auch mit leben / dulden wir mit / so werden wir auch mit
Herrschen / 2. Tim. 2 .
Zum Andern spricht er / durch einen Menschen komme der Todt / vnd durch einen
Menschen die Aufferstehung : Denn gleich wie sie in Adam alle sterben / also
werden sie in Christo alle Lebendig gemacht werden . Vnd siehet hiemit auff
Christi sein heilwärthes Erlösers vnd Seligmachers Ampt . Denn weil er darvmb
Mensch worden vnd in die Welt kommen / daß er wiederbringe / was durch die Sünde
in Adam verloren ist / so kans ja nicht anders seyn / wie wir von Adam durch die
natürliche Fleischliche Geburt haben / die Sünden vnd der Sünden Sold / das ist
/ den Todt / so haben wir in Christo / durch die Geistliche Wiedergeburt die
Gerechtigkeit / vnd die furcht der Gerech-
tigkeit / das ist / das
ewige Leben : Inmassen auch Paulus lehret / Rom. cap. 5 . So vmb des einigen Sünde
willen der Todt geherrschet hat / durch den einen / viel mehr werden die / so da
empfahen die fülle der Gnade / vnnd der Gaben zur Gerechtigkeit / herrschen im
leben durch einen JESum Christ . Wie durch eines Sünde die Verdamnis vber alle
Menschen kommen ist / Also ist auch durch eines Gerechtigkeit die Rechtfertigung
des Lebens vber alle Menschen kommen .
Zum Dritten / Sagt er / das auch die Todten Christum angehören / vnd demnach
gewißlich Aufferstehen werden . Denn die da Christum angehören werden in GOttes
Wort also beschrieben / daß sie den Geist Christi haben / Rom. 8. vers. 9 . Daß
sie sein seine Gliedmassen / vnd er jhr Häupt Ephes. 5. vers. 30. vnnd zwar
nicht allein nach der Seele / sondern auch nach dem Leibe / wie Paulus sagt : 1.
Cor. 6. vers. 15. Wisset jhr nicht / daß ewere Leibe Christi Glieder sind ? Vnd
hierauff siehet er auch wann er schreibet / Rom. 8. vers. 11. So der Geist des /
der JEsum von den Todten Aufferwecket hat / in euch wohnet / so wird auch
derselbige / der Christum von den Todten aufferwecket hat / ewere sterbliche
Leibe lebendig machen / vmb des willen / daß sein Geist in euch wohnet .
Sintemahl es ja ein vngeheweres monstrum sein würde / das an einem lebendigen
Häupt ein Todter Leichnam hangen solte / Nein / viel mehr mus der Leib von dem
Häupt sein regung vnd bewegung haben .
Weil Christus das Häupt der Christenheit ( schreibet Lutherus Tom. 6. pag. 79. b. )
durch welchen sie lebet vnd alles hat / aus dem Grabe erstanden ist / vnnd
dadurch ein mechtiger HErr worden aller dinge / auch des Todtes vnd der Helle /
So müssen auch wir / alß seine Glieder / durch seine Aufferstehung troffen vnd
angerührt werden / vnd eben des theilhafftig werden / daß er damit außgerichtet
hat / als vmb vnsernt willen geschehen / davon auch
der alte Kirchvater Tertullianus
( lib. de resurrect . carnis. cap. 15. ) sehr Gottselige Gedancken vnd Worte
führet : Christus sequester Dei atque hominum appellatus ex utriusque partis
deposito commisso sibi carnis quoque depositum servat in semet . ipso arrabonem
totius summae . Quemadmodum enim nobis arrabonem Spiritus reliquit , ita & à
nobis arrabonem carnis accepit , & vexit in coelũ pignus
totius summae illuc quandoque redigendae . Securae estote caro & sanguis ,
usurpastis & coelum & regnum Dei in Christo , das ist / vnser HErr
Christus / der da ist ein Mitler vnd Vnterhändeler zwischen GOtt vnd vns
zugleich warer GOtt vnd Mensch / vnd hat also gleichsam seine beylage von GOTT
vnd Menschen / behelt auch die beylage vnsers Fleisches zum Vnterpfand der
gantzen Summa / daß wir auch hinnach sollen / da vnser beylage des Fleisches in
Christo ist . Denn gleicher massen / wie er vns gibt das Pfand vnseres Erbes /
nemlich den heiligen Geist / so hat er von vns auch ein Pfand / nemlich vnser
Fleisch / vnd hat dasselbe gen Himmel geführet / zur verwisserung / das auch die
gantze Summa / das ist vnser Fleisch / dahin sol gebracht werden . Derowegen
frewet euch Fleisch vnd Blut / jhr habt schon den Himmel vnd das Reich GOttes
jnnen in Christo JEsu .
Zum Vierten / Führet er vns auff das ewige Königreiche des HErrn Christi /
welches er dem Vater vberantworten wird / wenn er auffheben wird alle
Herrschafft / alle Obrigkeit vnd Gewalt . Denn dieses mus man nicht auff
Photinianisch verstehen / als wenn Christi Geistliche Regierung vnd Reich werde
ein Ende haben / Sondern daß die art zu regiren durch die Predige des Worts vnd
außtheilung der hochwirdigen Sacramente auffhören / vnd die gleubigen
außerwehlten Kinder GOttes von Gnadenreich ins Ehrenreich / vom Glauben zum
schawen kommen werden . Ist deme aber also / so werden wir die Vnderthanen vnd
Diener Christi nicht ewiglich im Todt bleiben / Sondern als
dann / wenn er das Reich seinem
Vater vberantworten wird / gewißlich von den Todten aufferstehen . Vnser leben
ist verborgen in Christo / wenn aber Christus vnser leben sich offenbahren wird
/ denn werden wir auch offenbar werden mit jhm in der Herrligkeit / Col. cap. 3.
vers. 4.
Zum Fünfften / Weiset er vns auff den Sieg / welchen er wieder Todt vnd Teuffel
erhalten hat / vnd künne nunmehr nicht anders seyn / alle seine Feinde müsse er
vnter seine Füsse legen . Der letzte Feind aber der auffgehaben werde sey der
Todt . Der muste demnach auch gantz vnd gar auffgehaben vnd vnter seine Füsse
gelegt werden . Es hat der HErr Christus den Todt vberwunden vnd verschlungen im
Sieg . Er ist jhm ein Gifft vnd Pestilentz worden / aber das ist in diesem Leben
noch nicht allerdings für Augen offenbahr / weil auch die / welche an CHRIstum
gleuben / dem zeitlichen Todte noch müssen herhalten . Darvmb / wil Paulus sagen
/ wird er sie ja endlich aus dem rachen des Todtes heraußreissen / vnd aus dem
Staube des Todtes wieder auffrichten müssen / das für Engel vnd Menschen
offenbahr werde / daß er alle seine Feinde vberwunden vnd vnter seine Füsse
gelegt habe .
Sehet mit diesen mechtigen Vrsachen hat der heiliger Apostel Paulus Christum vnd
vns / Christi vnd vnsere Aufferstehung / wie mit starcken Demantinen
Kettenglieder zusammen verknüpffet / daß sie nicht können zertrennet werden /
sondern vnbeweglich an einander hengen / das Christi Aufferstehung vns gelte /
vnd auch wir in dem Resurrexit stehen vnd gefasset sind / vnd vmb oder durch
dasselbe auch Aufferstehen vnd mit jhm ewiglich leben müssen / das schon vnser
Aufferstehen vnd Leben in Christo angangen ist / vnd so gewis / als were es
schon gar geschehen / ohne das es noch verborgen vnd nicht offerbahr ist / wie
der S. Herr Lutherus redet . Tom. 6. Ienen. pag. 79. b. davon auch Maximus
Taurinens . Episcop . in scrm . de resur , diese liebliche
Worte setzet : Laetemur quod
Christus surrexit , imo quod nos jam in ipso . Etsi enim adhuc resolutio
corpusculi maneat , cepimus tamen in Christo aeternâ jam vitâ vivere , unde
quamvis fragilitatem nostram acceleret immaturae mortis occasio , in salvatore
tamen didicimus prius resurgere , quam perire . In salvatore enim omnes
resurreximus , omnes reviximus , omnes ad coelestia transmigravimus : Est enim in
illo homine Christo uniuscujusque modûm carnis & sanguinis portio : Ubi caro
mea regnat , ibi nec regnare credo , ubi sanguis meus dominatur , ibi gloriosum nec
esse cognosco , das ist / lasset vns von Hertzen drob frolocken / daß der HErr
Christus Aufferstanden ist / ja wir in jhm . Denn ob zwar vnsere Leiber noch
müssen die Verwesung sehen / so haben wir doch schon in Christo den anfang des
ewigen Lebens . Vnd derowegen ob wol viellerley art vnd gelegenheit zum Todte sey
/ so wissen wir doch / daß wir ehe in Christo Lebendig gemacht vnd Aufferstanden
/ denn wir gestorben . Denn in solchem vnserm Heyland seyn wir alle wieder
Aufferstanden / alle wieder Lebendig worden / alle in das Him̃lische Wesen versetzt worden . Denn in dem Menschen Christo haben wir ein
jeglicher seines Fleisches vnd Blutes theil . Wo nun mein Fleisch regiret / da
gleube ich / daß ich auch regire / wo mein Blut herrschet / da weis ich / daß
ich auch herrlich geworden bin . Darvmb singen wir auch bey vnseren Christlichen
Leichbegengnissen :
Weil du vom Todt erstanden bist / Werde ich im Grab nicht bleiben / Mein höchster
Trost dein Auffart ist / Todtes forcht kan sie vertreiben . Denn wo du bist / da
komm ich hin / Da ich stets bey dir leb vnd bin Darvmb fahr ich hin mit
Frewden .
Wie wir vns nun auch dieses zu Nutz vnd Trost anwenden sollen / das lehret vns
der HERR selber / wenn er saget : Wer an mich gleubet / der wird lebẽ / ob er gleich stürbe / vnd wil so viel sagen : Es müssen zwar
auch meine gleubige Freunde vnd Brüder sterben / wie ander Menschen / denn das
ist der alte Bundt / Mensche / du must sterben / Syr. cap 14 . Es ist gesetzet
allen Menschen einmahl zusterben / vnnd hernach das Gerichte. Heb. cap. 9. Das
ist der Weg alles Fleisches / 1. Reg. 22 . Aber dennoch sterben sie also / daß
sie dennoch leben : Denn die Seele ist Vnsterblich / vnd wenn sie von dem Leibe
zertrennet wird / vnd hat sich mit festem Glauben an mich den Hertzog des Lebens
gehalten / so kömmet sie ins Paradeis / Luc. 23 . In Abrahae Schoß / Luc. cap 16 .
In GOttes Hand / da sie keine Quale mehr anrüret / Sap. 3. vnd niemand wieder
hinweg reissen kan / Johan 10 . Sondern wird reich getröstet / Luc. cap. 16 vnd
siehet GOTT von Angesicht zu Angesicht wie er ist / 1. Cor. 13. 1. Johan. cap.
3 . Der Leib mus zwar dahin gelegt werden in die Finstere Erden / nicht aber /
daß er darin bleibe / sondern alle Gebrechligkeit vnd Sterbligkeit ablege /
sanffte Ruhe vnd Schlaffe in GOTTES Namen / biß an den frölichen Morgen des
jüngsten Tages .
Hie haben wir nun den schönen lieblichen Hertzerquickenden Rosensafft wieder alle
bitterkeit des Todtes . Wenn der weise Heyde Cicero mit seiner Vernunnfft hat
angesehen / daß der Mensche die aller edleste Creatur GOttes auff Erden durch
den Todt hingerissen vnd so jämmerlich zugerichtet wird / das Gesichte vergehet
/ die Ohren werden verstopffet / die Zunge erlähmet / die Glieder erstarren vnd
erkalten / die Seele wird aus der lieben Herderge außgetrieben / der Leib wird
schwer vnd kalt / die Verwesung rumoret also im Leib / das man mit jhm vnter die
Erden eilet / Im Grabe wird daß Fleisch von Schlangen vnd Würmen biß auffs
Gerippe verzehret / dasselbe wird auch endlich zu Pulver vnd Aschen / vnd hat
dagegen alle seine Griechische vnd Lateinische
Bücher da Heyden nachgeschlagen /
auch seine allerbeste Spitzfindigkeit / vnd eloquentz herfürgesucht / so muß er
doch sagen vnd bekennen : Nihil in venio in quo acquiescam . Ich finde doch das
geringste nicht / daran sich meine Seele erholen vnd zufrieden geben kan .
Aber die gleubige Christ Kinder GOttes haben alhie den köstlichen Rosensafft /
der von den holdseligen Lippen des HErrn Christi trieffet : Ich bin die
Aufferstehung / wer an mich gleubet / der wird leben / ob er gleich stürbe .
Wie das alhie vnser HERR JESus Christus der warhafftige Zeuge mit offenen Munde
lehret / so sollen wirs auch fassen mit offenem Hertzen / vnd diese Wort / da
CGRIstus sagt : Ich bin die Aufferstehung / so groß machen / ja grösser als
Him̃el vñ Erden / ja vns gar drein stecken /
vnd dieser Worte leben : Denn da künnen wir durch den Todt hin durch sehen in die
Aufferstehung vnd eitel Gedancken vnnd Bild des Lebens mitten im Todt ergreiffen
/ wie auch der Herr Lutherus redet / To. c. 6. p. 80. 2 . Denn mus die Seele in
dem Todt die liebe Herberge des Leibes verlassen / darinnen sie doch viel
Vnfriedes vnd Streitens gehabt hat / so ist sie doch vnverloren / sondern kömmet
zum Friede vnd wieder zu deme / der sie gegeben hat / vnd besitzet also vnd
empfindets in der That vnd Warheit / was das newe Leben sey / daß jhr alhie in
Christo ist verborgen geblieben . Muß denn der Leib da in der Finstern Erden der
Schlangen vnnd Würmen Speise seyn / zu Staub vnnd Aschen werden / siehe so wird
er da doch nicht ewig bleiben / eben so wenig als der Leichnam des HErren
Christi / an deme schon das fürnemeste theil vnser Aufferstehung erfüllet ist /
Er wird auch da nichts verlieren vnd hinter sich lassen / eben so wenig Christus
da verloren vnd hinter jhm gelassen / Sondern wie er der vnser Aufferstehung ist
/ in Grabe die infirmitates humanas die Menschliche Schwachheiten / so er
gutwillig vnsernt halber ohn Sünde an sich genommen /
abgelegt hat / vnd mit einem newen clarificirten Leibe ist wieder herfürgangen /
also werden wir da ablegen die Sünde / vnd alles Vngemach / das durch die Sünde
vns durch gedrungen hat / vnd aufferstehen mit newen clarificirten Leibern / die
da ähnlich sein dem verklärten Leibe JESV CHRISTI / wie Paulus lehret / Phil.
cap. 3.
Da müssen vnser Leiber ablegen jhre grosse Schande vnd Vnehre / das man sie so
lange wir leben / alhie mit dem Sünden deckel der Kleider bedecken müssen / vnd
wenn wir sterben für grewlichem Stancke vnter die Erde verscharren / so tieff
als jmmer müglich / so ehrlich vnd köstlich aber wieder herfür kommen / das sich
alle Creatur darvber verwunderen / alle Engel sie preisen vnd anlachen / vnd
GOtt selbsten seine Lust vnd Wonne daran sehen wird .
Da muß jhnen der Todt vollendt Abzehren die grosse Schwachheit / die sie hie an
jhnen tragen so hauffen weiß / das man alle Gebrechligkeiten vnd Kranck heiten
nicht zehlen kan / ja man von einem einigen kaum sagen kan / das habe er gethan
/ sondern das habe er gelitten . Aber so werden wir in grosser Krafft wieder
aufferstehen / daß er an Sterck vnd Krafft ähnlich vnd gleich sey den starcken
Helden GOTTES . Auch dahinden lassen jhre grosse Nottürfftigkeit / daß sie ohn
natürliches essen vnd trincken / vnd was mehr darzu gehöret / nicht bleiben vnnd
leben künnen . Denn es wird geseet ein natürlicher Leib / es sol aber
aufferstehen ein Geistlicher Leib / der dieses natürliches Lebens nicht sol
Leben / vnd wieder Futter noch Decke / noch ander leibliche Notturfft bedürffen
/ sondern vor GOTT wieder Geistlich gespeiset vnd erhalten werden . Vnd von
diesem Leben / daß er Geistlich in GOTT hat vnd lebet / wird er so Sat vnd Selig
seyn / daß er nimmermehr an essen vnd trincken noch ein ander Leben gedencken
wird .
Wer also den Todt eines gleubigen Christen ansiehet / vnd einwickelt in die
Aufferstehung / daß er nicht mehr wissen vnd sehen wil / denn was hie Christus
saget .
Ich bin die Aufferstehung / wer an mich gleubet / der wird Leben / ob er gleich
stürbe / der siehet in / Todt kein Todt sondern Leben / kein verlust sondern
Gewin / kein Qual / Angst vnd Wehe / sondern Friede / Ruhe vnd Seligkeit / vnd
entsetzet sich demnach für jhm nicht / sondern frewet sich sein nicht anders als
eines frölichen Him̃lischen Geburts Tages / vnd dencket jmmer bey
sich selbst : Siehe gleich wie ein lebendiges Kind in Mutterleibe durch seine
Geburt von der Mutter ( ob es schon die alte Haut vnd enge Herberge verlassen vnd
vber geben muß ) dennoch an seinem leben nicht abnimbt / Sondern vielmehr wuchert
vnnd zunimbt / das es in diese grosse Welt kompt / vnd das Liecht anschawet :
Also werde ich wol im Todte diesen bawfelligen Cörper mit allem Vngemach ablegen
vnd vbergeben / daß er von Würmen vnd Schlangen gefressen werde : Aber doch mus
solches weder meinem Leibe noch meiner Seele an dem rechten Him̃lischen Leben nicht hinderlich / Sondern zuträglich seyn / ja ein Wucher des
ewigen Lebens der Herrligkeit vnd Seligkeit / dadurch meine Seele alßbald aus
der engen Herberge dieser Welt dringet / als durch eine newe Geburt in den
Himmel vnd schawet alda im follen Liecht / was sie hie im tunckelen Worte
glauben müssen / Mein Leib aber aller Vnehre / Gebrechligkeit / sündlichen Lüste
vnd Begierde gäntzlich abkompt / vnd im Fried vnd Ruhe / wie in einem süssen
Schlaff der Aufferstehung / ja Claristeirung mit frewden erwartet .
Ander Theil .
ZVm Andern nennet er sich auch das Leben : Ich bin die Aufferstehung vnd das Leben
Johan. cap. 1. stehet geschrieben / das in jhm das Leben sey / vnd Joh. cap. 5.
spricht er : Wie der Vater hat das Leben in jhm selber / also hat er dem Sohn
gegeben / das Leben zuhaben in jhm selber . Act. 3. wird er genennet der Fürst
des Lebens / Joh. cap 6 , das Brodt des Lebens / vnd Apocal . 22. der Bäum des
Lebens : Solches alles fasset hie der HErr Christus in ein Wort zu sammen vnd
spricht : Er sey das Leben selber . Vnd zwar nicht allein wieder vmb / wie wir
zuvor angedeutet / respectu sui seinenthalber / daß er ein ewiger lebendiger
GOtt ist mit dem Vater vnd H. Geiste von ewigkeit zu ewigkeit / sondern am
allermeisten respectu nostri vnserenthalber / dieweil er vns dz Leben gibt vnd
mittheilet . Welches aber doch mit gutẽ vnterscheid mus
auffgenommen vnd verstanden werden . Deñ gleicher weise / wie der
Sohn GOttes Christus JESus hat dreyerley Reich / Nemlich / Regnum potentiae ein
Reich Göttlicher allregierender Allmacht / Regnum gratiae ein Reich seiner
Gnaden / Regnum gloriae ein Reich der Ehren vnd Herrligkeit / also haben wir von
jhm auch dreyerley Leben / dazu er vns auch im anfang allesampt erschaffen
hat .
Denn in dem Reich seiner Allmacht / theilet er vns Menschen mit Vitam naturae ,
das natürliche Leben / daß wir vns können regen vnd bewegen / stehen vnd gehen /
vnnd die eusserliche Welthändel verrichten ein jeglicher in seinem Beruff vnd an
seinem Ort . Das alles rüret von seiner Allmacht her / denn in jhm leben / wehben
/ vnnd sind wir Act. cap. 17 . In jhm bestehet alles / Col. cap 1. Weil aber diß
Leben Frommen vnd Gottlosen / Gleudigen vnd Vngleubigen Gemein / so wird dieses
auch alhie eigent-
lich nicht
verstanden / Sintemahl Christus eigentlich auff den Glauben siehet / vnd also
auff das Leben / das aus dem Glauben herrüret .
Das gibt er / der HErr Christus vns nun in dem Gnadenreich der heiligen
Christlichen Kirchen / vnd ist ein recht geistliches Leben / welches da nicht
stehet in der natürlichen vereinigung Leibs vnd der Seelen / sondern in der
geistlichen vereinigung mit dem wesentlichen Leben JESu Christo / denen wir
anziehen in der heiligen Tauffe / Gal. 3. der zu vns einziehet durch sein Wort
vnd Sacramente / von newen gebieret / vnd also ein newes Leben gibt / davon
Paulus sagt : Gal. 2. Christus lebet in mir : Denn was ich jetzt lebe im Fleisch /
das lebe ich im Glauben des Sohns GOTtes . Das natürliche Leben bringet nach dem
Fall nichts anders mit sich denn eitel Blindheit vnd Finsternis in den
Geheimnissen der Seligkeit / eitel Wiederwillen in dem Gehorsam / eitel Lüste
vnd Begirde / ja Feindschafft wieder GOtt : Das newe Gnadenleben aber erleuchtet
vnsere Hertzen / daß wir die Vernunfft gefangen nemen / vnter den Gehorsam
Christi vnd den Geheimnissen des Glaubens vnzweiffelhafften beyfal geben / das
gibt newen Gehorsam / daß wir der Sünde absterben / vnd GOtt leben in Christo
JEsu vnserm HErrn / vnd nicht lassen die Sünde Herrschen in vnsern sterblichen
Leibern / jhr Gehorsam zu leisten in jhren Lüsten / sondern GOtt vnsere Glieder
ergeben zu Waffen der Gerechtigkeit / wie Paulus schreibet / Rom : cap. 6.
Wer auch in diesem Gnadenleben sein natürliches Leben endet vnd beschleust / der
gelanget dann zum dritten Ehrenleben in regno gloriae , da für GOtt im Himmel ist
Frewde die fülle / vnd lieblich wesen zu seiner Rechten ewiglich / wie David
meldet / Psal. 16. denn so spricht Christus selber : Joh. cap. 5 Warlich /
warlich ich sage euch / wer mein Wort höret vnd gleubet deme / der mich gesandt
hat / der hat das ewige Leben / vnd kömpt nicht in das
Gerichte / sondern ist zum Leben
durch den Todt hindurch gedrungen / vnd Johan . cap 10 Meine Schaffe hören meine
Stimme / vnd ich kenne sie / vnd gebe jhnen das ewige Leben . Johannes schreibet
auch in seiner 1. Epist. cap. 5. GOtt hat das ewige Leben gegeben / vnd solch
Leben ist in seinem Sohn / wer den Sohn hat / der hat das Leben / wir sind in
dem warhafftigen in seinem Sohn JESV Christo . Dieser ist der warhafftiger GOtt
vnd das ewige Leben .
Das fasset ein gleubiger Christen Mensch / vnd zweiffelt nicht daß er schon
albereit selig vnd im Himmelreich lebe / doch durch den Glauben vnd nicht im
schawen : Saget dennoch in vnfeilbahrem vertrawen / sein Wandel sey schon im
Himmel Geistlich / ob er schon leiblich in der Welt sein raum vnd ort hat / ja
das Reich GOTTes sey in jhm durch die vereinigung mit Christo / nemlich
Gerechtigkeit / Friede vnd Frewde in dem heiligen Geist / ja GOtt selbst mit
seiner Göttlichen vnaußsprechlichen breyte / lange / tieffe vnd höhe / nur
allein / das ers noch zur zeit nicht gnugsam fassen / ergreiffen vnd erdencken
kan . Welches auch Christus selber alhie lehret / wenn er saget .
Ich bin das Leben / wer da lebet vnd gleubet an mich / der wird nimmermehr
Sterben / das ist / wer durch wahren Glauben des Geistlichen Gnadenlebens ist
theilhafftig worden / vnd darin verharret biß an sein Ende / der wird durch den
Todt von mir / der ich sein Leben bin / nicht zertrennet / vnd kan also nicht
Sterben / sondern wird Leben / ja aller erst zu dem rechten Leben gelangen /
dagegen diß Leben ein trawenwerck ja ein eiteler Todt vnd stetiges Sterben zu
achten ist .
Dieses sollen wir nun Erstlich gebrauchen zur vermahnung : Denn dem natürlichen
Menschen ist das natürliche Leben von Hertzen lieb vnd angenem / vnd erschüttert
dafür / wenn er dran gedencket / daß dermahl eins durch den Todt / Leib vnd
Seele müs-
sen gescheiden
werden . So sol derowegen ja billig dem Geistlichen Menschen das Geistliche
Gnadenleben / daß wir von Christi einwohnung in vnseren Hertzen empfahen / so
viel lieber vnd wehrter seyn / so viel höher vnnd besser dieses / denn jennes
ist / Inmassen denn das natürliche Leben ohn das Geistliche Verdampt / ja der
Todt selbsten ist . Er sol ja auch billig dafür erzittern / wenn er bedencket /
wie so leichtlich es geschehen / daß die Geistliche vereinigung mit Christo
durch regierende Sünde zertrennet / vnd demnach so wol das Him̃lische Ehrenleben / alß das Geistliche Gnadenleben wiedervmb verlohren werde .
Denn ausser Christo ist ja kein Heil / sonder eitel Verdamnis / kein Leben /
sonder eitel Todt / vnd entfrembdung von dem Leben das aus GOtt ist . Wie
derowegen der natürlicher Mensch sich mit allem Fleiß zu hüten weis / daß er
nicht selber mit gifftigem Essen vnd Trincken / oder dergleichen jhm Vngemach
mache vnd sein Leben verkürtze / so sol viel mehr der Geistlicher Mensch sich
hüten vnd vorsehen / daß er nicht mit gifftiger verführischer Lehre / mit bösen
ergerlichen Exempeln / wie auch nicht mit sicherem vnbußfertigen Leben / auß der
Gnade falle vnd Christum verliere / sondern wie er an dem natürlichen Leben
jmmerdar wächset vnd zunim̃et / biß er ein vollkommener Mensch
wird / also sol er auch in Christo allzeit wachsen vnd völliger werden / biß er
endlich des Glaubens Ende davon bringe / das ist der Seelen Seligkeit . Wie der
natürlicher Mensch kein fleiß vnd vnkosten sparet / daß er seinen Leib mit
gesunder vnd bequemlicher Speise vnd Nahrung / wie auch gebührenden exercitiis
corporis bey guter gesundtheit biß ans Ende erhalten müge / so sol vielmehr der
Geistlicher Mensche dahin allezeit trachten vnd sich befleissigen / daß er sich
jmmer halte an das Him̃lische lebendigmachende Manna vnd
Himmelbrodt göttliches Wortes / seinen Glauben / da durch Christus in seinem
Hertzen wohnet / stehts vbe / vnd sich befleisse des rechten exercitii des
Glaubens / als der wahren Demuht vnter GOttes gewaltiger
Handt / mit rechtschaffener Rewe
vnd Busse / des hertzlichen vertrawens auff Christum / der frölichen Hoffnung /
der vngefärbten Liebe / des newen Gehorsams / der Christlichen Ritterschafft vnd
vnableßlichen Gedult / damit er also seinen Beruff vnd Wahl fest macht / vnd jhm
da gereicht werde reichlich der eingang zu dem ewigen Reich vnsers HErrn vnd
Heylandes JESV Christi / 2. Pet. cap. 1 . Wo sich das nicht befindet / da ist
auch kein Geistliches Leben / gleichermassen wie da kein natürlich Leben
gegleubet wird / da man des natürlichen Lebens Regung vnd Bewegung nicht siehet .
Denn Christus saget / Johan. cap. 15 . wer in mir bleibet / vnd ich in jhm / der
bringet furcht . Wer nicht in mir bleibet der wird weggeworffen / wie eine Rebe
vnd verdorret / vnd man samlet sie / vnd wirfft sie ins Fewer / vnd sie mus
brennen . Ist der Baum gut vnd hat ein gesundes gutes Leben / so kans nicht
anders seyn / er lesset sich an seinem guten Früchten erkennen / wie David
meldet : Psal. 92 . Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum / er wird wachsen
wie ein Cedern auff dem Libanon / die gepflantzet sind im Hause des HErrn /
werden in den Vorhöffen vnsers GOttes grünen . Ist nun Christi Leben in vns / so
sein wir rechte gute Bäume gepflantzet im Hause des HErrn / vnd müssen wir
täglich in guten Wercken wachsen / der alte Adam sterben / der newe aber der
nach GOtt erschaffen ist / in rechtschaffener Gerechtigkeit vnd Heyligkeit
zunemen : So wir im Geiste leben / sagt Paulus Gal. 6. so last vns auch im Geist
wandelen . Die frucht aber des Geistes ist liebe / Frewde / Friede / Gedult /
Freundligkeit / Gütigkeit / Glaube / Sanfftmuht / Keuschheit / etc Gal c. 5.
Derowegen alles was ein solcher Mensche thut / der in Christo lebet / vnd
Christus in jhm / es sey mit Worten oder mit Wercken / das mus er thun in dem
Namen des HErrn JEsu / vnd dancken GOtt vnd dem Vater durch jhn / Col. 3.
Fürs Ander / sollen wirs gebrauchen zum Trost / wieder das grawsame schreckbilde
des Todtes : Denn für dem Todt
erzitteren nicht allein die Gottlosen vnd Vngleubigen / sondern auch wol die
Gleubigen vnd Frommen / alß die jhr Fleisch vnd Blut sampt allerley
Schwathheiten noch am Halse / ja im Hertzen tragen / daneben der leidige Teuffel
auch nicht feyret / sondern da er zuvoren bey guter Gesundtheit damit vmbgangen
/ daß er alle sterbens gedancken verhinderte vnd sicher machete befleissiget er
sich in den letzten Zügen die betrachtung des Todtes tieff einzubilden / dafür
kein rast noch ruhe zu lassen / wickelt zu seinem besten mit ein des Gesetzes
Fluch / die menge der Sünden / den Zorn GOttes / das Bildt der Hellen vnd ewigen
Verdamnis / damit also die trawrige Seele vngern von dem Leibe abscheide /
lieber auff Erdenbleibe / den Todt fliehe vnd hasse / vnd demnach wieder GOtt
murren vnd vngehorsam werden müge . Damit jhm nun solch sein fürnemen / alß denn
an vns nicht gelingen müge / müssen wir weder an vns noch an den vnseren den
Todt nicht ansehen / wie vns denselben vnsere Blödigkeit einbildet / vnd der
hellische Lügengeist mit seinen gifftigen eingeben / mit so erschrecklichen
Farben der Sünden / des Zorns GOttes / des Fluchs des Gerichtes vnd ewigen
Verdamnis fürmahlet / sondern wie jhn der Mund der Warheit JEsus Christus an den
gleubigen Kindern GOttes beschrieben vnd abgebildet hat . Der zeucht jhm hie die
scheüßliche vnd erschreckliche Larve ab / vnd wil jhn nicht mehr ein Todt oder
Sterden / sondern vielmehr ein Leben neñen : Wer da lebet vnd
gleubet an mich / der wird nimmermehr Sterben .
Denn ein gleubiger Mensch lebet nicht allein eines natürlichen Lebens durch die
vereinigung Leibes vnd der Seele / Sondern auch eines anderen Him̃lischen Geistlichen Lebens in Christo / ja Christus selbst in jhm ist ein
solch Geistlich Him̃lisch Leben . Dieses Lebẽ aber
ist ein ewiges Leben / ein solch Leben daß den Tod verschlungen hat . Lebet er
dann schon ein natürliches Leben /
dar vber der Todt noch herrschet / so lebet er doch darzu ein Him̃lich Leben / daß dem Todt nicht vnterworffen ist . Ob derowegen
schon in dem zeitlichen Todt Leib vnd Seel zertrennet werden / vnd also das
natürliche Leben dahin fellet / so ist er doch dessen gewis / daß das rechte
Leben / das da ist ohn Sünde / ohn Fluch / ohn Todt / ohn Gericht vnd Verdamnis
/ nimmermehr fallen könne / sondern alß dann erst recht angehe / wenn das
natürliche Leben mit seinen anklebenden Schwachheiten mus Auffhören / vnd der
Leib zum vollen wachßthumb wie ein Weitzenkörnlein in den Paradeis GOttes geseet
werden . Welche mit solchen gedancken vmbgehen / die können jhr Häupt sanfft
nieder legen / vnd mit dem Alten Simeone in Fried vnd Frewd dahin fahren / mit
Paulo jhr Sterben für ein Gewinn achten . Denn an Christo / mit deme sie durch
den Glauben ein Geist werden / vnd in deme sie / wie Propffreißlein in den Baum
des Lebens gepflantzet seyn / haben sie ein solches Leben / welches sich aus dem
Todt / aus der Sünde / Fluch vnd Zorn GOTTes / aus dem Gericht vnd Verdamnis auß
gewircket hat / vnd mangelt nichts dran / deñ nur das mit dem
natürlichen Leben alle Schwachheiten vnd Vnvollkommenheiten ein ende nemen / vnd
mit Christo am lieben jünsten Tag die Vollkommenheit des Him̃lischen Lebens offenbahr werde .
Dritter Theil .
NOch vbrig ist die Frage / was es denn für Leute seyn / die solchen heiligen
Trost zu fassen haben / was für mittel vnd Instrument zu gebrauchen / damit man
solchen Gnadenschatz ergreiffe / vnd sage nicht allein / CHRIstus sey die
Aufferstehung vnd das Leben / sondern sey auch vnser / Mein vnd Dein
Aufferstehung vnd Leben ? Da wird nun hie nicht gedacht der Vorbitteder Heiligen
/ auch nicht eigener Wercke vnd Satisfa-
ction , Vigilien vnd
Seelmessen / sondern allein des Glaubens Wer an mich gleubet der wird Leben / ob
er gleich stürbe / vnd wer da lebet / vnd gleubt an mich / der sol nimmermehr
sterben .
Denn das ist der ewige Rahtschluß GOttes von diesem Himlischen Leben / in seinem
heiligen Evangelio geoffenbahret / das vmb vnser Blödigkeit willen / ( die wir
GOttes vnendliche Majestät / vnd blosses Wesen nicht ertragen können ) sich vnser
leben der HErr JEsus Christus in das Wort von Propheten vnd Aposteln verfasset /
verhüllen / vnd mit allen seinen Wolthaten zu eigen anbieten solle / nicht mehr
erfoddernt / denn das wir solchem Wort trawen vnd mit fester Zuversicht vns
daran halten . Vnd wo das geschicht / da solle vnser Glauben fassen vnnd
ergreissen nich allein das Wort / sondern den HErrn JESum Christum selbst / an
deme wir alles vnd mehr Leben vnd Seligkeit haben / denn wir in Adam verlohren
haben . Das ist nun eine vnermeßliche Gnade vnd Wolthat des Vaters im Himmel :
Denn wenn Christus schon were das leben / wir aber sein nicht theilhafftig
werden müchten / were vns damit nichts geholffen . Nun aber können wir sein nicht
theilhafftig werden / nach seinem blossen Wesen viel weniger als ein säugendes
Kind eines starcken hitzigen Brante . weins . Demnach so lesset er sich aus Gnaden
zu vns herunter / vnd thut wie eine Mutter / wenn sie jhrem Kindelein zu seinem
nutz starcke Speise beybringen wil / so jsset sie dieselbe zuvor vnd lesset sie
zu Milch werden / vnd reichet darnach die Milch aus jhren Brüsten dem Kind zu
Saugen : Also thut auch das Wort des Lebens / der eingeborner Sohn GOttes / nach
deme wir jhn nach seinem blossen Wesen als ein verzehrendes Fewer / in vnsern
sündlichen Leiben vnd Seelen nicht ertragen könten / da wird das Wort Fleisch
vnd wohnet vnter vns : Zu dem / weil er nun sitzt in der Herligkeit des Vaters /
vnd wir auch viel zu Schwach solche
seine vnermeßliche Herrligkeit anzuschäwen / Siehe / da verhüllet vnd
bewolcket er sich mit dem eusserlichen Wort / daß er in seinem Namen predigen
lesset / das also / wenn wir solches zu Ohren vnd Hertzen nemen / vnd was
geprediget vns im Glauben anmassen / nicht allein das Wort empfahen / sondern
den HErrn JEsum Christum selbst / daß er wird vnser Leben vnd Aufferstehung
wieder den Todt / vnser Weiß heit wieder die Geistliche Thorheit vnsere
Gerechtigkeit wieder die Sünde vnd Vngerechtigkeit / vnser Heiligung wieder die
verderbung aller jnnerlich : vnd eusserlichen Kräffte . Vnser Erlösung wieder die
Helle vnd Verdamnis .
Der Glaube aber ist nicht jrgend ein betrieglicher Wahn oder fliegender Gedancke
/ den man von einem dinge eingenommen / auch nicht eine blosse wissenschafft
began gener Geschichten / Sondern eine behertzete anmassung vnd vertrawentliche
ergreiffung des Verdienstes Christi wieder alle Feinde vnd Verfolger vnser
Seligkeit / das man nicht allein wisse vnd deme Beyfall gebe / daß Christus sey
das Leben vnd die Aufferstehung / vnd in summa ein Heylandt vnd Seligmacher /
sondern ein jeder da sage mit hertzlichen vertrawen / Christus ist mein Leben /
mein Aufferstehung / mein Heylandt vnd Seligmacher / wie Paulus sagt . Christus
ist mein Leben / sterben ist mein Gewinn / Phil. 1. Die Jungfraw Maria / Mein
Geist frewet sich GOttes meines Heylandes / Luc. cap. 1. Paulus Gal. 2. Was ich
jetzt lebe im Fleisch / das lebe ich in dem Glauben des Sohns GOttes / der mich
geliebet hat / vnd sich selbs für mich dargegeben .
Woher aber können wir dessen gewis seyn / daß wir vns selber nicht betriegen ?
Denn im Bapstumb wil man einen solchen Special Glauben / daß ein jeder vor sich
selbst jhme den HErrn Christum vnd seine Gutthaten zu eigenen / vnd sich /
dannenher des Lebens vnd Gerechtigkeit gewis vertrösten wolle / nicht passiren
lassen / sondern man nennet jhn ein Vermessenheit / vnd leitet die Christen
dahin / daß sie an dem leben der Gnade GOTTes
zweiffeln sollen . Die Calvinisten
machens auch nicht vmb ein Haarbreit besser mit jhrer particularitet , da sie
schwermen / Christus sey nicht ins gemein aller Menschen Heyland vnd Seligmacher
/ sondern allein etzlicher wenige / welche jhrem vorgeben nach der ewige GOtt
aus einem blossen / schlechten / geheimen vnwandelbahren Raht ohne einige
betrachtung des Glaubens an den HErrn Christum / zum ewigen Leben versehen vnd
erwehlet habe . Dero meinung nach ists vnmüglich / daß ein einiger Mensch mit
festem vnd vnwandelbahrem vertrawen sage / Christus ist mein Leben / Christus
ist meine Aufferstehung / mein Heyland vnd Seligmacher / welches doch so hoch
nohtwendig / das es das beste stücke am Glauben / ja ohn ein solches vertrawen
der glaube nicht mehr ein rechter Glaube ist . Daß sie aber vorwenden / ein jeder
außerwehlter Mensche könne aus dem lebendigen Glauben vnd empfindung der
Göttlichen Gnade gewiß seyn / daß er erwehlet sey / ist eine lauter nichtigkeit
/ vnd kan in solcher hoher Sache mit nichten den stich halten . Denn der Glaube
mus sich stewren auff GOttes Wort vnd Verheissung Wo demnach GOTTes Wort vnd
Verheissung mangelen / da muß auch der Glaube mangelen / alß der nicht ist aus
Menschlicher empfindung / sondern aus dem Gehör des Wortes GOttes / Röm : cap.
10. v. 17. Wann nun der Calvinischen Schwermerischen Lehre nach Christus nicht
für alle / sondern etliche gestorben ist / vnd Evangelische Verheissung nicht
universal vnd gemein seyn / sondern nur etlichen wenigen angehen nach dem
blossen geheimen vnwandelbahren Raht GOttes . So verlieren ja die Verheissung
jhre Krafft vnd Nachtruck / vnd bleibt in Vngewißheit / welche dieselbe wenige
seien / vor welche Christus gestorben / vnd denen die Verheissung ein Krafft
GOttes selig machen sein sollen . Vnd wenn hie auch die Calvinistẽ
alle jhre Kunst vñ Spitzfindigkeit / dran strecken einẽ einigen Menschen seiner Seligkeit gewis zu vberführen / so wirds
jhnen doch vnmüglich fallen / so lange sie jhre gotteslesterige Mei-
nung de absoluta
particularitate nicht fallen lassen . Sintemahl auch in der Natur vnd natürlichen
dingen / wie die gelärten wissen / aus meris particularibus nichts mag gefölgert
vnd geschlossen werden . Betreffendt auch die inwendige Empfindung der Göttlichen
Gnade / so bezeugen die Exempel vnnd Erfahrung / daß solche empfindung in
schweren Anfechtung sich mannigmahl verlohren hat . Wie David saget / Psal. 31 .
Ich sprach in meinem Zagen : Ich bin von deinem Angesicht vtrstossen . Darvmb
sollen wir vns hie hüten / nicht allein für der Sicherheit / sondern auch für
dem Bäptischen Zweiffel / so wol als den Calvinischen verleitungen / vnd vns
halten an den ohnbeweglichen grund der Seligkeit / da JEsus Christus selber der
Eckstein ist / damit wir mit frewdigem Hertzen ohn allen zweiffel auch mitten in
Noht vnd Todt sagen mügen mit Paulo / Christus ist mein Leben Deñ
da findet sich mit Sonnenstralen hell vnd klar geschrieben . 1. Das GOttes
ernster will vnd wolgefalle sey / daß allen Menschen geholffen werde / vnd zur
erkentnis der Warheit kommen / 1. Tim. 2. Wolle nicht das jemandt verlohren
werde / sondern sich jederman zur Busse bekehre / 2. Pet 3 . Auch die / so in
jhren Sünden sterben vnd verderben / Ezech. 18 . vnd 33. Vnd deßhalben seinen
Sohn der Welt / das ist / allen Menschen gegeben / auff daß alle die an jhn
gleuben nicht verlohren werden / sonder das ewige Leben haben / Johan. 3 . 2. Daß
derselbige eingeborne Sohn GOttes nicht nur vor etliche / sondern vor alle
Menschen / namhafftig auch für die / so verlohren werden / gelitten habe vnd
gestorben sey . Denn des Menschen Sohn ist kommen selig zu machen das verlohren
ist / stehet geschrieben Matth. cap. 19. hat für alle den Todt geschmecket /
Heb. 2. nicht allein für die / so durch wahre Busse sich zu GOtt bekehren /
sondern auch die / welche verleugnen den HErren / der sie erkaufft hat / vnd
vber sich führen ein schnel Verdamnis / 2. Pet. 2 . 3. Das auch der heilige vnd
ernste Wille GOttes sey / daß diese genugthuung vnd verdienst JEsu Christi
durch die predigt des heiligen Evängelii vnd Sacramenta in
allẽ Welt verkündiget / vnd allen vnd jeden Menschen
angebotten werden solle / laut des befehls Matth. cap. 28. Gehet hin in alle
Welt / vnd lehret alle Heyden / vnd täuffet sie in dem namen des Vaters / vnd
des Sohns / vnd des heiligen Geistes . 4. Daß alle / die durchs Evangelium in
Krafft des heiligen Geistes / der durch das Predigampt krefftiglich wircket / an
Christum gleuben / vnd biß an das ende beharren / sollen selig seyn / die aber
nicht gleuben / verdampt werden / Marc cap . 16. Joh. 3 .
Wo nun dieser Grund recht gelegt / vnd die Göttliche Ordenung wol in acht
genommen wird / da können wir gewißlich finden / wie ein gleubiges Hertz mit
gutem festen Bestande sagen könne : Christus ist meine Aufferstehung / Christus
ist mein Leben . Nicht allein daß es sich einschliesse in die gemeine
Verheissung : Deñ / da GOtt wil / daß alle Menschen sollen selig
werden / da wil er auch ja daß ich sol selig werden . Da GOtt hat allen Menschen
seinen Sohn gegeben / da hat er jhn ja auch mir gegeben . Da JESus Christus für
alle Menschen gestorben / da ist er auch ja für mich gestorben / vnd hat für
meine Sünde genug gethan . Da GOttes ernster wille / daß allẽ
Menschen solche Gnade vnd Wolthaten durchs Predigampt auffgetragen / vnd zu
eigen gegeben werde / da ist auch sein ernster wille / daß es mir also
auffgetragen vnd zu eigen gegeben werde . Sondern es fasset auch die Ordnung an
einander / vnd gehet von dem letzten biß zu dem ersten / vnd schleust
ohnwiedertreiblich / wo sich das eine finde / da musse sich auch ja das ander
finden / vnd spricht : Welche GOtt zu dem Reich seines Sohns durchs Evangelium
vnd heiligen Sacrament berüffet / für dieselbe ist Christus gestorben / deren
Heyland vnd Seligmacher / deren Aufferstehung vnd Leben ist er auch / vnd wil
GOTT ernstlich / daß sie an Christum sollen Gleuben vnd Selig werden .
Nun lesset mir auch ja GOtt sein Wort predigen / vnd
also zu der Hochzeit seines
lieben Sohns beruffen / ja er hat mit denselben in der heiligen Tauffe angezogen
/ vnd durch jhn mit mir einen Gnadenbund des guten Gewissens auffgerichtet /
welchen er so offtmahls mit mir ernewert vnd bestetiget / durch den Him̃lischen Löseschlüssel / wenn er durch den Mund seines Dieners in
mein Ohren vnd Hertz zu spricht : Sey getrost / mein Sohn / mein Tochter / dir
sind alle deine Sünde vergeben / Item durch das hochwürdige Abendmahl / da er
vermittels Brods vnd Weins / eben mit dem Leib vnd Blut seines Sohns speiset
vnnd trẽcket / welches ist vor vnsere Sünde dahin gegeben vñ vergossen / vnd also das wahre Lösegelt vnd Bezahlung vor aller
Welt Sünde geworden . Derowegen bin ich so gewis / daß ehe Himmel vnd Erden
vergehen solte / ehe denn dis Wort GOttes falsch / Daß auch Christus für mir
gestorben sey mein Heyland vnd Seligmacher / mein Leben vnd Aufferstehung / vnd
daß GOTTes ernster wille / daß ich jhn also in wahrem Glauben ansehen vnd
erkennen / vnd in festem vertrawen mich an jhn halten / vnd ewiglich Gerecht vnd
Selig werden sol .
Sehet meine Geliebten / wo man sich also einfeltig bindet an GOttes Wort / vnd
seinen geoffenbarten willen / das gibt Gewißheit / das klinget vnd dringet /
hafftet vnd safftet in das Hertz hinein / daß die Pforten der Hellen einem
gleubigen Menschen vnbeweglich müssen stehen lassen die tröstliche Worte :
Christus ist mein Leben / Sterben ist mein Gewiñ . Vnd ein solcher
Mensch ist Selig / vnd des rechten Lebens theilhafftig worden / daß vber jhn der
andere Todt nicht herrschen kan / sondern wenn er schon stirbt / mus er doch
leben / vnd das leben / so in Christo verborgen ist / recht offenbahr
werden .
Weil das nun im Glauben mus angehen / vnd biß zum seligen anschawen hinaus
geführet werden / so müssen wir vns demnach auch stetigs halten / an das
gepredigte Wort vnnd heilige Sacramenta / deßgleichen an das ernstliche gebet /
GOtt für Au-
gen haben / den
Geist GOttes vns regieren vnd leiten lassen / dem Nehesten dienen im allen guten
/ vnd vns gentzlich ergeben in den Gehorsam Christi / in sein Schutz vnd
Bewahrung nebenst fleissigen anruffung vmb vergebung aller vnser Sünde / damit
wir also im Glauben mügen bestendig bleiben / vnd mit Paulo sagen : 2. Tim. 4.
Ich habe einen guten Kampff gekämpffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe
Glauben gehalten : Hinfort ist mir beygelegt die Kron der Gerechtigkeit / welche
mir der HErr an jenem Tage / der Gerechte Richter geben wird . Nicht mir aber
allein / sondern allen / die seine Erscheinung lieb haben . Zu solcher ewigen
Ehrenkrone wolle vns verhelffen in bestendigkeit des Glaubens / GOtt Vater /
Sohn vnd heiliger Geist / die hochgelobte Dreyfaltigkeit von Ewigkeit zu
Ewigkeit / AMEN .
Personalia .
WAS nun anlanget den Weyland Ehrwürdigen / Ehrnvesten / Achtbahrn vnd Wol .
gelarten Herrn Iohannem Bodenmeiern / so weis E. L. wol / daß der gebrauch nicht
ist / von der verstorbenen Ankommen / Wesen vnnd Wandel viele Wort zu machẽ / oder jhre laudes zu decantiren , denn es hilfft auch nicht zur
Seligkeit / daran ists wol zum meisten gelegen / daß Wir vnd die Gefreundten
fürnemlich sehen / wie sie Seliglich gestorben / vnd wir jhnen im Friede vnd
Frewde hernach folgen mügen . Ein wenig gleichwol davon zu berühren : Nach deme er
von fürnemen Elteren / jedoch in Sünden empfangen vnd geboren / vnd von
denselben durch die heilige Tauffe dem Herrn Christo / nicht allein wieder zu
getragen / sondern auch zu aller gottseligkeit vnd zũ
Stu-
diren fleissig
angehalten / vnd er sich selber dazu beflissen / hat er sich endlich vor 40.
Jahren in den heiligen Ehestand nach GOttes gnedigen schickung begeben / vnd als
ein Mann / der den HErren fürchtet / vnd auff seinen Wegen gehet / darinnen auch
GOttes reichen Segen gespüret / als trew vnd liebe / gehorsam vnd friede / dafür
er auch dem lieben GOtt allewege von Hertzen gedancket hat .
Bey solchem Haußsegen aber / hat sich dennoch auch mercken lassen / die
Väterliche vnd nützliche Zuchtruhte ( denn welchen GOtt lieb hat / den züchtiget
er auch / vnd hat wolgefallen an jhm / wie an einem Sohn ) vnd das nicht allen an
jhm vnd seinem Leibe / sondern fürnemlich an seinen lieben Kindern / deren er
etzliche forhin senden vnd verlassen müssen / ja an seinen lieben
Bundsgesellinnen / deren zween mit jhrem zeitlichen Hintrit jhn zum zweyten mahl
in den schmertzlichen vnd betrübten Witwerstandt gesetzet haben . Vñ ob jhm das wol sehr harte grieffe an sein Hertze gewesen / so hat er doch
solche Väterliche Ruhten recht gebraucht / zu dem gemeinten Ziel / als zur Buß /
vnd den Glauben Gedult vnd Hoffnung zu beweisen / des Zeitlichen zuvergessen /
vnd allein auff GOtt das vertrawen zu setzen .
Sein Amptswesen vnd Wandel betreffendt / so hat jhne GOtt alß einen Arbeitsamen
vnnd fleissigen Menschen bald angespannet / vnd in den Christlichen löblichen
Regentenstandt verordnet / darinnen er auch fürnehme Empter bedienet / vnd zwar
eine lange geraume zeit in die 45. Jahr / vier vnterschiedenen hochlöblichen
Fürsten vnnd Herrn / dieses hochlöblichen Hauses Braunschweig .
Vnd allezeit so wol in seinem hohen Alter / als in seiner Jugend mit solchem
getrewen fleiß vnd vnverdrossenheit / daß ich mich auff aller öffentliches
Zeugnis wol beruffen mag . Sintemahl es sich in der That bewiesen / wie all sein
Sinn vnd Gedancken / all sein Mühe vnd Fleiß dahin sein einzieg gerichtet
gewe-
sen / daß die
liebe Iustitia neben seines gnedigen Fürsten vnd Herren / wie auch des gantzen
Landts besten vnd auffnemen möchte erhalten vñ befördert werden
Weil aber Gerechtigkeit vnd Warheit nicht jedermans Freund / hat er auch nach
ist bey allen / wie der alte Gebrauch / gleichen Danck verdienen können .
Irgendt für anderthalb Jahr / ist er in Ansehen seines Alters / vieler grossen
Mühe zu erheben / seiner Dienste / jedoch gãtz gnediglich
dimittirt vnd erlassen worden / welche dimission als ein Arbeitsamer Mensch /
der auch zu keinem ding verdrossen worden war / er jhm zwar anfangs tieff zu
Hertzen gezogen / aber so hat er sich doch endlich darinnen gantz vnterthänig
vnd williglich mit gebührender Dancksagung begeben / vnd gesagt / Weil er nun in
Weltlichen Sachen hette außgearbettet / so wolte er sich desto neher vnd fester
an GOTt halten / der würde jhn nicht dimittiren noch erlassen / deme wolte er
nun desto fleissiger vnd ruhiger die nen / biß er jhn endlich gar aus dem
Angstkarren außspannen würde . Dahin er auch seit derselben zeit seiner dimission
ein hertzliches verlangen getragen / vnnd mit seinen Kinderen fast jmmer vom
Todt vnd Sterben geredt hat / auch nicht ruhen können / biß sein Ruhkammer alhie
auff dem Gottes Acker verfertiget vnd fein Zierlich zugerichtet würde .
Wie das nun ist ein anzeig eines recht Christlichen Hertzens / wie auch des
eiffers / denn er allewegen in fleissiger anhörung göttliches Worts vnd Gebrauch
des hochwürdigen Abendmahls hat sehen lassen / so hat er auch dasselbe für wenig
Tagen erlanget . Denn da schicket jhm GOtt der HErr zu grosse Schmertzen vnd
Wehetagen seines Leibes vom Calculo oder Stein / durch welcher stetiges anhalten
er nicht allein dermassen außgemattet / sondern auch andere symtomata dazu
kommen / daß er leichtlich gemercket / daß das Ziel seines Lebens nun für dem
Fuß were / da hat er das mit gehorsamen Gemüt verstanden / sich dem lieben GOtt
gantz ergeben / der wol / es mit jhm machen nach
seinem Väterlichen Willen . Vnd
damit ja sein Glaube nicht erschrecken müchte für des Todtes Noht / hat er mit
begierlichem Hertzen / vnd mit sonderlichen devotion zwey Tag für seinem Ende
sich speisen vnd trencken lassen mit dem Leib vnd Blut Christi / vnd sich dessen
auch hertzlich getröstet / nicht zweiffelendt / daß nunmehr das Geistliche Band
des Glaubens zwischen jhm vnd Christo dermassen befestiget / daß sie der Todt
vnd keine Schmertzen trennen solte . Denn ob er wol mit grossen Schmertzen des
Todtes vnd Stündeleins erwarten müssen / so er doch das gethan mit grosser
Gedult sich auch der Evangelischen Trostsprüch von Hertzen erfrewet vnd
fürnemlich auch mit schwerer Zungen etzliche mahl repetirt vnd wiederholet die
herrliche Wort Assaph / Psal 73 . HERR / wenn ich nur dich habe / so frage ich
nicht nach Himmel vnd Erden / wenn mir auch Leib vnnd Seel verschmachtet / so
bistu doch allzeit meines Hertzens Trost vnd mein Theil . Auch gerne in seinem
Hertzen zu etzlich mahl mir nachgebetet den Christlichen Kirchengesang / HErr
JESV Christ war Mensch vnd GOtt / etc . Vnd noch jrgend eine halbe stunde für dem
Ende von mir begert / jhm vor zubeten : Nun bitten wir den heilig en Geist / vmb
den rechten Glauben aller meist / daß er vns behüte an vnserm Ende / wenn wir
heimfahren aus diesem Elende / Kyrieletson . Vnd so bald solches zum Ende
gesprochen / hat er nachmahls seines HErrn JEsu begierlich erwartet / jhme seine
tewererarnte Seele zu geträwen Händen befohlen : Darauff jhm ein vngewöhnlicher
gelinder Schlaff ankommen / darinnen er absque metu & motu ohn alle
Schmertzen vnd Bewegung fein sanfft vnd seliglich geblieben vnd eingeschlaffen
ist / da er das 71. Jahr seines Lebens erreichet hat . Da ist nun an jhm er
füllet worden / was Christus sagt : Ich bin die Aufferstehung vnd das Leben / wer
an mich gleubet / der wird Leben ob er gleich Stürbe . Wer da lebet vnd an mich
gleubet / der wird nimmermehr Sterben . Das siehet vnd empfindet er nun für Augen
nach seiner Seelen / vnd
erwartet mit frölichem Muht die Aufferstehung vnd herrlichmachung seines Leibs
an dem jüngsten Tage : Das sollen wir vnd alle betrübte Anverwanten jhm von
Hertzen güñen / vnd Gott bitten / er wolle die betrübte Hertzen
trösten vnd erquicken mit seinem heiligen Frewden Geist / vnd vns allen in
bestendigem Glauben erhalten / vnd zu rechter zeit aus dieser bösen Wallfahrt zu
sich heim holen / in das rechte Vaterland / daß wir jhn anschawen von Angesicht
zu Angesicht / vmb JEsu Christi seines eingebornen Sohns willen / Amen .
PIIS MANIBVS Clarissimi & Doctissimi Viri , Dn. IOANNIS BODEMEIER , Beatae Memoriae , Serenissimorum Ducum Brunsvic . &
Lünaeburgensium Camerae-Secretarii quondam fidelissimi , Qui
in Domino placidè exspiravit a. d. 20. April . Anno M. DC. XX .
QVem juris studium , quem sapientiae Cura & nobilium fecerat artium Indefessus
amor , valdè operosaque Musarum otia nobilem ; Qui gratus Deo erat , gaudiaque
angelis , In quo Christus erat vita , doletis hunc
Extinctum lacrymis , nec minuunt
morae , aut Multi tristitiam dies ? Ast felix obitus , quem sapientiae Laus ornat ,
quoniam robore stat suo Virtus , Peliaca ut quercus , & aequoris Saxum
Carpathii manet . Mors felix magis est , quam pietas fidesque Absorbet . Quoniam
robore stat Dei Isthaec vita piis propria , & ut Deus Noster perpetuùm
manet .
HENRICUS VVIDEBURGIUS Th. D .
.
EPOS FVNEBRE .
SI licet & fas est , desideriosa recessu Pectoris ex imo suspiria ducere &
udos Exstillare oculis , moerore ciente , liquores , Emerito cùm Parca seni sua
stamina rumpit : MUSA , fac officium : posito velamine picto , Atratâ cingare togâ ,
vultuque severo Conspiciare : novos hodiè modulabere questus , Aularum satur ac
aevi sua lumina letho Clausit IO ANNIS BODMEIER , quando supremum Addere septenis
decies jam caeperat annum . Illum MUNDA , ferax hominum , prudentia coelo Quos sua
& Eloquium tollit , generosaque Virtus , Nascentem tulit . At puerum Juvenemque
Camaenae Exceptum gremio , & lymphâ Permessidos undae Lotum , Deliacis enutri
vere sub umbris ,
Doneceum GRAPHICE tandem traduxit in Aulas
Brunsviacas , jussitque Ducum secreta tueri . Hîc jam dexteritas , doctrina ,
fidesque probata Illius enituit : nam sive negotia certa Oretenus cautis essent
referenda Synedris , Sive foret calamo res expedienda perito , BODMEIERIADES
linguâ calamoque valebat . Quatuor hinc DUCIBUS , Dominos Brunonia tellus Ordine
quos habuit , fidus carusque minister Extitit , illorumque suâ virtute favorem
Insignem meruit : quid enim non vivida posset Virtus ? Saepè quidem Sors intenta
vit in illum Tela sua , evasit salvus tamen ille perîclum . Hunc tantum mors saeva
virum jugulavit , eumque Sub saxo gelidi damnavit frigore busti . Vos Nati ,
Nataeque Patrem , Generique doletis Ereptum Socerum , nec abest pia caussa
dolendi . Amisistis enim , si fas ita dicere , vestrae Praesidium columenque domus :
de vertice veftro Sublatum decus est : vobis qui sanguinis autor , Triste vale
mundo dixit , claususque sepulchro est . AEqua tamen minuet gemino solamine luctum
Temperies , & quòd fuerit non praecoce raptus Interi tu , ceu mala solent ,
quae vermis adedit ; Et quòd ad extremi vergens jam temporis horam Commendârit
amica animae spiracula Christo . Christo qui moriens cedit , licet omnia regna
Deserat in terris ; aurum licet omne relinquat , Extulit è nigris unquam quod
avara cavernis Fossio , pulvîsclum perdit , totosque beatus Assequitur montes
coeli super axe salutis .
AENIGMA .
Est M. quod egregios dat & dedit viros , Sed eos M. aufert alterum .
M. Fridericus Hildebrandus , P. L. Rector Scholae VVolferbytanae .