Eine Predigt vber den 90. Psalmen .
Gethan /
Bey der Begrebnus
der Edlen vnd Vteltugentsamen Fra-
wen Annae /Gebornen von der Streithorst / des Ge-
strengen Edlen vnd Ehrnvesten Heinrich Schen-
cken/Fürstlichen Braunschweigischen Hoff-
marschalcks ehelichen Haußfrawen /
den 2. Augusti / An. 1608 .
Durch
Basilium Satler D. Hoffpredigern
zu Wolffenbüttel .
Gedruckt zu Wolffenbüttel / durch Julium Adol-
phum von Söhne / Anno 1608 .
Der 90. Psalm .
HErr Gott / du bist vnser Zuflucht für vnd für / ehe denn die Berge worden / vnd die Erde vnnd die Welt geschaffen worden / bistu Gott von Ewtgkett zu ewigkeit .
Der dn die Menschen lessest sterben / vnd sprichst / kommet wieder Menschen Kinder .
Denn tausend Jahr sind für dir / wie der Tag / der Gestern vergangen ist / vnd wie ein Nachtwache .
Du lessest sie dahin fahren / wie einen Strom / vnd sind wie ein Schlaff / gleich wie ein Graß / das doch balde welck wird .
Das da früe bluet vnd bald welck wird / vnd des Abends abgehawen wird / vnd verdorret .
Das macht dein Zorn / das wir so ver -
gehen / vnd dein Grim / das wir so plötzlich dahm müssen / denn vnser Missethat stellestu für dich / vnser vnerkandte Sünde ins Ltecht für deinem Angesicht .
Darumb fahren alle vnser Tage dahin / durch deinen Zorn / wir bringen vnsere Jahr zu wie ein Geschwetz .
Vnser Leben weret stebentzig Jahr / wenns hoch kompt / so sind achtzig Jahr / vnd wens köstlich gewesen / so ists Mühe vnd Arbeit gewesen / denn es feret schnell dahin / als flügen wir davon .
Wer gleubts aber / das du so sehr zürnest . Vnd wer fürcht sich für solchen deinem Grim .
Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / auff das wir klug werden .
HErr / kere dich doch wieder zu vns / vnd sey deinen Knechten gnedig . Fülle
vns früe mit deiner Gnade / so wollen wir rühmen vnd fröltch seyn vnser Lebenlang .
Erfrew vns nu wieder / nach dem du vns so lange plagest / nach dem wir so lange Vnglück leiden .
Zeige deinen Knechten dein Werck / vnd deine Ehre jhren Kindern .
Vnd der HERR vnser Gott sey vns freundtlich / vnd forder das Werck vnser Hende bey vns / ja das Werck vnser Hende wolt er fordern .
Predigt .
GEliebte im HErren / es mag noch wol / Syrach 38. Cap . Den Verstorbenen einführen / das er zu den Lebendigen saget : Gestern wars an mir / Heut ists an dir . Denn es sind heut acht Tag / das wir einen jun -
gen starcken Man vnd Hoffdiener zur Erden bestattet / jetzund haben wir zu jhrer Ruhestet begleitet ein Frawen vom Adel / die Heut acht Tag kranck worden / vnd vier Tag darnach gestorben ist . Denn der Todt nimbt ohn Vnterscheid dahin Man vnd Frauwens Personen / Adel vnd Vnadel . Denn wie Gott der die Menschen sterben lesset / kein Person ansiehet / also helts auch der Todt / den Gott den Menschen zuschickt . Wo ist jemandt der da lebe / vnd den Todt nicht sehe ? sagt der 89. Pfalm ?
Das möchten wir auch dißmahl endtlich wol bedencken vnd behertzigen / darumb auch der Prediger Salomo sagt : Es ist besser gehen in das Klaghauß / denn in das Trinckhauß / denn in jenem ist das Ende aller Menschen / vnd der Lebendige nimpts zu Hertzen .
Dieweil es aber mit dem eusserlichen Gepreng vnd Proceß der Begrebnus allein nicht außgerichtet ist / sondern wie der verlesene Psalm lehret : Gott mus es geben / das wir bedencken / das wir sterben müssen / er wil aber solches durch sein Wort wircken / ist ein Christlicher Brauch / das man auch bey den Begrebnussen eine Previgt thut . Vnd ist die Predigt der rechre Kern von allem dem / das bey den Begrebnussen verrichtet wird . Darumb hab ich für diß -
mahl diesen Psalmen zu erkleren für mich genommen / dieweil er vns dazu Vrsach gibt / das wir vnser Ende bedencken vnd behertzigen .
Vnd sollen wir diesen Psalmen desto fleißiger mercken / vnd vns befohlen seyn lassen / dieweil denselben gemacht hat Moses der Mann Gottes / der nach Christo der fürnembste Prophet ist / vnd er auch dazu dienet / das er vns die Fleischliche Sicherheit vertreibe .
Es betet aber Mose in diesem Psalmen / weil er vnd alle Menschen so ein kurtze Zeit leben / vnd so vielem Jammer vnd Ellend vnterworffen sind / vnd es gleichwol nicht behertzigen / wie sie wol solten / sondern aus dem Sinn schlagen / das doch der Allmechtig gütige Gott jhnen die Gnad verleyhen wolle / das sie solches bedencken / er wölle jhnen auch die Sünd vergeben / sie trösten / das Creutz lindern / jhnen guts thun vnnd Glück vnnd Segen in diesem Leben geben .
Es hat aber dieser Psalm drey Theil .
Erstlich erinnert Moyses vnsern HErrn Gott / das er den seinen in Nõten pflege zu Hülff zu kommen / vnd jhnen auch wol helffen könne .
Zum Andern / helt er Gott für den Jammer
vnd das grosse Ellend so den Menschen jhm vnd andern in diesem Leben begegnet .
Zum dritten bittet er / das Gott sie bekeren / vnd jhnen gnedig seyn wölle .
Davon wollen wir nur zum Nachdencken ein kurtze Erinnerung thun / Gott gebe vns allen dazu die Gnade seines Heiligen Geistes / Amen .
Der Erste Theil .
HErr Gott du bist vnser Zuflucht für vnd für .
DAs wir diese Wort desto bosser verstehen / müssen wir bedencken / was Mosen zu diesem Gebet verursacht habe .
Das geben seine eigene Wort vnd Klag / die hernach im Psalmen folget .
Er hat von Gott das Gesetze empfangen / das er vnd alle Menschen sich dar nach richten solten / oder Gottes Zorn vnd Straffe gewertig seyn / nun befindt er nicht allein beym Volck / sondern auch bey sich selber grossen mangel / das es nicht fort wil / sondern er vnd alle Menschen / durch die Erbsünd gantz
bet sein / auch jhr Leben mit vielen Sünden zubringen . Darumb denn Gott mit der Straff hinder jhnen her ist / das sie eine kurtze Zeit leben / vnd in dem kurtzen Leben viel Sorg vnd Hertzleid haben / vnd das das ergst ist / gleich wol so verstockt sind / das sie solches in den Windt schlagen / vnnd nicht einmahl darauff gedencken / das sie einen gnedigen Gott haben mögen / vnd jhnen geholffen werde . Darüber ist er recht betrübet . In solchem grossen Betrübnus nun / keret vnnd wendet er sich durch das Gebet zu Gott / vnd spricht : HERR Gott / etc. als wolt er sagen / ach was sind wir doch so arme elende Leut / das wir den grossen Schaden der Sünden am Hals haben / vnd in vnserm gantzen Leben Gottes Zorn vnd Straff fülen / vnd keren vns doch wenig daran . Sihe du darein du Allmechtiger Gott / vnd bessere es . Denn ob wir wol arme elende Sünder seyn / so verwirffstu vns doch nit / sondern hast von anbegin bis auff diese stundt dich deines Volcks vnd deiner Gleubigen trewlich angenommen / du bist vnser Zuflucht / wenn ein Vngewitter daher kompt / so haben wir zu dir einen freyen Zutritt / vnd können gleich bey dir zu schur fliehen / vnd sicher bey dir seyn . Das hastu an vnsern Vätern bewiesen / vnd beweisests noch teglich an vns . So weissestu auch vns wol zu rahten vnd zu
helffen . Denn du bist nicht wie andere Creaturen vnd Mittel / darauff sich die Menschen sonst verlassen / schwach vnd vergenglich / sondern du bist vnnd bleibest warer Gott in ewigkeit . Du hast alle ding erschaffen / vnnd stehet alles in deinen Henden / auch der Menschen Leben stehet in deinen Henden / von dir kompts her / das die Menschen sterben / weil du gesagt hast : Du bist Erden / vnnd solt zur Erden werden / du lessest sie geboren werden / vnd forderst sie wieder ab / wenn es dir wolgefelt . Wir Menschen seynd nichts gegen dir . Wenn einer tausend Jahr lebte / das doch nicht geschicht / so ists doch bey dir als der Gestrige Tag / der vergangen ist / ja als ein Nachtwach / die nur 3. Stundt weret . Darumb weil du dich allezeit so gnedig gegen vns erzeigt hast / vnd der einige ware Allmechtige Gott bist / so nemen wir auch in diesem vnserm grossen Ellend / da wir sonst kein Raht noch Trost wissen / zu dir billich vnser Zuflucht / vnd suchen Hülff bey dir .
In diesen Worten stellet vns Moses für ein schön herrlich Conterfay / nicht etwa eines jrrdischen Herren / sondern des Allmechtigen Gottes / welches wir lieb vnd werth haben / vnnd nicht an den Hals hengen / sondern ins Hertze schliessen / vnd wol verwaren sollen .
Denn wir sind dar zu erschaffen / erlöset vnd geheiliget / das wir den wahren Gott erkeunen sollen / Psalm. 100. erkennet / das der HErr Gott ist / er hat vns gemacht / vnd nicht wir selber / zu seinem Volck / vnd zu schaffen seiner Weyde .
Das ist das heylsamste vnd beste / das wir in dieser Welt lernen vnd fassen können / Joh. 17 . Das ist das ewige Leben / das sie dich Vater erkennen / etc .
Dagegen wil Gott Zeitlich vnd Ewig sirafen / die Gott nicht erkennen / Psal. 79. Vnd Jerem. 10. Schütte deinen Grim aus auff die Heyden / die dich nicht kennen / vnd 2. Thess. 1. Christus wird Rach geben vber die / so Gott nicht erkennen .
Nun haben zwar die Heyden gewust / vnd ist in vnser Hertz geschrieben / das ein Gott sey / wiewol es keinen Bestandt mit vns hat / vnd wir darbey nicht bleiben / aber wer Gott sey in seinem Wesen / vnd insonderheit ( daran vns so hoch gelegen ) wie er gegen vns gesinnet sey / vnd wes wir vns zu jhm versehen sollen / das ist jhnen vnd vns von Natur vnbekandt .
Dieweil wir aber in diesem Leben Gott nicht sehen können / wie er ist / auch von vns selber jhn nicht erkennen / so hat Gott in seinem Wort / als einem Spiegel sich gleich Abcontrafeyen lassen / wie Paulus 1. Cor. 13. lehret : Wir erkennen hie in einem
dunckelen Wort als in einem Spiegel / dort aber von Angesicht zu Angesicht .
Ein solch Contrafey Gottes / stellet vns Moses in diesen Worten für . Vnd handelt zwar eygentlich nicht die gantze Lehre / wer Gott an sich selber sey / das ein Gott sey / vnd drey Personen / sondern das zu seinem Fürnehmen dienet / berichtet er vns von seinem willen / was wir an Gott haben / vnd was wir vns zu jhm versehen sollen / die wir jhn nach seinem Wort erkennen / vnd jhn anruffen / mmblichen ein gütigen Vater / der sich vnser wölle annemen / vnd denn auch einen Allmechtigen HERRen / der aus allen Nöten helffen könne .
Wir sind leyder durch die Sünd also verwirret / das wir vns Gott viel anderst einbilden / nach dem Fall sonderlich / vnd meinen stracks / dieweil wir so arme Sünder seyn / wolle er vnser kein Gnad haben / vnd solchs befind sich / wenn es vns vbel gehet .
Imgleichen / wenn es mit vns in Nöten hart helt / vnd vns alle Mittel zerrinnen / dadurch vns geholffen werden möchte / so geben wir auch / wie man sagt / das Hauß auff / vnd meynen / es könne vns nicht geholffen werden .
Aber solche Gedancken von Gott sind falsch / vnd kombt solche Mißtrawen vom bösen Feind /
vnd vnserm sündlichen Fleisch her . Die mahlen vns Gott also für / vnd bilden jhn vns also ein .
Moses aber berichtet vns eines andern vnd bessern . Denn er nennet Gott / vnser Zuflucht . Damit er lehret / das er noch jetzund in dem elenden standt der Sünden / darein wir durch den Fall vnser ersten Eltern gerahten / sich vnser trewlich annehmen wölle / vnd wir in allen vnsern Nöten / wie die Nahmen haben mögen / zu jhm einen freyen Zutrit haben / vnd Hülff bey jhm suchen mögen vnd sollen / bey jhm sollen wir kein Noth haben / sondern sicher vnd wol verwaret seyn .
Das meynt Gott auch / wenn er in den Zehn Geboten sagt : Ich bin der HErr dein Gott / bezeugt also / das er noch jetzund die Hand nicht von vns abziehen / sondern sich vnser trewlich annemen wölle / vnd ist diese / wie alle / Gottes Verheissung in Christo / Ja vnd Amen . Darumb wird jm auch in seinem Wort der holdtselige Name Vater gegeben / dieweil er es hertzlich / trewlich vnd gut mit vns meynet . Du bist ja vnser Vater / sagt Jes. 64 . Von Ewigkeit her ist das dein Name . Das erkleret Christus Matt . 7. So jhr die jhr doch arg seyd / könnet ewren Kindern gute Gaben geben . Wie viel mehr wird mein Himlischer Vater guts geben / denen die jhn bitten .
Solches hat er für vnnd für bewiesen mit der That / vnd sonderlich damit / das er aus Gnade seinen lieben Sohn zum Mitler verordnet hat .
Darumb da die erste Eltern gefallen waren / vnd jhrer Seel kein Raht wusten / ist er jhr Zuflucht / fordert sie / vnnd verheist jhnen / des Weibes Same sol der Schlangen den Kopff zertreten .
Den Enoch hat er gar aus dieser Welt zu sich genommen / Den Noa / da die Welt vntergangen / in der Arca erhalten / Zum Abraham sagt er / Gen. 15. Fürchte dich nicht / ich bin dein Schilt / vnd dein grosser Lohn .
Diesen gnedigen Beystandt Gottes / haben Abraham / Isaac vnd Jacob in jhren gantzen Leben befunden . Davon stehet im 105. Psalmen . Er lies jnen keinen Menschen Schaden thun / vnd strafft die Kõnig vmb jhrent willen . Tastet meine Gesalbten nicht an / vnd thut meinen Heiligen kein leyd . Also hat er sein Volck Israel aus Egypten gefüret / vnd wie ein Herd Schaff geleitet .
So ist er seinem Volck vnd seiner Kirch allezeit beygestanden / wie David 46. Psalmen sagt : Gott ist vnser Zuversicht vnd Sterck / ein Hülff in den grossen Nöten die vns getroffen haben / er wird auch fortan das beste thun / wie er sagt Matth. 28. Siehe / ich
bin bey euch alle Tag / bis an der Welt Ende . Vnd ist Gott nicht allein vnser Zuflucht in diesem Leben / sondern wird es auch seyn in dem Zukünfftigẽ . Darumb sagt Gott / Exo . 3. Ich bin der Gott Abraham / Isaac vnd Jacob / da sie schon todt sind / vnd Christus tröstet wieder den Todt / damit seine Jünger / Jo. 14 . In meines Vaters Hause sind viel Wonungen .
Zum Andern / lest es Mose nicht dabey bewenden / das er Gott vnser Zuflucht nennet / sondern er beschreibet auch seine Göttliche Majestet vnnd Allmechtigkeit / vnd lehret also / das er vns auch in allen Nöten gewaltig helffen könne .
Daher sagt er : HERR du bist vnser Zuflucht für vnd für . Ehe denn die Berg worden / vnd die Erde vnd die Welt geschaffen war / bistu Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit . Der du die Menschen sterben lessest . Damit lehret er / das er ein Allmechtiger Ewiger / Vnwandelbahrer Gott sey / der nicht verwandelt werde / der alle Ding erschaffen habe / vnd habe alles auch Todt vnd Leben in seinen Henden .
Davon stehet im 119. vnd 135. Psalmen / Vnser Gott ist im Himmel / er schaffet alles was er wil / im Himmel vnd auff Erden / im Meer vnd in allen Tiefen . Vnd im 102. Psalm : Deine Jahr wehren für vnd für / du hast vorhin die Erden gegründet / vnd die
Himmel sind deiner Hende Werck . Sie werden vergehen / etc . Du aber bleibest wie du bist / vnd deine Jahr nemen kein Ende .
Solche seine Göttliche Macht hat er an seinem Volck gewaltig bewiesen / da er sie durch Rote Meer geführet / sie in der Wüsten ernehret / vnd ins gelobte Land eingeführet / etc .
Dieses Conterfey Gottes sol vns dienen zur Lehr / das wir vns nicht / wie der böse Feind vnd vnser verderbet Fleisch vnnd Blut thut / Gott als einen Feind oder Tyrannen einbilden / sondern durch dieses Conterfey vns solcher Gedancken entschlagen .
Es sol vns aber fürnemblich dieses Conterfey in allen Nöten vnd Anfechtungen ein rechte Hertzsterckung seyn / vnd bestendigen Trost geben / das wir ja nicht verzagen .
Denn warumb wolten wir doch verzagen / oder auch kleinmütig werden / haben wir doch Gottes gnediges erbieten / das er wölle vnser Zuflucht seyn / wir sollen nur zu jm fliehen / er wolle sich vnser trewlich annehmen / vns verteidigen / hats auch von anbegin gethan . So ist er dazu auch Allmechtig / der ewig bleibt / alles in Henden hat / Todt vnd Leben / vnd kan helffen / vnnd keine Creatur kan jhn daran hindern .
Das ist der Gleubigen Trost allzeit gewesen / daher sind sie in allen jhren Nöten / auch im Todt so mutig vnd getrost gewesen .
Hiob 13.19 . Wil auff Gott hoffen / wenn er jhn schon erwürget . Er spricht : Ich weis das mein Erlöser lebet / der wird mich von der Erden aufferwecken / etc .
Dauid sagt im 27. Psalmen / Der HERR ist mein Liecht vnd mein Heyl / für wem solte ich mich fürchten . Der HErr ist meines Lebens Krafft / für wem solte mir grawen .
Assaph sagt im 73. Psalmen . Wenn ich nur dich habe / so frage ich nichts nach Himmel vnnd Erden / vnd ob mir gleich Leib vnnd Seel verschmachtet / so bistu doch meines Hertzen Trost vnd mein Theil .
Paulus Rom. 8. sagt : Ist Gott für vns / wer mag wieder vns seyn / welcher auch seines einigen Sohns nicht verschonet hat / sondern hat jhn für vns alle dahin gegeben / etc .
Was wil vns scheiden von der Liebe Gottes / Trübsal oder Angst / etc . Aber in dem allen vberwinden wir weit vmb des willen / der vns geliebet hat . Denn ich bin gewis / das weder Todt noch Leben / weder Engel noch Fürstenthumb / noch Gewalt / weder Gegenwertiges noch Zukünfftiges / weder Ho -
hes noch Tieffes kan vns scheiden von der Liebe Gottes / die da ist in Christo Jesu vnserm HErrn .
Vnd sol vns dieses Conterfey vermahnen / das wir auff keine Creaturen vns verlassen / sondern allein auff Gott hoffen / wenn wir auch vnsere beste Freund verlieren / vnd jederman die Hand abzeucht / wie der 62. Psalm sagt : Hoffet auff jhn liebe Leut / schüttet ewre Hertzen für jhm aus . Gott ist vnser Zuversicht / aber Menschen sind doch ja nichts / etc . So sagt abermahl David im 26. Psalm / Mein Vater vnnd Mutter hat mich verlassen / aber der HERR hat mich angenommen . O wie selige Leut sind wir / wen wir also dieses Conterfey in vnser hertze fassen / HERR Gott / du bist vnser Zuflucht für vnd für .
Der Ander Theil .
NAch dem Moses Gott seiner Gnad vnd Güte / die er an den Gleubigen von anbegin bewiesen / vñ seiner Göttlichen Majestet vnd Allmacht erinnert / helt er jm auch für den grossen Jammer vnd Elend / darin alle Menschen bis vber die Ohren / wie man sagt / stecken / vnd zeigt an /
wie Gott ewig vnverendert bleibe / also hab es mit den Menschen gar ein ander vnd arme Gelegenheit / jhr Leben sey kurtz vnd böß / sie sterben vnnd vergehen .
Vnd das er den Menschen solches einbilde / braucht er etzliche Gleichnus . Als erstlich sagt er / Du lessest sie dahin fahren wie einen Strom . Wenn ein Platzregen kompt / so ergiessen sich die Wasser bald / so fliessen grosse Bäch hin vũ her in den Strassen oder auff dem Land / aber es weret nicht lang / so verleurt sich das Wasser / das man nicht weis / wo es geblieben ist . Zum andern sagt er / wir sind wie ein Schlaff / da die Zeit verlauffet / einem Menschen ehe man des gewar wird . Zum dritten / braucht er ein Gleichnus vom Graß / an welchem Gott sein Weißheit dnd Allmacht sehen lest / wie Christus Matth. 16. zeuget . Das auch Salomo in seiner Herrligkeit nicht gekleidet gewesen sey / als dasselbige . Aber bey der schöne bleibts nicht / sondern es verwelcket endtlich von sich selber / oder wird mit der Sensen abgehawen . Also vergehen die Menschen entlich / oder der Todt reumet sie vnuersehens vnd plötzlich auff . Es lests aber Mose bey solcher Klag nicht bleiben / wie die Heyden thun / die solche kurtze vnd vngewißheit des Lebens nur obenhin ansehen / sondern er dencket nach
Gottes Wort den Sachen weiter nach / wo es herkomme / nemblich / von Gott vnd seinem Zorn / der vber vnser Sünde gehet . Das macht dieses alle beschwerlich / spricht er / das vns solches nit schlumpsweise vnnd vngefehr wiederfehret / sondern das du Allmechtiger Gott es vns zuschickest / vnnd damit bezeugest vnd anzeigest / das du mit vns Menschen nicht zu frieden / sondern zornig seyest / vnd zwar hefftig vber vns zürnest / darumb lessestu vns nicht leben / oder ja nicht lang leben . Vnd zwar so thustu vns nicht vnrecht / sondern wir sinds wol werth / vnd verdienen es mit vnsern Sünden / die wir am Hals haben . Darüber fährestu nicht mit leichter Handt her / wie jhnen die Leut einbilden / das du die Sünd nicht achtest / sondern du hast sie stets für Augen . Ja was wir für Sünd meynen / heimlich zu halten / oder für grosser Thumheit nicht erkennen / vnd sonderlich den grewlichen Schaden der Erbsünd siehestu gar eigentlich / vnd hast einen Grewel daran . Daraus folget / das wir also einer nach dem andern hingehen . Das Leben vergehet vns vnter den Henden / ehe wirs gewar werden / eben als man mit einander schwetzet oder Merlein zuhöret .
Vnd das ichs deutlich sage / so weret eins Menschen Leben nach dem gemeinen Lauff der Welt / nicht
tausend / ja auch nicht hundert / sondern nur etwa 70. oder auffs höchste achtzig Jahr / wenn man auch zu rücke dencket / was an solchem kurtzen Leben zu thun sey / so besind sich / das auch solche kurtze Zeit nicht taugt / sondern böß ist / vnd man der guten Tag nicht viel / sondern Sorgen / Mühe vnd Arbeit hat / vnnd sich mit allerley Vnglück quelen vnd plagen muß .
Das allerargst aber ist / das wir Menschen so verhartet vnd verstockt seyn / das wir solche Schleg / die du vns gibst / nicht eins fülen / vnd nicht behertzigen / solchen dienen Zorn wieder die Sünd vnd vns / gar nicht fürchten / sondern gehet vns als den bösen Kindern / die vber dem vielen schlagen nur hart darauff werden / vnd der Schleg nicht mehr achten .
Wie wir nun im ersten Theil ein Lebendiges Conterfey gehabt des Allmechtigen Gottes / also mahlet hie Moyseseinen Menschen mit lebendigen Farben ab / wer er sey für Gottes Augen . Vnd was es mit jhm nach dem Fall / wie er von Vater vnnd Mutter geboren ist / für ein Gelegenheit vnnd Zustand habe / nemblich / das es mit vns so statlich Werck nicht sey / als wir vns wol in den Sinn ziehen / sonderlich wenn wir etwas höher / als ander Leut begabet sind / sondern wir sind negst dem bösen Feind / die elendeste Creatur .
Denn also malet vns Moses / das wir Missethäter / Sünder vnnd Vbelthäter seyn für Gottes Augen / vnnd stehen wir erger für Gottes Gericht / als die ergeste Vbelthäter / wie für wenig Jahren etzliche in der nehe gerichtet seyn / die viel Mord gethan / vnd sonst viel böses begangen haben . Daniel 9. wir müssen vns schemen . Denn wir sind in der Warheit Abgöttisch / Gottslester / Gottes vnd seines Worts Verächter / Vnbendig / Vngehorsam / Auffrürisch / Mörder / Ehebrecher / Dieb / falsche Zeugen vnd Lügener / stecken voller eitel böser Lust vnd Begierd . Stehen also erger als kein Vbelthäter auff Erden . Denn Gott siehet ins Verborgen / die Menschen müssen rechenschafft geben vmb eines jeden vnnützen Worts willen / das sie geredt haben / vnd wird Christus einmahl ans Liecht bringen was verborgen ist / vnd den Raht der Hertzen offenbahren .
Daraus folget Gottes vnendlicher Zorn / Gott ist ein verzehrendes Fewer / vnd ein Eyfferer. Deu. 4 .
Er ist ein Rechter / ja ein Rechter ist der HERR / wenn er die Berg ansiehet / so erzittern sie / vnd die Hügel / so zergehen sie . Dem zorn Gottes folgen alle zeitliche Straffen / die die ewige auff dem Rücken haben / wo man dem Zorn Gottes nicht vorbeuget / das Leben ist kurtz / vnd verlaufft vns / ehe
wirs gewar werden . Es ist vngewis / es ist bald vmb einen Menschen geschehen . Es ist voller Mühe vnd Arbeit / voller Sorg vnd Hertzleid . Dabey wir vns die Gedancken leichtlich machen können / was wir am Jüngsten Tag ferner zu gewarten haben .
Das aller ergst ist / das wir noch so verderbt sind / das wir das alles hin vnd aus dem Siñ schlagen / vnd wo Gott nicht das bestebey vns thut / vns nicht bekeren / sondern in solcher tieffen Sicherheit vnser gantzes Leben zu bringen / als wenn vns auff der Welt nichts mangelte .
Da haben wir nun das rechte Nosce teipsum , das wir vns selber erkennen / davon die Heyden viel gehalten / vnnd gesagt / solche Lehr sey vom Himmel kommen . Aber wir Christen mögen es billicher sagen : Gott von Himmel offenbahret vns in seinem Wort / wer wir seyn / auff das wir vns recht erkennen lernen .
Vnd ist nun das ein nötige Lehr / vnd gehet die gantze Schrifft dahin / das wir Gott vnd vns recht erkennen . Wie jener alter Kirchenlehrer Gott bittet / gib mir / das ich dich erkenne / vnnd das ich mich erkenne .
Es hat aber auch dieses grossen Nutzen / das wir dieses Conterfey eines Menschen haben / vnnd teglich anschawen .
Denn erstlich ists ein Artzney wieder die Hoffart vnd Vermessenheit / wenn wir vns vnser Gaben halben brüsten / vnd wieder Gott vnd vnsern Negsten vns erheben / Wenn wir bedencken / das wir arme Sünder vnd Missetheter sind / die wir vns für Gott schemen müssen / vnd sind seinem Zorn vnd Zeitlicher vnd ewiger Straffe vnterworffen . Das vertreibt die Hoffart .
So demütiget sich Abraham / Gen. 18 . vnd bekenet / das er Staub vnd Aschen sey . David sagt 2. Sam. 7. Wer bin ich HErr HErr ? Item Psal. 8. vnd 144 . Was ist der Mensch das du sein gedenckest / vnd des Menschenkind / das du dich seiner annimpst ? Vnnd Syrach 10 . Was erhebt sich die arme Erd vnnd Aschen ? Ist doch der Mensch ein schendtlich Kot / weil er noch lebet / darnach fressen jhn die Schlangen vnd die Würm / vnd ob der Artzt schon lange daran flicket / so heist es doch endtlich / Heut König / Morgen Todt .
Zum andern / dienet das Anschawen dieses ellenden Bildes vnd jämmerlichen Lebens der Menschen dazu / das es vns die Sicherheit vertreibe .
Darüber werden viel Leut verdampt / das sie jhr Sünd nicht erkennen / oder jhr nicht achten . Erstlich die Heuchler / als der Phariseer Luc. 18 . Der
meint er siehe all wol / vnd dancket Gott / das er nicht ist wie ander Leut .
Darnach die Epicurer / die jhnen einbilden / Gott achte der Sünden nicht / derwegen sie darab nicht erschrecken / vnnd Gott nicht vmb Verzeihung bitten .
Aber Gottes Zorn wird vom Himmel offenbahret / vber alles Gottlose Wesen / vnd vngerechtigkeit der Menschen / Rom. 1.
Da sollen wir bedencken / wie schrecklich sey / das die herrlich Creatur der Menschen sterben mus / zur Erden vnd gleich zu nit werden / wie hie Moses redet . Das er so kurtze Zeit lebet / das es vns in diesem Leben so vbel gehet . Es ist ein elend jämmerlich Ding / vmb aller Menschen Leben von Mutterleib an / biß sie wieder in die Erden gegraben werden / die vnser aller Mutter ist / Syr. 40. Vnd das wir für Gericht müssen / da es heissen wird : Weichet von mir jhr Vbelthäter Matth. 7. Wer so fern kompt / der ist nicht fern vom Reich Gottes .
Zum dritten / dienet insonderheit die Betrachtung der kürtze dieses Lebens vns dazu / das wir die Buß vnd Bekehrung zu Gott nicht von einem Tag zum andern auffschieben / welches freylich auch der mängel einer mit ist / der die Leut vmb jhr Seligkeit
bringt / das sie dencken / sie haben noch Zeit gnug sich zubeteren .
Darüber kompt mancher zu kurtz / das er seine Tag nicht zehlet / wie Mose in diesem Psalm redet / vnd nicht bedencket / das er sterben muß / wer aber gedencket / das das Leben kurtz sey / der nimbt keinen Trunck / keinen schlaff dafür / ja er kan sich nicht zu frieden geben / er habe sich denn bekeret .
Da sol jmmerdar in vnsern Ohren klingen / Psalm 95. Heut so jhr seine Stim höret / so verstockt ewere Hertzen nicht / Jes. 49 . Ich hab dich zur angenommen Zeit erhöret / ich hab dir am Tag des Heils geholffen . Paulus 2. Cor. 6 . Jetzt ist die angenehme Zeit / jetzt ist der Tag des Heils . Vnd Jes. 55. Suchet den HErren / weil er zu finden ist / ruffet jhn an weiler nahe ist / der Gottlose lasse von seinem Weg / vnd der Vbelthäter seine Gedancken / vnd beker sich zum HErrn / so wird er sich sein erbarmen .
Zum vierden / dienet die Betrachtung dieses kurtzen Lebens auch dazu / das wir bey zeiten anfahen den Leuten guts zu thun / vnd vns befleissen / die kurtze Zeit wol anzulegen .
Eccles . 11. Las dein Brodt vber das Wasser faren / so wirstu es finden auff lange Zeit . Theil aus ter sieben vnd vnttr acht . Denn du wist nicht / was
für Vnglück kommen wird auff Erden . Wenn die Wolcken voll sind / so geben sie Regen auff Erden / vñ wenn der Baum felt / er falle gegẽ Mittag oder Mitternacht / auff welchen Ort er felt / da bleibet er liegen .
Luc. 16. Machet euch Freund von dem vngerechten Mammon / auff das wenn jhr nun derbet / sie euch auffnemen in die ewige Hütten .
Gal. 6. Als wir nun Zeit haben / so lasset vns guts thun an jederman / allermeist aber an des Glaubens genossen .
Zum fünfften / dienet dieses / das das Leben so kurtz vnd bös ist / auch dazu / das wir nicht so viel von diesem Leben halten / wie leyder geschicht / also das wir auch darüber das Ewige verseumen / sondern gedencken / es sey dis Leben / darauff wir so sehr besteuret sind / kurtz vnd böß / Gen. 47. Vnd sey also nichts daran zu reuffen / ist eben / als wenn einer den Sommer an einer Leubẽ sich verbawen wolte / darin er nur ein kurtze Zeit ist / welches denn auch das Laubhütten Fest bedeutet hat . Wir aber haben einen Baw von Gott erbawet / ein Hauß nicht mit Henden gemacht / das Ewige ist im Himmel .
Darumb sagt Christus / Matth . 6. Ihr solt euch nicht Schetze samlem auff Erden / das sie die Motten vnd der Trost fressen / vnnd die Dieb nach -
graben vnnd stelen . Samlet euch aber Schetz im Himmel / da sie weder Motten noch Trost frist / noch die Dieb nachgraben vnd stelen .
Vnd Paulus 1. Cor. 7. Die Zeit ist kurtz . Weiter ist das die Meinung / das / die da Weiber haben / das sie seyn / als hetten sie keine / vnd die da weinen / als weineten sie nicht / vnd die sich frewen / als freweten sie sich nicht / vnd die da keuffen / als besessen sie es nicht / vnd die da dieser Welt gebrauchen / das sie derselbigen nicht mißbrauchen . Denn das Wesen dieser Welt vergehet / er wil sagen : Wir sollen auff das Leben gar nicht passen . Vnd Phil. 3. Vnser Wandel ist im Himmel / von dannen wir auch warten des Heylandes Jesu Christi des HErren / welcher vnsern nichtig Leib verkleren wird / das er seinem verklerten Leib ehnlich werde .
1. Johan. 2. Habt nicht lieb die Welt / etc . Die Welt ver gehet mit jhren Lüsten .
Daher haben die Ertzväter Abraham / Isaac / Jacob / David / etc. bekant / das die Frembdling weren / vnd ein ander Vaterlandt suchen . Heb. 11 .
Wer dieses hindan setzt / der wirds ewig betrauren vnd beklagen / das er so viel von Zeitlichen Gütern gehalten hab / was hilfft vns nun der Pracht / was bringt vns der Reichthumb sampt den Hochmut klagen die Gottlosen / Sap. 5.
Endlich sollen wir dieses Bild auch zum Trost gebrauchen / das wir vns so sehr nicht bekümmern / wenn wir schon dieses Leben lassen müssen / wenn Gott vns abfordert / sondern gedencken / es ist doch nichts doran zu thun / es ist kein grosser verlust den wir leyden . Paulus sagt : Chrisius ist mein Leben / Sterben ist mein gewin / Ich beger abzuscheiden / vnd bey Christo zu seyn . Denn hie verlieren wir einen schlimmen Leib vnd schlimme Güter / dort werden wir Himlische Güter vnd einen herrlichen Leib bekommen / warumb wollen wir vns denn gremen / vnd nicht vielmehr von Hertzen frewen / das es mit vns so weit kommen ist ?
Der dritte Theil .
NAch dem Moses Gott den Allmechtigen seiner Väterlichen Güte / die er von anbegin an den seinigen bewiesen / wie auch seiner Göttlichen Allmacht erinnert / jhm auch den grossen Jammer vnd Ellend / so die armen Menschen in dieser Welt außstehen müssen / für gehalten hat / greifft er zum Gebet / vnd bittet nun gantz instendig / das er sich doch sein vnd anderer Menschen annemen wölle / vnd es bessern .
Erstlich sagt er : Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / das ist / vertreibe vns doch diese grosse sicherheit / das wir also in den Tag hinein leben / als wolten wir ewig / oder gewis lange Zeit hie bleiben / sondern gib vns / das wir aus deinem Wort vnd der Erfahrung lernen / das vnser Leben kurtz vnd vngewiß sey / damit wir vns fürsehen / vnd zum Todt schicken / vnd stets gefast seyn . Was das für ein Weißheit sey / zeigt er in folgenden Worten an / da er weiter bittet : Kere dich doch wieder zu vns / vnd sey deinen Knechten gnedig / das ist / verzeihe vns vnser Sünd / vmb des verheissenen Heylandes willen . Zum dritten bittet : Erfülle vns früe mit deiner Gnad / das ist / gib vns in vnsere Hertzen / das wir vns solcher Gnadenverheissung im warem Glauben trösten . Zum vierden sagt er : Erfrewe vns nun wieder / das ist / weil wir des Jammers / Ellendes müd vnnd eben schwach werden / vnnd es in die lenge nicht ertragen könten / so lindere es vns / tröste vnd stercke vns . Zum fünfften / Zeige deinen Knechten deine Werck / etc. Du hast vns aus Gnaden zu deinen Knechten angenommen / das wir dir nach deinem Wort dienen sollen / so stehe vns auch bey / vnnd beweise an vns dein eigen Werck / das da ist / die Menschen segnen vnd jnẽ guts thun / das thu auch bey vnsern Kindern / das sie nach
vnd deine Gnad vnd Barmhertzigkeit rühmen / loben vnd preysen .
Endlich / fördere das Werck vnser Hende bey vns / das ist / gib zu vnserm Thun in vnserm Leben Glück vnd Heyl . Denn wo du nicht das gedeyen gibst / so richten wir nichts aus / vnd schaffen nichts guts im Geistlichen vnd Weltlichen Standt / darumb sihe vns an mit den Augen deiner Barmhertzigkeit / vnd gib dazu deinen Göttlichen Segen / das wir was gutes schaffen / vnd dir vnd vnsern Negsten dienen .
In diesem dritten Theil / das wir die andern Lehren für dißmahl außlassen / wird vns fürgestellet ein Bild vnnd Conterfey eines newen Menschen . Denn das wolte nimmermehr gut werden / wenn wir also blieben in dem Standt / davon hiebevor gesagt ist / das wir in Sünden vnter Gottes Zorn vnd zeitlichem vnd ewigem Jammer solten stecken bleiben .
Darumb beriehtet vns Gottes Wort von einem newen Menschen / der wieder geboren / verendert vnd verkleret wird . Als im 110. Psalm : Deine Kinder werden dir geboren werden / wie der Taw aus der Morgenröte / vnd Johan. 1. Er hat Gewalt gegeben Kinder Gottes zu werden / denen / die an seinen Namen gleuben / welche nicht aus dem Geblüt / noch
von dem Willen des Fleisches / noch von dem Willen des Mans / sondern aus Gott geboren sind .
2. Cor. 3. Wir werden verkleret in dasselbige Bild ( des HErrn ) von einer Klarheit zu der andern / als vom HERRN der Geist / vnd Eph. 4. Ziehet den newen Menschen an / der nach Gott geschaffen ist . Vnd diese Widergeburt ist vns Menschen nötig / wir müssen new geborn / vnd andere Leut werden / wenn wir anders wollen selig werden / wie Chrisius lehret / Johan. 3. Es sey denn das jemand wider geboren werde / durch das Wasser vnnd den Heiligen Geist / so kan er nicht ins Reich Gottes kommen . Denn was vom Fleisch geboren wird / das ist Fleisch / vnd was vom Geist geboren ist / das ist Geist .
Was nun ein solcher Widergeborner Mensch sey / oder wie er geschaffen oder geartet sey / wird vns an Mose hie in seinem Gebet fürgestellet .
Mit einem Wort zu sagen / so bekeret er sich / vnd ist Bußfertig / vnd bittet in Kindtlicher Zuversicht vmb Gnade .
Dazu ist nun nötig / das wir erkennen vnser Sünd / vnd den Zorn Gottes vnd Jammer / darein wir durch die Sünd sind geraten / denselbigen behertzigen / Rew vnd Leyd darüber haben / vnd nicht wie die Vnwiedergebornen vnd Vnbußfertigen solches
alles in den Wind geschlagen . Darumb treibet Moses / wie auch sonsten Gottes Wort das Gesetz so hart / vnd Gott drücket nach mit straffen / das wir in vns gehen / bedencken / wo vns solches herkomme / vnd also vnsere Sünd berewen vnd beweinen / vnd derselben zu wieder werden .
Darumb predigen alle Propheten / bekeret euch / Christus / Johames der Teuffer / wie auch die Apostel sagen / thut Buß . Also sollen alle Prediger den Leuten jhre Sünd offenbahren / jhnen Gottes Zorn vnd Straffen anzeigen / vnd sie zur Buß vermanen / vnd darin Paulo folgen der 2. Cor 5. sagt : So bitten wir nun an Christus stat / last euch versühnen mit Gott .
Vnd die Zuhörer sollen auch solche Bußpredigten neben dem / das sie selber fülen / das sie die Sünd / Gottes Zorn vnd Straff am Halse haben / sich zur Buß treiben lassen / vnd weil Gott das gedeyen geben muß / teglich bitten / das Gott sie bekeren wölle / vnd jhnen die Gnad geben / das sie solchen jhren Jammer bedencken vnd behertz igen / vnd es nicht wie die Gottlosen hinschlagen / vnnd aus der acht lassen / vnd den Todt aus den Augen setzen / sondern sehen / das sie raht finden / vnd jhnen helffen lassen .
So thut David im 39. Psalmen / Aber HErr
lehre mich doch / das ein End mit mir haben / vnnd mein Leben ein Ziel hat / vnd ich davon mus .
Vnd Moses als er gesagt vnnd geklagt / wer gleubet / das du sehr zürnest / vnd fürchtet sich für solchen deinem Grim ? Betet er : Lehre vns bedencken / das wir sterben müssen / auff das wir klug werden / das ist anders nichts / das wir in steter Bußfertigkeit erfunden werden .
Es ist aber nicht gnug / das wir solche vnser Not erkennen vnd behertzigen / sondern wir sollen vns auch erinnern der grossen Gnad vnd Barmhertzigkeit Gottes / die er vns vmb des Messias willen verheissen hat / vns derselben in warem Glauben trösten / vnd in solchen Glauben vnd Vertrawen zu Gott vmb Gnad vnd Vergebung der Sünden bitten / vnd gar nicht zweifflen / Gott wölle vns gnedig seyn / vnd die Sünd vergeben / wie er Erod . 34. sich offenbaret / das er vergebe Missethat / Vbertrettung vnd Sünd .
Darumb das wir es bey dem Erkendtnus der Sünden nicht allein bewenden lassen / sondern vns auch der Gnade Gottes in Christo trösten / sagt Christus Marc. 1 . Nicht allein thut Buß / sondern auch gleubet an das Evangelium . Item / Prediget ( Marc. 16. ) das Evangelium allen Creaturn / wer gleubet vnd getaufft wird / der wird selig .
Wer nun solchen Glauben vnd Vertrawen zu Gott hat / der ist nun ein newer Mensch / zuvor steckete er in Sünden / Nun ist sie jhm vergeben / zuvor war er in Vngnaden bey Gott / nun ist er in Gnaden / zuvor war er Todt / nun ist er Lebendig / zuvor war er verdampt / nun ist er selig .
Davon sagt Moses / Gen. 15. Abraham gleubete Gott / vnd es ward jhm zugerechnet zur Gerechtigkeit . So tröstet sich David Psal. 130 . Denn bey dir ist die Vergebung . Israel hoffe auff den HErren . Denn bey den HErren ist die Gnade / vnd viel Erlösung bey jhm .
Vnd Habacuc 2 . Der Gerechte wird seines Glaubens leben . Paulus sagt / Gal. 2. Was ich lebe im Fleisch / das lebe ich im Glauben des Sohns Gottes / der mich geliebet / vnd sich selbs für mich gegeben hat .
Aussolchem Glauben vnd Vertrawen zu Gott fleust her / das Moses betet : HErr kere dich wieder zu vns / vnd sey deinen Knechten gnedig . Fülle vns früe mit deiner Gnad / so wollen wir rühmen vnd frölich seyn vnser Lebenlang / Erfrewe vns wieder / zeige deinen Knechten deine Werck / etc . Vnd fühlet Moses warhafftig in solchem Gebet / das sich aus Gottes Gnaden Verheissung gründet / Fried / Frewd vnd
Trost in seinem Hertzen / vnd ist er also ein recht Fürbild vnd Conterfey eines newen Menschen .
Aus solchem Glauben vnd Vertrawen zu Gott fliessen auch gute Werckher / Also das man / wie Moses hie Gott hertzlich anrufft / das ein Mensch sich erinnert / das wir nun Gottes Knecht seyn / derwegen wir jhm in einem newen Leben / vnd nicht mehr der Sünden die Zeit vnsers Lebens dienen sollen / ein jeder in seinem Beruff vnd Standt / ein Prediger mit lehren / ein Zuhörer mit lernen Gottes Wort / ein Obrigkeit mit wol regieren / ein Vnterthan mit Gehorsam / ein Haußvatter mit Aufferziehung seiner Kinder vñ gantzen Hauses in der Zucht vnd Vermanung zum HErrn / Kinder vnd Gesind mit Ehrerbietung vnnd Gehorsam / etc. vnd das wir / weil alles vmbsonst / wo Gott nicht seinen Segen gibt / Gott vmb das Gedeyen ein jeder inseinem Beruff teglich anruffen . Also stnd wir newe Leut / vnd hat Gott sein Ebenbild in vns zuerstatten angefangen / welches gewißlich vollkommen seyn wird im zukünfftigem Leben .
Dieses ander Bild eines newen Menschen sol vns dazu dienen / das wir ein Muster davon nemen / vns lernen prüffen / ob wir auch vernewret vñ widergeboren / vnd in das Ebenbild Gottes verkleret seyn /
vnd dazu bey vns ein Anfang gemacht sey / welches dann geschehen ist / wenn wir Buß thun / an Christum gleuben / vnd gedencken vnser Leben zu bessern . Denn die Leut die in den Tag hinein leben / jhr Sündennoth nicht bedencken / nicht im Glauben Gnad begeren / vnd nicht einen newen Gehorsam anfangen / die bleiben vnter dem Zorn Gottes . Die aber Buß thun / vnd gleuben an Christum / vnd begehren in seinem Namen Gnade / vnd haben einen Vorsatz sich zu bessern / die aber Buß thun / vnd glauben an Christum / vnd begehren in seinem Nahmen Gnade / vnd haben einen Vorsatz sich zu bessern / die sind ein newer Mensch / ein newe Creatur / ja sie sind gleich in einer newen Welt / vnd in Hoffnung selig / vnd was jhnen noch mangelt / wird am Jüngsten Tag folgen / da wird Gott sich recht zu jhnen keren / jhnen gnedig seyn / sie füllen mit seiner Gnad / das sie jhne frölich rühmen / da wird er jnen erzeigen sein Werck / jhnen freundlich seyn / vns aus Gnaden alle jhre Mühe vnd Arbeit reichlich belohnen .
Beschlus .
ALso haben wir jetzt ein Frawes Person vom Adel zur Erden bestattet . Nun ist jetzt ein böser Brauch vnd Mißbrauch des Göttlichen
Worts vnd der Predigt / das man die Leut / ob sie es wol bißweilen nicht werth sind / preiset vnd hoch rühmet .
Aber der Warheit Zeugnus zugeben / vnd den Lebendigen zu Nachfolg wollen wir nur ein wenig berichten . Von dieser Person Geschlecht wollen wir nicht sagen / gehört auch nicht in die Predigt / sie hat getragen das Bildt des jrrdischen Adams / ist eine arme Sünderin gewesen / wie wir alle / hat auch darumb jhr Creutz gehabt mit jhrer Kinderzucht / vnd sonsten / vnd ist nicht viel vber viertzig Jahr kommen .
Aber sie ist new geboren / vnd hat Christum in der H. Tauff / in wahrem Glauben angezogen / Erkandtnus Gottes Worts jhre Sünd vnd den Zorn Gottes / aber sich getröstet der Gnaden Gottes / die er vns in Christo zugesagt / vnnd ein Gottseliges Leben gefüret / Gottes Wort fleißig gehöret / vnnd sich sonst also verhalten / das sie in der Warheit ein Kron der Frawen jhres Standts gewesen / vnd mit der That bewiesen / das sie ein newer Mensch worden / sonderlich hat sich solches in jhrem Todt außgewiesen / da sie sich des Zeitlichen gantz vnd gar begeben / nichts davon hören wollen / sondern nur mit dem Ewigen sich bekümmert / sich selber getröstet vnsers HErrn Jesu Christi mit dem Spruch / Das Blut
Jesu Christi macht vns rein von aller Sünd / das schön Gebet an die Heilige Dreyfaltigkeit in Reimen gefast / O HErr Gott in meiner Not / etc. hat sie aus eigener bewegnus von Anfang biß zu Ende / vnnd hernach noch ein ander Gebet mit grosser Andacht gesprochen . Vnd ob sie wol den Morgen nicht erlebt / da sie das H. Nachtmahl noch einmahl zu guter letzt empfangen hette / ist doch der Fürsatz bey jhr gewesen / da es denn heist / wie Augustinus sagt : Crede & manducasti , wenn du gleubest / hastu Christi Leib vnd Blut genossen .
Weil sie nun mit der That bewiesen / das sie ein newer Mensch gewesen / jhre Sünd erkandt / sich der Gnade Gottes / so vns durch Christum zugesaget / in warem Glauben getröstet / Gottselig gelebt / vnd gestorben / als zweifflen wir nicht / Gott werde vollends am Jüngsten Tag jhr Leib vnd Seel verkleren / vnd sie / nach dem sie lange geplagt / vnd Vnglück gelitten / wie Moses redet / ewig erfrewen / dazu vns allen verhelffe / Gott Vater / Sohn vnd Heiliger Geist / Amen .
ENDE .