Lieber Bruder,
Aufrichtigen, iñigen Dank sage ich Dir für deinen Brief und der
treuen Freundesgesiñung, die er athmet. Du hast mir mit deinem
Zeilen das Herz ganz groß gemacht!
Nur ist die Annahme, von der Du ausgehst, eine irrige.
Leider habe ich mir für dies Jahr soviel Arbeit aufgehalst, daß
sie zu bewältigen selbst mir, der ich einigermaßen auf meine
Arbeitskraft trotzen darf, sehr schwer fällt und so habe ich deñ
– so gern ich einmal von der Arbeit rasten und mich erholen
und geistig anregen und erfrischen möchte – doch gar nicht
den Plan gehabt, nach Berlin zu kom̃en, sondern den lebhaften
Wunsch danach vielmehr pflichtschuldigst zurückgedrängt. Was du
bei Arnoldts gehört hast, bezog sich also wohl nicht auf mich,
sondern wahrscheinlich auf Ida, die allerdings nicht bloß den
Wunsch, sondern auch die Absicht hatte und hat, in diesen
Jahr auf einige Wochen nach Berlin zu reisen, obgleich eben
die Zeit noch gar Nichts bestim̃t ist.
Brauche ich Dir zu sagen, wie lebhaft meine Sehnsucht
nach Euch schon ohnehin war und wie sie durch deinen lieb-
vollen Brief noch lebhafter angefacht worden ist? Ihr Guten,
Lieben, wisst es ja johnehin, wie die Zeit unseres trauten Zu-
sam̃enlebens für uns hier die schönste Glanz- uund Lichtzeit bil-
det, an die wir ohne lebhaftes Sehnen nicht zurückdenken
köñen. Jetzt bin ich leider fast nur ein ins Joch gespañter
Arbeitsstier; aber weñ die diesjährige Arbeit beendet ist (das
Fremdwörterbuch Sanders, Daniel: Fremdwörterbuch. Leipzig 1871.[ Zweite unveränderte Auflage. Leipzig 1891, erster Band online verfügbar: Internet Archive abegrufen am 28.11.2017](https://archive.org/details/fremdwrterbuch01sanduoft), [Zweite unveränderte Auflage. Leipzig 1891, zweiter Band online verfügbar: Internet Archive abegerufen am 28.11.2017](https://archive.org/details/fremdwrterbuch02sanduoft), – das deutsche Handwörterbuch Sanders, Daniel: Handwörterbuch der deutschen Sprache. Leipzig 1869. [online verfügbar: GoogleBooks (UB Lausanne), abgerufen am 28.11.2017](https://books.google.de/books?id=avE8AAAAcAAJ) wird zu Ostern
bereits gedruckt seinen Aufwartung wohnen köñen), will
ich anfangen, auch wieder einmal mir selber und meinen
Freunden zu leben.
Bis dahin schenkt mir Euer Mitleid, bewahrt
mir Eure Liebe, wie bisher, und seid überzeugt von der
treuen Anhänglichkeit und iñigen Ergebenheit
Eures
Daniel Sanders
Str.Strelitz 15.3.69.
(am Montag – ohne Montagszeitung! Berliner Montagszeitung. Herausgegeben von Adolf Glaßbrenner und Richard Schmidt-Cabanis. Berlin 1861-1883. Aufgegangen in das Deutsche Montagsblatt)