Neuigkeiten von Teutschland.
Die Friedens-Hoffnung ist nun gäntzlich verschwunden, wenig-
stens in Wien; die Kriegs-Anstalten hingegen, wie wir schon
in allen Blättern erörtert, werden mit unermüdeten Fleiß conti-
nuiret; Croatien stellt 20000. Mann, Ungarn aber 50000. für
welche Mannschafft die Mondirung und andere Rüstungen schon
fertig, so daß die geringste Hinderung, wie sonst, gar nicht mehr zu
besorgen.
An dem Wienerischen Hof macht man sich starcke Rechnung,
und verspricht sich viel Gutes von der vorseyenden Alliantz mit Sach-
sen. Ob es aber an dem, daß die Preußischen Trouppen in Schle-
sien sich nach denen Pohlnischen und Sächsischen Grentzen zögen,
solches muß eine kleine Gedult bald gewiß machen.
Zu Basel ist auf Begehren des Frantzösischen Ministers öffent-
lich publicirt worden, daß von dasigen Bürgern und Einwohnern
sich niemand den neuen Werckern bey Hüningen nähern solte, wo
er sich das erfolgende Unglück nicht selbst zuschreiben wolte. Wem
wird auch von denen friedfertigen Schweitzern an Besichtigung ei-
ner noch unvollkommenen martialischen Camera obſcura viel gele-
gen seyn! die Oesterreicher sind gleichfalls dieser Winter-Arbeit hal-
ber gar nicht verlegen, wir muthmassen es, weilen der Obriste Trenck,
als Commandant von Breysach, nacher Wien abgereißt, folglich
dörffte die Frantzösische Fama abermahls nicht also beschaffen seyn,
wie die That erfordert, und ihre Unternehmungen bis künfftig
Frühjahr unterbleiben.
Wir könten eine besondere trifftige Reflection machen, daß zu
Ende vorigen Jahrs im Pfältzischen die fremde Werbungen ver-
bothen, aber auch zugleich ein Edict publici rt worden, daß alle Ad-
vocaten und Procuratores, welche offenbare ungerechte Sachen an-
nehmen, oder aber die Processe geflissentlich verzögern, nicht nur
mit einer ansehnlichen Geld-Busse belegt, sondern auch nach Befin-
den ſuſpendiret oder gar removirt werden solten; aber es mag lie-
ber heissen: Manum de tabula; die Gens de Juſtice möchten sich
sonst erzörnen.
Zu Ulm ist letzthin folgende Schwäbische Militair-Creyß-
Promotion vor sich gegangen. Zum General der Cavallerie: Hr.
General von Pfuhl. General-Feldzeugmeister, Hr. Marggraf von
Baaden-Baaden, nebst dem Hrn. Landgraf Ludwig von Fürsten-
berg. Zum Feld-Marschall-Lieutenant der Cavallerie, der Fürst
von Siegmaringen. Jtem der Hr. Graf von Wittigenstein. Zum
Feld-Marschall-Lieutenant der Jnfanterie, Printz August von
Baaden-Baaden, ingleichen der Land-Printz von Würtemberg.
Zum General-Major von der Cavallerie, der Baron von Heudorff,
und zum General-Major von der Jnfanterie, der Hr. Graf von
Wittigenstein. Das sind Kriegs-Nachrichten, die niemanden an-
genehmer fallen können, als der Königin von Ungarn.
Jhro Churfürstl. Durchl. zur Pfaltz haben sich den 2. Ja-
nuarii zu gröster Freude Dero Unterthanen öffentlich wieder sehen
lassen, und die Neu-Jahrs-Gratulationes in hoher Person ange-
nommen.
Der Printz Carl werden Dero hohe Gemahlin durch Sach-
sen nach Brüssel führen, damit sie desto baldiger wieder bey der Ar-
mee seyn können. Man macht daher zu prächtigster Bewirthung
am Dreßdner Hofe schon starcke Anstalten. Der Anschlag auf die
Bagage, besteht schon mit der grösten Gewißheit aus 82. Wägen.
Die Kostbarkeiten, so die verwittibte Hertzogin Hoheit von Loth-
ringen an die Ertz-Hertzogin Maria Anna überschickt, sind unge-
mein schätzbar, und von dem Herrn General Grüne, der sich zu
Paris an seinen Wunden curiren lassen, als er durch Commercy
gereißt, empfangen, und zu Wien überbracht worden. Es ist al-
so falsch, daß es durch einen Courier geschehen.
Die Berichte von der guten Harmonie des Wiener und Ber-
liner Hofs continuiren noch beständig, und zwar mit solchen beson-
dern Umständen, daß man die patriotischen friedfertigen Gedancken
Sr. Preußischen Majest. mit dem grösten Vergnügen bewundert.
Ja Sie sollen sich nach einiger Nachricht sogar dahin erklärt ha-
ben: Um der Königin von Ungarn Jhre feste Meynung der unver-
brüchlichen Haltung des Breßlauer-Tractats desto besser zu zeigen;
als proponirten Höchst-Dieselbe in denen Schlesischen und Böh-
mischen Grentz-Oertern und Vestungen Engländer und Holländer
garnisoniren zu lassen, bis ein General-Friede geschlossen.
Das letztere Egerische Schreiben nach Hannover ist eigentlich
eine bittlich gesuchte Beysteuer, zu wiederaufbauung des Rath-
hauses, zweyer hoher Thürmer und der dasigen Pfarr-Kirche, wel-
che währender Bloquade von denen Frantzosen ruinirt worden.
Woraus unsere Leser einen leichten Begriff von der Frantzösischen
Aufführung sich machen können.
Die Fürstl. Sachsen-Weimar-Eisenachische einer Seits, und
Abtey Fuldischen anderseitige Strittigkeit, wegen des Amts Fisch-
berg, ist nunmehro per Recurſum ad Comitia gediehen; der Hr.
Gesandte von Pogarell hat solches Remedium mittelst eines durch
Chur-Mayntz öffentlich dictirten Memorials mit beyfüge eines Im-
preſſi von 114. Bogen interponiret, aus welchem letztern man ersie-
het, daß 1 ) dieser Recurſus ad Comitia durch der von Hochlöbl.
Reichs-Cammer-Gericht versagten Intervention und Reſtitution
verursacht worden, zumahl da die Execution auf einen incompeten-
ten Creyß erkandt, und 2 ) das Objectum litis, nemlich die Erb-
Hennebergischen Gerechtigkeiten im Ambt Fischberg kein Commen-
tum oder noviter inventa Prætenſio sey.
Groß-Brittannien.
Ehestens wird der Hertzog von Cumberland zum Groß-Admiral
von Groß-Brittannien und Jrrland ernennet werden; der-
mahlen verwalten es der Graf von Winchelsea, die Lords Hamil-
ton und Baltimore, die Herren Cockbure, Ritter Hardy, Philipson
und der Doctor Juris, Herr Lee, mit samt denen zugehörigen Lan-
den und Jnseln.
Die Jüdischen Jrrläuffer prätendiren in Jrrland naturali-
sirt zu werden, sie sind deshalb beym Parlament zu Dublin einge-
kommen, ihr Gesuch aber ist auf 2. Monathe verschoben worden. Wir
wollen ihnen zum voraus prophezeyen, daß ihr eingebildeter Meßias
sein Reich dasebst gewiß nicht aufrichtet.
Den Königl. Geh. Rath setzt die Forderung des Königs von
Sardinien, welcher die Jhm in Wormser Tractat stipulirte Jta-
liänische Provinzien verlangt, in grosse Arbeit, man will aber wissen,
daß der Lord Carteret diesen Gordischen Staats-Knoten auf ein-
mahl getrennet, indem er gesagt: daß man gegenwärtig we-
der Genua noch die übrigen Staaten zu beförchten hätte,
mithin der König von Sardinien vor allen Dingen vergnü-
get werden müste. Uns bedünckt aber, daß die Ungaris. Miner-
va besser Recht habe die Poſſeſſions- Einführung zu verschieben,
da man noch nicht die versprochne Gegen-Hülffe quantum ſatis ge-
leistet. Der Sardinische Hof ist gar intricat, folglich das Feſtina
lente zum Gegensatz nicht undienlich.
Ohnerachtet die Gegen-Parthey des Hofs wegen der Han-
növerischen Trouppen starck reprochiret worden, so hat man doch
vorgebracht, den König durch eine demüthige Addreſſe zu bitten:
Jhro Maj. möchten die Nation wegen des Kriegs zu Lande
nicht weiter zum Vortheil des Hauses Oesterreich einflechten,
bis man mit Holland eine Alliantz getroffen, und sich über
die zu fassende gemeinschaftliche Entschliessungen verglichen.
Es ist aber ebenfalls mit 209. gegen 132. Stimmen gäntzlich ver-
worffen.
Man glaubt und will in England gewiß behaupten, daß alle
Frantzösische See-Rüstungen nur dahin abzweckten, England von
einem und andern Unternehmen abzuhalten. Wir aber lassen
Franckreich Recht wiederfahren, wenn wir glauben, daß es mehr als
so was, wenigstens etwas reellres hinter sich habe als blosse kost-
bare Intimidationes. Hingegen geben auch bestätigte Nachrichten
aus London gleichfalls, daß das Ober- so wohl als Unter-Parla-
ment auf den Entschluß unverändert beharreten, den Krieg mit
Franckreich und Spanien mit aller Macht zu prosequiren.
Franckreich.
Man redet zu Paris weit stärcker von dem grossen Unternehmen
auf Jtalien, als vor Olims-Zeiten die alten Griechen von
ihrer Expedition wider Troja wesens gemacht. Der von seiner
Ambaſſade zu Franckfurth rappellirte Graf von Lautrec, nicht
aber der Marschall von Maillebois, wird daselbst das Commando
übernehmen.
Das Geld in Franckreich kriecht auch in enge Löcher. Man
schließt es mit gutem fug aus denen vielen eingebrachten falschen
Müntzern, unter welche ein doppelt kluger Chinese, welcher lan-
ge Zeit zu Paris gewohnt, zu zehlen. Dieser inventieuse Kopf wuste
die am Rand gekerbte Spec. Thaler bey viel 1000. starck zu beschnei-
den, und solche hernach wieder gar künstlich zu kerben, wodurch aber
sie so leicht worden, daß man sie nunmehro nur nach dem Gewich-
te ausgiebt. Vor solches schelmische Kunst-Stück aber hat er den
20. Dec. wohlverdienter massen den Galgen gezieret.
Se. Allerchristl. Maj. haben sich letzthin öffentlich verlauten
laßen: Die Königin von Ungarn hätte sich zwar unterstanden der
Frantzösischen Hoheit zu insultiren, eine Jnvasion in Franckreich zu
tentiren, ja so gar Lothringen und Elsaß zu prätendiren: aber sie
bezeigten hiermit und contestirten, daß sie den Degen eher nicht in
die Scheide stecken wolten; es wäre denn Höchst-Deroselben die hin-
länglichste Satisfaction geschehen. Tempus docebit.
Mr. Bußy, nachdem er nichts als bevorstehende Ruptur aus
Londen verkündiget, hat Königl. Ordre bekommen, die zeither en-
tamirte Unterhandlung und Friedens-Negotium zu unterlassen,
und mit Protestation nach Paris zurück zu kehren.
An statt des verstorbenen Hertzogs von Antin, ist der Graf
von Clermont, ein Printz von Geblüth, zum Groß-Meister der
Freymäuer erwehlt worden. Man hat angemerckt, daß diese Brü-
derschafft seit weniger Zeit sich ungemein starck vermehret, sogar,
daß auch Geistliche, und zwar von der allerstrengsten Sorte, unter
diese Zahl genommen worden. Viele wundern sich darüber, da
vor 2. Jahren diese berühmte Gesellschafft von Sr. Allerchristl.
Maj. aus Dero Reichen und Landen verbannt gewesen.
Niederlande.
Die Trommel wird nun alle Tage im Haag gerühret, um Recrou-
ten zu künfftigen martialischen Verrichtungen anzuwerben.
Wie man spricht, steckt hinter der Fenelonischen Abreise nihil
arcani, sondern er will sich in Jtalien umsehen, ob er künfftig als
ältester General-Lieutenant nicht etwa den Marschall-Stab von
Franckreich erhalten könte. Vielleicht schämt er sich auch, daß we-
der seine Drohungen noch Schmeicheleyen in Holland etwas ge-
fruchtet.
Als der Lord Carteret vor seiner Abreise bey dem Abt de la
Ville gewesen, hat er demselben gantz trocken gesagt: Franckreich
sey allzumächtig, und man müsse es auf einen der Gleich-
wage gemässeren Fuß setzen. Aber der Abt hat geantwortet:
Es könte seyn, daß vielleicht Franckreich zu Lande mächtig
sey, inzwischen müste der Lord Carteret auch gestehen, daß
England eine Ober-Macht zur See habe. Auf eben den
Grund, wie man gerecht fände Franckreich zu schwächen,
um ihr einige Städte, welche Aufsehen erweckten zu ent-
ziehen, sey es billig, daß Englands Macht zur See einge-
schränckt würde, und von selbiger zu Herstellung der Balance,
Gibraltar und Porto-Mahon an Spanien wieder abgetre-
ten würde.
Die General-Staaten sind über das von Wien und London
in Vorschlag gebrachte Staats-Systema ungemein beschäfftiget,
daß man wegen der vielen Variantium Lectionum und Opinio-
num , noch nicht sagen kan, in wie lang oder kurtzer Zeit man auf
den Wienerischen Point kommen werde.
Jtalien.
Der Fürst von Lobkowitz hat durch den Obristen, Graf von Col-
loredo, den Operations-Plan seiner Durchl. mit dem König
von Sardinien und dem Admiral Matthews nach Wien geschickt.
Wird derselbe approbirt, so setzt es binnen ietzo und 14. Tagen ge-
wiß was neues.
Der Admiral Matthews versammelt alle Schiffe zu sich, und
bekommt auch noch zur Verstärckung 10. andere. Er will damit
der nun 2. Jahr eingecarcerirten Frantzösischen und Spanischen
Flotte zu Toulon auf den Dienst lauern, welche bald Mine machen
dörffte, sich den Weg nach Jtalien zu öffnen.
Rußland.
Der Frantzösische Gesandte, Marquis de la Chetardie, hat den
5. Dec. die Ehre gehabt, Jhro Czaarische Maj. als ein Cava-
lier präsentirt zu werden, welche ihn sehr gnädig empfieng.
Die Staats-Ministri haben allen zu Petersburg anwesenden
ausländischen Gesandten, im Nahmen der Kayserin, Erklärung
gethan, daß Sie niemand admittiren würde, wo man Deroselben
nicht den Titul Kayserin gäbe, und solches in Jhren Credentiali-
bus befindlich wäre. Man versichert auch schon, daß Franckreich
solches beobachtet habe; und daß der Röm. Kayser diesen Titul Sr.
Maj. gleichfalls geben werde, doch nur aus der Chur-Bayerischen,
nicht aber aus der Reichs-Cantzley.
Sonst aber werden die Nordischen Affairen wieder mit allen
Ernst vorgenommen, damit sie gütlich beygelegt würden. Jhro
Groß-Brittannische Maj. werden sich vornehmlich bemühen der
Czaarin vorstellig zu machen, daß es dem Jnteresse und der Gloire
Jhres Reichs am beträglichsten, die Wienerische Alliantz nicht zu
verlassen, von der Sie versichert seyn könten, daß es Jhre getreueste
Alliirte sey, und bleiben werde.