REFVTATIO
Irenæj.
Gꝛündtli-
cheꝛ Beꝛicht
auff das Examen M. Chriſtophori Irenej/
ſo er Anno 1581. wider den erſten Artickel deß Chriſtli-
chen Concordi Buchs / von der Erbſünde / durch offenen Druck
außgeſprenget: Vnd beſtändiger Beweiß/ daß gemeld-
ter Artickel in Gottes Wort noch ſtarck
vnd feſt ſtehe.
Geſtellet durch etliche hierzu verordnete
Theologen/Im Jar nach der Geburt vnſers
lieben HERRN vnd Heylandts Jeſu
Chriſti/1583.
Mit Churfürſtlicher Pfaltz Gnad vnd Freyheit.
Gedruckt in der Churfürſtlichen Statt Heydel-
berg / durch Johan Spies.
M. D. LXXXIII.
Vorrede an den Christlichen Leser.
DEmnach M. Christophorus Irenaeus ein groß Buch wider den ersten Artickel deß Christlichen Concordi Buchs / Von der Erbsünde / durch öffentlichen Druck / Anno Christi 1581. in die gantze Christenheit außgesprenget / in welchem er sich vnterstehet gemeldten Artickel / wo nicht gantz vnd gar vmbzustossen / jedoch zum wenigsten bey eynfältigen / vnd dieses Streits nicht gnugsam berichteten vnd erfahrenen Hertzen / in Verdacht oder Zweiffel zu ziehen / Gemeldtes sein Buch auch mit grewlichen vnd vnerhörten Läster / Schmähe vnd Iniuri Worten erfüllet / vnd ohne Schew / wo er nur kan / allen reinen Lehrern Schandflecken anzuhencken / vnd die gantze Christenheit zu verwirren vnd porturbieren / Als hat die höchste Notturfft vnserer Kirchen vnnd deß Christlichen Concordibuchs erheischet / solch sein Buch nicht allein in der Furcht Gottes lesen zu lassen / vnd fleissig zu er-
wegen / Sondern auch eine gegründte Refutation-Schrifft darauff zu verfassen vnd zu publicieren.
Dann von vielen Orten angelanget / daß eynfältige Christen / so durch diese vnd dergleichen Schrifften eyngenommen / oder jrre gemacht / Christlichen Bericht begerten / vnd der gezeygeten Warheit gern beypflichten wolten.
Weil vns dann vnverborgen / was dieser vnd seines gleichen vurühige Leut für Jammer vnd Ergernüß hin vnd wider bey vielen ansehenlichen Kirchen mit jren außgesprengeten Schrifften ein zeitlang angerichtet / vnd wie sie auff alle Gelegenheit lauren / jre jrrige Meynung vnd gefaßte Schwärmerey weiter vnd weiter außzubreyten / ist es vmb so viel desto mehr für heilsam angesehen / diese Refutation Schrifft / oder gründtlichen vnd beständigen Gegenbericht / zu Rettung der Warheit / in libro Concordiae, so viel gemeldten Articulum, de peccato Originis, anlangt / durch den Druck außgehen zu lassen.
Bekennen derwegen frey für der gantzen Christenheit / daß das Buch Irenaej, Examen genandt / so er wider das Christliche Concordi Buch / Anno 1581. hat drucken lassen / vnd was er dergleichen vor mehr Bücher in diesem Streit hat außgehen lassen / voller grewlicher Gottslästerung vnd Schwärmerey / wider
die Artickel vnsers Christlichen Glaubens / Von der Schöpffung / Menschwerdung / Heyligung / vnnd Aufferstehung deß Fleisches / stecken / wie solchs in dieser Refutation Schrifft oder Gegenbericht gründtlich vnd außführlich dargethan vnd erwiesen wirdt / dafür sich billich alle fromme Hertzen / als für einem schädlichen vnnd verderblichem Seelengifft / hüten sollen.
Bezeugen hiemit ferrner / als für Gott vnd der gantzen Christenheit / daß wir gleicher Gestalt auch mit Flaccij Illyrici seinen Büchern / Nosce te ipsum, Demonstrationes, grosser Bekändtnüß / vnd was er hiervon in seinem Claue Scripturae, vnnd andern Schrifften / in die Gemeine GOTtes außgeschrieben vnd diuulgiert hat / dadurch Irenaeus vnd andere jre Rottgesellen / erstlich in disen schädlichẽ Schwarm geführet vnd eyngewickelt / keines weges zu frieden seyn / sintemal sie voller greifflicher / schädlicher Irrthumb vnd Gottslästerlicher Lehre sindt / vnd derwegen als vnreine / gifftige / schwärmerische Bücher / von männiglich außzusetzen vnd zu meyden sindt.
Solcher gestalt warnen wir auch alle Christen / welchen jhre Seligkeit ein Ernst ist / sie wöllen M. Cyriaci Spangenbergs lästerliche / jrrige Bücher / so er zu Fortsetzung vnd Außbreytung deß Manicheischen
Schwarms / daß die Erbsündt ein Substantz / oder die Menschliche verderbte Natur selbst sey / fliehen / als in denen der Artickel / von der Erbsünde / grewlich / vnd wider GOTTes Wort / verkehret / auch D. Lutheri Schrifften schändtlich beschmitzet werden. Er will zwar viel schreiben von der Blindtheit Teutschlandes / vnd ist er doch selbst stock vnd starr blindt / tappet vnd greiffet vmb sich / vnd weiß doch nit / was er setzet oder saget / Nur ist es jhme darumb zu thun / daß die Christenheit nicht mercken soll / wie weit er jrre gangen / vnd wie schändtlich er viel eynfältiger / frommer Hertzen hinder das Liecht geführet. Damit nuhn ja niemand die Augen auffthue / vnd sehe / mit was Blindtheit er selbst geschlagen sey / vnterstehet er sich andere neben jhme zu verblenden / vnd von dem hellen Liecht der Warheit in erschreckliche Finsternüß eynzuführen / daß sie Liecht Finsternüß / vnd Finsternüß Liecht / mit vnd neben jhme heissen sollen. Der allmächtige / barmhertzige Gott wölle allen Irrgemachten vnd Verwirrten zu recht helffen / vnd seine warheit für solcher schädlichen Scribenten Büchern gnädiglich schützen vnd erhalten.
Es ist auch ein Büchlein außgesprenget / mit dem Titel / Formula veritatis, in welchem sich die Authores dem Manicheischen Schwarm / vnd der jrrigen fal-
schen Lehre Flaccij Illyrici / wider die Christliche Formulam Concordiae, auff die Bein zu helffen vnterstehen. Weil aber in demselbigen eben die Argumenta geführet / welche Irenaeus in seinem grossen Com̃ent führ et / ist es vnnötig geachtet / dasselbige insonderheit zu widerlegen: Wer sich wil warnen lassen / wirt durch Gottes Gnade Grundts gnug in vielgemeldter Refutation Schrifft / oder gründtlichem Gegenbericht / finden.
Man hette wol zu weilen in Widerlegung deß Examinis Irenaei abbrechen können / demnach Irenaeus ein Ding wol mehr als zehen mal in seinem Buch repetiert / damit er aber nicht zu sagen / man hette jm darauff nicht geantwortet / oder antworten können (wie dieser Leut Art vnd Brauch ist) hat man deß mehrertheils alles mitgenommen / wie mans funden hat / vnd dieses auch vmb der Eynfältigen willen / welche durch solche Repetitiones offt jrregemacht / sich nicht wol zu recht finden / vnd zwischen der Warheit vnd Vnwarheit vnterscheiden können / wann sie der Sachen nicht gnugsam berichtet sindt.
Ob auch Irenaeus in seinem Examine fast der fürnembsten Lehrer / so noch am Leben sindt / Schrifften grewlich herdurch zeucht / vnd mit Namen auffs aller schändtlichste vnd heßlichste außgehet / doch hat man
in dieser Schrifft fürnemblich auff das gesehen / was er in genere wider das Christliche Concordien Buch geschrieben / vnd dasselbige auß Grundt der Warheit verantwortet. Das ander / so priuatas personas, vnd derselben Schrifften angehet / den Authoribus selbsten reseruiert / als die sonder allen Zweiffel / da sie es für nötig erachten / sich wol / vnd mit beständigem Grunde der Warheit / gegen diesen Lästerer werden schützen können.
Der Christliche Leser wölle alles zum besten vermercken / vnnd der gezeygeten Warheit Raum vnd statt geben / Amen.
Summarischer Inhalt dieses gantzen Buchs.
I. Punct.
BEweiß daß die Erbsünde nicht deß Menschen gantz verderbte Natur vnnd Wesen / Leib / Seel / Hertz / etc. sey: Vnd Widerlegung der Gründe / damit das Gegentheil seine jrrige Meynung bestättigen will.
II. Punct.
Widerlegung der Gründe / damit das Gegentheil erweisen will / daß kein Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur / vnd zwischen der Erbsünde sey: Vnd Christlicher Gegenbeweiß / daß gemelter Vnterscheidt solle vnd müsse in der Kirchen erhalten werden. Fol. 8. & deinceps. Verantwortung auff die Beschüldigung / daß das Concordibuch vnrecht auß dem Artickel von der Schöpffung / einen Vnterscheidt mache zwischen der Natur vnd zwischen der Erbsünde: Vnd Christlicher Beweiß / daß deß Concordi Buchs Grundt auß gemeldtem Artickel genommen / noch fest stehe. Fol. 20. Gründtlicher Bericht auff die Anklag / daß das Concordi Buch vnrecht auß dem Artickel von der Erbsünde erweisen solle / daß ein Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur selbst / vnnd zwischen der Sünde sey: Vnd Christlicher Beweiß / daß gemeldter Grundt vnvmbstößlich sey. Fol. 33. vnnd hernach. Beweiß / daß Christus die Erbsünde nicht erlöset. Fol. 36.
Verantwortung deß Grundes auß dem dritten Artickel deß Glaubens / von der Heiligung / daß die Erbsünde nicht vnserverderbte Natur selbst sey: Sondern eine tieffe Verderbung derselben / darvon wir abgewaschen vnd gereiniget werden. Fol. 47. Beweiß daß Gott der Erbsünde nicht gnädig sey. Fol. 56. Beweiß / daß die Erbsünde weder getaufft noch selig werde. Fol. 65. Verantwortung deß Beweiß / welchen das Christliche Concordi-Buch / auß dem Artickel von der Aufferstehung deß Fleisches genommen hat. Fol. 69. vnd hernacher. Daß der Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur / vnnd zwischen der Erbsünde / in der Theologia keinen Schaden thue. Fol. 79. vnd hernacher. III. Punct.
Verantwortung der Gründe / darauß erwiesen / daß die Erbsünde ein malum Accidens, oder böser Zufall im Menschen sey. Fol. 84. vnd hernacher.
IIII.
Gründtliche warhafftige Verantwortung deß Concordi Buchs / daß es weder Pelagianische / noch Manicheische Irrthumb lehre oder vertheydige. Fol. 135. biß zu Ende.
Gründtlicher Bericht / auff das Examen vnnd Wirbel Geist / M. Christophori Irenaei, so er / Anno 1581. wider den ersten Artickel deß Christlichen Concordi Buchs / von der Erbsünde / durch offenen Druck außgesprenget / Vnd beständiger Beweiß / daß gemeldter Artickel in Gottes Wort starck vnd noch fest stehe / etc.
DIe tägliche Erfahrung bezeuget es / daß leider kein Irrthumb so vngehewer vnnd schrecklich kan auff die Ban gebracht werden / der nicht seine Beypflichter vnd Verfechter in der Christenheit finden solte. Also ist es bißhero auch gangen mit dem Gottslästerlichen Schwarm / daß die Erbsünde deß Menschen gantz verderbte Natur vnd Wesen / Leib / Seel / Hertz / Vernunfft / Verstandt / Wille / etc. selbst sey. Dann alsbaldt derselbige von vnrühigen Leuten außgesprenget / haben sich viel gefunden / so demselben / auch wider jhre vorige Bekändtnüß vnd Lehre / zugefallen / vnd als die Himmlische vnbetriegliche Warheit angenommen vnnd vertheidiget haben / vnd was man dawider auß vnd nach Gottes Wort geschrieben / hat alles nichts vberall helffen müssen. Da auch gleich in Formula Concordiae die Christenheit für ermeltem Manicheischen Irrthumb trewlich gewarnet / vnd die Warheit von erwehnter Controuersia deutlich vnnd vnterschiedtlich an Tag gegeben / jedoch ist es alles vmbsonst gewest / vnd haben sich Zancksüchtige Köpff gefunden / welche sich vnterstanden / der offenbahren Warheit zu widersetzen / vnd / so viel an jhnen / auß Liecht Finsternüß zu machen.
Damit nun die liebe Christenheit zum Vberfluß errinnert werde / vnd niemandt sich zu entschüldigen hab / es sey jhm die helle Warheit nicht gezeiget: Als wöllen wir abermals vnserer Kirchen Lehre von der Erbsünde widerholen / vnd was von dem Gegentheil darwider fürbracht / mit vnwidersprechlichem Grunde der Warheit widerlegen. Der Allmächtige Gott verleihe seinen Segen darzu / daß es nicht ohne sonderlichen Nutz der betrübten Kirchen abgehe / sondern zu vieler verführeten Besserung gereiche / Amen.
Vnd weil Irenaeus in seinem Buch fürnem̃lich nachfolgende vier Punct in dieser Sache / wider das Christliche Concordi-Buch / handelt / als nem̃lich:
I. Daß die Erbsünde deß Menschen verderbte Natur vnd Wesen / Leib / Seel / Hertz / Vernunfft / Verstandt / Wille / etc. selbst sey.
II. Daß kein Vnterscheidt zwischen deß Menschen gantz verderbten Natur vnd Wesen / vnd zwischen der Erbsünde selbst sey.
III. Daß die Erbsünde kein malum accidens, oder böser Zufall in deß Menschen Natur vnd Wesen sey.
IIII. Daß die Christliche Concordia solle Pelagianische vnd Manicheische Irrthümb vertheidigen / etc. So wöllen wir darauff ordentlich / gründtlich vnd deutlich antworten / daß der Christliche Leser verstehen soll / wie weit das Gegentheil von der in Gottes Wort offenbarten Warheit abgehet / vnd was für grewliche vnd Gottslästerliche Irrthümb es in die Christenheit / vnter dem Schein eines Gottseligen Eiffers / für die Warheit Psalm. 94.eynführet. Der trewe Gott wölle den Leuten die Augen auffthun / daß sie die rechte Warheit sehen / vnd der zufallen / AMEN.
Der I. Punct.
Geweiß / daß die Erbsünde nicht deß Menschen gantz verderbte Natur vnnd Wesen / Leib / Seel / Hertz / Vernunfft / Verstandt oder Wille sey / wie das Gegentheil fürgibt / Vnd Widerlegung der Gründe / damit es seine jrrige Meynung bestettigen will.
DAs Christlich Concordi Buch thut recht vnd wol daran / daß es stracks vnnd rundt herauß verneint / daß die Erbsünde / eygentlich zu reden / deß Menschen verderbte Natur / Substantz oder Wesen / Leib vñ vernünfftige Seele selbst sey / etc. was auch das Gegentheil darwider schreibet / dichtet vnd schreyet. Dañ solches lehret die gantze heilige Schrifft /Irenaeus in exam. B. iij. fac. 2. der wir dißfalls billich folgẽ / als Ro. 3. Sie sind allzumal Sünder / vnd mangeln deß Ruhms / den sie an Gott habẽ sollen. Da der Apostel nicht spricht: Wir sind allzumal die Erbsünde selbst / sondern / wir sindt Sünder. Nennet auch die Erbsünde einen Mangel / vnd nicht die Natur oder Wesen deß Menschen selbst. So sind ja Sünde vnd Mangel keine Substantz oder Wesen nicht: son dern Defectus oder Schaden / dadurch das Wesen deß Menschen grewlich verderbt ist. Da auch gleich das Wort Sünde vnd Mangel also erkläret werden / daß die Erbsünde eine gegenwertige Boßheit im Menschen sey / vnnd nicht allein ein Mangel oder Darbung / dannoch folget darauß nicht / daß sie das Wesen deß Menschen selbst
ist / sondern ein Gebrechen vnd Schaden / der warhafftig im Menschen gegenwertig ist.
Roman. 5. spricht der Apostel: Die Sünde ist durch einen Menschẽ in die Welt kom̃en: Die Welt heist er das gantz Menschliche Geschlecht / oder alle Menschen. Von diesen allen schreibt er / daß die Sünde in sie kommen sey durch Adam. Was nuhn von Gott nicht erschaffen ist in dem Menschen / sondern erst nach der Schöpffung in denselben kommen ist / vnnd jhn in Grundt verderbet hat / das ist ja deß Menschen Wesen / Leib vnd Seel selbst nicht / sondern etwas Zufälliges. Die Sünde aber / wie Paulus lehret / ist in den Menschen nach der Schöpffung kommen / derwegen ist sie ja deß Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib oder Seele selbst nicht. Das kan das Gegentheil nicht vmbstossen / wann es auch alle seine Kunst daran versuchete.
Verstehen aber das nicht also: Daß die Erbsünde als ein sonderliche Substantz oder Wesen / wie die alten Manicheer gelehret / in die Menschen kom̃en sey: sondern als eine iniusticia oder Vngerechtigkeit / Verführung / Verderbung / vnd erschrecklicher Schade / durch welchen die Menschliche Natur numehr jäm̃erlich durch vnd durch verderbt ist.
Rom. 7. gehet fast das gantze Capitel dahin / daß die Erbsünde nicht sey das verderbte Wesen deß Menschen selbst / sondern viel mehr ein zufälliger Schade / oder jämmerliche Verderbung. Dañ also schreibt der Apostel: Da wir im Fleisch waren / da war das Wüten der Sünde (welche durchs Gesetz sich erregt) kräfftig in vnsern Gliedern / dẽ Tode Frucht zu bringen / etc. Das Wüten der Sünde war kräfftig in vnsern Gliedern / spricht er / Darum̃ muß ja freylich die Erbsünde deß Menschen Wesen oder verderbte Natur selbst nicht seyn / sondern ein solcher Schaden / der kräfftig ist in den Gliedern deß Menschen / vnd der vns zum Bösen hefftig reytzet. Verstehet durch das Wort (Glieder) nicht allein Hände vnd Füsse / etc. sondern auch die Seele in allen jhren höchsten Kräfften / Verstand
vnd Willen. Item: So thue ich nun dasselbige nicht: sondern die Sünde / die in mir wohnet / dann ich weiß daß in mir / das ist / in meinẽ Fleisch / wohnet nichts guts / etc. Welcher Spruch abermal deutlich vnter dem Wesen oder Natur deß Menschen / vnnd vnter der Erbsünde vnderscheidet / daß / wer sich diesen Spruch nicht will weisen lassen / der will mutwillig verführet vnnd betrogen seyn. Dann Paulus nennet sich selbst / als ein Subiectum. Item / sein Fleisch / vnd sagt / in jhme oder in seinem Fleisch wohne nichts gutes / das ist / die Sünde. Darumb muß ja ein anders Paulus selbst / oder sein Wesen vñ Fleisch oder Natur seyn: Vnd ein anders das Böse / so darinnen wohnet / vnd jme dasselbige so schändtlich verderbet. Vnd abermals: Die Sünde erkannte ich nicht / ohn durchs Gesetze / dann ich wuste nichts von der Lust / wo das Gesetze nicht hette gesagt: Laß dich nicht gelüsten. Da nam aber die Sünde Vrsach am Gebott / vnd erregte in mir allerley Lust / etc. Der Streit ist: Ob die Erbsünde deß verderbten Menschen Natur vnd Seele selbst sey / oder aber eine Verderbung der Seelen / etc. Nuhn ist es vnzweiffelhafftig / da Paulus spricht: Ich erkandte die Sünde nicht / ohn durchs Gesetz / daß er nicht gemeynt hat / er habe durchs Gesetz erkandt / daß er eine Seele oder Menschliche Natur vnnd Wesen hab / etc. sondern von dem Schaden redet er / der in seiner Seelen oder Menschlichem Wesen war / daß er den nicht verstanden hab / ohne das Gesetz. Nennet auch die Sünde eine Lust. Da verstehet ja menniglich / daß die Substantz deß Menschen Natur oder Seele / vnnd die böse Lust nicht einerley sindt. Dann die Substantz der Seelen ist von Gott / die böse Lust aber vom Teuffel. Also spricht er auch desselben Ohrts: Wir wissen / daß das Gesetz geistlich ist / ich bin aber fleischlich / vnter die Sünde verkaufft.
Da S. Pauli Lehr were / daß die Erbsünde deß verderbten Menschen Natur vnd Seele / etc. selbst / so hette er müssen also schreiben: Ich bin mit Leib vnd Seel vnter meine Seel oder Wesen verkaufft / welches auch abschewlich zu hören.
Rom. 8. spricht er: Fleischlich gesinnet seyn / ist eine Feindtschafft wider Gott. Durchs Wort (Feindtschafft wider Gott) verstehet er freylich die Erbsünde. Feindtschafft aber wider Gott ist ja nicht deß Menschen verderbte Natur vnd Wesen selbst: sondern eineböse Art vnd Verderbung im Hertzen / Seel / Wesen oder Natur deß Menschen. Derwegen kan ja die Erbsünde nicht deß Menschen Natur oder Wesen selbst seyn: sondern ist eine schändtliche Verderbung / so derselben anhangt.
1. Johan. 1. spricht S. Johannes: Das Blut Jesu Christi seines Sohns reiniget vns von aller Sünde: Redet freylich auch von der Erbsünde / dieweil erspricht: von Aller Sünde: Darauß schleust sich aber vnwidersprechlich / daß das jenige die Erbsünde selbst nicht sey / davon das Blut Christi den Menschen oder sein Natur vnnd Wesen rein machet. Dann offenbar ists / daß der Sohn Gottes nicht erschienen sey / die Substantz oder Wesen der Seelen vnd Leibs zu tilgen / sondern viel mehr zu reinigen / zu heilen vnd selig zu machen / Die Erbsünde ist aber das Böse / von welchem vns das Blut Christi reiniget / derentwegen so ist sie nicht deß Menschen Natur vnnd Wesen selbst / sondern ein böser Anhang desselbigen.
1. Johan. 3. Die Sünde ist das Vnrecht: Peccatum est : Hie bedarff es nicht viel Wort: sondern es sihet jedermann / daß , das Vnrecht oder viel mehr die Vngerechtigkeit keine Substantz oder Wesen ist / oder daß es nicht so viel heist als deß Menschen Natur vnnd Wesen selbst / sondern als ein böser Zufall. Daß sie fürgeben / Anomia oder Vngerechtigkeit heisse so viel / als deß Menschen verderbte Natur vnnd Wesen selbst / ist eine schändtliche Verkehrung / die ein jeder für sich selbst mercken kan.
So spricht auch S. Johannes in gemeltem 3. Cap. Christus sey erschienen / daß er die Sünde wegnemme / etc. Was nuhn Christus vom Menschen wegnimpt / das ist ja sein Substantz oder
Wesen selbst nicht / oder ist sein Leib / Seele vnd Vernunfft selbst nicht: Sondern ist ein anhangendes Böses oder Vbel. Dann der Sohn Gottes ist nicht kommen / daß er die Substantz oder Wesen deß Menschen hinweg nemme oder vertilge / sondern daß er vnser Leib vnnd Seele selig mache / so kan ja deß Menschen verderbte Natur die Erbsünde selbst nicht seyn / sie verdrehen sich wie sie wöllen.
David Psalm. 51. da er betet: Tilge meine Sünde nach deiner grossen Barmhertzigkeit / bittet er freylich nicht / daß Gott sein Leib vnnd Seele vertilgen / sondern daß er die anklebende Sünde (welchs Wort Lutherus Heb. 13. gebraucht) seines Leibs vnd Seelen tilgen / oder jme gnädig vergeben vnd außfegen wölle.
Psalm. 25. bittet David: HERR gedencke nicht der Sünde meiner Jugent / noch meiner Vbertrettung / etc. da er freylich auch von der Erbsünde handelt. Nun sindt es ja vnterschiedene Sachen / das jenige / dessen Gott gedencken / vnd dessen er nicht gedencken soll. Davids soll der HERR gedencken / aber der Sünde seiner Jugendt / das ist / der Erb: vnd angebornen Sünde soll er nicht gedencken. Darvmb muß ja die Erbsünde deß Menschen Wesen / Leib vnd Seele selbst nicht seyn.
Also Psalm. 38. spricht er: Meine Sünde gehen vber mein Haupt / wie eine schwere Last sind sie mir zu schwer worden / etc. Da er auch von allen Sünden / vnd also auch von der Erbsünde redet. Da nu die Erbsünde deß Menschen Wesen / Natur / Leib vnd Seele selbst were / würde er nicht sprechen / seine Sünde giengen vber sein Haupt / vnd weren jhm als eine schwere Last zu schwer worden / etc. Dann sonst müst er sprechen: Mein verderbte Natur vnd Wesen / so die Erbsünde selbst ist / gehet vber mein Wesen vnnd Natur / vnd mein verderbte Natur vnd Wesen ist meiner verderbten Natur vnnd Wesen zu schwer worden / etc. Welches aber zumahl seltzam lauten wolte. Derwegen kan die Erbsünde deß Menschen Natur vnnd Wesen selbst nicht seyn.
Sondern ist ein Schade vnd grewlicher Jammer / der vber die Natur gehet / vnd als ein schwere Last dieselbige auffs allerhefftigste drücket vnd belästiget.
Matth. 1. erkläret der Engel / daß die Erbsünde nicht deß verderbten Menschen Natur vnd Wesen selbst sey. Dann er spricht außdrücklich / daß Jesus sein Volck werde selig machen von jhren Sünden. Die Sünde / spricht er / werde der Sohn Gottes wegnemmen / die Menschen aber werde er von Sünden selig machen. Daher auch August: de natura & gratia, cap. 20. recht colligiert: Peccata quippe, à quibus dicit Euangelion saluum faciendum populum Christi, Substantiae non sunt. Das ist: Die Sünden / von welchen das Euangelion sagt / daß Christi Volck soll selig gemacht werden / sindt nicht Substantiae, das ist / Wesen / etc.
1. Timoth. 1. spricht der Apostel: Christus Jesus sey in die Welt kom̃en / die Sünder selig zu machen / sagt nicht: Die Sünde selig zu machen / wie er dann müste gethan haben / wo er gehalten / daß die Erbsünde deß Menschen Wesen / Natur / oder Leib vnd Seele selbst were.
Dieser Sprücheweren / beyde auß dem alten vnd newen Testament / viel mehr wider die grewliche Lehr / daß die Erbsünde deß verderbten Menschen Natur vnd Wesen selbst sey / eynzuführen / wöllens aber an diesem Ohrt bey erzehlten Zeugnüssen bewenden lassen. Dann der Christliche Leser auß vorermelten gnugsam vernemmen kan / was er von deß Gegentheils Lehre halten soll / wann er sich nicht mutwillig will verführen vnd betriegen lassen.
Examen Irenaei. B. ij. fac. 2. Es beschüldigtaber das Gegentheil das Concordi Buch bald zum Anfang / als solte es keine außdrückliche Beschreibung der Erbsünde nach dem Gesetz Gottes setzen: Sondern erst im 6. Artickel / vom dritten Gebrauch deß Gesetzes / erklären / was Erbsünde sey / etc. Nun bedarff diese Calumnia nicht viel Widerlegens / sintemal der Artickel von der Erbsünde dermassen die Erbsünde / was sie eygentlich sey / auß vnd nach Gottes Wort beschreibet / daß
es nicht wol klärer in solcher Kürtze geschehen köndte / Dann pag. 259. fac. 1. setzet es diese Beschreibung. Daß die Erbsünde sey eine grewliche / tieffe / vnaußsprechliche Verderbung der Menschlichen Natur / Leibs / Seelen / vnd aller Kräfften / also daß der Mensch der Gerechtigkeit / darinnen er Anfangs erschaffen / mangele / in Geistlichen Sachen zum guten erstorben / vnd zu allem bösen verkehret / vnd das also auß solcher Verderbung vnd angeborner Sünde / so in der Natur stecket / auß dem Hertzen alle würckliche Sünde herfliessen / etc. Vnd ibidem fac. 2. vnd pag. 260. wird Stückweyse auß der Apologia der Augspurgischẽ Confession erzehlet / was die Erbsünde sey / etc. Wie solches der Christliche Leser an ermeltem Ort selbst lesen kan.
Sonderlich tadelt vnser Gegentheil auch / das im Concordi Buch in dem Artickel von der Erbsünde nicht eben die Wort 1. Johan. 3. angezogen: Die Sünde ist anomia, oder die Sünd ist alles / das wider dz Gesetz Gottes ist / vñ gibt für / daß auß diesem Spruch allein recht könne verstanden werden was die Erbsünde eygentlich sey: Nem̃lich / die Natur / Wesen / oder Leib vnd Seel deß verderbten Menschen selbst / sintemal dieselbe dem Gesetz zu wider sey / etc. Führet auch etliche Sprüch D. Lutheri ein / in welchen er bezeuget / das Sünde ist vnd heisset / alles was dem Gesetz oder zehen Gebotten Gottes nicht gemeß / sondern denselben zuwider ist / etc. Nu gestehet das Concordibuch / das Sünde sey alles was wider das Gesetz Gottes ist / auch daß die verderbte Natur dem Gesetz Gottes widerstrebe. Aber darauß schleust sichs noch lange nicht recht: Sünde ist alles was wider das Gesetz Gottes ist / die verderbte Natur ist wider das Gesetz Gottes: Ergo so ist sie die Erbsünde selbst. Vrsach ist diese / das Minor dieses Argumẽts nicht bestehet in Signo vniuersali. Deñ das verderbte Wesen im Menschẽ / ist wol dem Gesetz Gottes zu wider / ist aber darum̃ die Sünde selbst nicht / wie hernacher / außführlich soll dargethan werden. So stehet auch solchs weder in deß Apostels noch in Lutheri Wortẽ. Da es auch sonderlich
in vnd bey D. Lutheri angezogenen Worten im geringsten zubefinden / würde es das Gegentheil freylich nicht vorbeygangen: sondern mit grossen Versal Buchstaben darzu geschrieben / vnd mit hohen prächtigen Worten gescherffet haben.
Ist aber bey dieser Sophisterey erstlich zumercken / daß in dem Griechischẽ Text stehet das Wörtlein . Welchs so viel heist / als Vngerechtigkeit / nach welchem der Text also lauten müste / die Sünde ist die Vngerechtigkeit / welches am aller deutlichsten ist. Wir lassen zwar jhr Deutsch gerne Passiern / nemlich daß Sünde ist alles was wider Gottes Gesetz ist / brauchen es auch selbst / doch mit dem Vnterscheide / daß es nicht wider deß Apostels Wort vnd Meynung / als von jhnen geschicht / mißbraucht werde.
Da auch D. Lutherus den Spruch Johan. also verdeutschet hette wie jhn das Gegentheil führet: lieber Gott / wie würden sie drauff pochen vnd dringen. Nu er jhn aber nicht zu jhrem Vortheil verdolmetschet hat / sondern also: die Sünde ist das Vnrecht / schweigen sie fein stille / vnnd brauchen vnter deß einer solchen Version / die jhn zu jhrem Vortheil am bequemsten sein will. In Summa was darffs viel Wort / für Augen ist es / daß das Wörtlein oder Vngerechtigkeit für sich selbst / klar mit sich bringt / daß die Erbsünd deß Menschen wesen selbst nicht sey: Sondern die böse Vnart oder Vngerechtigkeit / böse Neygungen / Lüsten / Begierdẽ / Mangel der Erkändtnüß Gottes / Finsternuß im Verstandt / verkehrung deß Willens / vnnd die schendtliche Vnordnung deß Hertzens / etc. Derhalben auch wider die Papisten dieses recht vnd wol getrieben wirdt / daß Sünde ist / nicht allein Vnrecht thun / sondern auch / wie gemeldt / alle Vngerechtigkeit / Gottlosigkeit / Finstersternüß / Mangel vnd böse Lüsten im Menschen / so dem Gesetz zuwider ist.
Dabey aber lest es das Gegentheil nicht bleiben: Sondern tringet auff die Wort: Alles was streitet / oder was dem Gesetz zu-
wider ist / das ist Sünde. Vnd folget darauß: das Menschliche Wesen ist dem Gesetz zuwider oder streitet mit demselbigen / Ergo so ists die Erbsünde selbst. Da es billich wissen solte / daß minor dieses argumenti cum signovniuersali, mit nichten (als kurtz zuvor gemeldt) passiert. Confundiert also offentlich vnd müschet betrieglich vntereinan der die Menschliche Natur selbst / so fern sie jetzo auch nach dem fall / Gottes Werck / vnnd Geschöpff ist / vnnd die Erbsünde dadurch sie verderbt / vnd derwegen sie Gottes Gesetz zuwider ist / vnnd mit demselben streitet. Der Apostel aber vnterscheydet deutlich vnter der verderbten Natur / vnnd der Vngerechtigkeit / so jhr von Adam her angeboren. Spricht nicht: Die Sünde ist etwas das dem Gesetz zuwider ist / quiddam , Wie er denn hette thun müssen / wenn er deß Gegentheils Lehre hette bekräfftigen wöllen / Sondern spricht es sey , das ist Vngerechtigkeit. Vnnd kan kein rechter Christ sagen / das oder die Vngerechtigkeit / etwas wesentliches bedeute / oder von dem verderbten Wesen deß Menschen selbst müsse oder solle verstanden werden.
Also lassen wir D. Lutheri Wort / da er schreibet / dieTom 1. Je nensi fol. 303. vnnd anderstwo. Sünde könne eygentlicher nicht genennet werden / denn das / was wider Gottes Gesetz ist / etc. gerne zu. Aber die folgerey so Lutherus selbst nicht hinzu setzt / sondern sie D. Lutheri Worten antichten / gestehen wir jhnen keines Weges / Sintemal / wann man eygentlich reden will was die Erbsünde sey / mit nichten kan gesagt werden / daß sie deß Menschen verderbte Natur vnnd Wesen selbst sey / Sondern viel mehr muß man sagen / das sie sey eine Verderbung der Natur oder Menschlichen Wesens / denn das verderbte Wesen oder verderbte Natur / vnnd die Verderbung Corrupta natura, & corruptio sind nicht eines sondern zweyerley / wie auch die Kinder in Schulen wissen vnnd verstehen / so die adiectiua vnnd substantiua voneinander scheiden können.
Das es wol zu erbarmen ist / das solche Leute auff diesen nichtigen Grundt also hart dringen / vnd so viel fürnehmer Leut sich auch darmit sollen bethören lassen.
Ja spricht vnser Gegentheil: Die Concordia gestehet vnnd muß bekennen / daß vnser Natur vnd Wesen verderbt sey / vnd wider Gottes Gesetz feindtlich strebt / ziehen deß auch etliche Zeugnüß darauß an / Ergo so muß es ja auch gestehẽ / das vnser verderbte Natur die Sünde selbst sey. Darauff ist zuwissen / das wir gemelter Wort gern gestehen / nem̃lich das Menschlich Natur vnd Wesen verderbet sey. Wir beklagen vns aber hergegen nicht vnbillich vber jhre schendtliche vnnd nichtige folgerey / so sie darauß anstellen. Dann lieber wie schleust sich daß: Menschlich Natur vnd Wesen ist verderbt / Ergo so ist sie die Verderbung oder Erbsünde selbst. Die Schüler so nur ein wenig jhr Dialecticam studiert / sehen das es Kindisch vnd vnrecht geschlossen sey. Dann sie wissen wie kurtz zuvor gemeldt / daß in solcher Volgerey adiectiuum & substantiuum das ist / die Natur oder Wesen selbst so verderbet ist / vnnd die Verderbung derselben / natura & corruptio / zur Vnbilligkeit ineinander vermengt werden / welche doch sollen vnd müssen von einander gescheideñ seyn / mann wölle dann mutwillig eine Babel oder Vermischung der Wörter vnnd Sprachen einführen / vnd also auß weiß schwartz machen.
C. ij. fac. 1. Vnnd folgendts / etc. Solcher Gestallt zeucht es auch Sprüche auß der Concordien an / daß vnser Hertz in seinen höchsten Kräfften stracks wider GOtt gesinnet sey / Item deß Natürlichen Menschen Hertze / sey von GOTT nicht allein abgewendet / sondern auch wider Gott zu allem bösen verkehret / etc. Vnnd was dergleichen mehr sind. Vnnd will darauß erzwingen / Ergo so sey das verderbte Hertz die Erbsünde selbst. Da verstehet Männiglich was dieses für eine nichtige folge sey. Daß deß Menschen Hertz wider Gott sey / daß es von Gott abgewendt / vnd wider jhn
gerichtet sey zu allem Bösen / lassen wir gerne zu / vnd ist die vnwandelbare Warheit: Daß es aber darumb die Erbsünde selbst sey / können wir diesen Leuten nicht zulassen: Vrsach ist / daß viel ein anders ist / verderbt oder verkehret seyn / vnd die Verderbung oder Verkehrung selbst seyn. Das menschliche Hertz ist verderbt durch die Erbsünde / Genes. 6. Psal. 14. Es ist aber darumb nicht die Verderbung selbst. Dann solches leidet weder die Art zu reden / wie fromme Hertzen leicht verstehen / noch die Schrifft oder Warheit selbst.
Also bekennet die Formula Concordiae, daß die Erbsünde warhafftig Sünde / ja die Hauptsünde vnd Wurtzel aller wircklichen Sünde sey: Item / daß auß dem verderbten Hertzen alle wirckliche Sünde herfliessen: Item / daß die Vernunfft vnd Verstandt im Menschen Vnwissendt / Blindt / Verkehrt / etc. sindt. Aber auß dem allem läst sichs (wie das Gegentheil fürgibt) keines wegs schliessen: Ergo, so ist die verderbte Natur / das verkerte Hertz / der blinde vnd verkehrte Verstandt / etc. die Erbsünde selbst. Dann es bleibt für vnd für der Vnterscheid / vnder dem das verderbt ist durch die Sünde / Nem̃lich / vnter deß Menschen verderbten Hertzen vnd Verstandt / vnd vnter der Verderbung selbst. Das Wesen deß Hertzens / etc. ist verderbt / aber die Verderbung selbst ist es nicht: Dann wann es die Verderbung selbst were / köndt nicht recht darvon gesagt werden / daß es verderbt were / gleich wie nicht recht könte gesagt werden / deß Menschen Natur oder Leib ist mit der Pestilentz behafft / eyngenommen / vnd gefährlich vergifftet vñ verderbt / wann sein Natur vnd Wesen / die Pestilentz selbst oder wesentlich were. Aber bey EhristlichChristlich verständigen Hertzen / darff dieses nicht viel Wort / vnd müste der gantz verruckt seyn / der solchen Vnterscheidt nicht verstehen solte / noch muß es diesen Leuten eitel lautere Vnwarheit seyn. Aber Gott wirt sie zu seiner Zeit wol finden.
Gibt das Gegentheil für / Cui tribuitur propria definitio, eiD. 1. fa. 2. etiam tribuitur definitum & contra. Wer da zugibt / daß deß
Menschen gantz verderbte vnd verkehrte Natur vnnd Wesen dem Gesetz Gottes zu wider ist / der müsse auch zu geben / daß solche gantz verderbte / vnd dem Gesetz widerstrebende Natur vnd Wesen deß Menschen Sünde sey / etc. Vnnd meynet / dieser Grundt könne nicht vmbgestossen werden. Aber es ist leicht hierauff zu antworten / die erste Rede sey wahr / nem̃lich / daß deß Menschen gantz verderbte Natur dem Gesetz Gottes zu wider sey / etc. Aber die ander so sie darauß folgen wöllen / sey nicht wahr. Vrsach ist / daß die Natur oder Wesen deß Menschen / als es von GOtt erschaffen ist / nicht für sich selbst wider Gottes Gesetz streittet: Sondern vmb vnnd von wegen der jämmerlichen Verderbung willen / damit sie durch Adams Fall behafftet vnnd beladen ist. Wann die Natur als Gottes Geschöpff / an vnd für sich selbst Gottes Gesetz zu wider were / so schlüsse sichs recht / daß sie die Erbsünde selbst were. Weil aber das nicht wahr ist / sondern sie ist dem Gesetz GOttes darumb vnnd daher zu wider / dieweil sie durch die Erbsünde verderbet ist / so schleust sichs auch nicht recht / daß sie die Erbsünde selbst sey. Solches will aber das Gegentheil weder hören noch sehen. Nuhn müssen wir Blinde lassen blindt seyn / biß so lang sie Gott sehend machet.
Thun demnach recht daran / daß wir in rechtem Verstandt zugeben / daß alles was wider das Gesetz streitet / Sünde sey / verstehe so ferrn / als es an vnnd für sich selbst wider das Gesetz streitet. Vnnd doch nicht zulassen / daß das Menschliche Wesen / oder die verderbte Natur / die Erbsünde selbst sey / alldieweil die Natur nicht sim pliciter an vnnd für sich selbst / als ein Natur vnnd Geschöpff wider GOttes Gesetz streitet: Sondern von deß wegen / daß sie durch die Erbsünde durch vnd durch verderbt ist. Vnnd derhalben ein Vnterscheidt vnter der verderbten Natur vnd der Verderbung damit sie behafft / daher sie auch wider Gottes Gesetz zu streiten angetrieben wirdt / ist vnnd bleibet. Vnnd ist ein lauter Gedicht / daß
wir sollen das antecedens bonae consequentiae, passieren lassen / das consequens aber antecedentis in bona consequentia verneinen. Dann wir beweisen vnwidersprechlich / daß das Antecedens, wann es ein bestendiger Grundt dieses Arguments seyn solte / also heissen müste: Alles was an vnd für sich selbst wider Gottes Gesetz streitet / das ist Sünde / vnd müste darauff gesagt werden / die Natur deß Menschen streitet an vnd für sich selbst / als eine Natur / wider Gottes Gesetz / darumb ist sie die Sünde selbst. Da sihet jedermann daß der Minor oder die ander Propositio falsch sey / dann die Natur deß Menschen nicht an vnd für sich selbst / als eine Natur oder Substantz vnd Geschöpff Gottes / wider Gottes Gesetz streitet / sondern von wegen der Verderbung / damit sie verderbet ist. Wer darauff acht gibt / kan deß Gegentheils Irregeist vnd Betrug leichtlich mercken vnd verstehen. Vnnd so viel vom ersten Theil.
Der II. Punct.
Widerlegung der Grün de / damit das Gegentheil erweisen will / Daß kein Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur / vnd zwischen der Erbsünde sey / vnd Christlicher Beweiß / daß gemeldter Vnderscheidt solle vnd müsse in der Kirchen Christi / auß vnd nach Gottes Wort steiff vnd fest behalten werden.
D. 4. fa. 1. vnd hernach. HIE vnderstehet sich das Gegentheil abermals (aber vergeblich) auß dem Concordi Buch selbsten zu erzwingen / daß die Menschliche Natur / oder verderbte Wesen vnnd Erbsünde ein Ding / vnd mit nichten vnderschieden sey.
Bringt erstlich diesen Grundt: Das Concordi Buch gestehet / der Mensch sey Anfangs zu Gottes Bilde / das ist / gantz Heilig / rein vnd Gerecht erschaffen.
Darauß aber sey zu verstehen / daß nicht nur etwas sonderlichs oder vnderschiedenes am Menschen / sondern der gantze Mensche mit Leib vnd Seel zu Gottes Bilde / das ist / wesentlich / heilig erschaffen sey / etc.
Auß welchem dann ferrner folge / daß der gantze Mensch selbst / oder sein gantze Natur vnd Wesen für dem Fall Gottes Bilde oder die Erbgerechtigkeit / das ist / durchauß vnd allerding wesentlich heilig / etc. gewesen.
Die Application läßt es aussen / nem̃lich weil der Mensch für dem Fall / wesentlich an Leib vnd Seel selbst Gottes Eben Bildt
gewesen / so müsse auch nun mehr nach dem Fall der Mensch selbst nach seinem Wesen / eine wesentliche Larue deß Sathans / vnd also die Erbsünde selbst worden seyn.
Diesen Grundt müssen wir ein wenig besehen. Daß der Mensch zu Gottes Bilde Anfänglich / das ist / gantz rein vnd gerecht erschaffen sey / ist kein Zweiffel / dann die Schrifft / Genes. 1. vnd. 2. bezeugt das.
Eben dieselbige Schrifft bezeuget auch Ephes. 4. daß nicht deß Menschen Natur oder Wesen / oder deß Menschen Hertz / Seele / Verstandt vnd Wille / welche wesentliche Theil deß Menschen sindt / selbsten das Bilde Gottes wesentlich gewest: Sondern das Bilde Gottes sey gewest rechtschaffene Gerechtigkeit vnd Heiligkeit / in welchen der Mensch erschaffen ist.
Nuhn verstehet sichs selbst / daß ein anders sey / nach Gottes Bilde erschaffen seyn / vnd wesentlich an Leib vnd Seel das Bilde GOttes selbst seyn. Der Mensch ist zwar nach GOttes Bilde gantz heilig / rein vnd gerecht erschaffen. Er ist aber darumb die Heiligkeit / Reinigkeit vnd Gerechtigkeit selbst wesentlich nicht gewest. Heilig / rein vnd gerecht seyn / vnd die Heiligkeit / Reinigkeit vnd Gerechtigkeit selbst wesentlich seyn / sindt nicht einerley / sondern vnderschiedene Sachen. Die Heiligkeit / Reinigkeit vnd Gerechtigkeit sindt in dem Menschen / oder in seiner Seel / als in einem Subiecto gewest / aber nicht die Natur deß Leibs vnnd der Seelen selbst. Mensch seyn / nach Gottes Bilde erschaffen seyn / heilig / rein / gerecht vnnd Grundtgut seyn / oder in rechtschaffener Gerechtigkeit vnd Heiligkeit erschaffen seyn / sollen vnd müssen vnterschieden / vnd nicht für eines genommen werden.
Ob nuhn wol die Schrifft oder Moses / Genes. 1. nicht sagt / daß etwas vnderschiedenes am Menschen / heilig vnnd rein von Gott erschaffen sey / sondern der gantz Mensch / etc. So sihet doch menniglich auß Mosis Worten / da er Genes. 1. spricht: Daß Gott den Menschen jhm zum Bilde geschaffen / etc. Daß er vnterscheide
zwischen dem Menschen so viel sein Wesen / Leib vnd Seel belangt / vnd dem Bilde Gottes / dazu er erschaffen. Darumb nennet er zweyerley / den Menschen mit Leib vnnd Seel / als das Subiectum, das nach Gottes Bilde erschaffen / vnd das Bilde Gottes / zu welchem er erschaffen ist. Wie solchs auch auß der jäm̃erlichen Verlierung deß Bildes Gottes zuvernemmen ist / da freylich ein anders ist der Mensch / welcher Gottes Bilde verloren / vnnd das Bilde Gottes / so vom Menschen ist verloren worden.
Paulus aber machets noch deutlicher / da er Eph. 4. wie gemeldt / vom Bilde Gottes nicht sagt / daß es der Verstandt der Seelen / oder Wille selbst wesentlich sey / sondern rechtschaffene Gerechtigkeit vnd Heiligkeit / nach welcher der newe Mensch von Gott erschaffen sey. Mit welchen Wortẽ er klar bezeuget / daß der Mensch so viel sein Natur vnd Wesen anlangt / nicht das Bilde Gottes selbst sey / sondern daß das Bilde Gottes / welches ist rechtschaffene Gerechtigkeit vnd Heiligkeit / im Menschen sey / vnd der Mensch darzu oder darnach erschaffen sey.
Derwegen es nicht recht geschlossen ist: Der Mensch ist nach Gottes Bilde anfänglich rein vnd heilig erschaffen: Ergo, so ist er wesentlich das Bilde Gottes selbst gewest. Dann ein anders ist der Mensch nach Gottes Bilde erschaffen / vñ das Bilde Gottes / nach welchem er erschaffen ist. Wie dann auch ein anders ist / rein oder heilig vnd Grundtgut erschaffen seyn / vnd die Reinigkeit oder Heiligkeit selbst seyn. Rein vnd heilig seyn / zeigen auff ein Subiectum, in welchem Reinigkeit vnd Heiligkeit sindt / vnnd bedeuten nicht die Reinigkeit oder Heiligkeit selbst / wie menniglich verstehet.
Wann nun deß Gegentheils Grundt bestehen solte: so müste er also lauten:
Warnach der Mensch Anfangs erschaffen ist / das ist er auch selbst wesentlich:
Der Mensch ist Anfangs nach Gottes Bilde erschaffen:
Darumb so ist er auch das Bild Gottes selbst wesentlich / oder:
So ist das Bildt Gottes das Menschliche Wesen / Leib vnd Seele selbst.
Nuhn ist die erste Propositio nicht simpliciter oder durchauß wahr / daß der Mensch wesentlich das sey / darnach er erschaffen ist. Dann wo das solte wahr seyn / müsten der Mensch vnnd das / nach welchem er erschaffen ist / durchauß einerley seyn / das ist aber falsch vnd vnrecht / darumb auch Moses selbst den Menschen / vnnd das Bilde / zu dẽ er erschaffen ist / vnterscheidet / in dem er den Menschen vnd das Bilde / nach dem er erschaffen ist / vnderschiedlich nennet.
Item / Wann diese Propositio bestehen solte / so müste folgen / das Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / in welchen das Bilde Gottes stehet / vnd deß erschaffenen Menschen Natur vnd Wesen / oder Leib vnnd Seel selbst ohne Vnderscheidt einerley weren / welches durchauß nicht wahr ist. Sintemal die Wort Gerechtigkeit vnnd Heiligkeit kein Wesen bedeuten / sondern etwas daß im Wesen oder im Menschen vnd seiner Natur oder Seele ist.
Kan also deß Gegenthels Grundt mit nichten bleiben / sonder muß hernider fallen.
Wie es dann auch selbst sich mercken läst / da es concludiert vnnd spricht: Darauß klar / daß der gantze Mensch selbst / oder sein gantz Natur vnd Wesen vor dem Fall / Gottes Bilde oder die Erbgerechtigkeit / das ist durchauß vnd allerding Grundgut / wesentlich / heilig / gerecht / dem Willen vnd Gesetz Gottes gleichförmig vnnd vnsterblich gewesen / etc. Da die Conclusio viel mehr also lauten müst / wann jhre Grillen solten stadt haben: Darauß folgt / daß der gantze Mensch oder sem gantz Natur vnd Wesen vor dem Fall / wesentlich Gottes Ebenbilde selbst gewest / vnnd nicht also wie sie formieret. Dann durchauß rein vnd gut seyn / gerecht vnnd heilig seyn / vnd wesentlich die Reinigkeit / Gütigkeit / Gerechtigkeit vnnd Heiligkeit selbst seyn / sindt weit von einander vnderschieden / vnnd werden nim̃ermehr einerley Dinge oder Sachen / Welches so klar vnd wahr ist / daß es auch ein Blinder / wie man sagt / an der Wandt greiffen köndte.
Der ander Grundt / welchen vnser Gegentheil fürbringt / ist dieser: Das Concordi Buch gestchet an vielen Orten / daß deß Men schen Natur vnd Wesen so gantz vnd gar verderbt sey / daß in geistlichen Sachen nichts gutes oder gesundes / auch nicht ein Füncklein gutes mehr an derselben vbrig sey / etc. Ergo, so muß es auch gestehen / daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur / vnd der Erbsünde selbst sey.
Sünde vnd Schande ist es für Gott / daß man in dieser grossen Sach also spielen soll. Dann menniglich sihet / daß es vnderschiedene Ding sindt / gantz verderbt seyn / vnd die Verderbung selbst seyn. Daß die Menschliche Natur durch vnd durch gantz vñ gar verderbt sey / das lehren vnd bekennen wir im Concordi Buch beständig vnd von Hertzen. Daß wir aber darumb vnd daher mit diesen Leuhten schliessen vnd schwermen solten / die gantz verderbte Natur sey die Verderbung oder Erbsünde selbst / können wir nit thun / wir wolten dann der öffentlichen vnd greifflichen Warheit widersprechen / vnd Lügen Warheit heissen.
Gleichfalls gestehen wir gerne / daß der gantze Mensch in seinem ersten Fall mit Leib vñ Seele gesündiget habe. Item / daß der gantze Mensch geistlich zum Guten erstorben sey / Daß durch Adams Fall Menschlich Natur vnd Wesen gantz verderbt sey / etc. Aber darauß folgt nicht / wie das Gegentheil gern erzwingen wolte / daß das verderbte Wesen oďverderbte Natur deß Menschen / die Verderbung oder Erbsünde selbst sey. Dz folgt wol / der gantz Mensch hat gesündiget: Ergo, so ist er gantz sündig oder vnrein vñ verderbt. Aber nicht die Sünde / Vnreinigkeit vnd Verderbung selbst wesentlich. Dañ viel ein anders ist gantz sündigen mit Leib vñ Seelen / vnd wesentlich gantz die Sünde vnd Vnreinigkeit selbst seyn.
Das ist recht geredt: Der gantze Mensch sey geistlich zum Guten erstorben: Aber das schleust nicht. Ergo, so ist der Mensch wesentlich zur Sünde selbst worden. Zum Guten erstorben / vnd wesentlich die Erbsünde selbst worden seyn / sindt so weit von einanď vnterschieden / als der Auffgang vom Nidergang.
Wie dann dieses auch wahr vnd recht ist: Durch Adams fall ist gantz verderbt Menschlich Natur vnd Wesen / das aber darauß folgen solte: Ergo, so ist die verderbte Menschliche Natur vnd Wesen / die Verderbung vnnd Verkerung selbst / reymet sich eben / wie der Schne zum Glocken giessen.
Daß / wie Lutherus in Genesi redet / Totius naturae facta sit immutatio, &c. Die gantze Natur durch dẽ sall Adae verendert sey / ist recht / dann der Reinigkeit / Heiligkeit vnd Gerechtigkeit der Natur sind gefolget Vnreinigkeit / Vnheiligkeit / vnd Vngerechtigkeit / vnnd ist die Natur / die vor dem Fall rein / heilig vnnd gerecht gewest / nach dem Fall vnrein / vnheilig vnnd vngerecht worden / aber nicht die Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnd Vngerechtigkeit selbst. Dann D. Lutherus selbst Genes. cap. 3. schreibet: Manet natura, manent eadem membra, sed multis modis vitiata. Es bleibt die Natur vnd alle Gliedmaß / aber sie sind in viel Wege jämmerlich zerrüttet vnd verderbet. Das aber die Natur durch den Fall wesentlich in die Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnd Vngerechtigkeit selbst solte verwandelt sein / ist ein Pur lauter Gedicht deß Gegentheils / welchs sie in alle Ewigkeit nicht erweisen werden.
Also ist recht daß D. Lutherus in der Vorrede der Epistel an die Römer schreibt: Sünde heist nicht allein / das eusserliche Werck am Leibe / sondern alle das Geschefft das sich mit reget zu dem eusserlichen Werck / nem̃lich deß Hertzen Grundt mit allen Kräfften / etc. Aber das heist noch lange nicht / das Hertz ist die Erbsünde selbst wesentlich. Dann allweg ein anders ist das Hertz / vnd daß sich im Hertzen wegen der Verderbung desselben reget / oder derentwegen das Hertz zum argen geneigt ist / vnd würckliche Sünde thut.
So verhelt sichs auch mit dem Scholio marginali D. Luthers Roman. 3. da er schreibt / daß alles Sünde ist / was nicht durch das Blut Christi erlöset / etc. Denn Lutherus da das Wörtlein / Sünde / braucht für das Wort / sündig / oder schüldig sein der ewigen Verdamniß. Wie es denn wahr ist / das alles was durch Christi Blut
nicht erlöset ist / Sünde / das ist / sündig / verderbt / vnd der Verdamniß vnterworffen ist. Daß aber dar auß recht solt geschlossen werdẽ: Es ist alles Sünde / was durch Christi Blut nicht erlöst ist / Ergo so ist deß verderbten Menschen Natur / Wesen Leib vñ Seel die Sünde selbst / Das sagt D. Lutherus nicht / sondern das Gegentheil dichtet jhm solchs fälschlich auff. Dann Genes. 38. erkläret er sich außdrücklich das Sünde vnnd Todt im Menschen mala separabilia sind / das ist / solche Schäden / so können von deß Menschen Natur gescheiden werden / welchs er nicht würde gesagt haben / wo fern er eygentlich gehalten / daß die Erbsünde deß verderbten Menschen Natur vnd Wesen selbst were.
Das D. Lutherus Psal. 51. spricht: Sünde ist alles was von Vatter vnd Mutter geboren wirdt. Item / Sünde ist mein gantze Natur vnd Wesen / etc. hat eben den Verstandt / wie kurtz zuvor gemeldet / daß die gantze Natur sündig / das ist / durch die Sünde verderbet / Gottes Zorn / der Tyrañey deß Sathans / verfluchung deß Gesetzes / dem Tode vñ ewiger Verdamniß vnterworffen sey. Vñ daß dieses D. Lutheri Meynung sey / erscheinet darauß / daß er bald darauff an gemeltem Ort diese Wort setzet: Tota natura primum per peccatum corrupta & aeternae morti subiecta est: Die gantze Natur ist erst durch die Sünde verderbt / vnd dem ewigen Todt vnterworffen. Dar auß zu vornemen / daß wenn D. Lutherus schreibet: Das alles sey Sünde was von Vatter vñ Mutter geboren ist / vnd Sünde sey seine gãtze Natur / etc. dz er anderst nichts damit verstehe / dañ daß er mit folgendẽ Worten sagt: meine gantze Natur ist durch die Erbsünde verderbet / vnd das er abermals an gemeltẽ Ort schreibet: Dauid sic definit peccatũ ut significet peccatũ esse corruptionem omnium virium, interiorũ & exteriorum, adeo vt nullum membrum ita officium suum nunc faciat sicut in paradiso ante peccatum, &c. Dauid defimert die Erbsünde also / das sie sey eine Verderbung aller Kräfften im Menschen / der jnnerlichen vnd eusserlichen / also daß kein Glidt mehr sein Ampt dergestalt verrichte / wie es im Paradiß vor der Sünde gethan hat.
Eben also verhelt es sich mit den Sprüchen / welche das Getheil / auß D. Lutheri seiner Kirchen Postill / Psal. 51. 1. Tom. Islebiensi pag. 470. vnd auß der Haußpostill am tage Johannis deß Täuffers anzeucht. Dañ sie alle miteinander dahin deuten / daß die Menschliche Natur durchauß sündig / oder durch die Sünde verderbt sey. Daß aber deß Menschen Natur vñ Wesen / reipsa wesentlich vnnd in der that solte die Sünde selbst sein / das sagt D. Luther nicht / ist auch seine Meynung nicht: Sondern weil die Schullehrer vnter dem Bapstumb die Erbsünde verkleinert haben / vnnd nur einen schlechten gemeinen Schaden darauß gemacht haben / dadurch die naturalia oder die Natur vnd Kräfften derselben nicht solten verderbt / sondern gantz vnuerderbt gebliebẽ sein / hat D. Lutherus solche emphatica verba gebraucht / vnnd die Natur die Sünde selbst genandt / nicht das er hielte / das sie / eygentlich zu redẽ / die Sünde selbst wehre / sondern anzuzeygen / das sie durch die Sünde durch vnnd durch / gantz vnd gar verderbet / vnd daß nicht alleine die würcklichen Sünden / Sünde wehren / sondern auch das vbel oder der Schade / der vns allen von Adam angeborn wirdt / vnd damit die Natur selbst durch vnd durch verderbt ist / Daher sie auch sündiget / vnd würckliche Sünde herfür bringt.
Diese Meynung hat es auch mit den Worten D. Lutheri / so auß dem 3. Capitel / an die Galater Tom. 4. eitiert werden: Der Mensch ist nicht allein adiectiuè & concretiuè ein Sünder / sondern auch substantiuè & abstractiuè die Sünde selbst / das ist / durchauß / durch vnd durch voller Sünde: dann Lutherus alda nicht eygẽtlich redet / was die Sünde sey / auch nicht lehret daß der Mensche oď die Menschliche Natur / eigentlich zu redẽ / die Sünde selbst sey: Sondern Figürlich / oder wie mans in Schulen nennet per Epitasin, wie dann solchs auß seinen eygenen Worten zu sehen ist / Welche also lauten: Cum peccator reuera venit in notitiam sui, non solum sentit se peccatorem concretiuè seu adiectiuè, sed etiam abstractiuè seu substantiuè, hoc est, non solùm videtur sibi cala-
mitosus, sed ipsa calamitas, non solum peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum. Vt & in latina lingua, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / ein Sünder wenn er rechtschaffen zu seim selbs Erkäntniß kompt / bedünckt jhn nicht alleine das er ein Sünder sey / concretiuè seu adiectiuè, oder Sündig sey vnd Sünde habe: Sondern auch abstractiuè seu substantiuè, das ist / Es bedünckt jhn nicht alleine / das er ein elender Mensch sey / sondern das Elendt selbst / vnd nicht allein / daß er ein Sünder sey / sondern die Sünde vnd der Fluch selbst. Als wenn wir in der Lateinischen Sprach anzeigen wollen / daß einer ein sehr arger vnd böser Schalck sey / nennen wir in scelus die Schalckheit oder Boßheit selbst.
Zwey Stück sind in diesen Worten Lutheri / darauß wie er seine Wort wölle verstanden haben / kan erkent werden. Das erste ist / das er spricht: Wenn der Sünder rechtschaffen zu seim selbst Erkäntnüß kompt (sentit videtur) so bedünckt jnen / es ist jhm also zu sinn oder muht nicht alleine / als sey er ein Sünder: sondern es dünckt jhnen von wegen der grossen Trawrigkeit vnd Anfechtung die er in seinem Hertzen empfindet / als sey er die Sünde selbst. Das ander das er spricht / wenn man den Menschen die Sünde selbst nennet / geschehe das nicht eigentlich / das man wölle das er die Sünde selbst sey: sondern es geschehe also oder auff die Weise / als wenn man in der Lateinischen Sprache / einen argen Schalck / den man sehr schelten will / nicht scelestum einen Schalck heisset / sondern scelus / das ist die Boßheit selbst. Wann diese zwey Stück erwogen werden / ist leicht zu vrtheilen das Lutherus hie nicht propriè eigentlich / sondern Figürlich oder per Epitasin den sündigen Menschen die Sünde selbst genandt habe / nem̃lich weil er sich in hohen Anfechtungen also bedüncken lest / er sey nicht alleine ein Sünder / sondern die Sünde selbst / etc. nicht das er eigentlich zu reden die Sünde selbst were.
E. iiij. fac. 2. Wirdt die schöne Gleichnüß fürbracht: Wann einer fürgebe /
ein Eisen Huffnagel ist durch vnd durch Eisen / etc. Vnd wolt doch gleichwol ein Vnterscheid machen zwischen dem Huffnagel vnd Eysen / der thet Vnrecht: Also sey es auch mit der Erbsünde / Weil wir bekennen daß die Natur mit der Sünde durch vnnd durch verderbet sey / vnd wöllen doch nicht bekennen / das sie die verderbte Natur selbst sey / so könne solchs nicht bestehen. Vnnd was derselben Gleichnüssen vom jrrdischen Hafen / vom Kamb / vom Strick / etc. mehr angezogen.
Darauff ist vnser bestendige Antwort / daß Eyserne Huffnägel vnnd Eysen einerley Materien sindt / darumb wer bekendt daß Eyserne Huffnägel durch vnd durch Eysen sindt / der kan keinen Vnterscheidt / so viel die Materiam anlangt / zwischen Huffnagel vnd Eysen machen. Aber dieses tölpische Gleichnüß / wie auch die andern / reimen sich zu dieser controuersien oder SreitStreit von der Erbsünde gar nichts. Vrsach ist / denn deß Menschen verderbte Natur / vnd die Verderbung oder Erbsünde selbst / sind nicht einerley Materien Substantz oder Wesens / wie die Huffnägel vñ das Eysen / sondern sind vnterscheiden. Der Schmidt schmiedet die eyserne Huffnägel anß dem Eysen / die Erbsünde aber ist nicht auß vnser Natur / Substantz oder Wesen als einer Materia gemacht / sondern ist in dieselbige kommen / Rom. 5. Vnd ist mit nichten mit derselben einerley Materien Substantz oder Wesens / wie die Eyserne Huffnägel mit dem Eysen.
Aber wie das Gleichnüß ist / so sindt auch die Sachen / so solche vngehewre Leut verteidigen.
Vns ist auch / Gott lob / Vnuerborgen / daß die Eytelkeit vñF. jo fac. 2. Blindheit deß Hertzen / davon Eph. 4. geschrieben stehet / nicht ein halbe / zerstückte oder zertheilte Finsternüß ist / sondern eine gantze / etc. Wie reimet sichs aber / darauß folgern wöllẽ: Ergo so ist die verderbte Natur / oder Seele die Eytelkeit / Blindtheit oder Finsterniß selbst. Dann der Sinn oder Hertz deß Menschen / vnd die Eytelkeit oder Blindtheit darinnen / sind ja nicht einerley / sondern vnter-
schieden. Der Siñ oder Verstandt ist ein wesentlich Theil der vernünfftigen Seele / vnd ist wol / wie der Apostel recht redet / eytel vnd verfinstert / ist aber darumb nicht die Eytelkeit vñ Finsternüß selbst / wie diese Tichter tichten.
F. ij. fac. j. Das Concordi Buch brauchet / pag. 259. wol die Art zu reden / deß Menschen Natur vnd Person ist sündig / aber pag. 263. 264. erkläret es auß D. Luthero was es darmit meyne: Nem̃lich daß nicht allein die Wort / Gedancken vnnd Werck im Menschen Sünde sein / sondern daß die gantze Natur / Person vnnd Wesen deß Menschen durch die Erbsünd zu Grundt gäntzlich verderbt sey.
F 2. fac. j. Auff diese Weise behelt es auch die Art zu reden: Wir sind selbst sündig / aber darauß folgt keines Weges (wie das Gegentheil tringet) Ergo so sind wir wesentlich die Sünde selbst. Dann sündig sein / vnd die Sünde selbst wesentlich sein / sind nicht einerley.
So nennet auch das Concordi Buch pag. 262. vnsere Natur eine sündliche Massam, aber nicht in dem Verstande / welchen das Gegentheil drauß erzwingẽ will / nem̃lich / das vnser Natur wesentlich die Sünde selbst sey. Dann eine sündtliche oder verderbte Massa oder klumpẽ der Sündẽ seyn / vñ die Sünde selbst wesentlich seyn / bleiben für vñ für vnterschieden vnd werden nimmermehr einerley.
Gleich also verhelt es sich auch mit den Worten deß Concordi Buchs pag. 260. fac. 1. daß wir von Art vnd Natur solch Hertz / Sinn vnd Gedancken auß Adam ererben / welchs nach seinen höchsten Kräfften stracks wider Gott ist / etc. Darauß vnser Gegentheil schliessen will / daß vnser Hertz natürlich oder wesentlich die Sünde selbst sey. Dann die Wörtlein Art vnd Natur / nicht das wöllen / daß vnser Natur vnd Wesen die Erbsünde selbst sey: Sondern daß wir nun mehr von wegen der Verderbung / so vns von Adam ange. boren / diese böse Vnart im Hertzen oder vnser Natur haben / daß wir Gott widerstreben. Nicht / wie gemeldt / daß vnser Art vnnd Natur die Erbsünde selbst sey / vnd daß die Wörtlein (Art vnd Natur) da so viel heissen sollen / als das Wesen vnser Natur selbst / sondern die
Vnart die nun mehr nach dem Fall darinnen verborgen ist / daß gleich wie wir von vnsern Eltern die Natur oder Wesen erben / also erben wir auch zugleich mit die sündige Art / damit die Natur wegen deß Falls Adae vergifftet vnnd verderbet ist. Wie solchs auch pag. 263. fac. 2. deutlich im Concordi Buch erkläret wird.
Wendet das Gegentheil ein / Moses vnnd Christus nennenF. 3. fac. j. nicht ein vnterschieden Art in Vngläubigen Menschen / sondern nennen die Vngläubigen Menschen selbst eine böse Ehebrecherische Art vnd Schandtflecken. Es ist aber vnleugbar / daß in solchenDeut. 5. Cap. 32. Matt. 12. Sprüchen der Schrifft das concretũ oder subiectum, das ist / der Mensch selber mit Leib vñ Seele / in welchem die Sünde oder Verderbung ist / genent wirdt. Vnd daß solchs vom gantzen Menschen recht vnd wol gesagt wirdt / von wegen der Verderbung / damit die Menschliche Natur beschmitzt ist. Deñ daß die Menschen eine verkerte Art sindt / von Gott abfallen / Item eine Ehebrecherische Art / ist nicht ein anzeygung daß die Menschliche Natur wesentlich die Verkehrung oder Schande selbst sey / sondern / daß sie von wegen der angebornen Verkehrung vnd Vnart / Schandflecken / verkehret / abfellig vnd Ehebrecherisch sind. Vnd das noch mehr ist / so brauchen Moses vnd Christus nicht deß Worts (Natur) sondern deß Wors / generationis oder Geburt / welche Wort von deß Menschen Wesen oder Natur / so fern sie ein Wesen vnd Natur ist / an keinem Ort in der Schrifft genommen werden.
Deß Apostels Petri Wort (2. Petri 2.) Sie sind Schande vnd Laster (labes ac maculae ) wöllen keines Wegs daß die Vngleubigen wesentlich die Schand vnd Laster selbst sein / sondern wie Ephes. 5. zusehen / da auch die phrasis stehet / , non habentes maculam die keinen Fleckẽ habe / daß sie mit Schand vnd Laster behafftet sind.
Im 116. Psal. wird nicht gesagt / daß die Menschen die LügenF 3. fac. ij. selbst seind / wie es vom Gegentheil fälschlich auß dem Hebrei-
schen Text angezõgen: Sondern es stehet: Alle Menschẽ sind mendaces Lügner. Vnd ist freylich ein mercklicher grosser Vnderscheid vnder den zweyen Worten / Cazat mendaciũ, die Lügen selbst seyn / vñ Cozet, mendacem das ist / ein Lügner seyn. Wie es deñ auch die sibentzig Dolmetscher im Griechischen vertirt haben / , mendax, Einjeder Mensch ist ein Lügener / Vnnd nicht / ein jeder Mensch ist , das ist / die Lügen selbst.
So spricht auch Salomon prouerb. 21. nicht / der Gottlose sey die Sünde selbst / sondern der stoltze Mut der Gottlosen sey Sünde.
Hiob 25. nennet nicht den Menschen die Verderbung vnnd Greuwel selbst / sondern eiñen vermiculum eine Made / ein Menschen kind / einen Wurm / etc.
Dauid Psal. 51. nennet sich nicht die Sünde selbst / sondern seine Wort lauten in der Heiligen Sprach also: Für dir alleine hab ich gesündiget / etc. Wie es auch die sibentzig Dolmetscher geben haben / deßgleichen D. Lutherus in seinem Psalter.
Mit Augustini vnd Chrysostomi Sprüchen: Totus homo est peccatum, der gantze Mensch ist Sünde / hat es eben die Gelegenheit / wie droben von Lutheri Worten angezeigt / nem̃lich das sie darmit zuuerstehen geben / der gantze Mensch sey durch die Sünde sündig worden / das ist / durch vnnd durch verderbet / zerrüttet / dem Zorn Gottes vnd ewigen Todt vnterworffen.
So viel auch die Wort deß Concordi Buchs pag. 161. das nicht etwas anders oder frembdes im Menschen sündige / etc. betreffen thut / haben sie nicht diesen Verstandt / das die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey / sondern sind gerichtet wider die Manicheer / welche geschwermet haben / das etwas frembdes in der Natur deß Menschen sey / (wie Augustinus von jhnen schreibet) so da sündige / vnd nicht die Natur selbst. Wir sagen frey herauß / daß die Natur selbst sündige / aber nicht so fern sie eine erschaffene Natur vñ Werck Gottes ist: sondern weil sie durch die Erbsünde durch vnnd durch vergifftet vnd verderbet ist.
Bleibet demnach fest vnd vnwidersprechlich wahr / daß die verderbte Natur nicht die Erbsünde selbst sey / sondern eine Verderbung derselben.
Wir machen auch in geistlichen Sachen keinen Vnderscheid / sprechen nicht daß in solchen noch etwas gutes in der verderbten Natur vbrig sey (dann sie ist gar zum guten erstorben) aber darauß kan nicht mit Warheit geschlossen werden / daß darumb das verderbte Wesen / oder menschliche Natur die Sünde selbst sey.
Der dritte Grundt / das Concordi Buch gestehe / daß das GesetzG. 1. fa. 1. die gantze Natur anklage / etc. Ergo, so müsse auch die gantze Natur die Sünde selbst seyn.
Daß das Gesetz die gantze Natur von wegen der Sünde anklage / ist vnzweiffelhafftig. Daß aber daher solte können mit Grunde der Warheit geschlossen werden: Ergo, so ist die gantze Natur die Sünde selbst / ist ein pur lauter Gedicht vnsers Gegentheils. Sintemal das Gesetz nicht die gantze Natur anklagt / als eine Natur / oder als ein Geschöpff Gottes an vnd für sich selbst: Sondern darvmb vnd daher / daß sie sündig vnd böse ist. In Summa / das Gesetz Gottes beschüldiget vnnd verdammet die Natur vnd das Wesen deß Menschen auch nach dem Fall nicht so ferrn / als es ein Werck / Geschöpff vnd Creatur Gottes ist: Sondern darumb vnd so ferrne es durch die Sünde vergifftet vnd verderbt ist. Darumb Rom. 1. deutlich stehet / daß Gottes Zorn vom Himmel (durchs Gesetz) offenbaret werde vber alles gottloses Wesen vnd Vngerechtigkeit der Menschen / die die Warheit in Vngerechtigkeit auffhalten / etc. mit welchen Worten klar angezeigt / daß die Menschen vom Gesetz beschüldiget werden / nicht darumb daß sie Menschen oder Gottes Geschöpff sindt: Sondern darumb / daß sie Gottloß vnnd Vngerecht oder Sünder sindt / oder daß sie Gottlosigkeit oder Vngerechtigkeit an sich oder in jhrer Natur vnd Wesen haben.
Vnd Rom. 7. Die Sünde nam Vrsach am Gebott / vnnd betrog mich / vnd tödtet mich durch dasselbige Gebott. Da der Apo-
stel abermals deutlich anzeigt / das Gesetz habe die Sünde in jhme erregt / oder lebendig gemacht / vnd habe jhn getödtet / vnd zugleich weiset / daß das Gesetz den Menschen anklage vnd tödte / nicht als einen Menschen oder Geschöpff Gottes: sondern als einen verderbten Sünder / oder sündigen Menschen / vmb der Sünde willen / so in jhme oder in seinem Fleische wohnet.
Also klagt nuhn das Gesetze nicht etwas vnderschiedenes am Menschen an / sondern den gantzen Menschen mit Leib vnnd Seele / thuts aber darumb vnnd daher / daß der gantze Mensch oder die gantze Menschliche Natur mit Sünden behafftet vnd verderbet ist.
Vnd also bleibt es auch recht vnd wahr / wie Lutherus Tom. 2. Ienensi, pag. 497. schreibet / daß wir auß dem Gesetz lernen / daß eitel Sünde an vnd mit vns ist / was wir sindt vnd thun / dieweil das Gesetz die gantze Natur / als durch die Sünde verderbt / beschüldiget / vnd vns Menschen dahin führet / daß wir vnsere sündige Art / vnd wirckliche Vbertrettungen rechtschaffen erkennen vnd beweinen lernen. Rom. 3. durchs Gesetz kompt Erkändtnüß der Sünde / oder deß Mangels der Ehre / die wir für GOTT haben solten / etc.
Wann vns auch Paulus Ephes. 2. Kinder deß Zorns von Natur nennet / hat es nicht diesen Verstandt / daß vnsere Natur der Zorn oder die Sünde selbst sey / sondern / daß vnsere Natur durch vnnd durch / von wegen der Erbsünde verderbet sey / vnnd daß wir eine verderbte Natur auß Mutterleibe mitbringen / welcher Verderbung halben wir auch von Natur Kinder deß Zorns / das ist dem Zorn Gottes vnterworffen sind / wo vns nicht durch Christum Gnad widerfähret.
Deuter. 27. Galat. 3. verflucht das Gesetz den gantzen Menschen / aber nicht darumb / daß er ein Mensch ist / oder Mensch liche Natur hat: Sondern von deßwegen / daß er vnter der Sünde ist / Rom. 3. Fleischlich ist / vnd vnter die Sünde verkaufft ist / daß in
seinem Fleische böses wohnet / Rom. 7. Vnd in Summa / dieweil er durch die Sünde gantz verderbt ist / vnd nicht bleibet in allem dem / das geschrieben stehet im Gesetz / das ers thüe.
Auß welchem allem klar vnd offenbar / daß auß deß Gesetzes Anklag nicht erwiesen werde / daß die verderbte Natur oder Wesen deß Menschen / vnd die Erbsünde ein Ding sey / sonder / wie gemeldt // daß die Menschliche Natur darumb vnd daher vom Gesetz Gottes beschüldiget werde / weil sie in Grund durch die Sünde vergifftet vnd verderbet ist.
Vnd folget keines Weges / wann die verderbte Natur nicht die Sünde selbst sey / so könne sie auch das Gesetz nicht beschüldigen / vnd wo sie nicht an vnnd für sich selbst Sünde sey / bedürff sie keines Mittlers / etc. Dann kurtz zuvor auß S. Pauli Worten gar das Gegenspiel dargethan / Rom. 1. 7. So wirdt auch Rom. 8. eben diese Vrsach angezeiget / daß Gott seinen Sohn gesandt / vnd vnter das Gesetz gethan habe / quia impossibile erat legi, &c. eò quòd infirmabatur per carnem, daß dem Gesetz vnmüglich war vns zu helffen / weil es durch das Fleisch geschwächet wardt. Vnd sagt der Apostel nicht / daß Gott seinen Sohn vnter das Gesetz gethan habe / daß vnser verderbte Natur oder Fleisch die Erbsünde selbst were / etc. sondern daß das Gesetz durchs Fleisch geschwächet wardt / oder daß dem schwachen Fleisch der Menschlichen verderbten Natur vnmüglich war / dasselbige zu erfüllen. Darauß augenscheinlich zusehen / daß ob wol die Natur die Erbsünde selbst wesentlich nicht ist / vnd das ein anders ist die Schwachheit / dardurch das Fleisch oder die Natur geschwächet wirdt / dannoch gleichwol eines Mittlers bedürffe / vnd Gott eben seinen Son darumb gesandt / daß er die Menschliche Natur von solcher Schwachheit erlöse.
Daher gehöret daß die Christliche Kirche singet: Er Gedacht an seine Barmhertzigkeit / er wolt mir helffen lassen. Vñ daß D. Luther Tom. 6. Germ. pag. 269. schreibet: Gott ist nicht der Natur
feindt / sondern zeiget daß er jhr helffen will. Item / an dem will er sich rechen / als an seinem eygenen Feinde / der jhme sein Werck vergifftet vnd verderbet hat. Vnnd daß Augustinus de peccato origiginis, cap. 40. schreibet: Ac per hoc Deus hominem damnat propter vitium, quo natura dehonestatur: non propter naturam, quae vitio non aufertur, Das ist / Gott verdampt den Menschen vmb der Sünde willen / mit welcher die Natur vervnehret ist / nicht vmb der Natur willen / welche durch die Sünde nicht weggenommen wirdt.
Item, Hypognost. 5. Ipsi enim quòd homines, opus DEI sunt: Quod verò in ipsis est peccatum, opus diaboli est, hoc est, quod in illis odit Deus, non ipsos opus suum. Das ist / Daß sie Menschen sindt / sindt sie Gottes Werck / das aber in jhnen Sünde ist / das ist deß Teuffels Werck / vnd das hasset Gott / vnd nicht sie selbst als sein Werck. Auß welchen Sprüchen augenscheinlich zu vernemmen / daß Gott die Natur durchs Gesetz nicht angreiffe vnd verdamme / daß sie eine Natur ist: Sondern darumb / daß sie durch die Sünde verderbt ist. Vnnd wirdt mit solchem Vnterscheidt keines weges die Natur gut gemacht / vnnd von dem jämmerlichen Schaden / damit sie behafftet ist / gefreyet: Sondern nuhr Gottes Werck / vnnd die Sünde / durch welche die Natur verderbet ist / vnterschieden.
G. iij. fa. 2. Den vierten Grund nimpt das Gegentheil auß den Schmalcaldischen Artickeln / in welchen folgende Wort D. Lutheri stehen: Diese Busse lehret vns die Sünde erkennen / nem̃lich / daß mit vns allen verloren / Haut vnnd Haar nicht gut ist / vnnd müssen schlechts newe vnd andere Menschen werden. Diese Busse ist nicht stücklich vnd bettelisch / wie jene / so die wircklichen Sünde büsset. Vnd ist auch nicht vngewiß / wie jene / dann sie disputiert nicht / welches Sünde oder nicht Sünde sey / sonder stösset alles in Hauffen / Spricht: Es sey alles vnd eitel Sünde mit vns. Was wöllen wir lange suchen / theilen vnd vnterscheiden. Darumb so ist auch hie die
Rew nichts vngewiß / dann es bleibt nichts da / darmit wir mögen etwas gutes gedencken / die Sünde zu bezahlen / sondern ein bloß / gewiß Verzagen an allem / daß wir sindt / gedencken / reden oder thun / etc.
Deßgleichen kan die Beicht auch nicht falsch / vngewiß oder stücklich seyn / Dann wer bekennet / daß alles mit jhm eitel Sünde sey / der begreifft alle Sünde / lässet keine aussen / vnd vergisset auch keine. Also kan die Gnugthuung auch nicht vngewiß seyn / dann sie ist nicht vnsere vngewisse / sündtliche Werck / sondern das Leyden vnnd Blut deß vnschüldigen Lämbleins Gottes / das der Welt Sünde tregt.
Von dieser Busse prediget Johannes / vnd hernach Christus im Euangelio / vnd wir auch / Mit dieser Busse stossen wir Bapst vnd alles was auff vnsere gute Werck gebawet ist / zu boden. Dann es ist alles auff einen faulen nichtigen Grundt gebawet / welcher heist gute Werck oder Gesetze / so doch kein gut Werck da ist / sondern eitel böse Werck / Vnd niemandt das Gesetz thut (wie Christus Johan. 7. sagt) sondern allzumal vbertretten. Darumb ist das Gebäw eitel Lügen vnnd Heucheley / wo es am allerheiligsten / vnd aller schönsten ist.
Vnd vnderstehet sich auß oberzelten Worten darzuthun / daß der Vnderscheidt / zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde selbst / vnrecht sey / machet auch viel vergeblicher Wort davon / aber welches der rechte Verstand der Wort D. Lutheri sey / ist darauß zu vernemmen: Daß nem̃lich D. Lutherus an diesem Ort streitet wider die Papisten / welche mancherley Rew / mancherley Beichte / vnnd mancherley Gnugthuungen / für diese vnnd jene Sünde ertichtet haben. Vnd die betrübten Gewissen mit jrer Sün de dahin gewiesen / daß sie alle Sünde zehlen / stücken vnd theilen solten. Wie dann vnter andern in jhren Canonibus stehet / daß auff ein jede Todtsünde sieben gantzer Jahr zu büssen gelegt sindt / da doch vnter deß die rechten Sünden wider GOTTES Gebott nicht
geachtet / viel weniger rechtschaffen erkandt worden sindt.
Hergegen sind etliche Büsser so vermessen gewest / daß sie fürgegeben / sie hetten so vielguter Werck / daß sie nit alleine für sich selbst one Sünde vnd Heiligweren / sondern auch andern die vbermasse jhrer guten Werck mittheilen vnd verkauffen köndten.
Von diesen sagt D. Lutherus / kompt der fewrige Engel S. Johannes / der rechte Bußprediger / vñ schlecht mit einem Donner alle beyde in einen hauffen / spricht Thut Busse.
Nochmals beschleust er / vnd zeiget an / was zur rechten Busse gehöre / nem̃lich daß sich der Mensch durchauß verderbet / arg / böse / auch alle seine Werck verloren / vnd für Gottes Gericht vntüchtig / etc. erkenne.
Solche Busse spricht er ferrner / ist nicht stücklich vnnd bettelisch wie jene / so die wircklichen Sünden büsset oder büssen will / sie ist auch nicht vngewiß / wie jene / dann sie disputiert nicht / welches Sünde oder nicht Sünde sey / sonder stösset alles in hauffen / spricht es sey alles vnd eitel Sünde mit vns / was wöllen wir lange suchen / theilen vnd vnderscheiden / etc.
Darauß nuhn klar erscheinet / daß D. Lutherus in gemeldten Worten keines Wegs von dem Vnderscheidt zwischen der Natur vnd jhrer Verderbung oder der Erbsünde redet (welchen Vnterscheidt er anderswo fleissig treibet) sondern / wie gemeldt / von den vnnützen vnnd vergeblichen Theilungen der Sünden / wie sie von den Papisten erdacht / vnd den armen Gewissen eyngeblewet / vnd jhrer stücklichen vnnd bettelischen Busse / welche er verwirfft. Was thut aber dieses zu dem Streit / da von dem Vnterscheid zwischen der verderbten Natur deß Menschen / vnd zwischen der Erbsünde selbst / gehandelt wirdt?
Wir sagen mit den Schmalcaldischen Artickeln / daß weder Haut noch Haar an vns gut ist / daß es alles mit vns verloren. Das heist aber noch lange nicht so viel / Als / es sey kein Vnderscheidt zwi-
schen der Erbsünde vnd verderbten Natur. Dann viel ein anders ist / vnter der verderbten Natur vnd vnter der Sünde / damit sie verderbt ist / vnterscheiden / vñ zwischen den Sünden / in der waren Busse vñ Bekehrung zu Gott / auff papistische Weise vnterscheiden / etc. Davon D. Lutherus eygentlich handelt.
So bekennen wir auch / daß es alles vnnd eitel Sünde mit vns sey / vnnd daß man in der Busse nicht lange mit den Papisten vnter den Sünden vnterscheiden solle / etc. Was thut aber dieses darzu / daß die Erbsünde vnd verderbte Natur deß Menschen sollen ein Ding seyn. Viel ein anders ists erkennen / daß alles eitel Sünde mit vns sey / dann erkennen / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey / sintemal Lutherus deutlich vnterscheidet / an vns sey es alles vnnd eitel Sünde. Darauß aber mit nichten folget / daß darvmb die verderbte Natur vnd die Sünde ein Ding / vnd nicht von einander vnterscheiden sindt / sondern viel mehr folget das Gegenspiel.
Daß die Schmalcaldischen Artickel die Rew nicht auff den Vnderscheidt der Menschlichen Natur ziehen: Sondern auff die papistische Theilung der Sünden / ist für sich offenbar. Dann Lutherus da nicht den Vnderscheidt der Erbsünde vnd der verderbten Natur / welchen er anderswo in seinen Schrifften dürr vnnd klar bestättiget / widerficht: Sondern / wie gemeldt / die Bäpstische Theilung der stücklichen bettelischen Busse / davon er am gemelten Ohrt redet.
Ist sich derwegen vber die vnverschämpte Künheit deß Gegentheils wol zu verwundern / das sich vnderstehet Lutheri Worten einen solchen Verstandt anzutichten / welcher doch darinnen durchauß nicht zu befinden ist.
Daß auch D. Lutherus den Vnderscheidt zwischen der Natur vnd jhrer Verderbung deutlich lehre vnd führe / bezeugen nachfolgende Zeugnüssen / so auß seinen Schrifften genommen.
Genes. 3. Hoc venenum sic latè per carnem, corpus, animam, neruos, sanguinem, per ossa & medullas ipsas, in voluntate, in intellectu, in ratione diffusum est, vt non solùm eximi plenè non possit, sed ne quidem agnoscatur peccatum esse. Das heist ja klar vnd deutlich den Leib / Seel / Willen / Verstandt / vnnd alles was im Menschen ist von der Erbsünde vnterscheiden.
Ibid: Manet quidem natura, Sed multis modis corrupta, Siquidem fiducia erga Deum amissa est, & cor plenum diffidentia, metu, pudore. Sic manẽt quidem in natura membra eadem, Sed quae antea nuda & cum gloria conspiciebantur, nunc tanquam turpia & inhonesta velantur, propter interiorem defectum, quòd natura fiduciam in Deum per peccatum amisit. Si enim crederemus, non erubesceremus.
Da spricht er abermals / daß die Natur blieben sey / sie sey aber vielfältiger Weise verderbt / etc. Wie kans dann wahr seyn / daß er die verderbte Natur / vnd die Verderbung oder Erbsünde für eins halten solte?
Genes. 1. cap. schreibt er: Manserunt intellectus & voluntas, sed valdè vitiata vtraque. Der Verstandt vnd Wille sindt geblieben / sindt aber beyde vber die Masse sehr verderbt. Diese Wort Lutheri vnterscheiden außtrücklich zwischen dem Verstande vnnd Willen / vnd zwischen der Verderbung / damit sie behafftet sind.
Genes. 2. Corpus concupiscentia defoedatum est, Der Leib ist mit böser Lust besudelt oder beschmützt. Vnd / In animaamissa est cognitio Dei: In der Seelen ist das Erkändtnüß Gottes verlohren / etc. Welche Wort abermals ein klaren Vnderscheidt machen zwischen deß Menschen Leib vnd Seel / vnd den bösen Lüsten / Finsternüß vnd Schaden / so sie empfangen haben.
Vnd Genes. 3. Habemus voluntatem quoque & rationem, sed quàm multipliciter vitiatam? &c. Wir haben zwar den Willen vnd Vernunfft / aber wie grewlich sindt dieselbe verderbt? etc.
Item Natura violata est, die Natur ist geschwechet. Naturalia corrupta sunt per peccatum. Voluntas & ratio per peccatum vitiata est. Die Naturalia oder die Natur vnd natürliche Kräfften / sind durch die Sünde verderbt. Der Wille vnd die Vernunfft sind durch die Sünde geschendet.
Ibidem. Hîc ea corruptio describitur, quae successit originali iusticiae. Das ist / da wirdt die Verderbung beschrieben / welche auff die Verlierung der Erbgerechtigkeit erfolgt oder kommen ist.
Item. Peccatum ipsum naturam non solùm deformauit turpissimè, sed etiã pessimè corrupit. Das ist. Die Sünde selbst hat die Menschliche Natur nicht allein grewlich geschendet / sondern auch schändtlich verderbet / etc. Da kan ja menniglich den Vnterscheyd zwischen der verderbten Natur / vnnd der Verderbung selbst sehen / vnd klar verstehen / daß Lutherus die verderbte Natur vnd die Erbsünde nicht für einerley gehalten habe.
Genes. cap. 4. brauchet er folgende Wort: Spirituales homines debent distinguere inter peccatum originale & naturam. Opus generationis est creatura Dei bona & sancta, Est enim ex Deo benedicente &c. Das ist / Geistliche Menschen sollen ein Vnterscheid machen zwischen der Erbsünde vnnd zwischen der Creatur. Das Werck der Geburt ist Gottes Güte vnnd Heilige Creatur / Denn sie kompt von Gottes seinem Segen.
Lieber wie köndte doch der Vnderscheid zwischen der verderbten Natur deß Menschen / vnd zwischen der Verderbung oder Erbsünde selbst verständtlicher dargethan werden / dann es mit erzehleten Worten D. Lutheri fürgestellet wirdt?
Genes. cap. 38. sprichter: Peccatum & mors sunt mala separabilia. Sünde vnd Todt sind sölche Vbel / so von der Natur können gescheiden werden. Wann nun D. Lutherus gehalten / daß die verderbte Natur / vnnd die Erbsünde ein Ding weren / würde er sie nicht ein malum separabile / das ist / ein solch Vbel / das von der Natur köndte gescheiden werden / genennet haben.
Psalm. 90. nennet er die Erbsünde qualitatem, &c. Seine Wort / wie sie auch im Concordi Buch angezogen / lauten also: Siue igitur peccatum originis qualitatem, siue morbum vocauerimus, profectò extremum malum est, &c. Das ist / wir neñen die Erbsünde eine qualitet Vnart oder böse Seuche / so ist sie fürwar der eusserste Schaden / etc. Darauß abermals zu vernehmen / daß er nicht gewolt / das die Erbsünde deß verderbten Menschen Wesen selbst sey / sondern eine böse qualitas, Vnart oder böse schreckliche vñ vnaußsprechliche Seuche in Menschlicher Natur oď Wesen / etc.
Augustinus Psal. 68. füret vnd behelt den Vnderscheid auch da er Spricht: Iniquitas quippe ipsa non est substantia. Non enim iniquitas est natura quam fecit Deus, sed iniquitas est peruersitas quam fecit homo: Das ist / die Vngerechtigkeit ist kein Wesen / Denn die Vngerechtigkeit ist keine Natur die Gott erschaffen hette / sondern ist die boßheit / die vom Menschen herkompt.
De nuptiis & concupiscentia lib. 1. cap. 17. Carnis autem pudenda concupiscentia non est nuptiis imputanda, sed toleranda. Non est enim ex naturali connubio veniens bonum, sed ex antiquo peccato accidens malum: Das ist / schendliche Lust deß Fleisches ist der Hochzeit der Eheleute nicht zuzuschreiben / sondern zu dulden. Denn sie ist nicht etwas gutes / das auß dem natürlichen Ehelichen Leben keme / sondern ein zufelliges Vbel / das auß deß ersten Menschen Sünde entspringet, Ambros. in Hexaem. lib. 1. cap. 8. Non enim malas arbitror intelligendum potestates, quòd dominus earum malitiam creauerit, cum utique non substantialis, sed accidens fit malitia, quae à naturae bonitate deflexit.
Das ist / ich halte nicht daß man böse Herrschafften hie verstehen soll / gleich als hette der HERR die Boßheit geschaffen / sintetemal die Boßheit ist nicht etwas wesentliches / sondern ein zufellig Ding / als das von der Gütigkeit der Natur abgewichen ist.
Ioh. Maxentius in Catholica professione: Quapropter anathematisamus eos qui naturale aut substantiam aliquam dicunt
esse peccatum: das ist / darumb verfluchen wir die jenigen / so da sagen dörffen / daß die Sünde eine Natur oder ein Wesen sey.
Dergleichen Zeugnüß der alten Rechtglaubigen Kirchenlehrer von dem Vnderscheid zwischen der Natur vñ zwischen der Erbsünde / weren noch viel einzuführen / wenn es die Gelegenheit dieser Schrifft zu liesse / sind aber anderßwo zusammen getragen / da sie der Christliche vnd Warheit begierliche Leser suchen kan.
Bleibt also der Vnderscheid zwischen der Natur vnnd Erbsünd / wider alles anfeinden deß Gegentheils / fest stehen.
Verantwortunge auff die Beschüldigunge / daß das Concordi Buch vnrecht auß dem Artickel von der Schöpffung einen Vnderscheid mache zwischen der Natur vnnd zwischen der Erbsünde: Vnd Christlicher Beweiß daß deß Concordi Buchs Grundt auß gemeltem Artickel genommen / noch fest stehe.
DEr Wirbelgeist / von welchem das GegentheilH. ij. Vnd hernacher durch viel Bletter. vmbgetrieben wirdt / machets in diesem Stück so grob / daß es auch die Catechismus Schüler greiffen können daß er getroffen sey.
Dann erstlich wendet er in Gemein ein / was Sünde sey müsse auß dem Gesetz erkendt werden / vnd nicht auß den Artickeln deß Glaubens / welche das Enangelium predigen. Ergo so thue das Concordi Buch Vnrecht / daß es auß den Glaubens Artickeln erweise / daß ein Vnterscheid sey zwischen der verderbten Natur vnnd zwischen der Erbsünde.
Nu lehret das Concordi Buch mit dem geringsten nicht / daß man auß dem Euangelio / eigentlich zureden / was Sünde sey / erkennen solle / etc. Sondern demnach das Gegentheil für vnnd für drauff gedrungen / vnnd noch / das kein Vnderscheidt zwischen der Natur deß Menschen / vnnd zwischen der Erbsünde zu machen sey / etc. haben die vnsern nohtwendig auß den Artickeln deß Glaubens von der Schöpffung / Erlösung / Heiligung / Aufferstehung deß Fleisches / etc. hergegen beweisen sollen vnnd müssen / daß / wer den Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur deß Menschen vnnd zwischen der Erbsünde gantz vnd gar auffhübe / derselbige hübe auch zugleich die Artickel deß Christlichen Glaubens auff / in welchen solcher Vnderscheid klar vnnd deutlich an Tag gegeben / vnnd der gantzen Christenheit fürgestellet würde.
Vnnd ist keines Weges einerley / auß dem Gesetz eigentlich zeigen was Sünde sey / vnd auß den Artickeln deß Glaubens / welche das Euangelium Predigen / darthun / daß die verderbte Natur deß Menschen / vnd die Erbsünde nicht einerley / sondern vnterschieden sind. Darumb denn auch dem Concordi Buch dißfalls keine Vermischung der beyder Lehren / Gesetzes vnd Euangelij / kan zugemessen werden / all dieweil viel ein anders ist eygentlich auß dem Gesetz zeigen vnd berichten was Sünde sey / vnd aber ein anders auß den Artickeln deß Glaubens erweisen / daß Natur vnd Sünde nicht eins / sondern vnderschieden sind.
Zum andern / macht das Gegentheil viel Wort (die sich aber nichts vberall zu Erörterung dieses Streits reimẽ) vber den beyden Reden: deß Menschen Natur vnd Wesen sey durch die Erbsünde verderbt / vnd deß Menschen Natur vnd Wesen sey durch Adams Fall verderbt. Denn Adams Fall vnnd die Erbsünde seyn nicht ein Ding. Weil Adams Fall eine wirckliche Sünde / die Erbsünde aber nicht eine wirckliche Sünde / sondern deß Menschen gantz verderbte Natur vñ Wesen sey / etc. Gibt für / es gestehe daß ein Vnderscheyd sey zwischen Adams fall / vñ der Erbsünde. Den Vnder-
scheid aber gestehe es nicht / welchen das Concordi Buch zwischen der Erbsünde / vnd zwischen deß Menschen verderbten Natur vnnd Wesen machet / vñ was dergleichẽ Laruen vñ Lappenwerck mehr ist.
Der Christliche Leser merckt aber von stund an / daß das Gegentheil getroffen / vnnd im Hirn jrre ist / weiß sich sonst nicht zu euolvieren / vñ der gegründten Warheit zu widersprechẽ. Derowegen muß es solche Winckelzüge vñ außflucht suchen / so doch nichts vberall zur Sachen thun.
Dann beyde Reden sind wahr vnnd recht diuerso respectu, das ist / wenn eine jede nach jhrer Artrecht erkläret wirdt. Die erste redet von dem Menschen wie er nun mehr ist / vnd von seinen Eltern in Sünden empfangen vñ geboren wirdt. Da es freylich wahr ist / daß seine Natur durch die Erbsünde / so er von Vatter vñ Mutter an ererbet / vnd in welcher jhn seine Mutter empfieng vnd gebar / verderbet sey.
Die ander Rede ist auch recht / wann man den Menschen betrachtet / woher er vrsprünglich solchen Schaden oder Verderbung der Natur vberkommen habe / dann da ists freylich war / daß durch Adams Fall Menschlich Wesen vnnd Natur verderbt seyn. Lauffen also gedachte Reden im geringsten nicht widereinander / heben auch den Vnderscheid zwischen Adams Fall vnnd zwischen der Erbsünde / in welcher alle Menschen entpfangen vnnd geboren werden / nicht auff. Hette demnach das Gegentheil solchs vergeblichen Geschwetzes / daß es dieses Orts ohne noth treibet / wol können geübriget seyn.
Daß es aber meldet den Vnderscheid zwischen Adae Fall vnd der Erbsünde gebe es wol zu / aber den Vnderscheidt zwischen der Natur vnnd Erbsünde könne es nicht zugeben / etc. sind nur eytele Wort. Dann es ligt nicht an jhrem zu: oder nachgeben: Sondern an Gottes Wort / was das darzu sagt / vnnd was dasselbige zu gibt vnd setzet. Nun haben wir droben auß Gottes vnfehlbarem Wort den ermelten Vnderscheid zwischen der Verderb-
ten Natur vnnd zwischen der Erbsünd vnwidersprechlich erwiesen / da wird es auch wol bey bleiben / vnser Gegentheil gebe es zu oder lasse es. Dann Gottes Wort bleibet ewiglich / Menschen gebens zu oder gebens nicht zu / nemens an oder werffen es von sich.
Es kommet auch dieses Orts wider getrollet mit seinen Eysernen Huffnageln vnd Eysen / vnd andern mehr Gleichnüssen. Dieweil wir aber droben an seinem Ort sie mit solchen jhren tölpischen vnnd vngereimbten Gleichnüssen abgefertigt haben / lassen wirs billich dabey bewenden.
Zum dritten / damit sie aber gleichwol dafür möchten angesehen werden / als hetten sie den Grundt deß Concordi-Buchs / auß dem Artickel von der Schöpffung genommen / gewaltig vmbgestossen / fehet es an ein lang vnd vngereimbtes dicentes zu machen / vom Vnderscheid der Natur vor vnd nach dem Fall / verstehet vnnd sihet vnter deß nicht / daß alles solch Geschwetz nur ein lauter Spiegelfechten ist / so zur Sach nichts vberall dienet.
Dann wenn man von der Menschlichen Natur an vnnd für sich selbst fragt vor oder nach dem Fall / ob sie einerley oder vnderschieden sey / etc. ists vnwidersprechlich wahr / daß der Mensch jetzo / so viel seine Natur an vnd für sich selbst / als ein Creatur vnnd Geschöpff Gottes betrachtet / anlangt / eben dieselbe vnnd keine andere Natur oder Wesen habe / dann Adam vor dem Fall gehabt. Dann / wie D. Lutherus Genes. 3. vnnd sonsten an vielen Orten mehr schreibet / bleibet die Natur / manet natura, manet intellectus, manet voluntas, sed corrupta & vitiata, &c. Es bleibt der Verstandt vnd Wille / alleine daß sie verderbt vnnd geschendet sind. Adam hat in vnd durch den Fall nicht ein andere Natur oder Wesen kriegt / als er zuuor gehabt / sondern hat eben die vorige Natur behalten / seine Natur ist durch den Fall nicht in eine andere / vnnd von der vorigen vn-
derschiedene Natur (so viel das Wesen anlangt) verwandelt: sondern verderbet vnd zerrüttet worden.
Ist derwegen ein pur lauter Gedicht vnnd Fabelwerck / was das Gegentheil vom Vnderscheid der Natur deß Menschen an jhr selbst / oder das Wesen betreffendt vor vnnd nach dem Fall / fürbringt. Dann ob wol Adae Natur / so vor dem Fall gerecht / heylig / rein / dem Gesetz GOTTes gleichförmig vnnd grundtgut gewest / durch den jämmerlichen Fall vngerecht / vnheilig / vnrein / dem Gesetz GOTtes vngleichförmig worden / vnnd also gar andere Eigenschafften vnnd Arten an sich bekommen hat / als sie vor dem Fall gehabt: Jedoch ist sie wesentlich zu keiner andern Natur worden. Als wenn ein gesunder Mensch mit der Pest angegriffen wirdt / so wird sein Natur wol schwach / kranck / gebrechlich vnnd gefehrlich durchgifftet / sie bleibt aber gleichwol / so viel das Wesen anlangt / die vorige Natur / vnd wird wesentlich nicht verändert in eine andere Natur (verstehe dem Wesen nach) Also da Adams gute Natur durch den Fall verderbet ist / ist sie nicht zu einer andern Natur wesentlich worden / sondern sie hat Schäden vnd gantz beschwerliche Mängel durch vnd durch / so sie zuvor nicht gehabt / entpfangen / derwegen sie nunmehr ein verderbte / sündige / vngerechte / vnreine / vnheilige / sträffliche vnd verdam̃liche Natur ist.
Da versteht sichs aber selbst / daß in viel Wege ein anders ist / die Reinigkeit / Heiligkeit / Gerechtigkeit vnd dergleichen verlieren / vñ an statt derselben vnrein / vnheilig / vngerecht werden / oder Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnd Vngerechtigkeit vberkommen: Vnd ein andere Natur vberkom̃en / oder in die Vnreinigkeit / Vnheiligkeit / vnd Vngerechtigkeit wesentlich verwandelt / Vnnd also zur Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnd Vngerechtigkeit selbst wesentlich werden.
Ist auch sonderlich mit Fleiß zu mercken / daß vnser Gegen-
theil in seinem langen Comment offtmals diese Wort erholet / Menschliche Natur sey zur Sünde / das ist / vngerecht worden / als J. j. fac. ij. K. j fac. ij. K. ij. fac. ij. K. iiij. fac. j. L. iij. fac. j. L. iiij. fac. 2. Vñ an vielen Ortẽ mehr / mit welchẽ Wortẽ es gnugsam zuuerstehen gibt / daß es in seinem Gewissen geschlagen sey / Vnd daß es die Rede: Die Sünde ist ein Wesen / oder die verderbte Natur ist die Sünde selbst / etc. nicht getraw zuerhalten. Dann wo sein Meynung vnnd Lehre / daß kein Vnderscheid zwischen der Sünde vnd dem verderbten Wesen oder Natur deß Menschen / gewiß vnfeilbar vnd wahr wehre / dürfft es keines Wegs seine Rede also messigen / das Menschliche Wesen oder Natur ist zur Sünde / das ist / vngerecht worden. Sintemal / wann die verderbte Natur deß Menschen die Sünde selbst wehre (wie es sonst ohne Vnterlaß darauff dringet) nicht müste gesagt werden / die Menschliche Natur were zur Sünde / das ist / Vngerecht worden / sondern es müste stracks gesagt werden / die Menschliche Natur wehre zur Sünde / das ist / zur Vngerechtigkeit selbst worden. Dann es ist ein grosser Vnterscheid vnder den Worten vngerecht / vnnd Vngerechtigkeit. Vnd heist das Wort Sünde / in dem Verstandt / da sie es jnnen gebrauchen / wann sie den Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde auffheben / keines Wegs so viel / als vngerecht: sondern so viel als die Vngerechtigkeit selbst wesentlich. Da sie nun jhre jrrige Meynung bestendig vorteidigen wollen / müssen sie nothwendig der eins thun: Entweder frey herauß sagen / der Mensch sey zur Sünde / das ist / zur Vngerechtigkeit selbst wesentlich worden / oder aber sie müssen das Wort Sünde / nicht durch das Wort vngerecht / erklären. Dann zur Sünde werden nach jhren falschen verstandt heist nicht vngerecht / sondern die Vngerechtigkeit selbst werdẽ. Derwegen müssen sie entweder frey herauß sagen / vnd jhren Schwarm mit runden Worten richtig bekennen / oder wo sie das nicht thun wollen / die Glossam
fahren lassen (Zur Sünde / das ist / vngerecht worden) dieweil im Grunde beydes bey einander keines Wegs bestehen kan.
Es ist aber solche Glossa eine vnbetriegliche Anzeigung / daß jhnen selbst bey der Sachen schwanet / vnnd sich fürchten / sonsten würden sies eben so mehr rundt vnnd dürre herauß sagen / wie sie es meynen / als daß sie Brey im Maul behalten / wöllen sagen / daß der Mensch zur Sünden vnnd Vngerechtigkeit selbst wesentlich worden / vnd doch auff der Zungen die Wort verbrechen / vnd also mit einem Wort geben / baldt mit dem andern wider nemmen / wie solcher Leut / so böse Sachen vertheidigen / Brauch vnd Art ist.
Befindet sich demnach wol ein grosser Vnderscheidt imJ. 1. fa. 1. vnd 2. Menschen vor vnnd nach dem Fall / aber nicht an deß Menschen Natur selbst / so ferrn sie Gottes Geschöpff vnd Werck ist / sonder an der Reinigkeit / Heiligkeit / Gerechtigkeit vnd dergleichen / damit die Natur vor dem Fall in Adam gezieret vnd geschmücket gewest / nun mehr aber derselben alle miteinander beraubet / vnd an statt derselben Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnnd Vngerechtigkeit vberkommen hat / vnd also vngerecht worden ist.
Dann sich von Gott abwenden / gottloß vnd böß werden / der Gewalt deß Teuffels vnterworffen seyn / schuldig seyn vnd werden an Gottes Zorn / Bösewichter / verdampt vnnd verlohren werden / wie D. Lutherus den sündigen Menschen beschreibet / gehen nicht dahin / daß Adam durch den Fall eine andere Natur kriegt nach dem Wesen / als er zuvor gehabt: Sondern dahin / daß er in seiner Natur anders oder verkehrt worden / daß seine Natur wendig worden / Gottloß / Böse / der Gewalt deß Teuffels vnterworffen / etc. oder daß in seiner Natur / an statt der Gottsfurcht / Gottlosigkeit / an statt der Gütigkeit / Boßheit / an statt der Freyheit / Dienstbarkeit / an statt der Freude / Gottes Zorn / an statt der Gerechtigkeit / Heiligkeit vnd Reinigkeit / Vngerechtigkeit / Vnheiligkeit vnd Vnreinigkeit vorhanden sey / das heist aber nicht ein andere Natur wesentlich kriegen: sonder in der von Gott erschaffnen Natur andere Eygenschafften /
Schäden / Gebrechen / Mängel / Verderbung / Zerrüttung vñ dergleichen bekommen. Also bleibt die Natur deß Menschen / alleine daß sie grewlich vnd jämmerlich geschendet vnd verderbt ist.
Kan demnach diese vnsere verderbte Natur gar wol ein Würtzel / Vrsprung / Quelbrunn vnd Thäterin aller Sünde seyn / von wegen der grewlichen Verderbung / damit sie behafftet ist / darff aber darumb nicht die Sünde oder die Erbsünde vnd Vngerechtigkeit selbst seyn / wie das Gegentheil / J. iij. fac. 2. vnd sonsten ohne Vnterlaß treibet vnd dringet.
J. iiij. f. 1. Zum vierdten / kompt das Gegentheil auff die zweyerley Betrachtung deß Menschen Physicam & Theologicam, was nem̃lich der Mensch sey / wann er natürlicher Weise betrachtet / vnnd was er sey / wann er geistlicher Weise vnd nach Gottes Wort betrachtet / vñ vermeynet dar auß zu erhaltẽ / daß die verderbte Natur deß Menschen vnd die Sünde ein Ding sey / aber es richtet nichts auß.
Dann wann man von dem Wesen oder Natur deß Menschen redet / es rede ein Philosophus oder Theologus darvon / oder wer er sey / so ist es doch einerley Natur oder Wesen / vnd machet die Betrachtung im Wesen selbst keine Enderung. Das ist wol wahr / daß der Philosophus, ď Gottes Wort nicht für sich hat / viel anders von dem Menschen redet vnd vrtheilet / als er thun solte / vñ als der Theo logus thut / der Gottes Wort für Augen hat. Daß sich aber derenthalbẽ das Wesen ändern solte / oder kein Vnderscheid seyn zwischen der verderbten Natur vñ zwischen der Sünde / ist ein pur lauter Gedicht deß Gegentheils / welches auß der vnderschiedlichen Betrachtung deß Menschen nimmermehr kan erzwungen werden.
Lutherus Tom. 3. Ienensi latin. in 1. cap. ad Galatas. Vnd ist recht von Luthero gesagt / wann der Mensch Metaphysicè / nach seinem Wesen / betrachtet wirdt / so finde sich viel an jme / das zu loben ist: Wañ er aber Theologicè, vnd wie er vor Gottes Augen ist / betrachtet / nach Anzeigung der Schrifft / so sey es fast eine Schande / ein Mensch genennet werden. Dann es ja wahr ist / daß auch nach dem Fall viel am Menschen / wañ er nach seinẽ We-
sen betrachtet wirdt / das zu loben ist / als daß er Vernunfft hat / recht vnnd vnrecht vnderscheiden kan / daß er ein Gedächtnüß / Augen / Oren vñ dergleichen hat / daß er reden kan / etc. Wie auch dises wahr ist / daß wañ der Mensch Theologicè oder geistlich für Gottes Gericht betrachtet wirdt / daß in geistlichen Sachen nichts gutes an jhme erfunden wirdt: Sondern daß er viel mehr zum guten erstorben sey / daß der freye Wille Gottes Gericht hasse / die Vernunfft Gottes Feindin sey / denselben hasse / etc. Vnd daß er deßwegen seines Namens / daß er Mensch heist / sich billich schemen muß. Dann ob er wol ein Mensch / so ist er aber für Gottes Gericht ein böser / vnreiner / vnheiliger / vngerechter / gottloser / verderbter / sündiger vñ verdampter Mensch / Gottes Zorn vnd ewigem Tode / von wegen seiner Verderbung / vnterworffen. Noch macht solches nicht / daß darvmb vnter seiner verderbten Natur vnd Sünde selbst kein Vnderscheidt sey: Sonder es läst gemeldten Vnderscheid bleiben / beschüldiget jhn aber darbey von wegen der jäm̃erlichen Verderbung / damit er durch vnd durch gantz vnd gar beladen ist / vnd drawet jm das ewige Verdamnüß / wo er nit Busse thut / etc. Solches solten solche Wirbelgeister betrachten / aber Blinde müssen nit sehen. Gott gebe jnen erleuchtete Augen deß Verstandts vmb Christi willen / Amen.
Ja / sprechen sie / wann jhr solcher Gestallt von der Natur deß Menschen reden vnd vnderscheiden wolt / macht jhr sie fromb / etc. Heist dann das die Natur fromb machen / wann wir sagen / die gantze Natur deß Menschen sey gantz vnd gar durch vnd durch verderbet / vnd sey nichts Guts in geistlichen Sachen / nach dem Fall / an jr vbrig. D. Lutherus Genes. 3. vnd anderswo / da er schreibet / daß die Natur bleibe / alleine daß sie jämmerlich verderbt sey / macht ja damit die Natur nicht gut / sondern schreibet jhr zu / was jhr nach Gottes Wort zuzuschreiben ist. Er läst sie aber dabey die Natur bleiben / die Gottes Geschöpff ist / vnd macht sie nicht zur Sünde oder Verderbung selbst. Das thun wir auch.
Daß aber in der Augspurgischen Confession stehen solte / werK. 1. fac. 8
die Natur nach dem Fall nicht wolte Erbsünde seyn lassen / etc. der schmälere das Leiden vnd Verdienst Christi / etc. ist eine solche grewliche Vnwarheit / daß sie nicht wol grewlicher köndte fürbracht werden / vnd eine gewisse Anzeigung / daß das Gegentheil mit bösem Gewissen diese Sache führe: Wie sie dann auch solches auß der Augspurgischen Confession nicht mit dem geringsten Wörtlein erweisen können / vnd sey jhnen deßwegen Trutz gebotten.
Zum fünfften / kompt das Gegentheil auff den Vnderscheid K. 1. fac. 2.zwischen der ersten Schaffung deß Menschen vor dem Fall / vnnd zwischen der Fortpflantzung deß Menschen nach dem Fall / machet eben seltzam Geschirr darvon / vnnd kan sich selbst nicht darauß wickeln.
Daß der Mensch kein Sünder sey / von wegen der ersten Schöpffung / sondern von wegen deß Falls vnnd Verderbung / bedarff keines disputierens / Deßgleichẽ auch / das Gott nochmals den Menschen erschaffe / dann niemand vnter vns solchs verneynt. Aber darmit ist auff deß Concordi Buchs Grundt noch nicht geantwortet / daß Gott die Sünde selbst nicht schaffe / welches er aber thun müste / wo ferrn die verderbte Natur die Sünde selbst / vnd kein Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur selbst vnd der Sünde were / dieweil er ein Schöpffer ist Menschlicher Natur vnnd Wesens: Vnd thut das alles nichts zur Sache / daß das Gegentheil hie viel Sprüche D. Lutheri von der Erbsünde / vnd gäntzlicher Verderbung deß Menschens accumuliert oder zusammen schreibet. Dañ hie ist eygentlich der Streit vnnd Frage: Ob Gott die Sünde selbst schaffe oder nicht. Wann nun deß Gegentheils Lehre bestehen solte / daß die verderbte Natur die Sünde selbst / vnnd kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur selbst / vnd zwischen der Sünde were / so müste vnwidersprechlich nach deß Gegentheils Irrsal folgen / daß Gott die Sünde selbst schaffete / dieweil er vnser Natur vnnd Wesen schaffet / so / deß Gegentheils Fürgeben nach / die Sünde selbst ist. Da dringet nun das Concordi Buch billich auff / vnd wir
auch. Vnd ist dem Gegentheil vnmüglich / sich solcher Gotteslästerung zu erwehren / wann sie jhre Lehre halsstarrig vertheidigen wöllen / daß das verderbte Wesen oder Natur deß Menschen die Sünde selbst sey / vnd daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur selbst vnd zwischen der Erbsünde sey. Wann sie auch noch hundert tausendt Bücher schrieben / ist es doch alles vmb sonst / sie können nicht fürvber / sie müssen sich gefangen geben / vnnd entweder jhre Lästerung fallen lassen / oder aber frey rundt die grewliche Gotteslästerung verfechten / daß Gott die Sünde selbst erschaffe / wider den ersten Artickel der Schöpffung.
Was sie auß Luthero vnd Philippo von der Fortpflantzung vñ Erhaltung der Natur / wie sie jetzo ist / nem̃lich verderbt / etc. anziehen / macht jre Lästerung nicht zur Warheit. Dann ob es wol wahrPhilip. in lo cis An. 36. editis. ist / wie Lutherus vnnd Philippus recht geschrieben / daß Gott die Natur / wie sie jetzo nach dem Fall ist / erhelt vnd fortpflantzet / so folget aber darumb nicht / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / Lutherus vnd Philippus haben das auch nicht gesetzt. Sintemal / wo das folgen solte / Gott die Sünde selbst schaffen vnd erhalten müste / welches auch zu hören abschewlich ist / vnd weder Luthero noch Philippo jemals geträumet hat / geschweige / daß sies solten also gelehret haben.
So thut auch dieses nichts zur Sachen / daß das Gegentheil fürgibt / ob gleich Gott die verderbte Natur / welche die Sünde selbst sey / erhalte vnd fortpflantze / so sey er derhalben kein Vrsacher der Sünde / dann er pflantze sie fort / wie sie nuhnmehr sey / etc. Daß Gott die verderbte Natur erhalte vnnd fortpflantze / ist vnzweiffelhafftig / wie dann auch dieses / daß er solcher Fortpflantzung wegen kein Vrsacher der Sünden sey / daß aber die verderbte Natur die Sünde selbst seyn solle / das ist streittig. Vnd da sagen wir rundt Nein zu. Dann wo es wahr were / wie das Gegentheil dringet / müste freylich auch dieses wahr seyn / daß Gott ein Schöpffer der Sünde selbst were / dieweil er die verderbte Natur schaffet /
da kan das Gegentheil nicht fürvber / es verdrehe sich so wünderlich als es jmmer wölle.
Vnnd zwar D. Lutherus hat sich selbst diß Falls gnugsam̃ verwahret / da er in seinem seruo arbitrio schreibet: Der HERR machet auch Pharaonem, non quidem formando in eo malitiam, sed ex malo semine formando eum & regendo, Das ist / Der HERR machet auch Pharaonem nicht also / daß er die Boßheit in jhme formierte / sondern daß er jhn auß bösem Samen machet vnd regieret. Item: Licet Deus peccatum non faciat, tamen naturam peccato (subtracto Spiritu) vitiatam non cessat formare & multiplicare, tanquam si faber ex ligno corrupto statuas faciat. Das ist / Ob wol Gott die Sünde nicht machet / so läst er dannoch nicht abe / die Natur / so nun durch die Sünde (nach dem der Geist weg) verderbt ist / zu formieren vnd vermehren / als wann ein Meyster auß faulem Holtz Bilder machete.
Darauß zwey Ding zu mercken: Erstlich daß D. Lutherus die verderbte Natur vnnd die Sünde nicht für eins hält / sondern klar vnderscheidet. Zum andern / daß ob er wol zugibt / daß Gott die verderbte Natur schaffe vnnd erhalte / dannoch das nicht zuläst / daß er die Sünde selbst schaffe / etc. sondern er schaffe den Menschen auß verderbtem Samen / gleich als wann ein Meyster auß faulem Holtz Bilder machete / etc. Welches er aber mit diesen Leuten gestehen müste / wann er hielte / daß die verderbte Natur die Sünde selbst / vnd kein Vnderscheidt vnter der verderbten Natur selbst / vnd vnter der Sünde were. Dann wo die verderbte Natur die Sünde selbst were / vnd bekandt ist / daß Gott die Natur schaffet / so müst freylich folgen / daß er die Sünde schaffete.
Derwegen alles das jenige / so das Gegentheil nach der länge durch etliche paginas dieses Orts fürwendet / vnsern Grundt nicht alleine nicht vmbstosset / sondern auch bestättiget vnd stercket. Dann weil der Meister / der auß faulem Holtze Bilder machet / kein Vrsach ist der Fäule deß Holtzes / so kan jm dieselbige auch nicht schuldt
gegeben werden. Wann aber das Holtz die Fäule selbst were / vnnd der Meister hette das Holtz erschaffen / so müste ja menniglich gestehen / daß der Meister an der Fäule schuldig were. Eben also verhält sichs auch in diesem Streit: Daß / weil Gott kein Vrsacher ist der Sünde in der verderbten Menschlichen Natur / so kan noch soll jhme auch dieselbige nicht zugeschrieben werden / Wann aber die Menschliche verderbte Natur / oder das verderbte Menschliche Wesen die Sünde selbst were / wie das Gegentheil für vnnd für schreyet / vnd Gott hette sie erschaffen / so köndte man nicht fürvber / man müste bekennen / daß er Schöpffer der Sünde selbst were / weil er deß Menschen Natur / so die Sünde selbst were / erschaffen.
Wer nuhn dieser Gotteslästerung entlauffen will / der muß den Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur vnd der Sünde behalten / Wo nicht / so muß er Hertz / Mundt vnnd Finger an erwehnter Gotteslästerung (daß nem̃lich GOtt die Sünde selbst schaffe) verbrennen / da wirdt nicht anders auß.
Viel ein andere Rede ists. In Menschlicher Natur ist Sünde / Menschliche Natur ist verderbt / darauff Lutheri vnnd Philippi Sprüche gehen: Als wann man sagt: Die verderbte Natur ist die Sünde selbst. Auß den vorigen folgt keines Wegs / daß Gott ein Vrsacher der Sünden sey / ob er gleich die verderbte Menschliche Natur schaffet vnd erhält / wie solches auß der Gleichnüß D. Lutheri vom Meister vnnd faulen Holtz / deutlich vnnd klar zu vernemmen ist. Auß der andern Rede aber folgt vnwidersprechlich / daß GOTT ein Vrsach / Schöpffer vnnd Erhalter der Sünde selbst sey. Dann ist jhrem Gedicht nach die verderbte Natur die Sünde selbst / vnd Gott erschaffet vnd erhält sie / so müssen sie ja bekennen / daß Gott die Sünde selbst schaffe vnnd erhalte. Aber daß wöllen diese verwirrete Leuht entweder auß Blindtheit oder muhtwillig nicht mercken.
Das Gegentheil gestehet / daß Gott auch nach dem Fall deß Menschen Schöpffer sey / vnd daß er nicht ein Schöpffer vnd Vrsacher der Sünde sey / vnnd will doch gleichwol verneinen / daß ein Vnderscheid vnter der verderbten Natur selbst vnd vnter der Sünde sey / etc. Welches sich im geringsten nicht zusammen reymet / wie bißhero augenscheinlich erwiesen.
Dieses aber ist zumal seltzam / daß es spricht / wann wir sagen / daß die verderbte Natur nicht die Sünde selbst sey / etc. so sey es eben so viel gesagt / als wann wir sprechen: Der verderbte Mensch kan nicht ohn allen Vnderscheidt vngerecht vnd dem Gesetz GOttes zuwider seyn / dieweil diese beyde Reden / so weit als Himmel vnnd Erden / oder Warheit vnd Lügen von einander vnderschieden sind. Dañ das ist fimpliciter vnd durchauß falsch / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnd muß verworffen werden / man wölle dann diese grewliche Gotteslästerung wider den articulum der Schöpffung bestättigen / daß Gott die Sünde selbst schaffe / sintemal er vnser verderbte Natur schaffet. Die ander Rede aber / wann sie recht erkläret wirdt / passieret. Dann der Mensch (von wegen der angebornen Verderbung) ist on allen Vnderscheid vngerecht / aber doch nicht die Vngerechtigkeit oder Sünde selbst. So ist er auch on allen Vnterscheid in geistlichen Sachen dem Gesetz Gottes zuwider. Darbey bleibt aber für vnd für / daß er darumb / seiner Natur vnd Wesen nach / nit die Sünde selbst sey. Oder aber da solchs bleiben solte / so müste auch dieses bleiben / daß Gott die Sünde selbst schaffete / dieweil er die Natur schaffet.
Daß auch fürbracht wirdt / D. Lutherus habe gesagt / Es sey kein Mittel zwischẽ Gerechtigkeit vñ Sünde / etc. Ergo, so müsse die verderbte Natur die Sünde selbst seyn / etc. ist nur ein lauter Thandt. Dann D. Lutherus nicht sagt / daß kein Mittel sey zwischen der Menschlichen verderbten Natur selbst vnnd zwischen der Sünde / sonder es sey kein Mittel vnter der Gerechtigkeit vnd Sünde oder Vngerechtigkeit.
So kan nun die Menschliche Natur wol vngerecht seyn / aber muß darumb nicht die Vngerechtigkeit oder Sünde selbst seyn. Wann Lutherus sagte / daß kein Mittel were zwischen der verderbten Menschlichen Natur vnd zwischen der Sünde / so hetten sie etwas für sich. Das thut er aber nicht: sondern von der Gerechtigkeit vnd Sünde redet er. Bleibt also / dieser Wort Lutherihalben / der Vnderscheid zwischen der verderbten Natur selbst vnnd zwischen der Sünde richtig bestehen / vnd pranget das Gegentheil vergeblich mit Lutheri Worten / die von diesem Streit nichts melden.
Es wird auch / wann man sagt / der Mensch sey wol ein Sünder / sündig vnnd vngerecht / sey aber die Sünde vnd Vngerechtigkeit selbst nicht / mit nichten verneinet / daß der Mensch ein Sünder vnd vngerecht für Gott sey. Dann ein anders ist / ein Sünder / sündig vnd vngerecht für Gott seyn / welchs wahr ist / vnnd aber ein anders / die Sünde oder Vngerechtigkeit wesentlich selbst seyn. Das erste ist recht vnd wahr / das ander ist Irrthumb / Vnwarheit vnnd Gottslästerung. Lassen vns demnach deß Gegentheils Geschrey nicht jrren: sondern bleiben bey der erkandten vnd bekandten Warheit fest vnd beständig.
So bedarffs auch keines Aristotelischen oder Nicodemischen Adiaphorons / daß die Natur an jhr selbst wesentlich weder gut noch böse sey / etc. Dann die Natur ist böse / daß ist / verderbt / vergifftet vnnd verunreyniget durch die Sünde / vnnd ist doch nicht die Boßheit selbst / wie nun offt vnwidersprechlich dargethan vnd erwiesen ist.
Gern wolte das Gegentheil das Argument aufflösen: WasL. iij. fac. j. Vnd hernach. Gott schaffet / das ist nicht die Sünde selbst: Gott schaffet Leib vnd Seel deß Menschen / Ergo so kan Leib vnd Seel deß Menschen die Sünde selbst nit seyn / etc. Kom̃t abermals auff Fortschaffung oder Fortpflantzung der Natur / daruon es zuvor viel vergeblicher Wort verloren / muß aber das Argument an jhm selbst vngebissen lassen. Dann wann Leib vnnd Seele deß Menschen die Sünde selbst ist /
wie sie streiten / so muß es folgen daß Gott die Sünde schaffe / denn er schaffet Leib vnnd Seele / vnnd müssen sie zugeben / das sie sonst verläugnen wöllen / nem̃lich daß GOtt die Sünde selbst nicht schaffet: Schaffet er aber Leib vnd Seel / schaffet aber die Sünde nicht / so können sie nicht fürüber / sie müssen bekennen / daß Leib vnnd Seele die Sünde selbst nicht seyn / wie sie doch sonst streiten. Summa sie verdrehen sich wie sie wöllen / so sind sie verstrickt vnd geschlagen.
L. iiij. fac. j. Es spielet auch mit den Worten Sünde vnnd Sünder / vnd nimpt sie für eines. Verstehet aber menniglich / daß das Wort Sündervom gantzen Menschen vnnd seiner Verderbung in concreto zugleich redet: Das Wort Sünde aber / von der Vngerechtigkeit vnd Bösen (in abstracto wie man in Schulen redet) damit Menschliche Natur verderbt ist / vnnd daher der Mensch ein Sünder ist vnd heisset.
Also wolte das Gegentheil sich gerne einer inuersion gebrauchen / vnnd auß vnsern eygnen Worten vns vnser Recht zu vnrechtem machen. Ir bekennet / sprechen sie / im Concordi Buch / daß der Same darauß der Mensch formiert wird / sündig vnd verderbt sey / Ist nun das wahr / so muß ja auch auß ewer eygen Bekändtniß folgen / daß Gott ein Schöpffer der Sünden sey / damit jhr vns belagen wollet / etc. Sehen aber vnter deß nicht / wie droben erwiesen / daß es viel ein anders ist / gestehẽ daß der Sam / darauß der Mensch formiert wird / sündig vnd verderbt sey / vnd ein anders / die Sünde oder Verderbung selbst seyn.
Wenn gesagt wird / daß Gott auß sündigem Samen vnser Natur erschaffe / folgt nicht daß er ein Schöpffer der Sünden sey / dieweil ein Vnderscheid vnter dem Samen selbst vñ vnter der Vnart oder Verderbung ist / damit der Same behafftet. Schaffet also GOtt wol den Menschen auß sündigem Samen / weil aber der Same nicht die Sünde selbst ist / so schaffet er auch die Sünde nicht / wie solchs zuuor deutlich außgeführet.
Da man aber mit dem Gegentheil / etc. schwermete / daß der Same die Sünde selbst were / so müsse nohtwendig folgen / daß GOtt ein Erschaffer der Sünden were. Aber dauon ist droben gnugsam berichtet.
Ist demnach alles verloren / was sie dieses Orts mit vielen Worten fürbringen.
So viel aber das Tauffbüchlein anlangt / daß solchs dem Concordi Buch nit mit einuorleibet / hat nit die Meynung / daß es solte außgemustert seyn / oder daß man die Lehre von der Erbsünde hiedurch verkleinern wolte. Dann die Concordia nicht auff die Ceremonien (so hin vnd wider in den Kirchẽ / so dem Concordi Buch vnterschrieben / vngleich seind) gerichtet / sondern auff die Lehre selbst / Also ist es auß dem Concordi Buch aussen gelassen. Deñ man niemands wöllen an die Ceremonien binden / die in solchem Büchlein begriffen: Sondern viel mehr jeder Kirchen jhre Ceremonien für sich selbst frey lassen. Stehet auch noch bevor allen Kirchen / so hie beuor solches Büchleins oder Ceremonien sich gebrauchet / oder ferner gebrauchen wöllen / daß sie es wol ohne der añdern Kirchen Einrede mögen behalten.
Das Dilemma betreffendt / Gott schaffet neben vnd mit derN. j. fac. ij. Natur auch die Qualitates vñ Accidentia. Nun sagen wir die Erbsünde sey ein Qualitas, accidens oder böser Schade / zu fall vñ Seuche. Ergo / müssen wir bekennen / daß er auch die Erbsünde schaffe / etc. Oder aber / weil die Erbsünde ein Werck deß Teuffels / daß der Teuffel dieselbige schaffen müsse / etc.
Antwort: Die erste propofition vnderscheiden wir / vnd sagen daß Gott die gutẽ qualitates oder Kräfften in vñ mit der Natur schaffe vnd erhalte / aber nicht die Erbsünde welche ein böse qualitas, Seuche oder böser zufall ist / so nicht von Gott herkompt oder geschaffen wirdt / sondern vom Teuffel vnnd deß Menschen willen jhren Vrsprung hat / vnnd in die erschaffene Menschliche Natur / Rom. 5. kommen ist.
In Summa / wie droben gemeldt / Gott schaffet wol die verderbte Natur / aber die Sünde in derselbẽ / welche eine böse Qualitas oder Seuche ist / schaffet er nicht. Gleich wie der Meister die Feule im Holtz nicht schaffet / sondern darinnen findet: Also schaffet Gott die Sünde / die in der Natur ist / vñ damit sie verderbt ist / nicht / sondern er findet sie darinnen / vnd ob er wol auß bösem oder verderbten Samen den Menschen schaffet / so schaffet er darumb die Boßheit vnnd Verderbung selbst nicht / welche ohn sein Zuthun oder Geschöpff darinnen ist.
Derwegen fällt diß gantz Dilemma in Kot hinein / darauß es her genommen ist.
Ob auch die Erbsünde ein Werck deß Teuffels genannt wirdt / heißt doch (Werck) in dieser Rede nicht ein Creatur / sie ein Substantz oder qualitet, dann der Teuffel nichts solcher Gestallt schaffen kan / sondern darumb wird sie also genannt / weil er ein Aufänger vnd Verursacher derselben ist. Vnd ist ein schändtliche Sophisterey / der sich das Gegentheil in diesem Stück befleissiget / die keines Weges zu loben ist.
Wann man auch dieses Orts wolte das Gegentheil bezahlen / were es nicht schwer / auß jhren Schrifften zu erweisen / daß sie den Teuffel zum Schöpffer machen / etc. Aber dauon an seinem Ort.
N. 1. fac. ij. Vnd hernach. Wie Philippi vnd D. Lutheri Wort / welche sie an diesem Ort auß seinem seruo arbitrio anziehen: Ob wol Gott die Sünde nicht schaffet / etc. der wir auch droben erwehnet / jhre falsche vnd jrrige Meynung / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / widerlegen / ist daselbst gründtlich dargethan / derwegen hie von vnnöten ferrner darauff zu antworten.
N. iij. fac. ij. Ja / sagt das Gegentheil / GOTT strafft offt Sünde mit Sünden / vnd ist doch nicht ein Vrsach der Sünden. Ergo so folgt es nicht / ob wir sagẽ / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / daß er derenthalben müst ein Vrsacher der Sünden seyn.
Hie antworten wir per distinctionem: Gott straffe Sünde
mit Sünden nicht / so fern sie Sünden sind / sondern so fern sie straffen der Sünden sind / denn Gott ist nicht der Sünden Vrsacher / sondern der straffen. Darumb sich diese obiectio hieher nit reimet.
Zum sechsten / wolte sich das Gegentheil gern erwehren / daßO. j. fac. j. Vnnd folgendts. auß seiner Lehre nicht folgen solte / daß der Teuffel ein Schöpffer der verderbten Natur were / etc. Vnd eben dieselbige Beschuldigung auff vns selbst vnd das Concordi Buch treiben. Es tollisiert aber in diesem Stück (daß wir seines eignen Worts brauchen) dermassen / daß menniglich / wer es nur lieset / greiffen kan / daß es im Hirn vnrichtig sey / vnd selbst nicht verstehe was es setzet oder saget.
Den Vnterscheid zwischen Gottes vnd deß Sathans Werck will es gestehen (denn es sieht daß es nicht für vber kan) vnd vnderstehet sich doch denselben zu eludieren / vnd vmbzustossen.
Wann durch das Wörtlein (Sünde) Adams Fall verstanden wird / spricht das Gegentheil / so sey es war / daß ein Vnderscheid sey zwischen Gottes vnd deß Teuffels Werck / vñ daß die Schöpfffung alleine Gottes / vnnd keines Weges deß Teuffels Werck sey / etc. Lieber was ist doch das für ein Wirrewerck? Vñ was ist doch das gesagt? heißt das deß Concordi Buchs Grundt vmbstossen? oder sich erwehren / daß man nicht lehre / daß der Teuffel ein Schöpffer der verderbten Natur sey? Das Vrtheil hieruon sey allen frommen Hertzen heimgestellet.
Die Frage ist ja nicht / ob die erste Schöpffung Adae Gottes oder deß Teuffels eygen Werck sey / sondern darüber ist der Streit / weil sie lehren / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnnd aber bekandt / daß die Sünde selbst nicht Gottes sondern deß Teuffels Werck ist / oder von jhme anfänglich her rühre: Ob nit vnwidersprechlich darauß folgẽ müsse / wann die verderbt Natur die Sünde selbst sey / daß sie auch deß Teuffels vnnd nicht Gottes Werck sey / dieweil Gott die Sünde selbst nicht schaffet / oder aber weil die Sün de von jhme im geringsten nicht herkömbt / sondern vom leydigen Sathan / etc.
Da solte das Gegentheil richtig antworten / so kompt es getrollet vnd sagt / die erste Schöpffung Adae sey nicht deß Teuffels Werck.
Demnach dann das Gegentheil nicht richtig zu antworten will oder kan / so wöllen wir auff vnsern beständigen Grund dringen / vnd sagen nochmals: Sie verstellen sich wie sie wöllen / so müssen sie gestehen / daß der Teuffel ein Schöpffer der verderbten Natur sey / wenn sie diese rede zu verfechten nit ablassen / daß nem̃lich die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnnd daß kein Vnderscheid sey zwischen der verderbten Natur selbst / vnnd zwischen der Sünde. Dann so lang als das bleibet / daß die verderbte Natur die Sünde selbst ist / vnd daß kein Vnderscheid zwischen der verderbten Natur selbst vnd zwischen der Sünde sey / so lang muß auch dieses bleiben / daß der Teuffel ein Schöpffer dieser verderbten Natur sey: Sintemal mit Bestandt vnnd Warheit nimmer kan gesagt werden / daß Gott die Sünde selbst schaffe. Weil nun die Sünde selbst vom Teuffel herrüret vnd kompt / vnnd nicht von Gott / vnnd sie lehren vnnd schreyen / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey: So können sie nicht fürüber / sie müssen zugeben vnnd sagen / daß der Teuffel dieser Natur / welche / jhrem Fürgeben vñ Geschrey nach / die Sünde selbst ist / geschaffen habe oder derselben Schöpffer sey. Hie ist der Platz / hie sollen sie antworten / vnd nicht springen / wie einer / der die heissen Kolen nit gern anrüret / einen weiten Lufftsprung zu thun pflegt. Es ist jhnen aber vnmüglich / daß sie sich herauß wickeln vnd gemelter Gottslästerung erwehren solten / wo ferrn sie auff jhrem gefasten Irrsall / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / verharren.
Daß sie einwenden / der Teuffel / als ein Lügner vnnd Mörder / habe Adams Natur ermordet / vnd daß die Menschliche Natur deß Teuffels Werck genandt werde / was die Verfürung / Verderbung / Zerstörung oder Ermordung derselben anlangt / dieweil er
sie zum Fall gebracht vnnd ermordet / etc. Das taug für sich selbs nicht / reimet sich auch nichts vberall zu dieser Sach. Vrsach ist / dann erstlich ist es nit wahr / daß der Verkehrung oder Verderbung halben / so der Sathan in der Menschlichen Natur angericht / die Menschliche Natur ein Werck deß Teuffels heisse. Sintemal viel ein anders ist / Gottes Werck im Menschen zerstören / verderben / vnnd / wie sie reden / ermorden / vnd deß Teuffels Werck selbst seyn. Der Mensch oder Menschliche Natur bleibet für vnd für Gottes Werck / vnd kan nimmermehr recht deß Teuffels Werck auff keinerley Weise genennet werden / wie wunderlich auch der Sathan damit vmbgangen / vnd wie grewlich er sie auch durch den Fall oder Sünde verderbet hat.
Ist sich also nicht wenig zu verwundern / daß diese Leut solche grewliche Lästerungen zu verfechten sich vnterstehen dürffen.
So ist es auch nicht wahr / daß ein schön Glaß / welchs ein böser Bube zerbricht / solchs Zerbrechens halbẽ / desselben bösen Buben Werck recht vnnd warhafftig könne genennet werden. Dann zerbrechen / vnd sein Werck seyn / sind / eygentlich zu reden / so weit voneinander vnderscheiden / als der Auffgang vom Nidergang. Ein Zerbrecher deß Wercks / das der Glaser gemacht hat / kan ein solcher Bube wol genennet werden / das zerbrochene Glaß aber ist drumb sein Werck nicht / kan auch vnnd mag auff keinerley Weise eygentlich vnnd mit Warheit sein Werck genennet werden. Also kan man den Teuffel wol ein Zerbrecher oder Zerstörer GOTtes Wercks / das ist / der Menschlichen Natur heissen / daß aber vmb vnnd von wegen solcher Zerstörung oder Zerbrechung die verderbte Menschliche Natur selbst mit Bestandt vnnd Warheit solt können deß Teuffels Werck genandt werden / kan in Ewigkeit nicht beybracht noch mit Grundt vnd Bestandt erwiesen werden.
Solcher Gestallt klagt wol D. Lutherus / daß der Mensch durch den Fall zur schändtlichen Laruen deß Teuffels worden / daß er aber die verderbte Menschliche Natur selbst solte darumb deß Teuffels Werck nennen / das thut er nicht / vnnd wir gedenckens auch nicht zuthun / vnser Gegentheil tollisiren vnd schwermen so lang als sie wollen.
Zum andern / steckt in dem Wort (Ermorden) dieser Irrsal deß Gegentheils / als sey die Menschliche Natur durch den Teuffel also verkehret / daß sie wesentlich verwandelt / vnnd zu deß Teuffels Laruen worden / daß nunmehr nach dem Fall die verderbte Natur selbst wesentlich die Sünde sey / etc. Solcher Irrsall ist droben auß vnwidersprechlichem Grunde widerlegt vnd vmbgestossen. Vnnd da auch dieser deß Gegentheils Irrsall solte stadt haben vnd gelten / so müste der Sathan freylich ein solcher Herr sein / der die von Gott erschaffene Naturen wesentlich verwandeln / vnd zu andern Naturen machen oder in andere Naturen transformieren könte / welchs nicht weniger GOTT alleine zu zuschreibẽ / als die Schöpffung selbst: Derhalben dañ abermals bleiben müste / daß der Sathan ein Schöpffer were vnnd Göttliche Allmacht hette / weil niemandt / ausserhalb GOTT alleine / die Naturen solcher Gestallt wesentlich auß einer Natur in die ander verwandeln kan. So weiß auch vnd lehret die Heilige Schrifft nichts vberall von solcher wesentlichen Verwandlung der guten Menschlichen Natur / wie sie in Adam gewest / in eine wesentliche böse Natur / welche nunmehr die Sünde selbst wesentlich were. Trotz daß sie solchen jhren erträwmeten Wahn / mit eynigem Spruch der Schrifft (recht angezogen) begrundfestigen vnnd wahr machen: Sie haben wol viel hieruon geschwärmet vñ gedichtet / aber in Warheit nie nichts erwiesen / werdens auch nimmer nicht erweisen.
Zum dritten bleibt noch jmmerdar deß Concordi Buchs
Grundt fest stehen / daß wann die verderbte Natur die Sünde selbst were / daß nohtwendig vnd vnverneinlich folgen müsse / daß der Sathan der verderbten Natur Schöpffer were / sintemal Gott die Sünde selbst nicht schaffet / vnd die Sünde selbst deß Teuffels vnd nicht Gottes Werck ist. Dann ob sie gleichlang vom Zerbrechen / Verderben vnd Ermorden disputieren vnd kollern / so kan noch vermag derhalben die verderbte Natur auff keinerley Weise oder Weg deß Teuffels Werck mit Warheit genennet werden. So ist auch die Frage nicht von Zerstörũg oder Verderbung der Natur / wie sie Gott anfangs geschaffen hat: Sondern darvon / ob die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnd da sie die Sünde selbst sey / ob dann nicht vnwidersprechlich folgen müste / weil Gott die Sünde selbst nicht schaffet / sondern vom Sathan herrühret / daß er auch derselben Schöpffer sey / welches dann vnverneinlich folgen muß / wann deß Gegentheils jrrige Meynung / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / soll platz haben.
Zum vierdten / so gilt der Wirbel vnd Lufftsprung nicht / denO. ij. fa. 2. es hie thut / da es für gibt / wir solten deß Teuffels Werck in die Schöpffung mengen vnnd darnach jhnen zumessen / als lehreten sie daß der Teuffel ein Schöpffer wehre dieser Natur / so sie doch außtrucklich lehren / daß Gott den Menschen geschaffen habe vnd erhalte / vnd nicht der Teuffel / etc.
Antwort: Wir vermengen keines weges deß Teuffels Werck mit der Schöpffung / sonder viel mehr klagen vnd erweisen wir vber sie / daß sie solchs thun. Dann wer dalehret / daß die verderbte Natur die Sunde selbst sey / der vermengt freylich die Schöpffung vnd deß Teuffels Werck in einander. Solches aber thut vnser Gegentheil. Ergo. Daß solches wahr sey / erfindet sich darauß / daß es vnwidersprechlich wahr ist / daß wo die verderbte Natur die Sunde selbst ist / vnd aber gestanden werden muß / daß nicht Gott die Sünde selbst schaffet / sondern daß sie vom bösen Feindt herkom̃e / So muß auch zu gleich mit gestanden werden / daß der Teuffel der verderbten Na-
tur / welche / jrem Gedicht nach / die Sünde selbst ist / Schöpffer vnd Fortpflantzer. Das können sie nit leugen / wann sie sich gleich mehr als ein Chamaeleon oder Protheus verändern köndten.
Deß Gegentheils Betrug steckt darinnen / daß es meynet / es habe sich trefflich wol verantwortet / wann es sagt: Die Menschliche Natur in Adam sey nicht deß Teuffels Werck / vnnd der Teuffel habe dieselbe nicht erschaffen / sondern Gott alleine / etc. Aber das heist den Zweck verrücket / vnd nicht gerade zu auff den Hauptstreit geantwortet. Dann der Hauptstreit ist nicht von der Menschlichen Natur / wie sie GOtt in Adam erschaffen / sondern darvon / obs wahr sey / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / da vnser Gegentheil Ja / wir aber Nein zu sagen. Darumb ist es nicht geantwortet / wann sie lange schwetzen: Der Teuffel sey nicht ein Schöpffer der Menschlichen Natur / sondern Gott. Dann darvon ist kein Streit vberal: Sondern / wie gemeldt / von der fürgestellten Rede / daß sie lehren / die verderbte Natur sey die Sünde selbst / vnnd sey kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur selbst vnnd zwischen der Sünde. Wöllen sie nuhn antworten / müssen sie sich viel anderst zur Sach stellen / vnd nicht mit solchen Lufftsprüngen ins weite Feldt außschweiffen.
O. iij. fa. 1. Wir argumentieren nicht also: Der Teuffel hat Adam zum Fall bracht / verderbet vnd ermordet / Darumb ist der Teuffel sein Schöpffer / So vnverständig sindt wir / Gott Lob / nicht / darumb dürfft es jhres Spottens gar nicht / daß sie dieses Orts treiben / sondern also argumentieren wir wider sie:
Wer da lehret / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / der muß auch zugleich mit bekennen vnd lehren / daß der Sathan der verderbten Natur / welche die Sünde selbst seyn soll / Schöpffer ist / Sintemal Gott die Sünde selbst nit schaffet. Sie lehren also / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / Derhalben.
Item: Wer da fürgibt / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnd will nicht zulassen / daß einiger Vnderscheidt zwischen
der verderbten Natur selbst / vnd zwischen der Sünde sey / der kan nicht fürvber / er muß zugleich gestehen / daß der Sathan deß verderbten Menschens Natur / welche die Sünde selbst seyn soll / schaffet. Dann das Principium ist vnfehlbar / daß Gott die Sünde selbst nicht schaffet.
Sie aber geben solches für / vnnd vertheidigens mit aller Macht. Ergo.
Schaffet Gott die Sünde selbst nicht / vnd die verderbte Natur ist die Sünde selbst / vnd bekandt ist / daß sie von sich selbst nicht seyn kan / sondern muß einen Schöpffer haben / Gott aber derselbe nicht ist (sintemal Gott die Sünde selbst nicht schaffet) so muß ja / deß Gegentheils Schwarm̃ nach / der Teuffel solcher Schöpffer seyn / von welchem die Sünde selbst herrühret / etc. Vnd eben zu diesem Ende widersprechen wir deß Gegentheils Lehre / daß wir Gottes vnnd deß Teuffels Werck nicht wöllen ineinander vermenget haben. Derwegen auch jhre inuersio, da sie vns gern solche Vermischung zumessen wolten / ein lauter Fabelwerck ist.
Zum siebenden / gibt das Gegentheil für / daß nicht alle die Sprüche / so das Concordi Buch / zu erweisen / daß auch nach dem Fall Menschliche Natur eine Creatur vnd Werck Gottes sey / etc. angezogen / eygentlich darvon lauten / sondern eines Theils auch von der Widergeburt deß Menschen außgelegt werden. Was thut aber dieses zu Erörterung deß Streits / ob die verderbte Menschliche Natur die Sünde selbst sey? Dann da gleich etliche der angezogenen Sprüche / als Jesai. 54. 64. von der Widergeburt außgelegt würden oder werden köndten: So saluiert doch solche Außlegung jhren Irrthumb nicht: Daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnnd daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur selbst vnd zwischen der Sünde sey. Hette demnach sein langes Geschwätz hiervon wol können anstehen lassen.
Zum achten. Das aber ist erstlich lächerlich zu hören / daß das Gegentheil fürgibt: Es sey ein absurdum rationis non fidei, Das ist / die Vernunfft stosse sich dran / vnd nicht der Glaube / wañ man lehret / die verderbte Natur sey die Sünde selbst / etc. So müsse entweď Gott ein stiffter der Sünden / oder der Teuffel ein Schöpffer der jetzigen Natur seyn / etc. Dann der keines folge darauß / etc. Wer hat doch sein Lebenlang kindischer Fürgeben gehört? Freilich ists absurdum fidei, oder laufft stracks wider den Artickel deß Glaubens von der Schöpffung / wann man lehret / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnnd daß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur vnnd zwischen der Sünde sey. Dann wo das wahr / so muß der eines vnwider sprechlich folgen / weil Gott die verderbte Natur schaffet / daß er auch müsse die Sunde selbst schaffen / weil jhrer Lehre nach die verderbte Natur die Sünde selbst ist. Oder aber so das nicht sein oder folgen soll / weil Gott die Sünde selbst nicht schaffet / So muß ja daß ander folgen / weil die verderbte Natur ohn einen Schöpffer nicht sein kan / vnd dann bekandt / daß die Sünde selbst vom Teuffel herrühre / daß der Teuffel die verderbte Natur schaffe / welche jhrer Meynung nach die Sünde selbst ist.
Eben so reymet sich auch dieses / das sie auß vnser Lehre folgern wollen: Ist vnsere verderbte Natur nicht die Sünde oder die Erbsünde selbst / so ist sie nicht vngerecht / vnd dem Gesetz Gottes widerspenstig. Schande ist es / daß man solch dölpisch Ding für die Leuhte bringen / vnnd so viel eynfältige Hertzen darmit auffhalten soll. Keines Wegs folget das auß vnser Lehre. Dann wann wir verneinen / daß die verderbte Natur nicht die Sünde selbst sey / streiten wir nichts mehr / als daß der nohtwendige vnd warhafftige Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur / die auch jetzo Gottes vnd nicht deß Teuffels Werck ist / bleibe / etc. Vnd daß wir weder Gott zum Schöpffer der Sünden / noch den Teuffel zum Schöpffer der verderbten Natur machen. Daß aber die Natur verderbt / vngerecht / vnheilig vnnd vnrein sey / etc. bekennen vnnd lehren wir von
gantzem Hertzen starck vnd fest / vnd hat mit dem vorigen nichts zuschaffen.
Bleibt also der Grundt deß Concordi Buchs auß dem Artickel von der Schöpffung genommen / wider alles sophisticieren vnd tollisieren deß Gegentheils / fest vnd vnwidersprechlich wahr.
Gründtlicher Bericht auff die Anklag / daß das Concordi Buch vnrecht auß dem Artickel von der Erlösung erweisen solle / daß ein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur selbst vnd zwischen der Sünde sey: Vnnd Christlicher Beweiß / daß gemeldter Grundt vnvmbstößlich sey.
DEß Concordi Buchs Argument vnd Grundt ist:
Was Christus angenommen / das ist nicht die Sünde selbst:
Christus hat vnsere Menschliche Natur angenommen / etc.
Darumb ist sie nicht die Sünde selbst / sondern es ist ein Vnterscheidt zwischen der verderbten Natur selbst / vnd zwischen der Sünde.
Diesen vnwidersprechlichen Grundt vnderstehet sich das Gegentheil mit dieser Sophisterey vmbzustossen: Christi angenom̃eneP. iij. fa. 2 Menschliche Natur sey nicht die Sünde selbst / das ist / vngerecht / dann Gottes Sohn habe nicht die Erbsünde / das ist ein gantz verderbte Natur angenommen / etc.
Heist aber das geantwortet / oder heist es nicht viel mehr seine grobe Vnwissenheit / oder mutwilligen Betrug an Tag ge-
geben? Dann die Frage ist nicht / Ob der Son Gottes eine vngerechte Menschliche Natur angenommen / sondern ob er vnsere Menschliche Natur ohne die Sünde angenommen. Wann der Christliche Leser darauff acht gibt / befindet er / daß deß Gegentheils vielfältiges Entschüldigen ein lauter Spiegelfechten sey / dardurch es im wenigsten auff den Hauptstreit in dieser Sachen nicht antwortet.
Vnsere Menschliche Natur hat der Sohn Gottes angenommen / aber die Vngerechtigkeit / damit sie behafft ist / hat er nicht angenommen / sondern in der Menschwerdung als ein malum separabile, wie es D. Lutherus Genes. cap. 38. recht nennet / darvon abgescheiden. Darauß vnwidersprechlich folget / daß die verderbte Menschliche Natur selbst / vñ die Verderbung / so darinnen ist / nicht eynerley / sondern vnderschieden sindt.
So viel nuhn deß Gegentheils Fürgeben / vom wesentlichen Vnderscheidt zwischen Christi vnnd vnser Menschlichen Natur / anlangt / welchen es durch etliche paginas treibet / ist / mit einem Wort zu antworten / eine solche erschreckliche Gotteslästerung / daß / wann sie dem Gegentheil solte eyngeräumet werden / einmal den Grundt vnsers Christlichen Glaubens / vnnd also auch der ewigen Seligkeit gantz vnd gar auffhübe vnd auß dem Weg räumete. Wir sagen auß Gottes vnfehlbarem Wort / daß kein Vnderscheidt sey zwischen der angenommenen Menschlichen Natur Christi vnd vnser Natur / so viel das Wesen der Natur selbst belangen thut / wie baldt soll angedeutet werden.
Ausserhalb der Substantz ist wol Vnderscheidt in andern Sachen / aber nicht im Wesen selbst. Dann dem Wesen nach ist er mit vns seinen Brüdern eines Wesens vnd durchauß gleich / allein die Sünde außgenommen. Hebr. 4. Darumb Johan. 1. stehet: Das Wort wardt Fleisch / das ist / Es nam vnser warhaffte Menschliche Natur an. Vnnd Luce 1. Was auß dir geboren
wirdt. Vnnd Hebr. 2. Nach dem die Kinder Fleisch vnd Blut haben / ist ers gleicher Masse theilhafftig worden. Item: Er nimbt nicht die Engel an sich / sondern den Samen Abrahe nimbt er an sich. Rom. 1. Der geboren ist von dem Samen Dauid nach dem Fleisch. Jesai. 9. Ein Kindt ist vns geboren / ein Sohn ist vns gegeben / etc. Solches bekennt auch die gantze Christenheit im Symbolo Nyceno, daß er vmb vnser Menschen vnnd vmb vnsers Heils willen Mensch worden sey. Item / das Symbolum Athanasij: Aequalis Patri secundùm diuinitatem, aequalis nobis secundùm humanitatem. Das ist / vnd wie die alte Kirche recht geredt hat / daß Christus nach seiner angenommenen Menschheit mit vns seinen Brüdern eines Wesens sey / etc Wer das Gegenspiel lehret vnd hält / der sey Anathema oder verflucht.
Das Gegentheil zeucht wol fünfferley Vnderscheidt zwischen CHRISTI vnnd vnser Menschlichen Natur an. Es gehet aber derselben keiner darauff / erweiset auch keiner / daß im Wesen selbst ein Vnderscheidt zwischen Christi vnnd vnser Menschlichen Natur sey. Wie dann auch im Grundt (so viel das Wesen der Natur anbetrifft) keiner ist / sondern gehen alle dahin / daß Christi angenommene Menschliche Natur / die vns im Wesen durchauß gleich ist / viel praerogatiuas oder Vorzuge habe / welche vnsere Natur nicht hat. Welche Vorzüge aber das nicht anzeigen / daß darvmb die Natur selbst nach dem Wesen von vnser Menschlichen Natur wesentlich vnterscheiden sey. Aber zur Sache.
Die Vnderschiede / darauff das Gegentheil pochet / lauten also:
I. Daß Christi Menschliche Natur von vnser vnterschieden sey / was die Eltern oder Werckzeug anlanget / darauß wir vnnd Christus geboren.
II. Daß Christus ohne Mannes Zuthun empfangen.
III. Daß sie persönlich mit der Göttlichen Natur deß Sons Gottes vereyniget.
IIII. Daß Christus mit seiner Natur von Gott nicht abgewichen vnd vntüchtig worden / wie wir.
V. Daß Christus / nach seiner angenommenen Menschlichen Natur / nicht ein Kindt deß Zorns sey / als wir sindt.
Diese Vnterschiede gestehen wir allzumal gerne / daß sie aber Christi vnd vnsere Menschliche Natur selbst / so viel das Wesen betrifft / vnterscheiden soll / gestehen wir keines Wegs / könnens vnnd sollens auch nimmermehr gestehen.
I. Der Sohn Gottes ist wol von einer Jungfraw geboren / Jesai. 7. Vnnd wir werden von Vatter vnd Mutter ordentlicher Weise geboren. Aber was thut dieses zum Vnderscheid der Mensch lichen Natur selbst? Nichts vberall. Dann ob er wol von einer Jungfrawen geboren / ist darumb seine Menschliche Natur von vnser nicht vnderschieden / oder wesentlich eine andere Natur / als vnsere Natur / ist.
II. Also / ob er wol ohne Zuthun eines Mannes durch Vberschattung deß H. Geistes Menschliche Natur angenommen / so machet doch auch dises keine Vnderscheid der Natur oder Wesens / zwischen Christi vnd vnser Natur: Sonder gehet dahin / daß er ohne Sünde wahrer Mensch empfangen vnd geboren / welches bey vns nicht seyn kan / weil wir auß sündigen Eltern / vnd auß sündtlichem Samen / vnd nicht durch Vberschattung deß H. Geistes empfangen vnd geboren werden.
Lutheri Spruch / welchen das Gegentheil hie allegiert: Christus ist vns allerding gleich worden / vnnd dasselbige Fleisch vnnd Blut / daß wir sindt / aber hie scheidet sichs / daß wir nicht kommen durch den H. Geist / sondern auß sündtlichem Fleisch vnd Blut / etc. bestättiget mit nichten / daß zwischen Christi vnd vnserer Menschlichen Natur ein Vnderscheidt sey / sondern das lehret er / daß der
Same oder Geblüt / auß welchẽ Christus nach seiner angenom̃enen Menschlichen Natur entpfangen / durch den Heiligen Geist gereiniget / daß er ohne Sünde hat können Mensch entpfangen vñ geboren werden / etc. Darumb schlegt er deß Gegentheils Irrsall / vnnd nicht vnsere ware Bekändtnüß zu boden.
III. Die Persönliche Vereynigung macht auch keinen Vnderscheid zwischen Christi vnnd vnser Menschlichen Natur / so viel das Wesen der Naturen selbst angehet: Sondern erhöhet die angenommene Menschliche Natur / die vnser Natur am Wesen durchauß gleich ist (außgenommen die Sünde) für aller anderer Menschen Natur / daß dergleichen keiner mehr erfunden / welchs Natur der Sahn Gottes jhme persönlich vnd vnzertrennlich vereyniget / als diese Natur alleine.
IIII. Also das Christi angenommene Menschliche Natur durch auß rein / heilig / gerecht / dem Gesetz gleichförmig / vnnd nie gesündiget hat / etc. Hebt gleicher gestallt die Gleichheit Menschlicher Natur Christi vnd vnserer Natur / so viel das Wesen anlangt / nicht auff: Sintemal Gerechtigkeit / Reynigkeit / Heiligkeit vnd Gleichförmigkeit mit dem Gesetz das Wesen der Menschlichen Natur Christi nicht ändern / oder von dem Wesen vnserer Natur vnterscheiden: sondern nur das anzeigen / daß Christi Menschliche Natur / welche dem Wesen nach vnser Natur gleich ist / für vnser Natur / die in Sünden entpfangen / diesen Vorzug habe / daß sie gerecht / rein / heilig / dem Gesetz gleichförmig / da vnser Natur vngerecht / vnrein / vnheilig / vnd dem Gesetz widerwertig ist. Solche Gerechtigkeit vnnd Reinigkeit aber machet nicht einen Vnderscheid der Naturen nach dem Wesen / sondern nach den Gaben.
Solcher Gestallt vnderscheidet auch dieses nicht das Wesen der Natur / daß Christi Natur das Ebenbildt Gottes gehabt / daß jhr alle Propheten vnnd Aposteln das Gezeugnüß der Vnschuldt vnd Gerechtigkeit mitgetheilet: Sintemal das Ebenbildt Gottes / die Vnschuld vnd Gerechtigkeit / nicht das Wesen der Natur selbst
sind / sondern Geschenck vnd Gaben / so der Natur deß Menschen vor dem Fall auß Gnaden eingepflantzt gewesen.
V. Daß Christus auß seiner Menschlichen Natur nicht ein Kind deß Zorns vnnd der Verdamniß / als wir sind / beweiset auch nicht / daß ein Vnderscheidt sey zwischen Christi vnnd vnserer Menschlichen Natur / so viel das Wesen der Natur selbst betrifft / sondern bezeugt nur dieses / daß Christus / weil er nach seiner angenommenen Menschlichen Natur nicht in Sünden entpfangen vnd geboren / als wir / auch dem Zorn Gottes vnd der ewigen Verdamniß nicht vnderworffen sey. Was thut aber dieses zum Vnderscheid der Natur selbst / welchen das Gegentheil dar auß darthun vnd erzwingen will?
Ferrner kompt das Gegentheil auff vnsern Grundt / vñ wolte denselben gerne vmbstossen / richtet aber mehr nicht auß / als daß es sich selbst mehr vnd mehr zu schanden machet.
I. Christus habe die Erbsünde nit erschaffen / etc. Spricht es / das sey wahr / nem̃lich / daß die Erbsünde für sich selbst ein besonder vnder schiedenes selbstendig Wesen im Menschen sey / Solchs aber ist jhr eygen Gedicht. Dañ wir stracks Nein darzu sagen / daß die Erbsünde im Menschen ein besonders vnderschiedenes selbstendig Wesen seyn solle / etc. So habẽ wol die alten Manicheer vor zeiten geschwermet / wir aber verdammen solchen Schwarm von Grundt vnsers Hertzens. Darumb sie dann auch mit dieser jhrer Calumnien nichts außrichten.
Was hie fürbracht wird / daß Fleisch / alter Adam vnd Erbsünde einerley seyn / thut nichts zur Sache.
Dann Fleisch heist in der Schrifft nicht alleine die Erbsünd / sondern begreifft zweyerley / nem̃lich das Wesen deß Menschen vnd die Boßheit / so darinnen ist. Johan. 3. 6. Das Wesen deß Fleisches hat Christus angenommen / aber die Boßheit vnd Vnart deß Fleisches hat er nit angenom̃en. Dann sein Fleisch ist in der Entpfängnüß võ aller Boßheit / Vnreinigkeit vñ Sünde durch den H. Geist gereiniget vnd geheiliget worden. Luc. 1.
Also das Wort / alter Adam / Rom. 6. ob es wol vom gantzen Menschen vnnd der alten Boßheit / die jhm anhanget / gebraucht / jedoch eygentlich zu reden / heist es nicht die Menschliche Natur selbst: Sondern die alte Boßheit vnd Verderbung / dardurch die Menschliche Natur an Leib vnd Seel verunreiniget ist. Vnd hat Christus wol die Menschliche Natur angenommen / aber nicht den alten Adam oder die Boßheit / mit welcher die Menschliche Natur behafftet vnd beladen ist.
II. Das ander / daß Christus die Erbsünde nicht angenom̃en / ist kurtz zuuor gnugsam erwiesen.
III. Daß Christus die Erbsünde an den ausserwehlten nicht erwecken werde / etc. wird hernach an seinem Ort gehandelt werden.
IIII. Das Christus die Erbsünde nicht erlöset / soll nun hinfürter erwiesen vnd erstritten werden.
Beweiß daß Christus die Erbsünde nicht erlöset.
DAs Gegentheil aber will mit vier Argumentẽ erweisen / daß Christus die Erbsünde erlöset. Erstlich auß Gottes Wort. 2. Auß der Apologia der Augspurgischẽ Confession. 3. Auß dẽ Catechismo. 4. Auß D. Lutheri Zeugnüssen. Diese Argument wöllen wir kürtzlich in der Furcht deß HERRN erwegen.
Daß (Welt) Johan. 3. so viel heisse als die Erbsünde / ist ein pur lauter Gedicht. Menschen heist es oder verderbte Menschen / vnd nicht die Sünde selbst. Christus ist kommen in die Welt / daß er sie selig mache / das ist / daß er die verderbte Menschen von der Sünde freye erlöse vñ selig mache. Wann es so viel hiesse / als die Sünde selbst / müst folgen / daß Christus kommen were / die Sünde selbst selig zu machen / da es doch heist: Qui propter nos homines der vmb vnser Menschen willen / vnnd nicht der vmb der Sünde selbst willen Mensch worden.
Hat Christus / sprechen sie / die Welt oder Menschen / welche eine verderbte Natur sind / erlöset / etc. So hat er auch die Erbsünde erlöset / etc. Vnderscheide recht so hastu die Antwort. Verderbte Menschen vnd Erbsünde sind nicht einerley / wie droben erwiesen. Derwegen ob wol wahr ist / das Christus kom̃en ist die Welt oder verderbte Menschen zu erlösen / so ists aber darum̃ nit war / daß er die Erbsünde selbst erlöset. Dann verderbte Menschen vnd Erbsünde sind nicht einerley.
Matth. 18. stehet / deß Menschen Sohn ist kommen sälig zumachen das verloren war. Da mengen sie aber die verlorne Menschen vnd die Sünde ineinander. Nun spricht Christus nicht / daß die Erbsünde verloren sey / vnnd daß er kommen sey dieselbige selig zumachen: Sondern die Menschen / so vmb vnd von wegen der Erbsünde willen verloren vnnd der Verdamniß vnterworffen waren.
So verhelt sichs auch mit den Sprüchen Ephes. 1. & Colos, 1. Wir haben die Erlösung durch sein Blut / nem̃lich die vergebung der Sünden. Wann Paulus hielte / daß die verderbte Natur vnd Sünde einerley weren / müste er nicht geschrieben haben / wir haben die Erlösung durch sein Blut / sondern die Erbsünde selbst hat die Erlösung durch sein Blut / nem̃lich / vergebung der Sünden.
Also auch 1. Timoth. 1. Christus ist kommen die Sünder selig zumachen. Sünder vnd Sünde sind vnderscheiden. Die Sünder von der Sünde selig zumachen ist Christus kommen / aber nicht die Sünde selbst. Vñ das ist auch aller anderer Sprüch Verstand / so das Gegentheil / seine jrrige Meynung zubefestigen / dieses Orts auff die Ban bringet.
II. Auß dem dritten articulo der Augspurgischen Confession ziehen sie an: Christus sey nicht allein ein Opffer worden für die Erbsünde / sondern auch für die wircklichen Sünde / Ergo so hab er ja die Erbsünde erlöset.
Für die Erbsünde ist er ein Opffer worden / aber nicht daß er
sie erlösete / dann da weiß die gantze Schrifft nichts von / ist auch in der Augspurgischẽ Confessiõ vñ Apologia nit ein Buchstab von zu befinden: Sonder daß er vns verderbte vnd verlorne Menschen von der Erb: vnd wircklichen Sünden erlösete / damit wir selig würden.
III. Der Catechismus sagt: Christus hat mich von allen Sünden erlöset.
Ergo so hat er die Erbsünde erlöset.
Das heist ja beweiset. Der Catechismus vnderscheidet / vnnd spricht nit: Christus hat die Erbsünde erlöset / sondern: Er hat mich verdampten Menschen von allen Sünden erlöset. Mich verdampten Menschen erlösen von allen Sünden / vnnd die Erbsünde selbst erlösen / ist vnd wird nimmermehr einerley. Aber so soll es gehen / daß man mit greifflicher Blindtheit geschlagen sey / wann man die Liebe zur Warheit nicht haben will.
IIII. D. Lutherus spricht vber den Spruch Tit. 2. in der Kirchen Postill / Christus hat sich selbst für vns gegeben: Darauß folget / daß alle dein Wesen nichts dañ Vnreinigkeit / etc. ausser Christo ist / etc. Ergo so ists eben so viel / als wenn er spreche: Christus hat die Erbsünde erlöset.
Antwort: Lutherus redet daselbst vom vnreinen Leben vnnd Nichtigkeit deß freyẽ Willens / so deutets vnser Gegentheil auff die Erbsünde / vnd folgert drauß / Christus habe die Erbsünde erlöset. Das heist ja fein gefolgert / oder viel mehr redlich geschwermet.
Item: Lutherus sagt in der Haußpostilla am Tage der Reynigung: Alles was ausser Christo ist / das ist eitel Sünde / Ergo hat Christus die Erbsünde erlöset. Reime dich. Daß es ausser Christo alles eitel Sünde sey / ist nicht streitig. Daß aber darauß folgen solte / Christus habe die Erbsünde erlöset / ist Fabelwerck.
Item: Christus hat sich nicht für ein böß accidens oder zufelligen Schaden in Todt geben / sondern für den verderbten Menschen. Ergo so hat er die Erbsünde erlöset.
Die Schrifft sagt / Rom. 8. Gott habe seines eygen Sohns nicht verschonet / sondern für vns alle dahin gegeben / vñ das darum̃ / daß er vns von der Sünde errettete. Also hat er sich nicht nur für einen blossen Zufall dahin gegeben / sondern für vns verlorne vnd verdampte Menschen / auff daß er vns von dem bösen vnnd schädlichen Zufall der Sünden erlösete. Darauß schleust sich aber nicht / daß er darumb die Erbsünde selbst erlöset habe / sondern vns Menschen hat er von der Sünde erlöset. Die Schrifft spricht auch nicht / Gott habe seinen Sohn für die Erbsünde dahin gegeben / daß er die erlösete: Sondern er habe seinen Sohn für vns dahin gegeben / daß er vns erlösete.
Item / 2. Cor. 5. GOtt hat Christum für vns zur Sünde gemacht. Ergo so müssen wir wesentlich die Sünde selbst seyn.
Antwort: Sünde heißt in gemeltem Spruch ein Opffer für die Sünde / wie Rom. 8. zu sehen / vnd nicht / daß Christus wesentlich für vns zur Sünde sey gemacht. Dann Christus weder zur Erbsünde noch zur wircklichen Sünde gemacht. Darumb dieser Spruch zu deß Gegentheils Fürhaben / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnd daß Christus die Erbsünde erlöset / im wenigsten nicht dienet. Folget auch darauß nicht / daß wir die Sünde selbst seyn. Wie auch Christus nicht für vns zur Sünde selbst gemacht / daß wir in jhm die wesentliche Gerechtigkeit würden / sondern daß vns per imputationẽ seine Gerechtigkeit zugerechnet würde. Also ist vnsere verderbte Natur nicht wesentlich die Sünde selbst: Sondern durch die Sünde verderbt / võ welcher Verderbung vns zu entledigen / Christus für vns zur Sünde / das ist / zum Opffer für die Sünde gemacht / auff daß vns durch den Glauben seine Gerechtigkeit zugerechnet würde.
Vns ist auch nicht zu wider / wie das Gegentheil bößlich fürgibt / daß wir die Sünde genannt werden / aber doch in rechtem Verstande. Wir sind Sünde / das ist / sündig / verderbt / vnge-
recht / vnheilig vnd vnrein / etc. Vnd in solchem rechten Verstande ist vns das Wort (Sünde) nicht zuwider: Aber in dem Gottslästerlichen Verstande / daß es so viel heissen soll / als die Sünde selbst seyn / können noch sollen wirs nicht passieren lassen / wir wolten dann die Artickel deß Glaubens / von der Schöpffung / Menschwerdung / Erlösung vnnd Heiligung / etc. wegwerffen vnnd gantz vernichtigen.
Auff die leppische obiection / wann vnser Natur vnnd Wesen nicht Sünde oder die Erbsünde were / etc. So müste sie gerecht vnnd heilig / etc. seyn / ist droben bestendig geantwortet / vnnötig dieses Orts zu erwidern.
Lutherus (spricht das Gegentheil) dringet in seinem Genesi vñ seruo arbitrio drauff / daß / wo deß Menschen Natur vnnd Wesen nach dem Fall nicht Sünde / das ist / vngerecht sey / etc. So sey Christus ein vergeblicher Erlöser / etc.
Antwort: Lutheri Lehr in diesem Stück ist recht vnd wahr / daß / wann der Mensch nicht Sünde / das ist / vngerecht were / daß Christus ein vergeblicher Erlöser were. Aber wie beweiset das / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vnd daß Christus die Erbsünde selbst erlöset / welchs jhm das Gegentheil zu beweisen fürgenommen? Denn Sünde / das ist / vngerecht seyn / heißt noch lange nicht so viel / als die Vngerechtigkeit oder Sünde selbst seyn / wie nun offt angezeigt.
Stellet das Gegentheil ein lang Geschwetz an / daß wir nachV. 3. fac. 2. dem Fall ein verdorben Werck seyn / welches kein rechtschaffener Christ oder Lehrer verleugnet. Es beweiset aber dadurch seine proposition im geringsten nicht / daß nem̃lich darauß folgen müsse / daß wahr sey / daß Christus die Erbsünde erlöset.
Dann / lieber / wie schleust sich das: Wir sind nach dem Fall ein verdorben Werck / Ergo so hat Christus die Erbsünde erlöset / Daß wir ein verdorben Werck sind nach
dem Fall / ist Leyder allzuwahr. Daß sich aber darauß recht schliessen solte: Ergo so hat Christus die Erbsünde erlöset / vrtheile wer vrtheilen kan / ob solchs im Grundt vnd Warheit recht geschlossen sey vnd darauß folge.
Lutheri vnd der Schrifft Sprüche / so das Gegentheil dieses Orts einfüret / sind wol gut / vnd bezeugen / daß wir jämmerlich / der Sünde wegen / durch vnd durch verderbt sind / etc. Sie dienen aber darzu nicht / darzu sie das Gegentheil allegirt: Nem̃lich / daß sie die fürgestelte proposition: Christus habe die Erbsünde erlöset / erweisen sollen.
X. 3. fac. ij. Fellet das Gegentheil mit der Thür gar ins Hauß hinein vnd streitet mit hefftigen Worten / daß nicht nur ein Accidentale, sondern ein Essentiale discrimen vnter Christi vnd vnser Menschlichen Natur sey / vnd kompt doch wider auff die vorige Geige / daß Christi Natur nicht verderbt sey / wie vnser Natur / sondern aller Ding von Natur oder wesentlich gerecht / vnd dem Gesetz Gottes gleichförmig.
Hierauff muß vnderschiedlich geantwortet werden / vnd erstlich / daß es vnrecht geredt sey / daß die Menschliche Natur wesentlich gerecht / welchs das Gegentheil für vnd für treibt. Dann wesentlich gerecht seyn / ist eben als viel als die Gerechtigkeit selbst seyn / Solchs aber kan der Menschlichen Natur / an oder für sich selbst / weder in Adam noch in Christo oder vns Menschen zugeschrieben werdẽ. Sintemal Gott alleine eygnet vnd gebüret / daß er per essentiã oder wesentlich gerecht sey: Vnd GOTT vnnd Gerechtigkeit conuertibiles termini seyn / wie man in Schulen redet. Dann in Gott ist nichts zufelliges / vnnd wenn GOtt köndte vngerecht seyn oder werden / so were er nicht GOTT. Was aber die Creaturen anlangt / so ausserhalb dem Göttlichen Wesen sind / in denselben ist ein anders das Wesen / ein anders die Gütigkeit oder Gerechtigkeit deß Wesens. Vnd also ist in den erschaffenen Creaturen keines Weges einerley das Wesen selbst / vnnd die Gütigkeit
oder Gerechtigkeit deß Wesens. In Summa / die Gütigkeit oder Gerechtigkeit sindt nicht vom Wesen deß Menschen / eygentlich zu reden / sonst were ein böser Mensch kein Mensch: Sondern sie sindt von dem Wesen eines guten Menschen. Das gute aber begreifft ein Ding / das Gütigkeit oder Gerechtigkeit in sich hat / welche von jhme können gescheiden werden.
Zum andern / daß kein wesentlicher Vnderscheidt vnter Christi vnd vnser Menschlichen Natur sey / ist droben mit Sprüchen der Heiligen Schrifft vnwidersprechlich dargethan. Da auch vnsere Menschliche Natur / deß Wesens halben / Christi angenommenen Menschlichen Natur vngleich / köndt er vnser Bruder nicht heissen. Wann er auch am Wesen vnser Natur vngleich / müst folgen / daß er vnser Natur / als die jhme am Wesen vngleich / nicht erlöset. Dañ wie Nazianzenus recht redet: Was er nicht angenommen hat / das hat er auch nicht erlöset. Ist er vns nun am Wesen vngleich / so muß er vnser Fleisch vnd Blut nicht angenommen haben / vnd muß also auch vnser Fleisch vnd Blut nicht erlöset seyn. Ist es nicht erlöset / so sindt wir noch vnder der Sünde vnd Todt / vnd ist das Predigen vnd vnser gantzer Christlicher Glaube vergebens / 1. Cor. 15.
Die Verheissung deß Euangelij gehet vns auch gar nichts an / wo ferrn ein Vnderscheidt were zwischen Christi vnnd vnser Menschlichen Natur. Dann das Euangelion beut denen Gnadt an / welcher Fleisch vnd Blut Christus in seiner Menschwerdung angenommen / welcher Bruder er ist / Psalm. 22. Johan. 20. vnnd nicht jemandts anders.
Nie ist solche Lästerung in der Kirchen Christi von einigem reinen Lehrer gehöret worden / daß ein wesentlicher Vnderscheidt sey zwischen Christi vnnd vnser Menschlichen Natur / das Gegentheil kan es auch mit keinem beständigen Grunde darthun / daß die alte rechtgläubige Kirche / oder auch die reinen Lehrer zu vnser Zeit also gelehret haben solten / wie sie schwermen.
Die Verderbung / darauff das Gegentheil dringet / machet
keinen Vnderscheidt zwischen dem Wesen Christi vnnd vnserer Menschlichen Natur: Sondern gehet nur allein auff die Gerechtigkeit / Heiligkeit / Reinigkeit vnd Gütigkeit / daß nem̃lich Christi Menschliche Natur ohne Vngerechtigkeit / Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnd Boßheit empfangen / Vnsere aber hergegen in der Sünde / Vngerechtigkeit vnd Vnheiligkeit / wie hiebevor auch gemeldet worden. Solches aber vnderscheidet die Naturen nach dem Wesen nicht / sondern nach den Gaben / vnd nach den Mängeln vnnd Gebrechen.
Daß der Engel Luce 1. nicht spricht: Das accidens, so auß dir geboren / soll heilig seyn / etc. Sonder der gantze Christus mit Leib vñ Seel soll heilig vnd gerecht seyn / beweiset nichts in dieser Sachen. Dann hie wirdt nicht gestritten / ob Christus nach seiner Menschlichen Natur gantz heilig vnd gerecht sey / das alle fromme Hertzen bekennen: Sondern darvon: Obs wahr sey / daß Christi Menschliche Natur vnserer Natur / dem Wesen nach / vngleich sey / darvon deß Engels Spruch / Luc. 1. kein Wort sagt.
Daß Christus ein gerecht Gewächs Dauids / von wegen seiner wesentlichen guten gerechten Natur / etc. Jerem. 23. genandt / beweiset zum theil den Vnderscheidt nicht / welchen das Gegentheil zu erweisen fürgenommen / zum theil ist es auch nicht recht oder propriè geredt / daß Christi Menschliche Natur wesentlich gerecht sey. Dann / wie droben vernommen / gehöret / wesentlich gerecht seyn / allein der Gottheit zu / vnnd sonst keiner Creatur. Gerecht ist die Menschliche Natur Christi oder hat Gerechtigkeit: Per essentiam aber / oder wesentlich gerecht ist sie nicht / sonst müst sie die Gerechtigkeit selbst wesentlich / vnnd also Gott selbst seyn.
Der Spruch Augustini contra 2. Epistolas Pelagianorum, cap. 2. welchen das Gegentheil hie wider vnsere Lehre eynführet / nem̃lich: Manichaei carnem Christi exhonorant, partum virginis blasphemando: Pelagiani autem carnem redimendo-
rum Redemptoris aequando: Das ist / Die Manicheer vervnehren deß HERRN Christi Fleisch / daß sie Gotteslästerlich von der Geburt Mariae reden: Die Pelagianer aber / in dem sie das Fleisch derer / die da sollen erlöset werden / mit dem Fleisch deß Erlösers vergleichen / etc. reymet sich zu jrem Fürhaben durchauß nichts. Zu dem / daß sie Augustini Wort auch nicht gantz / sondern nuhr zu jhrem Vortheil verstümmelt anziehen. Dann Augustinus streitet nicht wider die Pelagianer / daß es vnrecht oder eine Gotteslästerung sey / lehren / daß kein Vnderscheidt zwischen Christi vnd vnserer Menschlichen Natur sey / so viel das Wesen selbst betrifft: Sondern das streitet er: Daß die Pelagianer in deme die Menschliche Natur mit Christi deß Erlösers angenommenen Menschlichen Natur verglichen / daß gleich wie Christi Fleisch oder Menschliche Natur ohne die Erbsünde empfangen / vnd also durchauß reine vnd gerecht: Also würde vnser Fleisch auch ohne die Erbsünde empfangen / vnnd were also / nicht alleine deß Wesens halben / sondern auch der Reinigkeit vnd Gerechtigkeit oder Gütigkeit nach / der Menschlichen Heiligen Natur Christi gleich. Solches sagt Augustinus sey eine falsche vnnd jrrige Lehr (wie wir dann auch sagen) vnd das bezeugen seine eygne Wort / welcher er dieses Orts brauchet / vnnd auff die vorigen gleich folgen: Propterea quippe natus est Christus, non vtique in carne peccati, sed in similitudine carnis peccati, quia caeterorũ hominum nascitur caro peccati. Manichaei ergo omnem carnem penitus detestantes, auferunt carni Christi perspicuam veritatem: Pelagiani verò nullam carnem peccati nasci asseuerantes auferunt carni Christi propriam dignitatẽ, &c. Das ist / Darum̃ ist Christus geboren / freylich nicht in einem sündigẽ Fleisch / sonder in der Gestallt deß sündlichen Fleisches. Dañ aller anderer Menschen Fleisch wirdt sündig oď ein sündthafftig Fleisch geboren. Darum̃ die Manicheer / weil sie alles Fleisch verwerffen / berauben sie das Fleisch Christi seiner Warheit:
die Pelagianer aber / weil sie für geben / daß kein sündig Fleisch geboren werde / nem̃en sie dem Fleisch Christi seine Hochheit / oder seinen Vorzug / welchen es für aller anderer Menschen Fleisch hat / Nem̃lich / daß es alleine ohne Sünde empfangen sey. Darauß menniglich verstehet / daß Augustinus die Pelagianer nicht darumb strafft / daß sie lehreten / daß Christi Fleisch vnd vnser Fleisch / dem Wesen nach / einander gleich / oder eines Wesens weren: Sondern dieweil sie schwermeten / daß aller anderer Menschen Fleisch auch in diesem Stück Christi Fleisch gleich were / daß es nicht weniger ohne Sünde empfangen / als Christi Fleisch / vnd also dem Fleisch Christi seine dignitatem oder Hochheit / so es für aller Menschen Fleisch hat / nem̃lich / daß es ohne Sünde empfangen / entzogen.
Y. 1. fac. 1. Gibt das Gegentheil für: Christus köndte nicht vnser Heylandt seyn / wann wir an vnserm natürlichen Wesen in geistlichen Sachen seinem Menschlichen Wesen allerding eben vnd gleich / etc. Wer sagt aber das? Sein eygen Gedicht ist es. Wir lehren nicht daß vnser Fleisch in geistlichen Sachen Christi Fleisch gleich sey: Sondern das Gegenspiel lehren wir mit der Schrifft vnnd Augustino / daß nem̃lich eben die Vngleichheit darinnen stehe / nicht daß deß Wesens halben Christi Fleisch ein anders sey / als vnser Fleisch ist: Dann wann das were / köndte er vnser Erlöser nicht seyn (sintemal / was er nicht angenommen / das hat er auch nicht erlöset) sondern daß vnser Fleisch ein sündig / vnrein / verderbt vnd böse Fleisch ist. Christi Fleisch aber hergegen ein rein / heilig vnd gerecht Fleisch / vnd ohne Sünde empfangen. Ist derwegen ein grosser Muhtwille / daß das Gegentheil solch Ding fürgeben darff.
Ob wir auch nach dem Fall stinckende Creaturen worden / ist dannoch vnser Fleisch nicht wesentlich in die Sünde selbst verwandelt worden / wie das Gegentheil schreyet / sondern sündig vnnd vnrein ist es worden. Dann da es solte wesentlich in einander Fleisch verwandelt / vnd zur Sünde selbst worden seyn / so müste folgen / daß vier Adam gewest / so deß Wesens halben von einander vnterschei-
den / vñ were also Adam / der zum Ebenbilde Gottes erschaffen war / nach dem Fall nicht ebẽ derselbige Adam / der gefallen war / sondern ein anderer wesentlich vom vorigen vnderschieden. Da er nun bekeret vnd new geboren / müst abermals ein ander Adam auß jhm worden seyn / der nach dem Wesen wesentlich vom vorigen Adam vnderschieden / wenns nem̃lich wahr were / daß der gefallene vnd widergeborne Mensch / dem Wesen nach / essentia & forma substantiali vnderschieden. Es würde auch der verstorbene Adam nicht aufferwecket / wo fern es wahr / daß ein ander Wesen were deß von Todten aufferweckten Adams / als deß verstorbnen Adams gewesen.
In solche grewliche Irrthumb gerhaten die Leut / welche sich auß Gottes Wort nicht wöllen zurecht weisen lassen / sondern stracks jhrem einmal gefasten Wahn folgen.
Das Gegentheil füret auch ein D. Lutheri Spruch auß der Kirchen Postill den 18. Sontag Trinitatis: Christus ist der einige Mensch / der das Gesetz hat können halten vnd erfüllen / er ist allen andern Menschen gleich der Natur halben / vnd doch nicht in derselben Schuldt / etc. Wie beweisets aber darauß / daß Christi Menschliche Natur / dem Wesen nach / von vnser Natur vnderschieden sey? Das lehret D. Lutherus in gemelten Worten / daß Christus der einige Mensch sey / der das Gesetz halten könne: Sonst sey keiner mehr / vnnd das lehren wir auch beständig. Aber darauß folgt kein Vnderscheid der Naturen nach dem Wesen. Dann wo solchs köndte recht darauß gefolgert werden / so hette Lutherus nicht bald drauff schreiben dörffen: Er ist allen andern Menschen gleich der Natur halben (welchs vnser Bekändtniß auch ist) alleine daß er vnter der Schuldt deß Gesetzes nicht ist / wie vnser Natur / auch nicht also verderbt ist / nach der Menschlichen Natur / als vnsere Menschliche Natur verderbt ist. Darmit nun das Gegentheil seinen Irrsal bestätigen will / stöst es denselben vmb. Dann D. Lutherus gar das Widerspiel wider sie lehret.
Gestehet das Gegentheil / daß Christus warer Mensch mitY. 2. fac. j.
vns eiusdem generis & speciei physicè natürlicher Weise gewesen sey / er sey aber nicht eiusdem speciei / das ist / eben deß Wesens mit vns Theologicè vel spiritualiter, so er in Geistlichen Sachen betrachtet wird / etc.
Antwort: Diese Leut sind dermassen mit Blindheit von Gott geschlagen / daß sie selbst nicht wissen / was sie setzen oder sagen. Denn ist das wahr / daß Christi Fleisch eiusdem generis & speciei, eines Wesens mit vnserm Fleische Natürlicher Weise gewest / wie es dann auch noch ist / so muß es ja nicht wahr seyn / was das Gegentheil bißher von dem wesentlichen Vnderscheyd zwischen Christi vnd vnser Menschlichen Natur gestritten hat. Beides zugleich kan nicht wahr seyn / wie solchs alle fromme Hertzen wol verstehen.
Es fühlet auch das Gegentheil wol / daß es geschlagen sey / vñ eine böse Sach führe / aber es hat eine vnuerschämpte Stirn / kan vnd will sich nicht schämen / vnd Gott zu ehren die Warheit bekennen / wie wolt es sonst dieses Orts gestehen / daß Christi vnd vnsere Menschliche Natur / dem Wesen nach / natürlicher Weise gleich / welches es bald drauff / vnnd sonst hin vnd wider / rundt vnd dürre verleugnet / vnd das heißt sich ja selbs in die Backen hawen.
Wann das Gegentheil sonst keinen Irrthumb mehr hett / deñ diesen allein / daß Christi Fleisch mit vnserm Fleisch nicht eines Wesens / hetten doch fromme Hertzen an gemeltem Stück eine gnugsame Warnung jhre Predig / Schrifften vnd Bücher als ein Gifft zu meidẽ. Dañ dieser Irrthumb reisset den Grundt vnsers Christlichen Glaubens vmb. Ist Christi Fleisch vnserm Fleisch dem Wesen nach nicht gleich / oder mit demselben nicht eines Wesens / wie es bißher hefftig gestritten / so ist Christus vnser Bruder nicht / so können wir vns auch nicht rühmen / daß vnser Fleisch vnnd Blut zur Rechten Handt Gottes sitzet.
Die Theologica oder spiritualis consideratio / das ist / die Geistliche Betrachtung deß Fleisches Christi / daruon das Gegentheil hie vñ anderßwo so viel vergeblicher Wort machen / reimet sich
gar nit zu dieser Sache / beweiset auch nichts vberall: sondern ist nur ein pur lauter Gedicht / damit das Gegentheil sich vñ ander einfältige Leut äffet vñ verfüret. Dañ das Fleisch Christi werde Natürlich oder Geistlich betrachtet / so ändert doch solche Betrachtung dz Wesen selbst nit. Es betrachte den Menschen ein gelehrter Philosophus, oder Theologus, so bleibt er / dẽ Wesen selbst nach / jm̃er der eynige Mensch / vnd macht solche Betrachtung nicht zweierley Wesen in jme. Der Philosophus betrachtet jn wol anderst als der Theologus, der auß Gottes Wort die jäm̃erliche Verderbung der Menschlichẽ Natur etlicher Massen verstehet / daruon aber der Philosophus nichts weiß / sondern allein dẽ folgt daß er weiß der Mẽsch sey animal rationale, eine vernünfftige Creatur / etc. Aber es wird auß solcher vn derschiedlichẽ Betrachtung darum̃ kein ander Wesen am Menschẽ / ob wol der Philosophus, wie gesagt / nicht weiß daß esverderbt / der Theologus aber weiß es. Also auch in Christo machet die Theologische oder Geistliche Betrachtung kein ander Wesen der Menschlichen Natur Christi / nach welchem es von vnser Natur vnderschiedẽ / sondern läßt ebẽ dasselbige Wesen vnserm Fleisch / wie die Kirche singet / gleich bleibẽ / carne nobis fimilis, peccato sed dissimilis / Er ist vns gleich nach dem Fleisch / der Sündẽ nach ist er vns nit gleich / alleine / daß die Theologische Betrachtung für der Philosophischen oder vernünfftigen das siehet / daß Christi Fleisch / welchs vnserm Fleisch nach dẽ Wesen gleich ist / gerecht / heilig / rein vñ ohne Sünde ist empfangen vñ geborẽ / vnser Fleisch aber dargegẽ vnrein / in Sünden entpfangẽ vñ geboren / dẽ Fluch deß Gesetzes vnd der Verdam̃niß vnderworffen / wo es nicht durch Christum erlöset würde.
Lutheri Spruch auß dem 45 Ps. von der Geistlichẽ Schönheit deß Leibs Christi / hebet die Gleichheit der Menschlichẽ Natur Christi vnd vnserer Natur / so viel das Wesen anlangt / nit auff / sondern bestätigt dieselbe. Alleine dz sagt er / daß Christi Fleisch ohne Sünde sey / vnser Fleisch aber dargegen verderbt sey vnd sündig / welchs wir auch sagen / darumb gemelter Spruch nichts wider vns beweiset.
Vnd was darffs viel Wort / schreibet nicht Lutherus Genẽ. 38. daß Christi Menscheit sey von dem sündlichen vnnd vnreinen verfluchten Samen der grössesten Sünder genommen / aber durch den Heiligen Geist gereyniget? Wie solt er dann deß Gegentheils grewliche Lästerung vom Vnderscheid Christi vnd vnser Menschlichen Natur / so viel das Wesen betrifft / bestätigen? Seine Wort lauten also: Hîc describitur semen benedictum, quod de semine & carne maledicta, perdita, damnata ortum est, ipsum tamen sine peccato & corruptione: Secundum naturam eadem est Christi caro cum nostra; Sed in conceptione eius accessit spiritus sanctus, obumbrans & purificans illã massam, quã accepit de virgine, vt coniungeretur cũ diuina natura. In Christo igitur sanctissima, purissima, mundissima caro est, in nobis autem & omnibus hominibus corruptissima, nisi quantũ in Christo reparatur. Das ist: Hie wird der gesegnete Samen beschrieben / der von dem verfluchten / verderbten / verdampten Samen vnd Fleisch ist herkommen / der aber doch ohne Sünde vnnd Verderbung ist: Was die Natur antrifft / ist Christi Fleisch einerley Fleisch mit vnserm Fleisch: Aber in der Entpfengnüß ist der Heilige Geist dazu kommen / der den klumpen vberschattet vnd gereyniget hat / den er von der Jungfrawen Maria genommen hat / daß er mit der Göttlichen Natur vereinbaret würde. Darumb ist in Christo das aller heiligste / reineste / sauber Fleisch / in vns aber vnd in allen Menschen ists das aller verderbste / ohn so viel es in Christo wird ernewert.
Das heißt ja deutlich vnnd offentlich deß Gegentheils Irrthumb widersprechen / noch dürffen diese Leut so küne seyn / vnd Lutherum für jhre falsche Meynung anziehen.
Z. 2. fac. j. Also ist auch dieses ein Gedicht deß Gegentheils / daß gleich wie zwischen den guten vnnd bösen Engeln / der Natur vnnd Wesen nach / jetzo ein Vnderscheid sey: Also sey auch ein Vnderscheid / der Natur vñ Wesen nach / zwischen Adam vor dem Fall vñ
Adam nach dem Fall / etc. Dann auch die bösen Engel durch die Sünde vñ jren Abfall von Gott nicht eine andere Natur oder ander Wesen / wesentlich von dem vorigen vnderschieden / bekommen / als sie vor dem Fall gehabt: Sondern eine böse verderbte Natur / vnnd sind / der Boßheit vnd Vnreinigkeit wegen / von den guten Engeln vnderschieden.
Hiervon sindt zu mercken Augustini Wort / Lib. 1. Hypo. gnost. Diabolus natura est Angelus, sed quòd natura est, opus Dei est, quòd verò Diabolus, vitio suo est, vtendo malè naturae suae bono, & c. Das ist / Der Teuffel ist von Natur ein Engel / aber daß er von Natur ist / das ist Gottes Werck / daß er aber ein Teuffel ist / das ist er durch seine Boßheit / dieweil er das / so von Natur an jhm gut ist / vbel gebraucht.
Wie auch Adam vor vnnd Adam nach dem Fall nicht / dem Wesen oder Natur nach / vnderschieden sindt. Dann wo das wahr / so were Adam nach dem Fall idem numero, eben der vorige Adam dem Wesen nach nicht gewest oder geblieben / sondern were gantz vnd gar in eine andere speciem oder Wesen verwandelt. Der Güte / Heiligkeit vnnd Gerechtigkeit nach ist er wol der vorige Adam nicht / dann er ist nuhn böse vnnd verderbt / vnnd hat Boßheit / Vnreinigkeit vnd Vngerechtigkeit an sich oder in seiner verderbten Natur: Aber so viel das Wesen oder die Natur selbst antrifft / ist er eben der vorige Adam / vnd kein ander.
In Summa die heilige Schrifft weiß von keinem wesentlichen Vnderscheidt geistlicher / wesentlicher Gestallt / Form oder Art / darvon das Gegentheil so viel vergebliches Geschreyes machet. D. Lutherus Psalm. 45. da er sonst das Wörtlein Form braucht / nennet es auch keine wesentliche Form / sondern pulchritudinem spiritualem, eine geistliche Schönheit / darnach Christus von vns vnderschieden ist / nem̃lich / daß er geistlich an seiner angenommenen Menschlichen Natur rem / schöne / heilig / gerecht / dem Gesetz gleichförmig / da wir hergegen an vnserm Fleisch oder Natur
vnrein / heßlich / vnheilig / vngerecht / dem Gesetz vngleichförmig sindt. Das macht aber noch lange keinen Vnderscheid der Menschlichen Natur Christi vnnd vnserer Natur / nach dem Wesen / sondern läst das Wesen gleich bleiben / vnderscheidet aber nach der Gerechtigkeit vnnd Vngerechtigkeit / Heiligkeit vnd Vnheiligkeit / Vnreinigkeit vnnd Reinigkeit / etc. welchs zufällige Dinge / vnnd nicht das Wesen der Natur selbst sindt / sondern können darvon gescheiden werden.
Z. iij. fac. 1. Also gebraucht das Gegentheil einer grewlichen Verkehrung am Spruch Pauli / Roman. 8. Gott sandte seinen Sohn in der Gestallt deß sündtlichen Fleisches / etc. in dem es darauß fürgibt / Christi Fleisch sey / dem Wesen nach / ein anders Fleisch / als vnser Fleisch ist: So doch der Apostel an gemeldtem Ohrt nicht saget / daß Christi Fleisch vnserm Fleisch / der Natur vnd Wesen nach / nicht gleich sey / sondern der Sünden nach / daß es nicht ein sündig Fleisch ist / wie vnser Fleisch / als wir auch droben auß Augustini Worten contra 2. Epistolas Pelagianorum cap. 2. gehöret. Viel ein anders ist es / dem Wesen nach vnderscheiden / welches das Gegentheil thut / Paulus aber nicht: vnd der Sünden nach vnterscheiden / welches Paulus thut. Darumb er dann spricht: In similitudine carnis peccati, Das ist / Daß Christus vnser Fleisch vnnd Blut wahrhafftig angenommen / welches für den Menschen anderst nicht / als ein ander sündig Fleisch anzusehen / ists aber nicht gewest / dann es ohne Sünde empfangen durch Vberschattung deß Heiligen Geistes.
Vnd heist das Wort similitudo oder Gestallt / wie es D. Lutherus verdeutschet hat / mit nichten ein Bildnüß oder phantastische Gestallt / wie etwa die Valentinianer / Marcioniten vnnd Manicheer dieses Wörtlein erkläret / vnd darauß erzwingen wöllen / daß Christus kein wahrhafftiges / sondern nuhr ein Gestallt oder Gespenst deß Fleisches angenommen: Sonder es heist ein warhafftiges Fleisch / das für der Menschen Augen / welche die Empfängnüß
ohne Sünde vnd jnnerliche Reinigkeit desselben auß vnd von sich selbst nicht haben sehen noch verstehen können / vnserm sündigen Fleisch gleich geschienen hat / weil Christus zur Zeit der Ernidrigung in vnser armen Gestallt gangen / vnd seine Maiestet verborgen gehalten. Als dann auch Tertullianus de carne CHRISTI, wider die Marcioniten / solches Wörtlein also außgelegt / daß Christi Fleisch vnserm Fleisch gleich genere, nach dem Wesen / aber nicht vitio Adae, das ist / der Sünden nach. Darumb dann dieses Spruchs Anziehung vnd Verkehrung / die das Gegentheil drunter versteckt / auch nichts vberall zu seinem Fürhaben / wider die Gleichheit Christi vnnd vnsers Fleisches nach dem Wesen / etc. beweyset.
Daß aber ferrner fürgewandt / man könne wol sagen / daß Christus nach seiner Menschlichen Natur vnser Natur gleich sey / aber nicht eines Wesens / sintemal das Wort Consubstantialis, eines Wesens / alleine von den dreyen Personen der heiligen Dreyfältigkeit recht vnnd eygentlich gesagt / aber nicht von Christi vnd vnserer Menschlichen Natur. Vñ die Schrifft / Philip. 2. vnd Hebr. 4 sagt / Christus sey vns gleich worden / aber nicht / er sey / seiner Menschlichen Natur nach / mit vns eines Wesens / etc. läufft im Grunde alles da hinauß / daß der Marcioniten vnd Manicheer Schwarm gemächlich vnterstützet / vnnd vnvermerckt wider eyngeschleychet werde / daß Christus keine wahre Menschliche Natur habe / sondern sey nuhr ein Gespenst. Dann etwa dieselben Ketzer / wie auß den Patribus zu vernemmen / welche jhre Irrthumb widerlegt / eben diese Sprüche / die Menschliche Natur Christi zu verleugnen / geführet / welche jetzo vnser Gegentheil führet / vnnd das Wörtlein () gleich / etc. eben auff diesen Schlag außgelegt / als sich diese Leut jetzo vnderstehen / mögen demnach wol zu sehen / wo sie endtlich hinauß kommen werden.
Die Cauillation / so auß dem Wörtlein , coëssentialis, eines Wesens / welchs im Artickel von der heiligen Drey-
fältigkeit gebraucht wirdt / etc. genommen ist / erweiset nicht alleine nichts nicht für das Gegentheil / sondern ist jhme auch zum hefftigsten zu wider. Dann ob wol in der heiligen Dreyfältigkeit die Coëssentialitas, die Eynigkeit deß Wesens viel tieffer / neher / innerlicher vnnd vnaußsprechlicher ist / als wann man von Christi vnnd vnser Menschlichen Natur redet / jedoch ist Christi Fleisch wahrhafftig Fleisch von vnserm Fleisch / vnd Bein von vnsern Beinen / etc. Daher auch Tertullianus de carne Christi recht gesagt / daß es par sey nostrae naturae genere, sed non vitio Adae, Das ist / Daß es mit vnser Natur eines Wesens oder Art sey / aber vngleich / so viel die Erbsünde / so von Adam herrühret / belangen thut. Dann Christus ist seinen Brüdern gleich worden / doch ohne Sünde / Heb. 2. 4.
Dann es heist in diesem Artickel / da von Christi angenommener Menschlichen Natur gehandelt / das Wörtlein consubstantialis, eines Wesens seyn / eygentlich so viel / als daß Christi Fleisch vnserm Fleisch / dem Wesen oder der Natur nach / wie es von Gott erschaffen / durchauß gleich / vnd daß kein Vnderscheidt sey zwischen demselben / so viel das Wesen der Natur anlangt. Dann wo ein Vnderscheidt dem Wesen nach were / so köndt CHRISTVS vnser Bruder / vnser Fleisch vnnd Blut / weder seyn noch genennet werden.
So ist auch das Wörtlein (similis) Gleich / Philip. 2. Hebr. 4. nicht dem Wörtlein Consubstantialis, eines Wesens seyn / entgegen gesetzt / also daß es solt einen Vnderscheidt zwischen Christi vnd vnser Menschlichen Natur / dem Wesen nach / machen oder anzeigen / das sey ferrne: Sondern dahin ist es gerichtet / daß es zu verstehen gebe / Christus sey nach seiner angenommenen Menschlichen Natur nicht alleine / so viel das Wesen der Natur selbst anlangt / vns gleich ein warhafftiger Mensch geboren / sondern er habe auch alle Schwachheiten / so Menschlicher Natur / von wegen der Sünde / anhangen / doch freywillig an sich genommen / vñ sey an Geberden als ein ander Mensch erfunden / sey müde / traurig / betrübt / etc.
worden / doch alles ohne Sünde / Hebr. 4. Vnd das alles darumb / damit er vns von solchen Schwachheiten / so vns Menschen oder vnser Menschlichen Natur / der Sünde wegẽ / auffligen / gnädig erlösete vnd recht frey machete. Was thut aber dieses darzu / daß kein Vnderscheid zwischen Christi vñ vnserer Natur / dem Wesen nach / seyn solle / so doch der Apostel an gemeldten Orten davon gar nicht redet / sondern eben das Widerspiel beweist?
Also gehet auch Augustini Spruch contra Iulian. Arianum: (Totus homo transgrediendo peccauit, & si totus transgrediendo peccauit, totus peccati sui vitio perijt, & c. Si autem totus perijt, totus beneficio Saluatoris indiguit, totum Christus veniendo saluauit, non corpus aut animam, sed corpus & animam, quibus constat totus homo, & quibus peccasse ante videtur, assumsit. Das ist: Der gantze Mensch hat durch seine Vbertrettung gesündiget / vnnd weil er gantz gesündiget / so ist er auch gantz / von wegen seiner Sünde / verdorben / Ist er aber gantz verdorben / so bedarff er auch gantz der Wolthat deß Erlösers / vnd Christus hat jhn durch sein Zukunfft in die Welt vnd Menschwerdung gantz errettet / nicht den Leib oder die Seele / sondern Leib vnd Seele / damit der gantze Mensch gesündiget hatte / angenommen) nicht wider vnser Lehre / sondern bestettigt viel mehr vnser Kirchen Bekändtnüß von diesem Artickel.
Dann wir bekennen / daß der gantze Mensch mit Leib vnnd Seel gesündiget habe vnnd verdorben sey / doch nicht also / wie das Gegentheil deutet / nem̃lich / daß er durch die Sünde also verderbt / daß die Menschliche Natur in ein newe speciem durch solche Verderbung verwandelt / der Gestallt / daß nun kein Vnderscheidt mehr zwischen der Sünde vnd verderbten Natur vbrig. Dann wo das Wörtlein Verderbung in dem Verstande hie solte genom̃en werden / müste vnwidersprechlich folgen / daß Adam durch die Sünde gantz vertilgt / vnnd ein ander newes vom vorigen vnderschiedenes Wesen vberkommen / welches durchauß falsch vnd vnrecht: Son-
dern also / daß die gantze Natur deß Menschen durch vnd durch verderbt / sündig / vngerecht / vnheilig / vnrein vnd böse worden ist / aber doch nicht die Vngerechtigkeit / Vnheiligkeit / Vnreinigkeit vnnd Boßheit selbst wesentlich. Dann gleich wie die Gerechtigkeit / Heiligkeit / Reinigkeit vnd Gütigkeit in Menschlicher Natur vor dem Fall nicht wesentlich die Natur selbst gewest / sondern in der erschaffenen Natur / als hohe herrliche Gaben geleuchtet / mit welchen der Mensch / sonderlich in der vernünfftigen Seel vnd Hertzen / gezieret: Also ist auch die Menschliche Natur nach dem Fall / durch welchen solche hohe Gaben oder das Ebenbilde Gottes in geistlichen Sachen verlohren / nicht zur Sünde oder Vnreinigkeit selbst worden / sondern vnrein / vngerecht / vnheilig / etc. wie sie vor dem Fall / gerecht / heilig vnd rein gewest ist.
Wann dieses vom Gegentheil in Gottes Furcht betrachtet würde / were dieser Streit baldt auffgehaben. Aber es ist bey diesen halßstarrigen Köpffen vmb sonst. So sindt sie auch durch Gottes Verhängnüß mit greifflicher Blindheit geschlagen / daß sie weder sehen noch verstehen wöllen / daß ein anders ist / sündig / vnrein / vngerecht / dem Gesetz Gottes vngleichförmig worden seyn / vñ die Sünde / Vnreinigkeit vñ Vngerechtigkeit selbst worden seyn. Vnrein / vngerecht. etc. worden seyn / begreifft zwey vnderschiedliche Dinge / nem̃lich das subiectum oder die Menschliche Natur / vnnd die Vnreinigkeit / dadurch sie durch vnd durch vervnreiniget vnd verderbt ist.
Also ist es wahr vnd recht / daß Augustinus schreibt / der gantze Mensch sey durch die Sünde verdorben / Das ist / gantz vnrein vnd vngerecht worden / aber nicht die Vnreinigkeit vnd Vngerechtigkeit selbst. Dañ wie vor dem Fall oď der Verderbung Adams Natur wol gerecht / heilig vnd rein war / aber nit die Gerechtigkeit / Heiligkeit vnnd Reinigkeit selbst: Also auch nach dem Fall ist seine Natur wol vnrein / vngerecht vnd vnheilig an Leib vnd Seele worden / aber nicht die Vnreinigkeit / Vnheiligkeit vnnd Vngerechtigkeit
selbst / welchs doch seyn müste / wo ferrn deß Gegentheils Meynung bestehen solte.
Solcher Gestallt bestettiget auch dieses vnser Bekändtnüß / daß Augustinus fein rundt vnd deutlich schreibet / daß Christus die gantze Menschliche Natur / damit der Mensch gesündiget / angenommen vnd gantz erlöset habe. Hat er die Menschliche Natur / damit der Mensch gesündiget / angenommen / vnd hat sie gantz erlöset / wie kans dañ wahr seyn / daß Christi angenom̃ene Menschliche Natur / so viel das Wesen betrifft / vnser Menschlichen Natur soll vngleich vnd von derselben wesentlich vnd nicht alleine nach der Sünde vnderschieden seyn?
Da auch kein Vnderscheid zwischen der Sünde vnd Menschlichen Natur selbst / wie köndte es wahr seyn / daß Augustinus schreibet vnnd lehret / der HERR Christus habe vnser Leib vnnd Seel / damit wir gesündiget / welche er auch angenommen / gantz erlöset?
Wir bekennen gantz gerne / daß Christus die verderbte / vngerechte vnnd gantz vnheilige Menschliche Natur erlöset habe vnnd selig mache / dann das lehret die gantze heilige Schrifft. Aber darauß schleust sich nicht / daß er die Sünde selbst erlöset habe / wie das Gegentheil streitet. Die vnheilige Natur hat er erlöset von der Vnheiligkeit vnd Sünde / auff daß die erlösete Natur selig würde / die Sünde selbst aber hat er nicht erlöset. Sündige Natur / vnreine Natur / die Sünde vnnd Vnreinigkeit selbst / sindt nicht einerley. Dann wo sie einerley weren / so hiesse es nicht: Er hat die Menschliche Natur von der Sünde vnd Vnreinigkeit erlöset / daß sie möge selig werden: Sondern es müßte heissen: Er hat die Sünde vnd Vnreinigkeit selbst erlöset / daß sie selig werde. Wo bliebe aber das / das die gantze Schrifft lehret / daß Christus vmb vnser Menschen vnd vnser Seligkeit willen Mensch worden sey? Item / daß er kommen sey / die Sünder selig zu machen von jhren Sünden. Sünder / sagt er / vnd nicht die Sünde.
Endtlich / was D. Lutheri Wort Genes. cap. 3. anlanget: Die Erbsünde sey von dem Wesen deß Menschen / erkläret er sich selbst / wie er das (Wort) Wesen allda wölle verstanden haben / nem̃lich nicht darvon / daß die Erbsünde deß verderbten Menschen Wesen vnd Natur selbst sey / wie das Gegentheil jhm seine Wort deutet: Sonder daß sie sey eine gantz tieffe vnnd grewliche Verderbung der gantzen Menschlichen Natur vnd Wesens. Dann also schreibt er an gemeldtem Ort / das Gifft der Erbsünde sey dermassen durch vnser Fleisch / Leib / Seele / Adern / Blut / Bein vnd Marck / im Willen / im Verstande / in der Vernunfft außgebreitet / daß es nicht alleine nicht vollköm̃lich darauß könne getilget werden / sonder auch nicht erkandt wirdt / daß es Sünde sey. Vnd abermals: Die Natur bleibe wol / aber in viel Wege verderbt. Vnd Genes. 1. schreibet er: Manserunt quidem intellectus & voluntas, sed valde vitiata vtraque. Der Verstandt vnnd Wille sindt blieben / aber beyde vber die Massen sehr verderbt. Wie dann dergleichen Sprüche droben mehr auß Luthero eyngeführet. Also schreibt er auch 1. Tomo Ienensi: Essentiale voco, quia per natiuitatem contrahimus, nec cessat aliquando, sicut actuale. Das ist / Ich heisse die Erbsünde eine wesentliche Sünde / derwegen / daß wir sie durch die Geburt oder Empfängnüß vberkommen / vnd daß sie nicht also auffhöre / als die wirckliche Sünde. Darauß vberflüssig erscheinet / daß Lutherus mit dem Wort / essentiale oder wesentlich / das nicht wölle verstanden haben / daß nem̃lich die Erbsünde deß verderbten Menschen Wesen oder Natur selbst sey: Sondern daß der Mensch in der Empfängnüß vnd Geburt in seinem Wesen die Erbsünde vberkomme / vnnd daß sie nicht auffhöre / wie die wircklichen Sünden zu weilen auffhören / vnnd nicht allzeit im Gang oder Lauff sindt.
Bleibet demnach fest vnnd vnwidersprechlich wahr / daß Christus die Erbsünde selbst nicht erlöset / sondern daß er vnser verderbte Natur von der Erbsünde erlöset habe / vnnd daß / wann
man der Schrifft nach also vnderschiedlich von der Erbsünde vnnd Erlösung der Menschlichen Natur von der Erbsünde redet / Christo seine gebürliche Ehre gegeben werde. Vnd werden diese Leut freylich zu seiner Zeit einen harten Standt darumb außstehen müssen / wo sie nicht in der Gnaden Zeit Busse thun / daß sie solche grewliche Lästerung / daß nem̃lich Christus die Erbsünde selbst erlöset habe / so halsstarrig vnd ohne eynigen Grundt der Warheit verteidiget haben.
Verantwortunge deß Grundes auß dem dritten Artickel deß Glaubens von der Heiligung / daß die Erbsünde nicht vnser verderbte Natur selbst sey / sondern eine tieffe Verderderbung derselben / daruon wir abgewaschen vnd gereiniget werden / etc.
VNser oder deß Christlichen Concordi Buchs Argument ist dieses:
Woruon Gott den Menschen abweschet / reyniget vnd heyliget / das ist der Mensch selbst nicht: Von der Erbsünde aber weschet vns Gott der Heilige Geist abe / reyniget vnd heiliget vns.
Derwegen so kan ja die Erbsünde der Mensch selber nicht seyn. Dieses Argument ist vnaufflößlich vnnd vnwidersprechlich wahr / wie es hernach ferrner soll dargethan werden.
Das Gegentheil bekennet auch selbst / daß vnser Schlußrede gut / wanns wahr were / daß ein Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vnd der Erbsünde selbst / etc. were. Vermeynt aber / es sey keiner. Darumb könne es nicht bestehen.
Daß aber ein Vnderscheid sey / ist bißhero dermassen gründtlich erwiesen / soll auch hinfürter der Gestallt dargethan werdẽ / daß / welchs fromb Hertz nur Lust zur Warheit hat / solchs greiffen könne.
Ist demnach zumal kindisch / daß das Gegentheil / gleich als hette es seinen Gottslästerlichen Schwarm schon erhalten / zufähret / vnd will vnser beständige Schlußrede oder Argument vmbkehren vnd also folgern:
Was getaufft / geheiliget / etc. wird / das ist vnnd kan anders nicht / denn Sünde oder Erbsünde / das ist / vngerecht vnd dem Gesetz Gottes zu wider seyn / ausser Christo vor der Widergeburt.
Der gantze Mensch oder deß gantzen Menschen widerstrebende Natur wirdt getaufft / geheiliget.
Darumb kan sie nichts dann Erbsünde seyn / etc.
Denn erstlich nimpt es vergeblich pro confirmato & concesso, als erwiesen vnd gestanden / an / das doch im Grunde sein pur lauter Gedicht vnd nichts ist.
Weñ man deß Concordi Buchs Argument verwerffen wolte / so müst mans zuuor mit Grunde vnd Bestande widerlegt habẽ / ehe deñ man sich solcher Inuersion / welche doch auch für sich nichts vberall taug / gebraucht hette / aber da fehlets alles an / dann solchs nicht geschehen / auch nimmermehr geschehen wird.
Zum andern / so viel aber die erste Proposition oder Rede deß Gegentheils in jhrem Argument anlangt / ist dieselbige durchauß falsch / kan auch in alle Ewigkeit mit keinem beständigen Grunde der Warheit auß der Heiligen Schrifft befestiget werden. Sintemal die Heilige Schrifft an keinem Ort / auch nicht mit einigem Wörtlein / sagt oder lehret das / was getaufft vnd geheiliget werde / das sey die Erbsünde selbst: Sondern das sagt sie / daß alle Heiden oder / das eben so viel ist / alle Menschen sollen getaufft vnd geheyliget werden. Matt. 28. Vnd Johan. 3. spricht der HERR Christus nicht: Es sey dann / daß die Erbsünde widergeboren werde / so kan sie nicht ins Himmelreich kommen: Sondern: Es sey denn / daß je-
mands (redet von erschaffnen Menschen) auß dem Wasser vnnd Geist new geboren werde / so kan er nicht ins Himmelreich kommen. Actor. 2. spricht Petrus. Es lasse sich ein jeglicher täuffen zu Vergebung der Sünde / etc. Das heißt ja nicht so viel / wie solchs alle fromme Hertzen verstehen / als: Es lasse ein jeglicher die Erbsünde täuffen zur Vergebung der Sünden. Vnnd Galat. 3. spricht Paulus: Wie viel ewer getaufft sindt / die haben Christum angezogen. Da kan ja das Wörtlein (Quotquot) wie viel ewer getaufft sind / etc. nimmermehr also gedeutet werden: Wie viel Erbfünden getaufft sind / die haben Christum angezogen / man wolle dañ alles mutwillig vnd fürsetzlich verkehren.
Zum dritten ordnet das Gegentheil seine erste Proposition also / daß es damit gnugsam zuuerstehen gibt / daß es selbst nicht verstehet / was es setzet oder saget. Dann so lautet die erste propositio oder Rede: Was getaufft / geheiliget / von Sünden abgewaschen / gereinigt vnd selig gemacht soll werden / das ist vñ kan anders nichts denn Sünde oder Erbsünde / das ist / vngerecht / dem Gesetz zuwider / verloren vnd verdampt seyn / ausser Christo vor der Widergeburt vnd Seligmachung.
Dañ das Wort (Abwaschen) gibt ja vnwidersprechlich / daß ein subiectum sey / welchs abgewaschen wirdt in der Tauffe / etc. Vñ ein anders / das von demselbẽ subiecto oder Menschen / der getaufft / abgewaschen wirdt / wie solchs menniglich verstehet.
Eben diesen Verstandt gibt auch das Wort (Reinigen) da ja freylich ein Vnderscheid ist vnter dem subiecto oder Menschen / der in der Tauffe von Sünden soll gereiniget werden / vnnd vnter der Sünde / dauon der Mensch gereiniget wirdt.
Also auch das Wort (Seligmachen von Sünden) kan anderst nicht gedeutet werdẽ / als vom Menschẽ / welcher in der Tauffe von Sünden soll gewaschen vnd gereinigt werden / daß er die Seligkeit vberkomme.
Sonderlich aber ist dieses zu mercken / daß das Gegentheil seine eygene Rede also deutet: Was getaufft vnnd von Sünden abgewaschen wird / das ist Sünde oder Erbsünde / das ist / vngerecht / dẽ Gesetz zu wider / etc. Da es entweder selbst nit verstehet / was es saget / oder aber befindet / daß es geschlagen sey / vñ demnach wider sein eygen Gewissen seine jrrige Meynung verteydiget. Dann ist das verderbte Wesen deß Menschen die Erbsünde selbst / vnd kan nichts anders seyn / wie es sonst für vnnd für streitet / so bestehet die Glossa oder Deutung nicht / die es hie seinen eygnen Worten anschmieret / nem̃lich: Was getauffet etc. wird / ist Sünde / das ist / vngerecht / dem Gesetz zuwider / etc. Denn Sünde selbst seyn / vnd vngerecht vnnd dem Gesetz zuwider seyn / sind vnd werden nim̃ermehr einerley / wie solchs bißhero außführlich dargethã. Wil es nun seine jrrige Meynung / daß kein Vnderscheid vnter der Sünde vnnd der verderbten Menschlichen Natur sey / behalten / so muß es diese Glossam oder Deutung entweder gantz vnd gar fahren lassen (Was getaufft wird ist Sünde / das ist / vngerecht / vnnd dem Gesetz zu wider) oder aber es muß gestehen / daß die Erbsünde vnd der Mensch / der getaufft wird / nicht einerley sind. Ist der verderbte Mensch die Sünde oder Verderbung selbst / so stehet die Glossa nicht (Der Mensch ist vngerecht / das ist / Sünde) Dañ das Wort / Vngerecht / begreifft zweierley / nem̃lich deß verderbten vnd vngerechten Menschen Natur / vnd die Verderbung oder Vngerechtigkeit / so in der verderbten Natur ist. Vngerecht seyn / vnd die Vngerechtigkeit selbst wesentlich seyn / sind vnderschiedene Ding. Soll aber die Glossa oder Deutung: Der getauffte Mensch ist die Sünde oder Erbsünde / das ist / vngerecht / etc. fest stehen vnnd recht seyn / so fellet jhr gantze jrrige Meynung zu Grundt vnnd zu Boden / da sie streiten / es sey kein Vnderscheid zwischen der Sünde vnnd der verderbten Natur deß Menschen. Item: Die Erbsünde selbst werde getaufft vnnd von Sünden abgeweschen. Dann / wie gemeldt / die Sünde selbst oder Vngerechtigkeit selbst seyn / vnd vngerecht seyn / bleiben für vnd für
vnderschieden / vnd werden nimmermehr einerley / darauff sie doch mit aller Macht dringen.
Schleust also jhr Argument durchauß nichts. Dañ behalten sie jhren Irrthumb / darüber sie bißher so viel Gewirres angerichtet haben / daß Erbsünde vnd verderbte Natur einerley sind / vnd nicht können vnderschieden werden / so müssen sie jhre erste Proposition ändern / vnd die Glossam: Das getaufft wird / das ist Sünde / das ist / vngerecht / etc. aussen lassen. Wollen sie aber ermelte Glossam behalten / so müssen sie gestendig seyn / daß jhre Lehre / da sie verläugnen den Vnderscheid zwischen der Erbsünde vnnd der verderbten Natur / falsch vnd jrrig sey. Dann beydes kan nicht heyeinander bestehen / sie verdrehen sich wie sie wöllen.
Vber das schreibt auch das Gegentheil selbst / der MenschC. j. fac. ij. oder sein verderbte Natur werde getaufft / vnnd vom Heiligen Geist newgeboren / etc. Ist nun das wahr / so muß ja das ander falsch vnd vnrecht seyn / daß die Sünde oder Erbsünde selbst getaufft vnnd vom Heyligen Geist newgeboren werde / sintemal Erbsünde / Mensch oder sein verderbte Natur zweierley vnnd nicht einerley seyn.
Kompt das Gegentheil drauff vnd will erweisen / das ConcordiC. 2. fac. 2. Buch erkläre die phrases scripturae oder die Art zu reden in Heiliger Schrifft nicht recht / da die Schrifft sagt: GOTT wäschet ab vnd reyniget den Menschen von der Sünde. Dann es lege sie also auß / daß GOTT in der Tauffe die Erbsünde / als ein zufälliges böses Ding / von der verderbten Natur abwasche vnd reynige / etc. Vnnd muß doch selbst eben an erwehntem Ort bekennen / daß es wahr sey / daß von Sünden waschen vnd reynigen heisse eben so viel / als Sünde vmb Christi willen auß Gnaden vergeben / zudecken / nicht zurechnen / sondern die Gerechtigkeit Christi zurechnen durch den Glauben / welchs dann die gewisse Warheit ist.
Hie wird billich gefragt: Wann von Sünden reynigen eben so viel heißt / als Sünde vmb Christi willen auß Gnaden vergeben / zudecken / nicht zurechnen / sondern die Gerechtigkeit Christi zurechnen durch den Glauben / etc. Wem dann vmb Christi willen die Sünde auß Gnaden vergeben / zugedeckt / vnd nicht zugerechnet werde / etc. Sprechen sie / solchs widerfahre der Erbsünde selbst / die / jhrer Meynung nach / getaufft wird / so were die Erbsünde selbst das subiectum, welchem die Sünde auß Gnaden vergeben würde / so müste folgen / daß die Erbsünde bliebe / als ein subiectum, die Sünden aber würden jhr vergeben vnnd vmb Christi willen nicht zugerechnet. Vnnd müsten also der Erbsünde jhre wirckliche Sünde vmb Christi willen auß Gnaden nicht zugerechnet werden. Auff diese Weise / wie gemeldt / bliebe die Erbsünde gantz stehen / vnnd würden allein die wircklichen Sünden / als Früchte / von jhr genommen: Es würde auch / dieser Meynung nach / die Erbsünde selbst ewig selig / dann was Vergebung der Sünden hat / das ist vnd wirdt ewig selig.
Deß Gegentheils Schwarm nach hat vnnd vberkompt die Erbsünde selbst vmb Christi willen Vergebung der Sünden. Ergo so wird sie selbst ewig selig vnnd besitzt das ewige Leben.
Es müste auch dieses folgen: Welchem die Gerechtigkeit Christi durch den Glauben zugerechnet wird / das ist GOTT lieb / vnnd wirdt von jhm zur Erbschafft deß ewigen Lebens angenommen / etc. Der Erbsünde wirdt die Gerechtigkeit Christi / nach dieser Leut falschem Fürgeben / durch den Glauben zugerechnet. Ergo so ist sie GOTT lieb / vnnd wird von jhm zur Erbschafft deß ewigen Lebens auffgenommen. Sprechen sie aber / die verderbte Natur / welche vngerecht / sündig vnnd vnrein ist / werde getaufft zur Vergebung der Sün-
den / vnd derselben werde vmb Christi willen auß Gnaden die Sünde vergeben / zugedeckt vnnd die Gerechtigkeit Christi durch den Glauben zugerechnet / können sie nicht fürüber / sie müssen den Vnderscheid zwischen der verderbten Menschlichen Natur vnnd zwischen der Erbsünde bleiben lassen / vnnd mit vns bekennen / daß nicht die Erbsünde selbst / sondern die ver derbte Natur das subiectum sey / das zur Vergebung der Sünden getaufft wird / dem die Sünde vmb Christi willen nicht zugerechnet werde. Müssen auch ferrner als Gottslästerlich wegwerffen vnnd fahren lassen / da sie fürgeben / die Erbsünde selbst werde getaufft zur Vergebung der Sünden / vnnd es sey kein Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vnnd zwischen der Erbsünde.
Darumb / wann der Prophet Zacharias Cap. 13. spricht / die Tauffe sey ein offner Brunn wider die Sünde / redet er ja von Menschen / welchen zu gut solcher Heylbrunn wider die Sünde im Newen Testament solte angerichtet werden / vnd lehret mit nichten / daß die verderbte Menschliche Natur vnd die Erbsünde ein Ding sind: sondern daß die Heilige Tauffe den verderbten Menschen oder Menschliche Natur reynigen soll von der Sünde.
Dem Menschen verheißt er solchen Trost wider die Erbsünde / vnnd nicht der Erbsünde selbst. Dann sonst tröstet GOtt durch Zachariam nicht die armen Sünder / vmb welcher Seelen Heyl vnd Seligkeit willen es dem lieben Gott zu thun ist / sondern die Sünde selbst / welchs auch abschewlich zu hören ist.
Ebner Massen verhält sichs auch mit den andern Sprüchẽ / Luc. 3. da die Tauff eine Tauff zur Vergebung der Sünden genannt. Vñ Act. 2. Lasset euch täuffen zur Vergebung der Sündẽ / etc. Vnd was dergleichẽ mehr sind. Da alle verständige vñ erleuchtete Hertzẽ bald sehẽ / daß die Tauffe eingesetzt sey zu Vergebung der Sünden.
Lieber wem zu gut ist sie dann darzu eingesetzt? der Erbsünde selbst? Keines Weges. Dann der Heilige Geist spricht nicht / daß die Tauffe der Erbsünde oder für die Erbsünde selbst solte eingesetzt seyn / zur Vergebung der Sünden / sondern den verderbten Menschen / daß denselbigen die Sünde in vnnd durch die Tauffe / als ein Bad der Widergeburt / vergeben werden. Wo auch deß Gegentheils vngereimbte Deutung bestehen solte / so müsten der Erbsünde in der Tauff jhre Sünde vergeben werden. Dann wo die Erbsünde selbst zur Vergebung der Sünden getaufft würde / müste ja vnwidersprechlich folgen / daß der Erbsünde selbst in der Tauffe Vergebung der Sünden widerführe / welchs ein grausame Gottslästerung vñ Tauffschändung ist / vnd dem armen Sünder / der getaufft wird zur vergebung der Sünden / auff einmal allen Trost auß dem Hertzen raubet vnd hinweg nimpt.
Summa / die Wörter der Schrifft: Lasset euch täuffen zur Vergebung der Sünden: Vnd wer getaufft wird / der wird selig / etc. die lassen sich keines Weges also schändtlich vnnd Gottslästerlich vorkehren / daß sie eben so viel heissen solten / als die Erbsünde selbst lasse sich täuffen zur Vergebung der Sünden. Item: Welche Erbsünde getaufft wird / die wird selig. Dann also müsten diese Sprüche der Schrifft lauten / wañ deß Gegentheils Meynung solte Grundt haben. Die Art zu reden: Ein jeglicher vnter euch lasse sich täuffen / etc. kan nicht so viel heissen / als die Erbsünde selbst lasse sich täuffen. Dann der Heilige Geistredet ja außdrücklich von den armen verderbten Sündern / die sich zur Vergebung der Sünden / oder daß jhnen die Sünden vergeben werden / sollen täuffen lassen / vnd nicht von der Erbsünde selbst / welche jhnen in der Tauffe soll vergeben werden. Weil dann dem also ist / so muß ja auch wahr seyn vnd bleiben / daß ein Vnderscheid sey zwischen den sündigen Menschen / welche Vergebung der Sünden bedürffen / vñ zwischen der Sünde / so jhnen in der Tauffevergeben werden. Dieses ist so klar / daß es mit Grundt der Warheit nicht kan vmbgestossen werden.
Also das Wörtlein (wer getaufft wirdt) heist freylich nicht die Erbsünde selbst / sondern es redet von Menschen / so mit vnnd durch die Erbsünde verderbt sindt / vnnd demnach / wo sie wöllen selig werden / der Vergebung der Sünden oder Seligkeit / so durch die Tauffe / als ein Mittel vnd Werckzeug Gottes darzu verordnet / mitgetheilt wirdt / von nöhten haben. Darumb ist es wol zu erbarmen / daß diese elende blinden Leyter beydes sich selbs vnd andere mit jhrer schändtlichen Gauckeley so jämmerlich verführen vnd auffhalten sollen. Wolan verständige Hertzen werden dieses mercken.
Demnach aber das Gegentheil etlicher Massen vernimbt / daß sein Plauderwerck nicht Grundt hat / so fähret es fort / vnd vnderstehet sich zu erweisen / daß die Widergeburt deß Menschen eine wesentliche Widergeburt sey / darinnen der Mensch / der vorhin vor der Tauffe die wesentliche Sünde oder Erbsünde selbst gewest / wesentlich widergeboren / vnd wesentlich zum newen Menschen werde / dessen Natur wesentlich von deß vorigen Natur vnterschieden sey / etc. Welches abermal ein teuffelische Gotteslästerung ist / vnnd weder mit heiliger Schrifft / noch sonst mit einigem Grunde kan gut gemacht werden.
Das bekennen wir mit der gantzen heiligen Schrifft vnd allen reinen Lehrern / daß nem̃lich der gantze Mensch / der vngerecht / sündig / verderbt vnd vervnreiniget ist / an seiner gantzen Natur vnd Wesen / Leib vnd Seel / durch die heilige Tauff / als ein Mittel / widergeboren vnd von Sünden gereyniget werde / vnd daß die heilige Tauffe den gantzen Menschen an Leib vnd Seele wider vnd new gebere. Daß er aber also in der Tauffe solte newgeboren werden / daß sein Wesen oder Natur selbst solte wesentlich verändert / vnd in ein newes vnnd ander / vom vorigen vnderschieden / Wesen geändert werden / etc. Da sagen wir rundt vnd dürre Nein zu. Dann solches ein Gedicht ist dieser verwirreten vnnd halßstarrigen Leute / ausser vnd ohne Gottes Wort / das sie auch in alle Ewigkeit auß demselben nicht erweisen können.
Da Dauid Psal. 51. betet: Schaffe in mir Gott ein rein Hertz vnd gib mir ein newen gewissen Geist / bittet er nicht simpliciter vnd ohne Vnderscheid vmb Schaffung eines newen Hertzens / das wesentlich von dem vorigen vnderschieden sey / sondern vmb ein rein Hertz / oder / das eben so viel ist / vmb rechte wahre Reinigkeit seines durch die Sünde verderbten vnnd vnreinen Hertzens. Dann Hertz vnd rein Hertz sindt vnderschiedene Dinge / wie er auch baldt in folgenden Worten / da er sagt: Et spiritum rectum in visceribus meis innoua, vnd gib mir einen newen gewissen Geist / etc. sich dahin erkläret: Gib mir (spricht er) einen newẽ gewissen Geist / da er ja sein Leib vnd Seel mit meynet / oñ bittet / daß dieselbige mögen geistlich vernewert / vnd mit geistlichen Gaben gezieret werden.
Vnd hieher gehöret der Spruch Basilij contra Eunom. lib. 4. Dauid inquiens: Cor mundum crea in me Deus, non aliud cor petit, sed vt id, quod iam esset, purgaret. Dicta est etiam creatura noua, non velut alia fieret creatura, sed quòd hi, qui illuminantur, ad meliora opera praeparantur, Das ist / Wann Dauid betet: Gott schaffe in mir ein new Hertz / bittet er nit ein ander Hertz / sonder daß dieses / das schon da ist / gereiniget werde. Es wirdt ein newe Creatur genannt / nicht daß es gleich ein ander Creatur werde / sondern / daß damit angezeiget werde / daß die / so also erleuchtet / zu bessern Wercken bereitet werden. Vnd abermals in sermone, quòd Deus non sit author malorum schreibt er: Non alium occîdit, alium viuficat, sed eundem, per id quod occîdit, viuificat & percutiendo sanat. Das ist / Er tödtet nicht einen also / daß er den andern lebendig mache: Sondern eben denselbigen / dadurch daß er jn tödtet / machet er jhn auch lebendig / vnd in dem er jhn schlecht / heilet er jhn / etc.
Wie auch D. Lutheri Spruch vber das dritte Capitel Joelis / welchen das Gegentheil hie für sich eynführet / wider dasselbige bezeuget: Dauid bittet / daß jhm ein rein Hertz geschaffen werde.
Das ist ein öffentlich Bekändtnüß / daß er ein Hertz habe / das vnrein / das ist / dem Gesetz nicht gemeß / sondern zu wider ist / etc. Nuhn begeret Dauid / daß solch sein Hertz verändert vnd new geschaffen werde / also daß es nicht mehr vnrein sey / das ist / daß jhme diese Vnreinigkeit auß Gnaden vergeben vnd verzeihen werde / etc. Dann da vnderscheidet D. Lutherus außdrücklich / daß Dauid bekenne / daß er ein Hertz habe / das aber vnrein vnnd dem Gesetz zu wider sey / vnnd bittet / daß solch sein Hertz verändert vnd new geschaffen werde / das ist / daß diese Vnreinigkeit jhme auß Gnaden vergeben vnd abgethan werde.
Das Gegentheil streitet / Dauid bete vmb wesentliche Schaffung oder Enderung deß Hertzens in ein wesentlich new Hertz / will auch haben / daß dieses D. Lutheri Meynung sey. Der Christliche Leser sihet aber für sich selbst / daß solches eine falsche zugenöhtigte vnnd auffgedrungene Deutung sey. Fragstu / was da heisse ein new Hertz schaffen. Antwortet D. Lutherus mit Dauids Worten / es heisse so viel / als die Vnreinigkeit der Sünde / die im Hertzen ist / vnnd derwegen es auch vnrein ist vnd heisset / damit es nicht mehr vnrein sey / auß Gnaden vergeben. Da kan ja menniglich greiffen / daß Lutherus Dauids seine Wort nicht in deß Gegentheils Verstandt / von Erschaffung eines neuwen Hertzens nach dem Wesen selbst / sondern nuhr nach der Reinigkeit gebraucht habe.
Eben das bestättiget auch das Hebreische Wort Chiddesch / quod restaurare significat, das da heist etwas zu recht bringen / wie es auch D. Lutherus Psal. 51. erkläret. Nun ists aber vnleugbar / daß das Hertz zu recht bringen / vnd dem Wesen nach ein anders newes Hertz erschaffen / so weit von einander vnderschieden sindt / als der Auffgang vom Nidergang.
Solches geben auch die Wörtlein (in mir / gib mir) welche vnverneinlich Dauids sein Hertz / nach dem Wesen / vnnd
Die Enderung oder Ernewerung / so darinn geschicht oder geschehen soll / vnderscheiden.
Dieses bekräfftigen auch Lutheri Wort / Psal. 51. Tom. 4. Ienensi, fol. 397. Non est in potestate nostra, tale cor assumere, sed est ereationis diuinae, & c. Daß wir ein solch rein Hertz bekommen / stehet nicht in vnsern Kräfften / sondern Gott der HERR muß es schaffen / etc. Tale cor: Ein solch Hertz / spricht er / da er ja eygentlich mit zu verstehen gibt / daß er nit dem Wesen nach ein new Hertz verstehe / welches wesentlich von dem vorigen vnderscheiden sey / sondern von wegen der Reinigkeit vnd Heiligkeit. Aber es muß diesen Leuten alles / was sie nur erwischen / jhren falschen vnd jrrigen Wahn bestättigen.
Also Ezech. 11. da Gott spricht: Ich will euch ein eintrechtig Hertz geben / etc. vnd einen newen Geist in euch geben / vnnd will das steinern Hertz wegnemmen auß ewerm Leibe / vñ ein fleischern Hertz geben / etc. Vnd abermals Ezech. 36. Ich will euch ein new Hertz vnnd einen newen Geist in euch geben / vnnd will das steinern Hertz auß ewerm Fleisch wegnemmen / vnd euch ein fleischern Hertz geben / ich will meinen Geist in euch geben / etc. hat auch nicht den Verstandt / welchen diese verwirrete Leute Gottes Worten andeuten / Nem̃lich / daß in der Widergeburt deß Menschen Hertz / nach dem Wesen / selbst wesentlich solt weggenommen / vnd / dem Wesen nach / jhme ein ander new Hertz gegeben werden. Dann die phrasis oder Art zu reden: Das steinern Hertz wegnemmen / vnd fleischern Hertz an die statt geben / heist nichts anders / als ein rein / gut / vnnd solch Hertz geben / das Gott vertrawet / glaubet / vnd nach seinen Gebotten wandelt / oder die Vnreinigkeit / Boßheit / Hartneckigkeit vnd Halsstarrigkeit deß Menschlichen Hertzens wegnemmen / vnd an statt derselben im Hertzen Reinigkeit / Heiligkeit / etc. schaffen / oder wahren Glauben an Christum geben / dardurch wir hernach in seinen Gebotten wandlen können. Vnd das ist auch Jeremiae Meynung / Cap. 31. da Gott spricht: Ich will mein Gesetz in jhr Hertz
geben / vnnd in jhren Sinn schreiben / wie Christliche Hertzen sehen vnd verstehen. Dann so lang das Hertz oder Seele / als der König vnnd Regent / nicht gut ist / so folget das ander nicht: Wann aber das Hertz oder die Seele gut gemacht / das ist / durch den Glauben gereiniget vnd geheiliget wirdt / da folget der Gehorsam gegen Gott / vnd die Liebe gegen dem nechsten gewißlich hernacher. Darzu aber ist nicht von nöhten / daß dem Wesen nach / das Hertz wesentlich new geschaffen werde / wie vnser Gegentheil schwermet / sondern daß die vorige Vnreinigkeit vergeben / vnd das Hertz durch den heiligen Geist gereyniget vnnd gläubig gemacht werde. Also bleibet wol das Hertz dem Wesen nach / aber so viel die jnnerliche vnd geistliche Reinigung oder Newschaffung anlangt / wirdt es geändert / das ist / Es wirdt rein / da es vorhin vnrein war / es wirdt gläubig / da es vorhin vngläubig war / es wirdt heilig / da es vor vnheilig war / es fähet an Gott zu lieben / dem es vorhin feind war. Die se Reinigung aber wirdt erst im Ewigen Leben vollkommen.
Das Gegentheil zeucht an den Spruch Johan. 3. Es sey dann daß der Mensch auß Wasser vnd Geist wider oder new geboren werde / etc. vnnd will damit bewehren / daß die Widergeburt wesentlich geschehe / vnd daß die Erbsünde selbst oder die verderbte Natur / welche seinem Vorgeben nach die Erbsünde selbst wesentlich ist / getaufft / gereiniget vnnd new geboren werde. Wer sihet aber nicht / wie grob vnd greifflich es mit solcher Verkehrung der Wort Christi anläufft? Dann Christus spricht klar / es sey dann daß der Mensch newgeboren werde. Nuhn heist aber Mensch in diesen Worten nicht / so viel als die Erbsünde selbst: sondern das ist Christi intent / der verderbte Mensch müsse an Leib vnd Seele newgeboren werden / wo er anderst ins Himmelreich kommen solle. Wohin ist aber die Widergeburt gerichtet? Ist sie dahin / oder zu dem Ende gerichtet / daß sie deß Menschen gantze Natur / dem Wesen nach / wesentlich vertilgen vnnd ein new Wesen / das von dem vorigen Wesen deß vngetäufften Menschen wesentlich vnterscheiden ist /
machen solle? Trawen Nein: Sondern dahin / daß die verdampte / vngerechte / sündige Menschliche Natur von der Sünden durch Vergebung zur Gnaden komme / durch den Glauben gereiniget vnd geheiliget werde / vnd dann auch durch den Heiligen Geist new Liecht / Leben vnnd Gehorsam in deß Widergebornen Menschen Hertzen angezündet vnd erschaffen werde / damit er nach Gottes Geboten wandeln könne.
Ob auch Christus nicht außdrücklich spricht: Es sey dann daß ein vnterschieden accidens oder zufällige Verderbung newgeboren werde etc. gibt oder nimpt der Sachen an jr selbst nichts vberall / Sintemal der gantze Mensch an Leib vnd Seel soll vnnd muß new geboren werden: Nicht aber / wie das Gegentheil tichtet / daß dz Wesen des Alten Menschens / welchs die Erbsünde selbst seyn soll / abgetilget / vnd ein new Wesen / welchs wesentlich von dem vorigen vnterschieden sey / geschaffen werde / Dann solchs hat der HERr in seinem Wort nicht gelehret: Sondern das hat er gelehret / daß dem verderbten alten Menschen / der durch die Sünde an Leib vnd Seel vervnreiniget ist / dieselbige Vnreinigkeit vnd Verderbung auß Gnaden vmb Christi willen vergeben vnnd nicht zugerechnet werden solle / vnnd dann auch / daß der Heilige Geist das Hertze verneweren / Glaubẽ / Erkändtnüß Gottes / Anruffung / Friede / Freude / Trost / Gedult / Hoffnung / Liebe Gottes vnnd deß Nechsten / etc. darinnen erschaffen solle / darmit es Gott rechtschaffenen Gehorsam / der jme gefällig sey / hinfürter leisten könne / biß daß es im künfftigen Leben gar vnd vollkömmlich rein vnd heilig werde.
Also verhält sichs auch mit dem Spruch Pauli / Tit. 3. Durch das Bad der Widergeburt / etc. Dann er sagt deutlich / Gott mache vns selig durch das Badt der Widergeburt. Was heist aber da das Wort (Vns) Gott machet vns selig / freylich nicht die Erbsünd selbst / sondern vns Menschen. Warvon aber machet vns Gott selig durch das Badt der Widergeburt? Machet er vns
darvon selig durch die Widergeburt / daß das Wesen deß alten Menschens wesentlich vertilget vnd abgethan / vnd ein newes Wesen von dem vorigen / der Substantz nach / vnderschieden / erschaffen vnd der Mensch also wesentlich ein newer Mensch werde / vnd eine wesentlich / der Substantz nach / newe Natur vberkomme / wie das Gegentheil haben will? Keines Wegs. Sondern er machet vns Menschen selig / spricht der Apostel / Vns Menschen gebieret er new. Warvon macht er vns dann selig? Darauff antwortet der Engel / Matth. 1. Er wirt sein Volck selig machen von jhren Sünden. Das heist jha deutlich gnug zu erkennen gegeben / daß in der Widergeburt oder Rechtfertigung deß Sünders für Gott der Mensch nicht wesentlich in eine newe Natur verwandelt / sondern daß die alte böse vnnd verderbte Natur von den Sünden / damit sie vergifftet vnnd verderbt ist / gereiniget oder selig gemacht werde. Wer das nicht verstehen will / der ist mutwillig Blind / vnd will betrogen seyn.
Solche richtige vnd warhafftige Außlegung bekräfftigen auch D. Lutheri seine Sprüche / so das Gegentheil dieses Ohrts eynführet.
Als da er sagt / Paulus spreche / der Mensch müsse eine newe Creatur werden / etc. ist recht / vnnd wir sagens auch. Lutherus aber sagt nicht / daß die Erbsünde selbst wesentlich müsse new geboren oder ein newe Creatur werden. Summa / Mensch vnd Erbsünde sindt nicht eynerley / wie nuhn vielmals erwiesen. Derwegen Lutheri Spruch nicht für sie vnd wider vns / sonder wider sie vñ für vns ist.
Item / da er spricht / Tom. 5. Ienensi, pag. 248. Der Mensch müsse newgeboren werden / auß der Sünde zur Gerechtigkeit / auß der Schuld vnd Verdamnüß zur Vnschuld vnd Gnade / etc. Dañ mit disen Worten erkläret er deutlich / daß er die Widergeburt nicht verstehe / von einer wesentlichen Veränderung ďverderbten Natur in ein newes vñ anders Wesen / das dẽ vorigen am Wesen vngleich sey / sondern darvon / daß der Mensch newgeboren werde auß der
Sünde zur Gerechtigkeit / auß der Schuldt vnd Verdamnüß / zur Vnschuldt vnd Gnade. So bleibt nun der Mensch / der Natur vnd Wesen nach / der vorige Mensch / aber an stadt der Sünde bekompt er durch die Widergeburt / Gerechtigkeit / an statt der Schuldt vnd Verdamnüß / Vnschuldt vnd Gnade / wird also new geboren. Der Mensch (sagt Lutherus) bekompt diese Ding / vnd nicht die Erbsünde selbst.
E. ij. fa. 1. Das Gegentheil zeucht sonderlich an ein Sprüchlein Lutheri / auß dem andern Lateinischen Tomo, da er wider Latomum also schreiben soll: Gratia Dei renouat, mutat, & in nouos homines transformat de die in diem, & res ista seriò agitur, non respectibus tollendis, sed substantia & vita mutandis. Nun stehet aber gemeldter Spruch nicht im Buch Lutheri wider Latomum, darauß er eyngeführet wirdt. Da er auch gleich drinnen stünde / benemme er doch der Warheit nichts. Dann es ist wahr / daß Gott vnser Wesen vnnd Leben durch seine Gnade ändert / in dem er die Hertzen der Gläubigen von Tage zu Tage vernewert / vnd was er für Gaben in denselben angezündet / vermehrert. Daß er aber das Hertz wesentlich in ein ander Hertz / dem Wesen nach / verwandeln solte / das sagt Lutherus nicht / sondern ist dieser Leut eigen Gedicht. Also schreibet auch Hieronymus in 13. Cap. Matth: In ista non mutatur substantia sed voluntas. In der Erden (oder im Menschen der bekeret) wirdt nicht die Substantz oder das Wesen verwandelt / sondern der Wille: verstehe in einen newen Willen / oder der newe Kräfften hat.
E. iiij. f. 2. vnnd hernach. Es ist auch die Frage nicht von der Krafft der heiligen Tauffe / darvon das Gegentheil viel Wort machet / vnnd wir nicht verneinen / sondern von Hertzen bekennen: Sondern darvon ist die Frage / Ob die Erbsünde selbst zur Vergebung der Sünden getaufft vñ wider geboren werde. Vnd köndten alleine die einigen Wort Lutheri diesen gantzen Streit entscheiden / so das Gegentheil selbst für sich / aber doch fälschlich / anzeucht:
Das Aug allein schlecht Wasser sihet Wie Menschen Wasser giessen / Der Glaub im Geist die Krafft verstehet Deß Blutes Jesu Christi / Vnd ist für jhm ein Rote Flut Von Christi Blut geferbet / So allen Schaden heylen thut Von Adam her geerbet Vnd von vns selbst begangen. Dann in diesen Worten D. Luther sich fein rundt erkläret / daß in der Tauffe die Menschen widergeboren werden / vnd daß die Heilige Tauff allen Schaden heyle von Adam her geerbet / vnd von vns selbst begangen. Da verstehen alle Gottfürchtige vñ der Warheit liebhabende Hertzẽ / dz D. Luther erstlich zwischẽ der Erbsünde / welche er einẽ Schadẽ neñet von Adã her geerbet / etc. vnd zwischen vns Menschen / die wir in der Heiligen Tauffe von solchem Schaden sollen geheylet werden / vnderscheide. Zum andern / daß die Heilige Tauffe den Menschen der getaufft wird / dem Wesen selbst nach / nicht ändere / oder in ein anders Wesen wesentlich tranßformiere / sondern den Schaden damit Menschlich Natur vnd Wesen geschlagen vnd verderbt ist / heyle / oder auß gnaden verzeihe vnd wegneme / etc. Zum dritten / daß es Luthero nie in Sinn kommen / daß er halten solte / die verderbte Natur were die Erbsünde selbst wesentlich. Dann wo dieses sein Meynung oder Lehr gewest / so würde er nicht geschrieben haben / daß der Mensch in der Tauff vom Schaden der Erbsünde vnnd wircklichen Sünden geheilet würde: Sondern er würde vnd müste geschrieben haben / daß die Erbsünde selbst von jhrem Schaden / der jhr von Adam angeerbet were / geheilet würde. Das wolte aber zumal eine vngehewre /
Gottslästerliche Lehre seyn. Der liebe Gott thue einfältigen Hertzen die Augen auff / daß sie die helle Warheit sehen / vnd sich von diesen Wahnsinnigen Leuten nicht länger also mit der Nasen vmbfüren lassen.
F. j. fac. ij. Lieber wie reimpt sich auch dieses / daß das Gegentheil schreibet: Wann einer sagen wolte: Der Mensch kan die Sünde selbst nicht seyn / were das ebẽ so viel geredt / als der Mensch kan nicht selbst vngerecht vñ dem Gesetz Gottes zu wider seyn? Wer hat doch vngereimpter vnnd kindischer Ding jemals gehöret? Dann die Sünde selbst seyn / vnd selbst vngerecht vnnd dem Gesetz Gottes zuwider seyn / sind vñ werden nim̃ermehr eynerley Reden vnd Sachen. Fürgebẽ / daß der Mensch die Sünde selbst sey / ist Gottslästerung vnd Vnwarheit / lehren aber / daß der Mensch selbst vngerecht vnd dem Gesetz Gottes zuwider sey / ist die Warheit vnd recht. Daß aber beyde Reden durchauß einerley seyn solten / wenn man spricht / der Mensch sey die Sünde selbst / vnnd der Mensch selbst sey vngerecht / etc. kan noch mag in Ewigkeit mit Warheit vnnd Bestande nicht beygebracht werden / wie solchs auch die Kinder in Schulen verstehen / welche so viel gelernet habẽ / daß sie wissen / was für ein Vnderscheid sey vnter einem substantiuo vnd adiectiuo. Iniusticiam esse, das ist / die Sünde selbst sein / ist substantiuum: Iniustũ esse, das ist / vngerecht seyn / ist adiectiuum vnnd begreifft zweierley / den vngerechten Menschẽ als ein subiectum, vnd die Vngerechtickeit / so im Menschen oder ins Menschen Natur / als ein böser verderblicher Zufall ist. Da auch folgen solte / das die Sünde oder Vngerechtigkeit selbst seyn / vnnd vngerecht seyn / einerley weren vnnd nicht vnderschieden / so müste vor dem Fall der gerechte Adam nicht ein Mẽsch / sondern Gott selbst gewesen seyn. Sintemal allein in Gott / vnnd sonst in keiner Creatur weder Engel noch Menschen gerecht seyn vnd Gerechtigkeit seyn einerley seind / dieweil Gott die Gerechtigkeit selbst ist / vnnd die Gerechtigkeit in Gott nichts anders ist / dann sein Göttlich Wesen selbst. Ist aber vor dem Fall die Gerech-
tigkeit nicht Adams Wesen selbst gewest / sondern etwas in seiner Natur vnd Wesen / wie es dann wahr ist vnd bleibet in Ewigkeit (Es were dann / daß wir in die grewliche Vnsinnigkeit gerhaten wolten / daß Adam vor dem Fall Gott gewest) so muß auch vnwidersprechlich folgen / daß Vngerechtigkeit / Boßheit / Vnreinigkeit vnnd Sünde in Adam vnnd allen Menschen / nach dem Fall / mit nichten Adams verderbte Natur oder der Menschen verderbte Natur selbst / sondern daruon vnderscheyden sey. Dieses ist gewißlich wahr.
Das Gott der Erbsünde nicht gnädig sey.
NOchmals kompt das Gegentheil auff die grewliche GottslästerungH. j. fac. ij. Vnd hernach. (wie dann jmmer eins auß dem andern folgen muß) daß Gott der Sünden selbst gnädig sey / die Sünde selbst zu Gnaden anneme / vnd vorteydiget dieselbe durch viel Blätter nach einander. Wir wöllen kürtzlich vnd mit Bestande darauff antworten.
Erstlich aber / was D. Lutheri Sprüche anlangt / da er sich die Sünde selbst nennet / etc. geben wir diesen warhafftigẽ Bericht / den Lutherus selbst zeiget / Tom. 4. lenensi ad Galat. Cap. 3. Da er schreibet / wenn man den Menschen peccatum oder die Sünde heisse / das sey eben so viel geredt / als / wenn man in latina lingua, anzudeuten / daß einer ein arger böser Schalck oder scelestus ist / jn ein scelus heisset. Darauß erscheinet / daß das Wort Sünde in solchen Sprüchen nicht eygentlich heisse die Sünde selbst seyn / sondern so viel / als durch die Sünde jämmerlich verderbt seyn.
Wann nun Lutherus hin vnnd wider in seinen Büchern sich die Sünde selbst nennet / hastu auß diesen seinen eignen Worten die
rechte Erklärung wie du es verstehen sollest / nem̃lich nicht daß er wesentlich seiner Natur oder Wesen nach die Sünde selbst sey: sondern dieweil sein Natur gantz vnrein durch die Sünde vber alle massen verderbt vnd an Gottes Zorn schuldig ist. Vnd das heißt er abstractiuè geredt seyn / wie seine Wort lautẽ Galat. 3. Da er also schreibet: Cũ peccator venit revera in noticiã sui non solũ sentit se peccatorẽ cõcretiuè seu adiectiuè, sed etiã abstractiuè, hoc est, nõ solũ videtur sibi calamitosus, sed ipsa calamitas, nõ solũ peccator & maledictus, sed ipsum peccatũ & maledictum. Vt in lingua latina cùm excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / Wenn ein Sünder recht zu seim selbst Erkändtniß kompt / dunckt jn nicht anders / dann daß er nicht allein concretiuè, sondern auch abstractiuè ein Sünder sey / das ist / Es ist jm nit allein also zu Siñ / als sey er calamitosus vnglückhafftig / sondern ipsa calamitas das Vnglück selbst / vnnd daß er nicht allein ein Sünder vnd verflucht sey / sondern es dünckt jhn er sey die Sünde vnnd der Fluch selbst. Wie in der Lateinischen Sprache / wenn man einen auffs aller ärgste schelten will / so spricht man / du bist nicht allein scelestus ein böser Schalck / sondern auch scelus / das ist / die Schalckheit selbst.
Wer darauff acht gibt / kan leicht auff alle Sprüche D. Lutheri / so in diesem Streit vom Gegentheil verkehrlich angezogen werden / antworten / vnd die jrrige Meynung / welche vnter Lutheri phrasibus, so in concreto vom Sünder vnd Sünde zusammen reden / eingeschleufft / von sich abweisen / auch andere dafür bescheidentlich verwarnen.
Fürs ander / so viel aber deß Gegentheils Freffel anlangt / da es vns beschüldigt / als solten wir von der Erbsünde auff Manicheisch lehren / daß die Erbsünde ein abgesondert Wesen were von der Menschlichen Natur / vnd von aussen in dieselbige kom̃en / etc. Vnd das Gott einer solchen Sünde nicht gnedig sey / etc. soll hernach im vierdten Theil beständig auff geantwortet werden. Wöllen hie von
der Häuptsach handeln / vnd deß Gegentheils Beweiß / damit es darthun will / daß Gott der Erbsünde gnädig sey / besehen.
Das lange Gewäsch / Gott sey wol der Sünden nicht gnädig nach dem Gesetz / aber nach dem Euangelio sey er jhr gnädig. Item / nach dem Euangelio bleibe er nicht der Sünden in Ewigkeit feindt vnnd vngnädig / etc. begreifft eine solche Gottslästerung vñ Verkehrung deß Gesetzes vnd Euangelij in sich / daß sie auch nicht wol erschrecklicher köndte fürgebracht werden.
Wir sagen rundt herauß / daß weder Gesetz noch Euangelium der Sünde selbst gnädig sey oder werde in alle Ewigkeit.
Das Gesetz kan der Sünde nicht hold werden / weil es kommen ist die Sünde zu offenbaren / Rom. 3. dieselbe groß zu machen im Gewissen / Rom. 7. vnd Fühlen deß Zorns Gottes im Hertzen der Sünden halben zu erregen / Rom. 4. Ja den Menschen zu tödten. Rom. 7. 2. Corinth. 3.
Das Euangelium aber / ob es wol Gnade vnd Vergebung der Sünden predigt / dannoch ist solche Predigt nicht dahin gerichtet / daß Gott der Sünde selbst wolle gnädig feyn oder werden / sondern den Sündern. Christus Matth. 9. spricht nicht: Ich bin kommen die Sünde zur Busse zu ruffen / derselben gnädig zu werden / vnd selig zumachen / sondern peccatores, die Sünder oder sündige Menschen. Johan. 3. Spricht er nicht / Gott habe seinen Sohn gesandt / der Sünden gnädig zu werden / vnd sie selig zu machen / sondern der Welt / daß sie von jhren Sünden selig werde.
Der Engel Matth. 1. spricht nicht: Er soll Jesus heissen / das er die Sünde selig mache oder derselben Gnad erzeige / sondern daß er sein Volckselig mache von jhren Sünden. Paulus 1. Timoth. 1. spricht nicht / Christus Jesus sey in diese Welt kommen / der Sünden gnädig zu werden oder Barmhertzigkeit zu erzeigen / sondern jhme selbst. Mir / sprichter / ist Barmhertzigkeit widerfahren / etc. Item / er spricht nicht / Jesus Christus sey in die Welt kommen die Sünde selig zu machen / sondern die Sünder. Darumb ist es
eine grewliche Gottslästerung / tichten / daß das Euangelion der Sünden Gnade predige / oder daß Gott der Sünden selbst gnädig sey oder werde / dafür sich alle fromme Hertzen mit Ernst hüten / vnnd dieselbige als ein recht Teuffels Gifftmeiden vnd fliehen sollen.
Die Zeugniß der Schrifft / so vom Gegentheil / ermeldte Gottslästerung zu bestätigen / eyngeführet werden / beweisen durchauß nichts in dieser Sache.
Psal. 25. betet wol Dauid vnd spricht (wie es D. Lutherus vertiert hat) Sey gnädig meiner Missethat / die da groß ist. Wañ man aber eigentlich wissen will / obs Dauidis vnd Lutheri Meynung sey / daß Gott der Sünden selbst gnädig seyn wölle / oder aber viel mehr / daß er den Menschen / die vmb Gnade bitten / die Sünde vergeben wölle / so gibt solchs zum theil die Heilige Sprach selbst / zum theil auch die Version / so D. Lutherus gebrauchet. Denn das Wort Hahselicha, Condonabis peccatum meum / du wirst mir meine Sünde vergeben / welches dieses Orts im Hebreischen Text stehet / heißt eigentlich nicht so viel / als: Der Sünden selbst gnädig seyn / sondern dem sündigen Menschen / der mit grossen Sünden behafftet / Gnade beweisen oder Barmhertzigkeit widerfahren lassen / da jhme sonst der Sünden halb nichts denn Zorn vnnd Straffe gebürete. Die versio Lutheri aber / ob sie wol hat: HERR sey gnädig meiner Missethat / die da groß ist / verstehet sies doch nicht von der Sünden selbst / daß Gott derselben wölle gnädig seyn / sondern von Dauid vnnd allen betrübten Hertzen / so vmb Vergebung jhrer Missethat ernstlich bitten / daß jhnen GOTT jhre Missethat nicht zum Verdamniß zurechnen / sondern Gnade erzeigen wolte / vnnd auß Barmhertzigkeit auff vnnd annehmen. Heist also: Sey gnädig meiner Misserhat / anders nichts / als: Rechne mir meine Misse-
that nicht zu / sondern vergib mir dieselbe auß Gnaden. Dann Dauid betet vmb Gnade oder Verzeihung der Missethat / vnd nicht die Sünde selbst.
Zu dem so hat auch Lutherus dieses Wort Psal. 103. da es auch stehet / auff diese Weise gegeben: Der dir alle deine Sünde vrgibt. Vnd Psal. 130. Dann bey dir ist die Vergebung.
Darauß klar erscheinet / daß weder Dauid noch Lutherus gehalten haben / daß Gott der Sünde selbst gnädig werde.
Vnd zwar daß Dauid nicht gelehret habe / daß GOtt der Sünden selbst gnädig sey oder werde / erscheinet auß gemeltem 25. Psalm vberflüssig / dann da vnderscheydet er mit deutlichen Worten zwischen dem Sünder vnnd der Sünde: Da er spricht: Gedenck nicht der Sünden meiner Jugendt vnnd meiner Vbertrettung: Gedencke aber mein nach deiner Barmhertzigkeit / vmb deiner Güte willen. Deßgleichen auch auß dem 51. Psal. Da er spricht: GOTT sey mir gnädig nach deiner Güte / vnnd tilge meine Sünde nach deiner grossen Barmhertzigkeit. Er bittet ja / GOTT wölle jhme / als einem armen Sünder / gnädig seyn / die Sünde aber wölle er abtilgen nach seiner Barmhertzigkeit: Das heist ja nicht gelehret / daß GOTT der Sünde oder Erbsünde selbst gnädig sey. Exodi 32. stehen diese Wort: Kehre dich von dem Grimm deines Zorns / vnnd sey gnädig vber die Boßheit deines Volcks. Vnnd abermal: Ach das Volck hat eine grosse Sünde gethan / vnd haben jhnen güldene Götter gemacht / nun vergib jhnen jhre Sünde. Das soll nun / deß Gegentheils Fürgeben nach / so viel heissen / als: GOTT ist der Sünden gnädig. Wenn deß HERREN Grimm dermal eins angehen wirdt / wirdt er solche Verkehrer zu Grundt verderben / wo ferrn sie nicht bey Zeit Busse thun.
Mit einem Wort auff ermelte Verkehrung zu antworten / ist es gewiß / daß der erste Spruch in Mose nicht von dem malo culpae, oder von der Sünde selbst rede / sondern von dem malo poenae, das ist / von den Straffen der Sünden / wie solchs für sich selbst klar ist auß Mosis Worten / so er an gemeltem Ort in der Heiligen Sprache brauchet. Dann so lauten die Wort eigentlich nach der Heiligen Sprache: Poeniteat te mali huius contra populum tuum, &c. Ach HERR laß die Straff fallen / so du vber dein Volck beschlossen / oder jhm gedrawet hast. Wie solchs der Sprach verständigen wol wissen / vnd auch auß bald folgenden Worten zu vernemen ist / da Moses schreibet vnnd spricht: Es gereuwet den HERRN das Vbel / das er drewete seinem eigenen Volck zu thun. Dann in der Heiligen Sprache allda eben dasselbige Wort stehet / malum oder Vbel oder Straffe / das in Mosis Gebet kurtz zuuor gebraucht wird / vnd von D. Luthero durchs Wort (Boßheit) gegeben worden. Heißt also / eigentlich zu reden: Erlaß oder vergib deinem Volck die woluerdiente Straff / so sie mit Auffrichtung deß gülden Kalbes vnnd Anbetung desselben verwircket haben.
Daß aber das ander Gebet: Nun vergib jhnen jhre Sünde / diesen wünderlichen verwirreten Köpffen eben so viel heissen muß / als: Biß jhrer Sünden gnädig / vñ daß darauß erfolge / Gott sey der Sünden selbst gnädig / verstehen vnnd sehen alle fromme Hertzen / daß es ein lauter Gedicht vnd schändtliche Verkehrung sey Göttliches Worts / welche Gott an diesen Leuten nicht wirdt vngestrafft lassen. Dann Moses (wie es Lutherus vertirt hat) spricht deutlich: Vergib jhnen jhre Sünde / vnd nicht: Biß der Sünde selbs gnädig. Das Wörtlein (jhnen) welches Lutherus in seiner Tranßlalation hat / leidet auch solche Verkehrung nicht. Zu dem daß auch die Heilige Sprache an gemeltem Ort braucht die Wort Thissa Chatthatham, das ist / nim weg jhre Sünde.
Exodi cap. 34. wirdt das geringste nicht befunden / das dahin könte gedeutet werden / als solte Gott der Sünden selbst gnädig
seyn: Sondern die Wort gehen dahin / daß / weil Gott barmhertzig vnd gnädig / gedültig vnd von grosser Gnade vnd Trewe sey / auch Sünde vnd Vbertrettung vergebe / so wölle er gnädig seyn / vnnd Sünde nicht zurechnen / gegen vns armen Menschen / das heist aber noch lange nicht so viel / als der Sünden selbst gnädig seyn.
Daß aber das Gegentheil fürwendet / Gott sey auch vnserer Erbsünde / das ist / vnserm alten Adam oder gantz verderbten Wesen / etc. gnädig / ist sein Gedicht / dadurch es für vnd für die verderbte Menschliche Natur vnnd die Verderbung oder Erbsünde selbst mit schrecklicher Gotteslästerung vntereinander menget. Gott vergibt der verderbtẽ Natur die Sünde / so jr vom alten Adam anhangen / vmb Christi willen. Der Erbsünde aber vergibt er nichts / oder ist jhr nicht gnädig / sondern er tilget sie auß / vnd tödtet sie in vns / biß wir am jüngsten Tage gantz vnd gar darvon erledigt werden.
Dauid Psalm. 143. bittet nicht / daß Gott der Erbsünde wölle gnädig seyn / wie das Gegentheil fabuliert / sondern er bittet / daß Gott vmb der Erbsünde vnnd andern seinen wircklichen Sünden willen nicht wölle mit jhme in sein Gericht gehen.
Die Wort Mosis / Exod. 34. Der HERR gehe mit vns / dann es ist ein halsstarrig Volck / daß du vnser Missethat vnd Sünden gnädig seyest / vñ lassest vns dein Erbe seyn / bestättigen deß Gegentheils Lästerungen im wenigsten nicht. Dann Moses selbst in seinen eygnen Worten sich erkläret / was er meyne / nem̃lich / daß Gott der Kinder Israel Missethat wölle gnädig seyn / das ist / dieselben von jhnen wegnemmen / wie das Hebreische Wort / Nasa, das er an gemeldtem Ohrt brauchet / klar zu verstehen gibt. Item / da er fein rundt sagt: Lasse vns dein Erbe seyn. Darauß vnverneinlich folget / das Moses Meynung nicht gewest / daß Gott der Sünden selbst gnädig sey: sondern daß er den Menschen / welche mit Sünden behafft / wölle gnädig seyn vnnd jhre Missethat vergeben oder wegnemmen / daß sie sein Erbe seyn vnd bleiben mögen. Dann wo das Mosis eygentliche Meynung gewest / daß Gott der Sünde
selbst solte gnädig seyn / so müste er also gebetet haben / daß GOtt der Sünden selbst wolte gnädig seyn / Vnd das Wort (Vnser) aussen gelassen haben. Also müst er auch gebetet haben: Vnd lasse die Missethat oder die Sünde selbst dein Erbe seyn / vnd nicht: Lasse vns dein Erbe seyn. In Summa / das Wort (Missethat) kan da nicht von der Substantz / Natur vnd Wesen deß Menschen verstanden werden. Dann sonst were das Wörtlein (Vnser) vergebens / das Wort (Erbe) deßgleichen. Es were dann / daß wir mit diesen Leuten schwermen wolten / daß Gottes Volck seyn / sein Erbe seyn / Sünde vnd Missethat seyn / einerley vnd nicht vnderschieden weren / welches wir / ob Gott will / nimmermehr thun werden oder wöllen.
Mit Salomonis Gebet 1. Regum 8. hat es eben die vorige Meynung: Biß der Sünde deines Volcks gnädig: Das ist / vergib deinem Volck jhre Sünde. Dann wo Salomons Intent gewest / daß GOtt der Sünden selbst gnädig seyn solte / so hette er nicht für deß Volcks Sünde vmb Gnade bitten dürffen: Sondern hette mit diesen Schwermern schwermen vnd sagen müssen: Gott sey deiner Sünde gnädig / vnd das Wörtlein (deines Volcks) gar aussen lassen.
Jeremiae 31. Erkläret der HERR selbst / was er mit seinen Worten meyne / da er spricht: Ich will gnädig seyn jhrer Vntugendt vnd jhren Sünden / vnd jhrer Vngerechtigkeit will ich nicht mehr gedencken: Nem̃lich / daß er den Gläubigen jhre Sünde nicht zurechnen / sondern auß Gnaden verzeihen will. Dann also ist er der Sünden gnädig / nicht daß er die Sünde selbst zu Gnaden auffnemme (dann das geschicht nim̃ermehr) sondern wañ er den Gläubigen / wie gemeldt / jhre Sünde auß Gnaden erläst / vnd derselbigen vmb Christi willen nicht mehr gedencket. Summa die Wörtlein (jrer Sünde) vnderscheiden klärlich zwischen der Sünde selbst / der Gott nicht gnädig wirdt / sonder die er vergibt vnd nicht zurechnet / vñ vnter den Menschen / welchen er gnädig ist / vnd jnen jre Sünde vnd Missethat schenckt.
Also bleibt es vnverneinlich wahr / daß Gott den Sündern wol Gnade erzeige / aber der Sünden selbst nimmermehr / sondern bleibe jhr in alle Ewigkeit feindt.
Ist derhalben eine grosse Boßheit / daß das Gegentheil die schönsten Sprüche der Schrifft so schendtlich verkehren / vnnd so fälschlich / der Warheit zu wider / mißdeuten soll.
Wir bekennen gerne mit D. Luthero in der Jenischen Haußpostill im dritten Theil / am Tage Johannis deß Täuffers / daß die Welt durch Vergebung der Sünde soll vnd müsse selig werden / etc. Darauß folget aber / eygentlich zu reden / mehr nicht / dann daß die Welt ausser Christo vngerecht vnnd eytel Sünde sey oder voller Sünden sey. Dann wo D. Lutheri Sinn gewest / daß die Welt / eygentlich zu reden / die Sünde selbst were / hette er nicht sagen können / die Welt solle vnd müsse durch Vergebung der Sünden selig werden. Sintemal das Wort (Welt) das Subiectum zeiget / welches soll selig werden durch Vergebung der Sünden / mit nichten aber lehret / daß die Sünde selbst solle Gnade erlangen vnd selig werden. So were es auch ohne das vngehewer geredt: Die Sünde soll vnnd muß durch Vergebung ď Sünden selig werden. Dañ also müste es heissen / wann Welt vnd Sünde einerley bedeuteten / vnd kein Vnderscheidt vnder der Welt oder vnter den Menschen vnd vnter der Sünde selbst were.
Das Gegentheil zeucht auch selbst an Pauli Wort / Ephes. 2. Auß Gnaden seidt jhr selig worden / vñ schreibet mit grossen Buchstaben (VOS) Ihr seidt oder werdet selig. Fragt auch / wer die Vos: oder jhr sindt / etc. vnnd antwortet: Ihr / die jhr weilandt todt waret in Sünden / etc. Hie bedarffs nicht viel Wort / wann das Gegentheil Augen hette zu sehen / vnd Ohren zu hören / die es leider nicht hat / so hette dieser einige Spruch es bewegen sollen / von seinem schwermerischen Gottslästerlichen Wahn abzustehen.
Dann eben das Pronomen (Vos oder jhr) hell vnd klar den Vnderscheidt zwischen der verderbten vnnd durch die Sünde zum guten erstorbenen Menschlichen Natur vnnd zwischen der Erbsünde selbst anzeigt. Ihr (spricht er) seidt oder werdet selig. Warvon dann? Freylich von der Sünde. Matth. 1. So muß ja ein anders die Sünde seyn / darvon wir selig werden / vnnd wir Menschen / so die Seligkeit durch den Glauben an Christum auß Gnaden erlangen.
J. ij. fa. 1. Spricht das Gegentheil / es sey wol für der Vernunfft eine ärgerliche Rede: Gott ist der Sünden gnädig / etc. Wir sagen aber dargegen / daß diese Rede dem Glauben ärgerlich vnd für sich selbst Gotteslästerlich sey / dieweil sie in Gottes Wort nicht alleine keinen Grundt hat / sondern dasselbige auch schändtlich verkehret vnnd in einander menget / da doch das Wort außtrücklich vnderscheidet.
Alle Sprüche von der Rechtfertigung deß armen Sünders für Gott / welche das Gegentheil hie mit Hauffen eynführet / als Rom. 3. Wir sindt allzumal Sünder / etc. werden aber auß Gnaden gerecht. Rom. 4. Gott macht die Gottlosen gerecht. Rom. 5. Wir sindt Gottversönet. Wir werden für dem Zorn behalten / vnd was dergleichen mehr sind / streiten klar wider deß Gegentheils Lästerung. Wir werden gerecht / spricht der Apostel / nicht die Erbsünde selbst. Den Gottlosen macht Gott gerecht / aber die Gottlosigkeit vnd Sünde selbst nicht. Wir sindt Gott versönet / aber nicht die Erbsünde. Wir werden behalten für dem Zorn / aber nicht die Erbsünde selbst.
K. iij. fa. 2. Disputiert das Gegentheil von dem Spruch Johan. Cap. 3. Darzu ist erschienen der Son Gottes / daß er die Werck deß Teuffels zerstöre / gibt vns schuldt / als lehreten wir in dem vnrecht / da wir die Erbsünde ein Teuffels Gifft heissen / oder / das eben so viel ist / mit einem schrecklichen Gifft vergleichen / dardurch Menschliche Natur vnd Wesen zu Grunde verderbt sey Vergisset aber vn-
ter deß / daß der Heilige Geist selbst / Rom. 3. Da er beweisen will / daß alle Menschen Sünder sindt / vnd durch die Erbsünde verderderbet / die Sünde dem Gifft / auß dem 140. Psalmen / vergleichet / da er spricht: Ottern Gifft ist vnter jhren Lippen. Hat nun der Heilige Geist durch den Mundt Dauids vnnd Pauli keine schew gehabt / die Erbsünde mit einem Ottern Gifft zu vergleichen / warvmb solten wirs dann nicht auch thun dürffen / vnnd warumb solts vnrecht seyn / wann wirs theten? Die Erbsünde ist Otterngifft vnter den Lippen / darumb ist freylich die Erbsünde nicht die Lippen selbst. Die Erbsünde aber ist in einem Gliede wie im andern / dann der gantze Mensch mit Leib vnd Seel ist durch die Erbsünde / durch vnd durch verderbt. Sind nuhn die Lippen die Erbsünde selbst nicht / so ist auch das Hertz / die Seele / die Vernunfft / der Verstandt / der Wille / vnd wie das andere mehr heist / das am Menschen ist / die Erbsünde selbst nicht / sondern die Erbsünde ist in den allen / vnd gehet durch Adern / Marck / Bein / Leib / Seel / Kräfften / vnd alles / etc. Ist nuhn deß Menschen Leib / Seel / Hertz / Verstandt / Wille / etc. die Erbsünde selbst nicht / so muß ja die Erbsünde keine Substantz im Menschen seyn: Ausser dẽ Menschen ist sie auch nicht / so folget ja vnwidersprechlich / daß sie ein accidens oder gefährlicher schedlicher böser Zufall im Menschen sey.
So nennet auch D. Lutherus an vielen Ohrten die Erbsünde ein Giff / wie droben auch gehöret. Sonderlich aber Genes. 42. spricht er: Hoc autem capite memorabilis est descriptio horribilis illius mali seu peccati, quod est profundum venenum in anima & corpore, ita vt etiam velit pro iusticia haberi. Das ist / In diesem 42. Cap. ist eine denckwirdige Beschreibung / deß grausamen Vbels oder Sünde / welche ist ein tieffes Gifft in der Seelen vnnd im Leibe / also daß sie auch will für Gerechtigkeit geachtet seyn. Vnd Genes. cap. 3. Homo peccati venenum à Satana infusum, hausit. Das ist / Der Mensch hat das Gifft der Sünden /
vom Teuffel eyngegossen / geschöpfft. Noch darff das Gegentheil ein groß Geschrey vber dieser Art zu reden machen.
Ja / sprechen sie / Gifft aber ist ein sonderliche Substantz oder Wesen. Ist nuhn die Erbsünde ein Gifft / so muß sie auch eine sonderliche Substantz oder Wesen seyn / so zu deß Menschen Wesen kommen ist / vnnd also haben ja die Manicheer vor Zeiten gelehret.
Wann diese jrrige Leut gelernet hetten / was Metaphoricae locutiones, figürliche Reden weren / so bedürffte es dieser Obiection gar nicht. Dann in solchen Reden nimpt man Gleichnissen von den Substantijs, vnd accommodiert sie ad accidentia, das ist / auff zufällige Dinge / vnd ersolgt doch keines Weges / daß die zufälligen Dinge darumb alsbaldt Wesen oder Substantz seyn müsten. Gleichniß Weise ist es geredt / wann man die Erbsünde ein Gifft nennet / vnd nicht fimpliciter oder eygentlich / wie das alle verständige Hertzen wol mercken.
Etwan hat Julianus Augustino gleicher Gestallt Schulde geben / er lehrete mit den Manicheern / daß die Sünde ein Substantz oder Wesen were / weil er sie einem frutici oder Stauden verglieche / welcher ein Substantz ist / so doch die Erbsünde keine Substantz were: Aber Augustinus hat jhm sehr fein geantwortet / contra lulianum lib. 6. cap. 8. Propter quod ego vitio, quod generi humano diabolus tanquam vulnus inflixit, quam uis nullo modo substantia sit, rectè tamen adhibui de substantia similitudinem, vt fruticem dicerem. Das ist / Derwegen hab ich den Schaden / welchen der Teuffel dem Menschlichen Geschlecht / gleich als eine grewliche Wunden geschlagen / ob er wol keine Substantz oder Wesen ist / dannoch mit einem Stauden / der eine Substantz ist / vergliechen / etc. Dann solche Metaphorae oder Gleichnissen sindt gar gemein vnd bekandt.
Eben also thun jetzo diese Leuhte vnsern Kirchen auch / daß / weil sie die Erbsünde ein Gifft nennen / das ein Substantz ist / vnd damit vergleichen / geben sie für / es müsse auch von stundt an folgen / daß sie lehren / die Erbsünde sey eine sonderliche Substantz im Menschen / wie vor Zeiten die alten Manicheer gelästert haben / so es doch vnsere Kirchen nur Metaphoricè oder Gleichniß Weise / vnd nicht eygentlich also nennen.
Wie nuhn Augustinus dem Juliano dazumal richtig vnter Augen gangen vnd gründtlichen Bescheidt gegeben / warumb er die Erbsünde mit einem Stauden / der ein Substantz ist / vergliechen / vnd doch beständig halte / daß die Erbsünde nullo modo substantia, Das ist / auff keinerley Weise eine Substantz sey: Also sagen wir dem Gegentheil rundt herauß / daß wir zwar der Gleichniß vom Gifft / welches für sich selbst ein Substantz ist / gestehen / vnd doch mit Augustino / zu forderst aber mit der gantzen heiligen Schrifft altes vnd newen Testaments / halten vnd lehren / daß die Erbsünde nullo modo substantia, Das ist / auff keinerley Weise eine Substantz im Menschen sey / sondern sey ein böser schädlicher Zufall / der von deß Menschen Natur vnnd Wesen könne gescheiden werden.
Deß Teuffels Werck / welche der Sohn Gottes zerstören soll / sindt nicht die wesentliche Verwandlung deß Menschen oder der Seelen / deß Verstandts / deß Willens in jhrem höchsten Grad / in ein ander böses Wesen / das nuhnmehr die Erbsünde selbst wesentlich sey / solches ist deß Gegentheils schändtlich Gedicht / vnnd nicht Göttlichs Worts Lehre. Sintemal der Teuffel keine solche wesendtliche Verwandlunge der Menschlichen Natur oder der Seelen / deß Verstandts / deß Willens / etc. Weder in jhrem höchsten / mittelsten oder nidersten Grad zu wegen bringen kan. Dann wesentliche Form geben oder wesentliche Verwandelung deß Leibs vnnd der Seelen anrichten / alleine Gott zustehet / vnd nicht dem Teuffel. Was sinds dann? Antwort:
Es sindt die Erbsünde / oder die gantze Verderbung im Menschen an Leib vnd Seele / mit sampt allen Früchten der Erbsünden / so auß der Erbsünde / als auß einem Brunnquell herfliessen. Welche der böse Feindt mit seinem Anreitzẽ vervrsachet / welcher Schaden auch durch Adam auff alle Menschen geerbet wirdt.
Wann die verderbte Natur deß Menschens die Erbsünde selbst were / wie das Gegentheil dichtet / so müst sie der Sohn Gottes / als ein Werck deß Teuffels / das er vervrsachet / zerstören / vertilgen / vnnd müst einen newen Menschen schaffen / der wesentlich vnd der Natur nach vom vorigen vnderschieden were. Nuhn ist er aber nicht kommen / die verderbte Natur deß Menschen zu zerstören / vnd einen newen Menschen / der / wesentlich vñ der Natur nach / vom vorigen Menschẽ vnterscheiden were / zu erschaffen: Sondern denselben Menschen / vnnd dieselbige Natur / die er geschaffen hat / von der Sünde / so vom Teuffel vervrsachet ist / vom Zorn Gottes vnd ewiger Verdamnüß zu erretten / vnd selig zu machen.
Derwegen so muß ja ein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur / vnnd zwischen der Verderbung selbst seyn / welche vom Teuffel vervrsachet ist / vnd kan die verderbte Natur die Erbsünde selbst nicht seyn / die der Son Gottes zerstören / vñ die verderbte Natur darvon erretten soll.
So heist auch destruere, dissoluere, zerstören / mit nichten so viel / als eine Substantz vom Teuffel formieret oder wesentlich verwandelt / zerstören / vnnd auß derselben wesentlich eine andere Substantz machen / die Gott ehnlich / vñ dem Gesetz gleichförmig: Sondern / wie gesagt / es heist die Erbsünde / vnd was der anhängig / damit der Mensch an Leib vnd Seel verderbt ist / auß Gnaden verzeihen / vmb Christi willen vergeben / vnd durch den Heiligen Geist anfangen zu creutzigen / außzufegen / zu tödten / biß so lang / daß der gläubig Mensch in der Aufferstehung der Todten gantz vnnd gar darvon erlöset / vnd vollköm̃lich an Leib vnd Seel / vnd allen Kräfften rein vnd heilig werde.
D. Lutheri Sprüchlein Dom. 12. Trinit. in der Jenischen Postill / da er sagt: Der Sohn Gottes zerbricht dem Teuffel sein Werck / die Sünde / den Tod / vnd die Helle / etc. bekräfftiget vnsere Lehr / vnnd nicht deß Gegentheils Schwarm / wie menniglich verstehet.
Eine grewlige Verkehrung der Schrifft ist es / da das GegentheilL. 2. fac. 2. fürgibt / es seyn aequipollentia vocabula gleichgeltende Reden / der Sünden gnädig seyn / die Sünde vertilgen / ins tieffe mehr werffen / etc. vnnd zu Gnaden auff vnd annemen / Sünde vergeben / etc. sonderlich weil sie vnterm Schein dieser Reden jhr schädliches Gifft vertuschen / daß Gott der Sünden selbst gnädig sey / etc. Von welchen Reden wir kurtz zuuor gehöret / daß sie in Gottes Wort keinen Grundt vnnd Bestandt habe / sondern eine schändtliche verkehrung desselben sey.
Nochmals / wo es wahr were / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst were / vnd aber die Schrifft bezeuget / daß Gott dieselbe sampt jhren Früchten vertilget / vnnd in die tieffe deß Meers wirffet / so müst / deß Gegentheils schändtlichen Gedicht nach / die verderbte Natur selbst vertilget vñ in die tieffe deß Meers geworffen werden. Das wolte nun ein feine Rechtfertigung vnd Seligmachung deß armen Sünders seyn / da vns der liebe Gott gnädig für behüten wölle / Amen.
Bringt das Gegen theil dieses Argument für / das es offt zuerholenL. 3: fac. 2. pflegt / vnnd vermeint es sey vns vnmüglich drauff zuantworten:
Sünde ist alles / was wider Gottes Gesetz ist / vnd das gestehet das Concordi Buch selbst.
Deß Menschen verderbte Natur ist wider das Gesetz.
Derhalben ist deß Menschen verderbte vnnd dem Gefetz widerstrebende Natur / Oder / welches gleich so viel ist / der verderbte vñ dem Gesetz widerstrebende Mensch die Sünde. Nun kan ein solcher dem Gesetz widerstrebender Mensch oder Natur / nicht wirck-
liche Sünde seyn / sondern muß die Erbsünde / das ist ein Wurtzel / Vrsprung vnd Thäter aller wircklichen Sünde seyn / etc.
Droben / baldt im Anfang dieser Schrifft / ist angezeiget / daß maior dieses Arguments cum signo vniuersali nicht passiert / vnd daß eine grewliche confusio oder Vermischung vnderschiedener Sachen im selben begangen werde / derwegen auch das gantze Argument nicht bestehen könne.
Vnnd zwar wer dieses Argument nur ein wenig recht ansihet / der mercket / daß es nicht passiert / dieweil / wie man in Schulen zu reden pflegt / vnnd allbereit angezeiget / maior cum signo vniuersali keines Weges wahr ist / sintemal nicht alles was dem Gesetz zu wider / ohne allen Vnderscheid die Sünde selbst ist / darumb dieses gantze Argument im geringsten nicht schleusset. Wann die verderbte Natur vnd die Erbsünde ohne allen Vnderscheid einerley weren / so hette gemeldtes Argument einen Schein. Nun aber dieses nicht ist / können sie mit demselbigen Argument nichts erhalten.
Wann sie nun gleich fürwenden / das Gesetz Gottes klage die gantze Natur an (welchs wir auch lehren) vnnd nicht etwas vnreines an der Natur / als ein zufälliges Vbel / etc. So hilfft sie doch dieses auch nicht. Dann ob wol GOTT der HERR durchs Gesetze die gantze Natur / wie billich / anklagt / so klagt er sie doch nicht an / so ferrn sie ein Natur oder sein Geschöpff vnnd Werck ist: Sondern dieweil sie durch die Erbsünde durch vnnd durch verderbet ist. Darumb spricht der Prophet Jesaias Cap. 59. Ewere Vntugendt scheiden euch vnd ewern GOTT von einander / vnd ewer Sünde verbergen das Angesicht von euch / daß jhr nicht gehöret werdet. In diesen Worten wirdt ja außdrücklich etwas gezeiget / welchs weder GOTT noch Mensch ist / auch
weder von Gottes noch von deß Menschen Wesen ist / nemblich die Sünde / vnnd wirdt der Mensch angeklagt nicht von wegen seines Wesens / sondern von wegen der Sünde / welche zum theil der Natur anhanget / zum theil von derselben außgehet.
Ja / sprechen sie / Ihr müst je selbst gestehen / das Euangelion sey eine Verkündigung der Hulde vnnd Gnade Gottes / vnnd eine Gnadenreiche Verheissung von der Vergebung der Sünden / etc. Ergo so muß ja wahr seyn / daß GOTT der Sünde gnädig sey.
Antwort: Daß das Euangelion sey eine Verkündigung der Hulde Gottes / vnnd eine Gnadenreiche Verheissung von Vergebung der Sünden / ist wahr / aber darauß schleust sichs nicht recht: Ergo, so muß es wahr seyn / daß GOTT der Sünden gnädig sey. Denn das Euangelion verkündiget den Menschen die Hulde vnnd Gnade Gottes. Marci. 16. Prediget das Euangelion allen Creaturen / vnnd nicht der Erbsünde. Rom. 1. Das Euangelion ist eine Krafft Gottes / die selig machet alle so daran gläuben / etc. vnnd nicht die Sünde selbst. Also verheißt es Vergebung der Sünde den sündigen Menschen / aber nicht der Sünde selbst. Dann das Euangelion spricht nirgendt / daß Christus kommen sey vmb der Sünden willen / derselben gnädig zu seyn vnd sie selig zu machen / sondern vmb der Sünder oder verlornen Menschen willen / dieselbe selig zumachen. Darumb bleibt das Antecedens wahr / daß das Euangelion Gnade vnnd Vergebung der Sünden predige: Das Consequens aber falsch / daß GOTT der Sünden selbst gnädig sey. Dieweil das Euangelion den Sündern / nicht aber der Sünde selbst Gnade anbeut.
Auff diese Weise bleibt den betrübten Gewissen der beständige Trost deß Euangelij von Gottes Gnade fest / da er
hergegen wancken würde / wann das Euangelion lehrete / daß Gott der Sünde selbst gnädig were. Denn da würde als bald im Gewissen dieser Zweiffel angehen: Wo bleibe aber ich / als ein armer Sünder? Aber was darffs viel Wort? Diese Lehre ist so hell vnd klar / daß das Euangelion nicht lehre / daß Gott der Sünde / sondern den Sündern gnädig sey / vñ jhre Sünde vergebe / daß auch das Gegẽtheil selbst seine schwermerische Rede / daß Gott der Sünden gnädig sey / an diesem Ort also erklären muß (oder die Sünde jhnen N. 4. fac. 2.vmb Christi willen vergebe) da menniglich verstehet / daß es viel ein anders ist / den Menschen vmb Christi willen gnädig seyn / vnd jhre Sünde vergeben / denn der Sünde selbst gnädig seyn.
Wo auch diese richtige Lehre nicht behalten wirdt / da wirdt freylich die gantze Lehre deß Euangelij vmbgestossen vnnd schändtlich vorkehret. Denn ja die Predigt deß Euangelij nicht vmb der Sünde selbst willen / daß derselbẽ Gnade widerfahren solle / geordnet ist / sondern vm̃ der armen Sünder willen / daß denselbigẽ Gnad erzeigt / vnnd jhnen jhre Sünde auß Gnaden vmb Christi willen mögen verziehen oder erlassen werden.
Freylich ists eine greiffliche Blindtheit / da das Gegentheil also schleust: Gott vergibt Sünde vmb Christi willen / auch die Erbsünde / Ergo so ist er ja der Sünden gnädig / etc. Denn diese Leute können für grosser erschrecklicher Blindtheit / damit sie geschlagen sind / weder sehen noch verstehen / daß ein anders sey / den Sündern gnädig seyn / vnd alle Sünde vergeben / vnd aber ein anders der Sünden selbst gnädig seyn. Den armen Sündern ist Gott gnädig / vnnd vergibt jhnen alle jhre Erb vnnd wirckliche Sünde / auff daß sie beständigen Trost haben / vnd versichert seyn mögen der ewigen Seligkeit. Der Sünden selbst ist er nicht gnädig / sondern er vergibt sie den Sündern / oder rechnet sie jhnen nicht zu zur Verdamniß / welches er thun köndte / wenn er nach seiner strengen Gerechtigkeit / vnd nicht nach seiner grossen Barmhertzigkeit mit jnen handeln solte.
Daß die Erbsünde weder getaufft noch selig werde.
NAch diesem vnderstehet sich das Gegentheil zuerweisen /M. 2. fac. 2. Vnd hernacher durch etliche Blätter. daß die Erbsünde getaufft / geheiligt / vnd selig gemacht werde / etc. braucht dieses Argument:
Das Fleisch wirdt auß Gnaden getaufft / auß Wasser vnnd Geist new geboren / geheiliget / erleuchtet / lebendig vnnd selig vmb Christi willen durch den Glauben gemacht.
Fleisch vnd Erbsünde sind vnd heissen einerley / vnnd wirdt eines für das ander gesetzt vnd genommen / wie auß Paulo vnnd Luthero zu sehen / etc.
Derwegen wirdt die Erbsünde auß Gnaden getaufft / auß Wasser vnd Geist widergeborẽ / geheiliget / erleuchtet / lebendig / vñ vmb Christi willen durch den Glauben selig gemacht.
Wöllen probationem minoris besehen / da sichs befinden wirdt / das minor gantz falsch / vnd Gottslästerlich sey.
Paulus (spricht das Gegentheil) Rom. 7. nimpt Fleisch vndN. 3. fac. ij. Erbsünde für ein Ding / da er sagt: Die Sünde erregt in mir allerley Lust. Vñ Galat. 5. Das Fleisch gelüstet wider den Geist. Item / Rom. 6. sagt Paulus / daß die Christen der Sünden in jhren Lüsten nicht Gehorsam leisten sollen. Vnd Galat. 5. Deß Fleisches Lüste oder Werck sind Ehebruch / Hurerey / etc. Ergo weil Fleisch vnnd Erbsünde ein Ding seind / vnd das Fleisch getaufft wirdt / so muß ja wahr seyn / daß die Erbsünde getaufft werde / etc.
Hie vernemen aber alle Gottfürchtige vnd verständige Christen / daß eine grewliche verkehrung in den angezogenen Sprüchen Pauli begangen werde. Dann Rom. 7. nimpt der Apostel nicht Fleisch vnnd Erbsünde für ein Ding / sondern vnderscheidets mit deutlichen klaren Worten. Wie solchs auß den angezogenen Worten augenscheinlich zu sehen ist. Denn er spricht nicht: Fleisch vnnd
Erbsünde sind ein Ding / vnnd es ist kein Vnderscheidt zwischen dem Fleisch vnnd der Erbsünde: Sondern die Sünde erreget in mir allerley Lust. In mir / spricht er / oder in meinem Fleische (denn dieser Art zu reden braucht er auch Rom. 7.) erreget die Sünde allerley Lust. So folgt ja vnwidersprechlich / daß er Fleisch oder Menschliche Natur vnnd die Erbsünde nicht für ein Ding nimpt / wie jhm das Gegentheil fälschlich antichtet. Vnd folget also auch ferner / daß auß Pauli Worten nimmermehr könne erwiesen werden / daß die Erbsünde selbst getaufft werde / wie das Gegentheil schwärmet.
Galat. 5. Das Fleisch gelüstet wider den Geist. Hie heißt der Apostel Fleisch den gantzen Menschen / mit allen seinen Kräfften / vnnd mit sampt der Verderbung oder Lustseuche / so dem Fleisch angeboren ist / vnd sagt / daß er wider den Geist gelüste. Er gelüstet aber wider den Geist nicht darumb vnd daher / daß er Fleisch / das ist / Mensch ist oder Menschliche Natur hat / sondern darumb vnd daher / daß sein Fleisch oder Menschliche Natur durch die Erbsünde vnd Lustseuche verderbt ist / Darauß folgt aber nicht / daß Fleisch vnd Erbsünde Paulo ein Ding seyn / vnd daß kein Vnderscheid zwischen der Menschlichen Natur vnnd zwischen der Erbsünde sey / welchen Vnderscheid Paulus Rom. 7. gewaltiglich / wie im Anfang dieser Schrifft erwiesen / treibt. Derwegen auß diesen Worten Pauli nimmermehr kan erzwungen werden / daß die Erbsünde getaufft vnd selig werde.
Rom. 6. vnderscheidet Paulus mit hellen Worten zwischen dem Menschen oder seinem Wesen / vnnd zwischen den Lüsten / vnd vermahnet die getaufften Christen / daß sie die Sünde oder böse Lüsten in jhren sterblichen Leiben nicht sollen herrschen lassen / vnnd denselbigen Gehorsam leisten / etc. Denn also lau-
ten seine Wort: Lasset die Sünde nicht herrschen in ewerem sterblichen Leibe / jhr Gehorsam zu leisten in jhren Lüsten / auch begebet nicht der Sünden ewere Glieder zu Waffen der Vngerechtigkeit / etc. Noch müssen solche Wort deß Apostels dem Gegentheil herhalten vnnd so viel erweisen / daß Fleisch vnnd Erbsünde ein Ding seyn / so doch der Apostel mit gemelten Worten gar das Widerspiel lehret / vnnd dieser Spruch der fürnembsten einer ist / auß welchem deß Gegentheils Irrthumb kan gewaltig darnider geschlagen vnnd vmbgestossen werden. Sind es nun vnderschiedene Ding Fleisch vnnd Erbsünde / vnd nicht ein Ding / wie das Gegentheil dringet / so muß es freylich Falschheit / Irrthumb vnnd Gottslästerung seyn / daß sie auß solcher Verkehrung der hellen Wort Pauli erweisen wollen / daß die Erbsünde getaufft / geheiligt vnnd selig gemacht werde. O Blindheit vber Blindheit. GOTT erbarme sich dieser armen verwirreten vnnd verführeten Leut / vnnd bekere sie. Amen.
Galat. 5. braucht Paulus deß Worts: Deß Fleisches Lüste sind Ehebruch / etc. Aber er nimpt abermals den Menschen sampt der Verderbung zusammen / schreibt demselbigen folche Werck zu / als Ehebruch / etc. vnnd thut recht daran / dieweil es für Augen / daß die gantze Menschliche Natur dermassen durch die Erbsünde verderbt ist / daß sie nichts denn solche böse verdampte Früchte oder Werck bringen kan / es sey denn / daß sie newgeboren werde durchs Wasser vnnd Heiligen Geist / etc. Hält aber nicht / daß Fleisch vnd Erbsünde durchauß vnnd ohne allen Vnderscheid ein Ding seyn solten. Dann wie er Fleisch oder die Menschliche Natur vnd die Erbsünde / so in seinem Fleische oder Menschlichen Natur wohnet / vnderscheide / haben wir zuuor vernommen.
Ist derwegen eine lästerliche Verkehrung der Wort Pauli / welcher sich das Gegentheil allhier gebraucht / darauß es auch in alle Ewigkeit nicht darthun wirdt / darauff es in minore, oder in der andern proposition seines ertichten Arguments sihet / nem̃lich daß die Erbsünde selbst / Pauli Lehr nach / getaufft vñ selig gemacht werde. Bleibet also der minor gedachtes Arguments / Pauli Worten halben / falsch vnd Gottslästerlich.
D. Lutheri Sprüche betreffendt / in welchen er erkläret / was das Wörtlein Fleisch eigentlich heisse / wirdt auch nicht gesagt / daß Fleisch vnd Erbsünde durchauß ein Ding sind / darauff das Gegentheil dringet. Lieber GOTT / wie solten diese Leut trutzen vnnd pochen / wann D. Lutherus jrgendt gesagt oder geschrieben / daß Fleisch vnnd Erbsünde durchauß vnnd ohne allen Vnderscheid ein Ding weren / wie solten sie das mit grossen Buchstaben mahlen vnnd so hoch anziehen? Das sagt er wol hin vnnd wider in seinen Schrifften / wie auch in der Kirchen vnnd Haußpostill / deßgleichen in der Vorrede der Epistel an die Römer / vnnd in der Außlegung deß 4. Capit. der ersten Epistel Petri. Tom. 2. German. Ienensi pag. 368. Daß der gantze Mensch mit Leib vnnd Seel vnnd allen Kräfften Fleisch heisse. Er setzet aber als bald diese Vrsach darbey / der Mensch werde darumb Fleisch genannt / daß er mit allen Kräfften außwendig vnnd inwendig nur sucht / was fleischlich ist vnnd dem Fleisch wol thut.
Darauß gründtlich zuuernemen / daß Lutherus Fleisch vnnd Erbsünde nicht durchauß für ein Ding hält / wie das Gegentheil haben will: Sondern daß er das subiectum mit dem vitio begreifft / das ist / die Menschliche Natur mit sampt der Boßheit vnd Vnreinigkeit / damit sie beschmitzt ist.
Derwegen auch auß Lutheri Worten nicht kan geschlossen
werden / da er bekannt / der gantze Mensch sey Fleisch / etc. Ergo, so mache er vnter dem Fleisch vnd der Erbsünde kein Vnderscheidt. Dann Lutherus durch das Wort Fleisch mehr begreifft / als die Erbsünde / Nem̃lich / wie gemeldt / die Verderbung der Natur / daher es kompt / daß das Fleisch oder der Mensch also fleischlich ist vnnd fleischlich gesinnet ist / Roman. 7. 8. Summa / D. Lutherus schreibet an keinem Ohrt / daß derwegen der gantze Mensch Fleisch genennet werde / daß er die Erbsünde selbst sey / vnd das Fleisch vnd Erbsünde durch auß vnd ohne Vnderscheidt ein Ding sindt: Sonder das lehret er / der gantze Mensch werde darumb Fleisch genandt / weil er nichts dann fleischliche Gedancken / Lüsten vnd Begirden hat / vnd nichts / als das fleischlich ist / von vnd auß sich selbst suchet. Darumb er auch Genes. 4. wie droben seine Wort eitiert / deutlich zwischen Gottes Werck oder der Natur / vnd zwischen der Erbsünde / damit die Natur verderbet ist / vnterscheidet.
Wir gestehen gerne / daß Lutherus in der Hauß Postill schreibet / daß Christus Johan. 3. zu Boden stosse Natur / Vernunfft / Freyen Willẽ / Menschliche Kräffte / was die Seligkeit belangt / etc. Item / in der Kirchen Postill / am Tag der Erfindung deß Creutzes Christi: Ich bin Fleisch / Fleisch ist verdampt / todt / eitel Sünd / da kein Geist noch Gott noch göttlich Ding oder Leben ist / etc. Daß aber solches so viel heissen solte / als: Fleisch ohne Geist ist die Erbsünde selbst / vnd es ist durchauß kein Vnderscheid zwischen dem Fleisch vnd zwischen der Erbsünde / etc. das gestehen wir nicht. Dañ es ist auch Lutheri Meynung nicht / sondern das ist seine Meynung / daß sein Natur / Vernunfft nichts tüge in Gottes Sachen. Item / er sey Fleisch / das ist / wie Paulus Rom. 7. redet / fleischlich vnnd vnter die Sünde verkaufft / sey fleischlich gesinnet / Rom. 8. Sein Fleisch sey verdampt vmb der Sünden willen / todt vmb der Sünde willen in geistlichen Sachen. Ephes. 2. Coloss. 2. Eitel Sünde / das ist / durch vnd durch sündig / vnrein / vngerecht / vnheilig / dem Gesetz Gottes vngleichförmig. Dañ also erklärt er selbst das Wort
(Sünde concretiuè gebraucht) als wir droben an seinem Ohrt auß seinen eygnen Worten gehöret haben.
Bleibet demnach / auch Lutheri Zeugnissen halben / der Minor jhres Arguments falsch vnd Gotteslästerlich / daß nem̃lich Fleisch vnd Erbsünde / eygentlich zu reden / solten eynerley seyn vnd heissen / vnd daß die Erbsünde selbst in der Tauffe solte newgeboren / geheiliget vnd selig gemacht werden.
Der Spruch Johan. 3. Was auß Fleisch geboren ist / das ist Fleisch / hilfft diesen Schwarmgeistern auch nicht vber. Sintemal nicht wahr ist / daß Fleisch hie so viel heisse / als die Erbsünde selbst: Sondern Fleisch heist hie so viel / als fleischlich / wie der Apostel Roman. 7. diese warhafftige Erklährung zeiget / da er spricht: Ich bin fleischlich vnd vnter die Sünde verkaufft. Vnd solches auch auß Christi eygnen Worten / Johan. 3. zu sehen ist / da er spricht: Es sey dann / daß jemandt newgeboren werde / etc. Da das Wort (jemand) nicht so viel heist / als die Erbsünde selbst: Sondern heist die Menschen / welche mit der Erbsünde vnd durch die Erbsünde vergifftet vnd verderbt sindt. Da auch das Wort Fleisch allda durchauß vnd ohne allen Vnderscheidt so viel heissen solt / als die Erbsünde selbst / so müste folgen / daß das Wort (Geist) da Christus spricht: Was auß dem Geist geboren wirdt / das ist Geist / durchauß vnnd ohne allen Vnderscheidt auch so viel hiesse / als der Geist selbst. Darauß ferrner folgen müst / daß der Widergeborne Mensch / dem Wesen nach / Geist oder der Geist selbst vnd also Gott were. Welches aber durchauß falsch vnd Gotteslästerlich ist. Folgt aber dieses nicht / so bestehet das vorige auch nicht / daß Fleisch durchauß vnnd ohn allen Vnderscheidt so viel heissen solle / als die Erbsünde selbst. Dann Fleisch vnd Geist werden hie gegen einander gesetzt. Beweist also auch dieser Spruch nicht / daß die Erbsünde selbst getaufft vnd geheiligt werde.
Sprichstu: Es wirdt dannoch das Fleisch getaufft / von dem
Christus spricht: Alles was auß Fleisch geboren wirdt / etc. Antwort: Das Fleisch oder der sündige Mensch wirdt getaufft / darauß folget aber nicht / daß darumb die Erbsünde selbst getaufft werde / Vrsach ist: Das Wort Fleisch begreifft zweyerley / die Menschliche Natur vnd die Verderbung in derselben. So wirdt nuhn das Fleisch oder der Mensch getaufft / daß er von deß Fleisches oder von der fleischlichen Vnart vnnd Verderbung / damit sein Natur behafft ist / erledigt werde / oder daß jhme die Erbsünde / vnd was jhm von Adam böses angeborn ist / auß Gnaden vergeben werde / mit nichten aber die Erbsünde selbst / daß die heilig vnd selig werde: Sondern / daß der Mensch von der Erbsünde gereiniget / geheiliget vnd selig gemacht werde. Wer das nicht sihet / der sihet nichts vberal / vnd ist starr Blindt in Gottes Sachen.
Vom Wort (alter Adam) ist auch hiebevor Bericht geschehen. Vnd zwar / wann keine andere Erklärung vom rechten Verstandt dieses Wörtleins verhanden / köndte dieselbige alleine auß D. Lutheri Worten / die er in seinem Catechismo braucht (daß der alte Adam in vns soll ersäufft werden vnnd sterben) genommen werden. Soll der alte Adam in vns ersäufft werden vnnd sterben / so muß ja alter Adam nicht so viel heissen / als die verderbte Natur selbst. Dann wann alter Adam vnd Menschliche Natur ein Ding weren / so müste es nicht heissen: Der alte Adam solle vnd müsse in vns ersäufft werden vnd sterben / sondern: Der Mensch selbst oder sein Menschliche Natur müste in der Tauffe oder hernach ersäufft werden vnnd sterben. Aber es ist vnleugbar / daß die Wort (in vns) den Vnderscheidt zeigen / welcher zwischen vnser verderbten Menschlichen Natur / vnd zwischen dem alten Adam oder der Erbsünde / eygentlich zu reden / ist / von welcher die heilige Tauffe bezeuget / daß sie in vns ersäufft werden vnnd sterben soll / die verderbte Menschliche Natur aber Geistlich erneuwert werden.
Da mans auch gleich vom gantzen Menschen verstehen will / so ferrn er nicht newgeboren durch den Heiligen Geist / so muß doch dieser Vnderscheidt darbey behalten werden / daß es alsdann zweyerley begreifft / nem̃lich / die verderbte Menschliche Natur vnd die Verderbung in derselben / welche dem Menschen in der Tauff auß Gnaden vmb Christi willen soll vergeben werden / vnd derer gäntzliche Außtilgung auch in der heiligen Tauffe angefangen wirdt / aber erst im künfftigen Leben vollköm̃lich vollnzogen.
Daß auß dem Tauff Büchlein D. Lutheri eitiert wirdt / die Tauffe sey eine reichliche Abwaschung aller Sünden / ist recht vnd wahr / daß aber darauß mit Warheit solte können geschlossen werden: Ergo, so wirdt die Erbsünde von allen Sünden reichlich abgewaschen / etc. verstehet sich selbst / daß es ein vnkräfftiger Schluß sey / der keinen Grundt hat vberal.
Summarum / Das Gegentheil glossiere die Rede: Die Erbsünde wirdt im Namen der heiligen Dreyfältigkeit getaufft / geheiliget vnd selig gemacht / etc. wie es wölle / so bleibet sie einen Weg als den andern eine erschreckliche Gotteslästerung vnnd Verkehrung aller Sprüche der Schrifft / so von der heiligen Tauffe reden / oder den Menschen täuffen heissen.
Weder die heilige Schrifft / noch Lutherus lehren oder sagen / daß die Erbsünde selbst im Namen der heiligen Dreyfältigkeit getaufft vnd selig werde / vnd wirdt sich das Gegentheil damit nicht weiß brennen / daß man in der Kirchen viel Wörter braucht / welche in der Schrifft nicht also außdrücklich stehen / als dz Wörtlein , eines Wesens / etc. vnd dergleichen. Dann dieselben haben Grundt in der Schrifft / vnd können gewaltig darauß genommen werden. Aber diese Rede: Daß die Erbsünde im Namen der heiligen Dreyfältigkeit solle getaufft vnd selig werden / hat nicht alleine keinen Grundt in heiliger Schrifft: sondern ist auch derselben stracks zu wider / als bißhero augenscheinlich vnnd gründtlich erwiesen ist. Derwegen alle fromme Hertzen solche Rede / als eine
warhafftige Gotteslästerung vnd falsche jrrige Lehre meyden vnd fliehen sollen.
Hergegen die Rede / daß die Erbsünde in der Tauffe abgewaschen werde / dem Menschen verzeihen oder vergeben vnd nicht zugerechnet werde / vmb Christi willen / stehet außdrücklich / Luce 3. Johannes predigt die Tauffe der Busse zur Vergebung der Sünden. Vnnd Actor. 2. Ein jeglicher lasse sich tauffen auff den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden. Item / Zach. 13. Zu der Zeit wirdt das Hauß Dauid vnnd die Bürger zu Jerusalem einen frey offenen Brunn haben wider die Sünde vnd Vnreinigkeit. In welchen Worten der Prophet vngezweiffelt von der heiligen Tauffe redet / welche Christus im newen Testament / als einen Heilbrunn zur Abwaschung der Sünde vnd Vnreinigkeit eyngesetzt hat.
So hat sie auch D. Lutherus gebraucht in seinem schönen Psalmen von der Tauffe / da er spricht: Christus der HERR hab ein Bad stifften wöllen / vns von Sünden zu waschen: Item / da er spricht in gemeltem Psalmen: Die Tauffe sey eine rote Flut / von Christi Blut geferbet / so allen Schaden heilen thut / von Adam her geerbet / vnd von vns selbst begangen.
Was das Gegentheil von P. iij. fac. j. biß auff a a. ij. eynführet von ärgerlichen Reden / so es andern zumessen will / weil es Priuat Personen / vnd nicht das Concordi Buch selbst / angehet / gehöret es auch nicht hieher zu verantworten / vnnd werden die / so es angehet / wann es der Kirchen Nohtturfft vnd Erbawung erheischt / wol für jhre Person zu verantworten wissen.
Verantwortung deß Be weiß / welchen das Christliche Concordi-Buch auß dem Artickel von der Aufferstehung deß Fleisches genommen hat.
A a. ij. fac. 2. DEß Eoncordi Buchs Grundt oder Beweiß ist dieser:
Was am jüngsten Tage zum ewigen Leben aufferstehet / vnd was wir im ewigen Leben ohne Sünd haben werden / das ist nicht die Erbsünde selbst.
Dieses vnsers Fleisches Substantz wirdt zum ewigen Leben aufferstehen / vnnd diese vnsere Seele werden wir im ewigen Leben haben.
Darumb ist deß Menschen Leib vnd Seel die Erbsünde selbst nicht / vnnd muß also nohtwendig ein Vnderscheit zwischen deß Menschen Natur vnnd Wesen / Leib vnnd Seel / vnd zwischen der Erbsünde seyn.
Diesen starcken Grundt vnderstehet sich wol das Gegentheil mit seinen Sopistereyen vmbzureissen / aber (Gott Lob) vergeblich / als wir dann solches nacheinander hören wöllen.
Erstlich wolten sie vnsern Grundt gerne mit dieser Cauillation vmbstossen / daß sie fürgeben / es sey nicht recht geredet / vnsere Leibe vnd Seelen werden in der Aufferstehung ohne Sünde / das ist / ohne Erbsünde seyn / etc. Vnnd es sey Manicheisch also von der Sünde / als von einem vnderschiedenen accidens oder zufälligen Dinge reden. Dann die Manicheer sollen etwa also gelehret haben.
Wir lassen vns aber mit solcher Calumnien von vnserm guten vnnd gewissen Grunde nicht abdringen / dann wir es / Gott Lob / besser wissen. Eine greiffliche Vnwarheit ists / daß die Manicheer solten gelehret haben / die Erbsünde were ein vnderschieden accidens oder zufälliges Ding / das in der Aufferstehung wesentlich von der Menschlichen Natur würde gescheiden werden / etc. Dann Augustinus de haeresibus, vnnd an vielen andern Ohrten mehr / der Manicheer Meynung von der Sünde viel anderst beschreibt / nem̃lich / daß sie gehalten / die Sünde sey nicht ein accidens malum, ein böser Zufall / oder infirmitas naturae, Gebrechen der Natur / sondern substantia contraria, viuens & per se subsistens, Das ist / Eine widerwertige Substantz / oder lebendiges Wesen / das für sich selbst bestünde / etc. aber darvon an seinem Ohrt weiter. So lehren auch wir nicht / daß die Erbsünde ein selbständiges Wesen sey / oder ein vnderschiedener selbständiger Zufall sey in der Natur / der wesentlich darvon würde in ď Aufferstehung gescheiden werden / etc. Solchs ist vns nie in Siñ kom̃en / sonder wir halten / daß es ein böse qualitas, Zufall / Kranckheit / Seuche / vnd tieffe vnaußsprechliche Verderbung sey der Natur / davon doch die Natur in der Aufferstehung gantz vnd gar werde erlediget vnd gefreyet seyn / wie Lutherus Tom. 6. Ienensi, vber das 15. cap. an die Corinth. schreibet: Im newen Leben solle die Sucht vñ das Böse / so wir von Adam in vnserm Fleisch vnnd Blut haben / das sündtliche / sterbliche Wesen / vñ allerley Gebrechen / etc. alles rein abe seyn / vñ one Sünde seyn / etc. wie an seinem Ort ferrner erwiesen. Derwegen vns solche cauillatio deß Gegentheils nichts vberal angehet / vnsern Grund auch im geringsten nicht vmbstösset.
Zum andern dringet das Gegentheil auff die wesentliche Veränderung vnser Substantz oder Wesens deß Leibs vnnd der Seelen / etc. Es kan aber vnd vermag dieselbige mit keinem Spruche der Schrifft erweisen / sondern dichtet sie auß seinem eygenen Gehirrn / auß diesem nichtigen Grunde / das es zuvor in der Lehre von der
Widergeburt / auß dem principio physico, oder Regel: Corruptio vnius est generatio alterius, Die Verderbung deß einen Dinges ist eine Geburt eines andern newen Dings / etc. gelehret hat / daß der Mensch in der Widergeburt wesentlich verändert vnnd new geboren werde / darauff droben nach der länge Bericht geschehen / hie vnnöhtig zu erholen.
Da auch dieser deß Gegentheils jrriger Wahn / von der wesentlichen Verwandlung der durch den Teuffel (wie sie reden) ermordeten Natur / in ein newes Wesen / das auch alterius speciei were / vnd vom vorigen wesentlich vnderschieden / etc. bestehen solte: So müste vnwidersprechlich folgen / daß die Menschliche Natur von Todten nicht würde aufferstehen / vnd deß ewigen Lebens theilhafftig werden. Dann das jenige / so wesentlich verändert vnd in ein ander Wesen vom vorigen vnderscheiden verwandelt wirdt / das stehet nicht warhafftig auff / wirdt nicht zu recht gebracht / wirdt auch deß ewigen Lebens nicht theilhafftig: Sondern es wirdt gantz vnd gar zerstöret vnd vertilget. Da nuhn deß Menschen Leib vnnd Seel solcher Gestallt verwandelt würden / müste folgen / daß der Leib von Todten nicht aufferwecket würde / Leib vnd Seel nicht zu recht gebracht / vnd deß ewigen Lebens theilhafftig / sondern zerstöret vnd vertilget würden / das were aber eine feine Aufferstehung deß Fleisches / etc.
Zum dritten / kompt es auch auff den Vnderscheid der Menschlichen Natur in diesem vnd jenem zukünfftigen Leben / vnd vermeinet darauß den Vnderscheit der Natur vnd Erbsünde auffzuheben / aber es richtet auch darmit nichts auß.
I. Hie in diesem Leben (spricht es) sindt wir vngerecht / dem Gesetz zu wider / etc. Dort in jenem Leben / werden wir allerding gerecht / vnschüldig vnnd dem Gesetz gleichförmig seyn. Ist wahr / aber darauß folget nicht / daß die verderbte Natur vnnd Erbsünde in diesem Leben ein Ding sindt. Viel weniger folgt / daß wir in jenem Leben / dem Wesen nach / ein ander Natur
haben werden: Sondern dieses / daß das Wesen vnser Natur / das hie vngerecht / vnrein vnd sündig / dort in jenem Leben gantz rein / gerecht vnd vnschüldig seyn werde.
Dauid Psalm. 17. redet wol von dem Bildtniß Gottes / welches in jenẽ Leben volkömlich in den Seligen leuchten wirdt / Er gedencket aber keiner wesentlichen Verwandelung vnser Natur in ein andere Natur / daruon diese Leute schwärmen.
S. Petrus auch 2. Petri 1. da er spricht / daß die Gläubigen der Göttlichen Natur theilhafftig werden / etc. redet von den Gläubigen in diesem Leben / vnd saget nicht / daß jhre Leibe in der Aufferstehung wesentlich in andere Leibe sollen verwandelt werden / darumb diese Sprüche das nicht beweisen / darzu sie das Gegentheil einführet.
Was D. Lutherus von der Verwandlung der Natur am Jüngsten Tage redet / gehet gar nicht dahin / daß er lehrete oder hielte / daß Gott in der Aufferstehung wesentlich vns eine new Natur / von der vorigen vnderscheiden / geben würde: Sondern daß er vnsere verderbte Natur werde vernewern / verklären / gerecht / vnsterblich / heilig / rein vnnd herrlich machen / also daß am selbigen Tage / auß vnserm Fleisch vnnd Blut / auß Leib vnnd Seele / die Sünde / Sucht vnd das böse / vnd allerley Gebrechen vnd Mängel genommen vnnd hingelegt werden sollen / wie solchs Lutherus Tom. 6. Ienensi vber das 15. Capitel an die Corinther fol. 270. fein rundt vnd deutlich anzeiget / da es der Christliche Leser selbst finden vnd erwegen kan.
II. Hie haben wir einen natürlichen Leib / der jsset vnnd trincket / etc. Dort werden wir einen Geistlichen Leib haben / der solcher keines bedürffen wirdt. Ist auch recht / aber dieses gibt das nicht / daß in der Aufferstehung die Natur oder das Wesen deß Menschen an Leib vnd Seele wesentlich solle verändert vnnd in ein newen Leib vnd Seele / dem Wesen nach vom vorigen Leib vnnd Seele vnderscheiden / verwandelt werden / wie das Gegentheil tichtet. Es reimet
sich dieser Vnderscheid gar nicht zu dieser Sach / dauon gestritten wirdt / nem̃lich / ob deß Menschen Natur in der Aufferstehung wesentlich verwandelt werden solle / sondern sagt nur von Veränderung etlicher Eigenschafften / welche aber das Wesen der Natur nicht auffheben oder verändern. Einen Geistlichen Leib werden wir zwar haben / er wirdt aber darumb nicht gantz vnnd gar in einen Geist verwandelt seyn / sondern Geistliche Eigenschafften haben / 1. Cor. 15.
III. Hie in diesem Leben ist vnser Leib schwach vnnd kranck / in jenem Leben wirdt er ohne Kranckheit vnnd Jammer seyn. 1. Corinth. 15. ist wahr / aber darauß schleust sich noch nicht: Ergo, So wirdt vnser Leib am jüngsten Tag / oder in der Aufferstehung wesentlich in ein newen Leib / vom vorigen / dem Wesen nach vnterschiedẽ / verwandelt / welchs das Gegentheil beweisen solte. Deñ daß 1. Cor. 15. stehet / seminatur corpus corruptioni obnoxiũ, das Lutherus verdeutschet hat / es wirt gesehet verwehßlich / das hatkeines Weges den Verstandt / daß deß Menschen Leib oder Natur / in der Aufferstehung wesentlich in ein newes / vñ ander Wesen oder Substantz solle verwandelt werden / sondern diesen / daß das verweßliche oder die Verwehsung von Leib vnnd Seel abgethan werden soll. Denn der Apostel klar vnderscheidet / vnter dem Leibe oder Substantz oder Wesen deß Leibes / vnnd vnter der Corruption oder Verwehsung. Die Corruptio oder Verwehsung soll abgethan werden / aber die Substantz oder Wesen deß Leibs soll bleiben in Ewigkeit.
IIII. Hie ist vnser Leib ein garstiger / stinckender / vnflätiger Leib / etc. Dort aber wirt Christus vnsern nichtigẽ Leib verklären / vñ seinem verkläreten Leibe gleichförmig machen / Philip. 3. Ist auch recht. Die bösen Gebrechen vnnd Vnsauberkeiten werden alle miteinander in der Aufferstehung vollkömlich von vnsern Leiben oder Natur weggenommen werden / vnnd Christus wirdt vnsere
Leibe seinem herrlichen Leibe ehnlich machen. Aber das heißt nicht erweisen / daß Christus in der Aufferstehung vnsere nichtige Leibe wesentlich in newe Leibe / alterius speciei, welche dem Wesen nach vom vorigen vnterscheiden seyn / verwandeln werde. Dann solchs alles stehet Philip. 3. nicht mit dem geringsten Wörtlein: sondern daß er (Christus) werde vnsere nichtige Leibe verklären. Er spricht nit: Wesentlich in andere newe Leibe verwandeln sondern verklären. Wesentlich aber in einen andern Leib oder Substantz verwandeln vnd verklären sind zumal ferrn von einander vnterscheiden. Wie denn auch Christus selbst seinen Leib in der Aufferstehung nicht wesentlich in einen andern Leib verwandelt hat: Sondern verkläret vnnd herrlich gemacht / das Wesen aber selbst vnuerändert gelassen. Was nun Christus an seinem eignen Leibe nicht gethan / wirdt er an vnsern als dann auch nicht thun. Darumb beweiset das Gegentheil hiermit nichts vberall.
V. Hie in diesem Leben heißt es / hie kanstu mein Angesicht nicht sehen. Exodi 33. Aber in jenem Leben / werden die Seligen Gott von Angesicht zu Angesicht schawen. Hiob. 19. 1. Joh. 3. Ist wahr. Thut aber auch nichts darzu / daruon das Gegentheil streitet / daß nem̃lich die Menschliche Natur in der Aufferstehung wesentlich in eine andere newe Natur soll tranßformiert oder verwandelt werden / wie dann auch alles / was das Gegentheil ferrner vom Vnderscheid dieses vnd jenes Lebens dieses Orts einfüret.
Es bleibt wol ein stetiger Streit in den Gläubigen in diesem Leben Rom. 7. der dort auffhören wirdt / wir haben hie die Erstling deß Heiligen Geistes / da wir dort den Zehenden haben werden. Rom. 8. Hie sind wir imputatione new geboren durch Zurechnung vnnd denn auch inchoatione, so viel den newen Gehorsam anlangt / der in den Gläubigen hie angefangen wirdt / dort wirdt es vollkommen seyn. Die Geistliche newe Creatur
ist hie angefangen / dort wirdt sie vollkommen seyn. Hie sehen wir als durch ein Spiegel / 1. Cor. 13. Dort von Angesicht zu Angesicht. Hie haben wir die Erbschafft deß ewigen Lebens im Glaubẽ / Dort werden wir sie schawen / haben / vnd vollköm̃lich besitzen. Hie werden wir vm̃ der Bekändtniß willen der Warheit verfolget / etc. Dort aber wirdt vnser Trawrigkeit in eine vollkommene Frewde verwandelt werden / Johan. 16. etc. Aber wie beweiset solchs alles deß Gegentheils Proposition oder den Hauptstreit / daß die Menschliche Natur in der Aufferstehung wesentlich solle in eine ander newe Natur alterius speciei verwandelt werden? Da sehen alle verständige Christen / daß solchs nichts vberall beweise. Es sind diese Sachen wol an sich selbst recht vnnd wahr / aber sie dienen darzu nicht / daß darauß solte beygebracht vnd erwiesen werden / daruon das Gegentheil streitet / nem̃lich / wie gesagt / daß die Natur in der Aufferstehung wesentlich in eine newe vnd von der vorigen vnderschiedenen Natur / dem Wesen nach / solle verwandelt werden.
Derwegen / wann das Gegentheil seinen ertichteten Wahn erweisen will / muß es andere Gründe bringen / diese thuns gar nicht. Es ist sich vber deß Gegentheils kindische Gedancken wol zu verwundern / daß es darthun will / es geschehe in der Aufferstehung eine wesentliche Verwandlung der Natur in eine andere vnd newe Natur alterius speciei, vnnd bringt doch keinen Grundt vberal / der zu solcher Sachen dienete / sondern bringt nur viel Zeit zu mit Beweisung deß Vnderscheidts zwischen diesem vnd jenem Leben / vnd was die Seligen für Herrligkeiten an jhren erweckten vnd glorificierten Leiben haben werden / von welchen allen zwischen vns vnd jhnen kein Streit ist.
Noch viel weniger aber dienen diese Sachen darzu / daß das Gegentheil deß Christlichen Concordi Buchs Grundt vmbstosse / nem̃lich / das / was am Jüngsten Tage wirdt aufferstehen / vnd was wir haben werden in jenem Leben / das sey nicht die Erbsünde selbst. Dieses vnser Fleisch vnd Blut vnnd diese Seele werden wir haben.
Ergo, &c. Dann ob gleich die Seligen an jhren Leiben in jener Welt viel herrlicher praerogatiuen vnnd Vorzüge haben werden / welche sie in diesem Leben gar nicht haben / auch von aller Sünde / Jammer / Elend vnd Hertzleid vollkömlich werden erlösetseyn / vnd keine Gebrechen vberall mehr an Leib oder Seele haben: Jedoch folgt darauß nicht / daß sie dem Wesen nach andere vnd newe Leibe oder andere vnd newe Seelen haben werden. Dann ob wol der Leib stirbt vnnd zu Aschen wirdt / so wirdt doch eben derselbige vnnd kein ander Leib am jüngsten Tage aufferwecket werden / Hiob. 19. So werden auch die Seligen dem Wesen nach keine newe oder andere Seelen vberkommen / sonst müste die Seele sterblich vnnd der Veränderung vnterworffen seyn / welchs zu Grundt falsch ist / vnd wider Gottes Wort streitet. Matth. 10. Die Seel können sie nicht tödten.
Darumb es eine Anzeigung ist einer erschrecklichen Blindheit / damit das Gegentheil geschlagen / daß es solchs alles nicht mercken / sondern so kindisch vnnd so vngeschickt von sölchen Sachen schliessen soll / daß es auch die Knaben in der Schul verstehen können / daß es nicht recht geschlossen sey.
Gestehet das Gegentheil / daß wir vnser Fleisch oder Leib / denDd. j. fac. ij. wir hie gehabt / dort in jenem Leben wider haben werden / deßgleichen auch die Seele / etc. vnd fällt doch bald wider daruon / gibt für / es werde eine vollkommene Widergeburt vnd Verwandelung deß Leibs vnnd der Selen werden. Wann dieses stehen solle / kan das vorige nicht bleibẽ. Bestehet aber das vorige / daß nem̃lich ein jeglicher seinen Leib vnnd Seele / die er hie gehabt / dort wider haben werde / so kan das folgende von der vollkommenen Verwandelung Leibs vnd der Seelen nicht bleiben. Eins muß das Gegentheil fallen lassen / es verdrehe sich so wunderbarlich als es jmmer wölle / beyde können sie zugleich nicht stehen.
So viel die Widergeburt anlangt / dauon Christus Matt. 19. redet / die gehet nicht auff die wesentliche Verwandelung deß Leibs
vnd Seelen in ein andern Leib vnnd Seele / dem Wesen nach den vorigen vngleich: Sondern redet von Abschaffung aller Sünde vnd Gebrechen an vnser Natur / vnnd von vollkömlicher Reynigung vnd Heiligung der Natur / daß sie Gott von gantzem Hertzen liebe / vnd den Zehen Gebotten durchauß in Hertz / Leib / Seele vnd allen Kräfften gleichförmig werde / dem sie zuuor vngleichförmig vnd widerspenstig gewesen. Das ist aber viel ein anders / als daß die Natur selbst solte wesentlich in eine andere / newe / vñ alterius speciei naturam verwandelt werden / dahin deß Gegentheils Meynung sihet.
Actor. 3. Spricht wol Petrus / es werde an dem Tage alles zu recht bracht werden. Zu recht bringen aber heißt nicht wesentlich etwas zerstören / vnnd ein newes vnd anders Wesen drauß machen / das von dem vorigen vnterschieden ist (dann zu recht bringen vñ zerstören / seind zweierley) Sondern es heißt / alles Böses / Sünde / Vnreinigkeit / vnd allen Jam̃er / damit die Menschliche Natur der Sünden halben jetzo beladen / abschaffen / vnnd in der Natur auffs newe erschaffen vnd geben Gerechtigkeit / Reinigkeit / Vnschuldt / Heiligkeit / Liecht / Freude vnd Leben / etc. vñ in Sum̃a Leib vñ Seele herrlich machen vñ verklären / nicht aber in eine andere Substantz oder Wesen verwandeln.
Die Verwandelung auch / daruon Paulus 1. Cor. 15. redet / heißt mit nichten eine solche wesentliche Verwandlung der Natur in eine newe Natur / dem Wesen nach / von der vorigen vnderscheiden: sondern / wie gemeldt / eine gäntzliche Abthuung aller Sünde / Sterbligkeit vñ Gebrechẽ / hergegen eine Mittheilung newer Eygenschafften vnd Herrligkeiten / nem̃lich Gerechtigkeit / Warheit / Heiligkeit vnnd dergleichen / wie folchs Lutherus Tom. 6. Ienensi vber das 15. Cap. S. Pauli an die Corinther mit folgenden Worten fein erkläret.
Denn das Griechisch Wort / so allhie stehet / heißt fürnem̃lich
also verändern / daß man von einer Stät weg thut zu einer andern / als auß dem Wasser auffs trucken Landt / von der Erdẽ in die Lufft / Also soll man vns dort auch in einem Augenblick anders wo vñ auff ander Weise finden / die wir dieselbige stunde zuuor hie auff Erden / im Hauß oder auff dem Feldt seyn werden / vnd plötzlich vom Tisch oder Bett oder von der Arbeit / wie wir gehen / stehen / sitzen oder liegen / weggeruckt werden / also daß wir in einem Augenblick todt vnd widerlebendt / vnnd allerding verändert seyn werden / vnnd droben in den Wolcken schweben. Solche Veränderung meynet er hie. Wiewol er die andern veränderung qualitatis der Gestallt auch mit fasset / dauon er bereit droben gesagt hat / daß der Leib ein ander Kleid wirdt anziehen / das ist / verkläret vnd hell werden soll / viel herrlicher vnd schöner / dann die Sonne / aber nicht also / daß solchs geschehen soll / weil er noch in dieser Herberg vnnd in diesem Kleid gehet / sondern alles zuuor desselben Augenblicks nackendt außgezogen vnnd zu Puluer verbrandt / vnnd in demselbigen hinweg gezuckt.
Der Spruch 1. Corinth. 15. Fleisch vnnd Blut können das Reich Gottes nicht ererben / etc. thut auch zu dieser Sache nichts vberall. Denn deß Apostels Meynung gantz vnd gar nicht ist / daß vnser Fleisch / so viel das Wesen selbst anbetrifft / das Himmelreich nicht ererben solle: sondern so viel die Schuldt oder Sünde an gehet / wie alle reine Lehrer diesen Spruch je vnd allwege verstanden vnd erkläret haben. Vnd ist sonderlich hier von Augustini Außlegung zu mercken / lib. 1. retractat: de fide & Symbolo cap. 17. Caro & sanguis regnum Dei non possidebunt. Sed quisquis ea sic accipit, vt existimet corpusterrenum, quale nunc habemus, in corpus coeleste resurrectione mutari, vt nec membra ista nec carnis futura sit substantia, procul dubio corrigendus est, cõmonitus corpore domini, qui post resurrectionẽ in eisdẽ membris nõ solũ conspiciendus oculis, verũ etiam manibus tan-
gendus apparuit, carnemque se habere etiam firmauit, dicens: Palpate & videte quia spiritus carnem & ossa non habet, sicut me videtis habere. Vnde constat, Apostolum non carnis substantiam negasse in regno Dei futuram, sed aut homines, qui secundùm carnem viuunt, carnis & sanguinis nomine nuncupasse, aut ipsam carniscorruptionem, quae tum utique nulla erit. Das ist / Fleisch vnd Blut werden das Reich Gottes nicht besitzen. Wer dieses also verstehet / daß er meynet / daß dieser jrrdische Leib / den wir jetzt haben / in einen Himlischen Leib in der Aufferstehung solle verwandelt werden / daß diese Gliedmasse vnd dieses Fleisches Wesen nicht bleiben solten / der ist ohne Zweiffel zu straffen. Denn er wird erinnert durch den Leib deß HERRN / welcher nach seiner Aufferstehung in den vorigen Gliedmassen nicht alleine gesehen / sondern auch mit Händen angerüret vnnd befühlet worden. So zeuget er auch selbst vnd spricht: Fühlet vnd sehet / ein Geist hat nicht Fleisch vnd Beine / wie jhr sehet / daß ich habe. Darauß folgt / daß der Apostel nicht verneinet / daß im künfftigen Reich Gottes nicht das Wesen deß Fleisches seyn solte: Sondern daß er entweder die Menschen / die nach dem Fleisch leben / Fleisch vnd Blut nennet / oder die verderbung deß Fleisches verstehet / welche aller Ding dazumal nicht mehr seyn wirdt / etc.
In diesen Worten Augustini sind zwey Pünctlein sonderlich zu mercken: Das erste / daß dieses vnser Fleisch vnnd Blut nach der Substantz vnd Wesen bleiben solle. Es soll aber solcher Gestallt verändert werdẽ / daß es / dem verklärten Leibe Christi nach / sein voriges Wesen behalte / vnnd alleine herrlich vnsterblich vnnd Heilig am selben werde. Darauß zu vernemen / daß Augustinus von keiner solchen wesentlichen Verwandelung deß Mensehens in ein ander Wesen / alterius speciei, &c. gewust / darauff das Gegentheil ohne Grundt der Schrifft so hefftig dringet. Das ander ist / daß Augustinus (wie auch D. Lutherus vber diesen Spruch 1. Cor. 15. Tom. 6. Ienen. &c.) gehalten / daß die Veränderung am Wesen deß
erweckten Menschen also geschehen solle / daß nem̃lich die Verderbung / oder was böses am Menschen gewest / soll auffhören vnd ein Ende haben / vnd soll das Wesen deß Menschen dadurch zu him̃lischer Herrligkeit vnd Glori gebracht werden. Darvon Augustinus abermals lib. 22. de ciuitate Dei, cap. 17. also schreibet: In resurrectione corporibus nostris vitia detrahentur, natura seruabitur. Das ist / In der Aufferstehung werden von vnsern Leiben alle Gebrechen oder Mängel abgethan werden / Aber die Natur selbst wirdt bleiben.
In Summa / gleich wie die Widergeburt deß Menschen in der Tauffe keine wesentliche Veränderung ist der Natur deß Menschen / sondern eine geistliche Widergeburt / in welcher dem Menschen die Sünde vergeben / vnd der Sünder gerecht gemacht / von Sünden gewaschen vnd gereiniget wirdt / gläubig gemacht wirdt / durch den Heiligen Geist an Leib vnd Seele vernewert wirdt / new Liecht / Frewde vnnd Trost empfähet / ein newe Creatur wirdt / erschaffen zu guten Wercken / daß er darinnen wandele / es werden Gerechtigkeit / Heiligkeit / Warheit vnnd dergleichen Tugende in seinem vernewerten Hertzen angezündet / daß er also ein recht newer Mensch sey. Vnd in Summa / der Heilige Geist fähet durch den Glauben die Tödtung der sündtlichen Lüsten vnnd Begirden / so noch vbrig im Menschen / an / biß daß ers in der Aufferstehung vollbringe / vnd die Menschliche Natur von allen Sünden gantz erledige / vnd vollköm̃lich rein vnd heilig mache. Also wirdt in der Widergeburt am jüngsten Tage deß Menschen Wesen auch nicht wesentlich verwandelt / sondern bleibet das vorige Wesen / alleine was der Heilige Geist in der Tauffe in jhm angefangen / das machet er alsdann perfect oder vollkommen / daß also die verderbte Natur von jhrer Verderbung gantz vnd gar gefreyet werde / vñ der Mensch an Leib vnd Seel vollkommen gerecht / heilig / rein / vnschüldig / herrlich / vnsterblich vnd ewig selig werde. Daher auch Lutherus Tomo 4. in Genes. cap. 38. schreibt: Fides & Spiritus Sanctus non
corrumpit aut destruit naturam, sed destructam & corruptam sanat. Das ist / Der Heilige Geist zerstöret vnd verderbet nicht die Natur / sondern heilet die verderbte vnd zerstörte Natur / etc.
Bringet das Gegentheil dieses Argument:
Dd. iiij. fa. 1. vnd 2. Was deß zeitlichen vnnd ewigen Todts vnnd Verdamnüß wirdig vnd schüldig ist / solchs ist Sünde / das ist / vngerecht / dem Gesetz zu wider vnd entgegen / wie Paulus Rom. 6. sagt: Der Tod ist der Sünden Soldt.
Die verderbte Menschliche Natur ist ausser der Gnaden vnd Christo nicht allein deß zeitlichen / sondern auch deß ewigen Todts vnd Verdam̃niß wirdig vnd schüldig / Deut. 27. Galat. 3.
Derwegen ist deß Menschen gantz verderbte Natur oder verderbte Leib vnnd Seele Sünde / ja Erbsünde / Wurtzel / Brunquell vnd Thäterin aller wircklichen Sünden. Gehet weiter vnd spricht: Weil dann nun gantz vnd gar kein Vnderscheid zwischen vnser verderbten Leib vnd Seele / vnd zwischen der Erbsünde ist / so kehren wir deß Concordi Buchs Argument vmb vnd schliessen also:
Weil die Gläubigen eine Aufferstehung jhres Fleisches / vnd eine Verwandlung jhres gantzen Leibs vnnd der Seelen gläuben / so folgt auß diesem Artickel vnsers Christlichen Glaubens / von der Aufferstehung / daß diß vnser Fleisch am jüngsten Tage aufferstehen / vnd daß wir im ewigen Leben diß Wesen vnsers Leibs vnd der Seelen / quo ad indiuiduum, aber ein ander Substantz oder Wesen / quo ad mutationem, totalem regenerationem, glorificationem, was die Verwandlung / gäntzliche Widergeburt anlangt / haben werden / also daß vnsere Leib vnd Seele / so hie wesentlich Sünde / vngerecht / etc. dort wesentlich gerecht / vnd dem Gesetz gleichförmig werden.
So viel das erste Argument anlangt / taug dasselbige zu Grund nichts. Vrsach ist: Dann Maior propositio oder die erste Rede ambigua, zweiffelhafftig vnd auff Schrauben gestellt ist / in dem / daß sie sagt / was deß Tods wirdig ist / dz ist Sünde / das ist / vn-
gerecht / etc. Dann wie nun offt erwiesen / die Sünde vnd vngerecht seyn / nicht ein Ding seind oder eynerley bedeuten. Wañ das Wörtlein (Sünde) so viel heissen soll (als es dann vnser Gegentheil in diesem Streit versteht vñ gebraucht) als: Die Sünde selbst seyn / so kan es durchs Wörtlein (vngerecht) nit erkläret werden. Sintemal das Wörtlein (vngerecht) zweyerley begreifft / wie alle verständige Christen wissen / nem̃lich das subiectum oder den Menschen / vnnd das vitium oder die Vngerechtigkeit im Menschen.
Kan demnach Maior propositio von wegen jhrer Ambiguitet nicht stehen / es were dann / daß sie sagen wolten / daß (vngerecht seyn) eigentlich zu redẽ / eben so viel hiesse / als: Die Sünde oder Vngerechtigkeit selbst seyn. Da nun das Gegentheil das affirmieren wolte / müst es auffheben den Vnderscheidt vnder den Worten Vngerechtigkeit vnd vngerecht / vnnd auß Vngerechtigkeit vnnd vngerecht ein Ding machen / Da Maior propositio aber falsch würde. Dann diese beyde Wörter / nach Art der Sprachen eygentlich zu reden / nicht können für ein Ding genommen werden. Dann vngerecht seyn ist terminus compositus, ein Wort so zwey Ding begreifft / Vngerechtigkeit aber terminus simplex, oder ein solch Wort / das nur ein Ding bedeutet.
So ist auch in diesem Argument plus in conclusione, quàm in praemissis: Dann die conclusio lautet also: Derwegen ist deß Menschen gantz verderbte Natur oder verderbte Leib vnnd Seele Sünde / ja Erbsünde / Wurtzel / Brunnquell vnnd Thäterin aller wircklichen Sünde. Dañ die erste Propositio hat nicht simpliciter vnd durchauß also gelautet / daß die verderbte Natur Leib vñ Seel Sünde / ja Erbsünde sey: sonder was der Verdam̃niß schüldig ist / solches ist Sünde / das ist / vngerecht / dem Gesetz zu wider vnd entgegẽ / welches viel anderst klinget / als die Wort / die in conclusione erholet werden / neben dem / daß es ambiguè / dz ist / zweiffelhafftig oder beydenhändisch geredt ist. Weil dann solchs offenbar / so bestehet gemelter Syllogismus zu Grudne nicht.
Da auch Maior propositio gleich gar eygentlich gesetzt / nem̃lich: Was deß Todts schüldig ist / das ist Sünde oder die Erbsünde selbst / etc. so were sie doch falsch: Dann nicht alles / was deß Todts schüldig ist / simpliciter durchauß vnd für sich selbst die Sünde oder Erbsünde selbst ist. Der gantze Mensch mit Leib vnnd Seel ist wol deß Todes schüldig / ist aber drumb nicht die Sünde oder Erbsünde selbst: Sondern er ist deß Todts schüldig etwas anders halben / nem̃lich von wegen der Sünde / damit sein Leib vnd Seel verderbt sindt / der Leib ist todt oder deß Todes schüldig vmb der Sünde willen / spricht der Apostel / Rom. 8.
So gehet auch Pauli Spruch / Rom. 6. Der Todt ist der Sünden Sold / mit nichten dahin / daß er lehren solte / daß (Sünde / ) so viel hiesse / als: Die Sünde oder Erbsünde selbst seyn / dann wann es so viel heissen solte / müsten dieses termini conuertibiles seyn: Der Sünden Soldt ist der Todt / vñ Menschlicher Natur oder Leibs vnnd der Seelen Soldt ist der Todt / welches durchauß falsch vnd vnrecht ist.
Die ander Folgerey betreffendt / ist dieselbige noch vngeheurer / als die vorige / also / daß man auch augenscheinlich spüren kan / daß diese Leut zerrüttete vnd verfinsterte Sinne haben / vnnd selbst nicht wissen / was sie setzen oder sagen. Dann lieber was ist doch das für ein Argument?
Die Gläubigen glauben eine Aufferstehung deß Fleisches / vnd eine Verwandlung vnd vollständige Widergeburt jhres gantzen Leibs vnd der Seelen.
Ergo, so folgt auß dem Artickel der Aufferstehung / daß diß vnser Fleisch am jüngsten Tag aufferstehen / vnd daß wir im ewigen Leben diß Wesen vnsers Leibs vnnd der Seelen / quo ad indiuiduum, aber ein ander Substantz oder Wesen / quo ad mutationem totalem, regenerationem, glorificationem, was die Verwandelung / etc. anlangt / haben werden.
Hie kan ein verständiger Christ auch greiffen / daß dieses Argu-
ment nicht an einander hanget / vnd daß eins auß dem andern im selben nicht folge. Vnser Fleisch wirdt aufferstehen vnd verwandelt werden. Ergo, so werden wir im ewigen Leben dieses Wesen vnsers Leibs vnd Seelen quo ad indiuiduum, aber ein ander Substantz oder Wesen quo ad totalem mutationem, so viel die gäntzliche Verwandlung anlanget / haben. Freylich sindt dieses Scopae dissolutae, vnd freylich hanget dieses Argument eben so fest aneinander / gleich wie der Sandt am Vfer deß Meers. Bedarff demnach keiner weitläufftigen Widerlegung / weil es sich selbst widerlegt vnnd vmbstösset.
Das folget wol: Die Gläubigen gläuben die Aufferstehung dises jres Fleisches: Ergo, so werden sie auch an jenem Tage dieses jr Fleisch / der Substantz vñ Wesen nach / wider vberkom̃en. Hiob. 19.
Item / das folget auch: Die Gläubigen gläuben eine vollständige Widergeburt jhrer Natur oder Fleisches: Ergo, so wirdt jhre verderbte Natur an jenem Tage vollständig zu recht gebracht vnd vernewert werden / daß kein Verderbung / Sünde oder Vnreinigkeit mehr daran seyn wirdt / 1. Cor. 15.
Daß aber die Gläubigen eine gäntzliche Verwandlung jhrer Natur / Leibs vnnd der Seelen / in ein ander Natur / in ein ander Leib vñ Seel / wesentlich von der vorigen Natur / Leib vnd Seele / vnterscheiden / gläuben vnd erwarten solten / wie das Gegentheil schwärmet / das ist falsch vnd vnrecht. Die Schrifft lehret solchs nicht / so gläubens die Christen auch nicht / vnnd sollens nicht gläuben / dann es ist Gotteslästerung.
Vnnd wo stehet doch das in der Schrifft / daß wir im ewigen Leben wol diß Wesen vnsers Leibs vnd der Seelen / quo ad indiuiduum, haben werden / das ist / das wir eben die Menschen seyn werden / so wir zuvor in diesem Leben gewest: Aber doch ein ander Substantz oder Wesen / was die gäntzliche Verwandlung anlangt / haben werden?
Werden wir in jenem Leben eben diß Wesen vnsers Leibs vnd
Seelen haben / das wir in diesem Leben gehabt / vnd Adam / Hiob / etc. werden eben die seyn / so sie in diesem Leben nach der Substantz Leibs vñ der Seelen gewest / vnd keine andere: So muß ja falsch / gottloß / vnrecht vnd nicht wahr seyn / daß wir / so viel die Verwandlung anlangt / ein ander Substantz oder Wesen in der Aufferstehung vberkommen werden. Soll es das vorige vnd kein ander Wesen Leibs vnd der Seelen seyn / als wir zuvor in diesem Leben gehabt / so muß es kein ander Substantz oder Wesen seyn. Wirdt es aber ein ander Substantz oder Wesen seyn (wie diese Leuhte dichten vnnd schwärmen) so kan es die vorige Substantz Leibs vnnd der Seelen nicht seyn / sie machens so krauß vnnd bundt als sie jmmer wöllen. Die Verwandlung auch / so in der Aufferstehung geschehen wirdt / muß den Seligen keine andere Substantz oder Wesen bringen / als sie zuvor gehabt / oder es muß falsch seyn / daß die Seligen eben die vorige Substantz Leibs vnnd der Seelen haben werden. Bey einem müssen sie bleiben / vnd eines vnter den beyden wehlen / beyde können sie zugleich nicht bestehen.
Ee. i. fa. 2. Will das Gegentheil auff deß Concordi Buchs Grundt antworten / da es schleust: Wann gantz vnd gar kein Vnderscheidt vnter der verderbten Natur vnd vnter der Erbsünde were / so müßte wider den Artickel der Aufferstehung folgen / daß auch die Sünde aufferstehen vnd im ewigen Leben seyn würde / Vnd spricht / das Widerspiel sey wahr. Warumb? Darumb / spricht es: Dann sie gläuben / daß die verderbte Natur oder die Sünde oder Erbsünde hie in diesem Leben vmb Christi willen auß Gnaden gerecht geschätzt werde / widergeboren vnnd in der Aufferstehung wesentlich verwandelet / vnnd gäntzlich veränderet werde. Wie dann die Erbsünde aufferstehen vnnd im ewigen Leben seyn vnd bleiben solle?
Hie vrtheilen alle verständige Christen / was dieses für eine Antwort sey / vnd ob hiedurch deß Concordi Buchs Grundt auffgelöset vnd vmbgestossen / oder viel mehr bekräfftiget sey.
Dann wo deß Gegentheils Glaube ist / daß die verderbte Natur / welche / jhrem Fürgeben nach / die Erbsünde selbst ist / hie durch Zurechnung gerecht geschetzt vnd newgeboren / vnd in der Aufferstehung wesentlich verwandelt werde / etc. so bleibet es vnwidersprechlich wahr / daß die Erbsünde selbst von Todten erweckt / vnd alsdann gäntzlich in die Gerechtigkeit verwandelt / vnnd also in das ewige Leben gehe. Da kan es nicht fürvber / sintemal es vnwidersprechlich wahr ist / daß die Natur deß Menschen am jüngsten Tage wirdt aufferweckt werden / so er jetzo hat. Ist nuhn die jetzige Natur deß Menschen die Erbsünde selbst: So muß sie ja auch am jüngsten Tage aufferweckt werden. Redet demnach vnd schreibet in dieser Antwort wider sich selbst.
Will es aber sagen / die Menschliche Natur werde newgeboren vnnd verwandelt / daß wie sie zuvor vngerecht vnd sündig war / nuhn in der Aufferstehung gantz gerecht vnd heilig werde / vnd also allerding zu recht gebracht / so muß es mit vns den Vnderscheidt zwischen der Erbsünde vnd verderbten Natur halten. Will es das nicht thun / so bleibet seine Gotteslästerung einen Weg als den andern / daß nem̃lich die Erbsünde selbst von Todten aufferweckt werde / vnd ins ewige Leben komme. Dann was aufferweckt wirdt (reden hie von den Außerwehlten) von den Todten / das wirdt auch ins ewige Leben kommen / Die Erbsünde / jhrem Fürgeben nach / wirdt aufferweckt / etc. Darumb so wirdt sie / jhrem Fürgeben nach / auch ins ewige Leben kommen. Vnd hilfft sie nicht / daß sie von der Verwandlung derselben in die Gerechtigkeit viel Geschreyes machen. Dann solchs eben so wahr / als das vorige / könnens nimmehr mit einigem Spruch der Schrifft erweisen / wañ sie sich auch zerreissen solten.
Sie wenden sich nuhn wohin sie wöllen / so sindt sie geschlagen / vnd können sich nicht loß wircken.
Sie vermeynen wol darmit loß zu kommen / daß sie fürgeben /
sie lehren nicht / daß das verderbte Fleisch oder Erbsünde ohne wesentliche Verwandlung aufferweckt werde / etc. Ist aber bereit angezeigt / daß solche Außflucht vergeblich sey. Dann wann jr Wahn bestehet / daß kein Vnderscheidt zwischen der jetzigen verderbten Natur vnd Erbsünde ist / vnd aber die jetzige Natur selbst am jüngsten Tage erstehen soll vnd wirdt / so muß ja freylich die Erbsünde selbst / welche / jrem Fürgeben nach / one allen Vnderscheidt die jetzige Natur deß Menschen ist / aufferstehen vnnd erweckt werden / vnd also auch ewig leben vnd selig werden.
Die wesentliche Verwandlung betreffendt / wie nun zu vielen malen angezeigt / werden sie zu ewigen Zeiten auß der heiligen Schrifft nicht wahr machen. Bleibet demnach jhr Schwarm ein Gottloser Schwarm vnd ein verdampte Lehre / als die in Gottes Wort nicht alleine keinen Grundt hat / sondern auch deme stracks zu wider ist.
Bißher haben wir zwar mancherley effugia oder Außflüchten deß Gegentheils gehöret / aber nicht ein einigẽ Beweiß oder Grunde / darmit es deß Concordi Buchs Argument anfänglich widerholet / hette vmbgestossen. Ja das noch viel mehr ist / es hat in allen den paginis oder Blettern / die es voll geklickt hat / nicht einmal desselben recht erwehnet / sondern von andern Sachen geschwätzet / so hieher weder gehören noch dienen.
Bestehet derwegen vnser oder deß Concordi Buchs Argument wider diese Schwarmgeister noch feste.
Was folget biß zu Ende dieses Tractats / ist nur ein vergebliche vnd vnnütze Widerholung der vorigen Sachen / darauff bereit gründtlich geantwortet. Derwegen es gantz vnnöhtig / hie abermals vnd auffs new dargegen sich eynzulassen.
Daß der Vnderstheidt zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde in der Theologia keinen Schaden thue.
DAs Gegentheil schwärmet ferrner / vñGg. 2. fac. j. gibt für / der Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vñ zwischen der Erbsünde verkleinere Erstlich das Bild Gottes / darnach der Mensch oder sein gantze Natur erschaffen / etc. Das reimet sich gar nichts. Dann / wie droben erwiesen / ist der Mensch nicht wesentlich das Bilde Gottes selbst gewest: sondern darzu erschaffen / dann wo der Mensch Adam oder sein Natur vnd Wesen das Bildt Gottes selbst wesentlich gewest / so hette er dasselbige nicht verlieren können ohne Verlust seiner gantzen Natur. Nun hat er aber seine Natur (ob sie wol geschwächt ist) behalten / das Bilde Gottes aber verloren / derwegen dieser Fürwurff gar nichts hafftet / viel weniger den Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vnnd zwischen der Erbsünde auffhebet / oder / daß er in Theologia schaden thue / erweiset.
II. Mache er geringschätzig dẽ Fall Adae selbst / dadurch Menschlich Natur verderbt ist / dieweil dadurch die gantze Natur verändert. Ist aber eben so wahr als das vorige. Denn wo dieser Fürwurff etwas gelten solte / so müst folgen / daß durch Adams Fall Menschlich Natur nicht verderbt / sondern gantz vnd gar in ein newes Wesen verwandelt / daß Adam nicht mehr der vorige Adam gewest / sondern ein ander vnd newer Adam / wesentlich vom vorigen vnderscheiden / geworden. Solchs aber ist falsch vnd vnrecht. Die Natur Adae ist wol verwandelt / so viel die Gerechtigkeit / Weißheit / Hei-
ligkeit / Freyheit / Reynigkeit vñ Vnschuldt antrifft / denn sie ist nun vngerecht / vnuerständig / vnheilig / etc. worden / aber zum andern Wesen ist sie nicht worden / wie solchs alles droben außgeführet. Derwegen dieser Fürwurff auch nichts gilt.
III. Soll die Krafft deß Gesetzes dadurch geschmälert werden / welches die gantze Natur vnnd nicht ein blossen Zufall anklagt / etc. Antwort: Keines Weges. Sintemal / vnserm Bekändtnüß nach / das Gesetz die gantze Natur deß verderbten Menschẽ anklagt vñ beschüldiget / vnnd nicht die Sünde an vnd für sich selbst. Dann die Sünde ist nicht etwas / das an oder für sich selbst were: sondern ist ein böser Zufall / durch welchen Menschlich Natur vñ Wesen gantz vnd gar verderbt ist / vnd also auch in der Menschlichen Natur / das ist / in Leib vnd Seele ist. Derwegẽ auch das Gesetz billiche Vrsach hat / die gantze Menschliche Natur anzuklagen vnd zu verdammen / wo ferrn sie nicht von solchem Zufall durch Christum erlöset wirdt. In Summa / wie die Schmalkaldischen Artickel recht reden / ist deß Gesetzes Ampt / dem Menschen die Erbsünde mit jhren Früchten offenbaren / vnd zeigen / wie gar tieff seine Natur gefallen vnnd grundtloß verderbt sey / etc. Darumb ist deß Gesetzes Ampt nicht / offenbaren / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey / vnnd daß kein Vnderscheid zwischen der Natur vnnd zwischen der Erbsünde sey: Sondern das ist sein Ampt / daß es dem Menschen die Erbsünde mit jhren Früchten offenbare / etc. Dem Menschen soll es die Erbsünde offenbaren / nicht anzeigen / daß er ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey.
IIII. Soll die Gnade Gottes dadurch geschmähet werden / der vmb Christi willen vns verderbte Menschen zu Gnaden annimpt / etc.
Wañ dieser Fürwurff hafften solte / so müste das Gegentheil zuuor erweisen / daß verderbte Natur oder verderbter Mensch / vnd die Verderbung selbst ein Ding weren / das kan vnnd vermag es nicht zu thun in alle Ewigkeit. Was die Schrifft hieruon lehret /
das bricht Gottes Barmhertzigkeit nichts abe. Die Schrifft lehret / daß Gott nicht die Sünde selbst / sondern die Sünder durch Christum erlöse vnd selig mache. Matth. 1. 9. Johan. 3. Rom. 3. 1. Timoth. 1. Darumb bricht diese Lehre vom Vnderscheid der Sünde vnd Menschlichen Natur / der Barmhertzigkeit Gottes nichts abe.
Titum. 2. heißt , impietas, Gottloß Wesen / etc. nicht ein Substantz / wie es das Gegentheil deutet / sondern die Gottlosigkeit / so in der Menschlichen Natur verborgen ist / von welcher der Apostel sagt / daß wir sie verläugnen oder meiden sollen / noch darff es vorgeben / daß es heisse die Menschliche verderbte Natur oder die Sünde selbst. Viel ein anders ist es / dauon Lutherus schreibet / nicht erkennen wollen / daß alles / was am Menschẽ ist / verdam̃t vnd Gottloß sey / vnd lehren / daß die verderbte Natur vnd die Erbsünde ein Ding seyn / wie das menniglich verstehet. Darumb D. Lutheri Wort vergeblich wider vns angezogen werden.
V. Es soll auch dieser Vnderscheid Gottslästerlich seyn / wider die Menschwerdung Christi vnd die Erlösung / durch jn geschehen / Dañ Christus die gantze Menschliche Natur ohne Sünde angenommen / vnnd nicht alleine ein gut accidens oder qualitet, &c. Dieses ist deß Gegentheils eygen Gedicht / vnnd nicht vnser Lehre. Denn wir nicht lehren / noch je gelehrt haben / auch nicht lehren wollen / daß Christus allein ein gut accidens, qualitet oder Zufall Menschlicher Natur angenommen: Sondern das lehren wir / vnd wöllens durch Gottes Gnade hinfürter lehren / daß Christus die gantze Menschliche Natur mit Leib vnnd Seele angenommen / etc. Wirdt auch Gott das Gegentheil vmb solchs vnwarhafftigen Gedichts willen / damit es vnser Kirchenlehre fälschlich belegt / grewlich straffen / wo es nicht in der Zeit der Gnaden Busse thut.
Wie wir dann auch nicht lehren / daß vnser Natur nicht böse oder vngerecht sey / etc. sondern das lehren wir / daß vnser Natur nach dem Fall die Boßheit vnnd Vngerechtigkeit selbst nicht
sey. Vöse vnd vngerecht ist sie von wegen der Sünde / so in jhr wohnet. Rom. 7. Aber die Boßheit vnnd Vngerechtigkeit selbst ist sie nicht / wie das Gegentheil lästert.
Also ist auch deß Gegentheils Gedicht / daß Lutherus in Genesi solle geschrieben haben / wenn die Erbsünde nicht das verderbte Menschliche Wesen selbst were / sondern nur ein vnderschieden accidens oder böser Zufall / so were es ohn noth gewest / Christum den Erlöser senden / etc. Wann sie vns diese Wort auß Luthero zeigen / wollen wir sie loben. Sie werdens aber nimmermehr thun. Denn sie stehen also nicht drinnen. Weil aber droben auff diesen Fürwurff geantwortet ist / lassen wirs nochmals darbey bewenden.
Wann wir mit den Sophisten lehreten / daß die Erbsünde ein geringer Schade oder Mackel / dadurch die Natur oder naturalia im Menschen nicht verderbt / sondern gantz geblieben / vnnd daß die Erbfünde eine solche geringe qualitas oder schaden were / als wann ein schön Bildniß mit Kot außwendig besprenget wirdt / den man leicht wider abwischen kan / vnnd der dem Bildt selbst keinen Schaden thut / Vnd daß durch die Erbsünde nicht vnser gantze Natur vnd Wesen / sondern nur etliche zufällige Dinge verderbt werẽ / so hette deß Gegentheils Fürwurff einen Schein / etc. daß Christum den Erlöser zusenden nicht were nöhtig gewest. Nun lehren wir aber das Widerspiel / darumb trifft vns solcher Fürwurff gar nicht. Dann vnser Lehre ist / daß die Erbsünde eine solche grewliche / grosse / tieffe Verderbung der gantzen Menschlichen Natur an Leib vnd Seele sey / daß sie keine Creatur habe tilgen oder abwaschen können / sondern dieses habe einig vnnd allein durch das Rosinfarb Versün Blut deß Sohns Gottes Jesu Christi geschehen müssen / 1. Joh. 1. sonst hetten wir alle in der Sünde sterben vnnd verderben müssen. Wie solten wir denn Christi Leiden oder Verdienst etwas abbrechen?
Ob auch die verderbte Natur die Erbsünde selbst nicht ist: So folgt darumb nicht / daß Christus nicht für die verderbte Natur /
sondern alleine für ein bloß accidens gestorben sey. Dann Christus eigentlich für die verderbte Natur gestorben ist / vnd sein Blut vergossen hat / nicht daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst were: sondern daß sie von der Erbsünde / damit sie durch vnnd durch an Leib vnd Seel verderbet ist / durch Christum erlöset vnnd ewig selig gemacht würde / wie geschrieben stehet / Matth. 1. Er soll Jesus heissen / daß er sein Volck selig mache von jhren Sünden. Vnnd das Symbolum Nicenum redet: Der vmb vnser Menschen vnd vmb vnser Seligkeit willen / vom Himmel kommen ist / etc. vnd nicht vmb der Erbsünde willen / daß er für sie stürbe vnnd sie selig machete / etc. Das werden sie nicht vm̃stossen / wenn sie auch Himmel vnd Erden in einander würffen.
Das Gegentheil zeucht hie abermals Augustinum an / da er die Pelagianer straffet / darumb / daß sie in den Kinderlein Gottes Werck also preiseten / daß sie vnter deß veleugneten / daß die Kinderlein in der Erbsünde entpfangẽ weren / etc. Vñ meynet / es gelte vns / die wir nach der Schrifft die verderbte Natur vnnd Erbsünde selbst vnderscheiden. Ist aber ein lauter Verkehrung der Wort Augustini / der nicht an den Pelagianern straffet / daß sie die Natur vnd Erbsünde vnderscheideten / sondern daß sie die Natur also preyseten / daß sie keine Erbsünde vberall hette / Darumb dann Augustini Wort hieher gar nicht gehören.
VI. Der Vnderscheid soll auch zu Verkleinerung der Rechtfertigung Vrsach geben / als in welchem nit ein bloser Zufall / sondern die verderbte Natur selbst zu Gnaden angenommen vnd gerechtfertiget oder von Sünden loß gesprochen wirt vm̃ Christi willẽ durch den Glauben / etc. Nun lehrẽ wir nicht also / wie das Gegentheil vns fälschlich antichtet / daß ein bloß accidens oder Zufall im Menschen gerechtfertiget werde / etc. Sondern / das ist vnser Lehre: Daß in der Rechtfertigung der sündig Mensch gantz mit Leib vñ Seel / damit er durch die Sünde gantz vñ gar verderbt ist / zu Gnadẽ vm̃ Christi willen / durch den Glauben / auff vnd angenom̃en werde / vñ daß jme
alle seine Erb: vnd wirckliche Sünde nicht zugerechnet / sondern vergeben werden. Hergegen aber der Gehorsam Christi jhme zugerechnet werde zur Gerechtigkeit / Rom. 4. 10. Derwegen auch dieser Fürwurff vnser Lehre nicht trifft.
VII. Soller auch die Widergeburt verkleinern / welche wesentlich sey / etc. Weil aber droben gründtlich erwiesen / daß die Schrifft keine solche wesentliche Widergeburt lehre / etc. sondern daß solche deß Gegentheils eigen Gedicht sey / so gehet gemelter Fürwurff vnsere Lehre auch nichts an.
VIII. Das er auch die Busse halbiern oder theilen solle / ist droben auß den Schmalkaldischẽ Artickeln gründtlich widerlegt. Derhalben auch dieser Fürwurff ein Gedicht vnd Vnwarheit ist.
IX. Daß der Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde die Aufferstehung oder Verklärung vnsers Leibes verkehren folte / etc. Ist kurtz zuuor das Gegenspiel dargethan vnnd erwiesen worden.
Weil dann alles / was das Gegentheil diß Falls fürbracht / lauter Vnwarheiten sind / soll sich kein rechtschaffener Christ durch jhr vielfältiges Schreyen vnd Dichten jrre machen lassen / fondern bey der erkandten Warheit fest stehen bleiben.
Da mans auch beim Liecht besihet / findet sich / daß niemandt mehr in der Theologia grössern Schadẽ thue (so viel diesen Streit anlangt) als eben das Gegentheil / so den Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde selbst verleugnet vnd auffhebet.
I. Dann erstlich dichtet es wider die Heilige Schrifft Gen. 1. 2. Ephes. 4. daß das Bilde Gottes vnnd die Menschliche Natur ohne Vnderscheid ein Ding gewest / welchs eine grewliche Vnwarheit ist. Dann ja das Ebenbildt verloren / die Natur aber (wiewol geschwecht) blieben ist. Als D. Lutherus Genes. 3. recht vnnd wol schreibet vnd redet.
II. Dichtet es wider die Schrifft / daß Adam durch den Fall wesentlich verändert / daß er wesentlich eine andere Natur habe alterius speciei, &c. als er für dem Fall gehabt. Welchs abermals eine grewliche Vnwarheit ist. Dann Adams Wesen ist in oder durch den Fall nicht wesentlich in ein ander Wesen verwandelt / sondern ist verderbt / sündig / vnrein / vnnd vnheilig gemacht / da es zuuor rein / heilig / gerecht vnd ohn alle Sünde war / etc.
III. Dichtet es wider die Schrifft / daß das Gesetz vnser Natur oder den Menschen also anklag / daß er die Erbsünde selbst sey: so doch die Schrifft klar bezeuget / daß es den Menschen anklage / auff daß es jhme die Erbsünde mit sampt jhren Früchten offenbare. Rom. 1. Es wirdt offenbaret vom Himmel der Zorn Gottes vber alles Gottloses Wesen vnnd Vngerechtigkeit der Menschen. Rom. 3. Durchs Gesetz köm̃t nur Erkändtniß der Sünde. Daher Lutherus cotra Latomũ Tom. 2. fol. 402. schreibet: Lex aliter non tractat peccatũ, quàm vt ipsum reuelet. Sicut dixit Paulus Rom. 3. Per legem cognitio peccati. Quae cognitio duo docet. Corruptionem naturae & iram Dei. Das ist / das Gesetz handelt die Sünde nicht anderst / dann daß es dieselbige offenbare / wie Rom. 3. stehet: durchs Gesetz kompt nur Erkändtniß der Sünde. Welche Erkändtniß zwey Ding lehret / nem̃lich die Verderbung der Natur vnd Gottes Zorn. Die Verderbung der Natur lehret es wol vnnd Gottes Zorn / aber es lehret nicht / daß die Natur die Verderbung oder Sünde selbst sey.
IIII. Schändet es / wider die Schrifft / Gottes Barmhertzigkeit / in dem es lehret / daß GOTT der Sünden selbst gnädig sey: da doch die gantze Schrifft das Widerspiel lehret / nemblich / daß GOtt nicht der Sünden selbst: sondern den armen Sündern gnädig sey. Verkehret auch die schönsten Sprüche der Schrifft / als wir an seinem Ort gehöret / welche es dahin deuten will /
daß Gott der Sünden selbst gnädig sey / da sie doch anderst nicht / als von den Sündern selbst zu verstehen sind.
V. Verkleinert es nicht alleine den Artickel von der Schöpffung / sondern es macht entweder Gott selbst oder je den Teuffel zum Schöpffer der Sünde. Dañ ist die verderbte Natur die Erbsünde selbst ohne Vnderscheid / so muß der zweyer eins folgen / entweder daß Gott ein Schöpffer der Sünden sey / weil er die verderbte Natur / welche / jhrem Fürgebẽ nach / die Erbsünde selbst ist / schaffet / etc. Oder aber da das nit ist / weil die Erbsünde vom Teuffel herrüret / vñ die verderbte Natur / jhrer Lehre nach / die Erbsünde selbst ist / vnd aber ohne einen Schöpffer nicht seyn kan / muß der Teuffel jhr Schöpffer seyn. Der beyder eines müssen sie gestehen / wenn sie jhren Schwarm behalten wollen / daß zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde durchauß kein Vnderscheid sey / wie solchs hiebeuor gründtlich außgeführet.
VI. Hebet es den Trost / den wir arme Menschen auß dem Artickel von der Menschwerdung Christi haben solten / zu Grundt auff / in dem es dichtet / daß Christi angenommene Menschliche Natur vnnd vnser Natur nicht eines Wesens seyn / sondern wesentlich vnderscheiden / etc. Denn was Christus nicht angenommen / das hat er auch nicht erlöset / hat er nun vnser Fleisch vnd Blut nicht angenom̃en / sondern ein solch Fleisch / das wesentlich von vnserm Fleisch vnderscheiden ist / etc. so hat er auch vnser Fleisch nicht erlöset. Dahin kommen entlich diese Lästerer / daß sie vns Christen alles wahren Trostes berauben / etc. Aber Gott wirdt jhnen stewren / vnnd die Christenheit für jhrem Lästern erhalten.
VII. Schändet es Christi Leiden vnd Blut / in dem es fürgibt / Christus habe die Erbsünde selbst durch sein Todt vnnd Blut erlöset. Da doch die gantze Schrifft bezeuget / daß er vns Menschen durch sein Todt vnnd Blut von der Sünde / vnd nicht die Sünde selbst erlöset habe / Rom. 3. 4. 5. Galat. 1. Matth. 1. 1. Timoth. 1.
VIII. Lästert es gleicher Gestallt auch den Artickel von der Heiligung / in dem es wider alle Schrifft lehret / daß die Erbsünde selbst getaufft / geheiliget / gereiniget / widergeboren vñ selig gemacht werde. Dann ja die Schrifft außdrücklich sagt / daß wir Menschen getaufft werden zur Vergebung der Sünden / vnnd nicht / daß die Erbsünde selbst zur Vergebung der Sünden getaufft werde / Johan. 3. Matth. 28. Marci 16. Actor. 2. etc. Welches doch seyn müste / wann zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde gar kein Vnderscheidt were.
IX. Verkehret es auch schändtlich den hohen Artickel von der Rechtfertigung / in dem es diesen falschen Wahn treibet / die Erbsünde selbst werde gerechtfertiget vnd zu Gnaden vmb Christi willen angenommen / so doch Roman. 3. die Schrifft deutlich sagt: Wir: Das ist / wir Menschen werden gerecht auß Gnaden / etc. vnd nicht die Erbsünde. Item / Rom. 5. Wir werden durch jhn behalten für dem Zorn Gottes. Item / Wir sind Gott versünet durch den Todt seines Sohns / etc. vnd nicht die Erbsünde. Item / durch eines Gehorsam werdẽ viel gerechten / Welches sich gar mit deß Gegentheils Schwarmb / daß die Erbsünde selbst solt gerechtfertiget werden / nicht reymet. Die Menschen / spricht Paulus / werden durch Christi Gehorsam gerecht vnnd erlediget von der Sünde / vnd nit die Erbsünde selbst. Aber es bedarff in solchem hellen Liecht der Warheit bey rechtverständigen nicht viel Wort.
X. Dichtet es wider Gottes Wort / daß die Widergeburt bedeute eine wesentliche Veränderung der Natur in ein Wesen alterius speciei, oder ein ander Wesen / das vom vorigen vnderscheiden sey. Darvon es auch nicht einen Spruch der Schrifft / recht angezogen / fürbringen kan.
XI. Kollert es daher / daß in der Aufferstehung deß Menschen Natur wesentlich in eine andere newe Natur / new Leib vnd Seele verwandelt werde / welches auch ein lauter Vnwarheit ist / wie kurtz zuvor dargethan. Item / Es schwärmet / daß die Erbsünde selbst
von Todten aufferweckt werde. Item / daß die Erbsünde wesentlich in der Aufferstehung in die Gerechtigkeit verwandelt werde / vnnd also das ewige Leben ererbe. Welches eitel abschewliche Gotteslästerungen sindt / der gantzen heiligen Schrifft vnd den Artickeln vnsers Christlichen Glaubens stracks zu wider / wie das auch erwiesen ist.
Können demnach viel besser mit Lutheri Worten schliessen / als das Gegentheil: Der Teuffel schlaffe nicht / er werde deß Dings noch viel mehr machẽ / vñ sich befleissigen / daß ers dahin bringe / daß keine rechte Lehre in der Kirchen bleibe / daß / so man in Deutschlandt durch vnnd durch gienge / keinen rechten Predigstul finden werde.
Darumb haben wir vns für solchen Schwärmgeistern desto mehr zu hüten / als die sich vom leidigen Sathan hierzu weidlich gebrauchen lassen / damit kein reiner Predigstul in gantz Deutschland bleiben möge. Dann wann es nach jhrem thummen Sinn gehen solte / so müst es alles solche grewliche Gotteslästerungen / darvon wir bißher gehört / mit jhnen treiben / vnd als die ewige vnwandelbare Warheit helffen fortpflantzen / dafür vns doch Gott gnädiglich behüten wölle / Amen.
Wer gewarnet will seyn / der sey gewarnet / in der Helle wirdt sich Gott niemandts erbarmen.
Der III. Punct.
Verantwortung der Gründe / darauß erwiesen / daß die Erbsünde ein malum accidens oder böser Zufall im Menschen sey / etc.
DAs Schulwort Accidens will das GegentheilIi. fac. 1. vnd hernacher. gantz vnnd gar außgemustert vnd verworffen haben / weil es weder in der Bibel noch in den drey symbolis, Augspurgischer Confession / Apologia / Schmalcaldischen Artickeln vnd Catechismis D. Lutheri zu befinden. Hergegen aber das Wort / Substantia, Substantz / will es in allwege in Kirchen vnd Schulen erhalten vnd vertheidigt haben / weil Lutherus in seinen Lectionibus vnd Schrifften desselben offt gebraucht. Vnnd sihet vnter deß nicht / daß auch dieses Wort (Substantz) von der Erbsünde in der Bibel / in den drey Symbolis, Augspurgischer Confession / Apologia / Schmalcaldischen Artickeln vnnd Catechismis Lutheri nicht stehet. Da nun von deßwegen das Wort Accidens in diesem Streit von der Erbsünde nicht solte können gebraucht werden / daß es in ermelten Büchern vnd Schrifften nicht stehet: Folget gleicher Gestallt / daß auch das Wort (Substantz) in dieser Controuersien nicht solle noch müsse gebraucht werden: Oder aber da es mag gebraucht vnnd behalten werden / daß solches ebner massen von dem Wort Accidens auch gelte.
So viel die Vrsachen anlangt / welche das Gegentheil eynwendet / derer wegen das Wort Substantz oder Wesen in diesem Streit
von der Erbsünde nicht soll nachgelassen oder verworffen werden / wöllen wir dieselbigen nacheinander in der Furcht GOttes erwegen.
Die erste ist: Daß wir das Wort (Substantz) wider D. Luthers vnnd jhre Meynung verkehren sollen. Setzet aber nicht ein Wort darbey / wie vnd welcher Gestallt wir das thun sollen. Es bedarff aber nicht viel Wesens / dann wir verstehen das Wort Substantz in diesem Streit anders nicht / als wie sie es selbst deuten vnnd erklären / nem̃lich / daß die verderbte Natur / Substantz oder Wesen derselben / die Erbsünde selbst sey / oder daß die Seel / der Verstandt / der Wille / etc. die Erbsünde selbst sey / vnd das darumb / dieweil der Sathan / wie sie dichten / die Menschliche Natur oder die Seele in jhren höchsten Kräfften durch den Fall ermordet / getödtet vnd wesentlich in eine andere Form oder speciem verwandelt habe / daß sie / solcher wesentlicher Transformation oder Verwandlung halben / nuhnmehr die Sünde oder Erbsünde selbst sey / vnnd daß durchauß kein Vnderscheidt sey zwischen der verderbten Natur / Leib vñ Seel deß Menschen / vnd zwischen der Erbsünde selbst. Dann dieses treiben sie für vnd für in allen jhren Büchern / vnd fast auff allen Blettern / wie sie dessen nimmermehr in Abrede seyn können. So geben solchs auch die Tituli aller jhrer Bücher / da sie auff setzen / daß die Sünde ein Substantz vnd nicht ein accidens oder Zufall sey / daß die verderbte Natur / Leib / Seel / Verstandt / Wille / Hertz / in jhren höchsten Kräfften / die Sünde oder Erbsünde selbst seyn / als wir das biß her fast durchauß in diesem Buch / Irenaei Examen genandt / etc. gehöret vnd vernommen haben. Vnd in diesem Verstande verwerffen wirs / auß Vrsachen / derer bißher mit Hauffen von vns in Abhandlung der vorgehenden zweyen Puncten fürbracht sind / vnd ferrner sollen fürbracht werden.
Dann erstlich hebet diß Wort Substantz / wie sie es brauchen / auff den Vnderscheidt zwischen Gottes vnd deß Sathans Werck /
vnd machet entweder Gott oder den Teuffel zum Schöpffer der Sünde. Alles was ein Substantz ist / das ist von Gott geschaffen / Johan. 1. Coloss. 1. Ist nun die Erbsünde ein Substantz / so muß sie von Gott geschaffen seyn / Ist sie aber von Gott nicht geschaffen / vnd doch ohne einen Schöpffer nicht seyn kan / so muß der Teuffel der Schöpffer der Seelen seyn / vnd muß also vnser verderbte Natur / welche / jhrem Fürgeben nach / ohne alle Vnderscheid die Sünde selbst ist / vom Teuffel erschaffen seyn.
Zum andern / Wanns wahr were / daß sie dichten / der Teuffel habe den Menschen durch die Sünde wesentlich verwandelt / also / daß in vnnd durch solche wesentliche Verwandlung die verderbte Natur die Erbsünde selbst worden / etc: So müste freylich abermals folgen / daß der Teuffel ein Schöpffer vnd also Gott selbst were. Dann wesentlich verwandeln vnd in ein ander speciem transformieren / ist keiner Creatur / sondern Gottes eygen Werck / nicht weniger als die Schöpffung selbst.
Zum dritten / daß nimmermehr von jhnen kan oder mag erwiesen werden / daß verderbte Natur oder verderbte Substantz vnd die Verderbung oder Sünde selbst / ohne allen Vnderscheid / synonima oder ein Ding seyn / welches dann die Wort (verderbte Natur) so zwey Ding / vnd nicht eines alleine begreiffen / klar vnd deutlich geben. Wie solchs auch Augustinus de moribus Manichaeorũ lib. 2. cap. 5. bezeuget / da er spricht: Corruptio non est in seipsa, sed in aliqua substantia, quam corrumpit. Non enim substantia est ipsa corruptio. Da das Gegentheil nicht fürvber kan.
Zum vierdten / Ob wol das Gegentheil allerley Sprüche auß Luthero anzeucht / darinnen das Wort (Wesen) oder Sünde steht: So ligt jhnen doch noch auff den heutigen Tag ob / auß Lutheri Schrifften diese Proposition / illis ipsis formalibus verbis, oder mit denselbigen Worten zu erweisen / wie sie von jhnen geführet wirdt / Nem̃lich: Die verderbte Menschliche Natur ist eygentlich oder one eynigen Vnderscheidt die Erbsünde oder Sünde selbst. Ehe
das geschicht / sagẽ wir nicht vnbillich / daß sie Luthero Gewalt thun vnd seine Wort wider seinen Sinn vnnd Meynung anziehen / sagen auch ferrner vnd sagens billich / daß / wo sie gemelte Proposition nicht solcher Gestallt / wie sie dieselbige führen vnnd Luthero zu messen / auß seinen Schrifften darthun / daß alles jhr Dichten vñ Schreiben vergebens sey vnd auff lauter Vngrund stehe. Daß sie aber jhre Glossen fürwenden vnnd sagen: Ey Lutherus hat ja gesagt / vnser Natur sey Sünde / nuhn kan er von keiner andern Natur reden / dann die verderbt ist. Ergo, so muß ja folgen / daß die verderbte Natur die Sünde sey / vnd weil die verderbte Natur fortgepflantzet / so muß sie ja die Erbsünde selbst seyn / etc. Antworten wir / dieses jr Glossieren sey anders nichts / als ein pur lauter Fabelwerck / biß so lang sie die gedachte Proposition oder Rede selbst auß Luthero fürbringen vnd zeigen. Dann wann es mit Glossieren außgerichtet were / so köndt man menniglich seine Wort vmbkehren / vnd alles / was man nur wolt / darauß inferieren / Vnter deß / daß sie nun solches thun / bleiben wir billich darbey / daß das Wort Substantz / in diesem Streit von der Erbsünde / keinen platz habe.
Zum fünfften / daß sie nicht einen einigen Spruch der Schrifft können darthun / in welchem die verderbte Natur die Erbsünde selbst oder Substantz genennt würde.
Zum sechsten / daß sie auch auß der Vätter Schrifften nicht beybringen können / daß die Sünde oder Erbsunde ein Substantz sey / oder daß die verderbte Natur (wie sie jetzo am meisten reden) die Erbsünde selbst sey / etc. Aber hiervon an diesem Ort genug
Die ander Vrsach ist: Daß sie an statt deß Worts Substantz / welches nicht so bekandt ist / das Wort Wesen gebrauchen. So viel das Wort (Wesen) anlangt / weil es in dem Verstande von jnen gebraucht wirdt / wie das Wort Substantz / vnd dardurch angezeiget / daß das Wesen der Natur / oder die verderbte Natur deß
Menschen selbst die Erbsünde seyn solle / taug es eben so viel / als das Wort Substantz. So können sie auch auß Lutheri Schrifften zu ewigen Zeiten nicht wahr machen / daß er das Wort (Wesen) in der Lehre von der Erbsünde also gebraucht habe / wie sie es jhme fälschlich zumessen / daß es nem̃lich so viel heisse / als die Sünde selbst / oder daß das Wesen der Menschlichen Natur jetzo solte die Erbsünde selbst seyn / vnnd daß durchauß kein Vnderscheidt zwischen dem verderbten Wesen Menschlicher Natur vnd zwischen der Erbsünde selbst sey. Ach wie gerne würden sie das vorlengst gethan haben / wann sie nuhr etwas / das einen Schein haben möchte / fürzubringen gewust hetten. Daß sie auß Luthero Genes. 3. anziehen / peccatum esse de essentia, &c. Die Sünde sey von deß Menschen Wesen / etc. ist etlich mal gründtlich auff geantwortet. Vnnd verstehet sich selbst / daß ein grosser Vnderscheidt sey / vnder diesen beyden Reden / esse ipsam essentiam, Das Wesen für oder an sich selbst seyn / vnd esse de essentia, das ist / Vom Wesen seyn. Sie lehren / die Erbsünde sey eygentlich vnd ohne allen Vnderscheidt deß verderbten Menschen Wesen selbst. Lutherus aber spricht / es sey vom Wesen. Verstehet aber solchs also / daß / wie die Erbgerechtigkeit vor dem Fall dem Menschen Connaturalis, natürlich gewesen ist / gleich wie es eines gesunden Auges Natur ist / das Liecht schen: Also sey nach dem Fall die Erbvngerechtigkeit oder die Erbsünde dem Menschen oder seinem Wesen auch natürlich / vnd hange seinem Wesen an / daß der Mensch natürlicher Weise / als er von Vatter vnd Mutter geboren wirdt / von Art oder von der Verderbung wegen / so in seinem Wesen oder Natur ist / nicht anders könne / als in Gottes Sachẽ blind seyn / vngerecht seyn / böse / vnrein / vnheilig / zerrüttet seyn vnd sündigen. Wie ers dann selbst an dem Ohrt außspricht: Quòd voluntas saucia, intellectus corruptus & ratio vitiosa & in aliud mutata sit. Das ist / Daß der Wille verwundet / der Verstandt verderbt / die Vernunfft verruckt vnd in ein anders verwandelt sey. Dann da der Wille / der Verstandt / die Vernunfft
vorhin gerecht / heilig / rein / frey / weise / verständig waren / vnd Gott natürlich recht erkandten / glaubeten vnnd vor Augen hatten: Also sindt sie nuhn vngerecht / vnheilig / vnrein / dienstbar / verderbt / vnweise / verruckt / verkehrt vnd zu allem Argen geneigt / Welchs freylich eine grewliche Verwandlung ist / an statt der schönen / herrlichen Eygenschafften vnd Gaben solche heßliche Eygenschafften vnd Vntugendt bekommen haben. So bleibt nun wol die Natur / der Wille / der Verstandt / etc. dem Wesen nach / wie Lutherus schreibet: hat aber gar viel ein andere Natur oder Art vnd Eygenschafften / als sie vor dem Fall gehabt hat / etc. Darumb sie jhre Grillen in dem Wort (Wesen) auß Luthero noch lange nicht erwiesen haben. Dieweil Lutherus solch Wort viel in einem andern Verstande brauchet / als sie es gebrauchen.
Solcher Gestallt verhält sichs auch mit dem Wort (Substantz) welches er Tom. 2. Ienensi, wider Latomum fol. 396. brauchet: Sophistas nonnihil capere, quę sit substantia peccati, scilicet offensio Dei & Legis transgressio. Das ist / Die Sophisten wissen etlicher massen / was der Sünden Substantz sey / nem̃lich / daß sie Gott erzürnet / vnd das Gesetz vbertritt. Dann so schreibet er ferrner an gemeltem Ohrt: Substantiam hîc accipio, non more Aristotelis, sed Quintiliani. Das ist / Ich brauche in der Lehre von der Erbsünde das Wort Substantz nicht / wie es Aristoteles zu gebrauchen pflegt / sondern wie es Quintilianus brauchet / für ein Sache. Die Parisienser wurffen Luthero für / er lehret mit dẽ Manicheern / daß die Sünde Substantia ein Substantz were. Sagt er Nein. Dann er brauche das Wort Substantz nicht für ein selbständig Wesen / wie Aristoteles / oder daß er halte / die Sünde sey eine Substantz / sondern wie Quintilianus solch Wort brauchet / da es heist eine Sache / oder eines Dinges Eygenschafft vnd Art / davon man ordentlich lehren solle / was seine Krafft vnd Wirckung sey. Derowegen das Gegentheil das Wort (Substantz) auch mit diesen Worten Lutheri nicht beschönen kan.
Die dritte Vrsach / das Wort Substantz / Natur oď Wesen sey in diesem Streit ein Wort deß Bekandtnüß worden / welchs man nicht weniger könne fallẽ lassen / als das Wort , sola fide, purè passiuè, &c. Wo diese Vrsach gilt vnd passiert / so muß das Wort Accidens oder Zufall eben als wol behalten werden / als das Wort Substantz / sintemal dasselbige nunmehr auch ein vocabulum confessionis oder Wort deß Vekändtnüß in vnsern Kirchen worden / sonderlich weil darzu kompt / daß das Wort Accidens oder Zufall aequipollentia gleichgeltende vocabula in der Schrifft hat / dauon hernacher / Vnd die Heilige Schrifft in Beschreibung der Erbsünde eitel solche Wörter braucht / welche in Schulen vnter die accidentia gezehlet werden. Daruon auch an seinem Ort mehr.
Die vierdt Vrsach / die Schrifft brauche zuweilẽ das Wort Wesen / als Psalmo 14. Sie tügen nichts / vnd sind ein Grewel mit jhrem Wesen. Da / sprechen sie / soll das Wort (Wesen) eben so viel heissen / als das Wort (Substantz) vnnd als in der Rede fürgetragen: Das verderbte Mẽschliche Wesen ist die Sünde selbst / etc. Nun ist das eine schändtliche Verkehrung der Heiligen Schrifft vnnd D. Luthers Version / welche allen frommen Hertzen Vrsach geben solte / die Augen auffzuthun / daß sie sehen / was hinter solchen Leuten vnd jhrem schädlichen Gifft steckte. Dann das Wort (Wesen) stehet Psal. 14. in der Heiligen Sprache nicht / sondern ein solch Wort / das da heißt facinus, opus, studiũ, ein That / Werck oder Fleiß / damit die Gottlosen vmbgehen / wie es dann die Versiones latinae auch also haben. So viel aber Lutheri Version anbelangt / hat er die Deutsche Art zu reden (welch ein Wesen richtet der Mensch an / was ist doch das für ein schändtlich Wesen) in der Version behalten / da das Wort (Wesen) so viel heißt / als böse Thaten / böse Werck / böse Sachen / etc. Vnd der Gottlosen Wesen anderst nicht heißt / als jhr Fleiß / jr Thun / jhr Dichten vnd Trachten / damit sie für vnd für vmbgehen. Keines Weges aber die Substantz / das We-
sen oder die Natur der Gottlosen selbst. Ebner massen stehet es auch im 53. Psalm nicht in der Heiligen Sprache / sondern also stehet: Sie sind abominabiles oder ein Greuwel worden / in iniquitate, in jhrer Vntugendt / Vngerechtigkeit oder Boßheit / vnd das hat Lutherus vertiert in jhrem bösen Wesen. Hat also Luthero nie getreumet / daß (Wesen) so viel heissen solte / als Substantz oder die verderbte Menschliche Natur / oder verderbte Seele deß Menschen. Mit was Gewissen nun das Gegentheil solche Zeugnüß füret vñ die einfältigen mit betreugt / mag es wol zusehen / ehe deß HERRN Zorn auffwachet.
Die fünffte Vrsach / daß viel gleichgeltende Wort in der Schrifft stehẽ / welche ebẽ so viel heissen sollẽ / als das Wort Fleisch / steinern Hertz / alter Adam / alter Mensch / etc. Daruon ist droben Bericht geschehen / daß solcher Wörter keins so viel heißt / als das Wort Substantz oder Wesen / in dẽ Brauch / in welchem sie es füren. Dann gemelte Wörter alle sindt concreta vocabula, das ist / solche Wörter / so zwey Ding begreiffen / nemblich / die verderbte Substantz / Natur oder Wesen deß Menschen / vnd die Verderbung / so darinnen ist / darumb es nicht wahr / daß sie gleichgeltendt sind vñ einerley Verstandt mit dem Wort Substantz / Natur oder Wesen habẽ. Da sie auch gleich abstractiuè gebraucht / für die Verderbung selbst / dennoch bedeuten sie keine Substantz oder Wesen nicht / sondern einen Gebrechen / Schadẽ oder Mangel in der Substantz oder Wesen der verderbtẽ Menschlichẽ Natur / wie drobẽ auß dem kleinen Catechismo Lutheri / vom Wort (alter Adam) erwiesen worden. Taug also diese Vrsach auch nicht / vnd das von wegen jhrer Vnwarheit.
Die sechste Vrsach ist gleicher Gestallt eine schändtliche Verkehrung / wie die vierdte / dann ob wol die Kirche das Wörtlein (Wesen) brauchet / in dẽ sie singet: Durch Adams Fall ist gantz verderbt Menschlich Natur vnd Wesen / so heißt es doch in solchẽ Kir-
chen Psalmen / nicht so viel / als daß die verderbte Natur vnd Wesen die Erbsünde selbst sey: sondern das wirdt dadurch verstanden / daß deß Menschen Natur vnd Wesen durch die Erbsünde jämmerlich verderbet sey. Nun sind es aber gantz vnderschiedene Sachẽ / ein verderbte Natur vñ Wesen seyn von wegen der Erbsünde / vñ die Verderbung oď die Erbsünde selbst seyn / wie biß anhero gründtlich dargethan. Betreffendt das Wörtlein (Wesen) im 14. Psal. Ir Wesen ist verderbet zwar / etc. Habẽ wir auch kurtz zuvor berichtet / daß es an gemeltem Ort nicht für deß Menschen verderbte Natur oder Wesen genom̃en werde: sondern für den Fleiß / Arbeit / Mühe vñ Sorge der Gottlosen / damit sie Tag vnd Nacht vmbgehen. Ist derwegen ein gantz vnuerschampte Künheit / daß das Gegentheil solche Wörter also schändtlich zu seinem Vortheil verkehret vnd die Einfältigen / welche es nicht besser wissen / so schändtlich bey der Nasen vmbfüren vnnd teuschen soll / Gott wirdt es gewißlich finden.
Die sibende Vrsach / wann sie es fallen liessen / machten sie Lutheri Lehre von der Erbsünde verdächtig / stercktẽ jhre Widersacher mit dem Accidens, bestürtzten die einfältigen / so da haltẽ / daß Erbsünde deß Menschen gantz Natur vnd Wesen selbst sey / so auch darüber exilia außgestanden / etc. Antwort. D. Lutheri Lehre von der Erbsünde / wirt mit nichtẽ verdächtig / ob jhr das Wort Substantz gleich fallen lasset. Dañ wo D. Lutheri Lehr von der Erbsünde in der Schrifft nicht andern Grundt hette / als diesen / den jhr auß dẽ Wort (Substantz oder Wesen) derselben vnterstützen wöllet: So stünde sie zumal auff schwachen Beinen. Vnd ist also viel mehr das Gegenspiel wahr / daß mit solchẽ Verkehren vñ Gottlosen Brauch der Wörter (Substantz oď Wesen) in der Lehre von der Erbsünde der Heiligen Schrifft vnd Lutheri Lehre zu Grundt vm̃gestossen vnd in Hauffen gerissen wirt / mit schändtlichem Betrug vñ Verführung vieler einfältigen Hertzen / die durch solchen Mißbrauch vnnd verkehrliche Deutung eingenommen vnd betrogen werden / als daß
sie solte dadurch fortgesetzet vnd erhalten werden. Dann die Warheit bedarff nicht / daß man jhr mit Vnwarheit vberhelffe. So taug es auch nichts vberall / daß sie fürgebẽ / wañ sie es fallen liessen / wurden die vnsern dadurch gesterckt werden. Dann wir / Gott Lob / vnser Sachen in vnsern Hertzen also gewiß sind / daß wir im geringsten nicht darnach fragen / sie behalten es oder lassens fallen. Liessen sie es fallen / were für jhre arme Seele gut / vñ dienet zu Abschaffung grewlicher Ergerniß / so sie mit diesem Streit in der Christenheit angerichtet / thun sies nicht / so wirdt das Vnglück auff jhrem Kopff entlich beruhen. Wie dann dieses auch nicht gilt: Es haben sich viel vmb dieses Worts willen ins Elendt vertreiben lassen. Ergo, so muß mans behalten. Dann es heißt: Non poena, sed causa facit martyrem. Das ist / die Marter selbst macht keinen Märterer / sondern die Vrsach. Also macht das Exilium keinen rechten Exulem, sondern die Vrsach deß Exilij. Wañ die nicht gut ist / so taug auch das exilium nicht. Nun taug es im Grundt nicht / diese schädliche Gottslästerliche Lehre / daß nem̃lich die verderbte Natur die Sünde selbst sey / oder / daß die Erbsünde ein Substantz / Wesen oder Natur sey / verteidigen / vnnd sich derselben halben ins Elendt verjagen lassen / darumb mögen sie wol zusehẽ / was sie machen / in dem sie sich selbst vnd die Kirche Gottes betrüben vnd verwirren.
Die achte Vrsach ist / daß in viel Beständigen vnd Leidenden Christen / Männern vnd Weibern / der Heilige Geist betrübet / etc. wann sie sich dieses Worts (Substantz) begeben sollen.
Antwort / der Heilige Geist wirdt betrübet in den Christen / wann sie sollen rechte gesunde Lehre vnd Wort fahren lassen / hergegen aber falsche Lehre vnd vngesunde Wort annem̃en. Ihre Wort aber sind nicht rechte / gesunde: sondern falsche vnd böse Wort / wie bißher gründtlich erwiesen / Derwegen solten sie dieselbigen billich fahren lassen / darüber der Heilige Geist frölich / vnnd den Engeln im Himmel eine Freude zugerichtet würde. Daß viel Leut gefun-
den werden / welche dieses Wort (Substantz oder Wesen) in diesem Streit ohne Betrübnüß nicht können oder wöllen fallen lassen / ist die Schuldt jhr / als die solchs einfältigen Hertzen dermassen eingebildet / vnd dieselben so schändtlich hinder das Liecht geführet haben. Derwegen sie wol bey Zeit vmbkehren / vnd Gott vmb Verzeihung bitten mögen / sonst werden alle die Seufftzer einfältiger Christen / so von jhnen verführet / auff jhren eygen Hals fallen / vnd sie in Abgrundt der Hellen drücken.
Fehets Gegentheil an die Wort deß Christlichen Concordi-Buchs / vom Accidens, oď daß die Erbsünde ein böser Zufall sey / zu exagitieren vnnd vmbzustossen / gibt bald im Anfang für / das Concordi Buch habe keinen andern Grundt das Accidens zu erhalten / als auß dem Aristotele vnnd seiner Diuision oder Theilung der Substantz vnnd deß Accidentis oder zufälligen Dinges / etc. vnd stellet durch viel Blätter nacheinander ein grosse Klage an / vber die thörichte Philosophiam, was die für Vnrichtigkeit in Glaubens Sachen verursache / wann man derselben vnnd jhrer Lehr folget / füret auch dessen gar viel Exempel eyn / etc. Welchs alles wir nit in Abrede seindt. Dañ wir / Gott Lob / wol wissen / daß wir / wie August. lib. 10. de ciuitate Dei cap. 23. sagt / ad certã regulã, das ist / nach vnd mit Gottes Wort reden sollen. Item / daß Gott (wie Bernhardus redet) geboten / nicht daß wir versutias Platonis, Platonis Arglistigkeit / oder argutias Aristotelis, Aristotelis Spitz findigkeit lehren sollen / sondern sein Wort. Ist vns auch nicht vnbekandt / daß Tertull. spricht / Philosophos esse haereticorum patriarchas, daß die Philosophie der Ketzer Patriarchen sind / etc. Darumb dieses langen Geschwetzes vnsert halben nicht von nöhten gewest. Daß es aber solte wahr seyn / wie sie vns beschüldigẽ / daß wir vnsern Grundt in dieser Sache nicht auß der Theologia / sondern auß Aristotele nem̃en solten / das gestehen wir jhnen keines Weges / werdens auch in Ewigkeit nicht wahr machen können.
Dann ehe das Christliche Concordi Buch im Artickel von
der Erbsünde / beides im Extract. pag. 230. vñ gründtlichen Widerholung / etc. pag. 259. 260. 261. 262. dahin kom̃t / daß es von dem Vnderscheid der Substantz vnd deß Accidentis handelt / vnd derselben Wörter rechten Verstandt erkläret: So setzet es zuuor starcke / feste vnd vnbewegliche Gründe auß Gottes Wort / auß der Augspurgischen Confession / Apologia vnnd Artickeln vnsers Christlichen Glaubens / von der Schöpffung / Erlösung / Heiligung vnd Aufferstehung dieses vnsers Fleisches / welche wir bißher repetiert / vnnd gegẽ deß Widertheils Calumnien vñ Sophistische Verkehrungen gründtlich vnd bestendig verantwortet haben. Nachmals kompt es erst auff die Erklärung etlicher Wörter / vnter welchen auch diese zwey / Substantia vnd Accidens, sind / derer rechten Verstandt man in diesem Streit nit entrahten kan. Derwegen dem Concordi Buch vom Widertheil / Gewalt vnd vnrecht geschicht / da es beschüldiget wirt / als solte es den Grundt seiner Lehre in diesem Streit nicht auß der Theologia / sondern auß Aristotele geschöpfft haben.
Dann daß wir von Natur Kinder deß Zorns sind / Ephes. 2. vnd der Verdam̃nüß vnterworffen / Rom. 5. 6. ist ja auß dem Aristotele oder Porphyrio nicht genommen.
Also ist auch die Beschreibung der Erbsünde / pag. 259. in fünff Stück abgetheilet / vnd auß der Apologia der Augspurgischen Confession widerholet / nicht Aristotelis Lehre / sondern der Heiligen Schrifft oder deß heiligen Geistes selbst / Sie wolten dañ fürgebẽ / daß auch die Apologia jhre Lehre von der Erbsünde nit auß Gottes Wort / sondern anderswoher auß Aristotele vñ Platone entlehnet.
Wie dañ auch dieses auß Aristotelis Büchern nit genom̃en / da das Concordi Buch auß der Schrifft Sprüchẽ pag. 230. 261. 262. darthut / daß ein Vnderscheid sey zwischen der Menschlichẽ Natur / so fern sie nochmals Gottes Geschöpff vnd Creatur ist / vñ zwischen der Erbsünde / damit sie durch vnd durch verderbt ist.
So sind ja die Artickel vnsers Christlichen Glaubens von der Schöpffung / Erlösung / Heiligung vnd Aufferstehung dieses Flei-
sches / auß welchen der Vnderscheid zwischen der Natur vnnd Erbsünde gewaltiglich erkläret vnd für Augen gestellet / nicht in Aristotelis oder Platonis Hirn gewachsen / oder auß jren Schulen genommen / sondern auß Heiliger Göttlicher Schrifft gezogen / sie wolten dann abermals sagen / daß auch das Symbolũ Apostolicũ auß Aristotelis Philosophia entsprungen vnd dariñen seinen Grundt hette.
Was auch das Christliche Concordi Buch dißfalls pag. 261. wider die Manicheer setzet / das hat es freylich nicht auß Aristotele gesogẽ / sondern auß Augustino / der es ferner auß Heiliger Schrifft hat / genommen / in welcher nicht ein einiges Wörtlein zu befinden / das da lehrete / daß die Erbsünde Substantia oder ein selbstendiges Wesen / oder aber / wie das Widertheil nun mehr redet / die verderbte Natur selbst were.
Dann ob wol die Schrifft vber deß Menschen Verderbung hin vnnd wider hefftig klagt / doch heißt sie jhn / so wol nach dem Fall als vor dem Fall / einen Menschen / vnd nicht die Sünde selbst. Daß sie jhn aber Fleisch / vntüchtig / eitel / abtrünnig / vngehorsam / wilden Weinstöck / Ottern gezücht vnnd dergleichen nennet / da beschreibt sie Menschlicher Natur Boßheit vnnd schreckliche Verderbung / welche in derselben auff die Sünde erfolget ist. Dadurch aber der Vnderscheid der verderbten Natur / an welcher solche Verderbung vnd Schade gefunden / vnd der Erbsünde oder Verderbung selbst / nicht auffgehaben wirdt.
Also / ob wol die Heilige Schrifft den Erbschaden exaggeriert vnd groß machet / wie billich / vnd es an jme selbsten wahr / daß er vns Menschen vnaußsprechlich: jedoch braucht sie allenthalben solcher Wörter / die nicht lehren / daß die Erbsünde ein Substantz oder Wesen sey / oder daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey: Sondern welche einen Schaden / Mangel vnd Gebrechen deß Wesens oder Menschlicher Natur anzeigen / vnd also den Vnderscheid deß Wesens Menschlicher Natur vnnd seiner Verderbung hell vnnd klar mit sich bringen.
Als zum Exempel / die Hebreischen Wörter Auon, peruersitas, prauitas, vitium, in curuatio, Krum̃e / pescha, iniquitas, Vngerechtigkeit / Rescha, Vnruhe / brennende Boßheit / die nicht ruhet oder feiret / Chataach / Fehl / Irsall / etc. Deß gleichẽ die Griechischen Wörter: , Vngerechtigkeit / , Vbertrettung / , Sünde / , Gebrechen / , Schade / , Boßheit / Schalckheit / etc. Mit welchen der Heilige Geist in der Propheten vnd Apostel Schrifften die Sünde nennet / können nimmermehr dahin verstanden oder gedeutet werden / daß sie so viel heissen solten / als Substantz oder Wesen / oder so viel / als die verderbte Natur selbst / wie solchs alle Sprachkündige verstehen: sondern müssen außgelegt vnnd verstanden werden von dem Schaden / Mangel oder Gebrechen / der in deß Menschen verderbter Natur verhanden / vnd damit sie verderbt ist.
Zu dem bezeugt die Heilige Schrifft an gar vielen Orten / daß die Erbsünde sam̃t allen Schäden / so darauß erfolget / an den Ausserwehlten oder Seligen / auffhören / ein Ende nemen vnnd vertilget werden / die Natur aber oder das Menschliche Wesen sollen bleiben / glorificiert vnd herrlich gemacht werdẽ. Jesa. 30. Der HERR wirt den Schaden seines Volcks verbinden / vnd seine Wunden heylen. Jesa. 38. Du hast dich meiner Seelen hertzlich angenommen / daß sie nicht verdürbe / dann du wirffst alle meine Sünde hinder dich zurücke. Jerem. 33. Ich will sie reynigen von aller Missethat. Mich. 7. Der HERR wirt sich vnser erbarmen / vnsere Missethat dempffen / vñ alle vnser Sünde in die tieffe deß Mers werffen / 1. Johan. 1. Das Blut Jesu Christi seines Sohns reyniget vns von aller Sünde. Philip. 3. Der vnsern nichtigen Leib verklären wirdt / daß er ehnlich werde seinem verklärten Leib. 1. Cor. 15. Das verwehßliche wirt anziehen das vnuerwehßliche / etc. Wie solte dañ die Schrifft lehren / daß die Erbsünde substantia oder die verderbte Natur selbst were / weil sie so klar anzeiget / daß die Sünde soll von der Natur abgethan vnd außgefegt / die Natur aber an jr selbst bleiben / verkläret vnd selig werden?
Vber das brauchet die Schrifft solcher Wörter / in welchen sie die Menschliche Natur als ein subiectum der Sünde beschreibet / die Sünde aber als etwas Zufälliges / das in der Menschlichen Natur ist / als Rom. 6. Lasset die Sünde nicht herrschen in ewrem sterblichen Leibe. Rom. 7. So thue ich nuhn dasselbige nicht / sonder die Sünde / die in mir wohnet / dañ ich weiß / daß in mir / das ist / in meinem Fleische / wohnet nichts guts. Item: So finde ich in mir nuhn ein Gesetz / der ich will das Gute thun / daß mir das Böse anhangt () Rom. 8. Verdampte die Sünde im Fleisch durch die Sünde / etc. Ephes. 4. Durch die Vnwissenheit so in jhnen ist. Heb. 12. Lasset vns ablegen die Sünde / so vns jmmer anklebt vnnd träge machet. Jerem. 17. Die Sünde Juda ist auff die Taffel jhres Hertzen gegraben. Prouerb. 22. Thorheit steckt den Knaben im Hertzen / etc. Welche Sprüche alle miteinander klar bezeugen / daß die Sünde nicht der verderbten Menschen Natur selbst sey / sondern derselben als ein Schaden vnd böser Zufall anhange vnd eynwohne.
Also machet auch die heilige Schrifft in dem ein Vnterscheid zwischen der verderbten Natur / vnnd zwischen der Erbsünde oder Verderbung / daß sie mit verständtlichen Worten bezeuget / der Mensch oder Menschliche Natur werde nicht verdampt / daher daß sie eine Natur oder Substantz ist: Sondern darumb / daß sie sündig vñ vnrein ist. Psal. 39. Du züchtigest den Menschen vm̃ der Sünde willen. Jesai. 50. Ir seidt vmb ewer Sünde willen verkaufft. Jesai. 59. Ewere Vntugend scheiden euch vnd ewern Gott / vnd ewere Sünde verbergen das Angesicht von euch. Ezech. 3. Der Gottlose wirdt vmb seiner Sünde willen sterben. Muß derhalben ja ein Vnterscheidt zwischen der verderbten Menschlichen Natur vnnd zwischen der Erbsünde selbst seyn: Dann diese klare Sprüche der heiligen Schrifft können nicht fehlen.
Auß dem allem ist nuhn offenbar / daß wir vnser Lehre von der Erbsünde / daß dieselbige die verderbte Natur selbst nicht sey /
sondern eine tieffe grewliche Verderbung der Natur oder Leibs vnd der Seelen / etc. oder / das eben so viel ist / ein böser schädlicher Zufall sey / der / wie Paulus Roman. 7. schreibet / im Fleisch wohnet / oder dem Menschen anhangt / keines wegs auß Aristotelis seiner Philosophia, oder der Diuision Substantiae & accidentis, der Theilung der Substantz vnnd Zufalls genommen / sondern auß der heiligen Schrifft / als auß einem reinen vnd vnbefleckten Quellbrunn selbst geschöpfft haben.
Ob auch die heilige Schrifft nicht eben diese Wort brauchet / daß im Menschen ein anders die Substantz oder Wesen sey / vnnd ein anders die Erbsünde / damit die Substantz oder das Wesen Menschlicher Natur / als durch einen bösen Zufall verderbt sey / jedoch / wie erwiesen / lehret sie mit vielen klaren vnnd deutlichen Sprüchen / vnd das nicht auff einerley / sondern vielfältiger Weise / wie angehöret / daß die verderbte Substantz vnnd Wesen der Natur nicht die Sünde selbst sey / sondern daß ein Vnderscheid zwischen der verderbten Natur / vnnd zwischen der Sünde selbst sey / welches alles nicht kan mit Grunde vmbgestossen werden.
Weil dann dem also / so folget vnwidersprechlich / daß die Erbsünde keine Substantz oder Wesen / oder aber deß verderbten Menschen Natur selbst sey: Sondern etwas böses / ein böser Schad / ein böser Zufall / Gebrächen oder Mangel / der ins Menschen Fleisch oder Menschlicher Natur / wie Paulus Roman. 7. schreibet / wohnet / oder demselben anhanget. Solchen Schaden aber heist man in Schulen ein Accidens, das ist / ein zufälliges Ding / das nicht deß Menschen erschaffene Substantz / Natur oder Wesen selbst ist / sondern in demselben ist.
Vnd weil die Schrifft vnderscheidet zwischen der verderbten Natur deß Menschen / vnnd zwischen der Sünde (ob sie wol der Schulwörter Substantiae & Accidentis nicht brauchet) so vnter scheiden wir billich auch mit der heiligen Schrifft / vnd lassen vns
diesen klaren Vnderscheidt nicht nemmen / sondern brauchen vns vnser Christlichen Freyheit / welche zuläst Schulwörter in der Kirchen Gottes gebrauchen / wann die Sachen / darzu sie appliciert / in Gottes Wort starcken Grund haben / alsdann dieser vnser Vnderscheidt / Gott Lob / hat.
Wann der Vnderscheidt zwischen der verderbten Menschlichen Natur / vnd zwischen der Erbsünde / in der heiligen Schrifft keinen Grundt hette / oder nicht durch so viel klare vnderschiedliche Sprüche gezeiget / sondern wir denselben ohne Schrifft auß vnserm eygen Gehirrn erdichtet / vnnd in die Christenheit eyngeführet / als dann hette das Gegentheil Vrsach darwider zuschreyen vnnd zu schreiben / vnnd das Christliche Concordi Buch billich zu beschüldigen / daß es solche grosse Sache alleine auff die Aristotelische Abtheilung der Substantz vnd deß Accidens gründete / etc. Demnach aber gemeldter Vnderscheidt in der heiligen Schrifft so starcken / gewaltigen / vnvmbstößlichen Grundt hat / hat es keine erhebliche Vrsach / den Vnderscheidt vnder der Substantz vnnd zufälligen Dingen / deß man sich in allen Christlichen Schulen gebrauchet / vnnd auch auff diese Lehre von der Erbsünde zu applicieren pflegt / so grausam außzumachen / vnnd gantz zu verwerffen.
Es ist auch dem Christlichen Concordi Buch vnnd vns diß-Falls nicht vmb die Aristotelische Diuision oder Vnderscheidt der Substantz vnnd der zufälligen Dinge zuthun / sondern vmb die Sache selbst / davon wir so klaren vnnd deutlichen Vnderscheidt in der Schrifft vns für die Augen gestellet haben / welche wir vns durch kein Geschwätz / weder von diesem noch von jenem können nemmen oder außreden lassen. Brauchen auch solcher Diuision nuhr docendi gratia, dieweil man derselben in vnsern Schulen gewohnet / vnd bißhero bey der studierenden Jugendt erhalten hat.
Vns ist auch / Gott Lob / nicht vnbewust / daß in Schulen Transcendentia oder solche Wörter gefunden werdẽ / welche vnter diese zwey Wörter / Substantia vnd Accidens, nicht können gezehlet werden / etc. Aber das gibt oder nimbt dieser Sache nichts / sintemal fürnem̃lich nicht der Streit von der Aristotelischen Diuision oder Theilung der Substantz vnnd zufälliger Dinge ist: Sondern von der Erbsünde / ob die deß verderbten Menschen Natur selbst sey / oder ob ein Vnderscheidt sey zwischen der verderbten Menschlichen Natur vnd zwischen der Erbsünde selbst / da das Gegentheil rundt herauß sagt / die verderbte Menschliche Natur sey die Erbsünde selbst / vnnd es sey durchauß kein Vnderscheidt zwischen der verderbten Menschlichen Natur vnd zwischen der Erbsünde. Wir aber hergegen auß Gottes Wort rund Nein darzu sagen / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / Hergegen aber starck Ja darzu sagen / daß ein warhafftiger Vnderscheid sey zwischen der verderbten Natur / vnd zwischen der Erbsünde.
Weil wir dann solchen Vnderscheidt zwischen der Erbsünde vnd der verderbten Natur so hell vnd klar auß der heiligen Schrifft erweisen können / vnd durch Gottes Gnade erwiesen haben / vnd also vnsere Sach oder Lehre in Gottes vnfehlbarem Wort starcken vnd vnwiderleglichen Grundt hat / ist der Diuision oder Abtheilung / so man von Aristotele hat / vnd in Christlichen Schulen brauchet / schon Raht gefunden. Dann wir brauchen gemelter Abtheilung / oder nicht / so bleibet doch dieses fest vnnd vnbeweglich / nach der Schrifft Aussage / stehen / daß die verderbte Natur deß Menschen die Erbsünde selbst nicht sey / sondern daß ein Vnderscheidt sey zwischen der verderbten Menschlichen Natur Substantz oder Wesen / vnd zwischen der Erbsünde selbst / Darumb es vns auch allermeist wider das Gegentheil / vnnd nicht vmb die Aristotelische Diuision zuthun ist.
II. Gibt das Gegentheil für / das Concordi Buch vermeyne seine Lehre von der Erbsünde / daß die ein böser Zufall oder Verder-
bung deß Menschen / vnnd nicht die verderbte Natur selbst sey / auß der definitione accidentis, oder auß der Beschreibung / was accidens oder ein Zufälliges Ding genendt werde / zu erhalten. Thut jhm aber durchauß Gewalt. Dann deß Concordi Buchs Grund von diesem Artickel / was die Erbsünde sey / etc. stehet weder auff der Abtheilung der Substantz vnd zufälliger Dinge / noch auch auff dieser oder jener Beschreibung / was accidens sey vnd genennet werde: Sonder / wie bißhero außführlich erwiesen / stehet er auff Gottes vnfehlbarem Wort / auff den Artickeln vnsers Christlichen Glaubens / von der Schöpffung / Menschwerdung / Erlösung / Heiligung vnd Aufferstehung dieses Fleisches / etc. Welche klar bezeugen vnd bekräfftigen / daß die verderbte Natur nicht die Erbsünde selbst sey / sondern daß die verderbte Natur vnd die Erbsünde zu vnderscheiden seyn. Daß aber das Concordi Buch der Definition / was accidens in Schulen genennet werde / gedenckt / geschicht nicht derwegen / daß es darauß der Lehre selbst Grundt suchen oder nemmen wolte / Keines Wegs: Sondern vmb richtiger Erklärung willen. Dann weil die Schrifft klar außspricht / daß die Erbsünde ein Mangel sey. Roman. 3. Eine Vngerechtigkeit sey im Menschen / Roman. 1. Eine Boßheit so im Fleisch wohnet / oder demselbigen anhänget. Rom. 7. etc. vnd die verderbte Natur vnd die Erbsünde selbst / wie droben dargethan / vnterscheidet / vnd mit nichten für ein Ding hält: Vnnd aber in Christlichen Schulen / solche Wörter allzumal / damit die Schrifft die Erbsünde nennet / vnter die accidentia oder zufällige Dinge gerechnet werden: Als nimpt das Christliche Concordi Buch / pag. 264. die Definition deß Wörtleins accidens, vnd spricht: Weil die Erbsünde für sich selbst nicht bestehe (verstehe wie die Substantz oder Wesen vnser Natur) noch ein Theil oder Stück sey der erschaffenen Substantz oder Natur deß Menschlichen Wesens: Sondern sey wandelbar in der Natur / dann sie durch Krafft deß Heiligen Geistes von derselben in der Widergeburt anfangt gescheiden zu werden / vnnd wirdt vollends
gäntzlich darvon in der frölichen Aufferstehung gescheiden werden / so sey sie ein accidens oder etwas zufälliges am Menschen oder Menschlicher Natur / vnnd nicht deß Menschen verderbte Natur selbst. Das ist so klar vnd wahr / daß auch das Gegentheil selbst dieses Ohrts gestehen muß / die Erbsünde sey nicht ein selbständiges Wesen für sich selbst. Ist sie nuhn nicht ein selbständig Wesen für sich selbst / so kan sie ja kein Substantz oder die verderbte Natur ohn allen Vnderscheidt selbst seyn / sondern muß etwas zufälliges in der Natur oder Substantz deß Menschen seyn / das kan nim̃ermehr fehlen.
Ja / spricht das Gegentheil / die Erbsünde ist nicht ein selbständig Wesen / so ist sie auch nit als ein vnderschiedẽ Ding im Menschlichen Wesen: Sondern sie ist deß Menschen gantz verderbte sündige Wesen selbst / darumb kan sie kein accidens seyn.
Wolan / das Gegentheil sagt hie / die Erbsünde sey nicht ein selbständig Wesen für sich selbst / vnd dringet doch gleichwol an diesem Ohrt / wie auch sonsten durchauß / mit Gewalt darauff / daß sie sey deß Menschen verderbte sündige Wesen selbst / vnnd kein accidens. Wie will aber das mit einander bestehen? Das verderbte sündige Wesen deß Menschen selbst ist ja kein accidens oder zufälliges Ding nicht / sondern es ist ein selbständiges Wesen oder eine selbständige Substantz für sich selbst / das kan niemandt verneinen. Ist nuhn das verderbte sündige Wesen deß Menschen die Erbsünde selbst / so muß ja vnwidersprechlich wahr seyn (das doch das Gegentheil verneinen will) daß die Erbsünde für sich selbst ein selbständig Wesen sey. Dañ die verderbte Natur ist ja ein selbständig Wesen / oder aber / da es dieses nicht zulassen will / muß es zugeben / daß deß Menschen sündige verderbte Wesen keine Substantz / sondern ein accidens oder zufälliges Ding sey. Da wöllen wir gerne zusehen / wie das Gegentheil solchs zusammen reymen / vnnd miteinander vergleichen wölle.
So viel die gemeine Definition deß accidentis betrifft. Accidens ist ein solch Ding / das da kan bey oder vom Wesen eines
Dings ohne deß Wesens Verderbung seyn / etc. darauß das Gegentheil schliessen will: Soll die Erbsünde ein accidens seyn / so muß folgen / daß nach dieser Beschreibung vnser Natur noch gut vnd vnverderbt sey vñ bleibe / etc. Ist dieses die warhafftige Antwort. Daß die gemeine Beschreibung deß accidentis zu dieser Sach zu geringe vnd zu wenig sey (sonderlich in dem Verstandt / wie sie vom Gegentheil genommen wirdt) dann das kan mit Warheit nicht gesagt werden / daß die Erbsünde in der Menschlichen Natur sey ohne Verderbung derselbigen. Dann die Heilige Schrifft vnd tägliche Erfahrung bezeugt / daß durch diesen bösen Zufall Menschlich Natur vnd Wesen gantz verderbt seyn.
Darumb auch diese gemeine Beschreibung deß accidentis im Concordien Buch nicht gebrauchet / sondern die andere / die sich besser mit dieser Lehre vergleichet. Das ist wol wahr / daß die Sünde in der Menschlichen Natur ist ohne die gäntzliche Zerstörung vnd Vertilgung derselben: Dann Adam ist durch die Sünde nicht bald gantz vertilget / vñ in ein newe speciem verwandelt / daß er der vorige Adam nicht mehr were gewest / sintemal sein Natur / sein Verstande / etc. gebliebẽ / wiewol sehr verderbt. Daß sie aber ein solch accidens oder Zufall seyn solte / bey welchem die Menschliche Natur gantz vnd vnverderbt bliebe / das ist nicht wahr. Dañ Menschliche Natur vnnd Wesen gantz dardurch verderbt ist / sie hat auch dieselbige dermassen eyngenommen / daß sie in diesem Leben auß der Natur nicht kan gäntzlich außgetilget werden: Sondern wird in den Gläubigen durch den H. Geist nur ein Anfang gemacht / vnnd die gäntzliche oder vollkommene Außtilgung erst in der Aufferstehung vollbracht werden / 1. Corinth. 15.
Vnnd was darffs viel Wort / wann die Erbsünde kein accidens oder zufälliges Ding were im verderbten Menschlichen Wesen / sondern Substantia oder das verderbte Wesen vnd Natur selbst / so müst sie ja entweder deß Menschen Leib oder ein Stück desselbigen seyn / oder aber sie müste deß Menschen Seel selbst / oder
zum wenigsten ein Stück derselben seyn / welcher aber keins wahr ist noch sein kan. Deß Menschen Leib kan sie ja nicht seyn / dieweil die Schrifft / Roman. 6. sagt / daß sie im Menschlichen Leibe herrsche / etc. So kan sie auch ein Stück oder Glied desselben nicht seyn / dieweil Rom. 6. stehet / daß sie in vnsern Gliedern herrschen / vñ gern das Regiment haben wölle.
Die Seele kan sie auch nicht seyn / dann die Seele ist ein lebendiger verstendiger Geist / von Gott selbst erschaffen / vnd ist vnsterblich / welcher keines von der Erbsünde kan gesagt werden. Ein Stück der Seelen kan sie nicht seyn / dann die Seele deß Menschen läst sich nicht zerstücken oder theilen / sondern ist an sich selbst ein einiges vnzertheiltes Wesen. Vnnd da es gleich müglich / daß sie ein Stück der Seelen köndte genennet werden / das doch nicht ist / so köndt es doch derhalben nicht seyn / dieweil alles / was die Seele ist / von Gott erschaffen vor dem Fall / ehe die Sünde gewest / die Sünde aber von Gott nicht erschaffen ist.
Summa / die Erbsünde kan nicht die wesentliche Form deß Menschen seyn / dadurch er ein Mensch ist / vnd von andern Creaturen vnderscheiden wirdt. Als daß Leib vnd Seele im Menschen miteinander vereyniget / eine Person machen / oder daß der Leib seine eigene Form hat / die Seel auch jhre Form oder Art. Dann diese Dinge alle sindt von Gott selbst also erschaffen. Also kan sie auch der Seelen wesentliche Form nicht seyn / dadurch die Seele ist / vnd ohne welche sie nicht were oder seyn köndte. Dann dieselbige ist ja vor dem Fall gewest / da die Erbsünde nicht gewest ist. Die Krafft zu fühlen / zu erkennen / zu wöllen / kan sie nicht seyn. Dañ sonst müst die Sünde gewest seyn / ehe sie gewesen / oď ehe Adam gesündiget. Wie sie dann auch die Vnsterbligkeit oder das Geistliche Leben der Seelen nicht seyn kan / dann diese Ding sind auch vor dem Fall gewest ehe die Sünde war.
So ist auch vnzweiffelhafftig / daß wann essentialis forma eines Dings / dadurch es also ist vnd bestehet / auffhöret / vnnd eine
andere wesentliche Form erfolget / daß ein solch Indiuiduum oder Creatur nicht bleibe / sondern gantz vergehe. Als zum Exempel / wann die wesentliche Form eines Lewen verwandelt würde in etwas anders / so bliebe der Lewe kein Lewe mehr. Bekeme er aber eine andere wesentliche Form / so wer er etwas anders oder widerwertiges als der vorige Lewe. So lange aber der Lew seine wesentliche Form behält / so lang bleibt er auch derselbige Lewe / vnd ist vnd wirdt nichts anders. Solte nun Adam / durch den Fall / seine wesentliche Form verlohren haben / so müst er ein newe species worden seyn / vnd nicht mehr der vorige Adam / der Natur vnd Wesen nach / gewest seyn. Das ist aber falsch. Solte auch Adams Seele insonderheit durch den Fall / jhre wesentliche Form / Art oder Gestallt verloren haben / vnd eine andere wesentliche Form oder Art vberkommen haben / so müst die Seele sterblich seyn / müste auch nicht mehr die vorige Seele seyn / welche Gott in Adam selbst erschaffen / sondern eine ander vnd newe Seel / welchs auch falsch ist.
Darumb kan die Erbsünde / die wesentliche Form deß Menschen oder die Seele nit seyn. Zu deme daß offenbar / daß der Sünde im Menschen / wenn er zu Gott bekehret wirdt / Gerechtigkeit folget / in welcher die seeligen Menschen in jener Welt leuchten werden wie die Sonne / vnd darzu in der selbigen Seelen / vnd demselbigen Leibe / die sie in dieser Welt gehabt haben. Darumb muß nothwendig folgen / daß die Erbsünde vñ die Gerechtigkeit nicht wesentliche / sondern zufällige Formen seyn. Dann in dem einigen vnd bleibenden Menschen / kan eine der andern folgen / welchs nicht geschehen köndte / wenn / deß Gegentheils Grillen nach / die Erbsünde die wesentliche Form deß Menschen oder der Seelen were. Dann so offt der Mensch von der Bekerung zu Gott vnnd von der Gerechtigkeit abtrette / müst er wesentlich verwandelt vnd ein ander Mensch werden / auch wesentlich ein andere Seele bekom̃en / vnd wenn er wider zu Gott bekehret würde / müst er abermals eine andere newe Seele / dem Wesen nach von der vorigen vnderscheiden / bekommen.
Ebner massen kan die Sünde deß Menschen Proprium nicht seyn / dieweil sie nicht allein im Menschen / sondern auch in den bösen Geistern ist. Vnd weil die Propria oder Eigenschafften solche Ding sind / darzu eine jedere Creatur erschaffen / daß sie darmit jhr Ampt / darzu sie erschaffen ist / verrichte / der Mensch aber darzu nicht erschaffen ist / daß er sündigen soll / so kan Sünde deß Menschen Proprium nicht seyn.
Wie sie dann gleicher Gestallt deß Menschen Differentia nicht seyn kan / dadurch er von allen anderen Creaturen eigentlich vnderscheiden wirt. Dañ die warhafftige Differentia oder Vnderscheid ist ein Stück / constituens rẽ differentẽ, das ist / ohn welches dasselbige nit bestehẽ kan. Nun ists gewiß / daß die Sünde den Menschẽ nicht constituiere: dann sonst were Adam vor dem Fall kein rechter Mensch gewest / Christus auch nicht / der von keiner Sünde gewüst / die Seeligen auch im ewigen Leben würden keine rechte Menschen seyn / weil sie als dann keine Sünde haben werden. So ist auch vnd bestehet der Mensch / oder die Menschliche Natur als dann am besten / wann sie der Sünden loß vnd quit ist / als wir dessen ein herrlich Exempel an Adam vor dem Fall / vnd an dem Menschen Christo haben. Summa / man kehre es wie man wölle / so kan man nicht sagen / daß die Sünde sey quiddam constituens hominẽ, etwas / dadurch deß Menschen Natur vnd Wesen bestehe. Dann sonst were der Mensch kein rechter Mensch / wenn er von der Sünde gereyniget / vnd dieselbige von jhm gäntzlich abgethan würde. Vber das hat ja der HERR Christus vnser Erlöser alle Stück / so zur wahren Menschlichen Natur gehören / als Leib vnnd Seele / angenommen / die Sünde aber hat er nicht angenommen / darumb so muß vnnd kan die Sünde nicht ein Stück Menschlicher Natur oder Wesens seyn / dadurch der Mensch oder sein Natur bestehet / viel weniger aber die Menschliche Natur selbst. Nun müst sie aber derer eins seyn / wann die verderbte Natur ohn allen Vnderscheid die
Sünde selbst were. Item / wann zwischen der Seelen vnd zwischen der Sünde kein Vnderscheid / sondern die Seele die Sünde selbst were. Die Heiligen Menschen werden auch alle Stück oder alles miteinander / was zur Menschlichen Natur gehöret / in der Aufferstehung wider bekommen / die Sünde aber nicht. Drumb so kan ja die Sünde zur Menschlichen Natur nicht gehören / vñ weder ein Stück derselbẽ noch die gantze Menschliche verderbte Natur selbst seyn. Ist sie dann weder der Leib selbst / noch ein Stück oder Glied deß Leibes / auch die Seele oder ein Stück derselben / vnd wesentliche Form deß Menschen / auch der Seelen nicht / vñ ist auch weder Proprium noch Differentia aut quiddam constituens hominẽ, siue pars hominis, das ist / nicht das Eygen / der Vnderscheid / oder ein Stück / dadurch der Mensch bestehet vnnd von andern Creaturen vnderscheiden wirdt / so muß sie ja ein Accidens oder böser Zufall seyn an oder in der verderbten Natur deß Menschen / das kan nimmermehr fehlen.
III. Ficht dieser Schwärmer auch die Beschreibung der Substantz an / vnd wolt sie gern tadeln / kans aber mit Grunde nicht thun.
Das Christliche Concordi Buch schleust mit S. Augustino pag. 264. also: Ein jede Substantz oder selbständiges Wesen / so ferrn es ein Substantz ist / ist entweder GOTT der Schöpffer selbst / oder ein Werck vnnd Geschöpff Gottes. Nun ist aber die Erbsünde GOTT der Schöpffer selbst nicht / so ist sie auch kein Werck oder Geschöpff Gottes nicht. Derwegen muß sie ja ein Accidens oder zufälliger böser Schade an der Creatur Gottes / das ist / an der Menschlichen Natur seyn.
Darauff antwortet das Gegentheil: Sie sagen nicht / daß dieO. iij. fac. 2. Erbsünde ein selbständiges Wesen sey / wie die Manicheer geschwärmet / sondern daß sie deß Menschen verderbte Natur vñ Wesen sey / etc. Heist aber dieses geantwort? Ist die Erbsünde kein selbständig Wesen für sich selbst / vnnd ist aber gleichwol das verderbte
Wesen / oder Natur deß Menschen ohn allen Vnderscheid / so müste folgen / daß die verderbte Menschliche Natur / welche / jrem fürgeben nach / die Sünde selbst ist / keine selbständige Substantz were / sondern ein Accidens oder ein zufälliges Ding. Da wolt aber erst ein seltzamer vngehewer newer Schwarm auß entstehen. Ist aber die Menschliche verderbte Natur / oder das verderbte Menschliche Wesen / ein selbständige Substantz (wie solchs nimmermehr kan verleugnet werden) die für sich selbst bestehet / vnnd kein Accidens oder zufälliges Ding / Vñ ist jrer Lehre / Bekändmüß vnd Aussage nach / die Erbsünde selbst / also / daß durchauß kein Vnderscheid zwischen der verderbten Natur / vñ zwischen der Erbsünde ist / So muß ja nohtwendig wahr seyn / daß die Erbsünde ein sonderlich vnnd für sich selbst bestehendt Wesen sey / welchs sie sonst zum hefftigsten verneinen / damit sie sich deß Manicheismi entschütten köndten. Der eins müssen sie geständig seyn / wenn sie auch noch eins so schlipfferige Aal weren als sie sindt.
Gegentheil gestehet / daß die Theilung in Theologia wahr sey / daß ein jeder Substantz entweder Gott der Schöpffer oder ein Geschöpff Gottes sey. Sagt aber / es müsse bey dieser Theilung auch die subdiuisio, sonderlich was die Creaturen anbelangt / behaltẽ werden / nemblich / daß ein jedere Creatur entweder gut oder böse sey / etc. Das soll nun abermals nicht alleine geantwortet / sondern auch deß Concordi Buchs Grundt vmbgestossen heissen. Wie dünckt dich aber Christlicher Leser bey dieser Antwort? Ist jhm nicht also / daß sich das Gegentheil mit solcher Confession der Abtheilung / daß ein jeder Substantz entweder Gott der Schöpffer selbst / oder ein Geschöpff Gottes sey / seine gantze Lehre von der Erbsünde zu Grundt vnd Boden gestossen habe? Dann ist die ermelte Abtheilung wahr (wie sie dann gewißlich wahr ist / vnd bleibet in Ewigkeit) daß ein jeder Substantz entweder Gott selbst / oder ein Geschöpff Gottes ist: vnd aber die Erbsünde / jhrer Lehre nach / deß verderbten Menschen Substantz / Wesen vnd Natur selbst / ohne einigen Vnderscheid ist /
So müssen sie der zweyer eins bekeñen / entweder daß die Erbsünde Gott selbst sey / oder aber Gottes Geschöpff vnd Werck sey. Daß sie Gott selbst sey / werden sie nicht leichtlich sagen dürffen: Wolan so müssen sie aber das ander gestehen / daß sie Gottes Geschöpff vnd Werck sey / oder daß Gott die Erbsünde erschaffe. Da will nun eine schöne Theologia auß werden. Vnnd zwar IllyricusIllyricus in 2. parte cla uis fol. 488. 497. In Con feß. pag. 171 & alibi. vnd andere sind lengst auff der Ban gewest vnd noch / daß sie fürgeben dürffen / daß GOtt im Menschen schaffete vnd formierte alle qualiteten gute vnnd böse / vnnd alle accidentia oder zufällige Ding / böse vnd gute / etc. Nun ist aber die Erbsünde eine böse schädliche qualitas oder Seuche vnd Gebrechen im Menschen / darauß müst folgen / daß Gott der Erbsünde Schöpffer were / etc.
Die Subdiuision betreffendt / da sie sagen / daß ein jedere Creatur entweder gut oder böse sey / gestehen wir jhnen keines Weges. Denn alle Creaturen Gottes / so ferrn sie Creaturen vnnd Geschöpff Gottes sind vnd heissen / sind gut vnd keine böse. Sintemal Gott keine böse Creatur erschaffen hat / sondern hat sie alle gut erschaffen. Genes. 1. Gott sahe an was er gemacht hatte / vnd sihe da / es war sehr gut.
Dañ ob wol die Engel vñ Menschẽ von Gott durch die Sünde abgefallen / jedoch sind sie nicht böse / heissen auch nit böse / so ferrn als sie Gottes Geschöpff vnnd Werck sindt: sondern so ferrn sie in Boßheit gerahten / Boßheit / Vnreinigkeit / Vngerechtigkeit vnd Vnheiligkeit / durch den Vngehorsam vnnd Abfall von Gott an sich bekommen haben / so ist wol jhre Natur durch die Sünde böse worden / aber nicht die Boßheit selbst / wie sie fürgeben.
Vnd hieher gehören die schönen Wort Augustini contra Epistolam fundamenti cap. 33. Itaque si tollantur illa, quae modò enumerata sunt, bona illa, quae laudata sunt, sine vlla vituperatione remanent. Si autem bona ipsa tollantur, nullam remanere naturam. Ex quo iam videt, qui potest videre, omnẽ naturã, in quantũ natura est, bonũ esse. Quia ex vna eademque re, in qua & ego quod
laudarẽ, & ille quod vituperaret inuenit. Si tollantur ea quae bona sunt, natura nulla erit. Si autẽ tollantur ea, quae displicent, incorrupta natura manebit. Tolle aquis, vt non sint coenosae & turbidae, remanent aquae purae atque tranquillae. Das ist / wañ man nun die jetzt erzehlten Ding hinweg thut / so wird das gute / so gerhümbt worden / bleiben / vnd nicht zu schelten seyn. Weñ man aber das gute selber auch hinweg thut / so wird keine Natur mehr vberbleiben. Darauß dann ein jeder / der sonst sehen kan / ersihet / daß die gantze Natur / so fern sie die Natur ist / gut ist. Dann mit einem Ding oď Wesen / daran ich etwas befinde / das ich lobe / ein ander aber / das er schelte / hält sichs also / wann man das gute weg nimpt / daß keine Natur mehr vbrig bleibt / wann man aber das / so einem mißfält / hinweg nimpt / daß die Natur dennoch gantz vnd vnuerruckt bleibet. Nimm das kotig vnnd trübe vom Wasser hinweg / so wird ein lauter vnd rein Wasser da bleiben. Et cap. 34. Sed fortasse dices: Illa mala de talibus naturis non possunt auferri, & ita naturalia debere accipi. Non nunc quaeritur, quid possit vel non possit auferri, sed certè non paruum lumen est ad intelligendum, omnes naturas, in quantum naturae sunt, bonas esse, quòd sine illis malis cogitari bona illa possint, sine bonis autẽ illis nulla natura cogitari potest. Das ist / du möchtest aber villeicht sagen / das böse könne von solchen Naturen nicht hinweg gethan werden / darvmb solle man es für natürlich halten. Es ist aber jetzo die Frage nicht / was hinweg gethan werden könne oder nicht / doch gibt es der Sachen ein groß Liecht / damit man verstehe / daß alle Naturen / so ferne es Naturen sind / gut seyn / daß das gute ohn das böse mit Gedancken kan gefasset werden / ohn das gute aber ists vnmüglich die Natur in Gedancken zu bringen. Et cap. 35. Quis dubitet, totum illud, quod dicitur malum, nihil esse aliud quàm corruruptionem. Et paulo post: Quòd si non inuenitur in rebus malum nisi corruptio, & corruptio non est natura, nulla vtique
nãtura malum est. Das ist / wer zweiffelt daran / daß alles / das man böß nennet / nichts anders sey / dann die Verderbung. Vñ bald hernach: Wann dann in keinem Ding etwas böses befunden wirdt ohn die Verderbung / vnd dieselbe Verderbung ist nicht die Natur selber / so folget / daß keine Natur böse ist. Auß welchen Worten Augustini klar zu sehen / daß deß Menschen Natur / so ferrn sie ein Natur ist / was gutes sey / vnnd daß die Boßheit oder Verderbung der Natur vnnd die Natur selbst nicht einerley sind. Daß auch / wann die Boßheit vnnd Verderbung von der Natur genommen wirdt / die Natur als ein Geschöpff Gottes bleibe / gleich wie das Wasser bleibet / wann die Vnreinigkeit vom selben gescheiden wirdt.
Daß alles / was nicht auß dem Glauben ist / Sünde sey / Rom. 14 ist viel ein anders / dann da man vber streittet. Der Apostel redet von den Wercken / welche ohne den Glauben an Christum geschehen / vnd spricht / daß dieselben Werck Sünde sind / das ist / GOTT nicht gefallen / So zeucht es das Gegentheil auff die verderbte Natur deß Menschen / vnnd will darauß erweisen / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey. D. Lutherus in seinem seruo arbitrio, führet diesen Spruch auch nicht / zu beweisen / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey: Dann daruon war zwischen jhme vnnd Erasmo kein Streit: sondern von Kräfften deß vnbekehrten vnnd vnwidergebornen Willens in Geistlichen Sachen / welche D. Lutherus auß gemeltem Spruch vmbstösset / mit nichten aber streitet / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey. Darumb reimen sich Lutheri Wort zu dieser Sach gar nichts / sondern werden dieses Orts vbel vnd wider Lutheri Meynung citiert.
Von der natürlichen vnnd Theologischen Betrachtung deß Menschen / der dieses Orts abermals Erwehnung geschicht / ist droben gründtlich geantwortet / darbey wirs bleiben lassen.
Lutheri Wort auß dem 90. Psal. daß der Mensch wie ein Klotz vñ Stein sey in Geistlichẽ Sachen / etc. gehörẽ hieher auch nit. Dañ hie nicht gestritten wirdt von den Kräfften deß vnbekehrten Willens in Geistlichen Sachen: sondern von der Erbsünde / ob nemblich die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey oder nicht / welches Streits Lutherus in angezogenen Worten mit dem wenigsten nicht gedencket.
Also hilfft sie auch Lutheri Spruch in der Jenischẽ Hauß Postillen nichts / da er sagt: Der Mensch / nach der Theologia angesehẽ / ist sterblich / vngerecht / lügenhafftig / dann darüber kein Streit ist. Sie wöllen beweisen / die verderbte Natur sey die Erbsünde selbst / vnd bringen Sprüche / welche sagen / der Mensch Theologicè betrachtet sey sterblich / vngerecht / lügenhafftig / etc. Da verstehet jederman / daß das nicht bewiesen heisse.
Wir bekennen von Hertzen / daß der Mensch nach dem Fall / gegen Gott gerechnet / eine sterbliche / vngerechte / lügenhaffte Creatur sey / Aber was thut das zu diesem Streit / da sie fürgeben / die verderbte Natur sey die Sünde selbst? Kan doch ein Blinder an der Wandt greiffen / daß dieses nicht einerley sind / wann Lutherus vnd wir mit jhme lehren / der Mensch sey nunmehr eine sterbliche / vngerechte / lügenhaffte Creatur / vnd wann sie schwärmen / der Mensch oder die verderbte Menschliche Natur sey ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst.
Die distinctio Tom. 1. lat. Ienensi, fol. 81. da Lutherus handelt vom Vnderscheid zwischen dem Zeitlichen vnnd Göttlichen Segen / thut auch nichts zu diesem Streit vön der Erbsünde. Dañ dieser Vnderscheid bleibet wol / vnd ist auch für sich recht vnd gut / erweiset aber das nicht / daruon der Streit ist / nem̃lich daß die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey. Man fraget nicht / ob ein Vnderscheid sey zwischen zeitlichem vnnd ewigem Segen / sondern das ist die propositio, welche sie erweisen sollen / das nemblich die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die
Erbsünde selbst sey / da gehöret viel ein ander Beweiß zu / als dieser ist.
Eine grausame vnverschampte Vnwarheit ist es / daß wir lehrenPp. 2. fa. 2. solten / daß der Mensch auch spiritualiter eine gute Geistliche Creatur Gottes sey. Solches können sie nimmermehr auß dem Concordi Buch darthun / vnd sey jhnen diß Falls Trutz gebotten. Dann vnser Lehre ist / ob wol der Mensch / so viel sein Natur belanget / Gottes Creatur sey / so sey er aber doch / was geistliche Sachen anbelangt / zum Guten erstorben / sey fleischlich / vnder die Sünde verkaufft / sey dem Geist GOttes nicht vnderthan / halte GOttes Sachen für eine Thorheit / vnnd tüge nichts vberal in geistlichen Sachen / es sey dann / daß er zuvor wider oder newgeboren werde. Gott der gerechte Richter / wirdt sie mit solchen jhren Vnwarheiten wol finden / wann sie nicht Busse thun.
Betreffendt den Spruch Pauli / Roman. 7. Ich befinde ein ander Gesetz in meinen Gliedern / etc. vermeynet das Gegentheil damit zu eludieren / daß Paulus da von sich / als einem newgebornen rede / etc. Sonsten aber sage die Schrifft nirgends / daß allein ein accidens am Menschen / der nicht widergeboren ist / solte Sünde seyn / deß Menschen Natur vnd Wesen aber soll nicht Sünde oder Erbsunde seyn / etc. Es bedarff aber nicht viel Wort. Dann Sünde ist Sünde / sie sey in Widergebornen oder Vnwidergebornen / vnd macht die Widergeburt kein Vnderscheidt der Sünde an vnnd für sich selbst / daß sie nem̃lich eine andere Sünde in Widergebornen / ein andere aber in vnwidergebornen Menschen sey. Als solchs auch Lutherus contra Latomum, Tom. 2. Ienensi, pag. 426. mit diesen Worten bezeugt: Nihil differt peccatum à seipso, secundùm naturam suam, ante gratiam & post gratiam, differt verò à sui tractatu, aliter enim nunc tractatur, quàm antea. Antea tractabatur, vt esset & cognosceretur, & obrueret nos, nunc tractatur, vt non sit, & eijciatur. Das ist / Die Sünde kan von jhr selbs nicht vnderschieden werden nach jhrer Natur / es sey gleich vor der
Gnade oder nach der Gnade / es ist aber der Sünden halben ein Vnterscheid / nach dem sie gehalten wird. Dann sie wirt jetzo anders gehalten / dañ zuvor. Zuvor wurd sie also gehalten / daß sie were vnd erkandt würde / vnnd vns hart drückete / jetzt wirdt sie also gehalten / daß sie nicht sey vnd außgetrieben werde. Wie nuhn die Erbsünde / so noch vbrig in Paulo vnd allen Widergebornen / nicht ist seine verderbte Natur selbst / sondern wohnet in derselben / vnnd streittet noch wider das Gesetz seines Gemühts: Also ist sie auch in den Vnwidergebornen nicht die verderbte Natur selbst / sondern wohnet vnd herrschet in derselben. Darinnen aber stehet der Vnderscheit / daß Paulo die Sünde vergeben ist / vnnd daß sie duch den Heiligen Geist gedempfft ist / vnnd nicht mehr in jhme oder seinen Gliedern die Herrschafft hat / ob sie wol noch widerstrebet / sintemal Paulus durch den Geist die Werck deß Fleisches tödtet / Roman. 8. vnnd den alten Adam sampt seinen Lüsten vnnd Begirden ereutziget. Galat. 5. Welches alles in vnwidergebornen Menschen nicht ist auch nicht geschicht. Dann demselbigen ist die Sünde nicht vergeben / das Pflaster ist nicht auff die Wunden gelegt / wie Lutherus Psalm. 32. sagt: Sondern sie stehet noch offen vnd ist vnverbunden. So hat der Vnwidergeborne auch den Heiligen Geist nicht / dadurch er der Sünden / in seinen Gliedern streitend / köndte widerstreben.
Fürs ander wissen wir wol / daß die Schrifft nicht also bloß redet / daß allein ein Accidens oder Zufall im Menschen Sünde sey / die Natur aber vnverderbet sey / wie wir dann auch nicht also reden oder lehren: Sintemal es offenbar / daß die Schrifft nicht einen blossen Zufall im Menschen anklagt / sonder die gantze Menschliche Natur von wegen vnd vmb der Sünden willen / damit sie verderbt ist / beschüldiget vnd deutlich anzeigt / daß die gantze Natur verderbt vnnd böse sey. Aber dannoch lehret sie nicht mit diesen Schwärmern / daß die verderbte Natur darumb ohn allen Vnderscheidt die Sünde selbst sey. Dann viel ein anders ist / lehren /
die gantze Natur sey durch die Sünde verderbt / vnd die verderbte Natur sey die Sünde selbst.
Die Theilung auch / da die Schrifft den Menschen in Geist vnnd Fleisch abtheilet / oder in einen alten vnd newen Menschen /P. p. iij. fac. 1. bringet keines Wegs mit sich / wie das Gegentheil fürgibt / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey / oder aber / daß in Paulo oder einem andern newgebornen Menschen zweyerley wesentliche Form oder Bildtnüß seyn / wie Illyricus vnnd sein Hauff schwärmet.
Dann Fleisch heisset der gantze Mensch mit Leib vnd Seele / so ferrn er nicht widergeborn ist. Geist heist er / so ferrn er newgeboren ist / Glauben / newe Kräfften / new Liecht vnnd Leben hat / so er vor der Widergeburt nicht gehabt hat. Vnnd solcher Gestallt ist der einige Paulus Fleisch vnd Geist. Fleisch oder fleischlich / so ferrn jhm noch die Sünde anhanget vnnd sich in seinem Hertzen vnd Fleische reget: Geist oder Geistlich / so ferrn er durch den Heiligen Geist vnd Glauben der Sünden abgestorben / den bösen Lüsten deß Fleisches widerstrebt / vnnd dieselbigen tödtet. Mit was Grundt kan aber darauß geschlossen werden / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey? Vnd wie reymet sich doch: Fleisch oder fleischlich heisset der gantze Mensch mit Leib vñ Seel / so ferrn er nicht widergeborn ist: Derwegen so ist die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst? Es verstehet ja menniglich / daß solchs im geringsten nicht folge.
Eben also verhält sichs auch mit den Worten / alter vnnd newer Mensch / da das Wort / alter Mensch / abermals heist den gantzen Menschen / wie er ist durch die Sünde verderbt / vom Teuffel (als D. Lutherus in der Kirchen Postill Dominica 19. Trinitatis, vber die Epistel Ephes. 4. recht schreibet) verblendet vnd verderbet an der Seele / also / daß er Gott nicht vor Augen hat / noch jm
vertrawet / ja er fragt gar nichts nach Gott / geht dahin on alle Sorgen vor seinem Gericht / ob er gleich auch mit dem Munde von Gottes Wort vnd dem Euangelio rühmet / aber doch mit der That bleibt allerding wie zuvor / etc. vnnd begreifft zu gleich die verderbte Natur vnd die Verderbung / so in der Natur ist vnd auß der Natur nicht gäntzlich außgetilget wirdt / weil der Mensch lebet. Der newe Mensch heist abermals der gantze Mensch mit Leib vnd Seele / so ferrn er durch den Heiligen Geist newgeboren / durch den Glauben vernewert ist / newe Kräfften / Liecht vnd Leben hat. Darauß ja jederman verstehet / daß ein anders sey die alte Verderbung vnd von Adam angeborne Boßheit in der Natur / vnnd ein anders die verderbte Natur selbst / wie darvon droben weitläufftiger berichtet worden.
Vnd was darffs viel Wort / D. Lutherus / auff den sichs Gegentheil In Comment. Epistolae ad Ga latas.für vnd für beruffen thut / schreibet selbst / Tomo 1. latino Ienensi, pag. 447. daß der alte vnnd newe Mensch nicht zu vnderscheiden sindt nach der Substantz oder Wesen / sondern qualitatis diuersitate, das ist / nach der alten oder newen Art / die sie an sich haben. Seine Wort lauten also: Sicut carnem sauciam aut morbosam vtrumque appello, sanam & morbidam (neque enim vlla est tota morbus) quae in quantum incipit sanari & sana est, sanitas vocatur, vbi verò vulnus aut morbus reliquus est, morbus vocatur: Atque vt morbus seu vulnus reliquam sanam carnem impedit, ne perfectè faceret, quod caro sana faceret: Ita idem homo, eadem anima, idem spiritus hominis, quia affectu carnis mixtus & sauciatus est, quatenus sapit quae Dei sunt, spiritus est, quatenus carnis mouetur illecebris, caro est, quibus si consentit, totus caro est, vt Genes. 6. dicitur: Rursum si consentit totus legi, totus spiritus est, quod fiet, quando corpus erit spirituale. Non ergo duo isti homines diuersi imaginandi sunt, sed velut crepusculum matutinum, quod neque dies neque nox est, vtrunque tamen dici potest, &c. Das ist / Wie ich ein wundt oder kranck Fleisch beyde
gesundt vnd kranck nenne / dann es ist nimmer gantz die Kranckheit selbst / sondern so ferrne es anfängt gesundt zu werden / vnnd gesundt ist / heist mans Gesundtheit / da aber noch ein Wunde oder Kranckheit verhanden / heist mans Kranckheit / vnnd wie die Kranckheit oder Wunde das ander gesundt Fleisch hindert / daß es nicht recht vnd vollkömmenlich thun kan / das sonst ein gesundes Fleisch thete / Also hält sichs auch mit dem einigen gantzen Menschen vnnd deß Menschen Seele vnd Geist / dann dieweil er mit den Begirden deß Fleisches vergifftet vnd verwundet ist / so ist er / so ferrne er die Ding vernimpt vnd hält / die Gottes sindt / Geist / so ferrne er aber durch deß Fleisches Lüste getrieben wirdt / ist er Fleisch / wann er dann darinn bewilliget / so ist er gantz Fleisch / wie er Genes. 6. genennet wirt / Hergegen wann er durchauß dem Gesetz gleichförmig ist / so wirdt der gantze Mensch Geist genennet / welches geschehen wirdt / wann der Leib geistlich wirdt seyn. So soll man nuhn nicht zween vnderschiedene Menschen dichten / sondern wie der anbrechende Tag / weder Tag noch Nacht ist / vnd doch beydes kan genennet werden / etc. Et pag. 448. Homo interior & exterior, seu nouus & vetus, non distinguuntur iuxta differentiam animae & corporis, sed iuxta affectus. Das ist / Der inwendige oder außwendige / oder newe vnd alte Mensch / werden nicht vnderschieden nach dem Vnderschied deß Leibs vnd der Seelen / sondern nach der guten vnd bösen Art / die der Mensch an jhme hat.
Vnangesehen / daß diese Wort deß Gegentheils Schwarm̃ in Grundt vmbstossen / noch dürffen sie Lutherum für sich anziehen.
Also erkläret auch Irenaeus lib. 5. solchen Vnderscheidt / da er spricht: Abluti sumus non Substantiam corporis, neque imaginem plasmatis, sed pristinam voluntatis conuersationem. Das ist / Wir sindt abgewaschen nicht von der Substantz oder Wesen vnsers Leibs / als eines Geschöpffs / etc. sondern von der Eytelkeit deß vorigen Wandels. Deßgleichen Augustinus lib. 2. con-
tra Faustum Manichaeum. Item, Tractatu 41. in Iohan. Darvmb es eine grewliche Lästerung ist / daß Illyricus vnd sein Hauffe dichten / daß der Apostel lehre / es seyen zween vnderschiedene Menschen in einem Menschen / vnnd das noch mehr ist / esse in homine duas diuersas substantiales formas animae, Das ist / Es seyn zwo vnderschiedene wesentliche Form oder Bilde der Seelen im Menschen. Dann wo das wahr were / so müsten in einem jeglichen widergebornen Menschen / auch zween vnderschiedliche Leibe seyn. Sintemal wo zwo Seelen sindt / da müssen auch zween Leibe seyn. Dieweil der alte vnd newe Mensch nicht alleine die Seele oder den Leib begreiffen / sondern den gantzen Menschen mit Leib vnd Seele / sampt allen Kräfften / so ferrn er entweder nit widergeboren / oder widergeboren ist / da wolte nun erst ein schöne Theologia auß werden.
Pp. iiij. fac. 1. IIII. Vnderstehet sich das Gegentheil Augustinum auff seine Seite zu ziehen / da er doch stracks wider sie lehret / daß die Erbsünde ein zufälliger Schade / vnnd nicht die Natur oder Wesen deß Menschen selbst sey.
Vnd erstlich gibt es für / ob wol Augustinus der Manicheer Lehre von der Sünde verdamme / So verwerffe er aber an keinem Ohrt diese Lehre / die Erbsünde ist deß Menschen verderbte Natur vnd Wesen.
Wir wöllen erst von Augustini Meynung kurtzen Bericht thun / nachmals auff die Zeugnisse / so sie auß Augustino führen / gründtlich antworten.
Daß Augustinus Illyrici Lehre / wie er sie anfänglich in diesem Streit geführet / daß nem̃lich die Erbsünde ein Substantz sey / verworffen habe / ist droben in Widerlegung deß andern Puncts erwiesen / wöllen aber dieses Ohrts mit mehr Zeugnissen auß Augustino darthun.
Contra Secundinum, cap. 12. schreibt Augustinus: Certè omnis inter nos discretio est, quod vos substantiam quandam malũ esse dicitis, nos verò non substantiam. Es ist ja aller Streit
zwischen vns / daß jhr Manicheer lehret / daß das böse ein Substantz oď Wesen sey / wir aber lehrẽ / daß es keine Substantz oď Wesen sey.
Weil nun Illyricus gelehret / daß die Erbsünde ein Substantz sey / darvon Augustinus das Gegenspiel lehret / so ists ja vnzweiffelhafftig / daß er Illirici Lehre verworffen / dann er spricht außtrücklich es sey keine Substantz.
Item, lib. 7. Confession. Malum illud, quod quaerebam, non est substantia. Et cap. 16. Quaesiui, quid esset iniquitas, & non inueni substantiam. Was köndt klärer wider Illyrici Gedicht von der Substantz gesagt werden / als eben dieses?
De vera religi. cap. 19. Nunquam fieri potest, vt vlla substantia malum sit, Darauß abermal erscheinet / daß Augustin. Illyrici Lehr von der Erbsünde / daß die ein Substantz sey / verworffen habe.
Also / daß Augustin. auch Irenęi, Spangenbergs vñ der andern Lehre / welche dẽ statũ etwas inuertiert / vñ streitẽ jetziger Zeit / die verderbte Natur sey one einigẽ Vnderscheid die Erbsünde selbst / etc. verworffen / vñ als falsch vnd jrrig verdampt habe / ist gleicher Gestallt außseinen Sprüchen klar / wöllen derselben nur etliche hieher setzen.
August. de natura boni, aduersus Manich. cap. 4. Proinde cum quaeritur, vnde sit malum, prius quaerendum est, quid sit malum, quod nihil aliud est, quàm corruptio: Mala itaque natura corrupta dicitur. Ist nu das böse oder die Sünde nichts anders / als die Verderbung / die Verderbung aber ist keine Natur oder Wesen / so ist es ja Augustini Lehre nach nicht wahr / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey. Dann von der bösen Natur wirdt wol gesagt / daß sie verderbt sey / daß sie aber die Verderbung selbst sey / vnd daß zwischen der Natur vnd Verderbung kein Vnderscheidt sey / das werden sie auß Augustini Schrifften nimmermehr beweysen.
Contra Epist. fundamenti, cap. 35. Nulla vtique natura malum est. Das ist / Keine Natur ist das böse / Ist nun keine Natur das böse selbst / so muß es ja Augustini Lehre nach falsch sein / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey / sintemal dieselbige ja eine Natur ist.
Libro 11. de ciuitate DEI, cap. 9. Mali nulla natura est, Deß bösen ist keine Natur. Ist nun deß bösen oder der Sünde keine Natur / so kans ja / nach Augustini Lehr / nicht wahr seyn / daß die verderbte Natur deß Menschen die Sünde selbst sey.
De fide contra Manichaeos, cap. 9. Malum non potest esse natura nec substantia, necvita, quia haecbonum sunt, in quantum sunt. Das ist / Das böse oder die Sünde / kan keine Natur oder Wesen / oder Leben seyn / dann diese Ding sindt gut / so ferrn als sie sindt oder bestehen. Darauß abermals vnwidersprechlich folget / daß die verderbte Natur die Sünde oder das böse selbst nicht sey / dann so ferrn sie ist vnd bestehet / ist sie das böse oder die Sünde selbst nicht / sondern Gottes Werck.
De vera religione, cap. 23. spricht er: Vitium animae non est natura eius. Der Mangel oder Gebrechen der Seelen ist nicht der Seelen Natur oder Wesen. Ergo, so verwirfft ja Augustinus diese falsche Meynung / daß die verderbte Natur oder Seele die Erbsünde selbst sey.
Lib. 2. Hypognost. Cum peccauit homo, natura peccauit. & facta est natura iam peccatrix, id est, vitium habens peccati, non ipsa effecta vitium vel peccatum. Da der Mensch gesündiget / hat die Natur gesündiget / vnnd ist die Natur sündtlich worden / das ist / sie hat den Schaden der Sünden / sie ist aber nicht der Schaden oder die Sünde selbst worden. Mit welchen Worten er abermals klar verwirfft / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey.
Vnd ibidem: Semen ergo vitiatum est, non vitium. Der Same ist sündig oder verderbt / ist aber nicht die Sünde oder die Verderbung selbst.
Vnnd de vera religione, cap. 45. Homo, etsi habet vitia, non tamen est ipse vitium, Der Mensch / ob er wol Schaden vnnd Gebrechen an sich hat: So ist er aber doch der Schade oder Gebrechen selbst nicht.
Lib. 2. de moribus Manichaeorum cap. 5. Corruptio non est in seipsa, sed in aliqua substantia, quã corrupit. Non enim substantia est corruptio. Ea igitur res, quam corrupit corruptio, non est malum. Die Verderbung ist nicht in jhr selbst / sondern ist in einer Substantz / welche sie verderbt hat. Darumb ist das Ding / so durch die Verderbung verderbt ist / nicht das Böse oder die Sünde selbst. In welchen Sprüchen abermals verdampt ist / daß die verderbte Natur die Sünde oder Verderbung selbst seyn solle. Dieser Zeugnüssen köndten wir auß Augustino viel mehr einführen / wann diese Schrifft nicht gar zu weitleufftig hiedurch gemacht. Vnnd zwar es kan der Christliche Leser auß den oberzelten gnugsam vernemmen / was Augustinus von Irenaej / Spangenbergs vnd jhrer Rottgesellen Lehre / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / etc. gehalten habe.
So viel die Testimonia Augustini anlangt / welche sie einführen / streiten wider sie selbst / geschweige / daß sie jhre Meynung gut machen oder bestettigen solten.
Denn Augustini Wort contra Secundinum cap. 12. DiePp. iiij. fac. 1. vnnd hernach. Sünde ist nicht ein Wesen an jhm selbst / sondern wann etwas nicht bleibet / das es ist / etc. stösset jhr gantz Gebäw zu Grunde. Dann ist die Sünde kein Wesen / vnd aber bekannt / daß die verderbte Natur ein Wesen ist / so kan ja die verderbte Natur die Sünde selbst nicht seyn.
Deß Menschen Wesen oder Natur ist nicht geblieben / wie sie war. Ergo so ist es die Sünde selbst? Antwort. Sie ist nicht geblieben wie sie war / sondern ist verderbt / sündig vnnd vnrein worden / aber die Sünde selbst nit. Dann sonst müste die Sünde ein Wesen seyn / welchs Augustin. verneint / weil die verderbte Natur ein Wesen ist.
Also / daß Augustinus spricht / der Mensch sey Geistlich gestorben / etc. gestehen wir mit Augustino / aber darauß folgt nicht / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey. Dann Geistlich gestorben seyn / Fleischlich worden seyn / durch die Sünde verderbt seyn /
vnd die Erbsünde selbst seyn / sind / wie nun offt erwiesen / vnderschiedene Ding.
Item / contra Iulian. lib. 3. cap. 26. Deß Menschen Natur ist gantz verkehrt vnd böse worden / auß welcher die Erbsünde auffgeerbt wirdt / ist recht geredt. Aber wie schleust sich darauß / Ergo, so ist deß Menschen verkehrte Natur die Erbsünde selbst worden? Gantz verkehret vnd böse worden seyn / vnd die Erbsünde selbst worden seyn / sind vnderschiedene Sachen.
Diese Gestallt hat es auch mit den andern Sprüchen Augustini / welche das Gegentheil dieses Orts einführet / daß sie nem̃lich die jämmerliche Verderbung der Menschlichen Natur beschreiben / die wir auch mit S. Augustino lehren vnd bekennen. Daß aber in derselben einen / auch mit einigem Wörtlein stehen solte / daß die verderbte Natur / ohne allen Vnderscheid / die Erbsünde selbst were (wie das Gegentheil schwärmet) das werden sie weder auß diesen noch andern Sprüchen Augustini zu ewigen Zeiten darthun. Vnd beruffen vns dißfalls auff das Vrtheil deß Christlichen vnnd Verständigen Lesers / dem Augustini Schrifften bekandt seyn.
Sie sollen beweisen auß Augustino / daß er gelehret / daß die verderbte Natur / ohn allen Vnderscheid / die Sünde selbst sey / so führen sie Sprüche auß Augustino / darinnen er lehret / daß die Natur verderbt sey. Wie nun das beweisen heisse / vrtheile der Christliche Leser.
Auff den Spruch: Totus homo est peccatum, ist bißher vielfältig geantwortet / vnnötig zu wider holen. Der gantze Mensch ist Sünde / das ist / sündig / vnrein vnd verderbt / aber nicht die Sünde selbst / dann dieses widerspricht Augustinus: als wir gehöret haben in allen seynen Büchern.
Daß Augustinus die Erbsünde ein malum Accidens heisse / oder einen bösen Zufall in der Natur deß Menschen / ist auß vielen seinen Sprüchen hell vnnd klar / derer etliche wir droben in Wi-
derlegung deß andern Puncts eingefüret / wöllen hie noch einen oder zwen setzen.
Hypognosticon lib, 4. Cognoui concupiscentiam non naturale bonum, sed per peccatum accidens esse malum.
Contra 2. Epistolas Pelag. ad Bonifacium lib. 2. cap. 2. Manichaei carnis concupiscentiam non tanquam accidens vitium, sed tanquam naturam ab aeternitate malam vituperant. Pelagiani eam, tanquam nullum vitium sed naturale sit bonum, in super laudant, Catholica vtrosque redarguit.
Da spricht Augustinus deutlich / daß die Manicheer derwewegen verdampt sindt / daß sie verleugnet / daß die Lust deß Fleisches ein böser Zufall sey. Nun hat er aber durch die Lust deß Fleisches die Erbsünde verstanden / deñ die Pelagianer lobten nicht die wircklichen Sünde: sondern die Lüste vnd Neygungen zum bösen hiessen sie ein natürlich gut / vnd verneinten die Erbsünde durchauß. Auß welchen klar zu sehen ist / daß die Manicheer verleugnet haben / daß die Erbsünde ein Accidens oder böser Zufall in der Natur sey.
Betreffendt die Wort Augustini lib. 6. contra Iulian. cap. 7. Da er schreibt: Hoc quippe, vnde nunc agimus, quod nobis resistere sentimus in nobis, aut aliena est natura separanda, aut nostra sananda. Si alienam dicimus separandam, Manichaeis fauemus. Fateamur ergo nostram esse sanandam, vt Manichaeos simul Pelagianosque vitemus. Das ist / das jenige / daher wir nun wircken / vnnd das wir empfinden das vns widerstrebet / ist entweder eine frem̃de Natur von vns zuscheiden / oder vnsere zu heilen. Sagen wir / daß es eine frem̃de Natur sey von vns zuscheiden / so halten wirs mit den Manichern. Darumb last vns bekennen / daß es vnsere zu heilen sey / damit wir zugleich die Manicheer vnd Pelagianer vermeiden / etc. bestätigen deß Gegentheils Schwarmb / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / im wenigsten nicht.
Ist auch Augustino nie in Sinn kommen / daß er mit diesen Schwärmern schwärmen wolt / die verderbte Natur sey ohn allen Vnderscheid die Erbsünde selbst / dann erstlich / bald im Anfang gemeltes Capitels sprichter: Ego ipsum vitium, quo animus vel vlla pars eius isto modo vitiosa est, libidinem dico, vt omni vitio sanato, salva sit tota substantia. Ich / spricht er / sage / daß der Gebreche selbst / damit das Gemüt oder die Seel / oder ein Stück derselben auff die Weise beschmitzet oder verderbet ist / sey die böse Lust / auff daß / wenn alle Gebrechen geheilet oder abgethan seyn / die gantze Substantz deß Gemüts oder der Seelen vberbleibe. Welche Wort klar bezeugen / daß Augustinus mit nichten gehalten / daß die verderbte Seele die Sündeselbst sey / sondern viel mehr / daß sie ein Gebrechen in der Seelen sey / vñ daß / wañ solcher Gebreche abgethan / die gantze Substantz der Seelen vberbleibe vnd selig werde. Wann nun Augustinus gelehret hette / daß die verderbte Natur oder Seele die Sünde selbst were / so hette er nicht schreiben können oder dürffen / daß sie ein Gebrechen in der Seele were / vnd daß / wann solcher Gebrechen von der Seelen hinweg gethan / die gantze Substantz der Seelen vberbliebe. Dañ die Sünde oder der Gebrechen wirdt weggethan. Da nun sein Meynung gewest / daß die verderbte Seele die Sünde selbst were / könte es nicht heissen: Der Gebrechen wirdt abgethan vnd bleibet die gantze Substantz der Seelen: sondern es müste heissen: Die verderbte Substantz der Seelen selbst wirt abgethan vnd bleibet nichts daruon vbrig.
Zum andern schreibt er in eodem capite, Ego tanquam valetudinem malam ex origine vitiata ingenitũ esse homini dico vitiũ, quo caro concupiscit aduersus spiritum. Ich sage / daß dem Menschen der Schade oder Gebrechen / dadurch das Fleisch wider den Geist gelüstet / auß der verderbtẽ Natur / gleich als eine böse Kranckheit oder Seuche angeboren sey / etc. Dieses köndte auch nicht bestehen / wann er gelehret / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst were / dann eine böse Kranckheit oder Seuche / vnnd dem Menschen
angeboren seyn / vnd die verderbte Natur selbst seyn / sind von einander vnderscheiden. Die Erbseuche nennet Augustinus eine angeborne Kranckheit oder Seuche am Menschen. Darum̃ kan ja / Augustini Meynung nach / die verderbte Natur die Erbseuche oder Erbkranckheit selbst nicht seyn.
Zum dritten / nennet er die Erbsünde in diesem Capitel Qualitatem, da er spricht: Ego nominaui qualitatem, dicens, non substantialiter manere concupiscentiam, sicut corpus aliquod, aut spiritum, sed esse adfectionem quandam malae qualitatis, sicut est languor, &c. Ich habe die Sünde oder Lust eine Qualitet genannt oder eine Vnart / vnnd gesagt / daß sie nicht wesentlich bleibe / gleich als etwas / das einẽ Leib hat / oder als ein Geist / sondern daß sie sey eine böse Qualitet oder Vnart / vnd gleich wie eine Kranckheit im Menschen / etc. Wo nun Augustinus gelehret / daß die verderbte Natur die Sünde selbst were / hette er sie keine böse Qualitet oď Vnart nennẽ köñen / noch viel weniger aber mit einer Kranckheit oder Seuche / die im Menschen ist / vergleichen können. Also da Augustini Meynung gewest / daß die verderbte Natur die Sünde selbst / hette er nicht verneinen dürffen / daß sie ein Leib oder Geist were. Dann offenbar ist / daß die verderbte Natur ein Leib / Substantz oder Wesen sey. So ist ja die verderbte Seele auch ein Geist / Geistliche Substantz oder Wesen.
Zum vierdten / sonennt er auß dem 103. Psalm die Sünde im Menschen einen Gebrechen / vnd spricht / daß derselbige geheilet werde durch Vergebung der Sünden. Da nun sein Meynung gewest / daß die verderbte Natur die Sünde selbst were / so hette er die Sünde nicht können einen Gebrechen heissen. Dañ Gebrechen vñ verderbte Natur sind lange nicht ein Ding / hette auch nicht können schreiben / daß solcher Gebrechen im Menschen durch Vergebung der Sünden geheilet würde: Sondern hette müssen schreiben / daß die Erbsünde selbst geheilet würde vnd nicht der Mensch. Item / daß
der Erbsünde selbst die Sünde vergeben würden vnnd nicht dem Menschen. Derenaber hat er keines gethan.
Zum fünfften / so viel nun die angezogene Wort selbst betrifft / vnderscheiden sie klar zwischen der Sünde / die auch noch in den Gläubigen geschefftig ist vnd streittet / vnnd zwischen den Gläubigen selbst. Dann Augustinus spricht klar / daß etwas in den Gläubigen wider sie streite / darauß vnwidersprechlich folgt / daß die verderbte Natur vnnd die Sünde selbst nicht einerley seyn / dann sonst würden sie nicht widereinander streitten.
Die Wort (nostra sananda, vnsere Natur / so zu heilen) bedeuten Augustino keines Weges so viel / wie diese Schwärmer wöllen / als: Die verderbte Natur ist die Sünde selbst. Dann sonst könte es nicht heissen: natura sananda, eine Natur / die zu heilen ist / sondern müste heissen: Eine Natur / die zu vertilgen ist. Dann die Erbsünde selbst wirdt nicht geheilet / daß sie bleibe / sondern wirdt außgetilget auß dem Menschen / daß die gantze Substantz der Menschlichen Natur oder der Seelen / wie Augustinus redet / vberbleibe vnnd selig werde: sondern das ist Augustini Meynung / daß vnsere durch die Sünde verderbte Natur / welche die Pelagianer nicht wolten verderbt seyn lassen / sondern für rein vnnd gut hielten / solle von der Sünde geheilet werden / oder sie solle von der Sünde gereiniget werden / auff daß sie gantz bleibe vnd ewig selig werde. Vnd kan das similiter cadens, wie mans in Schulen heißt (welche Figur Augustino sehr gemein) aliena separanda, aut nostra sananda, die gantze Lehr Augustini von der Erbsünde nicht auffheben vnnd erzwingen / daß Augustinus beydes in diesem Capitel vnnd sonst durchauß in allen seinen Schrifften wider sich selbst sey / sondern es muß diesen Verstandt haben / daß wir wider die Pelagianer halten müssen / daß vnsere Natur nach dem Fall nicht rein / gut vnnd ohne Erbsünde sey / als die Pelagianer
lehreten: sondern sündig / vnrein vnd böse sey / vnd derwegen von solcher Sünde zu heilen oder zu reynigen sey / wo vns Menschen anderst soll geholffen werden.
Letzlich ist auch der Betrug wol zu mercken / welchen das Gegentheil hie in der Version gebrauchet hat / dann es setzet folgende Wort als Augustini: Wir müssen solchs bekennen / daß nemblich das Böse oder Erbsünde vnsere verderbte Natur selbst sey / etc. So doch im Augustino dieselbigen Wort gar nicht stehen. Dann also lauten seine Wort: Fateamur ergo nostram esse sanandam, vt Manichaeos simul Pelagianosque vitemus. Das ist: Laßt vns bekennen daß vnsere Natur zu heylen sey. Wer ist aber so vnuerständig / der nicht sihet / daß ein grosser Vnderscheid ist vnter Augustini Worten / der nur bloß sagt vnser (verstehe Natur) sey zu heylen / Vnnd deß Gegentheils Version: Wir müssen bekennen / daß nem̃lich das Böse oder Erbsünde vnfere verderbte Natur selbst sey / etc. Welcher Wort Augustinus keins hat / sondern vom Gegentheil zu jhrem Vortheil Augustino angedichtet vnd zugeschrieben werden. Darff jhm derwegen das Gegentheil nicht in Sinn nehmen / daß es mit solcher Verfälschung der Wort Augustini seine böse Sach erhalten vnd fortsetzen werde.
Daß Augustinus mit der Schrifft den Menschen Finsternüß heißt / nehmen wir gern an / aber das beweist noch nicht / daß zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde selbst gantz vnd gar kein Vnderscheid sey. Die Schrifft vnd Augustinus heissen den Menschen Finsternüß / dieweil seine Vernunfft oder Verstandt in Göttlichen Geistlichen Sachen gar verfinstert / vnnd das Liecht der wahren / heilsamen vnnd seligmachenden Erkändtnüß Gottes / in jhme gantz vnd gar verloschen ist / sagen aber darumb nicht / daß die verderbte Natur deß Menschen oder die Seele die Finsternüß vnd Erbsünde selbst sey.
Also daß Augustinus den Menschen einen Sathan nennet /
wann er ausser Gottes Gnade betrachtet wirdt / erweiset auch nicht / daß er wesentlich oder seiner Natur nach ein Sathan sey / sondern daß er / ausser Gottes Gnade vnd Glauben an Christum betrachtet / verderbt vnnd Gottes Widerwertiger sey / das heißt aber nicht die Erbsünde selbst seyn.
Augustini Beicht Soliloq. cap. 2. Ich bin vor dir ein stinckendt Aaß / etc. thut auch nichts zu dieser Sach / da sie bewei sen sollen oder wollen / daß die Sünde kein böser Zufall im Menschen / sondern ohne allen Vnderscheid die verderbte Natur selbst sey.
Daß auch Augustinus Gott alles / vnnd dem Menschen nichts zueignet in Geistlichen Sachen / ist recht vnnd gut. Es machet aber solchs deß verderbten Menschen Natur drumb nicht zur Erbsünde selbst / dann weit ein anders ist / Gott alles / vnd dem Menschen in Geistlichen Sachen nichts zueygnen / vnd mit jnen schwärmen / die verderbte Natur sey ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst.
Bleibt also wahr / daß Augustinus diese Lehre / daß die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey / verdam̃t vnd verworffen habe / Hergegen aber die Lehre deß Concordi-Buchs von der Erbsünde / daß sie ein böser Zufall vnd Verderbung Menschlicher Natur sey / gebilliget habe.
Nochmals vnderfehet sich das Gegentheil zubeweisen / daß / ob wol Augustinus die Sünde ein Accidens oder bösen Zufall genannt / so habe er doch solchs deactuali peccato, das ist / von der wircklichen Sünde verstanden / Ist Illyrici sein Schmierwerck / das aber im Grunde den Stich nicht hält. Dann daß er die Erbsünde selbst ein Accidens geheissen / haben wir kurtz zuuor außführlich dargethan. Wöllen aber etliche seiner Sprüch noch einmal besehen.
Augustinus lib. 4. Hipognosticon: Quam Apostolus legem, hoc est, malam consuetudinem nominat, & esse dicit in mem-
bris contrariam legi mentis, neobediatur legi Dei. Welche der Apostel / Roman. 7. ein Gesetz / das ist / ein böse Gewonheit nennet / vnd spricht / daß sie sey in den Gliedern / vnnd widerstrebe dem Gesetz deß Gemühtes / daß man Gottes Gesetz nicht Gehorsam leiste / etc. Hie berichten vns die Schwärmer / ob das Gesetze in den Gliedern. Rom. 7. darvon der Apostel redet / eine wirckliche Sünde sey oder die Erbsünde selbst. Sie müssen aber sagen / daß es die Erbsünde vnd keine wirckliche Sünde sey.
Nuhn schreibt Augustinus ferrner an gemeldtem Ohrt: Audite ergo, quanta sit iniquitas huius mali, quidue hinc homo patiatur infirmus, Apostolo dicente & disputante inter caetera: Nam concupiscentiam, inquit, nesciebam, nisi lex diceret: Non concupisces. Non dixit, concupiscentiam non habebam, sed nesciebam quid? vtrum malum esset. Habebam igitur, sed tanquam naturale bonum esse credebam, cum autem lex diceret: Non concupisces, cognoui non naturale bonum, sed per peccatum Accidens esse malum concupiscentiam. Das ist / Vernemmet doch / was für ein Vngerechtigkeit vmb dieses Vbel sey / vnd was doch der arme elende Mensch darüber leiden muß / wie solches der Apostel Paulus selbst vnder andern erkläret / da er spricht: Ich wuste nicht / daß die Lust Sünde were / wo nicht das Gesetz gesagt hette: Laß dich nicht gelüsten. Er sagt nicht / ich hatte keine Lust / sondern ich wuste nicht / daß sie böse were / So hatte ich nuhn wol die Lust / ich dachte aber / sie were ein natürlich Gut. Da aber das Gesetz sagt: Laß dich nicht gelüsten / da erkandte ich erst / daß die Lust nicht ein natürlich Gut / sondern von wegen der Sünde ein böser Zufall were. Das ist ja ein klarer Spruch / in welchem Augustinus außtrücklich von der Erbsünde redet vnd sagt: daß die Lust ein böses Accidens oder Zufallsey. Vnd hierauß erscheinet auch dieses / daß Augustinus das Wort (Lust) nicht von der wircklichen Sünde brauchet / sondern von der Erbsünde selbst / vnd also die Erbsünde ein Accidens nennet.
Contra Iulianum, lib. 6. cap. 3. Hoc vitium, quod non est corpus, sed accidens, cum indulgentia sit remissum, &c. Dieser Gebreche / der nicht ein Leib ist / sondern ein Zufall / weil er auß Gnaden vergeben wirdt / etc. Da freylich Augustinus von der Erbsünde redet / welche von den Eltern auff die Kinder in der Empfängniß geerbet wirdt / vnnd heisset sie ein Accidens, das ist / einen Zufall / welcher dem Menschen auß Gnaden vergeben wirdt. Also spricht er in gemeldtem Capitel: Quis nostrum dicit, malum hoc, quod paruuli originaliter trahunt, sine substantia, in qua est, aut esse posse, aut vnquam fuisse? Das ist / Welcher vnter vns sagt / daß das böse oder die Sünde / welche den Kinderlein auffgeerbt wirdt / ohne eine Substantz / in welcher sie ist / jemals gewesen sey / oder auch seyn könne? Ist nuhn die Erbsünde oder das böse / wie es Augustinus hie nennet / welches die Kinderlein von jhren Eltern erben / in der Substantz / vnd kan ohne dieselbe nicht seyn / ist auch nie ohne die Substantz gewesen / so muß es ja / nach Augustini Lehre / nohtwendig ein Accidens oder Zufall seyn in der Substantz oder Natur deß Menschen. Dann das ist vnd heist Accidens oder Zufall / das für sich selbst nicht ist oder kein selbständiges Wesen hat / sondern in einem andern wandelbarlich ist. Ein solch Ding aber ist die Erbsünde / wie Augustinus hie recht schreibet / darvmb muß sie ja ein Accidens malum oder böser Zufall in der Substantz oder Natur deß Menschen seyn / vnd nicht die verderbte Natur selbst.
Contra 2. Epistol. Pelagianorum, libro 2. cap. 2. Manichaei carnis concupiscentiam non tanquam accidens vitium, sed tanquam naturam ab aeternitate malam vituperant: Pelagiani eam, tanquam nullum vitium, sed naturale sit bonum, insuper laudant. Catholica vtrosque redarguit, Manichęis dicens: Non natura sed vitium est: Pelagianis dicens, Non à Patre, sed ex mundo est. Die Manicheer schelten deß Fleisches Lust nicht als ein bösen Zufall / sonder als eine Natur / die von Ewigkeit böse sey. Die Pela-
gianer loben sie vnd geben für / daß sie kein Laster sey / sondern ein natürlich Gut. Die Catholische oď Christliche Kirche straffet sie von beydẽ Theilen / vñ sagt den Manicheern / daß sie nit eine Natur / sonder ein Schade oder Gebreche sey. Den Pelagianern aber / daß solcher Gebreche nicht vom Himmelischen Vatter / sondern auß der Welt sey.
Auß diesem Zeugniß Augustini erscheinet klar. Erstlich / daß Augustinus deutlich die Erbsünde ein zufälligen Gebrechen oder Schaden nennet / wider die Manicheer. Zum andern / daß die Manicheer zu Augustini Zeiten auch geleugnet haben / daß die Erbsünde ein malũ Accidens oder böser Zufall sey / oder in der Natur von Gott geschaffen / wie diese Leuhte heutiges Tages solches auch thun. Zum dritten / daß diese Lehre der Manicheer dazumal von der gantzen Christenheit verdampt worden. Zum vierten / damit auch Augustinus sich zum vberfluß erkläre / was er Erbsünde heisse / widerholet ers mit diesen Worten / vnnd spricht: Manichaeis dicit (scilicet Catholica Ecclesia) Non natura, sed vitium est. Den Manicheern sagt die Catholische oder Christliche Kirche / die Sünde sey keine Natur / sondern sey ein Gebrechen derselbigen.
Daß er aber eygentlich von der Erbsünde in diesen Worten handele / ist darauß offenbar / Augustinus setzet gegen einander der Manicheer vnd Pelagianer Irrthum̃. Die Pelagianer / spricht er / loben die Lust deß Fleisches als gut / oder als ein natürlich Gut. Nuhn lobeten aber die Pelagianer die wircklichen Sünde nicht / fondern sie lobeten die Lust deß Fleisches selbst im Menschen / daß sie gut were / vnnd verleugneten die Erbsünde gantz vnnd gar. Die Manicheer aber verneinten stracks / daß die Erbsünde ein Zufall in der Natur were. Auß welchem klar erscheinet / daß Augustinus in gemeldtem Spruche nicht von wircklichen Sünden / sondern von der Erbsünde selbst rede / welches auch darauß ferrner zusehen ist / daß er baldt darauff die Lust deß Fleisches / von welcher die Catholische oder Christliche Kirche sagt / daß sie ein zu-
fälliger Gebrechen sey / malam valetudinem, Schwachheit oder Kranckheit nennet / welche im Menschen soll geheilet oder abgethan werden. Das ja von keiner wircklichen Sünde kan verstanden oder außgelegt werden. Mehr Zeugnisse haben wir droben eyngeführet. Bleibet also fest vnd wahr / daß Augustinus die Erbsünde ein Accidens oder zufällig Ding nenne.
Q q. ij. fa. 2. Irenaeus führet diese Wort Augustini auch eyn / verfälschet sie aber / beydes im Latein vnnd in seiner Dollmetschung. Im Latein recitiert er sie also: Manichaei carnis concupiscentiam non tantùm accidens vitium, sed tanquam naturam ab aeternitate malam vituperant. Da im Augustino stehet: Non tanquam, setzet er: Non tantùm. Im deutschen deprauiert er sie nach seinem Latein / welches er darzu gesetzt / also: Die Manicheer schelten deß Fleisches Lust / nicht allein / als einen zufälligen Gebrechen / etc. Welcher keines im Augustino stehet. Was nuhn diese greiffliche Verfälschung in einer solcher grossen Religions vnd Glaubens Sachen auff sich habe / verstehen fromme Hertzen auch ohne vnser Erinnern.
Daß Augustinus wider die Manicheer dringe / die Erbsünde sey nicht eine böse Natur / wie sie fürgeben / mit der Men schlichen Natur vermischet / weiß man wol.
Wie man auch dieses wol weiß / daß Augustinus lehret / die Natur deß Menschen sey durch die Sünde verändert vnd böse worden. Da stößt sichs aber an / daß sie wider Augustinum vnd zu forderst wider die heilige Schrifft lehren / daß die verderbte Natur die Verderbung oder Sünde selbst sey / welches Augustinus auß der Schrifft zum hefftigsten widersprochen hat.
Augustinus contra Epist. fundamenti, cap. 35. Quis dubitat, totum illud, quod dicitur malum, nihil esse aliud quàm corruptionem, &c. Wer zweifflet dran / daß nicht das gantze / welches das Vbel oder die Sünde genandt wirdt / nichts anders sey / dann eine Verderbung? Solche Verderbung aber / als wir droben auß
Augustino vernommen / ist keine Natur / sondern ist in der Natur / die sie verderbt hat.
Also ist auch dieses klar / daß Augustinus / nicht alleine wegen deß ersten Falls Adae, die Sünde einen zufälligen Gebrechen nenne / sondern auch vnnd zu forderst / so ferrn als sie noch jetzo in aller Menschen Hertzen / Leib / Seele oder Gliedern / wie Paulus Roman. 7. schreibet / wohnet. Als wir dann solches kurtz zuvor mit Augustini Worten klar erwiesen haben.
Daß Accidens Augustino so viel heissen soll / als contingens, eueniens, das sich zutregt / ist ein lauter Alfentzerey / damit sich das Gegentheil selbst in die Nasen vexiert. Dann wann das bleibt (wie es dann bleiben muß) daß die Sünde in Substantia, das ist / im Wesen oder Natur deß Menschen ist / wie Augustin. lib. 6. contra Iul. cap. 3. schreibet: Et quòd corruptio non in se ipsa sit, sed in aliqua substantia, quam corrumpit. Non enim substantia est ipsa corruptio, wie er lib. 2. de moribus Manichaeorum, cap. 5. schreibet: So bleibet auch dieses / daß sie ein Accidens oder Zufall / vñ die verderbte Substantz oder Wesen deß Menschen selbst nicht ist. Ob auch Adam durch seinen Vngehorsam̃ sündig worden / wir aber in Sünden empfangen werden / so macht doch auch dieses nicht / daß die verderbte Natur darumb die Sünde selbst seyn solte / vnnd kein zufälliges Ding / dann die Empfängniß macht die Sünde selbst zu keiner Substantz oder Wesen nicht / sondern leßt sie einen Weg als den andern ein bösen Zufall / der vns von Adam angeerbet / in der verderbten Natur bleiben.
Es macht zwar Irenaeus viel Wort darvon / daß im Augustino das Wort Accidens von wircklichen Sünden solle verstanden werden / erweisets aber nicht mit einigem Spruche auß Augustini Schrifften / Darumb nuhn billich gesagt wirdt: Was er ohne Grundt vnnd Zeugnüß Augustini schwätzet / das wirdt eben so leicht verworffen / als es von jhme asseriert oder auffs Papier geklicket wirdt.
Er allegiert auch Augustinum de natura & gratia, cap. 13. da er lehren soll / ein anders sey integra natura hominis, die Natur deß Menschen vor dem Fall / vnd ein anders die Verderbung derselben / etc. Es stehet aber nicht ein einiges Wörtlein in gemeltem Capitel hiervon / wie solchs die jenigen wissen / so Augustinum gelesen haben / vnnd da es gleich in dem erwehnten Capitel zu befinden / hülffe es deß Gegentheils jrrigen Lehr nicht auff die Bein / sondern bestettigte viel mehr vnsere Lehre vom Vnderscheidt der Natur vnnd der Erbsünde. Dann ob wol die Natur durch die Verderbung geändert oder böse vnnd vnrein worden / so ist sie aber doch nicht die Verderbung oder Vnreinigkeit selbst worden. Dann die Verderbung ist in der Substantz / wie Augustinus recht schreibet / vnd nicht in jhr selbst.
Was er auch auß Gregorio allegiert: Aliud sumus per naturam conditi, aliud per peccatum lapsi. Wir sindt ein anders anfänglich erschaffen / vnd ein anders / da wir gesündiget / etc. erweiset auch nicht / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey / wie das alle verständige sehen.
Eben also verhält sichs auch mit Lutheri Worten / Genes. 2. Adam ist also geschaffen gewest / daß er köndte fallen / wie es auch geschehen ist / etc. Dann das alles ist wahr vnd nicht streitig / wie aber dar auß folge / darauff diese Schwärmer dringen / daß nem̃lich die verderbte Natur die Sünde selbst sey / das haben sie noch zur Zeit nicht erwiesen / werdens auch in alle Ewigkeit nicht wahr machen können. Dann lieber was ist doch das für eine Folgerey: Adam ist durch die Sünde verderbt / böse / sündig vnnd vnrein worden. Ergo, so ist die verderbte Natur die Sünde selbst? Da verstehet ja jedermann / daß solches ein lauter Fantasey / vnd keine rechte beständige Schlußrede sey.
Lutheri Spruch contra Latomum: Vitium scimus id esse, quod culpam & reprehensionem habeat, arguiqueue dignum sit.
Das ist / Wir wissen daß ein Gebrechen das sey / das Schuldt an sich hat / vnnd das man billich straffet / etc. redet in gemein von dem Wort / Vitium oder Mangel / was es bedeute / sagt aber mit keinem Buchstaben nicht / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst sey. Dann daß die verderbte Natur Schuldt hat vnd angeklagt wirdt / geschicht secundùm quid, das ist / von wegen der Sünde / damit sie verderbt ist / vnnd nicht derwegen / daß sie die Verderbung oder Sünde selbst sey.
Daß wir / wie Lutherus Psal. 51. schreibet / peccatores oder Sünder seyn / das ist / ein böser Baum / vnd daß der Same / darauß wir empfangen / sündig sey vnd böse Frucht bringe / etc. ist recht vnnd wahr / daß aber die verderbte Natur ohn allen Vnderscheidt die Sünde selbst sey / welches das Gegentheil beweisen will / das schreibet Lutherus in diesen Worten nicht / vnnd ist auch an jhme selbst nicht wahr.
Also / daß vnsere Natur extremè corrupta & vitiata, auffs eusserste vnd ärgste verderbt sey / wie Lutherus Psal. 51. ferrner meldet / ist recht vnd wahr / das heist aber noch nicht: Ergo, so ist die verderbte Natur die Sünde selbst. Dann auffs eusserste vnd ärgste verderbet seyn / vnd die Erbsünde selbst seyn / sindt vnd werden nimmermehr einerley.
Der Mensch selbst ist verderbt / verkehrt / geschändet vnd geblendet / ist aber darumb nicht die Verderbung vñ Verkehrung / etc. selbst / sondern solche Verderbung vnd Verkehrung ist in deß Menschen Natur vnd Wesen.
Es ist auch der Mensch mutatus ab illo, vix vmbra hominis, Das ist / weit ein ander Mensch worden / als Adam vor dem Fall war / vnnd kaum ein Schatten deß vorigen Menschen / etc. aber dennoch ist er nicht die Sünde selbst worden. Augustinus libro 2. hypognosticon sagt: Natura humana peccatrix facta est, id est, vitium habens peccati, non ipsa effecta vitium vel peccatum. Post peccatum, homo peccator dictus est, nõ homo pecca-
tum. Nach dem die Natur gesündiget / ist sie sündig worden / vnnd hat den Schaden der Sünde / sie ist aber nicht zur Sünde selbst worden. Vnnd nach der Sünde ist der Mensch ein Sünder genannt / aber nicht die Sünde selbst.
Wir lehren mit Luthero in seinem Genesi, daß wir Menschen gegen dem erstẽ Adam gleich wie ein todtes Aaß zu rechnen sind / etc. Wir behalten aber dieses auch mit Luthero / daß dannoch die Natur geblieben sey / ob sie wolgrewlich verderbet ist. Ist sie nuhn geblieben / so ist sie ja / wie hoch sie auch verderbet / die Sünde selbst nicht worden / sondern es bleibet noch ein Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur vnnd zwischen der Sünde / damit sie verderbt ist.
Was dieser oder jener von dem Accidens vor dieser Zeit geschrieben / mögen sie verantworten. Wir bleiben darbey / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst nicht sey / sondern die Erbsünde sey ein böser Zufall oder tieffe Verderbung / durch welche die Natur jämmerlich verderbt ist / vñ wissen / daß diese Lehre in Gottes Wort starcken vnd vnbeweglichen Grundt hat.
Daß hie auß Lutheri Disputation von der Rechtfertigung eyngeführet / Lutherus solle gesagt haben / die Sophisten reden gar zu schlim̃ von der Erbsünde / in dem sie dieselben nennen ein Concupiscentz / Lust / ein Accidens oder ein Mangel der Gerechtigkeit / ist solche Rede in seinen gedruckten disputationibus nicht zu befinden.
V. Ficht das Gegentheil hart an / daß das Concordi Buch R r. iij. fac. 1.sich auff alle reine Lehrer beruffet / als die auch gelehret haben / daß die Erbsünde nicht sey die verderbte Natur selbst / sondern eine tieffe Verderbung derselbigen / vnnd wirfft Gabrielem Biel vor / der also gelehret / die andern aber nicht / etc. Wirfft vns auch ferrner für / daß wir vnsere Lehre auß der Propheten vnnd Apostel Schrifftẽ / auß den 3. Symbolis, Augspurgischer Confession / Apologia / Catechismis Lutheri / etc. nicht köñen darthun / etc. Darauff geben wir diesen gründtlichen Bericht. Daß das Christliche Con-
eordi Buch solchs billich thue. Dann wir bißhero mit starcken Gründen erwiesen haben / daß die vornembsten Väter vnnd Lehrer der Kirchen von anbegin mit vns gelehret / daß nemblich die Erbsünde eine Verderbung der Menschlichen Natur sey / etc. Vnd nicht die verderbte Natur selbst / auch gewiß sind / daß sie das Gegenspiel nimmermehr erweisen können.
Daß Gabriel Biel die Erbsünde auch ein Accidens genañt / vnd aber zu schlim̃ / gering vnd schwach von der Erbsünd / als ein Sophist oder Schul lehrer / geredet / benimpt vnser Lehr vnd Bekandtnüß gar nichts. Denn was er vnnd andere Schullehrer zu schlim̃ vnd zu wenig von der Erbsünde geschrieben / das verwerffen wir. Was sie aber recht daruon geschrieben / als da sie die Erbsünde ein Accidens, vnd nicht Substantz oder Wesen / oder aber die verderbte Natur selbst nennen / das behalten wir.
Also daß D. Lutherus vnserer Meynung sey / ist droben im andern Punct vnnd sonsten in dieser Schrifft gründtlich dargethan / vnd soll hinfort ferrner erwiesen werden.
Daß wir vnsere Lehre auß den Prophetischen vnnd Apostolischen Schrifften starck vnnd wol erweisen können / haben wir im ersten Punct dieser Schrifft der gantzen Christenheit für Augen gestellet / vnd sind gewiß / daß auch die Pforten der Hellen solche Beweisung nicht werden oder können vmbstossen / geschweigen diese lausige Schwärmer.
Daß sie im Symbolo Apostolico begrundtfestiget sey / haben wir im andern Punct dieser Refutation Schrifft außführlich dargethan / dabey wirs nachmals bleiben lassen / vnnd wollen sehen / wer vns vnsere Gründe / auß den Artickeln deß Glaubens genommen / vmbstossen oder nemmen soll.
Daß sie in Symbolo Niceno stehe / weisen diese Wort klar: Welcher vmb vns Menschen vnd vmb vnser Seligkeit willen vom Himmel kommen ist / Da / wo die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst were / das Symbolum müste gesagt ha-
ben: Welcher vmb der Erbsünde selbst willen vnd vmb der selben seligkeit willen vom Himmel kommen ist / etc.
Solcher Gestallt ist sie auch in Symbolo Athanasii gegründet / da er spricht / daß die Gottheit die Menschheit angenommen habe / etc. Da abermals / wañ deß Gegentheils Lehre wahr / daß die verderbte Natur ohn allen Vnderscheid die Sünde selbst were / stehen müste / die Gottheit hette die Erbsünde selbst vnd nicht die Menschheit angenommen.
Daß sie in der Augspurgischen Confession geführet werde / bezeugt der ander Artickel derselben (daß wir jetzo vieler ander Zeugnüß / so wir darauß anziehen könten / geschweigen) da diese Wort stehen / daß nach Adams Fall alle Menschẽ / so natürlich geborẽ werdẽ / in Sünden entpfangen vnd geboren werdẽ / etc. Itẽ / daß auch dieselbige angeborne Seuche vnd Erbsünde warhafftiglich Sünde sey vñ verdamme / etc. In Sünden entpfangen vnd geboren werden / vñ die Erbsünde selbst seyn / sagt niemandt / daß einerley Ding sindt / als diese verirrete vnd verwirrete Schwärmer. Also auch angeborne Seuche vnd Erbsünde seyn / vñ die verderbte Natur selbst seyn / hält niemandts für einerley / als diese Leut / die selbst nicht wissen / was sie setzen oder sagen. Weil dann die Augspurgische Confession neben vnd mit vns die Erbsünde vñ verderbte Natur deutlich vnderscheidet / so hält sie es ja mit vns vnd nicht mit diesen verwirreten Leuten. Mehr Beweises auß der Augspurgischen Confession / ist hie vnvonnöhten.
Daß die Erbsünde nicht die verderbte Natur selbst sey / etc. ist im Concordi Buch auß der Apologia Augspurgischer Confession dermassen außgefüret / daß es diese Schwärmer wol müssen vngebissen vnd vnum̃gestossen lassen. Vñ vermögen sie nit mit einigem Wort jhre falsche Lehre / daß die verderbte Natur ohn allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey / auß der Apologia Augspurgischer Confession beyzubringen / wann sie sich auch zerreissen solten.
Eben also stehen auch die Schmalkaldischen Artickel auff vn-
ser Seiten / in dem sie bezeugẽ / daß die Erbsünde sey einẽ tieffe Verderbung der Natur (im dritten Theil von der Sünde articulo 1.) mit nichten aber aussagen / daß die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey. Dann eine tieffe Verderbung der Natur seyn / vnd die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid selbst seyn / sind nicht einerley.
Das D. Lutherus in seinen Catechismis vnsere Lehre von der Erbsünde vertheidige / ist droben augenscheinlich erwiesen / da vnsere Gründe / auß den Artickeln deß Glaubens genommen / verantwortet sind.
Gleicher Gestallt ist es auch auß andern Schrifften Lutheri deutlich dargethan / daß er nicht gehalten / daß die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Erbsünde selbst sey. Dann er schreibt / Genes. 3. daß die Natur bleibe / obs sie wol scheußlich verderbt sey / vnd nennet die Sünde vnd Todt mala separabilia, Genes. 38. solche Schäden / die von der verderbten Natur können gescheiden werden.
Derwegen trutzen wir billich auff den Consensum der alten vnd rechtgläubigen Kirchen / zu förderst aber auff den Consens der Schrifft / 3. Symbolorũ, Augspurgischer Confession / Apologiae, Schmalkaldischer Artickel / Catechismorum Lutheri / vnd anderer seiner Schrifften / etc. Vnd lassen vns daruon durch jhr vielfältiges Bücherschreiben vnd Schreyen nicht abweisen.
Daß fürgewandt wirdt / als solten wir vns auff den grossenSs. j. fa. 1. vnnd hernach. Hauffen ziehen / der vns bey pflichte / ist eine lauter Calumnia oder Läster Gedicht. Dañ warauff wir vns in dieser Sach gründen / ist bißhero gnugsam vorgestellet / darbey wirs auch bleiben lassen.
So macht auch dieses deß Gegentheils Lehre nicht gewiß / daß alle wege ď weniger Theil der Warheit zufället / weil jr nun wenig sind / so müsse derwegen jre Lehre Grundt haben. Dañ August. cõtra Secũdinũ Manich. cap. 26. schreibetrecht: Vide ne apud vos nimius horror impietatis faciat meritũ paucitatis. Talia quippe
ibi leguntur, dicuntur, creduntur, vt in illum errorem magis aliquos quàm paucos irruere, vel illic remanere mirandum sit. Das ist / Sihe eben zu / daß nit die Abschewligkeit ewrer Gottslästerung / eine Vrsache sey / daß ewer so wenig sindt. Dann es werden bey euch solche Ding gehöret / gelesen / geleret vnd gegläubet / das Wunder ist / daß nicht alleine ewer wenig sind / sondern daß auch nocht etliche sind / die bey euch bleiben vnd verharren.
Die Warnungen der Schrifft vnnd Lutheri fürm grossen Hauffen sind nur auff die falsche Lehre vnnd Lehrer gerichtet / vnnd nicht auff die Warheit / welche / Gott Lob / in diesem Streit auff vnser vnd nicht auff der Schwärmer Seiten stehet.
VI. Ist vnd bleibet auch dieses wahr / daß für diesem Streit / den Illyricus angefangen / in vnsern Kirchen vnd Schulen ohne jemandes Einrede von den vnsern ist gelehret wordẽ / daß die Erbsünde ein Accidens oder böser Zufall sey / vnnd muß solchs das Gegentheil selbst gestehen / warumb solt es dann nun vnrecht seyn?
Daß fürgewendt / solchs sey aber nach der Dialectica geschehen / vnnd nicht nach der Theologia, &c. ist lächerlich zu hören. Dann die Frage ist nicht / warnach die Erbsünde ein Accidens von den vnsern geheissen / vnnd in welchem Buch sie also genannt sey: sondern obs auch recht sey / vnd in Gottes Wort / den 3. Symbolis, Augspurgischer Confession / Apologia / Schmalkaldischen Artickeln / Catechismis Lutheri / etc. gegründt sey / daß es aber beständigẽ guten Grundt habe vnd recht sey / beruffen wir vns auff die Beweisungen / so beydes im Concordi Buch vnnd in dieser Schrifft dem Gegentheil vnd seinen Lästerungen entgegen gesetzt / vñ sind dessen / Gott Lob / in vnsern Hertzen vergwisset / daß die Pforten der Hellen solche vnsere Beweisungen nicht sollen noch können widerlegen. Anmäulen mögen sie dieselbigen wol / aber vmbstossen soll jhnen wol fehlen.
Das Concordi Buch sagt nicht / daß auß der Dialectica soll genommen werden / was von der Erbsünde zu halten sey / sondern es
beweiset / daß vor diesem Streit / welchen Illyricus erreget / die vnsern in jhren Schrifften ohne jemandes / auch D. Lutheri Einrede / die Erbsünde ein Accidens oder zufälliges Ding genannt haben. Dañ wir zu guter massen / auch ohne dieser Leut Erinnerung / wol wissen / daß nicht auß der Dialectica, sondern auß der Heiligen Schrifft müste genommen vnnd gelernet werden / was die Erbsünde eigentlich sey / darumb diese jhre Alfentzerey nichts zur Sachen thut.
Der Spruch: Wenn jhr (Schwärmer) der Warheit nicht abbrechen / noch dieselbige widerlegen könt / so vnderstehet jhr euch mit ewern Dialectischen finstern Argumenten / Gründen vnd Beweiß die Einfältigen jrre zu machen / vnd gebt für / jhr könt nicht bey euch ergründen oder außdencken / in welcher Dialectica wir vnsere Lehr müssen gefunden haben / nem̃lich daß für GOtt Sünde sey die Menschliche Natur / so auß einer guten Natur in eine böse verwandelt worden / etc. Welchen Irenaeus Augustino zu schreibet vnd allegiert 6. librum contra Iulian. vnd das 2. Cap. ermeltes Buches / stehet durchauß in angezogenem Capitel nicht. Wie aber solche citationes diesen Leuten anstehen / stellen wir zu Erkändiniß aller verständigen Christen. Das stehet lib. 6. cap. 2. Frustra te intorques argumentationibus vanis, non aduersus me, sed aduersus cõmunem matrem spiritualem, &c. Du marterst dich vm̃ sonst mit deinen vergeblichen Argumenten / zwar nicht wider mich / sondern wider die gemeine Geistliche Mutter. Aber die vorigen Wort stehen lib. 6. contra Iul. cap. 2. gar nicht / vnd da sie gleich stünden / beweiseten sie doch nichts.
Der fölgende Spruch / der also dieses Orts citiert wirdt: NichtT t ij. fa. 2. Aristoteles / dessen Categorias jr vnweißlichẽ allein verstehet vñ für recht haltet: sondetn der Apostel Paulus sagt / daß durch einen Menschen die Sünde kommen ist in die Welt / etc. wirdt auch Augustino lib. 3. contra Iulian. cap. 9. zugeschrieben / stehet aber weder im S. 9. oder 10. Capitel gemeltes Buchs / vñ da er auch gleich drinnen stünde / so beweisete er doch nichts vberall wider vns. In. 7. cap. lib. 3.
verweißt wol Augustinus dem Juliano / daß er auß der Dialectica argumentieren wölle / vnd könne es doch nicht Dialecticè oder recht fürbringen. Sind aber die angezogene Wort darinnen nicht zubefinden.
Noch ein Spruch wirdt auß dem 2. Buch Augustini contra Iulian. am Ende desselbigen Buchs citiert / da Augustinus Juliano sagt / daß er der Vätter Sprüche exagitiere / Quia nõ possunt secundum Categorias Aristotelis de dogmatibus iudicare. Dieweil sie nicht können nach den Categoriis Aristotelis von der Lehre vrtheilen / gleich als were er / Julianus / der Mann / welcher der Peri pateticorum philosophorum Raht finden könne / da sie vom subiecto vnnd denen Dingen / so in einem subiecto oder Wesen sind / wider die Erbsünde auß der Dialectica sprechen / etc. Aber dieser Spruch / wie auch dergleichen andere mehr / nemen vnser Lehre gar nichts. Sintemal wir vnsere Lehre von der Erbsünde / was sie eigentlich sey / nicht auß der Dialectica schöpffen vnnd nehmen / sondern auß der Heiligen Schrifft.
Das Christliche Concordi Buch füret den Grundt oder Beweiß der Lehre von der Erbsünde nicht auß Philippi Dialectica (dañ den Grundt der Lehre hat es auß der Schrifft vnnd Artickeln deß Glaubens gesetzet) sondern das alleine sagt es / daß ohne jemandes / auch Lutheri Einrede / vor diesem Streit breuchlich gewesen in Schulen vñ sonst / die Erbsünde ein Accidens oder zufälliges Ding zu nennen. Derwegen dann ein solch Zetergeschrey vber dem Wort Accidens nicht zu machen / wie diese Leuthe thun / sonderlich weil die Sache selbst / so mit oder vnter diesem Wort begriffen / in der Heiligen Schrifft stehet / vnnd mit so starckem Grunde gelehret wirdt. Wann wir den Grundt dieser Lehre auß Philippi Dialectica nehmen / so hetten diese Leut vns billich zu beschüldigen. Weil wir aber das nicht thun / so ist es ein lauter vergeblich Ding / daß sie hieruon so viel Wort verlieren.
Also / was ferner auß Augustino vnd Eusebis von der Dialectica eingeführet / gibt oder nimpt dieser Sachen nichts. Dann niemandt vnter vns sagt / daß man den Grundt der Lehre / was nem̃lich die Erbsünde sey / auß der Dialectica nemmen soll / darumb alle diese Sprüch vergeblich wider vns citiert werden / vnd der Christliche Leser vmbsonst damit auff gehalten wirdt.
Lutheri Klag vber die Dialecticam, Tomo. 1. Epistolarũ, gehet darauff / wie die Dialectica in seiner Jugendt / gegen dem jetzigen Liecht zu rechnen / in Schulen so vnuerständtlich sey tradiert worden / daß er vnd andere keinen Nutz darauß schaffen / oder sich derselben bessern können / wirfft sie aber darumb nicht gar hinweg / wie diese Schwärmer thun.
Daß in Glaubens Sachen von der Dialectica zu der Theologia oder Heiligen Schrifft zu gehen / ist recht / vnnd das thun wir auch in diesem Streit / wie vns dessen vnsere Gründe / auß Gottes Wort vnd Artickeln deß Glaubens genommen / gnugsamb Zeugnüß geben für Gott vnd seiner lieben Kirchen.
Der Meister deß Examinis hat droben selbst bekandt / daß dasIi. ij. Wort Substantz oder Wesen / das sie in diesem Streit von der Erbsünde brauchen / nicht in der Bibel stehe / vnnd wöllens doch gleich sehr nicht fallen lassen / so es doch gewißlich wahr ist / vnd bißher augenscheinlich durch Gottes Gnade erwiesen / daß es in diesem Artickel von der Erbsünde / wie sie es brauchen / ohne grosse Gottslästerung nicht kan geduldet oder gelitten werden. Warum̃ soltẽ wir dañ nicht viel mehr Macht haben / da die Sache selbst / welche mit dem Wort Accidens oder Zufall von den vnsern außgesprochen / in Gottes Wort vnnd in den Artickeln vnsers Christlichen Glaubens so starcken festen Grundt hat / dasselbige zu behalten?
Vns ist auch nicht so viel am Wort Accidens oder Zufall / als an der Sachen selbst / gelegen. Wann wir der Sachen einig weren / vnnd sie mit vns lehreten / daß die Erbsünde eine tieffe Verderbung were der Natur / welchs die Schrifft lehret vñ Lutherus mit
der Schrifft / etc. Vnd nicht die verderbte Natur selbst / welchs weder die Schrifft / noch die drey Symbola, Augspurgische Confession / Apologia / Schmalkaldische Artickel oder Catechismi Lutheri lehren / sondern jr eigen Gedicht ist / könte deß Wort Accidens halber leicht Raht gefundẽ werdẽ. Weil sie aber das nit thũ / auch nit thun wollẽ / ists vergeblich / daß sie dieses Worts halben also hefftigruffen vnnd schreyen. Dann so lange sie die schwärmerische falsche Redẽ / daß die Erbsünde ein Substantz sey / oder / wie sie es jetzo führẽ / daß die verderbte Natur ohn allẽ Vnderscheid die Erbsünde selbst sey / etc. behalten / so lange können wir nicht Vmbgang haben / das Wort Accidens oder Zufall wider jhren Schwarm zu gebrauchen / vnnd demselben entgegen zusetzen. Vnd das vmb so viel desto mehr / daß / wie gemelt / die Sache / vnter diesem Wort begriffen / vnfehlbaren Grundt in Gottes Wort hat.
Schildt doch Illyricus selbst in seinen demonstrationibus fol. 12. 13. die jenigen für vnuerständige Leut / welche diese Wörter / Substantz vnnd Accidens, in diesem Streit nicht brauchen wollen. Da sie nun das Wort Accidens so hoch verwerffen / müssen sie jhren eigen Meister vnd Abgott straffen.
Da schreyet aber das Gegentheil / gewonnen / gewonnen / da es Lutheri Spruch auß der Epistel an die Galater cap. 3. Tom. 4. Ienensi einführet: Ein Sophistischer Theologus kan nicht anderst von der Erbsünde reden / dann ein Heidnischer Philosophus / nemblich / daß sie sey ein qualitas in subiecto in der Seele / am Wesen oder an der Natur / wie eine Farbe an der Wandt / etc. Läßt aber aussen / das D. Lutherus ferrner hinzu setzet / da er sich gnugsam erkläret / wie er seine Wort wölle verstanden haben.
Wöllen aber seine Wort gantz setzen: Ideo peccata non sunt reuera ibi, vbi cernuntur & sentiuntur. Nam secundùm Theologiam Pauli, nullum peccatum, nulla mors, nulla maledictio est ampliùs in mundo, sed in Christo, qui est agnus Dei, qui
abstulit peccata mundi, qui factus est maledictum, vt nos à maledicto liberaret. Contra, secundùm philosophiam & rationem, peccatum, mors & maledictio nusquam sunt, nisi in mundo, carne seu peccatoribus. Non enim aliter potest Theologus sophista de peccato loqui, quàm gentilis Philosophus, nempe sic: Qualitas haeret in substantia aut subiecto. Sicut ergo color in pariete, ita peccatum in mundo, carnevel conscientia haeret. Igitur eluendum est per contrarios motus, scilicet per charitatem. Vera autem Theologia docet, quòd nullum peccatum ampliùs sit in mundo. Quia Christus, in quem Pater coniecit peccata totius mundi, Esa. 53. vicit, deleuit & occîdit illud in corpore suo. Is semel mortuus peccato, resuscitatus verò ex mortuis, amplius non moritur. Vbicunque igitur est fides in Christum, ibi reuera peccatum abolitum, mortuum & sepultum est. Vbi verò non est fides in Christum, ibi peccatum manet. Quanquam reliquiae peccati sint adhuc in sanctis, quia perfectè non credunt, &c. tamen illae mortuae sunt, quia propter fidem in Christum non imputantur. Das ist / Darumb sindt die Sünde nicht warhafftig / da sie gesehen vnnd empfunden werden. Dann nach S. Pauli Theologia ist keine Sünde / kein Todt / kein Fluch mehr in der Welt / sondern in Christo / welcher ist das Lamb Gottes / das weggenommen hat die Sünde der Welt / der ist worden ein Fluch / daß er vns vom Fluch erlösete. Hergegen aber nach der Philosophia vnd der Vernunfft / ist Sünde / Todt vnnd Fluch nirgendt / dann in der Welt / im Fleisch vnd in den Sündern. Dann es kan ein Sophtstischer Theologus nicht anderst von der Sünde reden / dann wie ein Heidnischer Philosophus, nem̃lich also: Qualitas, das ist / ein zufällig Ding / klebet oder hanget an dem Wesen / wie nun die Farbe an der Wandt ist / also ist auch die Sünde in der Welt / Fleisch vnd Gewissen / darumb muß man sie außwaschen oder vertreiben durch widerwertige Bewegung / nem̃lich durch Liebe. Aber die rechte warhafftige Theologia lehret / daß kein Sünde mehr in der Welt
sey. Dann Christus / auff welchen der Vatter der gantzen Welt Sünde geworffen. Esai. 53. hat die Sünde in seinem Leibe vberwunden / vertilget vnd getödtet / vnd nachdem er von den Todten erstanden / stirbt er nicht mehr. Darumb / wo der Glaube in Christum ist / daselbst ist warhafftig die Sünde vertilget / gestorben vnnd begraben. Wo aber der Glaube an Christũ nit ist / da bleibet die Sünde / wiewol auch noch Sünde bleibet in dẽ Heiligen / dañ sie glauben nit vollkom̃en / wiewol sie gestorbẽ sind / darum̃ daß sie von wegẽ deß Glaubens an Christũ nit zugerechnet werden. Biß daher Lutherus.
Hie sihet der Christliche Leser / daß Lutherus wider die Sophisten hie nicht streittet / daß sie gesagt / die Sünde sey ein Qualitet oder anklebender Gebreche im Menschen oder Menschlicher Natur / sondern darumb / daß sie ein solche geringe Qualitet oder solchen geringen Mangel drauß machten / wie eine Farbe an ď Wand / welcher Mangel durch die Liebe köñe außgewaschẽ vñ getilget werdẽ / so sie doch ein solcher beschwerlicher / grosser vñ vnträglicher jam mer / Schaden vnd Mangel ist / den kein Creatur hat tilgen oď außwaschen köñen / sonder hat alleine durchs thewre Blut Jesu Christi deß Sohns Gottes müssen getilget vnd abgewaschen werden.
Ob nun wol die Sünde im Menschen / als in einem subiecto ist vñ deß Menschen Natur anhanget / so ist sie aber doch nicht eine solche geringe Qualitet / wie ein Farbe an der Wandt / die da leicht / der Schullehrer Meynung nach / durch eygene Werck oder die Liebe kan auß gewaschẽ werdẽ / sonder ist ein solche schädliche Qualitet / ein solcher schädlicher / gefährlicher grosser Gebrechẽ in der verderbten Natur / der durch nichts anders / als alleine durch das Blut Jesu Christi hat können gereyniget / vnnd wir arme verdampte Menschen darvon erledigt werden.
Da auch Lutheri Meynung gewest / daß die Sünde ein Substantz were / oder daß die verderbte Natur die Sünde selbst were / vnd nicht ein qualitas, tieffe Verderbung / Mangel vñ Gebrechen in der verderbten Natur / so hette er hie nit müssen schreiben / daß die Sün-
de in ď Welt vñ im Fleisch were. Item / daß die Sünde noch in den Gläubigen bliebe. Dañ mit diesen Worten vnterscheidet er deutlich zwischẽ der sündigen vñ verderbten Natur / vñ zwischen der Sünde / so dariñen ist. Bestättiget also selbst / daß die Sünde in der Natur / als in einem subiecto, sey / wie solt ers dann an den Schullehrern straffen? Ein anders ist es / die Geringerung der Sündẽ an den Sophistẽ straffen / daß sie dieselbige für eine solche schlechte Qualitet oď Schadẽ gehalten / ď durch die Liebe köñte außgewaschen werden / vñ ein anders / widerfechtẽ / daß sie in qualitas oď Schadẽ / Fehl vñ Gebrechen in subiecto oď in der verderbtẽ Natur sey / dz erste hat Lutherus gethan / das ander aber nit / dañ sonst müste er wiď sich selbst seyn.
Es ist auch sonderlich dieses Orts zu merckẽ / daß / da das Gegentheil Lutheri Wort einfüret / es darzu setzet das Wort Accidens, so doch dasselbige im Luthero Galat. 3. gar nicht stehet / darmit es gnugsam zu verstehen gibt / daß Lutherus das Accidens nicht in Specie oder mit Nahmen verwerffen / Sondern daß sie jhm solches auß jhrem eigen Kopff fälschlich andichten. Also ist auch dieses zu mercken / daß Lutheri Wort im Latein nicht also lauten / wie sie das Gegentheil verdeutschet hat. Zu Latein stehen sie also: Qualitas haeret in substantia aut subiecto: Sicut ergo colorin pariete, ita peccatum in mundo, carne vel conscientia haeret. Irenaeus hat sie aber verdeutschet / daß die Erbsünde sey Accidens oder Qualitas in subiecto, in der Seele / am Wesen oder an der Natur / wie eine Farbe an der Wandt / etc. Da es doch / nach dem Latein / im deutschen eygentlich also lauten soll: Qualitas, das ist / ein zufällig Ding / ist in dem Wesen / etc. Wie nun die Farbe an der Wand ist / also ist auch ja die Sünde in der Welt / etc. Das lautet noch lange nicht / wie es Irenęus verdeutschet hat / gibt auch den Verstand nicht / den er darauß er zwingen will / wie leicht zu vernemmen.
Die Wort Lutheri Galat. 3. Cum peccator venit reuera in notitiam sui, non solùm sentit, se peccatorem concretiuè seu adiectiuè, sed etiam abstractiuè, hoc est, non solùm videtur sibi
calamitosus, sed ipsa calamitas: Non solùm peccator & maledictus, sed ipsum peccatum & maledictum. Vt in lingua latina, cum excellenter volumus aliquem significare scelestum, vocamus eum scelus. Das ist / wann ein Sünder recht zu sein selbst Erkändtniß kompt / dünckt jhn nicht anderst / dann daß er nicht alleine concretiuè seu adiectiuè, sonder auch abstractiuè ein Sünder sey / das ist / Es ist jhm nicht alleine also zu Siñ / als sey er calamitosus, Vnglückhafftig / sondern ipsa calamitas, das Vnglück selbst / vnd daß er nicht alleine ein Sünder vnnd verflucht sey / sondern es düncket jhn / er sey die Sünde vnd der Fluch selbst. Wie in der Lateinischen Sprache / wann man einen auffs aller ärgst schelten will / so spricht man: Du bist nicht allein scelestus, ein böser Schalck / sonder auch scelus, das ist / die Schalckheit selbst / etc. geben klar zu verstehen / daß er hie nicht propriè oder eygentlich redet / sondern figuratè, das ist / verblümeter Weise / nach Art vnnd Gebrauch der Lateinischen Sprachen / wie solches auch droben vnter dẽ Titulo, daß Gott der Erbsünde nicht gnädig sey / bald im Anfang auch gemelt worden. Darumb gilt es nicht auß dieser verblümbten Rede Lutheri / die er selbst nach Art der Lateinischen Sprachen also nennet / eine propriam, das ist / eine eygentliche Rede machen vnnd erzwingen wöllen / daß Lutherus / eygentlich zureden / den Menschen die Sünde selbst genennet habe / vnnd daß sein Meynung gewest / wie diese Leuht streitten / daß kein Vnderscheidt vberall zwischen der Erbsünde vnd zwischen der verderbten Natur sey / welches Luthero nie geträumet hat.
In Schulen pflegt man solche Reden Auxeses zu nennen / da forma seu abstractum pro concreto, das ist / das Wort Sünde für das Wort Sünder gebraucht wirdt / darumb heben diese Wort Lutheri den Vnderscheidt zwischen den Concretis vnnd Abstractis vocabulis, dessen das Christliche Concordi Buch / pag. 263. gedencket / im geringsten nicht auff / sondern lassen jn vnbeweglich stehen. Dañ ein anders ist / figuratè, verblümeter Weise / reden / ein anders /
propriè, das ist / eygentlich. Aber das geben auch die Wort Lutheri: Der Sünder fühlet / empfindet oder lässet sich bedüncken / er sey nicht alleine ein Sünder / sondern auch die Sünde selbst / etc. klar zu verstehen / daß Lutherus nicht gehalten / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey. Dann sonst hette er derselben Wort nicht brauchen können: Sondern hette sagen müssen: Wann der Sünder zu rechter Erkändtniß seiner Sünde kompt / bedüncket jhn nicht alleine oder es hett nicht das Ansehen alleine / daß er ein Sünder sey / sondern er ist auch warhafftig die Sünde selbst / vnnd ist kein Vnderscheidt vberall zwischen seiner verderbten Natur vnnd zwischen der Erbsünde. Weil er aber das nicht gethan / so soll mans jhm auch auff seinen geschlossenen Mundt nicht andichten / als diese Leuhte thun / etc.
Also der ander Spruch / Galat. 3. auß dem dritten lateinischen Tomo Ienensi, pag. 52. 53. da D. Lutherus wider die Schullehrer schreibet / der Apostel Paulus nenne die Mängel oder Gebrechen im Menschen nicht habitus, wie die philosophi, sondern Werck deß Fleisches / die von dem gantzen Menschen geschehen / etc. vnnd es sey zu verachten / was sie von den habitibus, concreto & subiecto disputieren / ist alles secundùm quid, das ist / auff gewisse Maß von jhme geredt. Dann Lutherus selbst / wie kurtz zuvor gemelt / in der andern Außlegung der Epistel an die Galater / Tomo 4. Ienensi latino, derselbigen Wörter in rechtem Verstande wider die Sophisten brauchet. Wie er dann vber das 53. Cap. Jesai. schreibet / daß es auß sonderlicher Gnade Gottes geschehen / daß in der Grammatica etliche Wörter concreta, etliche abstracta genennet werden. Wann nun Lutherus diese vnd dergleichen Schulwörter wider die Sophisten verwirfft / verstehet er jhren Mißbrauch / den sie darmit getrieben / vñ nicht den rechten Brauch / den er selbst behält. Dann wo er sie durchauß verworffen / hette er jrer selbst nicht brauchen können oder sollen.
Wann wir von der Erbsünde reden vnd sagen mit Luthero /
daß sie in der Seele oder Menschlichen Natur / als in jhrem subiecto sey / verstehen wirs nicht / wie es die Sophisten verstanden haben / wann sie von den habitibus der Tugendt vnd Vntugendt disputiert / sondern wir verstehens von der tieffen Verderbung vnser gantzen Natur / welche also groß vnd schwer ist / daß sie keine Creatur wenden kan / sondern muß durch den Sohn Gottes Christum Jesum alleine abgethan vnd getilget werden. Die Sophisten aber verstehen vnd legen es auß von einem solchen geringen habitu, Vnart / Fehl / Gebrechen vnd Mangel / der durch Menschliche Kräfften / sonderlich aber durch die Liebe / wol könne abgetilget vnd außgewaschen werden. Welche falsche Meynung wir mit Luthero von Hertzen Grundt verwerffen vnd verdammen. Dann die Erbsünde / wie gesagt / ist ein solcher erschrecklicher Schade / Qualitet oder Vnart / die durch keine blosse Creatur vberall kan abgeschafft vnd geheylet werden. Darumb diese Sprüche D. Lutheri den Vnderscheidt vnter dem concreto vnd abstracto nicht auffheben / auch das subiectum vnnd habitus an jhnen selbst nicht widersprechen / sondern alleine den sophistischen Mißbrauch verwerffen / welches wir auch thun.
Daß man sich vorzusehen / damit nicht durch Schul Subtiliteten / de formis substantialibus, de accidentibus & qualitatibus, die reine Lehre von der Erbsünde zerrüttet werde / ist freylich wahr. Daß man aber darumb solcher Wörter / in rechtem / heilsamen vnnd gesunden Verstande gar nicht brauchen solle / das ist zu viel / vnnd passiert nicht / dann gebrauchen sie sich doch selbst auß jhrem Illyrico der Subtilitet / de formis substantialibus, das ist / von wesentlichẽ Formen der Seelen / deß Hertzẽ / deß Verstands / etc. Welches kein gemeiner Leye verstehet / ja sie selbst nicht verständlich gnugsamb im deutschen außsprechen können.
VII. Ihr Meister vnd Vorfechter Illyricus bekennt selbst / wie kurtz zuvor gehört / daß dieses vnverständige Leut sind / welche in gegenwertigem Streit von der Erbsünde die Wörter / Accidens
vnd substantia, nicht brauchen wöllen / noch muß es diesen Leuten vnrecht seyn / wann wir auß Gottes Wort vñ Artickeln deß Christlichen Glaubens verneinẽ / daß die Erbsünde ein Substantz oder die verderbte Natur selbst sey / etc. Daß wir hergegen sagẽ / sie sey ein höser Zufalle oder tieffe Verderbung in der Menschlichẽ Natur. Dañ weil sie kein Substantz ist / oder die Substantz vñ Wesen deß Menschen nicht ist / ist auch nicht die verderbte Natur deß Menschen / so kan man sie ja anderst nicht nennen / dann einen zufälligen bösen tieffen Schaden oder tieffe jäm̃erliche Verderbung vnd Zerrüttung in der Natur.
Wir sagen auch solches nicht ohne Grundt Göttliches Worts / der drey Sümbolen / Augspurgischer Confession / Apologia / Schmalcaldischen Articuln / Catechismis vnnd Schrifften Lutheri (dann darauß haben wir bißher solche Lehre mit starckem Grunde erwiesen) sondern wir lehren es mit beständigem vnd vnbeweglichem Grunde der vnfehlbaren Warheit der Schrifft / vnnd anderer Zeugnüssen. Darumb sie dann auch diese vnsere oder viel mehr Göttliches Worts Lehre wol sollen bleiben lassen.
Daß nuhn Lutherus / Psal. 51. schreibet: Tu sic defini peccatum, peccatum hoc totum esse, quod est natum ex patre & matre, &c. Du solt die Sünde also beschreiben / daß Sünde das alles sey / das auß Vatter vñ Mutter geborẽ ist / etc. wissen wir / Gott Lob / nicht weniger als sie. Wir wissen aber darneben auch dieses / daß Lutherus eben an gemeldtem Ohrt / gleich als hette er im Geist zuvor gesehen / daß Schwarmgeister kommen würden / welche jm seine Lehr würden verkehren / diese Wort hinzusetzet: Hinc enascitur diuisio peccati. Nam tota natura primum per peccatum corrupta & aeternae morti subiecta est. Deinde alia ceu species peccati est, quod homo habens legem potest agnoscere, cũ scilicet furta, adulteria, caedes cõmittuntur. Hierauß erwechst die Theilung der Sünde. Dañ erstlich ist die gantze Natur durch die Sünde verderbt
vnd dem ewigen Tode vnderworffen / darnach ist gleich eine andere Art der Sünden / welche der Mensch / wann er das Gesetz hat / erkennen kan / als Diebstal / Ehebruch / Todtschlag / etc. darauß der Christliche Leser deutlich verstehet / daß Lutherus mit dieser Art zu zu reden / da er spricht / daß das alles Sünde sey / waß auß Vatter vnnd Mutter geboren ist / eben das meyne / daß er mit folgenden Worten außspricht / nem̃lich / daß die gantze Natur durch die Erbsünde verderbet vnnd dem Tode vnterworffen sey / vnnd daß dieses die eygentliche Meynung Lutheri sey vnnd keine andere / setzet er bald darauff folgende Wort: Dauid sic definit, vt significet, peccatum esse corruptionem omnium virium, interiorum & exteriorum, adeò, vt nullum membrum officium suum ita nunc faciat, sicut in Paradiso ante peccatum. Das ist / Dauid beschreibet die Erbsünde also / daß sie sey eine Verderbung aller innerlichen vnd eusserlichen Kräfften deß Menschen / Also daß leider kein Gliedmaß sein Ampt also verrichtet / wie es im Paradiß vor dem Fall gethan hat. Darumb nicht eyntzele Wort auß Luthero zu zwacken / sondern seine gantze Rede zu erwegen ist / da er von der Erbsünde handelt vnnd dieselbige beschreibet / vnnd ein Wort auß dem andern zu erklären ist.
Was hie das Gegentheil ferrner treibet / als solte das Concordi Buch wider sich selbst seyn / in dem es sagt / daß der eynfältigen Kirchen mit den Schulworten Accidens vnd Substantia in Predigten zu verschonen / hernacher aber setzet / wann gefragt / Ob die Erbsünde ein Substantz oder Accidens sey / müsse man fein rundt herauß bekennen / daß die Erbsünde kein Substantz / sondern ein Accidens sey / etc. ist ein lauter Gedicht. Dann die ersten Wort reden von den gar einfältigen Christen / die dieser Wort keines verstehen / auch noch keinẽ gründtlichen Bericht von diesem Streit haben / derer ja billich zu verschonen ist / vnnd sehen auff den Anfang dieses Streits / da solche Wörter dem gemeinen Mann noch gar frembde waren / die folgenden aber gehen auff die Sache selbst / vnnd da
einer gefragt würde / der die Sach verstehet / was Substantia vñ Accidens sey / daß derselbige auß vnnd nach Gottes Wort antworten solle / die Erbsünde sey nicht deß Menschen Substantz / Natur oder Wesen / sey auch nicht die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid selbst: sondern sey eine zufällige tieffe Verderbung der gantzen Natur / etc.
Daß wir halten sollen / es könne keiner kein Theologus werdẽXx. 5. ohne den Aristotelem / etc. ist eine vnuerschämpte Vnwarheit / vnnd bedarff derwegen keiner weitläufftigen Antwort.
VIII. Was die Wort deß Concordi Buchs pag 264. antrifft / soll den Kirchen vnnd Schulen dieses ärgerlichen vnnd hochschädlichen Streits zu Grunde abgeholffen werden / ist von nöhten / daß menniglich deßhalben eigentlich berichtet / etc. sind sie secundùm quid geredet / nemblich in Betrachtung / wie hart Illyricus in seinen Büchern getrieben / daß die Erbsünde ein Substantz were / eben in dem Verstande / wie das Wort Substantz in der Abtheilung der Substantz vnnd accidentis oder zufälliger Dinge in Schulen gebraucht / vnd den zufälligen Dingen entgegen gesetzt wirdt / als in seinen Demonst. fol. 321. 322. vnnd dergleichen mehr Orten zu sehen ist. Hat nun die Kirche für Illyrici Schwarm vnd falscher Lehre sollen gewarnet vnd / so viel an vns ist / diesem Streit abgeholffen werden / ist ja freylich von nöhten gewest / daß menniglich dauon eigentlich berichtet würde. Gehet also dieses alles auff die Wörter selbst / Substantz vnd zufälliges Ding / vnnd auff Illyrici / der deß Schulworts Substantz gebraucht / Treiben vnd Dringen. Sonst / was die Sache an jhr selbst betrifft / sagt das Concordi Buch nicht / daß sie auß diesen Schulworten solle entschieden werden: sondern viel mehr auß Gottes Wort / vnd Artickeln deß Christlichen Glaubens / wie dann auch solcher Grundt im Concordi Buch deutlich vnd klar gezeiget ist. Darumb sich dann diese Leut billich schämen solten / was secundùm quid oder einer gewissen Vrsachen halben also geredet ist / simpliciter oder also zu deuten / gleich als lehrete das
Concordi Buch / daß die Erörterung dieses Streits alleine auß diesen Schulworten / vnd nicht auß der Heiligen Schrifft / solte oder müste genommen werden.
Wann dieses erwogen wird / so fället das gantze Geschwetz zuboden / daß sie dieses Orts / vom Arrianischen Friede / von Zwinglianern vnd von Victorino, &c. treiben.
IX. Fechten sie an / daß im Concordi Buch pag. 264. gesetzt / wann gefragt wirdt / was die Erbsünde für ein Accidens oder Zufall sey / darauff könne kein Philosophus / kein Papist / kein Sophist / ja keine Menschliche Vernunfft antworten / etc. geben für / daß solchs im Concordi Buch gesetzt sey / daß wir vns selbst bedüncken lassen daß wir mit dem Wort Accidens nicht bestehen können / etc. Ist aber jhr eygen Gedicht.
Dann es ja wahr ist vnd bleibet / daß die Erbsünde kein Substantz ist / dann alle Substantzen von Gott selbst erschaffen sind / so ist sie auch nicht die verderbte Natur deß Menschen / dann die ist auch eine Substantz / sondern ist eine böse qualitas oder tieffe Verderbung / tieffer Schade vnd Gebrechen in der gantzen Menschlichen Natur. In Summa / die Erbsünde ist nicht eine schlechte geringe qualitas, eine schlechte geringe Verderbung / Seuche / Schaden vnd Gebrechen: sondern ein solcher grosser Schade / den keine Menschliche Vernunfft in diesem Leben gnugsamb verstehen oder außreden / viel weniger aber heilen / wenden oder außwaschen kan / vnd ist dieses kein Schafpeltz / sondern die Warheit selbst / wie bißhero gewaltig erwiesen.
Setzen auch hiermit im geringsten nicht / daß man Philosophische vnnd schwärmer Wort brauchen / vnnd den rechten Verstandt auß der Heiligen Schrifft nehmen möge: sondern wir kehrens vmb / lehren vnnd sagen also / daß / weil man auß Gottes Wort starcken vnnd vnumbstößlichen Grundt hat / daß die Erbsünde kein Substantz ist / auch nicht die verderbte Natur deß Menschen selbst ist: sondern eine tieffe Verderbung der Substantz / Wesens oder
Natur deß Menschen / vnnd aber sich die Lehre / in Gottes Wort hieruon fürgeschrieben / gar fein mit dem vblichen Schulwort Accidens, Zufall / etc. vergleichet / daß mans derhalben sicherlich vnd gar wol in diesem Streit brauchen könne vnd möge. Vnd wöllen zusehen / wer vns solche Maximam nehmen solle.
Möchten doch diese schwärmerische Köpffe noch wol mehr auff daß Christliche Concordi Buch dichten / müst es darumb als baldt eitel Warheit vnd lauter Euangelium seyn?
Von Arrianischen Glossen ist an seinem Ort Bericht geschehen / reimet sich im Grunde zu dieser Sache nichts / alleine daß dieser Meister es dafür hält / wann er nur ein Ding vielmahl repetiert / vnnd grosse Bücher voll klickt / so habe er schon gewonnen.
Sie wollen sich das Wort Substantz in diesem Streit / welchs doch / wie zum offtermal erwiesen / voller Gottslästerung steckt / nicht nehmen lassen / so werden wir vns die Wort: Zufall / Schaden / Vnart / Gebrechen / Mangel / Verderbung / vnnd was dergleichen sind / die in Gottes Wort so starck gegründet / durch jhr Geschrey noch viel weniger auß den Händen reissen vnnd abschwetzen lassen.
Wir brauchen vns auch keiner Glossen vnd Spitzbübischen Deuteleyen / dawider Lutherus in seinem seruo arbitrio geschrieben / haben auch mit dem Interim oder andern nichts gemein / sondern haben vnsere Lehre mit starcken guten Gründen Göttliches Worts / auß den dreyen Symbolen vnd andern reinen Schrifften dargethan / lassen vns auch dieselbige durch jhr erdichtes Plauderwerck nicht zu Wasser machen / da ist dencken an verloren. Wöllen sie zur Warheit tretten / gut / wo nicht / mögen sie auff jhr Ebenthewr jmmer hin fahren / doch jam̃ert vns jhr Verderben / woltens auch gerne wenden / wann wirs nur köndten. GOTT bekehre sie / Amen.
Z z iij. fac. 2. Lutheri Spruch Tom. 1. VVittenberg. fol. 106. So kräfftig ist deß Teuffels Triegerey vnd Zeuberey in allen Schwärmern / daß sie frey rhümen / ja auffs allerthewerste schweren dörffen / sie haben die aller gewisseste warheit / etc. welchen sie hie einführen / gehet so gewaltig auff jhre schwärmerische falsche Lehre / welche sie auß Illyrici Schwarmbüchern gesogen vnnd für die gewisse Warheit halten / daß er sie nicht wol besser treffen köndte / mögen demnach wol zusehen / daß sie in der Gnaden Zeit Busse thun vnnd sich zu Gott von jhrem Irrthumb bekeren.
Gern wolte das Gegentheil die Beschreibung der Erbsünde / auß den Schmalkaldischen Artickeln genommen / daß sie nemblich sey eine tieffe Verderbung / ein vnaußsprechlicher Schade / etc. vmbreissen oder zum wenigsten zweiffelhafftig machen / aber es soll jhnen / ob Gott will / fehlen.
Sie sprechen / wir verstehen das Wort Verderbung für das jenige / so die Natur verderbt hat / sie aber verstehens mit Luthero passiuè, nemblich daß die Erbsünde sey das Corruptum, die gantze verderbte Natur vnd Wesen / etc.
Daß aber vnser Verstandt recht sey / erscheinet auß den vielfältigen Gründen / damit wir bißhero den Vnderscheid zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde selbst durch Gottes Gnade erwiesen haben / darauff wir vns auch dißfalls referieren.
Hergegen daß jr Verstandt falsch sey / erscheinet erstlich auß dẽ erwiesenẽ Vnderscheid der verderbtẽ Natur vñ Erbsünde. Zum andern auß Lutheri Worten selbst / der da spricht (die Wort sind droben allegiert) die Natur bleibe / ob sie auch gleich verderbt sey. Item: Eben dieselbigen Gliedmassen bleiben. Zum dritten / daß Lutherus das Wort / passiuè, in der Lehre von der Erbsünde / als sie es dieses Orts anziehen / nicht brauchet / könnens auch solcher Gestallt auß Luthero nicht erweisen. Zum vierdten / daß / wo jhr Verstandt solt recht seyn / folgen müste / daß der Mensch durch die Sünde wesentlich gantz vnnd gar abgetilget vnnd ein ander newer Mensch / dem
nach von Adam vnderscheidẽ geworden / welchs eine grewliche Vnwarheit vñ Gottslästerung ist. Dañ Prosper Aquitanicus contra Collatorẽ recht schreibet: Naturę humanę, cuius creator est Deus, etiam post praeuaricationem manet substantia, manet forma, manet vita, & sensus & ratio, caeteraque corporis atque animi bona, quae etiam malis vitiosisque non desunt. Das ist / die Menschliche Natur / welcher Gott ein Schöpffer ist / behält auch nach dem Fall jre Substantz / Gestallt / Leben / Sinne / Vernunfft / vnd andere Güter vnd Eygenschafften deß Leibs vnd der Seele / an welchen es auch den bösen vnd lästerhafftigen Leuten nicht mangelt. Zum fünfften / müsten alle die schreckliche Lehren wahr seyn / daß Christus Fleisch wesentlich von vnserm Fleisch vnderschieden / vnd er nicht warhafftig vnser Fleisch vnd Bruder were / vnd derhalben vns auch nicht erlöset hette. Item / daß Christus die Erbsünde selbst erlöset / daß er sie heiliget / gerecht vnd selig machet / etc. Vñ was dergleichen für Gottslästerungen mehr sind / an seinem Ort ordentlich nacheinander erzehlet.
Zu dem ists nicht wahr / daß die Schmalkaldischen Artickel lehren solten / daß die Erbsünde sey das Corruptum, das ist / die verderbte Natur selbst / dann sie sagen deutlich vnnd klar / die Erbsünde sey eine tieffe Verderbung der Natur / etc. vnnd sagen mit keinem Wort / daß sie die verderbte Natur one Vnderscheid selbst sey. Aber hieruon ist droben weiter Bericht geschehen.
Ob auch D. Lutherus Genesis 3. schreibet / die gantze Vernunfft sey geschwechet / die gantze Natur sey in etwas anders verwandelt: So erkläret er sich doch / als droben deutlich außgeführet / daß er solche Verwandelung verstehe von der Verlierung der guten Kräfften vnnd Eigenschafften / vnnd hergegen von den bösen Eygenschafften oder böser Vnart / welche durch die Sünde in die Menschliche Natur kommen ist / vnnd nicht von der wesentlichen Verwandelung deß gantzen Menschen in ein ander newes vnd
dem vorigen vngleiches Wesen / wie diese Leut dichten vnd schwärmen. Setzet auch mit klaren Worten etlich mahl / daß die Vernunfft / der Verstandt / die Natur bleibe / alleine daß sie sehr verderbt sind. Aber hieruon ist droben weiter berichtet / dieses Orts vnnötig zu erholen.
Vnnd eben dieses bezeugen auch die Wort Lutheri / so Gegentheil auß dem 2. Capit. Genesis hie wider sich selbst einführet: Die Erbsünd wirdt recht genannt alles das / was Adam durch den Fall verloren hat / von dem / das er in seiner vnuerruckten Natur vor dem Fall gehabt hat / als daß er gerecht / auffrichtig oder vnschüldig / eines fürtrefflichen Verstandes / etc. gewesen. Nun hat ja Adam durch den Fall sich selbst oder sein Substantz / Natur vnnd Wesen nicht verloren / wie Augustinus in sententiis fein redet: Homo factus est immortalis, Deus esse voluit. Non perdidit, quòd homo erat, sed perdidit, quòd immortalis erat. Das ist: der Mensch ist vnsterblich erschaffen / aber er hat gar wöllen GOTT seyn / Nun hat er das nicht verlorn / daß er ein Mensch war / sondern das / daß er vnsterblich war: Sondern das hat er von seiner vnuerrückten Natur / die er vor dem Fall gehabt / verloren / daß er gerecht / auffrichtig / vnschüldig / etc. gewest. Das sind aber Eigenschafften oder Gaben in seiner Natur gewest / vnd nicht die Natur / Substantz oder Wesen Adae selbst / sonst hette er sie ohne Verlust seiner Natur vnnd Wesens nicht verlieren können / weil er sie aber / als Lutherus recht in seinem Genesi schreibet (doch ohne Verlierung seiner Natur) verlohren hat / so muß ja ein anders die Natur seyn / vnnd ein anders / das er darauß verloren hat / vnnd also fort muß auch ein anders die verderbte Natur / darauß solche Gaben verlohren / vnnd der Schade / der drauff gefolgt ist / etc. seyn. Das werden sie vngebissen lassen müssen / wie wunderbarlich sie sich auch verdrehen können.
Darumb auch Lutherus Genes. 2. schreibet: Homo habet pedes, oculos, aures, sicut in paradiso hac forma conditus est, sed haec ipsa membra miserrrimèmiserrimè corrupta & deformata sunt post peccatum. Das ist / der Mensch hat noch jetzt die Füsse / Augen / Ohren / wie er im Paradeiß in dieser Form erschaffen ist / aber diese Glieder sind nach der Sünde schändtlich verderbet vnnd verstellet / etc. Darumb dann jhr Verstandt stracks wider Gottes Wort / die Warheit vnd wider Lutheri Lehre leufft / wie hoch sie sich auch bemühen / auß Lutheri Schrifften jhrem Irrthumb vnd falschen Wahn ein Ansehen zu machen.
Auff die ander Sprüche Lutheri / so sie hie abermals erholenZz. iiij. fac. 2. / ist zuvor offt geanwortet worden.
Daß im 14. Psalm gesagt. Sie sind Corrupti, oder / wie es D. Lutherus im Gesang geben hat: Ihr Wesen ist verderbet zwar / ist Gegentheils falscher Lehre durchauß zu wider. Dann ein verderbt Wesen haben / vnnd die Verderbung selbst seyn / ist nun vielmal erwiesen / daß nicht einerley / sondern vnderschiedene Dinge sind / wie solchs auch die Art zu reden selbst mit sich bringt. Darumb auch Augustinus lib. 2. de moribus Manichaeorum cap. 5. recht schreibet: Corruptio non est in seipsa, sed in aliqua substantia, quam corrumpit. Non enim substantia est ipsa corruptio. Das Verderben ist nicht in jhm selbs / sondern in einer Substantz / die es verderbet. Dann die Substantz ist nicht das verderben selber. Welche Wort klar widersprechen / daß corruptio & corruptum, die Verderbung vnnd das verderbte solten einerley seyn.
Also daß der Apostel / 1. Corinth. 15. das Wort corruptio für das Wort brauchen solle / in dem Spruche: Das verwehßliche wirt anziehen das vnuerwehßliche / ist / mit Verlaub zu meiden / eine grosse / grobe / greiffliche Vnwarheit. Dann da
nicht stehet das Wörtlein , sondern , wie das der Text Pauli selbst gibt. Vnd ist sich nicht wenig vber solcher mutwilliger Verfälschung der Wort deß Apostels / welcher sich Gegentheil hie gebrauchet / zu verwundern.
Daß allen rechtschaffenen Theologen vnnd Luthero diese Reden gleich gelten sollen: Die Erbsünde ist die Verderbung der Natur / vnd: Die Erbsünde ist die verderbte Natur deß Menschen selbst / deß wirdt sich niemandt bereden lassen / dann der von diesen Leuten vnnd jhrem schädlichen Schwarm Geist schändtlich bezaubert vnd eingenommen ist. Dann die erste Rede leßt den Vnderscheid zwischen der Sünde / vnnd zwischen der verderbten Natur bleiben. Die ander Rede aber hebet denselben / Gottes Wort vnd Lutheri Lehr zuwider / gantz vnd gar auff.
A A. ij. fac. 2. Daß sie auch mit prächtigen Worten fürgeben / wann wir nicht zulassen wollen / daß die Erbsünde die verderbte Natur selbst sey / so sollen wir jhnen sagen / was dann die Erbsünde eigentlich sey. Sagen wir / sie sey ein Accidens oder böser Zufall / so lauffe die gemeine Beschreibung deß Accidentis darwider. Sagen wir aber / sie sey etwas wesentliches / so stecke ein Manicheer in vnsern Hertzen. Darauff antworten wir richtig / die Erbsünde sey eine tieffe Verderbung der gantzen Natur / vnd nicht die verderbte Natur selbst / vnd sey also ein böser Zufall in der Natur / vnd lauffe doch vnser Lehre nicht wider die gemeine Beschreibung / was Accidens sey / nemblich das ohne Verderbung deß / darinnen es ist / könne darbey oder daruon abe seyn. Dann wir nemmen das Wörtlein Verderbung in dem Verstande / da es nicht heißt eine gantze Zerstörung / wie es in Physicis gebraucht wirdt / sondern eine solche Verderbung / die zwar die gantze Menschliche Natur an Leib vnnd Seel hart verderbt hat / aber doch die Natur Leibs vnd der Seelen nicht baldt gantz abgetilget vnnd in ein newes Wesen verwandelt / sondern bleiben lassen also / daß verderbte Natur vnd Verderbung nicht ohne Vnderscheid ein Ding sindt.
Solcher Gestallt ist vnd bleibet die Sünde ein zufällig Ding / welches ohne die gantze Vertilgung vnd Verwandlung Menschlicher Natur in derselben ist / aber nicht one eine solche Verderbung / dadurch die Natur alle jre gute Eygenschafften behalten vñ vnverderbt blieben / sonder dadurch sie / was sie von gutẽ Eygenschafften gehabt / schändtlich verloren / vnnd hergegen gefährliche Mängel / Gebrechen vnd Vnart vberkommen / daß sie vngerecht / vnrein vnd vnheilig / etc. worden. Wie solches droben nach der länge außgeführet / dahin wir den Christlichen Leser hiermit wöllen gewiesen haben / daß ein Ding nicht so viel mal dürffe weitläufftig erholet werden.
Daß aber die Erbsünde solle etwas wesentliches im Menschen seyn / als die Manicheer gehalten / da sagen wir rundt Nein zu / wie nuhn zum offternmal angehöret: Bleibet also vnser Lehr beständig / vnnd folget der keines / welches sie darauß zu folgen vermeynen.
Von der Gleichniß vom Gifft / so hie repetiert / ist auch droben Bericht geschehen / darbey es billich bleibet.
Daß wir aber ein nihil negatiuè, auß der Erbfünde machen solten / das dichten sie vns mit lauter Vngrunde an. Heist das ein nihil negatiuè oder nichts auß der Erbsünde machen / wann man auß vnnd nach Gottes Wort lehret / daß sie sey eine tieffe Verderbung der gantzen Natur oder Menschliches Wesens / ein erschrecklicher grosser Schade / Mangel / Gebrechen in Leib vnnd Seele / Finsterniß im Verstande / in geistlichen Sachen / daß das Hertz zum Zweiffel / Vngedult / vnd allem Argen geneigt / daß der Wille deß Menschen verkehret vnd zum guten erstorben / vnd daß solcher Schade also schwer vnnd groß sey / daß jn keine Vernunfft gnugsamb verstehen / auch keine blosse Creatur tilgen / sondern alleine von dem einigen Sohn Gottes Christo Jesu getilget vnd abgeschaffet werden könne? Das können wir alle recht verständige Christen vr-
theilen lassen. Vnnd mögen sie eben zusehen / mit was Gewissen sie dermal eins vor dem Richterstul Ihesu Christi solche jhre Aufflagen vnd Beschüldigungen / darmit sie vns für Gott vnd seiner lieben Kirchen beschweren / außfündig machen vnnd verantworten wöllen.
A a. iij. fac. 2. X. Nochmals wöllen sie erweisen / daß D. Lutherus nicht gehalten habe / daß die Erbsünde ein böser Zufall vñ Verderbung der Natur vnd Menschliches Wesens sey / vnd daß das Concordi Buch vnrecht daran thue / daß es sich dißfalls auff Lutheri Lehre beruffe. Ist aber den mehrer Theil nur eine Widerholung der Sprüche oď Zeugnissen Lutheri / von denen wir bißhero gehandelt vñ Bericht geben haben / darum̃ nit nöhtig / alles zu erwidern / was hie repetiert / vñ den Christlichen Leser damit auffzuhalten. Doch wöllen wir nichts / das zur Sache dienlich ist / aussen lassen oder vorbey gehen.
Auff die Wort / daß die Sünde von deß Menschen Wesen sey / ist droben Bericht geschehen.
Daß Lutherus schreiben solle / es könne ein Theologus nichts vngereumbters fürbringen / dann wann er die Erbsünde ein Accidens oder Zufall nennet / ist auß Lutheri Büchern mit diesen Worten / als es eitiert / nimmermehr zu erweisen.
Lutheri Wort in Genesi cap. 8. Non leuis hic morbus seu defectus est, sed extrema , cuius simile tota reliqua creatura, exceptis Daemonibus, non habet. Die Erbsünde ist kein geringer Schade oder Kranckheit / sondern die eusserste Vnordnung / dergleichen sonst die gantze Creatur / außgenommen die Teuffel / nicht hat / etc. nemmen wir für bekandt an / vnnd lehren eben dasselbige mit Luthero / wider alle die jenigen / welche den Erbschaden verkleinern. Es folgt aber nicht: Die Erbsünde ist kein geringer / sonder ein grosser Schade. Ergo, so ist sie die verderbte Natur selbst / dann das sagt D. Lutherus nicht.
Also nemmen wir auch Lutheri Wort wider Latomum an / in welchen er lehret die Erbsünde exaggerieren vnnd großmachen.
Wie auch Pauli / Rom. 7. da er spricht / daß sie jn gefangen nimbt / vnd was dergleichen mehr sindt. Aber auß dem allen folgt nicht / daß darumb die Erbsünde die verderbte Natur selbst sey / so sagt es auch jhr keiner nicht.
Hie wirdt das Argument getrieben / das Illyricus stets geführet hat:
Was so kräfftiglich wircket vñ widerstrebet / das kan ja nicht nuhr ein Accidens oder zufälliges Ding seyn / sondern es muß ein Wesen seyn / das seine Wirckungen hat.
Die Erbsünde / wie Paulus Rom. 7. schreibt / wircket vnnd wider strebet kräfftiglich im Menschen.
Darumb so kan sie ja nicht nur ein Accidens oder zufälliges Ding seyn / sondern muß ein Wesen seyn / etc. Dann ein Accidens ist nichts / wircket nichts / etc.
Antwort: In dieser Schlußrede sindt quatuor termini, wie man in Schulen zu sagen pflegt / dann die erste Proposition redet von einer solchen Natur / von der eygentlich die Wirckungen / als von jhrem rechten Quellbrunn / herkommen / das ist / von dem Wesen der vernünfftigen Seele. Die ander Proposition redet von einem zufälligen Dinge / das für sich selbst nicht ist noch bestehet / sondern allein in dem Wesen der Seelen oder Menschlichen Natur ist / vnd dannenher die Wirckunge derselben böse sindt vnnd dem Gesetz Gottes widerwertig.
Auff eine andere Art wircket die Seele / auff eine andere die Boßheit oder Verderbung in der Seelen. Das wircken / eygentlich zu reden / ist der Seelen oder jhrer Kräfften / daß aber die Wirckungen gut oder böse sindt / das kompt von zufälligen Dingen her / als zum Exempel: Ein guter Baum bringet gute Früchte / nicht so ferrn er ein Baum ist / sondern so ferrn er gut ist. Ein böser Baum bringet böse Früchte / auch nicht so ferrn er ein Baum ist / sondern so ferrn oder dieweil er böse ist. Also verhält sichs
auch im Menschen / ist er ein guter Baum / oder zu Gott durch den Glauben an Christum bekehret / so bringt er gute Früchte / dieweil seine Natur vernewert ist / newe Liecht vñ Leben empfangen hat / als solchs in Paulo / Rom. 7. zu sehẽ. So ferrn er aber noch die alte Vnart an sich hat / widerstrebet sein Fleisch dem Gesetze Gottes / vnnd thut nicht alles / das er gern wolte. Darauß richtig zu verstehen / daß / ob wol der Sünde in Paulo Roman. 7. Wirckungen zugeschrieben / so geschehe es aber doch nicht eygentlich zu reden / sondern darvmb vnd daher / daß die Substantz der Seelen / so viel das böse oder gute anlangt / nicht anders wircket / dann nachdem sie gute oder böse Art oder Eygenschafften hat. So ferrn sie nuhn gut oder durch den Heiligen Geist vnnd Glauben vernewert ist / wircket sie guts vnd das Gott gefällig ist / so ferrn sie aber noch vnvernewert ist / vnd noch böse vnart an sich hat / so ferrn wircket sie noch böses / vnnd das Gott mißfällig ist. Wirdt also der Sünde in Paulo / Roman. 7. Wirckung zugeschrieben per metaphoram, wie mans in Schulen nennet / da das jenige / das eygentlich einer lebendigen Creatur zustehet / einem vnvernünfftigen Dinge zugeschrieben wirdt. Als ludicum 9. da die Bäume das Reich erstlich dem Oelebaum / darnach dem Feigenbaum vñ Weinstock / endtlich aber dem Dornstrauch aufftragen / der es mit gewisser Bedingung annimbt. Darauß folgt aber nicht / daß darumb solche Bäume vernünfftige Creaturen gewest / weil jhnen vernünfftige Rede zugeschrieben werden. Wañ die Erbsünde ein vernünfftige Creatur were / vñ für sich selbst jre Wirckungen hette / so were es recht / daß jr eygentlich solche Wirckungen oder Herrschafft zugeschrieben würde. Weil aber weder Paulus noch sonst einiger rechtschaffener reiner Lehrer sagt / daß die Erbsünde eine vernünfftige Creatur sey / so verstehet es sich selbst / daß jhr die Wirckung vnd Herrschafft im Menschen nicht eygentlich / sondern figürlicher Weise zugemessen werde. Da auch der Erbsünde die Wirckung / eygentlich zu reden / solten zugelegt werden / so müste vnwidersprechlich folgen / Erstlich / daß Gott selbst die
Erbsünde geschaffen: Sintemal keine vernünfftige Natur ist oder seyn kan / die Gott selbst nicht geschaffen habe. Da nuhn die Erbsünde eine vernünfftige Natur were / so müste sie von Gott erschaffen seyn. Das aber ist eine grewliche Gotteslästerung / wider den Artickel von der Schöpffung. Zum andern / daß in einem jeden bekehrten Menschen zwo vernünfftige Naturen oder zwo vernünfftige Seelen weren / die eine die Erbsünde / so noch zum theil vbrig vnnd sich im Menschen regte. Die ander / so der Mensch auß der Vernewerung empfangen / vnd dadurch er der jnwohnenden Erbsünde widerstrebete / das aber ist auch falsch vnd Gottslästerlich / vñ hat S. Paulo / Rom. 7. nie geträumet / wie das alle rechtschaffene Christen wissen vnd verstehen.
Nochmals wolten sie vns gerne den Spruch Lutheri / Psal. 90.B b. fac. 1. Siue igitur peccatum originis qualitatem siue morbum vocacauerimus, profectò extremum malum est, non solùm patiaeternam iram & mortem, sed ne agnoscere quidem, quae pateris. Das ist / Wir nennen die Erbsünde eine Qualitet oder Seuche / so ist sie fürwar der eusserste Schaden / daß wir nicht alleine den ewigen Zorn Gottes vnnd den ewigen Todt leiden sollen: sondern auch nicht verstehen sollen / was wir leiden / etc. nemmen / vnd geben für / Lutherus rede da nicht assertiuè vel approbatiuè, sondern er rede mimitics, recitatiuè, in der Person der alten vnnd neuwen Sophisten / vnnd improbatiuè, mit grossem Vnwillen / als der jm keines Weges gefallen lasse / daß die Sophisten die Erbsünde ein Accidens oder Qualitet Kranckheit oder Schwachheit genennet haben.
Wie beweysen sie aber solches? Höre Wunder vber Wunder / sie sprechen / Lutherus habe wider die Sacramentierer geschrieben / sie nem̃en in den Worten: Das ist mein Leib / Quod pro qualiter. Item: Der Geist macht auß quod quale. Item: Die logici wissen wol / daß sub termino substantiali non potest subsumi accidentalis. Item: Es ist ein Zwinglische Logica, substantia pro ac-
cidente, & cõtra, accidens pro substantia, &c. Das ist / Die Substantz für das Accidens / vnd das Accidens für die Substantz nemmen / etc. Das soll nuhn die Beweysung seyn.
Wir haltens darfür / der Christliche Leser werde es schwerlich gläuben können / daß sie solche Beweysung führen / aber da stehet Buch vnd Blat / da solcher Beweiß verzeichnet ist.
B b. iiij. fac. Nuhn beruffen wir vns auff aller verständigen Christen Vrtheil / ob das beweisen heisse / oder aber viel mehr seine Thorheit vnd Vnverstandt an Tag geben.
Die Frage stehet darauff / Ob Lutheri Wort / Psalm. 90. von jhme also geredt seyn / daß er darfür gehalten / die Erbsünde sey ein Qualitet / Seuche oder Accidẽs / oder aber / ob ers nicht also gemeynet / sondern die Sophisten derwegen gestrafft / daß sie gelehret / die Sünde sey ein Qualitet oder Seuche / vnd ein ernstlich Mißfallen ob solcher Lehre gehabt. Wir sagen ja / Lutherus habe es also gemeynet / wie die Wort lauten / Sie sagen Nein darzu. Nuhn sollen sie jhr Ja beweisen. Wie beweisen sie es dann? Also sprechen sie: Dann Lutherus hat wider die Sacramentierer geschrieben / es sey nicht recht in den Worten: Das ist mein Leib / Quod pro qualiter. Das ist / Das Wörtlein (Der) welches eygentlich auff die Substantz deß Leibs Christi zeiget / für dz Wörtlein (qualiter) nem men / das ist / für die Krafft oder Wirckung deß geereutzigten Leibs. Dann es ist vnrecht in der Logica, wann man das Accidens oder ein zufälliges Ding für die Substantz eines Dinges nimbt / wie Zwinglius gethan. Lieber wie reymet sich aber solche Beweisung zu dieser Frage vber Lutheri Worten von der Erbsünde? Eben wie der Schnee zum Glocken giessen.
Dann erstlich ist der Streit von der Erbsünde / welche Lutherus mit deutlichen Worten eine Qualitet oder Seuche / vñ nicht ein Substantz oder Wesen nennet / sie widersprechens so hoch als sie jm̃er wöllen / so führen sie Beweiß auß den Wortẽ vom Abendmal / in welchen Zwingel das Accidens oder das zufällige Ding für das
Wesen oder die Substantz deß Leibs Christi genommen hat. Das reimet sich eben so viel zusammen als nichts.
Fürs ander / wann sich dieser jhr Beweiß reymen solte / so müste D. Lutherus selbst für einen Zwinglischen Logicum außgeruffen werden / der das Accidens, Qualitet oder Seuche für die Substantz genommen / vnd da er die Erbsünde hette ein Substantz / Wesen oder die verderbte Natur selbst nennen sollen / so hette ers auß falscher Logica ein Qualitet / Accidens oder Seuche genennet.
Fürs dritte / sindt Lutheri Wort wider Zwinglium wol recht vnd gut / dann es ja vnrecht in den Worten deß Abendtmals / Accidens für die Substantz nemmen / aber daß sie erweisen solten / daß Lutherus / Psalm. 90. solte anderst geredt haben / als ers gemeynet / das kan nimmermehr auß denselben erzwungen werden / wie solches alle verständige für sich selbst sehen vnnd bekennen müssen.
Bleibt demnach wol darbey / daß Lutherus Psalm. 90. geredt habe / wie ers gemeynt / vnnd wie die Wort an jhnen selbst lauten.
Daß auch Lutheri Wort müssen assertiuè, oder wie sie lauten / verstanden werden vnd nicht anderst / erscheinet darauß / daß er klar spricht: Wir heissen die Erbsünde eine Qualitet oder Seuche / so ist sie fürwahr der eusserste Schaden / da er ja sich selbst mit begreifft / vnd assertiuè setzet vnd lehret / daß die Erbsünde eine Qualitet oder Seuche sey / aber nicht eine geringe Seuche / sondern eine eusserste / schwere / gefährliche / vnd Menschlichen Kräfften vnheilbare Seuche.
Sie bringen noch einen Beweiß auß Lutheri Buch de captiuitate Babylonica, da er der Sophisten Lehre von der Transsubstantiation straffet / vnnd saget / daß die Leyen niemals recht verstanden haben die Philosophiam von den Substantien vnd zufälligen Dingen / wie die Philosophi darvon disputieren. Ergo, so soll
folgen / daß Lutherus / Psalm. 90. improbatiuè geredt / vnnd das Wort Qualitet oder Seuche verworffen hab. Risum teneatis amici. Wer hat doch sein Tage solche kindische Beweysungen oder Folgereyen gehöret? Noch soll vnnd muß es diesen Schwarmgeistern eitel Weißheit vnd Warheit seyn vnd heissen.
Das ist wol wahr / daß Lutherus sonsten hin vnnd wider der Sophisten Lehre gestrafft / daß sie auß der Erbsünde ein solche geringe Qualitet oder Gebrechen gemacht / gleich wie ein Farbe an der Wand ist / auch ferrner fürgeben / daß sie leichte durch die Werck der Liebe köndte außgewaschen werden. Daß er aber das Wort (Qualitet / Gebrechen / Seuche / etc.) an jhme selbst solte verworffen haben / auch gantz vnd gar nicht gewolt / daß die Erbsünde ein Qualitet oder Seuche im Menschen were oder solte genennet werden / das werden sie nimmermehr auß Luthero gutthun / dessen sind wir gewiß. Dann er die Erbsünde nicht alleine / Psalm. 90. eine Qualitet / Seuch oder Gebrechen nennet / sondern auch anderswo die Wort: Defectus, morbus, priuatio, Gebrechen / Kranckheit / Mangel / zu etlichen malen gebraucht / als Genes. 2. Item. 8. vnnd an vielen Ohrten mehr.
Cc. j. fa. 1. Daß auch Lutherus nicht simpliciter verneynt / daß die Erbgerechtigkeit eine Qualitet oder Gabe gewest / sondern alleine secundùm quid, das ist / auff eine gewisse Masse / ist darauß offenbar / daß er fürnem̃lich dieses an der Sophisten Lehre / Genes. 2. vnnd 3. straffet: Daß sie die Erbgerechtigkeit für eine solche Qualitet gehalten / welche nuhr eine Gabe were / so von aussen an der Natur klebte / vnd von der Natur abgesündert were / gleich wie ein Krantz auff einer Jungfrawen Häupt / der nicht zur Natur der Junfrawen gehöret / da doch die Erbgerechtigkeit connaturalis, mitnatürlich gewest / oder warhafftig in der Natur Adae gewest / auch ohne Schaden vnd Verderben seiner Natur nicht habe können verloren werden / wie es dann auch an im selbst wahr ist.
Ebener massen strafft er auch hergegen an den Sophistẽ / daß sie
die Erbsünde / so auff die verlorne Erbgerechtigkeit im Menschen gefolgt ist / für eine solche geringe Qualitet oder Schaden halten / dadurch die Natur nit durch vñ durch verderbt / sondern die nur von aussen an derselben klebe / gleich wie eine Farbe an der Wandt / könte auch gar leicht von der Natur durch gute Werck abgewaschen werden / vnnd das straffen wir auch an den Sophisten mit Luthero / wie billich.
Daß er aber solt gehalten haben / daß die Erbgerechtigkeit vñ Adams Natur ohne allen Vnderscheid ein Ding weren / oder daß Adams Natur die Erbgerechtigkeit selbst gewesen / das ist ein pur lauter Gedicht dieser Schwärmer / welchs auß Luthero nicht mag dargethan werden.
Das Widerspiel aber kan auß Luthero leicht erwiesen werden. Dann er spricht selbst / Genes. 3. die Erbgerechtigkeit sey verlohren / vnd darumb sey die Natur nicht mehr gantz oder vnuerderbt. Vnd Genes. 2. schreibt er: Peccatum originale (sicut correlatiuorum natura est) demonstrat, quid sit iusticia originalis & è contra, nempe quòd est amissio iusticiae originalis seu priuatio, sicut caecitas est priuatio visus. Das ist: Die Erbsünde zeigt an / was die Erb gerechtigkeit gewest / vnd hergegen / Nemblich / daß die Erbsünde ist eine Verlierung oder Mangel der Erbgerechtigkeit / gleich wie die Blindtheit ist ein Mangel deß Gesichts. Auß welchen Worten klar erscheinet / daß Lutherus gehalten habe / die Erbgerechtigkeit sey nicht Adams Natur selbst gewest: Sondern eine Gabe in seiner Natur / derselbigen eingepflantzet / gleich wie dem Auge die Art zu sehen (wie er dann auch dieses Gleichnüß brauchet) eingepflantzet ist. Wañ es aber verletzt wirdt / so bleibet wol die Substantz deß Auges / aber die Krafft zusehen mangelt jhm. Also / spricht er / verhalte sichs auch mit der Menschlichen Natur vnd mit der Erbsünde.
Die Seele oder Natur deß Menschen bleibe wol / vnnd sey vnuerlohren oder vnabgetilget / aber die Krafft vnd gute Art in derselben sey hinweg vnd nicht mehr verhanden. Anima inspicienda
est, spricht er Genes. 2. postea etiam corpus concupiscentia sic defoedatum. In anima autem praecipuum est, quòd amissa est cognitio Dei, quòd nõ ei vbique & semper gratias agimus, quòd non delectamur eius operibus & factis, quòd non confidimus ei, quòd, cùm meritas poenas infligit, incipimus Deum odisse & blasphemare, quòd, quando cum proximo agendũ est, obsequimur cupiditatibus nostris, sumus rapaces, fures, adulteri, homicidae, crudeles, inhumani, immisericordes, &c. Est quidẽ furor libidinis pars quaedam peccati originalis, sed maiora sunt illa animi vitia: Incredulitas, ignorantia Dei, desperatio, odium, blasphemia. Has calamitates spirituales Adam in statu innocentiae nesciuit, &c. Das ist / die Seele muß man ansehẽ / darnach auch den Leib / der mit bösen Lüsten schändtlich beschmitzt ist. In der Seele aber ist dieses das fürnembste / daß auß derselbigen verloren ist Gottes Erkändtnüß / daß wir jhm nicht allenthalben vnnd zu aller Zeyt dancksagen / daß wir nicht einen Gefallen haben an seinen Wercken vnnd Thaten / daß wir jhm nicht vertrawen / daß / wann er vns vnserm Verdienst nach straffet / wir anfahen Gott zu hassen vnd zu lästern / daß / wann wir mit vnserm Nechsten handeln sollen / folgen wir vnsern Begierdẽ / sind zugreiffisch / Diebe / Ehebrecher / Todtschläger / vnmenschlich / grausam / vnnd vnbarmhertzig / etc. Die Lustseuch ist wol ein Stück der Erbsünde / die Gebrechen der Seelen aber sindt viel grösser / als da sindt: Der Vnglaube / Vnwissenheit Gottes / Verzweiffelung / Haß / Lästerung. Von diesen beschwerlichen Gebrechen hat Adam im Stande der Vnschuldt nicht gewust / etc. Welche Wort klar geben / daß Lutherus die Sophisten wol gestrafft habe / wegen deß / daß sie die Erbsünde eine geringe schlechte Qualitet oder Seuche genannt / durch welche die Menschliche Natur oder die Seele in jhren Kräfften nicht verderbt worden / sondern gantz geblieben. Daß er aber solte gelehret vnnd gehalten haben / daß die Erbgerechtigkeit die gute Natur in Adam
selbst gewest / vnd hinwider die Erbsünde deß verderbten Menschen Natur selbst were / vnnd nicht eine böse Qualitas, Mangel / Gebrechen / Schade vñ Verderbung der Natur / das sagen diese Schwärmer wol / aber sie beweisens nicht / werdens auch in alle Ewigkeit nicht erweisen.
Er sagt ja nicht / daß die Seele verlohren sey / sondern daß in der Seele Gebrechen oder Mangel seyn / vnd daß Gottes Erkändtnüß verlohren sey / Danckbarkeit vnd Gefallen an seinen Wercken vnd Thaten / das Vertrawẽ zu Gott: Vñ daß hergegen in der Seele sey / Feindschafft wider Gott / Gottslästerung / Haß vnnd Neid gegen dem Nechsten / vnnd andere grewliche Vntugend vnnd Gebrechen mehr. Darumb muß er ja gehalten haben / daß ein anders die Seele sey / ein anders das Erkändtnüß Gottes vnnd dergleichen in der Seelen / welche darauß verlohren seyn.
Wie er dann auch gleichsfalls gehalten / daß noch ein anders die Seele sey / so viel jhr Substantz anlangt / vnnd ein anders Vnwissenheit / Blindtheit / Haß vnnd Feindschafft wider Gott / Vnglaube vnd was dergleichen Vntugendt vnnd Gebrechen mehr jetzt in der Seelen sind / welchs nicht Substantię oder selbständige wesentliche Dinge sind / sondern priuationes, Mangel / Fehl oder Gebrechen / wie es Lutherus selbst dieses Orts vnnd sonsten zu nennen pflegt.
Demnach dañ Lutherus selbst beydes die Erbgerechtigkeit vñ Erbsünde also beschreibet / daß meñiglich sihet / daß er sie beyderseits für Qualitates gehaltẽ / die Erbgerechtigkeit für eine treffliche köstliche gute Qualitet oder Gabẽ / so in die Natur eingepflantzet gewest / welche auch ohne Verderbung derselben nicht hat köñen drauß verloren werdẽ. Die Erbsünde aber für eine schädliche gantz gefehrliche eusserste böse Qualitet / Seuche / Mãgel / Schadẽ / Gebrechẽ / Ver derbung / etc. dadurch die Natur schändtlich vñ jämmerlich verderbt
vnd in der Natur ist / so ist offenbar / daß er das Wort (Qualitas oder Accidens, zufälliger Schade) in dieser Lehre nicht gantz vnnd gar verworffen / sondern nur so ferrn / wann man mit den Sophisten die Erbsünde eine schlimme / geringe / schlechte Qualitet oder Seuche heissen will / gleich wie eine Farbe an der Wandt ist / etc. Weiter aber nicht.
Welches ferner auch durch diese Wort bestettigt wirdt / so das Gegentheil auß der Jenischen Haußpostill am 20. Sontag Trin. anzeucht: Wir mögen wol ins Teuffels namen rühmen / die Erbsünde sey ein klein Gebrechen vnd geringer Fehl / etc. Welchs ja eben so viel gesagt ist / als wann D. Lutherus spreche. Weñ man die Erbsünde einen kleinen Gebrechen vnd geringen Fehl nennet / das ist deß Teuffels Ruhm. Wenn man sie aber / ausserhalb diesem Verstande der Sophisten / einen Fehl / Gebrechen / Mangel / Schaden / etc. nennet / so hat es nicht alle in nichts auff sich / sondern es kan auch mit gutem Grunde wol geschehen / dann sie ist ja die verderbte Natur selbst nicht / sondern von derselbigen vnderscheiden.
So viel die Wort Lutheri auß der Kirchen Postill am 16. Sontag Trinit. Darumb ist es nicht ein zufällig Ding / oder daß der Mensch also von GOTT erschaffen were / sondern es ist vnser Schuldt / daß wir Sünde haben / etc. antrifft / redet Lutherus in denselbigen von der Vrsach deß Todes / vnnd sagt / daß es nicht ein zufällig Ding sey / daß wir sterben müssen / oder daß der Mensch von Gott also geschaffen sey / sondern er werde durch vnsere Sünde verursachet / etc. so ziehens diese Leute / auff die Erbsünde. Wañs gilt / die Sprüche solcher Gestallt zu allegieren / können sie leichtlich erweisen / was sie wollen.
Sie citiern auch auß der Apologia diese Wort: Die Erbsünde ist nicht ein angeflogen oder zufällig Ding / etc. Nun stehen diese Wort in Apologia im Artickel von der Erbsünde nicht.
Lutheri Wort Tom. 3. Ienensi in der grossen Bekändtnüß / da er schreibet / er verdamme alte vnd newe Pelagianer / so die Erbsün-
de nicht wöllen lassen Sünde seyn / sondern wöllen daß sie ein Gebrechen oder Fehl sey / etc. sind nicht dahin gemeynt / daß die Erbsünde nicht könne oder solle ein Gebrechen oder Fehl genennet werden. Dann wo dieses Lutheri intention were / müste er sich selbst anathematisiern / dieweil er die Erbsünde gar offt ein Gebrechen oder Fehl selbst genennet hat / als wir daruon kurtz zuvor seine eigene Wort vernom̃en haben: sondern das verdampt er an alten vñ newen Pelagianern / daß sie die Erbsünde nicht wöllen lassen Sünde seyn / sondern verkleinern / gering machen / vnd fürgeben / sie sey ein solcher schlechter geringer Gebrechen / wie ein Farbe an der Wandt / etc. könne auch leichtlich durch die Liebe außgewaschen werden. Vnd das verdammen wir auch mit Luthero. Die Wort aber selbst (Gebrechen / Fehl) behalten wir mit Luthero in jhrem rechten gesunden Gebrauch vnnd Verstande / wie sie Lutherus selbst gebraucht / verstanden vnd behalten hat / vnnd lassen vns dieser Leut Geschrey nicht jrre machen.
Auff den Spruch Galat. 3. Ein Sophistischer Theologus / etc. welcher hie repetiert wirdt / ist droben außführlich geantwortet.
Da nun ein frommer Christ diesem allen recht nachdencket / so befindet er / wie gesagt / daß D. Lutherus die Wort (Fehl / Gebrechen) in dem Sophistischen Verstande / dadurch die Erbsünd verkleinert wirt / wol verworffen habe / aber nicht in rechtem Verstande / den er selbst behält vnd füret / dann sonst müste er sich selbst verdammet / vnd seine eigene Schrifften verworffen haben.
Ist demnach vnd bleibet wahr / daß die Erbsünde eine Qualitas oder böses zufälliges Ding / ein schädlicher böser vnd gefehrlicher Gebrechen ist / vnd / wañ man mit den Schulen reden will / recht ins praedicamentum qualitatis gesetzt wirdt / ja von Luthero selbst eben damit / daß er sie eine Qualitet vnd bösen Gebrechen vnnd Seuche nennet / in dasselbige Praedicamentum gesetzt ist / die Schwärmer wüten vnd toben so lang als sie jmmer wollen.
C c. iij. fac. 1. Fehet der Meister ein groß vnnd lang Geschwetz an / daß sich die Schwärmer mit D. Luthers Lehre behelffen wöllen. Dencket aber vnter deß nicht / daß jhme vnd seinen Rottgesellen solchs selber gilt. Dann wie schändtlich er vñ seine Mitschwärmer Lutheri Namens vnd Schrifften mißbrauchen / vñ darunter jhre jrrige falsche Lehre sich zu verkauffen vnterstehen / das haben wir / durch Gottes Gnade / bißher dem Christlichen Leser so klar für die Augen gestellet / daß wirs in keinen zweiffel stellen / fromme Hertzen werden solchs greiffen / vnd der Warheit wider diese Schwärmer zufallen.
Dieser Meister machet auch ein groß Gewäsch von den Worten D. Lutheri im Concordi Buch fol. 265. allegiert: Qui isto veneno peccati originalis à planta pedis vsque ad verticem infecti sumus, siquidem in natura adhuc integra accidêre. Das ist: Wir sind durch das Gifft der Erbsünde von der Fußsohlen an biß auff die Scheytel vergifftet / dieweil solchs noch in der vollkommen Natur vns zugefallen. Vnnd gibt für / erstlich / daß Lutheri Wort nicht gantz eitiert. 2. Lutherus handele in gemeltem Spruch nicht eygentlich was die Erbsünde sey / sondern von wircklichen Sünden. 3. Wir verstehen das Wort Gifft nicht recht. 4. lassen das Wörtlein (Haec) aussen. 5. verdeutschen das Wort (accidere) nicht recht.
Hierauff ist vnsere gründtliche Antwort / daß das Concordi-Buch / in Einfürung dieses Spruchs Lutheri / fürnem̃lich auff die Wort gesehen / in welchen Lutherus bekannt / daß die Erbsünde ein solch Gifft oder Vbel sey / dadurch vnsere Natur von der Fußsohlen an biß auff die Scheytel vergifftet sey. Welche Wort klar anzeigen / daß Lutherus die Menschliche Natur vnnd das Gifft der Erbsünde oder die Erbsünde selbst nicht für ein Ding gehalten / vnd weil ers nicht für einerley gehalten / so folge nach Lutheri Lehre vnwidersprechlich / daß die verderbte Natur die Sünde selbst nicht sey. Ist sie nun die Sünde selbst nicht / so müsse ja abermals vnuerneinlich folgen / daß die Erbsünde in vnser Natur ein zufälliger böser Schade oder Verderbung sey Fürs erste.
Zum andern / ob wol Lutherus Genes. 3. darauß diese Wort genommen / von der Euaredet / wie sie durch deß Teuffels Verführung betrogen vñ gesündiget hat / so accom̃odiert ers doch auch auff vns / vnd spricht: Es sey nicht wunder / daß mit vns dergleichen geschehe / wie mit der Heua / als die wir mit dem Gifft der Erbsünde von der Fußsohlen an biß auff den Scheytel vergifftet sind. Welche Wort / wie meñiglich verstehet / eigentlich von der Erbsünde geredet sind / vnd nicht von wircklichen Sünden. Derowegen auch recht vom Concordi Buch drauff angezogen vnnd drauß erwiesen / daß die Erbsünde nicht die verderbte Natur selbst sey / sondern sie sey durch dieselbige durchgifftet oder verderbet. Ist sie nun nicht die verderbte Natur selbst / sondern ist eine Vergifftung der Natur / von der Fußsohlẽ an biß auff die Scheytel / wie Lutherus hie recht schreibet / so muß sie ja ein zufälligerböser Schade / Gifft oder Verderbung seyn / wann die Schwarmgeister auch noch so hefftig darwider tobeten.
Zum dritten / ist es eine greiffliche Vnwarheit / daß wir das Wort / Gifft / für einen besondern Gifft oder etwas / so als deß Teuffels Werck in den Menschen kommen vnnd den Menschen verderbt / verstehen solten / kan auch in Ewigkeit auff vns nicht erwiesen werden. Dieweil aber droben auff diese Calumniam außführlich geantwortet / wirdt es der Christliche Leser daselbs zu suchen wissen.
Daß Lutherus durchs Wort (Gifft) an diesem Ort solle deß Teuffels Persuasion oder Lügenwort verstehen / dadurch er einen verführet / widerlegt sichs selbs. Dañ Lutherus in ermeldten Worten nicht mehr von Heuae Verführung oder Sünde redet (dañ das hat er zuvor vnd in vorgehenden Worten gethan) sondern von vns Menschen / die wir Heuae Kinder seyn / vnnd mit außdrücklichen Worten die Erbsünde meldet vnnd nennet / damit wir alle miteinander vergifftet sind.
Daß die Schrifft sonsten das Wort Gifft für falsche Lehr (wie auch Lutherus selbst) zu weilen gebrauche / ist vndisputierlich / gehört aber hieher nicht / da von der Erbsünde eigentlich gehandelt wirdt / welche Lutherus einem Gifft vergleichet / daß / gleich wie durchs Gifft deß Menschen Gesundtheit vnd Leben beschädigt vnd verderbet wirdt / also sey auch durch die Erbsünde vnser Natur verderbet / vnd eine schreckliche Vnordnung vnd Verkehrung in derselben angerichtet. Also / daß der Mensch mit Leib vnd Seel von Gott vnnd seinem Gesetz abgewandt vnd dem ewigen Tode vnderworffen ist / wo jm nicht durch Christum den Erlöser von diesem verderblichen Gifft vnnd Schaden geholffen wirdt.
Zum vierdten / so viel das Wörtlein (Haec) antrifft / sihet vnnd verstehet menniglich / daß es der Sachen an jhr selbst weder gibt noch nimbt: Sondern bleibet einen Weg als den andern vnbeweglich stehen / daß die Erbsünde in sochen Worten Lutheri also beschrieben werde / daß sie nicht sey die verderbte Natur selbst / sondern eine Verderbung derselbigen / vnnd also ein schädlicher Zufall.
Zum fünfften / das Wort accidere anlangendt / hat man fürnemblich dahin gesehen / daß Lutherus in gemeltem Spruch die Erbsünde vnnd die Menschliche Natur selbst voneinander mit deutlichen Worten vnderscheidet / auß welchem für sich selbst folget / daß die Erbsünde nicht die Substantz der Menschlichen Natur sey / sondern viel mehr ein malum accidens oder böser Zufall derselben.
Gerne wolte dieser Schwarm Geist auch die Erklärung der Wort Lutheri: Natur Sünde / Person Sünde / so im Concordi Buch dem Christlichen Leser fol. 263. gezeiget / wider Lutheri Meynung verkehren / aber er richtet nichts auß. Vnd ist die Sach an jhr selbst so klar / daß er auch selbst hier muß einkehren vnd seine Verfälschung Dd. iij. fac. j.messigen / da er schreibet / Lutherus nenne es eine Person
Sünde vnd wesentliche Sünde / daß deß Menschen durch Adams Fall gantz verderbte Natur / Person vnd Wesen zur Sünden / das ist / vngerecht / dem Gesetz zuwider worden / vnd eine Wurtzel aller Sünden / etc. Sie ist / spricht er / selbst zur Sünden / das ist / vngerecht / dem Gesetz zu wider worden. Ist nun diese seine eigne Mässignug wahr vnd recht / so ist gewiß / daß Lutherus die Erbsünde nicht darumb Person oder Natur Sünde heisse / daß die Person oder Natur die Sünde selbst sey / sondern daß sie Sünde / das ist / vngerecht / sündig / vnrein / vnnd der ewigen Verdamniß vnterwörffig worden. Dann es sind vnderschiedene Sachen / die Erbsünde selbst seyn / vnd Sünde / das ist / vngerecht seyn / da kan dieser Schwarmgeist nicht fürvber / oder aber er muß seine eygene Deutung als für falsch vnnd jrrig schelten vnd wegwerffen.
Vnd zwar / was Lutherus mit ermelten Worten in dem Euangelio / am newen Jarstag in der Kirchen Postillen meyne / erkläret er selbst mit diesen Worten: Erstlich / da er spricht: Vnser Gebreche ligt nicht an den Werckẽ / sonder an der Natur / die Person / Natur vnd gantz Wesen ist in vns durch Adams Fall verderbt. Das heist ja nicht so viel / als: Die Person / Natur vnd gantz Wesen ist in vns durch Adams Fall ohne allen Vnderschiedt zur Sünde selbst worden.
Zum andern / Es fehlet / spricht er abermals / an dem gantzen Wesen der Natur / daß die Geburt vnd alles jhr Herkom̃en sey verderbt vnd Sünde. Das heist ja nicht ohne allen Vnderscheidt die Sünde selbst seyn.
Ob auch Lutherus dieses Ohrts spricht / das Wesen der Natur sey Sünde: Erkläret er sich doch gnugsam̃ in den andern Worten / da er sagt / es fehle an dem gantzen Wesen / nennet die Erbsünde einen Fehl. Ein Fehl aber ist ja nicht ein Substantz / Natur oder Wesen. Setzet darbey vmb richtigers Verstandes willen / es fehle am gantzen Wesen der Natur. Darumb vnderscheidet er ja vnter dem Fehl oder Erbsünde / vnd vnter der Natur vnd Wesen / an der
solcher Fehl oder Mangel ist. Vnd heist jhm das Wort Sünde da so viel / als sündig / das Wesen ist Sünde / das ist / es ist sündig / vnrein / verderbt / verdampt / etc.
Zum dritten spricht er / die Erbsünde oder Natur Sünde oder Person Sünde wirdt nicht gethan / wie alle andere Sünde / sondern sie ist / sie lebet vnd thut alle Sünde / vnnd ist die wesentliche Sünde / die da nicht eine Stunde oder Zeitlang sündiget: Sondern wo vnd wie lange die Person ist / da ist Sünde auch. Da hörestu abermals / warumb Lutherus die Erbsünde eine Natur Sünde Person oder wesentliche Sünde nenne / Nemlich / dieweil sie nicht gethan wirdt / wie die wircklichen Sünden / Sondern dieweil sie alle andere Sünde thut / oder ein Vrsprung ist aller anderer Sünden / Nach mals darum̃ / dieweil sie nicht eine Stunde oder Zeitlang sündiget / Sondern wo vnnd wie lange die Person ist. Setzet nicht mit einem wörtlein / Syllaben oder Buchstab dazu / daß er die Erbsünde darumb eine Natur Sünde / Person Sünde / wesentliche Sünde heisse / daß er gläubte / hielte vñ lehrete / daß die Natur / Person oder Wesen deß Menschen / ohne allen Vnderscheid / die Erbsünde selbst were / sondern er zeiget andere Vrsachen an / welcher halben er jhr solche Namen geben habe.
Es verstehen auch alle fromme Hertzen / daß es wolt seltzam gelautet haben / wann Lutherus geschrieben / er nennete die Erbsünde darumb eine Natur Sünde / daß die Natur die Sünde selbst were / oder ein Person Sünde / daß deß Menschẽ Person die Erbsünde selbst were / oder eine wesentliche Sünde / daß sie deß Menschen Wesen selbst were. Nun hette er aber also schreiben müssen / wañ das sein Meynung gewest / welche jm dise Schwärmer fälschlich zumessen. Weil er aber selbst diese Vrsachen nicht gesetzet / so können noch wöllẽ wir auch diesen Schwärmern nicht gestatten / daß sies Lutheri Worten anschmieren vnd andichten sollen.
Zum vierten / spricht er abermals an ermeltem Ohrt: Gottes Gnade muß die Erbsünde außfegen / die die Natur rein vnnd newmachet. Mit welchen Worten er auch deutlich die verderbte Natur vnd die Erbsünde / so darauß durch Gottes Gnade soll vnd muß getilget werden / vnderscheidet. Thun demnach diese Schwärmer Luthero vnd seinen Worten Gewalt vnd vnrecht
Daß das Wort Sünde zuweilen concretiuè, zuweilen abstractiuè gebraucht werde / das bezeugt D. Lutherus selbst / Tom. 3. Ienens. latin. in cõment. ad Gal. cap. 3. Weil aber seine Wort drobẽ angezogen / weisen wir den Christlichen Leser daselbst hin. Kan demnach dieser Leut Gedicht nicht bestehen / da sie sagen / Lutherus habe das Wort Sünde nie anderst verstanden / dann wie sie es auff gut Schwärmerisch oder Manichaeisch außlegen / nem̃lich / daß es so viel heissen solle / als die Substantz oder Wesen Menschlicher Natur / oder als die verderbte Natur selbst.
Daß aber Lutherus wider Latomum Tom. 2. latin. Ienensi, pag. 416. schreibet / man solle nit zweiffeln / daß dz Wörtlein Sünde nicht auff vielerley / sondern auff einerley Weise in der Schrifft genommen werde / etc. Ist zu bedencken / auß was Vrsachen er das gethan / nem̃lich vm̃ der Sophistẽ willen / welche das Wörtlein Sünde / Rom. 7. nuhr für die Straffe der Sünden verstundenvnd außlegten / auff daß sie nicht dürfften zugeben / daß die böse Lust in den Gläubigen warhafftig Sünde were / vnnd GOTTes Gesetz zuwider / als Lutherus selbst in gemeltem Buch zwey Bletter hernach dieses erkläret. Darumb dann / was Lutherus secundùm quid, vmb gewisser Vrsach willen geredet / sollen diese Leuht nicht also anziehen / als wann er durchauß gewollt / daß das Wort Sünde sonsten nicht auff mehr Weise gebraucht würde. Dann daß das nicht seine Meynung gewest / ist auß den Sprüchen klar / in welchen er es selbst auff mehr Weise außgelegt hat / als sonderlich Galat. cap. 3. Tom. 4. Ienensi.
Weil sie aber ja so gnaw auß Lutheri Schrifften alles auffzu suchen / vnd zu jhrem Vortheil anzuziehen wissen / warumb haben sie dann dieses nicht auch in Lutheri Buch contra Latomum sehen vnd finden können / da er Tom. 2. Ienensi, pag. 418. schreibet: Vltra dicimus Sophistas nonnihil capere, quae sit substantia peccati, scilicet offensio Dei & Legistransgressio, Das ist / Die Sophisten wissen etlicher massen / was der Sünden Wesen sey / nem̃lich / daß sie Gott erzürnet vnd das Gesetz vbertritt. Darauß fein zu vernemmen / daß Luthero das Wort Substantz oder Wesen im Artickel von der Erbsünde keines wegs so viel heist / als das Wesen deß Menschen / oder als die verderbte Natur selbst / sondern so viel als der Sünden Eygenschafft / welche in diesen zweyen Stücken stehet / nem̃lich daß sie das Gesetz vbertritt vnnd GOTT erzürnet.
Item / das er baldt darauff schreibet: Substantiam hîc accipio, non more Aristotelis, sed Quintiliani. Das ist / Ich brauche das Wort Substantz oder Wesen hie nicht in dem Verstande / wie es Aristoteles brauchet / nem̃lich / für etwas selbständiges vnnd das ein Wesen hat: sondern wie es Quintilianus braucht / da er durch das Wort Substantz oder Wesen verstehet eines Dinges Eygenschafft vnd Art / davon man gründtlich vnnd ordentlich lehren soll / was seine Krafft vnd Wirckung sey / etc. Dann solche Wort hat D. Lutherus wider die Parisische Theologos gesetzet / welche jhm Schuldt geben / daß er ein Manicheer were / vnd lehrete wie die Manicheer / daß die Erbsünde ein substantia oder ein selbständiges Wesen were. Darauff spricht nun D. Lutherus an gemeltem Ort / es geschehe jhm vnrecht. Dann er brauche das Wort Substantz nicht auff Aristotelisch / etc. da es heist ein selbständiges Ding oder Natur / vnnd das damit lehren wölle / daß entweder die Sünde ein sonderlich Wesen sey / oder aber vnsere verderbte Natur selbst / sondern / wie gemelt / in dem Verstande / wie es Quintilianus brauchet / etc.
Wann diese Leuht Augen hetten / die da recht sehen / solten sie diese Wort Lutheri nicht vorbey gehen / sondern auch in Acht haben. Da würde sich baldt finden / daß sie Luthero Gewalt theten / in dem sie jhm zuschreiben / er habe gelehret / das verderbte Wesen oder Natur deß Menschẽ sey die Sünde selbst / weil er das Wort Substantz / Wefen oder Natur in dieser Sach zun Zeiten gebrauchet. Dann da sagt er rundt Nein zu. Aber das dienet nicht in jhren Kram / darvmb sehen sies nicht / wöllens auch nicht sehen.
Kompt Gegentheil auff das Wort (reatus, Schuldt) vnndEe. j. fa. 1. zeigt an auß Luthero wider Latomum / daß er mit demselben Wort vbel zu frieden gewest / vnd nenne es ein sehr dunckel Wort / etc. NunTom. 2. Ienensi, contra Latomum, fol. 427. Tomo 4. Ienensi latino. Psal. 51. pag. 379. 388. 402. stehet solchs in Luthero / daß er aber gemeltes Wort gantz vnnd gar solte verwerffen / das stehet nicht an diesem Ohrt / ist auch sonsten in Lutheri Schrifften nicht zu befinden: sondern viel mehr das Widerspiel. Dann Tom. 4. Ienensi, Psalm. 51. braucht er das Wort (reatus oder Schuldt) selbst etlichmal / vnd Genes. 42. dergleichen. Dürfft derwegen vom Brauch solches Worts so viel Geschreyes nicht machen.
Es ist diesen Gesellen aber darumb zu thun / daß / wann sie diß Wort außgemustert / desto ehe erhalten möchten / daß das Wort Sünde in Luthero nicht abstractiuè oder für das jenige gebraucht würde / das schüldig ist an Gottes Zorn vñ ewiger Verdam̃nüß / wo es nicht Gnade erlangt / sondern für die verderbte Natur selbst.
Die Wort Lutheri / so Tom 1. Ienensi deutsch / fol. 407. stehen / in welchen er schilt auff die Sophisten / daß sie Glossen vber das Wort (Sünde / Rom. 7.) erdencken vnd auff die Ban bringen / vnnd legen es auß / daß es an gemeltem Ohrt nicht eigentlich Sünde heissen soll / sonder nur eine Pein vnd nicht eine Schuld / etc. gehen / wie gesagt / wider die Sophisten vnd Papisten / welche verneynen / daß die Schwachheit in den Gläubigen warhafftig Sünde sey / vnd wöllen / daß das Wort Sünde / Rom. 7. da es von den Gläubigen gebraucht wirdt / nicht eygentlich Sünde oder Schuld /
sondern nuhr ein Pein oder Straffe / oder aber einen leichten geringen Fehl vnnd Gebrechen heisse. Verwerffen aber vnter deß keines Wegs die Wort (Fehl oder Gebrechen) in rechtem Verstande / in welchem sie D. Lutherus / wie erwiesen ist / selbst behält vnd führet. Vnnd gebraucht sich Gegentheil / in Eynführung dieser Sprüche Lutheri / für vnd für den Betrug / den man in Schulen nennet / A dicto secundùm quid ad dictum simpliciter, da wol etwas außgesetzt wirdt / aber nicht durchauß / sondern alleine gewisser Vrsachen wegen. Solcher Gestallt verwirfft D. Lutherus die Wörtlein (Fehl / Gebrechen) in dem Sophistischen Verstande / aber nicht simpliciter oder gäntzlich. Dann / wie gemeldt / braucht er sie selbst in rechtem Verstande.
Es soll diesen Schwarmgeistern eine grosse Verkehrung seyn / wañ man Lutheri Wort / da er spricht: Wir sindt nichts dann Sünde / etc. also erkläret / daß er damit nicht verstehe / daß vnsere verderbte Natur ohne allen Vnderscheidt die Sünde selbst sey (dann das schreibet vnnd lehret er nirgends an keinem Ohrt / vnnd mit keinem Wort nicht) sondern daß sie vnrein / das ist / durch vnnd durch mit der Sünde verderbt sey / vnnd schüldig an Gottes Zorn vnnd Straffen / etc. So er sich doch selbst / wie wir auß der Außlegung deß Euangelij am Newen Jarstag in der Kirchen Postill / kurtz zuvor angezogen / gehöret haben / also erklähret. Deßgleichen auch vber den 51. Psalm. alsbald seine Wort also resoluiert / daß er sie verstehe / daß seine Natur durch die Erbsünde verderbt sey. Wie wir derselbigen Zeugniß etliche hiebevor eyngeführet haben. Können auch solche seine Wort nicht anderst erkläret werden / man wolte dann alle seine Sprüche / in welchen er den Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde so fleissig treibet / gantz vnd gar hinweg werffen vnd mit Füssen tretten.
Ee. ij. f. 2. Daß das Concordi Buch / pag. 231. die Lehre / so da für gibt / die verderbte Natur deß Menschen sey ohne allen Vnderscheidt
die Erbsünde selbst / als ein Manicheischen Irrthumb verwirfft / geschicht nicht / wie das Gegentheil calumnijrt / authoritate praetoria, oder auß angemaßtem Gewalt: Sondern nach GOttes vnfehlbarem Wort vnnd den Artickeln deß Christlichen Glaubens / in welchen solche Lehre verworffen vnnd außgesetzet wirdt / vnnd folgt darumb nicht / daß Lutherus auch müste ein Manicheer vnd seine Lehre verworffen seyn. Dann er ist kein Manicheer / so ist auch seine Lehre nicht Manichaeisch / alleine daß diese Schwarmgeister sie gerne Manichaeisch machen wolten / welches wir jhnen aber nicht gestehen / sondern das Gegenspiel auß Lutheri Schrifften offentlich vnd gründtlich erweisen.
Auff die Wort Lutheri / auß der Kirchen Postill / parte 3. am Tage der Beschneidung: Sünde in vns / ist nicht ein Werck oder That / sondern ist die Natur vnnd gantzes Wesen / etc. ist dieses der richtige Bescheidt / daß nem̃lich Luherus in diesen vnnd dergleichen Worten verblümeter Weise geredet habe / vnnd das abstractum pro concreto gebrauchet / das ist / den gantzen Menschen Sünde genannt / nicht daß der Mensch / eygentlich oder abstractiuè zu reden / die Sünde selbst sey / oder daß die verderbte Natur / eygentlich zu reden / vnd ohne allen Vnderscheid / die Sünde selbst sey / sondern dieweil der gantze Mensch an Leib vnnd Seel durch die Erbsünde verderbt ist / als solchs auß Lutheri eignen Worten / Tom. 4. Ienensi ad Galat. cap. 3. die wir droben citiert / augenscheinlich zu sehen ist. Darumb er dann auch eben in dieser Außlegung am Tage der Beschneidung folgende Wort setzet: Diese Vergifft (meynet die Erbsünde) ist gangen durch den gantzen Menschen / durch Leib vnnd Seel / welches er mit Warheit vnnd Bestande nicht thun köndte / wann zwischen deß verderbten Menschen Leib vnnd Seele vnd zwischen der Erbsünde / so durch dieselbige gangen / gantz vnnd gar kein Vnderscheidt were.
In Summa / wann D. Lutherus die Natur oder Wesen deß Menschen Sünde heist / verstehet er das per Epitasin, wie man in Schulen redet / vnnd heisset mehr nicht / dann daß der Mensch gantz vnrein / sündig / arg vnnd böse worden / daß er auß allen seinen höchsten vnnd besten Kräfften / vor seiner Bekehrung / nichts dann sündigen könne.
Wie nuhn D. Lutherus das Wörtlein Caro, Fleisch / in seinem seruo arbitrio, Tom. 3. Ienensi, pag. 215. Pro carnalitate, vel, pro carnalibus affectibus, Das ist / Für die fleischliche / Gottlose / böse Seuche oder Begirden außlegt. Vnnd Tomo 6. German. pag. 253. vber das 15. cap. an die Corinthier schreibet: Fleisch vnnd Blut heisset da nichts anders / dann die Sucht vnd das böse / so wir von Adam in vnserm Fleisch vnnd Blut haben. Also können wir recht sagen / daß er das Wort Sünde auch zu weilen für den gantzen Menschen oder für das subiectum mit der bösen zufälligen Vnart der Sünden brauche / dieweil der gantze Mensche sündig / vnrein vnd verderbt ist / vnd daß es jhme / eygentlich zu reden / nicht heisse das Menschliche Wesen oder die verderbte Natur selbst.
Vnnd zwar Lutherus muß mit der heiligen Schrifft reden / vnd seine Wort können noch sollen der heiligen Schrifft nicht vorgezogen werden oder aber zu wider seyn. Nuhn sagt aber die heilige Schrifft nirgendt / daß die Erbsünde ein Substantz sey / oder daß sie ohne allen Vnderscheidt die verderbte Menschliche Natur selbst sey / sondern viel mehr sagt sie / daß sie eine Verderbung Menschlicher Natur oder Wesens sey / vnnd im Fleische wohne / Roman. 7. Derwegen so müssen sich Lutheri Reden mit der Schrifft Reden vergleichen / vnnd derselben nicht zu wider gedeutet oder angezogen werden / sonst köndten sie weder gelten noch bestehen.
Ee. iij. fac. 2. So viel etliche Sprüche Lutheri von der Sünde anlanget /
welche hie abermals widerholet werden / ist bißher zum offtermal auff geantwortet / darbey wirs bleiben lassen.
Wirfft vns das Gegentheil für / wir schreyen Lutherum verschlagenerFf. i. fac. 1. heimlicher Weise für einen Manicheer auß / das vor dieser Zeit die Papisten offentlich gethan / etc.
Antwort. Da sagen wir rundt Nein zu / dann vnser gröster Fleiß ist / daß wir Lutheri Sprüche / welche sie vnuerschampt den Manicheischen Grundt in allen jhren Büchern anzureiben sich vnderstehen / von solcher Bezichtigung retten. Vnd hat sich D. Luther selbst. Tom. 2. contra Latomum (da er das Wörtlein (Substantz) wie ers in dieser Lehre wölle verstanden haben / gegen der Parisischen Theologen Anklag / als solte er ein Manicheer seyn / erkläret) gnugsamb entschüldiget / daß er kein Manicheer sey (die Wort Lutheri sind kurtz zuvor citiert) ist also niemandt der Lutherum deß Manichęismi häfftiger beschüldiget / als eben sie / die alle seine Sprüche vnd Lehre auff Manichęisch außlegen / vnd mit Gewalt also wöllen verstanden haben.
Anthonij Otthonis / als eines Manichaeers vnd jhres Rottgesellen / Bekändtnüß vnnd Zeugnüß gilt in dieser Sache nichts /FF. ij. fac. 1. wir nehmens auch nicht ahn / sondern haltens eben in dem Werth / darinn wir jhre Manichaeische Scharteken vnd Bücher halten. Sie mögens für sich so groß vnd hoch achten / als sie jmmer wöllen / das gibt vns nichts zu schaffen. Biß hieher auch vom dritten Punct.
Der IIII. Punct. Bründtliche Warhafftige Verantwortunge deß Concordi-Buchs / daß es weder Pelagianische noch Manichaeische Irrthumb lehre oder vertheidige.
Ff. iiij. 4. Punct. Coucordi-Buch lehret weder Pelagiani sche noch Manicheische Irrthumb. WIe machen sie anfangs ein groß Geschrey / daß der falschen Lehrer Namen im Concordi Buch nicht gesetzt. Denn man solte sagen / wer die falschen Propheten weren / die falsch gelehret hetten. Nun macht aber das das Concordi Buch nicht vnrecht / daß die Namẽ der Lehrer / welcher falsche Lehre im selben verworffen / nicht zugleich mit gesetzt sindt. Dann sonst müsten Christi Predigten selbst vnrecht seyn / in welchen die Namen der falschen Lehrer / welcher Lehre er strafft / nit außdrücklich geneñet. Deßgleichẽ die Episteln Pauli an die Corin. Galat. Philip. etc. in welchen auch die falsche Lehre gestrafft / vnd die Namen der falschẽ Lehrer nit geneñet sind. Damit es aber gleichwol daran auch nit erwinde / wollẽ wir hie die hypothesin außtruckẽ / sagen demnach fein rundt herauß / daß Illyricus / Spangenberg / Irenęus / Opitius vñ jres gleichen Schwarmgesellen / wie sie auch Namen habẽ / falsche jrrige Lehrer sind / vñ daß jre Lehre / in dem sie dichten / die Erbsünde sey ein Substantz oder Wesen / oder sey ohne allen Vnderscheid die verderbte Natur selbst / falsch / jrrig / ketzerisch vñ Manicheisch sey. Was wollẽ sie mehr habẽ? Der andern falschen Lehrer soll / ob Gott will / an seinem Ort / weñ es die Gelegenheit geben wirdt / mit nichten vergessen werden.
In gemein von der Hypothesi zu handeln / gehört nicht hieher oder in diese Schrifft.
Nochmals kompt dieser Schwarmgeist / vnd will beweisen / daß das Concordi Buch vnd die jhm subscribicrt Pelagianisch sind.
I. Sagt erstlich / in dem das Concordi Buch lehret / die Erbsünde sey ein zufälliges Ding an der Natur / füre es Pelagianische Lehre / vnd bestätige / daß die Natur an jhr selbst noch gut sey. Ist aber das nicht ein schöner Beweiß? Das Concordi Buch soll derwegen Pelagianische Lehre füren / vnd setzen / daß die Natur noch gut sey / dieweil es die Erbsünde ein zufällig Ding heißt. So doch die Pelagianer keines Weges gestanden oder gelehret / daß die Erbsünde ein Accidens oder zufälliges Ding in der Natur were / sondern die Erbsünde gantz vnd gar verleugnet haben / auch im geringsten nicht zugelassen oder zugebẽ wollen / daß Erbsünde were / sondern zum hefftigsten gestritten / daß die Menschliche Natur noch gut vnd vnuerderbt were / nicht weniger als Adae Natur vor dem Fall gut vñ vnuer derbt gewesen ist. Demnach dann das Concordi Buch beydes wider die Pelagianer setzet: Erstlich / daß die Erbsünde ein böser Zufall in der Natur sey / welchs sie verleugnet / dann sie von keiner Erbsünde wissen wöllen. Zum andern / eine tieffe vnnd schädliche Verderbung der gantzen Natur sey an Leib vnd Seele / welchs sie auch verneint haben. Wie kansdann wahr seyn / daß es Pelagianische Lehre führe / vnd setze / daß die Natur deß Menschen noch gut sey?
Was hie abermal vom Wort reatus oder Schuldt erholet wirdt / ist kurtz zuvor in 3. Punct verantwortet.
II. Wer (sagt dieser Schwärmer) vnderscheidet zwischen der Erbsünde vñ zwischen der verderbten Natur / der lehret / daß die Natur noch gut vnd in jhren natürlichen Kräfften vnuerderbt sey. Das Concordi Buch thut das. Ergo, so lehret es / daß die Natur noch gut vnd in jhren natürlichen Kräfften / vnuerderbt sey / vnd ist also Pelagianisch.
Antwort. Der Vnderscheid zwischen der verderbten
Natur vnd zwischen der Erbsünde / wirdt vom Concordi Buch nicht der Pelagianer Schwarm zu rechtfertigen auß Gottes Wort vnd den Artickeln deß Glaubens gesetzet / sondern dem Manichaeischen Schwarm zu begegenen / welcher lehret / daß die Erbsünde ein Substantz oder Wesen oder die verderbte Natur selbst sey. Dieser Lästerung vorzukommen / wirdt erwehnter Vnderscheid getrieben / ferrner nicht.
Wer da sagt oder lehret / daß die Menschliche Natur noch gut vnnd durchauß in allen jhren Kräfften vnuerderbt sey / der ist freylich ein Pelagianer.
Das Concordi Buch aber sagt vnnd lehret das Widerspiel / nemblich / daß die Menschliche Natur durchauß vnd in allen jhren guten Kräfften gegen Gott / etc. verderbt sey: Wie kan es dan Pelagianisch seyn?
Augustinus treibt an vielen Orten in seinen Schrifften / sonderlich contra Epistolam Fundamenti cap. 33. 34. (die Wort haben wir droben / in Verantwortung deß dritten Puncts / gantz allegiert) daß ein jetwedere Natur / so ferrn sie eine Natur ist / gut sey / vnnd ist doch bißher noch keiner kommen / der jhn deß wegen eyniges Pelagianischen Irrthumbs beschüldiget hette.
Lutherus Genes. 4. vnd anderßwo sagt / die Geistlichen Menschen müssen ein Vnderscheidt machen zwischen Gottes Werck vnd zwischen der Erbsünde / vnd ist derhalben nicht Pelagianisch.
Ja die gantze Heilige Schrifft vnnd alle Artickel deß Glaubens vnderscheiden zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde / vnd sind dennoch nicht Pelagianisch.
In Summa / der Vnderscheid gehet nicht dahin / daß die verderbte Natur dadurch im wenigsten gut gemachet / sondern nur wider die jenigen / so auß der verderbten Natur vnnd Erbsünde durchauß ein Ding wöllen machen / oder die mit den Manichęern schwärmen / daß die Erbsünde ein Substantz oder Wesen sey / vnnd macht das Concordi Buch im geringsten nicht Pelagianisch.
Was hieneben auß etlicher Priuat Personen Schrifften angezogen wirdt / werden sie sich selbst wol / da es die Notturfft erheischet / zu verantworten wissen. Mit einem Wort zu melden / geschicht jhnen Gewalt vnnd vnrecht / in dem sie deß Pelagianischen Irrthumbs jhrer Wort halben beschüldigt worden / etc.
III. Weil dieser Schwärmer dem Christlichen Concordi-Buch nicht beykommen kan / in dem es die Lehre verwirfft / da jemandt für gebe / daß die böse Lust nicht Sünde were / so reibet er sich an andere / die wolt er gerne dieses Irrthumbs bezichtigen. Weil aber hie der Streit vom Concordi Buch ist / vnnd nicht von andern Schrifften / werden sich die / welcher Wort dieses Orths verkehrlich angezogen / wañs die Notturfft der Kirchen erheischt / wol zu verantworten wissen.
IIII. Also / da das Christliche Concordi Buch deutlich verwirfft / da jemandt lehrete / daß die Erbsünde nur von aussen ein geringschätziger / schlechter / eingesprengeter Fleck oder anfliegender Mackel sey / etc. vnnd dieser Schwärmer es vngetadelt muß passiern lassen / kompt er abermals auff die / so die Erbsünde mit einem Kot / Vnflat / Vnreinigkeit / Gifft / etc. verglichen / vnnd verstehet nicht / daß dieses nur Gleichnüssen sind / der sich auch Augustinus / Lutherus vnd andere reine Lehrer in der Lehre von der Erbsünde gebrauchthaben / nit daß sie dadurch / was die Erbsünde eigentlich were / beschreiben wolten: Sondern daß sie nur etlicher Massen damit anzeigeten / was es für ein jäm̃erlicher Schade were / wiewol solcher Schade nicht kan gnugsamb außgesprochen werden.
Droben hat dieser Schwarmgeist auß dem Wort Gifft erzwingen wöllen / daß vnsere Lehr Manicheisch were / weil Gifft ein Substantz. Hie wendet er vmb / vnnd will vns deß Pelagianischen Irrthum̃s darauß beschüldigen / also fein ist er mit sich selber eynig.
Vom Wort Qualitas oder Seuche / das hie wider repetiert / ist droben im dritten Punct gnugsamb geantwortet.
V. Solcher Gestallt muß er auch passiern lassen / daß das
Concordi Buch verwirfft / wann gelehret wirdt / daß die Erbsünde nur eine Verderbung sey etlicher zufälliger Dinge an deß Menschen Natur / darbey vnd darunter die Natur gleichwol jre Güte vñ Krafft erhalten / etc. Gibt aber dabey für / daß etliche sind / welche also sollen gelehret haben. Mit denselben mag ers außfechten / wirdt jhnen / ob Gott will / an Christlicher Antwort nicht erwinden.
Dieser Schwarmgeist kan so weit in seinem verwirreten Kopff nicht kommen / daß die verderbte Natur / so ferrn sie auch jetzo eine Natur vnd Gottes Geschöpff ist / muß gut geheissen werden / vnd das darumb / damit man nicht auß der Natur / auch wie sie verderbt ist / das böse selbst mache. Dann wo das geschehe / so müßt Gott / der die verderbte Natur auch jetzo schaffet / ein Schöpffer der wesentlichen Boßheit oder Sünde selbst seyn.
Es wirdt auch durch diese Reden nicht bestettigt / daß die naturalia noch sollen gantz / oder die Natur vnuerderbt seyn. Dann wie solte der lehren / daß die naturalia noch gantz vñ vnuerderbet / der außtrücklich setzet vnd bekennt / daß durch Adams Fall Menschlich Natur vnd Wesen gantz vnd gar verderbt sey?
Wir bekennen vnd lehren mit Luthero vnd zu förderst mit der Schrifft / daß die Natur durch vnd durch verderbt sey / vnd mit der Sünde vergifftet / vnd sagen doch auch mit Luthero vnd zu förderst mit Gottes Wort / daß die Natur bleibe / ob sie wol durch die Sünde sehr verderbt ist. Vñ sind diese Reden nicht widereinander. Weñ Lutherus spricht: Die Natur bleibet / ob sie wol verderbt ist / etc. sihet er dahin / daß er sich verwahre wider die / so die Natur auff gut Manichaeisch zur Sünde selbst machen wöllen. Welcher Irrthumber diese Rede entgegen setzet. Wann er aber spricht: Die gantze Natur sey durch die Sünde verderbt / sihet er auff die / so die Natur auff gut Pelagianisch wöllen noch rein vnd gut haben / vnnd nicht gestehen / daß sie durch die Erbsünde verderbt sey.
VI. Das Concordi Buch fol. 231. verwirfft auch den Irrthumb / wenn gelehret wirdt / daß im Menschen nicht gar verderbt sey Menschlich Natur vnd Wesen / sondern der Mensch habe noch etwas gutes an jhm / auch in Geistlichen Sachen / etc. Das muß dieser Schwärmer selbst loben. Aber Victorinus / spricht er / hat also gelehret / etc. Antwort / darumb ist auch seine Meynung im Concordi Buch verworffen / wie dieser Schwärmer selbst bekennt. Was plagter sich dann / daß er auch da Vrsach zu meistern vnd reformieren suchet / da er doch selbst bekennen muß / daß er keine habe? Was Priuat Personen anlangt / mag er selbst zu Rede setzen / ist jhm vnuerbotten.
VII. Also setzet das Concordi Buch fol. 231. auch auß / so jemandJi. ij. lehret / daß die Erbsünde sey nur ein eusserlich Hindernüß der guten Geistlichen Kräfften / vnd nicht eine Beraubung oder Mangel derselbigen / als wann ein Magnet mit Knobloch Safft bestrichen wirt / etc. Das muß dieser Meister auch passieren lassen / vnd als recht loben. Er streitet aber / daß der Name dessen nicht dabey stehet / welcher anfänglich so gelehret. Nun ist jhme vnd jederman wol erlaubt den Namen hinzu zu setzen oder sonsten in Schrifften / Predigten vnd lectionibus, wo es die Notturfft erfordert / offentlich zu nennen.
Befindet sich also schließlich bey diesem Stück / daß dieser Schwarmgeist nicht mit einem einigen Wörtlein erwiesen hat / daß das Concordi Buch Pelagianisch sey oder Pelagianische Lehre führe.
Die Priuat Personẽ / so dem Concordi Buch vnderschrieben denen er Pelagianische Lehr zumisset / werden Nein darzu sagen / vnd er wirdts auch nimmermehr auff sie beweisen.
Ferrner vnterstehet er sich etliche Lehrer / so sich zum ChristlichenJi. iij. Concordi Buch bekennen / zu Manichaeern zu machen.
Hie müssen wir abermals vnderscheiden. Was dieser Schwärmer insonderheit wider daß Christliche Coucordi Buch in die-
sem Streit fürbringt / das wollen wir sonderlich verantworten. Was aber Priuat Personen antrifft / derer er hie viel nacheinander nennet / vnd jhre Schrifften anzeucht / weil sie mehrer theils noch im Leben sind / vnd sich (Gott Lob) selbst verantworten können / wöllen wir zu jhrer selbst eignen Verantwortung stellen.
I. Daß im Concordi Buch von der Erbsünde nicht gelehret werde / daß sie vom Teuffel als von einem sonderlichen oder bösen Gott / wie jhn die alten Manicheer genannt / erschaffen / muß dieser Schwärmer on sein Danck bleiben lassen. Ach wie gerne würde ers fürbracht vnd jm nutz gemacht haben / wann er die geringste Gelegenheit darzu auß dem Concordi Buch gehabt.
Kk. iiij. II. Wolt er gern erzwingen / weil das Christliche Concordi-Buch / pag. 261. lehret / daß die Menschliche Natur durch den Fall nicht gantz vnd gar vertilget / oder in ein ander Substantz verwandelt / etc. das es Manicheische Lehre füre. Dann die Manicheer hetten etwa auch die Verwandelung oder Veränderung der Menschlichen Natur vnd Wesens verleugnet.
Wir wollen von diesem Stück gründtlichen Bericht thun / darauß sich fein finden wirdt / mit was Gewissen dieser Schwarmgeist dem Christlichen Concordi Buch Manicheische Lehre zumisset.
So ist nun der Manicheer Lehre gewest: Erstlich / daß das böse oder die Sünde ein selbstendiges Wesen were / vom bösen Gott erschaffen.
Zum andern / daß das böse oder die Sünde in die gute Natur deß Menschen nicht kommen were durch den Abfall von Gott oder Vngehorsam der ersten Eltern / sondern daß sie ein selbstendiges Wesen oder Geschöpff were deß bösen Gottes / vnnd mit der Natur deß Menschen / als etwas selbstendiges vñ wesentliches / vermenget Contra Secundinum Manichaeũ cap. 12.oder vermischet.
Zum dritten / vnnd daß demnach die Sünde kein Accidens oder böser Zufall / Vnordnung / Gebrechen / Mangel oder Ver-
derbung in der Menschlichen Natur were / dadurch die gute Natur deß Menschen verändert / vnd da sie zuvor gerecht / rein / heilig vnd vnstrefflich gewest / nuhumehr durch die Sünde vngerecht / vnrein / vnheilig vnnd strefflich oder schüldig worden were.
Wie reymet sich aber das mit der Lehre deß Concordi Buchs von der Erbsünde?
Dann das Concordi Buch verwirffet klar der Manicheer Lehre von zween Göttern / vnnd hält es für lauter Teuffels Lehre oder Ketzerey / dichten / daß das böse oder die Sünde ein selbstendiges Wesen sey / das für sich selbst bestehe.
Gleicher Gestallt verwirfft es auch den Manichaeischen Schwarm / daß die Sünde / als etwas selbstendiges oder wesentliches in deß Menschen Wesen kommen vnnd mit demselbigen vermischet sey.
Vber das lehret es vnnd bekennt wider die Manichaeer / daß die Sünde ein böser Zufall in ďNatur sey / dardurch die gute Natur deß Menschẽ verändert vñ böse worden / vñ an statt der Gerechtigkeit / Reinigkeit / Heiligkeit / etc. so sie vor dem Fall gehabt / nunmehr durch den Fall / Vngerechtigkeit / Vnreinigkeit / Vnheiligkeit / etc. vberkommen / dem Tode / Gottes Zorn / Tyranney deß Sathans / zeitlichen vnd ewigen Straffen vnterworffen sey. Vnd das ist die Verwandlung oder Veränderung der Natur in geistlichen Sachen / die Bekehrung zu Gott vnd das ewige Leben betreffendt / darvon die heilige Schrifft lehret.
Weil dann das Christliche Concordi Buch die Veränderung oder Verwandlung der Natur / wie sie in Gottes Wort beschrieben / bekennt / mit was Gründe kan jhm dann Manichaeischer Irrthumb zugemessen werden?
Da stößt sichs aber an / daß dieser Schwarmgeist / sampt seinẽ Mitgenossen lästert / der Mensch sey wesentlich durch die Sünde verwandelt / also daß seine Natur durch Adae Fall zur Sünde selbst worden / vnd daß numehr deß Menschen Leib vnnd Seel we-
sentlich Sünde / oder ohne allen Vnderscheidt die Sünde selbst fey. Zu solchem Gedicht sprechen wir rundt Nein / vnd sagen / daß es vom leidigen Teuffel herfürbracht / vnnd diesen Schwarm verwirfft auch das Christliche Concordi Buch / da es die wesentliche Abtilgung der Natur / vnnd wesentliche Verwandlung derselben in eine andere Natur / von der vorigen dem Wesen nach vnterscheiden / etc. außsetzet.
Auß Augustini Schrifften / darauff sichs Gegentheil berufft / kan nimmermehr mit einigem Wort erwiesen werden / daß Augustinus wider die Manicheer gestritten habe / daß die gute Menschliche Natur durch den Fall Adę wesentlich transformiert vnd in die Sünde selbst verwandelt worden / also / daß nunmehr / nach dem Fall / die verderbte Menschliche Natur wesentlich die Sünde selbst worden. Vnd daß der Sathan den Menschen oder seine Menschliche Natur durch eine Verwandlung abgetilget / ermördet / vnd in ein newe speciem, wesentliche Form oder Art / nach Abtilgung der ersten Gestallt vnnd Form / in welcher jhn Gott erschaffen hatte / solte gleich als vmbgegossen oder vmbgeschmeltzet haben / wie Illyricus vnnd diese Schwärmer fürgeben. Ist auch gewiß / daß Augustino nie geträumet habe / solcher Gestallt von der Verwandlung deß Menschen zuhalten / geschweigen / daß er solche Teuffelische Lästerung in seinen Büchern solte gesetzt oder geführet haben.
Das die gute Art der Menschlichen Natur durch die Sünde verändert sey / das stehet wol in Augustino / daß aber das Wesen deß Menschen in die Sünde selbst solte verkehret seyn / daß der Sathan den Menschen wesentlich zu seinem Bilde solte verwandelt haben / daß die wesentliche Form deß Menschen / in welcher er anfänglich von Gott erschaffen ist / solte abgetilget / vnnd daß der Sathan durch seine Verkehrung ein andere vñ newe wesentliche Form deß Menschen solte zu wegen gebracht haben / daß die Erbsünde eine newe Creatur sey / daß der verderbte Mensch / so viel sein verderbt
Wesen anlangt / solt deß Teuffels Werck seyn: Das alles / sagen wir / kan vñ mag mit dem geringsten Wort auß Augustini Schrifften nicht dargethan werden.
Sum̃a / wie gemelt / Augustinus hat nicht wider die Manicheer gestrittẽ / daß die Menschliche Natur wesentlich in dz böse oďSünde verwandelt were / sondern alleine darvon / daß die gute Natur deß Menschẽ durch den Fall böse wordẽ / böse Art vñ Eygenschafftẽ / an statt der guten Art vñ Eygenschafften / vberkom̃en. Die Manicheer habẽ auch gegen Augustino die wesentliche Veränderung ďNatur nit verleugnet / sondern die Veränderung der guten Qualiteten oď Artẽ deß Menschen. Darum̃ er contra Epistol. Fundamenti, cap. 33. 43. die Verderbung oder Veränderung der gutẽ Menschlichen Natur / durch den Fall vergleicht mit einẽ reinen Wasser / das durch vnreinen Kot trübe gemacht wirdt. Wann das Trübe vom Wasser weg kompt / so bleibetrein Wasser vbrig. Also / wañ das böse von der Natur weggenommen / bleibet die Natur / etc. Vnd cap. 35. 36. 38. erkläret er sich rundt / was das böse oder die Sünde in der verderbten Natur sey / vnd spricht: Quis dubitet totum illud, quod dicitur malum, nihil esse aliud, quàm corruptionem? Wer zweiffelt / daß das alles / was das böse oder die Sünde genennet wirdt / nichts anders sey / dann eine Verderbung? Setzt auch abermals diese Gleichnüssen darauff: Die Verderbung einer gelehrten Seelen / wirdt genennet Vnerfahrenheit: die Verderbung eines fürsichtigen / Vnfürsichtigkeit: die Verderbung der Gerechtigkeit ist die Vngerechtigkeit. Vnd abermals sprichter: Die Verderbung ist keine Natur / sondern ist wider die Natur. Quòd si non inuenitur in rebus malum nisi corruptio, & corruptio non est natura, nulla vtique natura malum est, &c. Das ist / dieweil dann in den Dingen kein böses gefunden wirdt / dann die Verderbung / die Verderbung aber ist keine Natur / so ists ja gewiß vñ wahr / daß das böse oder die Sünde keine Natur ist.
Contra Secundinum Manichaeum, cap. 15. schreibt er: Vna
igitur eademque res, id est anima, in quantum substantia est, bona est: In quantum autem habet aliquid mali, quod non est substantia, id est, consensionem istam, in tantum mala est. Das ist / die einige Seele / so ferrn sie ein Substantz ist / ist sie gut / so ferrn sie aber etwas böses / das kein Substantz ist / hat / das ist / die böse Neigung / so ferrn ist sie böse. Vnd bald hernach: Aperi ergo iam cordisoculos, & intuere, si potes, bonum aliquod esse quamlibet substantiam, & ideo malum esse defectum substantiae, quia bonum est esse substantiam. Darumb thue die Augen deß Hertzens auff vnd sehe / wo du anderst sehen kanst / daß ein jedere Substantz etwas gutes ist / vnnd daß derhalben das Böse oder die Sünde ein Mangel ist / dann was Substantz ist / das ist gut.
Vnd cap. 19. Eccevnde est malum? à propria scillcet voluntate. Non autem ista natura sed culpa est, ac per hoc etiam contraria naturae, cui vbique nocet priuando eam bono, quo beata esse posset, si peccare noluisset. Sihe / wo her kompt doch das Vbel oder die Sünde? Nem̃lich von dem eignẽ Willen / das ist aber keine Natur / sondern eine Schuldt / vnd also der Natur zu wider / welcher sie schadet in dem / daß sie dieselbige deß guten beraubet / dadurch sie selig were / wann sie nicht hette wöllen sündigen.
Itẽ, de natura & cõcupiscentia lib. 1. ca. 25. Vnnd contra Iulian. Pelag. lib. 6. cap. 7. Ego nominaui qualitatem, dicens, non substantialiter manere concupiscentitiam, sicut corpus aliquod, aut spiritum, sed esse affectionem quandam malae qualitatis, sicut est languor. Ich hab sie genennt eine Qualitet oder Vnart / vnnd habe gesagt / daß die Lust nicht wesentlich bleibet / wie etwa ein Leib oder Geist: Sondern dieweil sie ist ein böse Seuche / Gebrechen oder Mangel / gleich wie eine Kranckheit.
Vnnd abermals. Ego tanquam valetudinem malam ex origine vitiata ingenitũ esse homini dico vitium, quo caro concupiscit aduersus spiritum. Das ist / Ich sage / daß dem Menschen
die Sünde angeboren ist / von wegen der Verderbung der Natur / die anfangs verderbet ist / gleich wie eine Kranckheit einem angeboren wirdt.
Augustinus in Enchiridio, cap. 11. Quid est aliud, quod malum dicitur, quàm priuatio boni? Was ist das anders / welches man das böse oder die Sünde nennet / dann ein Beraubung oder Mangel deß guten?
Idem in Enchiridio cap. 12. Cùm natura corrumpitur, ideo malum est eius corruptio, quia eam priuat qualicũque bono. Dieweil die Natur verderbt wirt / so ist das böse oder die Sünde der Natur Verderbung / dann es beraubet sie jhres guten.
Item, lib. 2. Hypognost. Adam factus est absque peccato natura: Cùm verò peccauit homo, natura peccauit, & facta est natura iam peccatrix, id est, vitium habens peccati, non ipsa effecta vitium vel peccatum. Post peccatum ergò, homo peccator dictus est, nõ homo peccatum. Das ist / Adam ist von Natur one Sünde erschaffen / da er aber gesündiget hat / da hat die Natur gesündiget / vnnd ist die Natur sündig worden / das ist / sie hat einen Mangel oder Gebrechen der Sünde vberkommen / sie ist aber nicht selbst zur Sünde worden. Derhalben ist nach der Sünde der Mensch ein Sünder genennet worden / vnd nicht die Sünde selbst.
Auß welchen Sprüchen klar ist / daß Augustinus nicht gehalten oder wider die Manicheer gestritten hat / daß die gute Natur deß Menschen durch die Sünde solte wesentlich in ein ander Natur / Gestallt / Form vnnd Art / der vorigen vngleich / verwandelt seyn / etc. wie diese Schwärmer jhm fälschlich vnd mit Vnwarheit aufftichten / sondern daß seine Meynung vnd Lehre von Verwandlung der Menschlichen Natur gewest / daß durch die Sünde das gute von der Menschlichen Natur weggenommen / vnd sie verderbet / so viel jhre gute Art anlanget. Hergegen aber an statt der guten Art eine böse Vnart / Nem̃lich / Vngerechtigkeit / Vnreinigkeit / vnd was dergleichen mehr / kommen sey / daß auch das böse oder
die Sünde keine Natur oder Substantz sey / viel weniger aber die verderbte Natur deß Menschen selbst sey / sondern sey eine Verderbung der Substantz oder Wesens Menschlicher Natur / vnd eine böse Seuche / Kranckheit oder Gebrechen / welcher der Natur durch die Geburt angeerbet wirdt. Wann aber derselbige Gebrechen abgethan werde / so bleibe die Natur für sich.
Ist nuhn das Böse oder die Sünde eine Verderbung / vnd keine Natur / vnnd ist eine böse Seuche in der Natur / vnnd nicht die verderbte Substantz oder Natur selbst / ja die Sünde oder das Böse / nach Augustini Lehre / kan auch nicht seyn / dañ in der Substantz oder Natur deß Menschen / Contra Iulian. lib. 6. cap. 4. So ists ja nicht wahr / daß Augustinus wider die Manicheer solte gelehret haben / daß die gute Natur wesentlich durch die Sünde verwandelt were / vnnd die Manicheer auch das nichtan Augustino gestrafft oder getadelt haben / sondern alleine das / daß er gelehret / daß die gute Natur deß Menschẽ / durch diß Böse oder durch die Sünde / als ein böse Seuche vñ Schaden verderbt were / etc. Solches aber ist die Warheit / vñ so vñ nit anders lehret Gottes Wort von der Veränderung oder Verderbung der gutẽ Menschlichen Natur vom gutẽ zum bösen. Da auch die Verderbung solte die verderbte Menschliche Natur ohne allen Vnderscheidt selbst seyn / so müste Augustinus seine gantze Lehre wider die Manicheer vmbgekehret haben / vnnd nicht gestritten / daß das böse oder Sünde nichts anders were / dann eine Verderbung der guten Natur / sondern das Widerspiel / nem̃lich / daß die Verderbung vnd Natur / so verderbt ist / durchauß ein Ding weren / vnnd daß die Verderbung nicht in einem guten / das ist / in der Natur oder Substantz were / welche / so ferrn sie ein Natur oder Substantz ist / gut ist / so ferrn sie aber verderbet / böse ist oder deß guten beraubt ist.
August. cõtra Iulian. li. 3 ca. 24. Auff Lutheri Spruch / daß die gantze Natur verderbt sey / ist droben zu etlichen malen geantwortet.
Dieser Schwärmer führet August. Wort lib. 3. cõtra Iulian.Kk. ij. Pelag ca. 26. Non attendis, peccato illo magno vniuersam in deterius mutatam fuisse naturam, vnde fuerat propago ducenda. Das ist / du merckest nicht / daß durch die grosse Sünde Adae die gantze Natur / darauß wir alle hetten sollen geboren werden / schändtlich vnd jämmerlich verkehret ist / etc. vnd spricht / Augustinus habe diese Wort den Manicheern entgegen gesetzt / welche der Menschlichen Natur wesentliche Verwandelung geleugnet. Nun ist solchs eine greiffliche / feiste / wolgemeste Vnwarheit. Dann Augustinus in gemeltem Capitel nicht wider die Manicheer disputiert / sondern wider den Pelagianer Julianum / der leugnete / daß die Menschliche Natur durch die Erbsünde verderbt / vnd wolt / daß die Natur noch gantz rein vnnd vnuerderbt were / wie sie vor dem Fall gewest / daß sie auch solcher Gestallt von den Eltern auff die Kinder geerbet würde / allein was die Eltern in dem sündigten / da sie in der Entpfengnüß auß Lust der Sachen zu viel theten / welchs aber die Natur der Kinder gleich sehr liesse heilig vnd rein bleiben.
So lehret auch Augustinus in gemelten Worten nicht / daß die Natur durch den Fall Adae wesentlich in eine andere Natur verwandelt sey. Dann dessen gedenckt er mit keinem Wort / ist auch seine Lehr nicht gewest / sondern er redet von der Veränderung der guten Art in eine böse Vnart / Seuchen vnd Gebrechen / dauon kurtz zuuor auß seinen eignen Worten gründtlicher Bericht geschehen ist.
Der ander Spruch Augustini de nuptiis & concupiscentia lib. 2. cap. 34. Vnde illo magno peccato primi hominis natura ibi nostra in deterius cõmutata, non solũ facta est peccatrix, verũ etiam genuit peccatores. Das ist / durch die grosse Sünde Adae deß ersten Menschens ist vnser Natur schändtlich verändert / vnd nicht alleine sündig wordẽ / sonder gebiert auch nun Sünder / etc. Ist auch nit wider die Manicheer gerichtet / wie menniglich an gemeltẽ Ort selbst lesen kan: Sondern wider Julianum den Pelagianer / welcher
verleugnete / daß durch Adams Fall die Menschliche Natur verderbet were / etc. so zeucht jhn dieser vnverschämpter Lästerer an / als wider die Manicheer geredet.
Zu dem läßt er aussen die Wort / so daran hangen: Et tamen ipse languor, quo bene viuendi virtus perijt, non est vtique natura sed vitium: Sicut certè mala in corpore valetudo non est vlla substantia vel natura sed vitium, &c. Das ist / Die Seuche oder der Gebrechen selbst / durch welchen die gute Krafft recht zu leben im Menschen verloren oder verderbt ist / ist ja keine Natur / sondern ist ein Gebrechen / gleich wie die Schwachheit im Menschlichen Leibe nicht eine Substantz oder Natur ist / sondern ein Mangel / etc. Welche Wort diesem Lästerer ins Angesicht widersprechen / in dem er sam̃t den seinen schwärmet / daß Verderbung vnd das verderbte / oder die verderbte Natur vnd die Sünde ein Ding seyn / vnd dichtet / daß durch die Sünde die Menschliche Natur wesentlich in eine andere Natur verwandelt sey.
Solche Meynung hat es auch mit folgendem Spruch Augustini contra Secundinũ, cap. 19. Non enim non mutatur natura, quae fit ex sapiente stulta, quę obliuiscitur sui, &c. Die Natur wirdt verwandelt / welche auß einer weisen närrisch wirdt / vnnd jhr selbst vergisset / etc. Dann Augustinus redet von der Verwandlung der Weißheit in die Thorheit vñ Vergessenheit. Nun ist aber Weißheit eine Qualitas oder gute Art vnd Gabe in der Natur / vnd Thorheit eine böse Vnart in der Natur nach dem Fall / etc. Darauß offenbar / daß Augustinus nit gelehrt hat / daß die Natur deß Menschen wesentlich verwandelt sey / wie diese Gesellen fürgeben / sonder in den Qualiteten oder so viel die gute Art anlangt / so sie vor dem Fall gehabt / als Weißheit vnnd dergleichen / welche sie durch die Sünde verlohren / vnd nuhn Narrheit vnd Thorheit an derselben statt bekommen.
Der Spruch lib. 5. contra Iulianum cap. 10. welchen dieser Schwärmer hie zu seinem Vortheil nuhr deutsch setzet / lautet im
Latein also: Angelus, quem creauit Deus, res à peccato libera fuit: homo, quem primum creauit Deus, res à peccato libera fuit. De rebus igitur à peccato liberis nata esse peccata qui negat, aut Manichęus est manifectus, aut Manichęis suffragatur incautus. Das ist / Der Engel / welchẽ Gott erschaffen hat / ist ein Ding oder Substantz gewest frey von der Sünde. Der Mensch / welchen Gott erstlich erschaffen hat / ist ein Ding oder Substantz gewest frey von der Sünde. Derhalben wer da verneinet / daß von denen Dingen oder Creaturen / welche von der Sünde frey seyn / Sünde köñe herkommen / der ist entweder ein offentlicher Manicheer / oder billiget doch zum wenigsten vnwissent der Manicheer Schwarm vnnd Irrthumb. Nun hat er jhn aber also gedeutschet. Der Engel vnd der Mensch / welche Gottes reine Creaturen gewest / sind böse worden / nicht durch Vermischung etwas böses / sondern durch Abfall vom guten / vnd wer da leugnet / daß Sünde von denen Dingen / das ist / von Engeln vnd Menschen / die doch zuuor gerecht vnd ohne Sünde gewesen / herkomme / oder daß die guten Engel zu Teuffeln / vnd die gerechten Menschen zur Sünde / das ist / vngerecht worden sind / der ist entweder ein öffentlicher Manicheer / oder billiget doch zum wenigsten vnwissent der Manicheer Schwarm vnd Irrthumb.
Ob dieses Deutsch mit Augustini Worten vberein treffe / stellen wir zu Erkandtnüß deß Christlichen Lesers.
Augustinus streitet wider Julianum den Pelagianer / der diesen Grundt fürbracht: Von dem / das der Sünden frey ist / kan kein Sünde herkom̃en. Darauff / antwortet Augustinus / sage die Warheit Nein zu / welche beydes Julianum vñ die Manicheer vmbstosse / welcher Grundt Julianus brauchete. Vnd zeiget dessen die zwey Exempel / Der Engel / die vor dem Fall der Sünden frey gewest / vñ dennoch gesündiget. Der Menschen welche vor dem Fall von der Sünden frey gewest / vnd deñoch Sünde gethan haben. Derwegen sey es gewiß / daß von den Creaturen welche der Sünden frey sindt / Sünde herkommen könne / vnd wer / das verneine / der sey entweder
ein offentlicher Manicheer / oder er halte es vnwissendt mit jhnen. Mehr sagt Augustinus hie nicht / noch darff dieser Geist so küne seyn / vnd Augustini Worten andichten / das gar nicht drinnen stehet / nemblich / daß Augustinus solt gehalten haben / daß der Mensch wesentlich in die Sünde verwandelt / vñ zur Sünde selbst wordẽsey.
Was er ferrner hie einführet auß Augustino de natura boni cap. 30. wider die Manicheer / das ist in gemeltem Capitel nicht zubefinden / thut auch ohne das nichts zur Sache / wann es gleich drinnen stünde.
Kk. iiij. fac. 2. Es ist sich aber wol zu verwundern / daß dieser Schwärmer das Concordi Buch in gemeltem Stück von der wesentlichen Verwandelung anficht / vnnd doch selbst bekennen muß / es sey wahr / der Mensch sey durch Adams Fall nicht gantz vnnd gar vertilget / auch nicht Physicè, in natürlichen Dingen / etc. ein ander Mensch / species oder Art worden / aber Theologicè vnnd Geistlich betrachtet / sey er ein ander Mensch.
Auff diese Alfentzerey sagen wirrundt Nein. Dann die Heilige Schrifft / wie im 3. Punct nach der lenge außgeführet / stellet vns nur den einigen natürlichen Menschen für / wie er von Vatter vnd Mutter geboren / betrachtet auch keinen andern / dann diesen einigen / wie er nem̃lich in Sünden entpfangen vnd geboren ist / vnd durch Christum erlöset. Daher auch Lutherus Psal. 51. schreibet: Theologiae proprium subiectum est homo peccati reus ac perditus, &c. Die Theologia hat eigentlich zu thun mit dem Menschen / der schüldig ist für Gott der Sünden halben / vnd verderbt. Es machet auch die vngleiche Betrachtung nicht einen andern Menschen / der eines andern Wesens / einer andern Art oder Form were in der Theologia als er sonst ist. Dann ob wol ein Philosophus den Schaden deß Menschens nicht sihet / den ein Theologus hie auß Gottes Wort sihet / sondern nur drauff Acht gibt / daß der Mensch ein vernünfftig Thier oder Creatur / so wirdt doch ist auch derenthalben der Mensch kein ander Mensch in der Theologia / als er sonst ausserhalb derselben ist.
Der Spruch Genes. 3. Morte morieris, Du solt deß TodesLl. sterben / ist wol eine ernste Drawung / in welcher Adam der zeitliche vnd ewige Todt gedrewet / Daß aber Adam durch solche Drawung Gottes wesentlich solte in ein ander Natur / Gestallt vnd Art / vnd also in die Sünde selbst verwandelt seyn / das ist dieser Leut falsch vñ Gottslästerlich Gedicht. Dann das Wort (Todt) begreifft das Sterben vñ alles was zum Reich deß Todes gehöret / nemblich / zeitliche vñ ewige Straffen / mit nichten aber die wesentliche Verwandelung Adae in eine andere vnd newe Natur oder Wesen / das die Sünde selbst were. Dann wie Adam vor dem Fall das wesentliche Leben selbst nicht gewest ist / dann wo er das gewest / so were er ein erschaffener Gott gewest: sondern er ist leben dig gewest / hat das Leben / Gerechtigkeit vnd Heiligkeit gehabt: Also ist er auch durch den Fall nicht wesentlich verwandelt vnnd zur Vngerechtigkeit selbst worden / sondern vngerecht oder voller Vngerechtigkeit vnd Sünde.
Da er auch durch die Drawung Gottes wesentlich getödtet / ermordet vnd / wie sie reden / in eine andere wesentliche Form / Gestallt vñ Art verwandelt were / so were den Adam / der auß der wesentlichẽ Verwandelung worden / die Herrligkeit vnnd Seligkeit deß von Gott erschaffenen Adams nichts vberall angangen / wie dann auch das Elendt / so auff seinen Fall erfolget / jn nichts vberall betroffen / wann er in einen andern Adam oder Menschen / wesentlich von jhm vnderscheiden / verwandelt vnd zur Sünde selbst worden. Es hette auch der Sohn Gottes den Menschen / welchen er anfänglich erschaffen vñ gesündiget / nit erlöst / sondern einen andern / der wesentlich vom vorigen vnderscheiden / welchen der Sathan durch seine Verwandelung zu wegen gebracht.
Augustinus de duabus animabus contra Manichaeos cap. 2. erkläret auch das Wort Todt nit also / daß es eine wesentliche Verwandelung der Menschlichen Natur in die Sünde heisse / sondern daß es von der Sünde zu verstehen. Peccatum immortalis animae
sola mors est, &c. Allein die Sünde ist der vnsterblichen Seelen Todt. Vnd Cap. 8. Etenim anima, quamuis sit immortalis, tamen mors eius rectè dicitur à Dei cognitione auersio. Das ist / Ob wol die Seele ein vnsterblicher Geist ist / so wirdt doch die Abwendung von der Erkändtnüß Gottes recht jhr Todt genennt.
D. Lutherus auch Gen. 3. da er diesen Spruch: Du wirst deß Todes sterben / handelt / sagt nichts von der Tödtung oď Abtilgung der Menschlichen Natur / vnd wesentlichen Verwandelungen derselben in ein ander Wesen / Gestallt / Form vnnd Art / daruon diese Schwärmer dichten.
Aber von der wesentlichen Verwandelung ist droben in Widerlegung deß dritten Puncts mehr Bericht zu finden.
Daß auch der Apostel 2. Corint. 11. da er sagt / die Schlange ja der Teuffel habe Euam mit jhrer Schalckheit verführet / vnd jre Sinne verrucket / nicht von einer solchen wesentlichen Verwandelung der Heuae rede / dauon diese Leut schwärmen / bringen die Wort selbst mit sich. Dann verführen vnd verrucken heissen nicht wesentlich abgetilget / vnd in ein andere Gestallt / Form vnnd Art verwandelt werden / sondern es heißt verderbt werden / abgewandt werden von dem Gehorsam Gottes / vom Erkäntnüß Gottes / von der Gerechtigkeit / Leben vnd Seligkeit / in Blindtheit vnd Finsternüß gerahten / von Gott jrren / vngercht / vnrein / GOtt widerstrebend werden. In Summa / daß die Wesentliche Verwandelung ein pur lauter Gedicht dieser Schwärmer sey / ist bißher gnugsam erwiesen.
Der Spruch Pauli Rom. 5. Durch eines Menschen Vngehorsam sind viel Sünder worden / heißt lange nicht so viel / als: Durch eines Menschen Vngehorsam sind viel wesentliche Sündẽ worden. Peccatores, spricht Paulus / das ist / Sünder sind worden / nicht peccatum, das ist / die Sünde selbst.
Also / der Spruch Psal. 58. Die Gottlosen sind verkehret von Mutterleib an / redet wol von der Verderbung der Menfchlichen Natur / aber von Verwandelung derselben in die wesentliche Boß-
heit / Verderbung vnd Sünde selbst / hat er kein Wort von. Sie kan auch darauß nimmermehr mit Grunde der Warheit erzwungen werden.
Daß Christus Matth. 17. Die Phariseer eine peruersam oder distortam generationem / eine böse verkehrte Art nennet / das gehet eben so viel auff die wesentliche Verwandelung der Menschlichen Natur in die Sünde selbst / als die vorigen Sprüche: sondern redet nur von der Verkehrung / so durch die Sünde in die Menschen kommen ist. Daher es auch kompt / daß sie von Mutterleib an eine böse Art sindt / verkehrte Siñ / Hertz vñ Gedancken haben / aber das heißt noch nicht wesentlich in die Sünde selbst vom Teuffel / wie sie lehren / verwandelt / vnnd also eine wesentliche Larue deß Teuffels selbst worden seyn.
Von Augustini Sprüchen / so von der Verwandelung der Natur reden / vnnd hie Summarischer Weise repetiert werden / ist kurtz zuuor gründtlicher Bericht geschehen.
Also auch von Lutheri Spruch: Die gantze Natur ist verwandelt.
Daß der Kirchengesang: Durch Adams Fall ist gantz verderbt / Menschlich Natur vnd Wesen / nicht von einer solchen wesentlichen Verwandelung in die Sünde selbst / vnnd in die wesentliche Larue deß Teuffels / etc. rede / verstehet sich selbst. Dann wesentlich in die Sünde vnd deß Teuffels Bildt oder Laruen verwandelt seyn / vnd am Wesen vnd Natur gantz vnnd gar verderbt seyn / sind nicht einerley / wie alle verständige Christen sehen vnd wissen.
Ist demnach eine rechte Teuffelische Vermessenheit / die Sprüche der Schrifft vnd reiner Lehrer also schändtlich verkehren / vnnd auff eine solche Meynung deuten / daruon die gantze Heilige Schrifft nichts weiß / auch von Anbegin von keinem Kirchenlehrer jemals ist getrieben worden. Wie sie dann auch kein Zeugnüß einiges alten Kirchenlehrers von der wesentlichen Verwandelung der Menschlichen Natur in die Sünde vnnd wesentliche Larue
deß Teuffels selbst / etc. fürlegen können. Sum̃a / was die alte rechtgläubige Kirche von der wesentlichen Verwandelung / etc. gehalten habe / ist auß den Worten deß Concilij Ancyrani klar: Qui credit posse fieri aliquam creaturam, aut transformari in aliam speciẽ aut in aliam similitudinem, nisi ab ipso creatore, qui omnia fecit, & per quẽ omnia facta sunt, sine dubio infidelis est & pagano deterior. Das ist: Wer da gläubet / daß einige Creatur von jemands anders gemacht / oď in eine andere Gestallt vñ Gleichnüßgebracht werden köñe / ohne allein von dẽ Schöpffer selber / der alles gemacht hat / der ist freylich vom Glauben abgefallen vnd ärger dañ eine Heid / etc.
Pag. 230. Dieser Geist füret auch ein etliche Phrases oder Wörter auß dem Christlichen Concordi Buch / in welchẽ gesagt / daß die Sünde in vns stecke vñ wohne. Die Erbsünde habe die Natur verderbt fol. 260. sey alles durch die Erbsünde vervnreiniget / als durch ein Geistlich Gifft / die Erbsünde sey etwas vnderschiedenes / vnd nit die Natur selbst. Item / die Erbsünde sey ein Vnflat / etc. vnnd was dergleichen mehr sindt / vñ will darauß erzwingen / daß das Concordi Buch Manicheisch sey / dañ die Manicheer sollen etwa auch dieser Art zureden sich gebraucht haben. Er beweisets aber nicht / sondern lests beim sagen bleiben. So sagen wir nun so lange Nein darzu / biß er es auff das Concordi Buch beweiset. Daß die Sünde in vns wone / sagt Paulus Rom. 7. Daß die Erbsünde vnser Natur verderbt / sagt August. lib. 1. Contra Iulian. pelagian ca. 2.die Schriffe Psal. 14. Rom. 3. vnd Augustinus vnd Lutherus durch vñ durch. Deßgleichen auch / daß wir durch die Erbsünde vervnreiniget / findet man offt in Augustino vnd Luthero. Vnd darauff gehet die Schrifft / wañ sie sagt. Wir werden abgewaschen von Sünden / gereiniget von Sünden. Die Schrifft Rom. 3. Augustinus vñ 1. Cor. 6. 1. Joh. 1.Lutherus vergleichen die Erbsünde mit einem Gifft / etc. Den Vnderscheid zwischen der Erbsünde vnd der verderbten Natur haben wir im 3. Punct starck erwiesen. Aber im 15. Cap. ad Corinth. Tom. 6. nennet Lutherus selbst die Sünde einen Vnflat / Flecken / Seuche / Stanck / etc. So müssen sie nun erst die Schrifft / Augusti-
num vnd Lutherum / welche sich solcher Reden offt gebraucht zu Manichaeern machen / ehe sie das Concordi Buch darmit beschüldigen. Aber es soll jhnen fehlen.
Das soll auch Ketzerisch geredet seyn / wenn man spricht: Der Sathan habe die Erbsünde in die Menschliche Natur geblasen. Wann nun das war were / wie dieser Schwärmer für gibt / so müste Lutherus auch ein Ketzer vnd Manicheer seyn / der solche Art zu reden. Tom. 6. German. Ienensi pag. 270. vber das 15. Cap. der Epistel an die Corinther / vber die Erklärung der Wort: Wenn aber diß Verwehßliche wirdt anziehen das Vnvorwehßliche / etc. gebrauchet: Seine Wort lauten also: Darzu ist der Sieg durch Christum geschehen / welcher in jm selbs alles vberwunden hat / daß er dich damit kleide / vñ von deiner Sünde vnd Todt rein mache / daß nichts mehr bleibe an deinem verwehßlichen Leibe / vnnd allem was der Teuffel drein geblasen hat / oder von jhm herkompt / allerley Vnglück vnd Gebrechen Irrthum̃ vnd Vnuerstandt / ohne was die Natur vnd warhafftiger Leib ist / etc.
Machet dieser Geist ein groß Geschrey / Weil wir das WortMM. ij. fac. 2. malũ Vbel / ein böse Ding / Gifft / Dreck vñ dergleichen in diesem Streit wider sie brauchen / welchs sollen formalia vocabula, eigentliche Wort der Manicheer seyn / so müssen wir auch Manicheer seyn / etc. Denckt aber vnter deß nicht / weñs gülte also zu folgern / daß der Apostel Rom. 7. auch müst ein Manicheer seyn / da er die Erbsünde ein malum oder boses Vbel nennet / das im Fleisch wohnet. Item / daß die Schrifft selbst / welche die Sünde einẽ Gifft Rom. 3. vergleichet / müste Manicheischseyn. Item / Augustinus vnnd Lutherus / welche solcher vnd dergleichen Wort gebraucht haben / wie solchs auch kurtz zuuor ist angezeigt worden.
Was der Manicheer Rede anlangt / derẽ Augustinus de haeresibus vñ sonsten vielmals erwehnet / daß die Sünde ein Substantz oď wesentliches selbstendiges Ding sey / vom bösen Gott erschaffen / vñ mit der Menschlichen Natur vermischet / dz auch von derselbẽ durch
die Erlösung von der Natur abgesondert / in seiner selbstendigen Natur werde ewig leben / etc. gehet deß Concordt Buchs Lehre vnnd vnser Bekändtnüß nichts vberall an. Dann wir solche Lästerung außdrücklich als falsch verwerffen vnd verdammen. Darumb sie vns dieser Schwärmer nicht fürwerffen darff / dann wir nicht lehren / auch nimmermehr lehren wöllen / daß die Sünde ein selbständig Wesen sey / mit vnser Natur vermischet / etc. wie die Manicheer gethan. Daß wir aber mit Augustino in Enchiridio cap. 11. vnd sonsten an vielen Orten / deßgleichen mit D. Luthero Genes. 38. vñ an vielẽ Orten mehr / sagen / daß die Sünde ein solcher Schade sey / der von der Natur abgesondert werde / vnd wenn er abgesöndert ist / nicht mehr oder nirgendt seyn werde / deß haben wir im Artickel vnsers Glaubens von der Aufferstehung / Jesa. 26. Mich. 7. Hose. 13. 1. Corinth. 15. starcken guten Grundt / den vns diese Schwärmer nicht vmbstossen sollen.
Es muß aber der Christliche Leser hierneben fleissig in Acht haben / daß / ob wol Augustinus / wie bil ich / der Manicheer Lehre von der Commixtion oder Vermischung der zweyer selbstendigen Naturen / deren eine deß Menschen / die andere der Sünden selbst were / auß vnnd nach Gottes Wort verworffen hat / dennoch nicht simpliciter oder gantz vnnd gar alle Vermischung deß bösen vnnd guten / das ist / der Sünde / als einer bösen Vnart oder Verderbung / vnd der Menschlichen Natur / darinnen das böse oder die Sünde / wie Paulus Rom. 7. schreibet / wohnet / verdampt habe / wie dann auch kein rechtschaffener Christlicher Lehrer dieselbige Vermischũg der verderbten Natur deß Menschen vnnd der Erbsünde / damit die verderbte Natur verunreiniget ist / verworffen vnnd außgesetzt hat: Sondern alle miteinander haben solche jämmerliche Vermischung gelehret vnnd bekennet. Dann in allen den Sprüchen / in welchen Augustinus wider die Manicheer streitet / daß die gute Menschliche Natur durch das böse oder die Sünde corrumpiert oder verderbet sey / vnnd daß die Verderbung in der
Natur deß Menschen sey / als ein böser Schade / Seuche oder Gebrechen / bekennet vnd lehret er zu gleich die Vermischung der Sünde vnnd der verderbten Menschlichen Natur / sonsten köndte er nicht wider die Manicheer erhalten / daß die gute Natur deß Menschen verderbt were / darauff er doch alle seine Schrifften wider die Manicheer gerichtet vnd gegründet hat.
Darneben / weil Augustinus durch vnd durch wider die Manicheer streitet / daß die Verderbung keine Substantz oder Natur sey / sondern etwas böses oder eine böse Vnart vnnd Seuche / dardurch die Menschliche Natur verderbt ist / so kan er ja anderst nicht lehren vnnd halten / dann daß die Sünde / als eine böse Seuche oder Vnart / mit der verderbten Natur vermenget sey.
Vber das / so schreibet er mit klaren Worten contra Epistolam Fundamenti, cap. 33. Longum est caetera persequi, sed manifestum est eis, qui nullo studio partium iudicant, cum istae naturae commemorantur, ADIVN GI EIS QVAEDAM, QVIBVS DISPLICEANT, QVAE CVM DETRAHIMVS, NATVRAE MELIORES MANENT. Vnde intelligitur eas, in quantum naturae sunt, bonas esse, quia cum eis vicissim omne, quod bonum habent, detraxeris, naturae nullae erunt, &c. Das ist / Es were zu lang / alles zu widerholen / es ist aber doch denẽ / welche vnpartheiisch sindt / offenbar / wann man der Naturen gedenckt / daß man etlicher Dinge / die darbey sindt / erwehnet / derentwegen sie nicht allerding zu loben / welche Dinge / wann sie darvon abgescheiden oder abgethan / würden sie besser seyn vnd bleiben. Daher gnugsam̃ zu verstehen ist / daß sie / so ferrn sie Naturen sindt / gut sindt. Dann so man jhnen alles entziehen solte / das sie gutes haben / würden sie keine Naturen seyn. Welche Wort freylich gnugsam̃ zu erkennen geben / daß Augustinus gehaltẽ / daß die Sünde / als eine böse Seuche oder Vnart / mit der verderbten Natur vermenget sey.
So hat auch Lutherus an vielen Ohrten in seinen Schrifften die Erbsünde also beschrieben / daß sie gleich wie eine Vnreinig-
keit / oder böse gifftige Art / welche die gantze Natur eyngenommen / vnd durchgedrungen. Als Genes. cap. 3. 38. 42. 1. Cor. 15. Tom. 6. Ienensi, vnd an dergleichen vielen Ohrten mehr. Darauß klar ist / daß solche Lehre nicht kan Manichaeisch gescholten / vnd mit derselben Ketzerey vergliechen werden.
Mm. iiij. Wirfft er vns für / weil wir die Erbsünde einer Vnreinigkeit vnd Teuffels Gifft vergleichen / so muß sie ja etwas reale, materiale, positiuum, das ist / was wesentliches seyn.
Antwort. Die Erbsünde ist nicht nihil negatiuè, das ist / gar nichts: Sondern / wie mans in Schulen nennet / ist sie eine priuatio ein Mangel / eine Beraubung deß guten / wie sie auch Lutherus selbst / Genes. 2. nennet. Darnach ist sie auch ein habitus oder böse schädliche Vnart / eine böse Seuche / wie sie die Apologia der Augspurgischen Confession nennet / oder eine böse Vnordnung im Menschen / in der Seel / im Hertzen vnd allen Kräfften deß Menschens / ein eynwohnendes Vbel / Rom. 7. Eine Feindschafft wider Gott / Rom. 8. Eine Verderbung. Rom. 3. etc. aber nicht quiddã reale, materiale, positiuum, nichts etwas wesentliches oď selbständiges / gleich wie die bösen habitus oder Vnarten nicht wesentliche Dinge sindt / auch nicht lauter priuationes oder Mängel / etc.
Darumb ist es ein lauter Lästerung / wann sie vns zumessen wöllen / daß wir lehren sollen / die Sünde sey etwas wesentliches oder selbständiges mit der Natur vermischet / dann wir solche Lehre / als falsch vnd vnrecht / verwerffen vnd außsetzen.
III. Wendet er für / das Concordi Buch trette auch darinnen zur Manicheer Lehr / daß es setzet / durch die Erbsünde / als durch ein geistlich Gifft / sey vnser Natur vergifftet vnnd verderbt. Dann die Manicheer sollen etwa auch gelehret haben / daß die Natur durch die Sünde vervnreiniget sey / etc.
Mischet aber jmmerdar solche Sachen / die zu vnterscheiden sind. Dann die Manicheer haben gelehret / daß die Natur durch die Sünde / als ein selbständiges Wesen / das in derselben wesentlich
wohne vnnd mit jhr vermenget sey / inquiniert oder vervnreiniget werde / welches das Concordi Buch klar verdammet / hergegen aber mit der heiligen Schrifft lehret / daß die Natur durch die Erbsünde / als durch eine böse Vnart / Vnordnung oder böse Qualitet vnnd Seuche vervnreiniget sey / welches so weit von der Manicheer Lehr ab ist / als der Auffgang vom Nidergang.
Das Wörtlein / Gifft / betreffendt / vnd das Gleichniß hiervon genommen / welches das Gegentheil für vnd für widerholet / ist nun offtmals verantwortet worden.
Das Wörtlein / Vnflat / Flecken / Vnreinigkeit / brauchet D. Lutherus selbst / Tom. 6. German. vber die Außlegung deß 15. cap. der ersten an die Corinthier / pag. 270. 271. vnd sonst an vielen Ohrten / vnd ist darumb kein Manicheer nicht. Werden demnach andere / die solcher Wörter auch brauchen / nicht bald zu Manicheern machen.
Daß die Erbsünde sey das böse oder der böse Schade / dardurch die Natur verderbt / vnnd nicht das corruptum oder die verderbte Natur selbst / wie diese Leut schwärmen / ist nun zu vielenmalen gründtlich erwiesen / vnd ist eine grausame Künheit von diesen Leuhten / daß sie auch Augustino andichten dürffen / daß er gelehret / die Erbsünde sey die verderbte Natur selbst / so er doch für vñ für in seinen Schrifften darauff dringet (als wir auch droben etliche seiner Sprüche allegiert) daß dz Böse oder die Erbsünde keine Natur sey / sonder nichts anders dann corruptio, eine Verderbung der Natur. Augustinus contra Epistolam Fundamenti, cap. 35. 36. 38. 40. &c. vnd anderswo. Wie kan er dann gehalten haben / daß die Verderbung vnd die verderbte Natur einerley sindt / sintemal die verderbte Natur ja eine Natur ist / ob sie wol verderbt ist?
IIII. Wöllen sie vns auch darinnen zu Manicheern machen /N n. iij. fac. 1. daß wir zwischen der verderbten Natur / vnd zwischen der Erbsünde selbst vnterscheiden / vñ nicht zugeben wöllen / daß die verderbte Natur on allen Vnderscheidt die Erbsünde selbst sey. Es hat aber deß
Concordi Buchs Lehre mit ď Manicheer Lehre dißfals nichts vberall zu schaffen. Dañ wir nicht lehren / daß die Erbsünde ein selbständiges vom Teuffel erschaffenes Wesen sey / in deß Menschẽ Natur wohnendt / vnnd vom Teuffel mit derselben vermischet / wie die Manicheer etwa gelehret: Sondern wir vnderscheiden mit der heiligen Schrifft / Augustino vnd Luthero / zwischen Gottes Werck / das noch vbrig ist / oder zwischen der Natur / die Gottes Werck vnd Geschöpff ist / auch nach dem Fall / wie droben im ersten vnd andern Punct nach der Länge erwiesen / vnd zwischen der Erbsünde / damit die Natur verderbt ist.
Wöllen hie nuhr einen Spruch Augustini auß seinem ersten Buch de nuptijs & concupiscentia cap. 1. hieher setzen / in welchem er solchen Vnderscheidt auffs aller deutlichste handelt: Intentio, spricht er / huius libri est, vt quantum nos Dominus adiuuare dignatur, carnalis concupiscentiae malum, propter quod homo, qui per illam nascitur, trahit originale peccatum, discernamus à bonitate nuptiarum, &c. Ich hab mir in diesem Buch fürgenommen / so viel mir Gott Gnade verleihen wirdt / daß ich das böse der fleischlichen Lust / vmb welches willen der jenige / der dadurch geboren wird / die Erbsünde an oder mit sich zeucht / von der Gütigkeit deß Wercks der Geburt oder Fortpflantzung der Menschlichen Natur zu vnderscheiden / etc. Vnd cap. 3. Quis audeat dicere, donum Dei esse peccatum? Anima enim & corpus, & quaecunque bona animae & corporis naturaliter insita, etiam in peccatoribus dona Dei sunt, quoniam Deus, non ipsi ista fecerunt. Das ist / Wer darff sagen / daß Gottes Gaben Sünde sindt? Dann die Seel vnd der Leib / vnd was Leib vnd Seel noch mehr für gutes an sich haben / auch in den Sündern / sindt Gottes Gaben / dann Gott hat dieselbigen gemacht / vnd nicht sie selbst. Das heist ja freylich deutlich gnugsam̃ vnderscheiden zwischen der Erbsünde vnnd zwischen der verderbten Natur / so noch jetziger Zeit Gottes Geschöpff ist / auch nach dem Fall.
Also vnderscheidet er auch zwischen der Erbsünde vnd Natur / Tractatu 43. in Iohan. de cap. 8. Venit Dominus Deus ad hominem peccatorem, duo nomina audisti, & hominem & peccatorem. Quòd homo est, ex Deo est, quòd peccator est, nõ est ex Deo. Anatura vitium secernatur. Agnoscatur natura, vnde creator laudetur, agnoscatur vitium, propter quod medicus inuocetur. Das ist / Gott der HERR ist zum Menschen kom̃en / der ein Sünder ist / da hastu zwen Namẽ gehöret / einen Menschen vñ einen Sünder. Daß nun der Mensch Mensch ist / das hat er auß vñ von Gott / daß er aber ein Sünder ist / das hat er nicht von Gott. Man vnderscheide den Gebrechen oder Mangel von der Natur / vnd erkenne die Natur / daher der Schöpffer billich zu loben ist / man erkenne auch den Mangel vnd Gebrechen der Natur / vnd halte sich derwegen zu dem rechten Seelen Artzt Jesu Christo / etc.
Aber von diesem Vnderscheid ist droben im ersten vnd andern Punct außführlicher gehandelt.
V. Vnangesehen / daß im Concordi Buch / pag. 231. vnd 261. verworffen wirdt / da jemands lehrete / daß nicht der natürliche Mensch / sondern etwas anders vnd frembdes im Menschen sündige / deßwegen nicht die Natur / sondern allein die Erbsünde in der Natur angeklaget würde / etc. noch dennoch vnderstehet sich dieser Geist / dem Concordi Buch solche Lehre zuzumessen. Vnd das darumb / weil das Concordi Buch lehret / daß das verderbte Hertz derhalben sündiget / daß es durch die Erbsünde verderbt ist.
Aber was darffs viel Wort? wann das Menschliche Hertz / als ein Hertz / an vnd für sich selbst sündigte / so müste freylich die Sünde Gottes Creatur seyn. Dann das Hertz / so ferrn es ein Hertz / Substantz oder Natur ist / ist Gottes Geschöpff oder Creatur. Weil nun Gott die Sünde selbst nicht schaffet / so muß ja nohtwendig folgen / daß ein anders die Natur deß Hertzen sey / von Gott erschaffen / vnd das böse / daher es kom̃t / daß das Hertz / welchs Gott erschaffen hat / sündig ist vnd Sünde thut.
So bleibet nun wahr / daß das Hertz selbst vnd nicht etwas anders oder frembdes im Menschen sündige / dann das Hertz ist ein Brunnquell der Wirckungen. Daß aber die Wirckungen sündlich vnd vnrein sind / oder daß vnreine böse Gedancken vnnd Lüsten darauß entsprungen / dasselbige ist nicht dem Hertzen / an vnd für sich selbst / so ferrn es Gottes Geschöpff vnd Creatur ist / sondern der bösen Vnart oder Seuche / damit es beladen ist / zuzuschreiben. Als wir solchs auch droben im Anfang dieses 4. Puncts dargethan.
Das Hertz vor dem Fall / ehe es mit dieser schädlichen Seuche vnd Vnart der Sünde beladen / hat nichts dann gutes gewürcket. Da es aber durch die Sünde verderbt / da hat es auß solcher Verderbung angefangen böses zu dichten / zu trachten vnd zu wircken / vnd kan nun nichts mehr dann böses thun / biß so lang / daß es wider zu Gott bekehret / oder durch den Geist Gottes geboren wirdt.
Vnd ist freylich wahr / daß die Natur selbst die Sünde nicht sey / dañ / wie gemelt / ist sie auch jetzo / so ferrn sie eine Natur ist / Gottes Werck. Daß die Natur von allen Christen durchauß für sündig / vngerecht / vnrein vnd vnheilig gehalten vnnd erkannt werde / das ist recht. Daß man sie aber für die Sünde selbst halten solte / das ist vnd bleibet jmmerdar vnrecht: Sintemal vngerecht vnd vnrein seyn / vnd ohne allen Vnderscheid die Sünde selbst seyn / vnderschiedene Sachen sindt.
Wir bekennen vnd lehren auch von Hertzen / daß die verderbte Natur ein Wurtzel vnd Brunnquell aller wircklichen Sünde sey: Aber nicht daher / daß sie eine Natur ist / sondern dieweil sie durch die Sünde also jämmerlich verderbt ist.
Die Natur wirdt auch verklagt nicht darum̃ / daß sie eine Natur ist / denn das hat sie von Gott auch nach dem Fall: Sondern daß sie durch die Sünde durch vnd durch verderbt ist. Augustinus contra Pelagiũ & Coelestinum lib. 2. ca. 40. Deus hominem damnat propter vitium, quo natura dehonestatur, nõ propter naturam, quae vitio non aufertur. Das ist: Gott verdammet den Menschen
vmb der Sünde willen / mit welcher die Natur geschendet wirdt / nicht vmb der Natur willen / welche durch die Sünde nit auffgehaben wirdt.
Das Hertz tichtet wol für sich selbst böses / aber darauß folgt noch nicht / daß es drumb die Sünde selbst sey. Dann böses tichten / hat es nicht daher / daß es eine Natur oder Wesen ist / sondern von der Sünde / so in jme wonet. Ro. 7. So tichtet es nũ wol böses von sich selbst / daß es aber solchs thut / hat es nicht von sich selbst / oder so ferrn es eine Natur vnd Creatur Gottes ist: Sondern hat es auß vnd von wegen der Sünde / damit es verderbt ist.
Zeucht dieser Meister D. Lutheri Wort an auß dem 51. Psal.Pp. j. fa. 28 welche also lauten: Et tamen hanc sententiam quidam, vt videntur, magistri Theologi nostra aetate defendunt, quòd naturalia sint integra, id est, quòd voluntas sit bona, etsi aliquando per malitiam vult aut cogitat aliud, quàm quod rectum & bonum est, tribuunt id malitiae hominum, non simpliciter voluntati, sicut in se est. Das ist: Etliche Magistri vnd Theologi zu vnser Zeit vertheidigen / daß die Natur noch gantz vnd vnuerderbt sey / das ist / daß der wille gut sey. Vnd da er zuweilen durch die Boßheit etwas anders will oder gedencket / denn das recht vnd gut ist / schreiben sie das der Boßheit der Menschen zu / vñ nicht dem Willen / wie er für sich selbst ist / etc. Vnd will darauß erzwingen / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / vñ daß der Wille im Menschẽ / so fern er ein Wille oď Geschöpff Gottes ist / selbst die Sünde sey vñ sündige / etc. Daß aber solchs Lutheri Meynung nicht sey / ist darauß offenbar / daß Lutherus das alleine an den Schullehrern straffet / daß sie gelehret / die Natur sey noch gantz vnd vnuerderbt / vnnd also sey auch der Wille vnuerderbt / könne von Natur vnnd auß sich selbst gutes wollen. Itẽ daß der Wille auß sich selbst nicht sündige / dieweil er nach dem Fall noch gut sey: Sondern was geschehe / das geschehe auß Boßheit der Menschen / etc. Welchs alles wir auch mit Luthero an jhnen straffen vnd verdammen. Sintemal es wahr ist / daß der verderbte
Wille für sich selbst sündiget / aber von wegen der Verderbung / so im Willen ist vñ derselbigen anhangt. Darauß folgt aber noch nit: Der Wille sündiget für sich selbst. Ergo, so ist er die Sünde oder die Verderbung selbst. Dañ ob wol das Wirckẽ vñ Thun deß Willens für sich selbst oder eygen ist / jedoch daß es gut oder böse sey / das kom̃t von der Gutheit oder Boßheit her. Gleich wie es eines Baums ist / Frucht bringen / daß sie aber gut oder böse sind / das kompt entweder von der Güte oder Boßheit deß Baums. Ist er gut / so sind die Früchte gut / ist er böse / so sind die Früchte böse.
Daß auch Lutheri Meynung nicht gewest / daß der verderbte Wille die Sünde selbst were / das bezeugen seine eigene Wort / eben in demselbigen 51. Psal. Tom. 4. Ienensi, da er also schreibet: Disputabant quidem de peccato originis, sed dicebant in baptismo sublatum esse, & extra baptismum in natura lumen esse reliquũ, quod si quis sequatur, dari infallibiliter gratiam. Quia docebant, in daemonibus quoque mansisse naturalia integra, & tantùm amisisse gratiam. Quis autem non videt, summè haec esse contraria, dicere, quòd naturalia sint integra, & naturam esse peccato corruptam? Voluntas quidem est res naturalis, sed ipsi non simpliciter de velle disputant, sed de velle bonum, idque vocant naturale. In eo error est. Manet voluntas in Diabolo, manet in haereticis, hoc fateor esse naturale, sed ea voluntas non est bona, neque intellectus rectus & illuminatus manet. Ergo si verè volumus de naturalibus loqui secundùm hunc Psalmum, & secundùm Spiritus sancti modum, tunc vocemus naturalia hoc ipsum, quòd in peccatis & morte sumus, quòd corrupta & mala volumus, intelligimus & expetimus. Haec enim cũ praesenti Psalmi loco conveniũt, & ex eo probari possunt. Das ist: Sie disputiertẽ wol von der Erbsünde / sie gaben aber für / sie were in der Tauffe gar hinweg gethan / es were auch ausserhalb der Tauffe noch ein Liecht in der Natur vbrig / welchem so einer folgete / würde jme gewißlich die Gnade gegeben. Wie sie dann auch lehreten / daß in den Teuffeln die Natur
vnd natürliche Kräfften noch gantz weren / vnd were nur die Gnade darvon verlorẽ. Wer sihet aber nicht / daß diese Dinge zum höchsten widereinander sindt / sagen / daß die natürliche Kräfften noch gantz vnd vnverderbt sindt / vnd daß die Natur durch die Erbsünde verderbt sey? Der Wille ist wol ein natürlich Ding / sie disputieren aber nicht alleine von dem schlechten Wöllen / sonder von dem gutes Wöllen / vnd das heissen sie natürlich. In dem stickt der Irrthumb. Der Wille bleibet auch in dem Teuffel / vnd in den Ketzern / das bekenne ich / daß es natürlich sey / aber der Wille ist nicht gut / so ist auch der Verstandt nicht richtig noch erleuchtet. Derwegen so wir warhafftig von den natürlichen Dingen reden wöllen / vermöge dieses Psalmen / vñ wie der heilige Geist darvon zu reden pflegt: So mögen das naturalia oder natürliche Dinge heissen / daß wir in der Sünde vnnd Tode sindt / daß wir böses vnnd vnrechtes wöllen / dichten / trachten vnd begeren. Dann diese Stücke kommen mit den Worten gemeltes Psalmen vbereyn / vnd können darauß erwiesen werden.
Auß welchen Worten Lutheri klar ist / daß Luthero nie geträumet habe von der wesentlichen Abtilgung deß Willens / vnnd Verwandlung deßselbigen in einen andern wesentlichen Willen / der wesentlich die Sünde selbst were / vnd solcher Gestallt sündigte. Dann er ja deutlich schreibet / daß der Wille vnd Verstandt in den Teuffeln vnd Ketzern bleibe / er sey aber nicht gut oder richtig / sondern verderbt / vnnd nicht also erleuchtet / als er seyn solte / vnnd daher komme es / daß böses geschehe. Geschicht jhme demnach vnrecht / daß jhme von diesen Schwärmern zugemessen wirdt / als solte er gehalten haben / daß der verderbte Wille die Erbsünde selbst sey / etc.
Moses Genes. 6. 8. sagt recht / daß alles Dichten Menschliches Hertzen von Jugend auff böse sey. Dann das Hertz selbst dichtet vnd trachtet / als ein Substantz / welcher eygen ist wircken. Daß aber das Dichten vñ trachten Menschliches Hertzens von Jugendt
auff böse ist / das kompt von der Sünde her / vor dem Fall hat es gutes gedichtet / nach dem es aber sündig worden / dichtet es böses.
Also Christus / Marci 7. spricht recht: Von jnnen / auß dẽ Hertzen / kom̃en arge Gedancken. Dañ deß Hertzens ist denckẽ / daß aber die Gedancken deß Hertzens arg oder böse sindt / kompt von der Sünde her / damit das Hertz verderbt ist.
Vnnd Paulus Galat. 5. da er sagt: Das Fleisch gelüstet / schreibet recht dem Fleisch die Lüsten zu / daß sie aber böse sindt vnd dem Gesetz widerstrebendt / das kompt auß der Verderbung oder Sünde her / so im Fleisch wohnet. Rom. 7.
Pp. iiij. fac. 1. Auff den Spruch Augustini lib. 6. contra Iulianum, cap. 7. Daß vnser Natur zu heilen sey / etc. der abermals hie eyngeführet / ist droben gründtlich geantwortet.
Deßgleichen / was hie auß der Kirchẽ Postill Lutheri am Tag Circumcis. angezogen / ist auch droben verantwortet.
Summa / daß die Wirckungen deß Hertzens oder der Natur sindt / ist nicht streitig. Daß sie aber böse sindt / das ist nicht der Natur / sonder der Boßheit schuldt / damit die Natur verderbt ist. Sündiget also die Natur oder das Hertzselbst / aber nicht / so ferrn sie eine Natur vnnd Geschöpff Gottes ist / sondern so ferrn vnd dieweil sie durch die Sünde verderbt ist.
Qq. ij. fa. 1. Daß aber darauß folgen solte / daß die Seuche im Menschen mächtiger were / als die vernünfftige Seele oder Natur selbst / ist ein lauter Phantasey / dann / wie gesagt / die Seele oder die Natur wircket / vnd sindt die Wirckungen der Seelen oder der Natur deß Menschen / daß sie aber böse sindt / vnd dem Gesetz Gottes zu wider lauffen / das kompt von der Verderbung her / damit die Seele oder Natur verderbt ist. Sündiget demnach die verderbte Natur für sich selbst / dieweil die Wirckungen von jhr herkommen / daß aber dieselbigen Wirckungen sündig oder böse sindt / vnnd dem Gesetz widerspenstig / das kompt / wie gemelt / von der Vnart her / die an der Natur oder an dem Fleische hanget. Rom. 7. Vnd das wirdt
gemeynt / wann man sagt / daß die Sünde mache / daß alles Dichten vnd Trachten Menschliches Hertzens von Jugend auff böse sey. Aber daran lassen sich diese Schwärmer nicht begnügen: Sondern wöllen haben / daß wir mit jhnen schwärmen sollen / die verderbte Seele oder Natur deß Menschens sey die Sünde selbst / vnnd sündige nicht derwegen / daß sie verderbt ist / Sondern daß sie ohne allen Vnderscheidt die Verderbung oder Sünde selbst sey / welches falsch vnnd Gottslästerlich ist / vnd wir mit jhnen nimmer mehr sagen können noch wöllen.
VI. Das aber ist erstlich eine treffliche Folgerey Kunst / daQq. i. fa. 2. dieser Geist fürgibt: Die alten Manicheer haben die wesentliche Verwandlung der bösen Natur in eine gute Natur verleugnet / vnd haben nuhr auff eine Scheidung getrungen deß bösen oder der selbständigen Sünde / so / jrem Gedicht nach / in der Menschlichen Natur wohnete. Derwegen (spricht er) sindt diß Manicheer / welche lehren / daß die Natur deß Menschen in der Bekehrung zu Gott / oder in der Widergeburt nicht wesentlich in eine newe Natur verwandelt werde / sondern halten / daß die Sünde als eine böse Vnart von der verderbten Natur gescheyden / vnd die verderbte Natur geheilet / vernewert oder gesundt gemacht werde.
Dann erstlich ists nicht wahr / daß die Manicheer die wesentliche Verwandlung der guten Natur wider Augustinum vnd andere reine Lehrer sollen verleugnet haben / sintemal offenbar ist / daß Augustinus vnnd die andere Patres keine wesentliche Verwandlung der Natur gelehret / sondern nuhr eine Veränderung in den Qualiteten oder zufälligen Dingen / wie droben auß Augustino gewaltig erwiesen.
Augustinus hat die Veränderung der Natur in jhren guten Qualiteten / Art oder Eygenschafften gelehret / diese haben die Manicheer wider jhn geleugnet / vnnd keine andere / ist auch von keiner andern der Streit gewest zwischen Augustino vnnd den Manicheern.
Zum andern / haben die Manicheer gelehret eine Scheidung der selbstendigen wesentlichẽ Sünde / die im Menschen wohnet / vñ nicht der bösen Seuchen oder Vnart / dadurch die Natur verderbt ist. Solchs hat Augustinus an den Manicheern verdampt / vnd wir verdammens auch. Hergegen hat Augustinus gelehret / daß in der newen Geburt oder Bekerung die böse Vnart dem Menschen vergeben werde vmb Christi willen / vnd daß durch den Heiligen Geist ein Anfang gemacht / die inwohnende Sünde im Fleische zu dempffen vnd zu tödten / etc. Das lehren wir mit Augustino auch / vnnd haben also mit der Manicheer Irrthumb gar nichts gemein.
Zum dritten / haben die Manicheer gelehret / daß / wann die selbstendige Sünde vom Menschen gescheiden / so bliebe sie in Ewigkeit bestehen oder lebendig / etc. Solchs verdammen wir mit Augustino / wie auch droben klärlich angezeiget.
Augustini Spruch lib. 6. contra Iulian. cap. 7. Naturam sanandam, der hie wider eingeführet / ist / wie kurtz zuuor gemeldt / droben verantwortet / darbey wirs bewenden lassen.
In Summa / die Natur ist durch die Sünde verderbt / wann nun der Mensch widergeboren oder zu Gott bekehret wirdt / da wirt jhm erstlich die angeborne Sünde / Verderbung oder Vnart vmb Christi willen vergeben vnd nicht zugerechnet / dieweil Christus dafür bezalet / welche Bezalung der Mensch mit dem Glauben ergreifft vnd fasset. Darnach wirt jm der Heilige Geist geben / Tit. 3. welcher anfängt die Sünde selbst oder die böse Vnart außzutilgen / vnd den Menschen von Tag zu Tag reiner vnnd frömmer zumachen / aber die gäntzliche Außfegung der Sünden wirdt in diesem Leben nicht vollbracht / sondern erst im zukünfftigen.
Augustinus tractat. 41. in Iohan. Auff solche Weise lehret die Schrifft von der Widergeburt vnd Bekehrung deß Menschen zu Gott / vnd also lehren auch darvon Augustinus / vnd sonderlich Lutherus.
Daß sie aber von einer wesentlichen Verwandelung der verderbten Natur / in eine andere newe Natur / welche die Gerechtigkeit
selbst seyn solte / gleich wie die vorige die Sünde selbst / jrem Dichten nach / gewest / solten gelehrt haben / da wissen weder die Schrifft noch Lutherus etwas von. Darumb auch Lutherus Genes. 42. schreibet: Fides & Spiritus Sanctus non corrumpit aut destruit naturam, sed corruptam & destructam sanat ac reparat. Der Glaube vnd Heilige Geist zerstören die Natur nicht / sondern heilen sie vnd bringen sie wider zu recht. Ibidem: Deus vult seruatam naturam, non extinctam, sed iubet eam corrigi, vt fiat purior. Das ist / Gott will die Natur erhalten vnd nicht vertilget haben / sondern heist sie ändern / daß sie reiner werde. Eben das sagt er Genes. 43. Der Heilige Geist heilet die Natur vnd bringet sie zu rechte. Das heist aber nicht so viel / als vertilgen vnd wesentlich in eine andere newe Natur / der vorigen / dem Wesen / Art / Form vnnd Gestallt nach / vngleich / verwandeln. Ist auch klar / daß Lutherus solche wesentliche Verwandlung der Natur / darvon diese Schwärmer träumen / niemals gelehret. Erscheinet auch / daß / wann Lutherus von Vernewerung der Natur redet / daß er solches nicht verstehe von einer wesentlichen Verwandlung in eine andere Natur / etc. Sondern von Vernewerung derselbigen / so viel die gute Art anlanget / daß sie newe Liecht / Leben / Trost / Friede / Freude vberkomme / daß das Hertz gläubig gemacht werde / geheiliget werde / ein newer Gehorsam̃ im selbigen angefangen werde / vnnd die böse Vnart auß dem Hertzen anfahe außgetilget zu werden / etc. daß das Hertz von Tag zu Tag reiner werde / biß es in der frölichẽ Aufferstehung / von aller Sünde erlediget / gar rein / heilig vnd gerecht sey / da alle Gläubige Christen mit sehnlichem Verlangen auff hoffen.
Hiervon redet Lutherus / Genes. 1. mit diesen Worten: Hoc nunc per Euangelium agitur, vt imago illa reparetur. Manserunt quidem intellectus & voluntas, sed valdè vitiata vtraque. Euangelium igitur hoc agit, vt ad illam & quidem meliorem imaginem reformemur, quia in vitam aeternam, vel potiùs in spem vitae aeternae renascimur per fidem, vt viuamus in Deo & cum
Deo, & vnum cum ipso sumus. Sicut Christus dicit. Neque verò ad vitam solùm renascimur, sed etiam ad iusticiam, quia fides arripit meritum CHRISTI, & statuit, nos per CHRISTI mortem liberatos esse. Inde alia iusticia nostra oritur, nempe illa vitae nouitas, qua studemus obtemperare Deo, edocti verbo, & adiuti per Spiritum Sanctum. Sed haec iusticia in hac vita incipitur tantùm, neque potest in hac carne esse perfecta. Placet autem Deo non tanquam perfecta iusticia, aut tanquam precium pro peccatis, sed quia proficiscitur ex corde, quod nititur fiducia misericordiae DEI per CHRISTVM. Deinde hoc quoque fit per Euangelium, vt conferatur nobis Spiritus Sanctus, qui resistit in nobis incredulitati, inuidiae & alijs vitijs, vt seriò optemus ornare nomen Domini & verbum eius, &c. Ad hunc modum incipit imago ista nouae creaturae reparari per Euangelium in hac vita, sed non perficitur in hac vita, cùm autem perficietur in regno Patris, tunc erit voluntas verè libera & bona, mens verè erit illuminata, & memoria constans. Tunc fiet etiam, vt omnes creaturae aliae magis nobis sint subiectae, quàm in Paradiso Adae fuerunt. Das ist / Darmit gehet nun das Euangelium vmb / daß das Bilde Gottes wider in vns angerichtet werde. Es sindt wol blieben der Verstandt vnnd Wille / aber beyde sehr geschwächet. So ist nuhn das deß Euangelij Werck / daß wir wider zu demselben vnnd bessern Bilde reformiert werden. Dann wir werden zum ewigen Leben oder zur Hoffnung deß ewigen Lebens newgeboren durch den Glauben / daß wir in Gott vnnd mit Gott leben / vnd eines mit jhm sindt / wie der HERR Christus spricht. Werden auch nicht alleine zum Leben neuwgeboren: Sondern auch zur Gerechtigkeit / dann der Glaube ergreiffet den Verdienst Christi / vnd hält gewißlich darfür / daß wir durch seinen Todt erlöset sindt. Darauß entspringet nuhn eine andere Gerechtigkeit / die vnser ist / nem̃lich / die Vernewerung deß Lebens / da wir anfahen Gott zu gehorsamen / als
wir dessen auß Gottes Wort berichtet / vnnd durch den Heiligen Geist darzu angetrieben werden. Aber diese Gerechtigkeit wird in diesem Leben nuhr angefangen / vnnd kan in der Schwachheit vnsers Fleisches nicht vollkommen werden. Sie gefällt aber dannoch GOTT dem HERRN wol / nicht / daß sie vollkommen sey / oder ein Bezahlung sey für die Sünde: Sondern darvmb / weil sie auß einem solchen Hertzen kommet / das sich gründet auff Gottes Barmhertzigkeit durch Jesum Christum. Nachmals geschicht auch dieses durch das Euangelium / daß vns der Heilige Geist gegeben wirdt / der in vns widerstehet dem Vnglauben / Haß / Neid vnnd andern Sünden / daß wir von Hertzen begeren Gottes Namen zu preisen / vnnd sein Wort zu befürdern. Auff diese Weise fehet dieses Bilde Gottes oder newe Creatur an / in vns durchs Euangelium in diesem Leben widerbracht zu werden / es wirt aber in diesem Leben nicht vollkommen. Wann es aber nuhn im ewigen Leben wirdt vollkommen werden / als dann wirdt vnser Wille recht frey vnnd gut / der Verstandt wahrhafftig erleuchtet / vnnd das Gedechtniß bestendig seyn. Alsdann wirdt es auch geschehen / daß alle andere Creaturen vns mehr vnterworffen seyn werden / dann sie Adam im Paradeiß vnderthan gewesen seyn.
Das Wort / verändern / Rom. 12. Transformamini in nouitate mentis vestrae: Verändert euch durch Vernewerung ewers Sinnes / etc. heist da keine wesentliche Veränderung deß Sinnes / also / daß der Sinn / Verstandt oder Seele / dem Wesen nach / solle abgetilget / vnd eine newe Seele / dem Wesen / Form / Art oder Gestallt nach / werden: Sondern heist new Liecht / newer Gehorsam̃ / newe Regierung vnnd Bewegung im Hertzen durch den Heiligen GE Ist vberkommen / vnnd wirdt entgegen gesetzet der bösen Ahrt dieser Welt. aber oder Gestallt heisset hie nicht etwas wesendtliches oder selbständiges / Sondern
heist die Boßheit oder Vnart / die den verderbten Menschen anhanget / darvon sich die Gläubigen enthalten oder absöndern sollen.
Die Veränderung durch Vernewerung deß Sinnes bedeut auch keine wesentliche Veränderung / sondern die geistliche Vernewerung deß Gemühts oder deß Hertzens durch den heiligen Geist / da vns der heilig Geist zu geistlich newen Menschen macht / newe Sinne / Gedancken / Regung vnd Bewegung gibt / in einem newen Leben zu wandeln / vnnd vns dieser Welt nicht gleichförmig zu erzeigen. Vnd solcher Gestallt erkläret diesen Spruch auch Lutherus in der Kirchen Postill vber die Außlegung der Epistel am ersten Sonntag nach Epiphaniae. Seine Wort lauten also: Wir werden also täglich verändert vnd vernewert in vnserm Sinne / das ist / daß wir täglich je mehr vnnd mehr halten von dem / das die Welt vnnd Vernunfft hasset / etc. Lehret derwegen dieser Spruch nichts vberall von der wesentlichen Verwandlung der Menschlichen Natur in die Gerechtigkeit selbst / darvon diese Schwärmer dichten.
Diese Gelegenheit hat es auch mit dem Spruch Pauli / 2. Corinth. 3. Transformamur ex claritate in claritatem. Wir werden verklärt von einer Klarheit zu der andern / etc. Dann der Apostel da keines Wegs von einer wesentlichen Verklärung der Menschlichen Natur in die Gerechtigkeit selbst redet: Sondern handelt von der Verklärung vnd Vermehrung der Gaben / welche der Heilige Geist in der Widergeburt in den Gläubigen angefangen / vnd von Tag zu Tag vermehret / wie auch Chrysostomus 2. Cor. 3. diesen Spruch also außleget. Anima repurgata & argento facta lucidior, accipit radium à gloria Spiritus, & hunc vicissim ex se remittit. Eòque dicit: Speculantes secundùm eandem imaginem, transformamur à gloria Spiritus in gloriam nostram, quae in nobis gignitur, & quidem talis, qualem conuenit gigni à Domino Spiritu. Das ist / Eine gereinigte oder vernewerte Seele / welche heller oder klärer gemacht ist / als das Silber / empfähet
einen Stralen oder Glantz von der Herrligkeit deß Geistes / vnd den leßt sie auch von sich blicken. Derwegen spricht er: Wir schawen die Klarheit deß HERRN / wie in einem Spiegel / etc. vnd wir werden verkläret in dasselbige Bilde / von der Klarheit deß Geistes / zu vnserer Klarheit / die in vns geboren / oder erschaffen wirt / vñ zwar eine solche Klarheit / als es billich ist / daß sie ein solcher HERR vnd Geist in vns gebere oder erschaffe.
Wann nun die vnsern der Schwarmgeister Gedicht von der wesentlichen Verwandelung der Sünde in die Gerechtigkeit selbst verspotten / exagitieren sie nicht deß Heiligen Geistes Wort / sondern dieser Schwarmgeister lügenhafftig Gedicht.
Sonst halten sie mit der Schrifft / daß der Mensch Geistlich newgeboren werde / werde vernewert / Geistlich newgeschaffen vnnd lebendig gemacht / aber das gehet nicht auff eine wesentliche Veränderung der Natur selbst in eine andere wesentliche Natur / sondern auff die gnädige Vergebung der angebornen Sünde / vnd auff die anfahende Geistliche jñerliche Vernewerung der Natur an Geistlichen Gaben / vnd Außfegung der Sünde. Wie D. Lutherus in seiner letzten Predigt / zu Wittenberg gethan / Tom. 8. Ienensi sagt: Die Sünde ist wol gäntzlich vergeben / aber noch nicht gar außgefeget. Wenn der Heilige Geist die Menschen nicht regierte / würden sie wider faul. Aber der Heilige Geist muß die Wunden täglich reinigen / darumb ist diß Leben ein Spital / die Sünde ist wol vergeben / aber noch nicht heil / etc.
Der Spruch Augustini contra Secundinum cap. 2. Malis verò iam mutatis in bonum Apostolus ait: Fuistis enim aliquando tenebrae, nunc autem lux in Domino. Der Apostel Paulus sagt zu den bösen / die nun zum guten verwandelt wahren: Ihr waret weilandt Finsternüß / nun aber seind jhr ein Liecht im HERRN / etc. redet keines Weges von den wesentlichen Verwandelung der verderbten Menschlichen Natur in die Gerechtigkeit selbst: sondern von der Bekehrung deß Menschen vnd Früchten derselben / daß die
jenigen / welche vor der Bekehrung einen verfinsterten Verstandt hatten vnd Gott nicht recht erkandten / nun nach der Bekehrung einen erleuchteten Verstandt oder erleuchtete Augen deß Hertzens haben / Ephe. 1. damit sie Gott recht erkennen vnd ansehen. Trutz diesen Schwarmgeistern / daß sie einen einigen Spruch auß Augustino von der wesentlichen Veränderung anzeigen.
Qq. iiij. fac 2. Wirdt dieser Spruch Deutsch angezogen auß dem 32. Sermon. Augustin. de verbis Apostoli: Es sind wol böse Ding / sie werden aber verwandelt / vnd denn werden die bösen Dinge gut / etc. Gleube / so wirstu auch gut / du bist böse / du wirst gut werden / theile vñ vnderscheide hie nur nit / deine Natur muß geheilet nit abgesöndert oder abgeschieden werden: Wiltu wissen was du bist? Finsternüß bistu / aber gleube / so wirstu auß Finsternüß Liecht / etc. Es stehet aber der Wort keines in gemeltem Sermon / wie solchs der Christliche Leser im Augustino selbst sehen kan.
Ambrosij Spruch / daß das Fleisch / welches ein stinckender Pful aller Geilheit sey / in einen Tempel aller Tugent verwandelt werde / etc. wirdt zwar angezogen / aber nicht dabey gesetzt / wo er im Ambrosio stehe / daß man nachschlagen köndte / ob er auch recht allegiert / darumb auch diese allegatio nichts gilt / sonderlich weil Ambrosius Hexaem. lib. 1. cap. 8. außtrücklich schreibet / daß die Sünde nicht ein Substantz oder wesentlich Ding sey / sondern eine Verkehrung deß Sinnes oder Hertzens. Darauß dann herwider folget / daß auch die verderbte Natur oder Seele in der Bekehrung nicht in die Gerechtigkeit selbst verwandelt werde.
Augustini Spruch lib. 3. contra Iulian. cap. 12. Natura humana secundùm Catholicam fidem bona instituta, sed vitiata peccato meritoque damnata est. Das ist / nach dem Christlichen Glauben ist die Natur erstlich gut erschaffen / sie ist aber durch die Sünde verderbt vnnd billich verdampt / etc. ist wider diese Schwär-
mer vnd nicht für sie. Dañ er sagt / daß die Natur durch die Sünde verderbt sey / nicht aber / daß sie die Sünde selbst worden sey. Noch viel weniger sagt er / daß die Sünde selbst in der Widergeburt in die Gerechtigkeit wesentlich verwandelt werde. Eben das lehret auch Augustini Spruch de natura & gratia / meldet nicht mehr / als daß die Natur jetzo eines Artztes bedarff / darumb daß sie nicht mehr gut vnd gesundt ist / sagt mit keinem Wort von der wesentlichen Verwandelung der Sünde selbst in die Gerechtigkeit.
VII. Daß das 7. Capitel zun Römern alleine von den GleubigenRR. 1. fac. 1. vnd Widergebornen solle vnd müsse verstanden werden / hette einer solchen langen Beweisung nicht bedürfft / dann wirs von Hertzen gestehen / gläuben / lehren vnd bekennen.
Da ist aber der Streit von / obs wahr sey / wie diese Schwärmer tichten / daß Paulus darinnen lehre / daß die verderbte Natur ohne allen Vnderscheidt die Sünde selbst sey / oder viel mehr darinnen beruhe / daß die Erbsünde ein böses Vbel oder widerstrebende Vnart sey / die auch in der Widergebornen Menschen Fleische wohne.
Darauff ist nun droben im ersten Theil / vnd sonsten hin vnd wider in dieser Schrifft / gründtlich dargethan / daß Paulus in diesem 7. Capitel deutlich die verderbte Natur oder Fleisch / in welchem daß böse oder die Sünde wohnet / vnd die Sünde selbst vnderscheide / wie seine Wort klar mit sich bringen / als: Die Sünde die in mir wohnet. Item: In meinẽ Fleisch wohnet nichts guts. Item: Das Böse hanget mir an / etc. Welche Wort deutlich bezeugẽ / daß Paulus die einwohnende oder anhangende Sünde vnd sein Fleisch / in welchem sie wohnet oder dem sie anhanget / mit nichten für einerley Ding gehalten habe oder halte.
Vnnd ligt nichts daran / daß der Apostel hie von den Gläubigen redet. Dann die Sünde / wie D. Lutherus recht vber den 32. Psalm / vnnd contra Latomum Tom. 2. Latin. pag.
426. 432. schreibet: Einerley ist in Gläubigen vñ Vngläubigen / alleine das ist der Vnderscheid / daß der Gläubigen Sünde nicht gerechnet / sondern zugedeckt / der vnheiligen aber gerechnet vnd auffgedeckt stehen. Jener Wunden haben Pflaster vnd sind verbunden / aber dieser stehen offen vnd sind vnuerbunden / etc. Wie nun die Erbsünde / in Paulo wonendt oder seinem Flelsch anhangend / eine böse / schädliche / widerspenstige Vnart ist / also auch in den vngläubigen vnd vnbekehrten.
Derwegen das 7. Cap. an die Römer im wenigsten dem Gegentheil / seinen Schwarm zubeschönen / nit dienet. Vnd hieher gehöret der Spruch Ambrosij / Rom. 7. Scio quòd nõ habitat in me, hoc est, in carne mea, bonum. Non, sicut quibusdam videtur, carnem malam dicit: sed quod habitat in carne, non esse bonum, sed esse peccatum. Quomodo habitat in carne peccatum, cùm non sit substantia, sed pręuaricatio boni? Quoniam primi hominis Corpus corruptum est per peccatum, vt possit dissolui, ipsa peccati corruptio per conditionem offensionis manet in corpore, &c. Das ist / ich weiß / daß in mir / das ist / in meinem Fleische / nichts gutes wohnet. Er nennet nicht / wie sich etliche düncken lassen / das Fleisch böse: sondern er saget / daß diß / so im Fleisch wohnet / nicht gut / sondern Sünde sey. Wie kan aber die Sünde im Fleisch wohnen / weil sie kein Wesen / sondern Vbertrettung deß guten ist? Antwort: Weil deß ersten Menschen Leib also durch die Sünde verderbt ist / daß er kan auffgelöset werden / so bleibet die Verderbung der Sünden / von deß gedreweten Zorns wegen / auch im Menschlichen Leibe / etc.
Vom Vnderscheid deß alten vnd newen Menschen ist droben / in Widerlegung deß dritten Puncts / außführlich Bericht geschehen / darumb es vnnötig / dieses Orts alles zu widerholen. Wöllen dem Christlichen Leser zum Vnterricht nur dieses Sprüchlein Lutheri contra Latomum Tom. 2. Lat. hieher setzen / pag. 431. Vnus est homo Paulus, qui vtrunque de se cõfitetur, alio & alio respectu.
Das ist: Paulus ist ein entzeler Mensch / der beydes von sich bekeñt / aber nach vnderschiedlicher Betrachtung. In Sum̃a / ein alter Fleischlicher Mensch ist Paulus / so ferrn er nit gar vernewert / sondern noch die alte Vnart an sich hat. Ein newer Geistlicher Mensch ist er / so ferrn er durch den Heiligen Geist newgeboren / new Liecht / Leben / Frewde vnnd newe Bewegungen im Hertzen vberkommen hat / dadurch er den bösen Begierden deß Fleisches widerstrebet vnd dieselben tödtet. Vnd ist der alte vnd newe Mensch in Paulo nicht dem Wesen oder Substantz nach vnderschieden / sondern / wie gemelt / nach der Fleischlichen oder Geistlichen Art vnd Eigenschafften.
VIII. Daß es Manichęisch solle seyn / daß Gott die Erbsünde in der Aufferstehung gar von der Natur scheiden / vnd die Natur von aller Sünde rein machen werde / widerspricht Augustinus in seinem Enchiridio cap. 11. mit diesen Worten: Wann die Sünde vnnd Mängel in vns geheilet werden / werden sie nicht etwa hingebracht (wie die Manicheer von der selbstendigen wesentlichen Sünde gedichtet habẽ) sed ea, quae ibi erant, nusquam erunt, quando in illa sanitate non erunt. Das ist / die Mängel oder Gebrechen / so in der Natur waren / werden als dann (verstehe im ewigen Leben) nirgents seyn / dieweil sie in der Gesundtheit oder Reynigkeit der Natur nicht mehr seyn werden.
Da auch dieses eine Manichęische Lehre seyn solte / daß in der Aufferstehung die Sünde von der Natur gar solle außgefegt werden / müste auch Lutherus ein Manicheer seyn / da er Tom. 6. German. vber das 15. Cap. zun Corinthern schreibet / pag. 270. Dazu ist der Sieg durch Christum geschehen / welcher in jhm selbst alles vberwunden hat / daß er dich damit kleide vnnd von deiner Sünde vnnd Todt rein mache / daß nichts mehr bleibe an deinem verwehßlichen Leib vnnd allem was der Teuffel drein geblasen hat oder von jhm herkompt / allerley Vnglück vnnd Gebrechen / Irr-
thumb vnnd Vnuerstandt / ohn was die Natur vnnd warhafftiger Leib ist / wie er von Gott geschaffen ist. Denn Gott hat den Menschen nicht also gemacht / daß er solt sündigen vnd sterben / sondern daß er lebete / aber der Teuffel hat den schändtlichen Vnflat vñ Flecken an die Natur gehengt / daß er muß so viel Seuche / Stanck vnd Vnglück am Hals tragen / weil er gesündiget hat / Weil aber nun durch Christum die Sünde ist weggenommen / so sollen wir auch desselben wider loß werden / daß alles rein vnnd nicht böses noch verdrießlichs mehr auff Erden entpfunden werde / aber nicht anderst / denn daß wir zuuor / durch den Todt / diß alte böse Kleid lassen außziehen / biß es gar abe vnd aller Ding zu Puluer werde.
Also müst er auch ein Manicheer seyn / da er Genes. 38. schreibet: Peccatum & mors sunt mala separabilia. Die Sünde vnd der Todt sindt solche Schäden / so von der Natur können abgescheiden oder abgesöndert werden.
Weil auch die Sünde nach der Aufferstehung nirgendt seyn wirdt / etc. wie Augustinus in Enchiridio cap. 11. recht schreibet / so bedarffs nicht viel disputierens / wohin sie als dann kommen werde / dann weil sie nichts seyn wirdt / so kan sie auch / eigentlich zu reden / nirgendt hinkommen.
Das aber zuweilen mit dem Propheten Micha Cap. 7. gesagt wirdt / Gott wölle die Sünde in die tieffe deß Meers werffen / ist Figürlich geredet vnnd heisset so viel / als daß die Sünde solle als dann nichts mehr seyn / sondern gar todt vnd abe seyn.
Also verhelt sichs auch mit der Art zureden: Die Sünde der Gläubigen werde im Grabe bleiben / etc. Dañ dieselbige auch Figürlich ist / vnd so viel heisset: Die Gläubigen werden im ewigen Leben gar keine Sünde mehr haben / sondern von allen Sünden gantz vnd vnd gar gefreiet seyn.
Vnd ist recht geredt / da Augustinus lib. 2. Contra Iul. schreibet: Vnser Natur sey durch deß ersten Menschen Sünde verderbt / vñ nit von einer andern selbstendigẽ Natur abzusöndern / sondern sie sey zu heilen von dem Gebrechen den sie hat / etc. Ist auch vnnd gehet diese Rede Augustini stracks wider diese Schwärmer. Dann ist die Natur von dem Gebrechen / welchen sie durch deß ersten Menschen Sünde vberkommen hat / zu heilen / daß sie gantz gesundt vnnd rein werde / so muß ja beides wahr seyn / Erstlich daß die verderbte Natur die Sünde selbst nicht sey / sondern die Sünde sey ein böser Gebrechẽ / daruon die Natur zu heilen ist. Zum andern / daß die Natur von solchem bösen Zufall am Jüngstentage gantz vnd gar zu heilen oder zubefreyen sey / also daß sie gantz vnd gar keine böse Vnart oder Gebrechen mehr an sich habe. Darinnen bestehet vnser Kirchenlehre / vnd das ist die Warheit / wider diese Schwärmer / noch dürffen sie Augustinum auff jhrer Seiten dürstiglich anziehen.
Das Sprüchlein Augustini sermon. 30. de verbis Apostoli: Natura in te sananda est, non separanda, ist auch für vns vñ wider diese Schwärmer. Die Natur in dir / spricht Augustinus / ist zu heilen (verstehe von der Sünde) vnnd ist nicht abzuscheiden / wie die Manicheer schwärmeten / von einer andern wesentlichen selbstendigen Natur / welche die Sünde oder das böse selbst were.
Ebner massen bestättiget auch dieser Spruch Sermon. 45. de tempore, vnsere Lehre: Peccatum non est alia natura, vt in saniunt Manichaei, languor noster est, vitium nostrum est, non separatum alibi erit, sed sanatum nusquam erit. Das ist: Die Erbsünde ist nicht eine andere frembde Natur / wie die Manicheer geschwärmet / sondern ist vnsere Kranckheit oder Gebrechen / vnd wirdt nicht etwa seyn / wann sie von der Natur geschieden wirdt / sondern wirdt als dann nirgendts mehr oder gar nicht seyn.
SS. iij. fac. 1. Diesen schönen Spruch Augustini hat der Schwärmer zu seinem Vortheil also verdeutschet: Die Erbsünde ist nicht eine besondere / frembde / andere / vnderschiedene Natur vnnd Wesen in vnser Natur vnd Wesen / wie die Manicheer vnbesonnen geschwärmet / sondern ist vnser schwache / verderbte / verkehrte (ja Geistlich Todte) Natur / vnnd man kan vnd soll nicht sagen / daß die Erbsünde / als ein vnterschieden Ding / von der Natur solle geschieden oder abgesondert werden / vnnd dieselbige abgesonderte Erbsünde gleichwol nach der Absönderung / als etwas wesentliches / an einem gewissen Orth seyn vnd bleiben werde: Sondern wenn vnsere verderbte Natur widerumb geheilet vnnd aller Ding zu recht gebracht sein wirdt / so wirdt als dann keine Sünde mehr verhanden seyn.
Bleibet also vnser Kirchenlehre wider dieses Schwarmgeistes Dichten feste bestehen / vnd kan mit Grunde nicht vmbgestossen werden
SS. iij. fac. 2. IX. Zeucht dieser Schwärmer durch etliche Blätter an / daß durch vnser Kirchenlehre / von der Menschwerdung deß Sohns Gottes vnd seinen Wolthaten / viel zu gering solte gelehret werden / dieweil wir nicht mit jhnen diese grausame Gottslästerung treiben wöllen / daß ein wesentlicher Vnderscheid sey zwischen Christi vnnd vnserm Fleisch / vnd daß Christi Fleisch / das er angenom̃en / einer andern Art / Gestallt vnd Wesens sey / denn vnser Fleisch ist / etc. Dieweil aber diese Gottslästerung droben / in Verantwortung deß andern Puncts / außführlich verlegt ist / vnnd hie eben dieselbigen Sachen widerholet werden / welche daselbsten von diesem Schwarmgeist getrieben worden: Als wöllen wir den Christlichen Leser daselbst hin gewiesen haben / damit nicht einerley Sachen so viel mal in einerley Schrifft dürffen mit Verdruß deß Lesers widerholet werden.
X. Muß die Manichaeische Absönderung deß selbstendigen
Bösen in der Menschlichen Natur wider herfür. Vnd dringet dieser Schwärmer / daß / wann wir lehren / daß Christus durch sein Leiden vnd Sterben vnser verderbte Natur von der Sünde erlöset habe / vnd nicht die Erbsünde selbst / daß vnsere Lehre sich mit der Manichaeischen Lehre vergleichen solle.
Aber dieser Fürwurff bedarff keiner weitläufftigen Antwort. Dann erstlich verdammen wir mit Hertzen vnd Munde der Manicheer Lehre von Absönderung der wesentlichen oder selbstendigen Sünde von vnser Natur / dann es ist keine solche wesentliche Sünde / weder im Menschen noch sonst in einiger Creatur. Wie wir dann auch dieses verwerffen: So jemandt lehrete / daß Christus mit seinem Leiden vnd Gehorsam̃ das verdienet / daß vnsere Natur von der Sünde / als einem selbstendigen Wesen / solte erlediget werden. Wie kan vns dann zugemessen werden / daß wir dißfalls etwas mit den Manicheern solten gemeyn haben?
Zum andern / lehren wir mit der Schrifft vnd Augustino wider die Manicheer / daß Christus Mensch worden / gestorben vnnd aufferstanden sey / auff daß er vnser Natur von der Sünde erlösete / vnd nicht von einem selbstendigen Vbel / dann das ist nicht in vnser Natur / wie die alten Manicheer fürgaben / Wie solten wir dann diß fals Manichęische Lehre führen?
Wöllen auß Augustini Buch contra Pelagium & Coelestinum, lib. 2. cap. 33. einen Spruch anziehen (von welchem dieser Schwärmer hie etliche Wort / aber im falschẽ Verstande / allegiert) in welchem dieser gantzer Streit vberauß deutlich erkläret: In hac quaestione, vbi quaeritur, non cui rei creator, sed cui rei saluator sit necessarius, non intuendum est, quid boni in sit in procreatione naturae, sed quid in peccato mali, quo certum est vitiatam esse naturam: Simul autem vtrumque propagatur, & natura & naturae vitium, quorum vnum est bonum, & alterum malum. Illud de conditoris largitate sumitur, hoc de originis damnatione attrahitur. Illi est causa bona voluntas Dei summi, huic mala vo-
luntas hominis primi. Illud indicat Deum creaturae institutorem, hoc indicat Deum inobedientiae punitorem. Denique idem ipse Christus propter illud creandum factor est hominis, propter hoc sanandum factus est homo. Das ist / In diesem Streit / da gefragt wirt / nicht welchem Dinge ein Schöpffer / sonder welchem ein Seligmacher von nöhten ist / muß man nicht Achtung geben auff das / so guts in Erschaffung der Natur ist / sondern was böses an der Sünde sey / darvon gewiß ist / daß sie die Natur verderbt hat. Es wirdt beydes zugleich fortgepflantzet / die Natur vnd die Verderbung der Natur / welcher eines gut / das ander aber böse ist. Das eine / als die Natur / empfahen wir auß Gnaden deß Schöpffers / das ander / als die Sünde / von wegen deß Jammers vnnd Verdamnüß / in welches die Natur gerahten. Die Natur wirdt von Gottes Gnädigen Willen vervrsachet oder hergebracht. Die Erbsünde aber von dem bösen Willen deß ersten Menschen. Die Natur zeiget an Gott / der sie erschaffen hat / die Erbsünde aber deutet darauff / daß Gott ein Straffer ist deß Vngehorsams. Endlich / so ist Christus selbst vmb der Natur willen / die zu erschaffen ist / deß Menschen Schöpffer / vmb der Erbsünde willen aber / damit dieselbige möchte geheilet oder von jhm abgethan werden / Mensch worden / vnd deß Menschen Erlöser.
In diesem Spruch handelt Augustinus / Erstlich daß ein Vnderscheidt zwischen der Natur vnnd zwischen der Verderbung sey / auch nach dem Fall. Dann er spricht klar / die Natur sey durch die Sünde verderbt. Item / es werde beydes fortgepflantzet / die Natur vnnd die Verderbung der Natur. Die Natur sey gut / so ferrn sie nem̃lich eine Natur / die Sünde aber sey böse. Die Natur haben wir von Gottes Gnaden / die Sünde von dem Anfang der ersten Verderbung. Der Natur Vrsach sey Gott / der Sünden / der böse Wille deß ersten Menschen / etc.
Zum andern / daß Christus der Menschlichen Natur noch
heũtiges Tags Schöpffer sey / vnnd sey aber Mensch worden die Natur / welche er geschaffen hat vnd schaffet / von dem verderben / damit sie behafftet ist / zu heilen oder zu erledigen. Lieber / wie hette doch Augustinus klärer vnnd deutlicher die rechte Lehre von der Erbsünde / vnnd Vnderscheidt zwischen der verderbten Natur vnd zwischen der Erbsünde können darthun / dann er denselbigen in angezogen Worten dargethan hat?
Wie hette er auch verständtlicher die Vrsach der Menschwerdung Christi beschreiben können / dann er in ermeldten seinen Worten gethan hat? Noch wöllen diese Schwärmer / es sey Manichaeisch / wann man mit der Schrifft vnd Augustino lehret / daß Christus nicht Mensch worden die Sünde selbst selig zu machen oder zu erlösen / sondern die verderbte Natur von der Sünde / damit sie verderbt ist / zu erretten vnd frey zu machen / vnd also die verderbte Natur wider zu heilen vnd selig zu machen. Aber Gott wirdt es wol zu seiner Zeit / wann sie nicht Busse thun / finden.
So lehret ja das Symbolum Nicenum, der vmb vnser Menschen willen Mensch worden / etc. vnnd nicht / der vmb der Sünden selbst willen Mensch worden / daß er dieselbig erlöset vnnd selig machete.
Solche vnsere Lehre bestättiget auch der Spruch Augustini, lib. 4. contra Iulianum cap. 1. (welches dieser Schwärmer selbst Erwehnung thut) Quod malum non ex alia substantia, quam Deus non fecit, sicut Manichaeus insanit, nobis est permixtum, sed per inobedientiam vnius hominis exortum & traductum, & per obedientiam vnius hominis expiandum & sanandum est. Das ist / Die Erbsünde ist nicht auß einer andern Substantz / welche Gott nicht erschaffen hat / vnser Natur vermischet / wie Manicheus geschwermet hat: Sondern ist durch den Vngehorsam eines Menschen entstanden vnnd fortgepflantzet / wirdt auch durch den Gehorsam eines Menschen (nem̃lich / Ihesu Christi) gebüsset vnd geheilet oder abgethan.
Dann er erstlich deutlich wider die Manicheer berichtet / daß die Sünde keine Substantz oder Wesen sey / etc. Sondern daß die Sünde habe durch den Vngehorsam̃ deß ersten Menschen angefangen / vnd sey also fortgepflantzet durch die Geburt in alle Menschen / die von Vatter vnd Mutter empfangen vnnd geboren werden. Zum andern / die Sünde / die kein Substantz / sondern in vnser Substantz oder Natur ist durch den Vngehorsam̃ Adae / die solle vnd müsse durch den Gehorsam̃ deß einigen Menschen Jesu Christi außgetilget vnd geheilet werden. Welcher keines dieser Schwärmer Lehre befestiget / da sie fürgeben / die Sünde sey ein Substantz oder die verderbte Natur selbst / vñ Christus sey kommen / die Sünde selbst zu erlösen / etc. sondern viel mehr deutlich widerspricht vnnd verdammet. Aber Blinde müssen nicht sehen.
Daß die Erbsünde / wie Lutherus Genes. 42. schreibet / nicht ein geringer Schade sey / dieweil Gott seinen Sohn darumb hat Mensch werden vnd sterben lassen / ist freylich wahr. Aber darauß folget nicht / daß darumb die Sünde ein Substantz oder die verderbte Natur selbst sey.
Die Schrifft / Augustinus vnd Lutherus machen die Erbsünde groß / vnnd thun recht daran / dann es muß freylich nicht ein geringer Schade seyn / vmb welches Abwendung willen Gottes Sohn ist Mensch worden vnnd gestorben. Sie sagen aber deßhalben nirgendt / daß sie ein Substantz oder die verderbte Natur selbst sey.
Die Sünde recht groß zu machen / muß nach Anleitung Göttlichs Worts geschehen / vnnd nicht nach dieser Schwärmer erdichtetem Fürgeben / da sie sagen / die Sünde werde verkleinert / wann man nicht sage / daß sie ein Substantz oder die verderbte Natur ohn allen Vnderscheidt selbst sey.
Yy. iij. vñ hernacher durch etliche viel Bletter. Widerholet das Gegentheil seine Lästerung / daß Gott mit der Sünden selbst versöhnet werde / vnnd sie zu Gnaden auffnemme / vnd B B b. iij. erwidert es auch diese Gotteslästerung / daß die
Erbsünde getaufft / geheiliget / erleuchtet vñ selig gemacht werde / etc. Demnach aber auff dieselben droben im andern Punct gründtlich geantwortet / ists vnnöhtig dieses Ohrts zu repetieren.
Wann dieser Schwärmer ein Ding nicht hundert oder mehrmal in einer Schrifft repetiert vñ anzeucht / so denckt er es sey nichts. Vermeynt sonder Zweiffel / mit solcher stetiger Widerholũg einerley Sachen wölle er den Christlichen Leser gewinnen oder zum wenigsten jrre machen. Aber sein Anschlag wirt zur Narrheit werden. Die frommen werden das auch sehen vnd sein lachen.
Zeucht er auch wider an den Schwarm / daß die ErbsündeCCc. iij. fac. 1. oder Vngerechtigkeit / nach dem sie widergeboren vnd verwandelt wirdt / die Gerechtigkeit vnnd Ebenbilde Gottes selbst werde. Ist aber nun zu vielen malen in dieser Schrifft gründtlich wilderlegt worden. Darum̃ auch nicht nöhtig / dieses Orts alles auffs new einzuführen / vnd den Christlichen Leser damit auffzuhalten.
Was D. Lutheri Lehre sey / von der Verwandlung vnsers Fleisches / wöllen wir auß seiner Außlegung deß 15. Cap. an dieDDd. j. fac. 1. Corinthier / Tom. 6. Ienensi, mit seinen eignen Worten darthun. Seine Wort lauten also: pag. 259. Das ist die Meynung vnd der Beschluß darvon / daß deß Menschen Leib muß verändert werden / vnnd die Gestallt nicht behalten / so er jetzt hat / ohne was gehört zu seinem Wesen / also / daß nichts bleiben soll / was dieses vergenglichen Lebens ist / vnd doch derselbige Leib vnd Seele sey vnd bleibe / so ein jeglicher gehabt hat / mit allen seinen Gliedmassen.
Ibidem, pag. 269. Das Griechische Wort / so allhie stehet / heist fürnem̃lich also verändern / daß man von einer stett weg thut zu einer andern / als auß dem Wasser auffs trocken Landt / vnnd von der Erden in die Lufft. Also soll man vns dort auch in einem Augenblick anderswo vnd auff andere Weise finden / etc. Wiewol er die andere Veränderung Qualitatis dergestallt auch mit fasset / darvon er bereit droben gesagt / daß der Leib ein ander Kleidt wirdt
anziehen / das ist / verkläret vnd helle werden soll / viel herrlicher vnd schöner dann die Sonn.
Item, pag. 270. sagt er eben das. Der Spruch ist kurtz zuvor allegiert worden.
Item, pag. 271. Er ist nicht der Natur feindt / sondern zeigt / daß er jhr will helffen jren Feindt / Todt vnd Teuffel zu dempffen / vnd jammert jhn vnsers Vnfalls / weil er sihet / daß wir jhm durch deß Teuffels Gifft vnnd Todt ersäufft sindt / vnd darinn stecken / daß wir nicht herauß können / an dem will er sich rechen / als an seinem eygnen Feindt / der jhm sein Werck vergifftet vnnd verderbet hat. Darumb ist diß ein recht tödtlich Tyriack / nicht auß der Apotecken / sondern von Himmel bereitet vnnd gegeben durch die Aufferstehung Christi / das vns soll vnschädlich seyn / sondern allein den tödten vnd verderben / der vns die Gifft hat gegeben vnnd angericht. Vide reliqua.
Auß erzehlten Worten ist klar / was Lutherus von der Verwandelung vnsers Fleisches in der Aufferstehung / etc. gehalten habe. Vnnd nach dieser Erklärung muß auch das Sprüchlein Lutheri Tom. 1. Ienensi, fol. 184. daß Gott das Fleisch new vnnd anders schaffen wölle / verstanden werden. Dann er verstehet das anders Schaffen nicht von einer wesentlichen Verwandelung / sondern von der gäntzlichen Reinigung von der Sünde / wie er auch an gemeldtem Blatt kurtz zuvor selbst schreibet: An jenem Tage werden wir vom Tode / von Sünden / von allem Vbel aufferstehen / rein an Leib vnnd Seele / vnnd dann ewiglich leben / etc. vnd von der vollkommenen Vernewerung der gantzen Natur an Gaben vnd Herrligkeit.
Vnnd solchs bekräfftigen auch die Sprüche Lutheri am 22. Sontag nach Trinit. in der Kirchen Postill / Christus wölle vnsern Leibso rein / helle / klar vnd voller Ehren machen / daß er soll ehnlich vnd gleich seyn seinem herrlichen Leibe / etc.
DDd. ij. Daß wir solten mit den Manicheern verleugnen / daß die Na-
tur von Christo nicht erweckt oder lebendig gemacht werden solte / daß die blinde Natur von Christo nicht solle erleuchtet werden / die krancke Natur nicht geheylet / vnsere wehklagende Natur nicht wider geschaffen / vnd vnsere verkehrte Natur nicht wider zu recht gebracht / etc. das ist / mit Vrlaub zu schreiben / eine greiffliche offenbare Vnwarheit.
Dann wir von Hertzen bekennen / daß Christus vnsere in Sünden todte Natur / Ephes. 2. lebendig macht / daß er vnsere blinde Natur erleuchtet / Ephes. 1. Johan. 1. 8. 12. Daß er vnsere krancke Natur heylet / Matth. 10. Psal. 6. Daß er vnsere wehklagende vnd mit vilem Jammer beladene Natur am jüngsten Tage vernewern / vnnd von allem solchem Elende gäntzlich erretten werde. 1. Cor. 15. Daß er auch vnsere verkerhte Natur von aller Verkehrung / Sünde vnd Vnart reinigen vnd vollkommen gerecht vnnd heilig machen werde an Leib vnnd Seel / wie er dann dieses Werck in der Tauffe in vns angefangen vnnd am jüngsten Tage vollenden wirdt. Vnnd wirt sonder Zweiffel der gerechte Richter an jenem Tage vns Zeugnüß geben / daß wir seine Wolthaten im geringsten nicht verkleinert haben / vnangesehen / daß wir mit diesen Leuhten nicht schwärmen vnnd lästern wöllen / daß die verderbte Natur die Erbsünde selbst / vnnd daß die Sünde in die Gerechtigkeit wesentlich verwandelt werde.
Sindt demnach keine Manicheer / haben auch mit jhrer falschen jrrigen Lehre weder Theil noch gemein / kan vns auch von keinem Warheit liebenden Menschen einige Manichaeische Lästerung mit Grunde zugemessen werden.
Warumb wir auch diese Reden verdammen: Die Sünde ist ein Substantz: Die verderbte Natur ist ohne allen Vnderscheid die Sünde selbst / etc. haben wir in dieser Schrifft durch vnd durch beständige vnd gründtliche Vrsachen angezeigt / welche die Pforten der Hellen nicht vmbstossen sollen.
Lutheri Reden von der Erbsünde verwerffen wir nicht: Sondern DDd. iiij.erklären sie nach Lutheri eignen Worten vñ nach seiner Meynung / welche er für vnd für in seinen Schrifften behalten hat / als solchs auch außführlich dargethan.
Sagen auch / daß es eine grosse Weißheit sey / erkennen / daß die Natur ausser Christo sündig / vnrein vnnd verderbt. Daß sie aber / eygentlich zu reden / die Sünde selbst seyn solle / halten wir nach der Schrifft vnd Artickeln deß Glaubens für falsch vnd vnrecht.
Item / daß die Sum̃a der reinen Lehre sey / daß alles Sünde sey / das ist / sündig / vngerecht / schüldig an Gottes Zorn vnd ewiger Verdam̃nüß / was nicht durch das Blut Christi erlöset im Glauben gerecht wirdt.
Item / daß die gantze Menschliche Natur vnd Wesen verderbt sey. Item / daß die Natur deß Menschen böse sey / weil sie verderbt ist. Vnnd sey doch auch die verderbte Natur / so ferrn sie eine Natur ist / gut / so ferrn sie aber verderbt / sey sie böse. Augustinus de natura boni contra Manichaeos, cap. 4. Mala natura dicitur, quae corrupta est, nam incorrupta vbique bona est. Sed etiam ipsa corrupta, in quantum natura est, bona est, in quantum corrupta est, mala est. Das ist / Die böse Natur wirdt die Natur genannt / so verderbt ist / dann die vnverderbte Natur ist allwege gut. Ja auch die verderbte Natur / so ferrn sie eine Natur ist / so ist sie gut / so ferrn sie aber verderbt ist / so ist sie böse.
Item / halten auch / daß alles sündtlich vnd böse sey / was die verderbte Vernunfft vnd verderbter Wille im Menschen dichtet vnd trachtet / ehe der Mensch zu Gott bekehrt wirdt.
Vnd trösten vns deß / daß Christus für vns ist Mensch worden / hat vns verderbte Menschen von der Sünde / Verderbung / Todt vnd Verdamnüß erlöset / daß wir sollen selig werden. Rom. 3. 4. 5. 8. 1. Cor. 1. 1. Timoth. 1.
Darum̃ können wir mit frölichem Gewissen diese Schwärmer jmmer hin lästern vnd dichten lassen / biß daß jhn Gott der mal einest ins Spiel greifft.
Ob wir nun wol mit hefftigen Worten sie hinwider / vnd viel billiger deß Manichaeismi zu beschüldigen hetten / als sie vns: jedoch wöllen wir nicht Scheltwort mit Scheltworten vergelten: sondern diese Stück nach einander er innern vnnd jhnen zu Gemüt füren.
Erstlich / daß / ob sie wol nicht gerne hören / wañ man jnen fürwirfft / daß sie den Sathan zum Schöpffer machen / dennoch nicht für vber können / wann sie darauff halßstarrig verharren: Daß die verderbte Natur ohn allen Vnderscheid die Sünde selbst sey / sie müssen sagen (weil Gott die Sünde selbst nicht schaffet) daß Gott der HERR die verderbte Natur / welche / jhrem fürgeben nach / die Erbsünde selbst ist / nicht erschaffen habe oder erschaffe. Hat er sie nun nicht erschaffen / vnnd sie aber ohne einen Schöpffer nicht seyn kan / vnd darüber gewiß ist / daß die Sünde selbst vom Sathan herkompt / so muß ja nothwendig der Sathan ein Schöpffer der verderbten Natur seyn / welche / jrem fürgeben nach / ohne allen Vnderscheid die Sünde selbst ist. Dann diese Regel ist vnfehlbar / daß Gott die Sünde selbst nicht schaffet. Ist nun die verderbte Natur die Sünde selbst / so schaffet sie Gott nicht. Hierauß köñen sie sich nicht wickeln / so lange sie die ermelte Proposition vertheidigen.
Wie sie dann auch da nicht fürüber können / sie müssen den Sathan zum Schöpffer machen / wañ sie fortfahren diese Rede zu vertheidigen / daß der Sathan vns Menschen ermordet / die wesentliche Form / Art vnd Gestallt deß Menschen abgetilget / vnd in eine newe wesentliche Form / Art vnd Gestallt verwandelt habe / also daß der Mensch nun eine wesentliche Teuffels Larue sey / etc. Dann newe wesentliche Form oder Gestallt machen / ist ein Werck / das niemandt thun kan / als der Allmächtige Gewalt hat. Thuts nun ď Sathan / so muß er / jrem Dichtẽ nach / Allmächtige Gewalt haben.
Hat er Allmächtige Gewalt / so muß er auch Gott vnd ein Schöpffer seyn.
Zum andern / sie verdrehen sich / wie sie wöllen / so können sie es nicht verneinen / daß diese Lehre / welche sagt / daß die Erbsünde ein Substantz sey / Manichaeisch sey / vnd daß Augustinus an den Manicheern dieselbe Lehre in seinen Schrifften vielfältig verdammet habe. Augustin. ad Quod vult Deum, de haeresibus. Lib. 2. contra Iulian. lib. 5. contra Iulian. cap. 4. contra Secundinum Manichaeum cap. 12. &c. Die Sprüche sind droben allegiert / darumb hie vnnötig zu widerholen. Vnd daher kompt es auch / daß sie diese Rede: Die Sünde ist ein Substantz / wie sie Illyricus anfänglich gefüret / nicht mehr jetzo also führen / sondern brauchen dafür diese Rede: Die verderbte Natur ist die Sünde selbst. Welche ja so Manichaeisch ist / als die vorige / wie an seinem Ort mit Augustini Worten gründlich erwiesen ist.
Zum dritten / Ist vnd bleibet auch dieses Manichęisch / sie vertuschen es / wie sie wöllen / daß sie dichten in einem jeden Widergebornẽ Menschẽ sind zwo vnderschiedliche wesentliche Gestallt der Seelen / die eine deß alten / die andere deß newen Menschen / die er in der Widergeburt kriegt / vnnd daß der alte vnd newe Mensch nicht nach der Qualitet / Verderben / Vnart oder guten Art vnderscheiden seyn / sondern wesentlich / dann also haben auch die Manicheer gelehret / wie auß Augustino de haeresibus. Item lib. 24. contra Faustum Manichaeum, vnd anderßwo zu sehen ist.
Zum vierdten können sie auch dieses nicht verneinen / daß sie mit den Manicheern verleugnen / daß die Sünde ein Accidens oder zufälliger böser Schade sey. Vnd derwegen / so viel auch dieses Stück anlangt / mit den Manicheern einerley Lehre führen / welche zu Augustini Zeiten / lenger als für zwölff hundert Jaren / von der gantzen Kirchen ist verdampt worden.
Weil dann dem also ist / mögen sie zusehen / wie sie sich von solchem Manichaeischen Schwarm frey machen vnnd desselbigen
entschütten wöllen. Gewiß ist es / daß sie sich dessen nicht erwehren können / als lange sie gemelte vier Punct nicht retractiern / vnnd wider zu der reinen heilsamen Lehre tretten. Darum̃ Cassiani Spruch recht wider sie gehet: In Manichaeischer Aschen Fewer suchen / vnd auff ein newes die alten Manichaeischen Funcken wider auffblasen / dann dieses thun sie mit voller Gewalt / als wir bißher in dieser gantzen Schrifft auff sie gründtlich erwiesen haben. Sie wolten vns (doch ohne Grund vnd Vrsache) mit dem Manichęischen Namen gern behengen / vnd stecken selbst in den Manichaeischen Irrthumb vnd Schwarm biß vber die Ohren.
Da nun dieser Schwärmer nicht weiter kan / schüttet er entlichEEe. iij. fac. 1. noch einmal alle sein Gifft wider vnserer Kirchen Lehre herauß / vnd erholet / dauon er auch droben vñ durch seine gantze Lästerschrifft gelästert hat / das wir geringschätzig machen vnnd verleugnen sollen Gottes Gnade in Christo verheissen: Die Menschwerdung Christi / vnd sein thewres Verdienst: Die Gnaden Werck deß Heiligen Geistes vnd Widergeburt / etc. Weil aber diese Lästergedicht / ein jedes an seinem Ort / da es fürbracht / durch Gottes Gnade gründtlich vnnd bestendig widerlegt / als ist es vnnötig / dasselbe hie zu widerholen.
Der Manicheer Vermischung haben wir bißher manigfältig verworffen. Deßgleichen der Sophisten Lehre / daß die Natur vñ natürliche Kräfften noch gantz vnd vnuerderbt seyn solten.
Erasmi modiculum oder kleines / daß der freye Wille noch etwas vermüge in Geistlichen Sachen / ehe der Mensch bekehret / setzen wir auch auß / vnd verwerffens nach Gottes Wort.
Synergismus wirt im Concordi Buch klar verdampt.
Deßgleichen Maioris proposition, daß gute Werck nötig zur Seligkeit / vnnd was die Gegenwart der Werck im Artickel der Rechtfertigung anlangt / etc.
Der Antinomer Lehre vom Gesetz wirdt auch im Concordi-Buch verworffen.
Ob wir auch mit diesen Leuhten nicht schwärmen / daß die Kinder in Mutterleibe die Sünde selbst seyn / sondern lehren / daß sie sündig / vnrein / verderbt vnd vngerecht seyn / dennoch loben wir der Widertäuffer vnd Zwinglianer Irrthumb nicht / welche lehren die Kinder auß Gläubigen Eltern geboren seyn heilig / auch vor der Tauffe / etc. sondern verwerffen denselben.
Der Sophisten Lehre / von Veränderung der Qualiteten oder geringem Gebrechen der Natur / haben wir auch zum offternmal in dieser Schrifft verdampt / vnnd hergegen bezeugt / daß wir von Hertzen gläuben vnnd lehren / daß die Erbsünde nicht eine schlechte geringe Qualitas oder Schade im Menschen sey / wie die Farbe an der Wandt / als die Sophisten gehalten / vnnd Jesuit er noch lehren. Sondern sey ein grosser vnbegreifflicher vnd vnaußsprechlicher Schade / eine grosse vnnd tieffe Verderbung der gantzen Natur / welchem Schaden auch nicht könne gerahten / vnd die Verderbung von der verderbten Natur oder Menschen abgethan werden / dann alleine durch den Todt / Rosinfarbes tewres Blutvergiessen / Aufferstehung vnd gantze Verdienst Ihesu Christi deß Sohns Gottes / etc.
Daß wir aber mit diesen Leuhten schwärmen solten / daß die newe Geburt eine wesentliche Veränderung im Menschen machte / also / daß der newgeborne Mensch wesentlich eine andere wesentliche newe Form / Gestallt vnd Art der Seelen empfienge / vnd was deßgleichen Teuffels Laruen Werck mehr ist / etc. das können wir auß Vrsachen / deren wir in dieser Schrifft etliche viel angezeiget / nimmermehr thun / wöllens auch mit GOTtes Hülff nimmermehr thun.
Die verderbte Natur preisen vnd loben wir nicht / viel weniger FFf. iij.sprechen wir sie aller Schuldt vnd Sünden loß / sondern gläuben / bekennen vnnd lehren / daß Gott mit dem gantzen Menschen / was er ist an Leib vnd Seele / vnd also auch mit seiner gantzen Natur / zürne / vñ zwar also hefftig zürne / daß er den gantzen Menschen
oder Menschlich Natur vnnd Wesen / dem ewigen Tode vnnd Verdamnüß vnterworffen / wo der Mensch nicht zu Gott bekeret vnnd durch Christum Vergebung seiner Sünden / durch den Glauben erlanget.
Vnd solchen seinen Zorn läst er der Welt Rom. 1. offenbaren vnnd verkündigen / will daß alle Menschen solchs Elendt von gantzem Hertzen erkennen vnd bekennen.
Daß er aber solcher Gestallt / der Natur feind ist / kompt nicht daher / daß sie eine Natur / oder von jhm geschaffen ist / oder daß sie ohn allen Vnderscheidt die Sünde selbst were / sondern daher / daß sie sündig / vngerecht / vnheilig / dem Gesetz widerstrebend / vnd durch vñ durch verderbet ist. Darum̃ Paulus Rom. 1. spricht / der Zorn Gottes werde vom Him̃el offenbaret / vber alles Gottloses Wesen vnnd Vngerechtigkeit der Menschen / Darauß klar / daß Gott seinen Zorn nit offenbaret / vber die Menschen / darvmb daß sie Menschen oder Creaturen Gottes sindt sondern darumb / daß sie Gottlosigkeit vnd Vngerechtigkeit an sich oder in jrer Naatur haben. Vnd Lutherus contra Latomum schreibet: Lexaliter nõ tractat peccatum, quàm vt ipsum reuelet. Rom. 3. Per legemTom. 2. Ienens. Luc. pag. 424. cognitio peccati: quae cognitio duo docet, corruptionem naturae & iram DEI. Das Gesetz handelt die Sünde nicht anders / dann daß es dieselbige offenbare / Rom. 3. Durchs Gesetz kompt die Erkändtnüß der Sünde / welche Erkäntnüß zwey Ding lehret / Erstlich die Verderbung der Natur / zum andern Gottes Zorn. Ibidem. Lux legis nos erudit, & sub corruptione & ira nos esse docet. Das Liecht deß Gesetzes lehret vns / daß wir vnter der Verderbung vnd Gottes Zorn seyn. Auß welchem abermal zusehen: Daß Gott seinen Zorn im Gesetz wider die Natur / nicht derowegen offenbare / daß sie eine Natur oder sein Geschöpff ist / sondern darumb / daß sie verderbt ist / dann darumb vnnd daher zürnet er mit vnser gantzen Natur.
Wann aber dieser Schwärmer Fürgeben nach die verderbte natur ohne allen Vnderscheidt die Sünde selbst were / so müßt es nicht heissen / Gott offenbarete seinen Zorn vom Himmel vber alles Gottloses Wesen vnd Vngerechtigkeit der Menschen: Sondern GOtt offenbaret seinen Zorn vber die Natur oder vber die Menschẽ / welche die Sünde / Gottlosigkeit oder Vngerechtigkeit selbst sind / vnd müsten also Sünde vnd Mensch durch auß einerley seyn.
Es müßt auch nicht heissen / das Gesetz offenbaret die Verderbung der Natur / etc. sondern es offenbaret / daß die verderbte Natur die Sünde selbst sey / oder daß Verderbung vnd verderbtes / oder Mensch / Menschliche Natur vnnd die Sünde selbst / ohne allen Vnderscheid ein Ding weren / etc.
Da auch die verderbte Natur ohne allen Vnderscheid die Sünde selbst were / hette D. Lutherus / Tom. 2. Germ. vber das 15. Cap. an die Corinther pag. 271. mit Warheit nicht schreiben können: Gott ist nit der Natur Feind / sondern zeiget / daß er jr will helffen jhrem Feind Todt vnd Teuffel zu dempffen / etc. Sondern hette müssen also schreiben: Gott ist der verderterbten Natur / als die Erbsünde selbst ist / Feindt vnd will jhr nicht helffen / dann der Sünden ist er ja feind / vnnd hat nirgent in der gantzen heiligen Schrifft sich vernemmen lassen / daß er der Sünden helffen wolle / vnd wolle sie von jhren Feinden Tod vnd Teuffel erretten. Item Augustin. Tractatu 41. in Iohan. hette nit schreiben dürffen. Quomodo odit medicus aegritudinem aegroti, & id agit curando, vt aegritudo pellatur, aeger leuetur: sic Deus gratia sua hoc in nobis agit, vt peccatum consumatur, homo liberetur, &c. Das ist / gleich wie ein Artzt die Kranckheit eines Krancken hasset / vñ durch seine Artzney darmit vmbgehet / daß er deß Krancken Kranckheit vertreibe / vnnd den Krancken gesund mache: also hat GOTT der HRER durch seine Gnade das in vns für / oder gehet darmit
vmb / das die Sünde vertilget / dem Menschen aber geholffen werde.
Die Schrifft sagt auch nirgendt / daß Todt vnd Teuffel der Sünden selbst zu wider oder jhre Feinde weren / vnd daß Gott die Sünde selbst von solchen jhren Feinden Tod vnd Teuffel erlösen wolle: Sondern das sagt sie / er wolle der verderbtẽ Natur oder den verderbten Menschen helffen / vnnd wolle sie durch seinen lieben Sohn Jesum Christum von jren Sünden selig machen / vnd von jhren Feinden / Todt vnd Teuffel erretten.
Vnnd sindt dieses nicht widerwertige oder streitende Lehren oder Reden. Gott ist der Natur nicht feind / sondern will jhr helffen.
Dann Gott ist der Natur nicht simpliciter oder als einer Natur feindt / so ferrn sie nemblich eine Natur vnd sein Geschöpff ist / sondern secundùm quid, das ist / vmb der Sünde oder Verderbung willen / dadurch sie so schändtlich verkehret vnd von jm abgewandt ist. Wann sie nun betrachtet wirdt nach jhrer Verderbung vnd Vnreinigkeit / damit sie beladen ist / so ists recht geredt / daß GOtt der Natur feindt sey. Wann sie aber betrachtet wirt / nur als eine Natur / vnd so ferrn sie auch noch jetzo eine Natur / Gottes Werck vnnd Geschöpff / so ists auch recht geredt / daß jhr Gott nicht feindt ist / sondern / will jhr helffen / will sie von allen Sünden reinigen / 1. Johan. 1. oder von allen jhren Sünden selig machen / Matth. 1.
Dann GOttes Sohn nicht erschienen / oder in die Welt kommen ist / die Natur / als Natur anzufeinden / zu hassen vnnd zu verdammen / oder die Menschen / als Menschen anzufeinden oder zu vertilgen: Sondern die Natur / als Natur / oder die Menschen als Menschen / von jren Sünden / damit sie behafftet sind / zu erlösen / vnd ewig selig zu machen / Johan. 3. 1. Timoth. 1. Matth. 20. vnd August. contra Pelagium & Coelestium, lib. 2. cap. 40. Deus
hominem dam nat propter vitium, quo natura dehonestatur, non propter naturã, quae vitio non aufertur. Das ist: Gott verdampt den Menschen vmb der Sünde willen / damit sein Natur vervnehret oder geschändet ist / nicht vmb der Natur willen / welche durch die Sünde nicht weggenommen wirdt / etc. Das ist wahr / vnd wirdt wahr bleiben in alle Ewigkeit / wann diese Schwärmer gleich noch so hefftig darwider wüteten vnd tobeten.
Wir haltens gäntzlich dafür / daß Lutheri Prophecey wahr sey / daß Gott die wahre Christliche Religion von vns Teutschen wider hinweg nemmen werde / von wegen vnser Vndanckbarkeit / Sicherheit vnd der Weltweisen Klugheit / etc. Aber dazu geben diese Schwärmer nit die geringste Vrsach / in dem sie solchen Gottslästerlichen Irrthumb / daß nem̃lich die verderbte Natur ohn allen Vnterscheidt die Sünde selbst sey / daß Christus ein ander Fleisch vnd Blut angenommen / als wir haben / etc. Daß die Sünde selbst erlöset sey / daß sie getaufft vnd selig gemacht werde / daß die Sünde selbst in die wesentliche Gerechtigkeit verwandelt werde / vnnd was dergleichen mehr sindt mit grossem Ergernüß vnnd Verwirrung der gantzen Christenheit / ohne Vnterlaß vñ Auffhören / treiben vñ außbreiten. Derhalben sie sich auch wol für zu sehen haben. Dann Gott wirdt die Länge solche grewliche Gottslästerungen / wo sie nicht bey Zeit Busse thun / an jhnen selbst nicht vngestrafft lassen / wie dann sein Zorn allbereit gegen sie angangen / in dem er sie mit schrecklicher Blindtheit hat lassen geschlagen werden / daß sie selbst nicht verstehen / was sie setzen oder sagen.
Wollen die jenigen / so sich bißhero durch solchen Gottslästerlichen Schwarm haben auffhalten lassen / vm̃ Gottes vñ jrer Seligkeit willen / ermahnet haben / sie wollen sich durch diese Schrifft / in welcher die heilsame Lehre / deß Artickels von der Erbsünde auß Gottes Wort von der Schwärmer Lästerung / Verkehrung / vnd falschen aufflagen / etc. gerettet vnnd gründtlich erkläret ist / weisen
lassen / von gemeldter Lästerung abtretten / vnnd sich zu der rechten Warheit begeben.
Können für vnser Person mit frölichem Gewissen schreiben vnd sagen / daß wir Gott / sein Wort vnnd Warheit für augen gehabt / auß keinem Neid oder Haß gegen den Personen ichtwas hierinnen gesetzt oder geschrieben: sondern allein die liebe Warheit fort zu pflantzen vnd von den Irrthummen / so das Gegentheil einführet / zu erretten.
Bitten demnach schließlich Gott den Vatter aller Barmhertzigkeit / durch seinen geliebten Sohn / vnsern einigen Mittler Jesum Christum / etc. Er wölle alle die jenigen / so durch viel ermelten Irrthumb eingenommen oder jrre gemacht sindt / wider zu recht bringen / vnnd seine Warheit für diesem vnd andern schädlichen Irrthummen vnuerruckt erhalten / vnd auff die Nachkommen bringen / Amen.
SOLI DEO HONOR ET GLORIA.
Verzeichnüß der Erraten / so der Christliche Leser ein jedes an seinem Orth wirt zu Corrigirn wissen.
Pag. 5. fac. a. lin. 28. Ließ maior für minor. p. 12. f. a. lin 1. Gegentheil für Getheil / Ibid. f. 2. l. 16. sentit, videtur, für sentit videtur. pag. 14. f. 2. l. 3. Gazab für Gazat. Ibid. l. 4. Cozeb für Cozet p. 46. f. 2. l. 3. soll in parenthesi eingeschlossen seyn / das Wort (Wesen) p. 58. f. a. l. 6. vergibt für vrgibt p. 61. f. a. l. 23. Gifft für Giff. p. 80. f. a. l. 25. ließ / der Sohn Gottes / für Christus / p. 99. f. 2. l. 2. 3. 4. gehandelt / für gehalten / Ibid. l. 11. durch / für duch p. 116. f. a. l. 9. ein / für in / p. 135. f. a. l. 8. Grindt für Grundt / p. 155 f. a. l. 30. der / für den / pag. 162. f. a. l. 16. ließ 10. für. 9.