I.
Ueber
die Geſtalt und das Klima
des
Hochlandes in der iberiſchen Halbinſel,
von
A.v. Humboldt.
(Auszug eines Schreibens an Herrn Profeſſor Berghaus.)
An dem weſtlichen Ende von Europa, auf drei Seiten
vom Meere umflossen, erhebt sich die Hochebene von Spa-
nien , ein wahres Tafel-LandHochland dem Flachland engegengeſetzt (Ritters Erd-
kunde Theil I. §. 2. Erläut. 2.) deutet eben ſo gut auf Ge-
birgs-Stöcke und Ketten, als auf Hochebenen [hautes plaines].
Um eine Erhabenheit von großem Umfange zu bezeichnen, in
der, wie in Spanien und Mexiko, Gebirge aus weit ausgedehn-
ten zuſammenhängenden Hochebenen emporſteigen, wäre viel-
leicht das Wort Tafel-Land dem engländischen table-land
nachzubilden. Wir ſind längst gewöhnt, an der Süsſpitze von
Afrika einen Berg nach ſeiner Form den Tafelberg zu nen-
nen, unb der franzöſiſche Ausdruck plateau iſt nach dem Ge-
nius unſerer Sprache wohl am beſten durch Hochebene (im
Kleinen, z. B. die Hochebene von Bogota) und Tafel-Land
(im Großen, z. B. die Tafel-Länder von Neuſpanien und Tüb-
bet) zu überſetzen; die Finnen nennen ein plateau Maan-
Selka, gleichſam den Rücken der Erde. Malte Brun
Ann. d. Géographie T. 19. p. 257.)
, faſt ununterbrochen
zwei tauſend zwei hundert pariser Fuß hoch, und 4200 geo-
graphiſche Geviertmeilen einnehmend. Eine ſolche geogno-
ſtiſche Erſcheinung iſt in unſerm Welttheile überaus ſelten:
denn wenn auch im ſüdlichen Deutſchlande die baieriſchen
und ſchwäbiſchen Hochebenen 1560 und 900 Fuß erreichen,
ſo bilden jene deutſchen Länder doch kein geſchloſſenes Ganze,
und ſind theilweiſe durch breite Niederungen und Stromge-
bieteK. F. Vollrath Hoffmann, Erden-Staatenkunde
vom Lande der Deutſchen, Thl. I. pag. 10.
ausgefurcht.
Als ich im Jahre 1799 Spanien durchreiſte, um dort
eine Gelegenheit zu ſuchen, mich nach der afrikaniſchen Küſte
zu begeben, und ſo die franzöſiſche Expedition in Aegypten
zu erreichen, machte ich einen Verſuch, die ganze Halbinſel in
der Richtung von Südoſt nach Nordweſt von den Küſten
des Mittelmeeres bei Valenzia bis nach den Küſten des at-
lantiſchen Ozeans in Galizien barometriſch zu nivelliren.
La Lande (Mem. de Paris 1776. pag. 148) hatte freilich
ſchon im Jahr 1776 aus einigen Barometer-Berechnungen
des berühmten Reiſenden und Mathematikers Don Jorge
Juan geſchloſſen, daß Madrid 294 Toiſen über der Meeres-
fläche erhaben ſei; aber die Geographen hatten damals noch
keine Kenntniß von dem Zuſammenhange aller Hoch-
ebenen in dem Innern der iberiſchen Halbinſel.
Meine erſten Beobachtungen über die Höhen-Unterſchiede der
Gegend um Madrid wurden von Cavanilles in das erſte
Stück der Annales de historia natural. Tom. I. pag. 86
eingeſchaltet, aber mit einigen ziemlich ungenauen Meſſungen
unſers Landsmannes Thalacker (eines ſonſt wohl unterrich-
teten Mineralogen) vermengt. Das Profil, welches dieſe
Höhenunterſchiede angab, iſt in Labordés Werk über Spanien
(Itin. descriptif de l’Espagne 1808. Tom. I.
pag. CXIV.) wiederholt, und von mir ſelbſt durch einige
Bemerkungen, die ſich auf das Klima beziehen, erläutert
worden. Viele Jahre lang hielt ich das Manuſkript, wel-
ches meine Originalbeobachtungen enthält, für verloren, und
erſt bei meiner letzten Reiſe nach Deutſchland iſt es wieder
in meine Hände gekommen. Die Barometerhöhen dieſes Ma-
nuſkripts aufs Neue berechnet und kombinirt, habe ich in
dem Profil der ſpaniſchen Halbinſel benutzt, welches zuerſt
auf der großen Karte von Donnet und Malo (Mapa Civil
y Militar de España y Portugal. Paris 1823.)
und nachmals mit einigen Veränderungen, in dem fünften
Hefte meines Reiſeberichtes (Atlas geogr. et phys.
du nouveau Continent Pl. III.) erſchien. Seit die-
ſer Bekanntmachung habe ich ununterbrochen fortgefahren
durch Korrespondenz alle Notizen einzuſammeln, welche auf
die Höhenverhältniſſe, und das Klima der ſpaniſchen Halb-
inſel Bezug haben. Dieſe Notizen, welche nicht ohne In-
tereſſe für das geognoſtiſche und meteorologiſche Studium
ſind, werden einſt in Ihren Händen, unter Ihrer Bear-
beitung für die Entwerfung einer phyſikaliſchen Karte von
Spanien dienen. Möchten ſie ſich angereitzt fühlen, uns
für den weſtlichſten Theil von Europa eine ſo treffliche Ar-
beit zu liefern, als wir von Ihnen über die Unebenheiten
von Frankreich beſitzen. Es bedarf kaum einer Erinnerung,
daß alle Nachrichten, welche ich in dieſem Berichte zuſam-
mendränge, (außer den Vergleichungen mit den Zahlen in
Antillons zweiter Auflage der ſpaniſchen Geographie) bisher
ungedruckt ſind.
Mein Barometer war ein Gefäßbarometer nach der
Konſtruktion von Ramsden, wie deren ſich Leopold von
Buch, Parrot, Oeynhauſen, Dechen und andere treffliche
Beobachter bedient haben, und wie ich es noch jetzt ſolchen
Reiſenden empfehle, die nicht Muße haben, ein fortinſches
Barometer mit Fußgeſtell zu gebrauchen. Vergleichende
Barometerhöhen erhielt ich zum Theil in Valenzia durch
Herrn Valenzuela, zum Theil in Madrid durch die Güte von
Herrn Chaix. Die Reſultate, welche ich für die richtigſten
halte, ſind aus dieſen Vergleichungen kombinirt. Eine ſolche
Arbeit iſt der Natur des Barometers nach (deſſen ſenkrechte
Stellung nicht immer genau genug erreicht wird) und wegen
Entfernung der korrespondirenden Höhen, nicht mit den Ar-
beiten Rammond’s und anderer neuen Reiſenden zu verglei-
chen; ſie kann aber dazu dienen, eine vorläufige Anſicht
von dem Höhenunterſchiede in einer Länge von 110 geogra-
phiſchen Meilen zu geben. Ueberall, wo ich übernachtet,
habe ich ſorgfältigſt Morgens und Abends beobachtet, und
(nach Parrot’s Vorſchrift) einen Punkt auf den andern be-
zogen. Am wichtigſten war mir die Höhe von Madrid als
einen Zentralpunkt durch Vergleichung vieler, von einander
unabhängigen, Angaben zu erörtern, um alsdann in beiden
Kaſtilien und bis Aſtorga hin die Ortſchaften unter und
über dem Horizont von Madrid zu berechnen.
Madrid, nach Don Jorge Juan, wie ſchon oben geſagt,
294 Toiſen, doch ohne Berichtigung der Temperatur. Bei
meiner Ankunft in Madrid erhielt ich durch eigene Beobach-
tung 343 Toiſen für das fehlerfreieſte Reſultat. Die fol-
gende Zuſammenſtellung wird zeigen, daß dieſe Angabe noch
jetzt der Wahrheit am nächſten iſt. Herr BauzaWenn Herr Oltmanns ein geringeres Reſultat aus Bauza’s
älterer Beſtimmung gezogen hat, ſo entſtand dies aus der An-
nahme einer geringeren Barometerhöhe an der Meeresfläche.
(Humboldts Observ. astron. T.I. p. 18. Relat. hist.
T.I. p. 46 et 48) Eine Linie des ſpaniſchen Fußes von Bur-
gos iſt genau 1933⁄1000 Millimètres.
fand im
Jahre 1805 die mittlere Barometerhöhe 30 Zoll 6,4 Linien
(Maß von Burgos) bei 15° des hunderttheiligen Thermo-
meters: demnach wenn man das Meer zu 338,2 Linien und
15° Temperatur annimmt, nach La Place 628 Mètres oder
322,3 Toiſen. AntillonGeografia de España p. LIII. In Cotte Memoi-
res de Meteorologie. T. II. p. 412. wird der mittlere
Barometerſtand von Madrid ſehr irrig zu 25 Zoll 11 Linien
Pariſer Maß angegeben.
nimmt als mittlere Barometer-
höhe 30 Zoll 4 Linien (Maß von Burgos), alſo Höhe 804
Varas oder 672 Mètres oder 344 Toiſen. Vor wenigen
Wochen bin ich durch die Güte meines Freundes des berühm-
ten Geographen Don Felipe Bauza (der als Verbannter
gegenwärtig in London lebt) in den Stand geſetzt worden,
die Barometerhöhen von Madrid monatsweiſe wenigſtens für
ein Jahr zu erhalten. Folgende mittlere Stände ſind im
Jahr 1820 mit einem trefflichen Barometer von Troughton
in dem Hauſe des Deposito hydrografico von Herrn Bauza
beobachtet worden. Die Zahlen ſind nicht Mittel aus dem
höchſten und niedrigſten Stande jedes Tages, ſondern Mittel
aus 4 Beobachtungen (9 Uhr Morgens, 12 Uhr Mittags,
2 Uhr Nachmittags und 12 Uhr Nachts), die Stände ſind
alle auf den Gefrierpunkt reduzirt.
Januar | 27,834 |
Februar | 27,833 |
Märtz | 27,633 |
April | 27,617 |
Mai | 27,726 |
Junius | 27,807 |
Julius | 27,736 |
Auguſt | 27,742 |
September | 27,829 |
Oktober | 27,705 |
November | 27,665 |
Dezember | 27,791 |
Der mittlere Barometerſtand des Jahrs 1820 war
demnach auf dem Nullpunkt der Temperatur reduzirt,
27,743 engl. Zoll oder 0m.,70465, woraus ſich mit einer
mittleren Temperatur der Luft von 15° des hunderttheiligen
Thermometers, und bei der vorerwähnten Angabe des Ba-
rometerſtandes der Meere (338,2 par. LinienGenau 762,92 Millimètres oder auf Null reduzirt: 760,86.
) die Höhe
von Madrid zu 651 Mètres oder 334 Toiſen er-
giebt.
Herr Bauza ſchreibt mir (Mai 1825): „Das Reſul-
„tat Ihres Profils der ſpaniſchen Halbinſel ſtimmt bis auf
„5 Toiſen mit dem überein, welches ich aus meinen meteo-
„rologiſchen Beobachtungen (von 1817–1823) ziehe, näm-
„lich 335,2 Toiſen. Dieſe letztere Zahl, glaube ich, wird
’‚„kaum noch in der Folge eine Veränderung erleiden. Als
„ich in Bilbao mein engländiſches Barometer mit dem,
„welches Herr Ferrer beſaß, verglich, und in verſchiedenen
„Tagen meine Stände in Madrid mit den ſeinigen an der
„kantabriſchen Meeresküſte kombinirte, ſo erhielten wir als
„Mittelzahl 336,76 Toiſen (die einzelnen Angaben variirten
„von 314 bis 347 Toiſen). Ich hoffe Ihnen in der Folge
„noch korrespondirende Beobachtungen von Madrid und
„Kadix liefern zu können, da das Barometer von Trough
„ton, deſſen ich mich auf dem Deposito hidrografico be-
„diente, mit dem Barometer von Haux in Kadix auf das
„Genaueſte verglichen worden iſt.“ Mein Profil war viele
Monate früher in Kupfer geſtochen, ehe ich dieſe beſtätigen-
den Angaben erhielt, die mir daher Freude und Beruhigung
gewähren. Nachdem ich auf dieſe Weiſe mich der Höhe von
Madrid über der Meeresfläche vergewiſſert glaubte, indem
ich ſie zu 340 Toiſen annahm, ſo bin ich zu der Beſtim-
mung der übrigen Höhen zwiſchen Valenzia und Madrid
fortgeſchritten. Hier der Auszug meines Tagebuchs.
I. Zwiſchen Valenzia und Madrid.
Nahe um Valenzia Aecker, wie Gartenland, bebauet.
Weiter gegen Süden ein nackter Kalkfelſen, ſcheinbar dieſelbe
Formation, welche ich bei Taragona, Oropeſa und in La
Mancha erkannte und die beim Col de Ballaguet von Nagel-
fluh bedeckt iſt. Alcudia, ein Dorf in der reitzendſten Lage,
umher als Zierde eines Wallfahrtsorts, (im Freien) Schinus
molle, ein Baum aus der Hochebene am Guito Alginetta,
65 Toiſen über dem Meer.
Man nähert ſich der Bergkette, welche in dieſem ſüdli-
chen Theile des Königreichs Valenzia von Oſten gegen We-
ſten ſtreicht. Rio de Xucar; dann Sierra de S. Anna
73 Toiſen, KalkſteiuKalkſtein mit einer Letten-Formation bedeckt und
in dieſer das ausgehende eines mächtigen Gipsflötzes.
Dieſer Gips (unregelmäßig ſtreichend hor. 9,5 und 48° ge-
gen Mittag fallend) körnig-blättrig mit Thon gemengt,
ganz dem ähnlich, der bei Villa Rubia und in La
Mancha Steinſalz enthält. Der höchſte Gipfel der Sierra
de S. Anna (immer über dem Meere berechnet) 78 Toiſen.
Der Weg ſteigt ſanft gegen die innere Hochebene von
Spanien. Das Gipsflötz ſonderbar verwittert, beſonders da,
wo es an den Kalkſtein anliegt, oder vielleicht denſelben
durchbricht. Ein kultivirtes Thal zwiſchen zwei zackichten
waldbedeckten Kalkketten. Eine halbe Meile (Legua) vor
dem 53ſten Meilenſtein iſt die Ebene ſchon 116 Toiſen über
der Meeresfläche erhaben. Die Hügelkette neben dem Weg
zieht ſich von SSW. nach NNO.
Venta de MorenteNeben der Stadt Almanſa, ein iſolirter kaum 80 Fuß hoher
Kalkfelſen von den Ruinen eines alten Schloſſes maleriſch be
deckt. –
, ein einzeln ſtehendes Wirths-
haus, 165 Toiſen, bei dem 51ſten Meilenſtein eine ſonder-
bare Zerrüttung der Kalkſteinflötze. Vier Einſchnitte, in de-
nen man deutlich die herabgefallenen Felsmaſſen erkennt;
dann ein ſteiler Berg, Puerto de Almanſa, 373 Toiſen.
Hier gelangt man eigentlich auf das Tafel-Land (pla-
teau), welches faſt ununterbrochen ſich von La Mancha
durch Neu- und Alt-Kaſtilien bis in das Königreich Leon
fortzieht. Die Ebene erſcheint wie ein alter Seeboden.
In dieſer Ebene überſteigt man das kleine Gebirge El
Bonete (474 Toiſen). Auf dem Kalkſtein wieder eine
kleine Sandſtein-Formation mit Quarz-Geſchieben, Groden
von braunem Eiſenſtein und kieſelartige Cemente von der
Nagelfluh-Formation der Küſte wahrſcheinlich ſehr ver-
ſchieden.
Man ſteigt hinab von El Bonete gegen die Venta
del Rincon 458 Toiſen.
Kornreiche baumloſe Ebenen der Provinz La Mancha,
Albacete 341 Toiſen. Laroda 360 Toiſen. Minaya
374 Toiſen. Hier wird die Kalkſtein-Formation ſehr porös
faſt blaſig dem Jurakalk, zwiſchen Streitberg und Muggen-
dorf in Franken, ähnlich.
Probencio 354 Toiſen. Pedernoſo 359 Toiſen.
Viele muſchlige Hornſteingeſchiebe in Chalcedon übergehend,
oft traubig, ſtänglich und nierförmig auf der Dammerde
zerſtreut, wahrſcheinlich aus der Kalkſtein-Formation, ein Vor-
kommen, den Vallecas bei Madrid analog. Um Toboſo,
deſſen Name Cervantes ſo weit und ruhmvoll verbreitet hat,
liegt auf dem Kalkſtein abermals eine Sandſtein-Formation
meiſt feinkörnig aus runden Quarzkörnern zuſammengeſetzt,
aber hier und da mit grobkörnigen Nagelfluhſchichten ab-
wechſelnd. Dieſer Sandſtein ſcheint nicht weit verbreitet zu
ſein, und wegen Nähe des Granits von Toledo nehmen die
großen Quarzgeſchiebe gegen Ocaña hin beträchtlich zu. Die
Schichten ſtreichen hier, wie der Kalkſtein, in der ganzen
Hochebene hor. 8–10 und fallen, mit 8 und 9, bald ge-
gen Norden, bald gegen Süden.
Quintanar del Orden 351 Toiſen. Umher künſt-
liche Salpeterpflanzungen, koniſche Lettenhaufen, die ſich,
wenn die Luft ſehr elektriſch iſt, nach ſtarkem Gewitter hier
(wie in Cuyavien in Ungarn) mit Salpeter bedecken. Pul-
vermühlen vier Meilen davon bei Alcazard de St. Juan,
wo die ſtärkſte Salpeterproduktion iſt. El Coral de Al-
maguer 360 Toiſen.
Ocaña eine hübſche Stadt, 395 Toiſen. Die gleiche
Höhe (zwiſchen 360 und 380 Toiſen), in der die ganze
Fläche ſich hinzieht, iſt hier, wie in Frankreich, ſehr auffal-
lend. In dieſem letzteren Lande habe ich oft bemerkt, z. B.
bei Barometer-Meſſungen zwiſchen Paris und Metz, oder
zwiſchen Paris und Straßburg, daß ſelbſt da, wo die Fläche
durch Schluchten oder kleine Hügelketten unterbrochen iſt,
ihre Hebung auf 50 oder 60 Meilen Länge, als Fläche,
immer daſſelbe Maximum erreicht. Setzt ein ſolches
Phänomen eine Gleichheit innerer hebender Kräfte voraus?
Eine halbe Stunde hinter Ocaña tritt man in das
weite Tajo-Thal, von einem ungeheuern Strom, von dem
nur einige Tropfen übrig ſind, einſt ausgefurcht. In dem
Thale ſelbſt feſſeln das Auge, kleine kaum 20 Toiſen hohe
Kalkhügel, die ſich prallig inſel- und feſtungsförmig erheben,
und auf allen Seiten geſtürzte Schichten darbieten. Aran-
juez mit ſeinen herrlichen Gärten (in der heißen Jahreszeit
ein ſtaubiger und ungeſunder Aufenthalt) 258 Toiſen.
Alle Hügel umher blättriger Gips mit Thon durchzogen,
oft 50 Lachter mächtig durch Kalkſteinſchichten getrennt.
Viele Höhlungen (Schlotten) in dem Gipſe. Das Fallen
der gewundenen Schichten ſcheint auch hier auf die gewalt-
ſamen Hebungen hinzudeuten, deren Cauſal-Verbindung mit
andern geognoſtiſchen Erſcheinungen Friedrich Hoffmann und
Leopold von Buch entwickelt haben. In dem Thale grob-
und feinkörnige, oft kalkartige, Nagelfluh auf dem Kalkſtein
aufgeſetzt. Dieſe merkwürdige Gipsformation von Aranjuez
enthält Steinſalz bei Villarubio in einem Thale, das ich
von Madrid aus beſucht habe. Das Steinſalz iſt unreiner
als das von Mingranilla unfern Cabriel in La Mancha
und als das von Cardona in Katalonien. Die beiden Hü-
gelketten, welche das Thal des Tajo einſchließen, habe ich
barometriſch gemeſſen, und genau von gleicher Höhe gefunden.
Val de Moro mit ſchönen Oelbäumen umgeben,
317 Toiſen.
Madrid zum Theil (im Retiro) auf Gips gebaut,
welcher wie aller Letten umher, etwas kochſalzhaltig iſt;
340 Toiſen. Ich habe in dieſem Auszuge meines Reiſe-
journals alle ſyſtematiſch-geognoſtiſche Benennungen von
Jura- und Muſchelkalk und buntem Sandſteine ganz ver-
mieden, da jene Zeilen zu einer Zeit niedergeſchrieben wur-
den, in der man noch irrig glaubte, daß alles Seinſalz
(eine Formation, welche neuerlichſt eine ſo ſtarke Bewegung
von unten nach oben erlitten hat) im Zechſteine liege.
II. Zwiſchen Madrid und La Coruña.
Escorial das Kloſter, nach meiner Beobachtung und der
Barometerformel von La Place, genau 201 Toiſen über
Madrid, alſo 541 Toiſen über dem MeereDie mittlere Höhe des Barometers an der Meeresfläche un-
ter verſchiedenen Breiten-Graden, bei ſo verſchiedentlich herr-
ſchenden Winden, iſt ein noch immer nicht hinlänglich erſchöpf-
. Der in
Rußland neulichſt verſtorbene Hydrauliker Betancourt fand
(wie Antillon berichtet) 511 Toiſen. Wir wiſſen nicht,
welchen Barometerſtand Betancourt an dem Meere voraus-
ſetzte, oder ob er (wie wahrſcheinlicher) über Madrid maß,
und eine Höhe der Hauptſtadt annahm, welche ſich von der
Wahrheit beträchtlich entfernt. Sie werden weiter unten
ter Gegenſtand. Auf den Gefrierpunkt reduzirt hielt Shuck-
burg die mittlere Barometerhöhe an den europäiſchen Küſten
für 761,18 Millimètres. Oriani für die adriatiſchen Meeres-
küſten (immer auf den Nullpunkt reduzirt) 761,12. Durch
neunjährige Beobachtungen auf der pariſer Sternwarte findet
Arago für die Meeresküſte der Normandie 760,85. Bouſſin-
gault und Rivero, deren zwei fortinſche Barometer, auf das
Genaueſte, mit dem der pariſer Sternwarte verglichen waren,
und welche bei ihrer Ankunft in Südamerika, denſelben kleinen
Unterſchied zwiſchen den beiden Inſtrumenten fanden, welchen
wir hier in Paris bemerkt hatten, erhielten nach 12tägigen
Beobachtungen für die Meeresküſte von La Guayra 760,17.
Demnach ſchiene (wie ich ſchon ſonſt vermuthete) der aufſtei-
gende Luftſtrom doch, unter den Tropen, den mittleren Baro-
meterſtand um etwas zu erniedrigen. Aber wir bedürfen (da
ſelbſt in La Guayra zu verſchiedenen Jahreszeiten der mittlere
tägliche Barometerſtand um ein ganzes Millimeter variirt) an
dem tropiſchen Meeresſtrande das Reſultat von Beobachtungen
wenigſtens eines ganzen Jahres. Ich habe verſucht dieſe Er-
ſcheinungen näher zu entwickeln und Relat. h ist. T. III.
p. 513. Trigonometriſche, doch noch nicht ganz vollſtändige,
Operationen der franzöſiſchen Ingenieurs, welche Dünkirchen,
den Thurm von Cordovan bei Bordeaux, und die Küſte des
mittelländiſchen Meeres durch Diſtanzen verbunden, haben bei
einigen ausgezeichneten Gelehrten neuerdings die ſonderbare
Vermuthung erregt, als ſei das rothe Meer ungleicher als der
übrige Ozean, der Spiegel des Mittelmeeres aber beträchtlich
niedriger. Ein ſehr geſchickter Mathematiker, Herr Cerancez,
ehemaliger Konſul in Bagdad, hatte ſchon vor 15 Jahren aus
Gründen der Verdampfung eine ähnliche Hypotheſe. Das fran-
zöſiſche Gouvernement hat neue Meſſungen angeordnet, durch
welche am Fuß der Pyrenäen das Niveau des Ozeans mit dem
des Mittelmeeres unmittelbar verglichen werden wird.
ſehen, daß Herr Bauza (faſt wie ich) für das Escorial
563 Toiſen findet.
Guadarrama 500 Toiſen, immer wie um Escorial
grobkörniger Granit in großen Blöcken aufgethürmt und faſt
Schichten bildend, oft mit eingeſprengter Hornblende und
doch nicht eigentlicher Syenit. –
Puerto de Guadarrama oder der Leon, der berühmte
Löwenpaß, eine Höhe, die mir viel Zweifel erregt hat.
Meine Meſſung bei ſehr heiterm und beſtändigem Wetter
gab 463 Toiſen über Madrid oder 803 Toiſen über dem
Meere. Betancourt fand, ich weiß nicht nach welcher For-
mel, 1698 ſpaniſche Varas oder 729 Toiſen, eine Differenz
von vollen 74 Toiſen.
Ich bin aus Vorſicht in meinem Profile bei 766 Toi-
ſen ſtehen geblieben, und empfehle den Löwenpaß künftigen
Reiſenden, ob ich gleich nicht zweifle, daß Betancourt’s Re-
ſultat zu klein iſt. Wenn man von dieſer Granitkette die
beide Kaſtilien mauerartig trennt, gegen NW. herabſteigt,
ſo findet man an dem Abfall Villacaſtin (572 Toiſen). St.
Chidrian (474 Toiſen) und Ataquines (388 Toiſen). Von
dieſem letztern Orte an zieht ſich eine weite faſt ununterbro-
chene Ebene 30 Meilen lang bis gegen Aſtorga hin.
Medina del Campo 330 Toiſen.
Tordeſillas 331 Toiſen.
Venta de Almaraz 386 Toiſen.
Villalpando 320 Toiſen, hier eine Sandſtein-Formation
auf einem weißen Kalkſtein aufliegend, der durch Farbe und
flachmuſchligen oft ebenen Bruch dem Jura-Kalkſtein ähnlich
ſieht.
Bei Lonora erſcheint ſchon wieder Gneus, ſtreichend
hor. 4,3 und fallend und 60° gegen SW.
Benavente 330 Toiſen.
La Bañeza 364 Toiſen.
Aſtorga 397 Toiſen, ſo die Abendbeobachtung; die des
folgenden Morgens giebt 416 Toiſen.
Puerto Manzanal 567 Toiſen. Ein 5 Meilen langes
Gebirge mit romantiſchen Schluchten, aus Grauwacke und
überaus feinkörnigem Grauwacken-Schiefer beſtehend, ſtrei-
chend hor. 3–4, fallend mit 70° gegen NW. In dieſer
Uebergangs-Formation liegen eingewachſene Kugeln, die in-
nigſt mit Hornblende gemengt ſind, im Uebergangs-Grünſtein.
Von Puerto del Manzanal ſteigt man über Bembibre
(313 Toiſen) in das enge Thal von Villafranca herab. In
dem Thale ſteht Thonſchiefer zu Tage an (hor. 8–9, bald
gegen NO., bald gegen NW. fallend) hinter Travatelos in
Glimmerſchiefer übergehend. Dort wird das Streichen wie-
der, wie man es in dieſem Theile von Spanien faſt allge-
mein bemerkte, hor. 3–4. Viel Eiſenglanz auf Klüften
und Quarzlager. –
Villafranca 217 Toiſen.
Venta del Pagador de Caſtro 48o Toiſen. Dieſe Venta
liegt auf dem ſüdlichen Abhange eines Glimmerſchiefer-
Gebirges, dessen höchſter Gipfel, den ich überſtieg, 580 Toiſen
Höhe erreichte. Hier iſt ein Punkt, an dem man aufs
Neue erkennt, wie ſchwer oft zwiſchen uranfänglichen und
Uebergangs-Geſteinen eine Gränze zu ziehen iſt. Dieſer
Glimmerſchiefer, den man für uranfänglich hätte halten
können, enthält ſeigere Lager von blauem Kalkſtein, meiſt
von dichtem Bruche, ſelten ins Körnige übergehend mit
Spuren von Trilobiten.
Los Nogales 225 Toiſen. Etwas ſüdlich von dieſem
Ort iſt das Kalkgebirge überaus druſig, und wie kriſtalliſirt,
vielleicht ein Dolomit-Geſtein, bald darauf wieder Glimmer-
ſchiefer, doch mit ſehr verändertem Streichen hor. 11–12.
Keine Spur von Granaten, aber bei Sobrado (277 Toiſen)
viel Schwefelkies-Würfel.
Zwiſchen Sobrado und Lugo (209 Toiſen) durchbricht
den Glimmerſchiefer großkörniger Granit, in welchem ich
ungeheuere Kugeln mit ſchalig abgeſonderten Stücken beob-
achtete. Der Granit der Kugeln iſt nur feinkörniger als
die einſchließende Maſſe, dieſer aber ſonſt ganz ähnlich. Die-
ſes geognoſtiſche Phänomen erinnerte mich lebhaft an ein
ganz ähnliches zwiſchen Seiffen und Wunſiedel am Fichtel-
gebirge. Von hier an gegen die nordweſtliche Gränze des
Granits hin erſcheinen erſt Gneus, dann Glimmerſchiefer
und bald bei Lugo (209 Toiſen) und Vamonde (180 Toi-
ſen) Gneus mit Glimmerſchiefer abwechſelnd; alle ſtreichend
mit großer Regelmäßigkeit, wie der Gebirgszug ſelbſt, von
SW. nach NO.
Guiteritz 212 Toiſen. Der ganze Abfall gegen Betanzos
und La Coruña iſt wieder ein wahres Granit-Plateau mit
zweierlei, tombakbraunen und ſilberweißen Glimmer. Hier
und da iſt der körnige Granit (gar nicht in Gneus über-
gehend) deutlichſt geſchichtet, ſtreichend hor. 2; nur in den
tiefſten Thälern erſcheint etwas Glimmerſchiefer. Der Zinn-
gehalt des galiziſchen Granits ſpricht auch für ſeine Neuheit.
Vorſtehendes barometriſche Nivellement, welches meinem
Reiſejournale entlehnt iſt, umfaßt den ununterbrochenen Hö-
henzug von dem ſüdlichſten Theile des Königreichs Valenzia,
bis an die nördlichſte Küſte von Galizien. Um uns noch
mehr von der Geſtalt der polyedriſchen Hochebene von Spa-
nien zu vergewiſſern, füge ich noch folgende Höhen hinzu,
welche außerhalb jener nivellirten Linie liegen. Dieſe Re-
ſultate ſind aus Briefen von Herrn Bauza entlehnt.
III. Zwiſchen Bilbao und Madrid.
Bilbao 11½ Toiſen über dem Meere.
Poſada (Wirthshaus) ob Zornoſa 34½ Toiſen.
Poſada de Durango 65½ Toiſen.
Vergara 110½ Toiſen.
Mondragon 110 Toiſen.
Uribarry-Gamboa 280 Toiſen.
Vitoria 278 Toiſen.
Miranda del Ebro 236 Toiſen (wichtig wegen des Ge-
fälles des Ebro.)
Santa Maria de Cubo 353⅓ Toiſen.
Quintana palla 478 Toiſen.
Burgos 449 Toiſen.
Lerma 444 Toiſen.
Honrubia 541 Toiſen.
Fresmillo bei der Quelle 556 Toiſen.
Venta de Juanilla 606 Toiſen.
Somoſierra, auf dem höchſten Punkt der großen Land-
ſtraße 7728⁄10 Toiſen.
Buitrago 521 Toiſen.
Madrid 340 Toiſen.
Dieſe im Jahr 1817 mit größter Sorgfalt von Herrn
Bauza gemeſſenen Höhen ſind von dem berühmten Piloten
Don Joh. Joaquin de Ferrer berechnet, und gründen ſich
auf Gegenbeobachtungen, die in Bilbao mit wohlvergli-
chenen Barometern angeſtellt wurden.
IV. Zwiſchen San Ildefonzo und Escorial
und Mondalindo.
Im Jahr 1822 (ſchreibt mir Herr Bauza aus London)
machte ich eine geognoſtiſche Exkurſion in das Granit-Ge-
birge nord- und nordweſtlich von Madrid. Ich bediente
mich zu meinen Höhenmeſſungen zweier ſehr genauer Baro-
meter von Carry, die ich mit dem von Troughton (welches
in Madrid zu korrespondirenden Beobachtungen beſtimmt
war) verglichen hatte. Nachdem ich einige Tage in La
Granja oder S. Ildefonzo und in Escorial verweilt hatte,
erſtieg ich am 14ten Auguſt die Peñalara mit einem mei-
ner Barometer; das andere blieb in La Granja zu Gegen-
beobachtungen. Das Wetter war ſo heiter und beſtändig
als ich es wünſchen konnte. Ich fand:
nach neuntägigen Beobachtungen den Palaſt von S.
Ildefonzo über Madrid 301,41 Toiſen, nach achttägigen
Beobachtungen im Escorial (Wirthshaus de las Animas)
228,53 Toiſen, nach zweitägigen Beobachtungen Mirafloris
de la Sierra oder Porquerizas 282,42 Toiſen über Madrid;
Peñalara über Madrid 951,29 Toiſen, derſelbe Punkt ergab
ſich über dem mittelländiſchen Meere durch korrespondirende
Beobachtungen zu derſelben Stunde in Kadix mit wohlver-
glichenen Barometern angeſtellt 1286,49 Toiſen; ſo daß ſich
Madrid auch nach dieſer Kombination zu 335 Toiſen Höhe
ergiebt. Ferner fand Herr Bauza
7 Picos über Madrid: 793 Toiſen.
San Benito — —〃 〃 515 Toiſen.
Mondalindo — —〃 〃 597 Toiſen.
alſo über dem Meere: Pallaſt von La Granja oder S. Il-
defonzo 641 Toiſen; Escorial 568 Toiſen; Miraflores de
la Sierra 622 Toiſen; Peñalara 1286 Toiſen; 7 Picos
1133 Toiſen; San Benito 855 Toiſen; Mondalindo
937 Toiſen.
Man erſieht aus dieſen Beſtimmungen, daß das Granit-
gebirge, welches beide Kaſtilien trennt, in ſeinen kulminiren-
den Punkten die beträchtliche Höhe 6800 bis 7700 pariſer
Fuß erreicht, und daß der Rücken des Gebirges in den
Päſſen des Löwen bei Escorial und von Somoſierra ſich
von den kulminirenden Punkten faſt wie 1:1,7 verhalte.
Dieſes Verhältniß iſt, wie ich an einem andern Orte geſagt,
in den Alpen wie 1:2; in den Ardennen wie 1:1,8; am
Kaukaſus wie 1:2; in Himalaya wie 1:1,8. Die
Kette der Guadarrama in Somoſierra bleibt ſpät im Som-
mer mit Schnee bedeckt, ein Umſtand, der, von Madrid aus
geſehen, den Gebirgen ein imponirendes Anſehen gewährt.
La Granja (6846 Fuß) iſt gewiß der höchſte Pallaſt in
Europa. Thalacker's älteſte Meſſung (593 Toiſen) war um
47 Toiſen zu klein.
Die Höhe des Escorial, welche Herrn Bauza’s genaue
Meſſungen zu 568 Toiſen angeben, flößen mir für meinmeine
Beſtimmungen des Guadarrama mehr Vertrauen ein. Ich
fand vom Jahre 1799 gegen 550 Toiſen. Nach den Gegen-
beobachtungen von Kadix findet Herr Bauza auch nur 563
Toiſen. So weit die noch ungedruckten Höhenbeſtimmungen
von Bauza, Ferrer und mir. Jetzt noch einige Worte über
die von Antillon geſammelten Reſultate: Nachdem ich dieſe
letzteren einer genaueren kritiſchen Prüfung unterworfen habe,
bin ich für den Höhenzug durch ganz Spanien (von NO.
gegen SW. oder von den Pyrenäen bis zu den Schneeber-
gen von Grenada) bei folgenden Zahlen ſtehen geblieben: –
Pik Nethou, der höchſte Gipfel der Pyrenäen, 1787
Toiſen. Von dem ſüdlichen Abhang der Pyrenäen ſteigt
man über Huesca (kaum 240 Toiſen) in das Ebro-Thal
gegen Zaragoza herab, vom Miranda del Ebro bis Zaragoza
hat der Fluß wenigſtens 1000 Fuß Gefälle. Von dem
Ebro-Thale erhebt ſich das Land über Calatayud gegen Al-
colca hin. Das Gebirge Bubeda oder Sierra Miniſtra er-
reicht bei den Quellen der Tajuña und Xala über 63o Toi-
ſen Höhe. Die folgenden Höhen ſind in ſpaniſchen Varas
von Antillon ſelbſt berechnet. Nach Ciscar iſt 1 Toiſe =
233⁄100 Vara. Guadalaxara 850 Varas. Alcala de Henarez
840 Varas. Toledo 675 Varas oder 289 Toiſen. Da
Aranjuez nach mir 260 Toiſen (nach Antillon (r. 226.) 621
Varas oder 267 Toiſen) hoch iſt, ſo muß (wegen des Ge-
fälles des Tajo) die Höhe von Toledo etw setwas geringer ſein.
Vielleicht bezieht ſich Antillons Beſtimmung von Toledo auf
ein hochgelegenes Kloſter.
Tembleque 740 Varas, Villaharta 710 Varas, Man-
zanares 723 Varas, Valdepeñas 773 Varas, Almuradiel
880 Varas. Hier der Paß durch die Sierra Morena.
La Carolina 657 Varas; die Kolonie, welche von dem
unglücklichen Opfer der Inquiſition Olavidez mit deutſchen
Anſiedlern geſtiftet worden iſt.
Guaroman nördlich von Baylen 378 Varas. Dies iſt
der Abfall der Sierra Morena gegen das Thal des Guadal-
quivir hin.
Waſſer des Guadalquivir bei Mengibar 203 Varas.
Von da ſteigt man über Jaen auf die Hochebene der Stadt
Granada 815 Varas. Der höchſte Gipfel der Sierra Nevada
iſt der Mulahacen 4254 Varas oder 1826 Toiſen, alſo höher
als alle Gipfel der Pyrenäen. Wegen Nähe des Meeres und
Kühle des Sommers ſcheint die Gränze des ewigen Schnees
in der Sierra Nevada de Granada bis 1418 Toiſen herab zu
ſinken. Noch füge ich hinzu als ſporadiſche Punkte, die genau
gemeſſen ſind, Segovia 1011 Varas; Murcia 163 Varas;
Cordoba 282 VarasAuch in Portugal ſind neuerlichſt (1824) an hundert Höhen
von unſerm Landsmann S. v. Eſchwege barometriſch gemeſſen
worden (S. Hertha 3ter Bd. S. 237 u. f.). Dieſer gelehrte
Mineraloge, dem wir die erſte genaue Kenntniß der braſiliani-
ſchen Gebirge verdanken, hat mir ſeine Reſultate aus Portuga-Portugal
.
Die beträchtliche Höhe des Bodens in der iberiſchen
Halbinſel modifizirt das Klima durch dürre und winterliche
Kälte auf eine ſonderbare Weiſe. Mein Wunſch, genaue
Beobachtungen der Temperatur von Madrid zu erhalten, iſt
neuerlichſt endlich befriedigt worden. Ich beſitze durch die
Güte des Herrn Bauza die Abſchrift eines ſehr ausführlichen
meteorologiſchen Journals vom J. 1820, das Maximum
und Minimum jedes Tages in Graden des hunderttheiligen
Thermometers angebend. Ich habe aus demſelben die mittlere
monatliche Wärme berechnet, und ich ſtelle dieſe Reſultate
mit jenen von Karlsruhe, Paris, Marſeille und Palermo
zuſammen.
Mittlere Temperatur in Graden des hundert-
theiligen Thermometers.
Monate. | Karls-
ruhe
Br. 49°1′
Höhe 66 t. |
Paris
B. 48°5o′
Höhe 34 t.
|
Marſeille
B. 43°18′
Höhe 12 t.
|
Madrid
B. 40°25′
H. 34o t.
|
Palermo
Br. 38°7′
Höhe 8 t.
|
Januar | o,°2 | 1,°9 | 7,°1 | 6,°8 | 11,°3 |
Februar | 2,5 | 4,6 | 9,1 | 6,9 | 11,0 |
März | 5,2 | 5,7 | 9,3 | 8,9 | 12,4 |
April | 10,3 | 7,3 | 13,3 | 14,8 | 14,8 |
Mai | 15,8 | 15,6 | 18,0 | 19,3 | 18,1 |
Juni | 17,4 | 16,6 | 18,6 | 22,6 | 21,9 |
Juli | 18,9 | 18,6 | 20,0 | 25,6 | 24,5 |
Auguſt | 18,7 | 18,0 | 21,4 | 24,5 | 24,7 |
September | 14,0 | 14,8 | 20,5 | 21,1 | 22,6 |
Oktober | 10,2 | 10,7 | 15,6 | 13,8 | 19,5 |
November | 5,2 | 7,0 | 10,8 | 8,7 | 15,7 |
Dezember | 1,9 | 3,4 | 8,7 | 5,9 | 11,6 |
Mittlere Wärme
des Jahres. | 9,°8 | 10,°3 | 14,°4 | 14,°9 | 17,°4 |
Die karlsruher Beobachtungen ſind Mittel aus den Jah-
ren 1800 und 1819 von Herrn Böckmann berechnet; die pa-
riſer Beobachtungen ſind für Dezember, Januar, Februar, für
Junius, Julius und Auguſt Mittel der Jahre 1806–1820,
welche mir Herr de LaplaceDieſer große Geometer hat jene Mittel von 5 zu 5 Tagen be-
rechnen laſſen, um zu ergründen, daß in Paris das Minimum
der Temperatur in 14 Jahren zwiſchen den 19ten und 24ſten
Januar eingetroffen iſt; das Maximum zwiſchen den 25ſten
und 3oſten Julius. S. über dieſen Gegenſtand Prof. Brandes
vortreffliche Schrift: Unterſuchung über den mittlern
Gang der Wärme 1820. S. 11.
mitgetheilt; die übrigen Mo-
nate ſind 5jährige Beobachtungen von Bouvard berechnet.
Marſeille nach Gambart; MadridAeltere weniger zuverläſſige Beobachtungen geben mir für das
Jahr 1793 für die erſten 9 Monate (Jan. bis Sept.) die mitt-
lere Wärme von Madrid 3,°8 Reaum.; 5,°4; 7,°4; 9,°2;
12,°2; 18,°1; 20,°6; 22,°2; 15,°2. Nach dieſen Reſul-
taten war der heißeſte Sommermonat 27,°7 des hunderttheili-
gen Thermometers; Bauza fand 1820 genau 25,°6.
nach Bauza; Pa-
lermo nach Seini und Marabitti. Der kälteſte Monat iſt
in dem drei Breiten-Graden ſüdlicher gelegenen Plateau von
Spanien 2,°7 kälter als in Marſeille, und dagegen iſt der
Monat Julius wegen Wärmeſtralung der baumloſen Hochebenen
faſt um 6° wärmer. Wenn der Einfluß der Höhe von Ka-
ſtilien auf die mittlere jährliche Wärme geringer iſt, als man
auf den erſten Anblick vermuthen ſollte, ſo liegt der Grund
dieſer Erſcheinung in der erhöhten Temperatur des Sommer-
monats. An dem Abhange eines Gebirges oder in den freien
Luftkreiſen iſt die Abnahme der mittleren jährlichen Wärme
im Manuſkripte mitgetheilt, die am angeführten Orte in der
Hertha ſchon erſchienen ſind.
Viele Nachrichten über die immer noch ſehr unſichere Höhe
der großen portugaliſchen Gebirge hat Hr. Balbi in ſeinem
Essai Statistique sur le Portugal T. I. 68. 98 zuſammengetra-
gen. Wäre es gegründet, daß die Serra Gaviarra in die ewige
Schneegränze reicht, ſo muß ſie ihrer geographiſchen Breite
nach eine Höhe von 1400 bis 1600 Toiſen erreichen.
ſchneller als auf weitausgedehnten Hochebenen. Ohne dieſe
Wirkung der Wärmeſtralung würde das Plateau von Thibet
in ewigem Schnee vergraben liegen. Für Lisboa habe ich
Hrn. Franzini’s Beobachtungen von 1784 und 1785 und
1816–1818 in Rechnung genommen und folgende ver-
gleichende Reſultate erhalten.
Jahreszeiten. | Lisboa
lat. 38°43′
Höhe 36 t.
| Madrid
lat. 40°25
Höhe 340 t.
| Rom
lat. 41°53
Höhe 12 t.
|
Winter | 11,°7 | 6,°5 | 7,°7 |
Frühjahr | 15,5 | 14,3 | 14,3 |
Sommer | 21,9 | 24,3 | 24,0 |
Herbſt | 16,9 | 14,5 | 17,1 |
Mittlere Wärme des
Jahres | 16,°5 | 14,°9 | 15,°8 |
Der heißeſte Monat | 22,5 | 25,6 | 25,0 |
Der kälteſte Monat | 11,0 | 5,9 | 5,7 |
Differenz beider Mo-
nate | 11,5 | 19,7 | 19,3 |
Das Klima von Madrid iſt dem des nördlicheren, dem
Meere und den Apenninen gleich nahen, Rom’s ſehr ähnlich.
Während die iberiſchen, über 2000 Fuß hohen Ebenen des
inneren Landes ein wahres Kontinental-Klima von 15° mitt-
lerer WärmeImmer wenn nicht das entgegengeſetzte beſtimmt ausgedrückt
iſt, in Graden des hunderttheiligen Thermometers.
haben, im rauhen Winter und heißen Som-
mer herrſcht an den Küſten, in dendem herrlichen mit Pomeran-
zen und Dattel-Palmen geſchmückten Erdſtrich, welcher die
Hochebenen umzingelt, eine mittlere Wärme von 17°. Citrus
gedeiht in wichtiger Kultur unbeſchützt im Freien nur erſt
da, wo dieſe mittlere Wärme des Jahres von 16°–17°
und eine Temperatur des Winters über 9° oder 10°herrſchen.
Paris, den 6ten Sept. 1825.