Chemiſche Verſuche
und
Beobachtungen.
Chem. Ann. 1797. B. 1. St. 2. G
I.
Ueber den polariſirenden Serpentinſtein.
Vom Hrn. Oberbergrath F. A. v. Humboldt.
Jn dem Jntelligenzblatt der Allgem. Literaturzeitung
(vorigen Jahrs Nr. 169. S. 1447.) habe ich bereits
angezeigt, daß ich mitten in Deutſchland ein Magnet-
gebirge entdeckt habe, welches die auffallendſten geogno-
ſtiſchen und phyſikaliſchen Erſcheinungen zeigt. Mit
Freuden ſehe ich, daß dieſe Nachricht das lebhafteſte
Jntereſſe der Naturforſcher auf ſich gezogen hat. Al-
lerdings muß ein Kegelberg, welcher, unabhaͤngig von
dem allgemeinen Magnetismus des Erdballs, gleich-
ſam fuͤr ſich ein iſolirtes Ganzes ausmacht, ein Kegel-
berg, welcher auf ſeinem ſuͤdlichen Abhange bloße Nord-
pole, auf ſeinem noͤrdlichen bloße Suͤdpole darbietet,
welcher nicht eine, ſondern viele, in verſchiednen Ebe-
nen liegende, parallele magnetiſche Axen hat, und wel-
cher die Magnetnadel ſchon in einer Entfernung von
22 Fuß aus ihrer natuͤrlichen Lage reißt, gerechte
Verwunderung erregen. Wir wiſſen aus den Beob-
achtungen eines la Hire, Picard, Maraldi und Caſſi-
G 2ni,
ni, daß der magnetiſche Pol des Erdſphaͤroids ſeit
1660 immer weiter gegen Weſten fortſchreitet, ob-
gleich die Oſcillationen, welche die Mittagswaͤrme und
die verſchiedne Temperatur der Jahrszeiten hervorbrin-
gen, oft einen ſcheinbar retrograden Gang veranlaßt.
Wie wichtig waͤre die Unterſuchung, wenn eine Magnet-
axe unſres Gebirges aſtronomiſch in ihrer Lage beſtimmt
waͤre, ob dieſe Axe nach 20–30 Jahren ihre Rich-
tung veraͤndert hat, und ob der inverſe Nordpol eben
ſo gegen den wahren Oſtpunkt, wie der magnetiſche
Erdpol gegen Weſten fortgeruͤckt iſt! Wie wichtig waͤ-
re es, mit einem ſaußuͤreſchen Magnetometer zu pruͤ-
fen, ob jener im Winter, bey Gewittern, bey Nord-
lichtern eine ſtaͤrkere oder ſchwaͤchere Polaritaͤt aͤußert!
Wie aufklaͤrend fuͤr die Geognoſie waͤre es, wenn man
alle Magnetaxen des Huͤgels mit einem Stollen, der
hor. 5–6 in den Jndifferenzpunkten angeſetzt wuͤrde,
durchfuͤhre (durchſchnitte), und die innere Beſchaffen-
heit des Foſſils unterſuchte. Wenn ich die geographi-
ſche Lage des Ganzen naͤher beſchreiben werde (eine
Arbeit, die ich gewiß beginne, ſobald es mir meine
Muſſe nur irgend erlaubt, ſo wird man einſehen, wie
ſehr das Lokale alle dieſe Beobachtungen beguͤnſtigt.
Außer den allgemeinen geognoſtiſchen Verhaͤltniſ-
ſen jenes Serpentinſteins verdient aber ſeine chemi-
ſche Miſchung eine beſondere Aufmerkſamkeit. Jch
habe nie einen natuͤrlichen oder kuͤnſtlichen Magneten ge-
ſehen, welcher bis zu den kleinſten Bruchſtuͤcken, bis
zu Splitterchen von 0,01 Kubiklinie zwey deutliche
Pole darbietet. Wenn man ein Staͤubchen nimmt,
wel-
welches nur unter der Lupe noch einen bemerkbaren
Durchmeſſer zeigt, und dieſem Staͤubchen einen Magnet-
ſtab naͤhert, ſo ſieht man es unter der Lupe umſprin-
gen, je nachdem der Stab mit ſeinem Nord- oder Suͤd-
Pol wirkt. Dazu zeigt ſich der Magnetismus hier
unter andern Geſetzen, als wir ihn im Eiſen, Nickel
und Kobalt erkennen. Das raͤthſelhafte Foſſil wirkt
nur auf magnetiſirtes Eiſen. Derſelbe Serpentin,
welcher ſo viele Fuß weit die Pole der Magnetnadel
fortreißt, zieht auch nicht ein Staͤubchen unmagneti-
ſirte Eiſenfeile an. Dagegen haͤngt der gepuͤlverte
Serpentin ſelbſt willig, als Bart, an jeden kuͤnſtli-
chen Magneten.
Jch bin uͤberzeugt, daß dies Phaͤnomen nicht iſo-
lirt in der großen Kette der Naturdinge da ſteht. Die
Erſcheinungen der Elektricitaͤt und die Entdeckungen
der neuern Chemie haben uns nun ganz von Unterſu-
chungen uͤber den Magnetismus abgelenkt. Richten
wir aufs neue unſre Aufmerkſamkeit darauf, ſo wer-
den unſre Unterſuchungen gewiß nicht fruchtlos blei-
ben. Was Hr. von Fichtel in ſeinem vortreflichen und
lehrreichen Werke uͤber die Karpathen, von den Serpen-
tinmagneten vom Paſſe Vulkan in Siebenbuͤrgen ſagt,
darf (nach dieſes Mineralogen beſtimmten Aeußerun-
gen daruͤber) nicht mit unſerm polariſirenden Foſſile
verwechſelt werden. Es iſt nichts ſchaͤdlicher fuͤr die
Naturkunde, als ungleichartige Erſcheinungen unter ein-
ander zu mengen. Jn jenem Werke heißt es aus-
druͤcklich: “Nebſt dem Speckſtein und Serpentin-
„ſpath ſind dem Serpentinſtein von Paß Vulkan auch
G 3 „kleine
„kleine Eiſenkoͤrner beygemengt, die unter der Lupe
„allemahl, bisweilen aber auch mit
„freyen Augen geſehen werden. Daher
„kommt es, daß aller Serpentinſtein dieſes Gebirges
„retraktoriſch, und einiger ſogar magnetiſch iſt.
„Der talk- und ſpeckſteinartige Asbeſt iſt gar nicht
„magnetiſch, wenn er vom Serpentinſtein getrennt
„iſt.” Dies Phaͤnomen gehoͤrt alſo eben ſo wenig hie-
her, als das der Schnarcher am Harze, oder der
Umſtand, daß einiger Pechſtein den Compaß beun-
ruhigt.
Jn meiner Anzeige in der allgem. Literaturzeitung
habe ich bemerkt, daß die bisherigen Verſuche, welche
ich mit meinem gelehrten Freunde, Hrn. Muͤnzmeiſter
Goͤdeking, gemeinſchaftlich angeſtellt habe, uns das
Daſeyn eines hoͤchſt oxidirten Eiſens anzeigen,
und daß (wenn man es fuͤr unwahrſchein-
lich haͤlt, daß die magnetiſche Kraft den
erdigen Stoffen ſelbſt anhaͤngt) man ſie
nur dem Eiſenkalke, womit das Foſſil
tingirt iſt, zuſchreiben koͤnne. Auch jetzt
noch bin ich weit davon entfernt, uͤber eine ſo neue
Thatſache abſprechen zu wollen. Nur die haͤufigen
Anfragen, welche achtungswerthe Maͤnner an mich ge-
richtet haben, ob ich denn noch immer nicht kleine
Partikeln von Magneteiſen in dem Serpentinſtein ein-
geſprengt gefunden habe, machen es mir zur Pflicht,
(da ich mehr, als andre, Gelegenheit habe, das Foſſil
zu zerſchlagen, zu wiegen und zu unterſuchen) mich
beſtimmter daruͤber zu aͤußern.
Der
Der meiſte Serpentinſtein aus dem polariſirenden
Kegelberge iſt, unter der Lupe betrachtet, bis auf eini-
ge Talkſchuppen vollkommen rein und ungemengt. Ei-
niger enthaͤlt Asbeſt-Adern und etwas gemeine Horn-
blende; in ein Paar Stuͤcken habe ich derben Schwe-
felkies eingeſprengt gefunden. Die reinern Stuͤcke ſind
durchgaͤngig die wirkſamern. Gegen die Wahrſchein-
lichkeit, daß die Polaritaͤt von eingemengtem Magnet-
eiſen herruͤhre, ſcheinen mir dermahlen folgende
wichtige Thatſachen zu ſprechen:
1) Jn einer und derſelben Schicht des Huͤgels
bricht polariſirender und nicht polariſirender Serpen-
tinſtein. Beyde ſind weder durch aͤußere Kennzei-
chen, noch durch ſpecifiſches Gewicht, noch durch den
Zuſtand des eingemiſchten Eiſens von einander zu un-
terſcheiden. Wo aber eine Wirkung bemerkt wird, die
ſich mehrere Zolle, ja fußweit erſtreckt, und den ſtaͤrkſten
natuͤrlichen Magneteiſenerzen gleichkommt, ſollte man
wohl nicht ſo unendlich kleine Quantitaͤten von ein-
gemengtem Magneteiſen vermuthen, daß ſie aller
Beobachtung entgehen. Ob wir gleich oft kleinere
Magnete ſehen, die ſtaͤrker wirken als groͤßere, ſo be-
merken wir doch immer ein gewiſſes Verhaͤltniß
zwiſchen der Quantitaͤt materieller Theile, und der Kraft,
die ſie ausuͤben.
2) Das Foſſil gehoͤrt zu den leichteſten, die wir
kennen. Sein ſpecif. Gewicht naͤhert ſich dem Opale
und Bergkorke. Jch habe ſehr wirkſame Stuͤcke (Waſ-
er = 1) nur 1,84 oder 1,91 gefunden. Die ge-
G 4 woͤhn-
woͤhnlichen ſind = 2.03. Hydroſtatiſche Unterſu-
chungen lehren dazu, daß die leichtern Exemplare die
ſpecifiſch ſchwereren an Wirkſamkeit uͤbertreffen. Waͤ-
re verborgenes Magneteiſen Urſach der Polaritaͤt, ſo
muͤßte doch gerade das Gegentheil eintreten.
3) Wenn man den Serpentinſtein puͤlvert, ſo
zieht der Magnetſtab ohne Ausnahme jedes Staͤubchen
des berggruͤnen Pulvers an. Das Magneteiſen muͤßte
alſo uͤberall gegenwaͤrtig ſeyn, es koͤnnte demnach nicht
eingeſprengt, (eingemengt), ſondern eingemiſcht ſeyn.
Nun beweiſen die chemiſchen Solutionen, daß das Ei-
ſen, welches den Serpentinſtein tingirt, hoͤchſt oxy-
dirtes Eiſen iſt: alſo mußten die Erdarten im Serpen-
tin von Eiſen in zweyerley Zuſtaͤnden, von reinem
und hoͤchſtoxidirtem zugleich tingirt ſeyn, — ein Satz
der wohl mit Worten auszudruͤcken, deſſen chemiſche
Moͤglichkeit aber ſchwer zu begreifen iſt.
Da das neue Foſſil eine ſchoͤne Politur annimmt,
und leicht zu ſchneiden iſt, ſo kann es zu wichtigen
Unterſuchungen uͤber den Magnetismus leiten. Man
beſtimmt die Axe einer Tafel, laͤßt dieſelbe dieſer pa-
rallel in Prismen, und dieſe in Wuͤrfel zerlegen. Wie
trefflich kann man nun, mit dieſen, Geſetze fuͤr die
Stoͤhrungen der Pole, Geſetze fuͤr das Verhaͤltniß zwi-
ſchen der Maſſe und den Kraͤften entdecken. Doch
ich behalte mir vor, dieſe Verſuche ein andresmahl naͤ-
her zu beſtimmen.
II.
Schreiben uͤber die Eigenſchaft verſchiedner
Steinarten, auf den Magnet zu wirken;
an Hrn. OBR. v. Humbold,
Vom Hrn. E. F. von Schlotheim in Gotha.
Ohnſtreitig wird Jhre merkwuͤrdige Entdeckung des
polariſirenden Serpentins eine neue fruchtbare Ver-
anlaſſung zur naͤhern Unterſuchung magnetiſcher Kraͤf-
te werden, woruͤber wir wohl noch manchen Aufſchluß
erwarten duͤrfen, ohnerachtet einige ſinnreiche Erklaͤ-
rungsarten bisher dem groͤßten Theile der Naturforſcher
Genuͤge geleiſtet, und wenigſtens den Eifer fuͤr dieſe
Unterſuchungen etwas geſchwaͤcht zu haben ſcheinen.
Da wir erſtlich neuerlich noch, außer dem Eiſen, mit
einigen andern Koͤrpern des Mineralreichs bekannt wor-
den ſind, welche eine aͤhnliche Wirkſamkeit auf den
Magnet aͤußern, und in Jhrem neuentdeckten Serpen-
tin ſogar einen natuͤrlichen Magnet von beſonderer Art
haben kennen lernen, ſo iſt vielleicht die Summe der
Beobachtungen und Erfahrungen noch nicht groß genug,
um voͤllig befriedigende Erklaͤrungen uͤber dieſe merkwuͤr-
digen Erſcheinungen erwarten zu koͤnnen. Die vorzuͤglich-
ſten Aufſchluͤſſe hieruͤber werden wir wahrſcheinlich von
Jhnen ſelbſt erhalten, weil Sie ſich, wie bekannt,
weit angelegentlicher mit genauen Verſuchen und Be-
G 5 obach-
obachtungen, als mit der Verfertigung neuerer Syſte-
me und Theorien beſchaͤftigen.
Mir werden Sie erlauben, einſtweilen hierzu ei-
nen kleinen Beytrag zu liefern, der in einigen Verſu-
chen uͤber das Verhalten mehrerer Steinarten gegen
den Magnet beſteht, die, ſo viel ich weiß, wenigſtens
zum Theil noch nicht bekannt ſind, und die ich daher
Jhrer Pruͤfung und Beurtheilung unterwerfe.
Die Aehnlichkeit, welche Jhr Serpentin mit einer
Gebirgsart hat, die in der Naͤhe des ſchweizeriſchen
Topfſteins bricht, veranlaßte mich zuerſt mit letztern
Verſuche anzuſtellen, und dieſe alsdann mit mehrern
Steinarten, hauptſaͤchlich aus dem Talkgeſchlechte, fort-
zuſetzen. Dieſen Verſuchen zufolge, die ich, um alle
Taͤuſchung wo moͤglich zu verhuͤten, in Gegenwart
des Hrn. Jnſpektors Gries, eines bekannten und ge-
lehrten Phyſikers, und eines geuͤbten Mineralogen, des
Hrn. Legationsſekretairs von Hof mehrmahls wieder-
holte, wirkt
1) der verhaͤrtete Talk (Topfſtein) von Cle-
ven in Veltlin wirkt ſo ſtark auf die Nadel, daß ſie bis
zum halben Quadranten in der Entfernung von 3 bis
4 Linien folgte. Bemerklich wird dieſe Wirkſamkeit
zuerſt in der Entfernung von ohngefaͤhr ¾ Qu. Zoll;
Polaritaͤt aber habe ich weder bey dieſer noch bey den
nachfolgenden Steinarten mit Zuverlaͤſſigkeit bemerken
koͤnnen, ob es mir gleich vorkam, als wenn ſie ſich
bey kleinen Stuͤckchen des Topfſteins aͤußerte. Hof-
fentlich werde ich noch ſo gluͤcklich ſeyn, durch fortge-
ſetzte
ſetzte Verſuche hieruͤber voͤllige Gewißheit zu erhalten.
Pulveriſirt ſetzt ſich ein foͤrmlicher Bart an die Nadel.
Der Topfſtein aus dem Malanger Thale verhielt ſich
vollkommen auf die nemliche Art, aber ſehr merkwuͤr-
dig ſcheint es mir zu ſeyn, daß der Topfſtein aus
Schweden von Fahlun in Dalarne auch nicht die min-
deſte Abweichung der Nadel verurſachte, und daher auch
pulveriſirt keinen Bart bildete. Durch aͤußere Kenn-
zeichen iſt uͤbrigens bey dieſen Steinarten auch nicht
die kleinſte Spur von Eiſengehalt zu entdecken.
2) Die Gebirgsart von der Paſte bey Har-
zeburg, worin ſich der Schillerſpath findet, reine
Stuͤcke von Schillerſpath aber faſt unmerklich.
3) Alle Serpentine von Zoͤplitz, jedoch in
ſehr verſchiednen Graden. Am ſtaͤrkſten wirkten die
reinſten Stuͤcke darunter auf die Nadel, und ganz vor-
zuͤglich ſtark ein Stuͤck, das auf der einen Seite mit
verhaͤrtetem Speckſteine, der ſich dem Nephrit naͤhert,
uͤberzogen iſt; wovon ſich auch pulveriſirt ein ſtarker
Bart anſetzte. Es verſteht ſich hierbey von ſelbſt, daß
ich nur ſolche Stuͤcke zu Verſuchen angewendet habe,
welche weder Granaten noch ſonſt Eiſenſpuren enthiel-
ten. Die retraktoriſche Eigenſchaft der Serpentine
wird alſo durch dieſe Verſuche blos von neuem beſtaͤ-
rigt, da ſie uns außerdem durch die ſchaͤtzbaren Beob-
achtungen des Hrn. v. Fichtels ſchon hinreichend be-
kannt war.
4) Aufgeloͤſter Serpentin mit durchſetzen-
dem aͤpfelgruͤnem Speckſtein von Koſemuͤtz, dieſes Ge-
menge iſt jedoch etwas eiſenſchuͤſſig.
5) Talk-
5) Talkerde auf Amianth von Koſemuͤtz,
ohne merkliche Spuren von Eiſengehalt, wirkte ſehr
ſtark.
6) Striegauer Bol in geringem Grade, der
Lemniſche Bol aber, und andrer aus der Gegend
von Tuͤrkheim, wirkten gar nicht. Da ſich der Bol
ſo haͤufig, als Lager in Gebirgen, welche zur Trapp-
und insbeſondere zur Baſalt-Formation gehoͤren, fin-
det, ſo moͤgte dies vielleicht des Magneteiſengehalts
wegen, welcher jenen Gebirgsarten ſo haͤufig beywohnt,
nicht ſo befremdend ſeyn: aber merkwuͤrdig genug ſcheint
mir immer das zu bleiben, daß von der nemlichen
Steinart nur Stuͤcke aus gewiſſen Gegenden dieſe Ei-
genſchaft beſitzen, wie dies ſchon bey dem oben erwaͤhn-
ten Topfſtein der Fall war, und hieruͤber werden Sie
mir nachher noch einiges anzufuͤhren erlauben.
7) Ein ſehr reines Stuͤck gruͤner Erde vom
Monte Valdo im Veroneſiſchen wirkte ſehr ſtark,
ohne jedoch einen Bart zu bilden, indem ſich nur ſel-
ten einzelne Staͤubchen anzuhaͤngen ſchienen. Hoͤchſt
wahrſcheinlich enthaͤlt dieſe Erde Talkerde in ihrer Mi-
ſchung; was auch durch die Meynung mehrerer Mine-
ralogen, daß ſie ihre Entſtehung aufgeloͤſter Hornblende
zu verdanken habe, beſtaͤtigt wird.
8) Dichter Feldſpath von Roßwein wirk-
te ſehr merklich, und hieng ſich ſogar ſehr ſtark an,
auch zeigte der Syenitſchiefer von Gersdorf, welcher
ſich in ſeiner Naͤhe findet, einige Wirkſamkeit. Aus
der Nachbarſchaft der Walkererde bey Roßwein, und aus
ſei-
ſeinem ganzen geognoſtiſchen Verhalten laͤßt ſich vielleicht
mit vieler Wahrſcheinlichkeit vermuthen, daß die Talk-
erde ebenfalls einen Theil ſeiner Miſchung ausmacht.
Außer den erwaͤhnten Steinarten zeigte uͤbrigens
keine einzige Gattung des Talkgeſchlechts, das ich ſehr
vollſtaͤndig in meiner Sammlung beſitze, ſo wenig als
eine Menge andrer Gebirgs- und Stein-Arten, auch
nur die mindeſte Wirkſamkeit, den Jngermannlaͤndi-
ſchen Labrador ausgenommen, welcher nur aͤußerſt
ſchwach die Nadel abzuweichen noͤthigt. Zu dieſem
Verſuche wurde ich durch die Beobachtung des Hrn.
Brugmanns in ſeinem Werke uͤber die magnet.
Materie, welcher S. 296. ſogar die deutlichſte Pola-
ritaͤt bey demſelben wahrgenommen haben will, veran-
laßt; aber Polaritaͤt habe ich auf keine Weiſe entdek-
ken koͤnnen, ohngeachtet dieſer Verſuch auf alle moͤgli-
che Weiſe wiederholt wurde. Deſſen Lithologia gro-
ningana ſecund. ord. Wallerii digeſt., worin
mehrere ſolche Verſuche mit Stein- und Gebirgs-
Arten enthalten ſeyn ſollen, habe ich nicht nachſehen
koͤnnen.
Alle angefuͤhrten Steinarten verhielten ſich alſo
gegen die Nadel groͤßtentheils wie unmagnetiſches Ei-
ſen, indem ſie auf gleiche Weiſe auf dieſelbe wirkten,
und ſich auch pulveriſirt wie Feilſpaͤne anhiengen; und
nur einige darunter beſaßen dieſe letztere Eigenſchaft
nicht: uͤbrigens aber zogen ſie ſaͤmmtlich, wie ſich ſchon
im voraus vermuthen ließ, weder Feilſpaͤne, noch ihr
eignes Pulver, und auch keinen pulveriſirten Magnet-
eiſen-
eiſenſtein an, welches letztere ich auch bey Jhrem pola-
riſirenden Serpentin vergeblich probierte.
Was mir hierbey vorzuͤglich noch eine naͤhere Un-
terſuchung zu verdienen ſcheint, iſt die bereits oben an-
gefuͤhrte Erſcheinung, daß von der nemlichen Steinart
nur Stuͤcke aus gewiſſen Gegenden dieſe Wirkſamkeit
auf den Magnet aͤußern: doch koͤnnte es leicht moͤglich
ſeyn, daß ſich gerade zufaͤlliger Weiſe nur ſolche Stuͤcke
aus jenen Gegenden in meiner Sammlung befinden,
welche entweder dieſe Eigenſchaft faſt unmerklich oder
gar nicht beſitzen, da es ſelbſt bey Jhrem Serpentine
der Fall iſt, daß einige Stuͤcke darunter weniger Wirk-
ſamkeit aͤußern, und es uͤberhaupt auch bey den ange-
fuͤhrten Steinarten ſcheint, als wenn gewiſſe Stellen
weit ſtaͤrker wirkten. Nur durch fortgeſetzte Verſuche
wird ſich hieruͤber entſcheiden laſſen, und auch nur
durch ſolche wird meine nachfolgende Vermuthung ent-
weder Beſtaͤtigung erhalten koͤnnen, oder gaͤnzlich ver-
worfen werden muͤſſen.
Es ſcheint mir nemlich nicht ganz unwahrſchein-
lich zu ſeyn, daß ein in mehrern Talkarten enthaltener,
faſt unmerklicher, Magneteiſenſtoff dieſe Erſcheinung
veranlaßt, da der Magneteiſenſtein, wie bekannt, vor-
zuͤglich haͤufig, theils mit Talkarten, theils in talkar-
tigen Gebirgsarten bricht: und folglich koͤnnte leicht
eine gewiſſe Verwandtſchaft zwiſchen der Bitterſalzer-
de und dem Magneteiſen Statt finden, woruͤber uns
Jhre, und die bewaͤhrten Zerlegungen des Hrn. Prof.
Klaproths, welche fuͤr jetzt freylich meiner Vermu-
thung
thung zu widerſprechen ſcheinen, bald mehreres Licht
verſchaffen werden.
Ehe ich ſchließe, erlauben Sie mir, Jhnen noch ei-
ne andre Merkwuͤrdigkeit mitzutheilen, welche mit dem
vorhergehenden in einiger Verbindung ſteht, und wel-
che meines Wiſſens noch nicht bekannt iſtNoch nirgends habe ich einen Granit mit einzel-
nen eingewachſenen Magneteiſenkryſtallen erwaͤhnt
gefunden.. Bey
der Durchmuſterung mehrerer Harzer Gebirgsarten fand
ich nemlich vor kurzem ſehr kleine, aber vollkommen
deutliche, Oktaeder von Magneteiſenſtein in einzelnen
Stuͤcken des Granits vom Rehberge eingewachſen, und
wahrſcheinlich ſind ſie mehrern Mineralogen, ſo wie
mir, bey dem Anſchlagen und dem erſten Anblicke des
Stuͤcks entgangen, wo haͤufig Schmutz und Feuchtig-
keit die Wahrnehmung ſolcher kleinen Gemengtheile
verhindert, welche erſtlich in der Folge bey der Ab-
trocknung des Stuͤcks zum Vorſchein kommen. Soll-
te daher nicht vielleicht die Nadel in der Naͤhe der
SchnarcherDie Beunruhigung der Magnetnadel in der Naͤ-
he der Schnarcher und auf den Jlſenſtein, ſcheint
jedoch nach den Beobachtungen des Hrn. v. Trebra
und Hrn. v. Zach, ſ. Bodens Abhandlung 1794.
S. 262. von einer ganz andern Urſache herruͤhren
zu muͤſſen: daher ich dies auch blos fuͤr eine ſehr
gewagte Vermuthung ausgehe. durch dieſe Urſache beunruhigt wer-
den? Bey dem Beſuche derſelben bin ich uͤberhaupt
nicht ſo gluͤcklich geweſen, dieſe Erſcheinung ganz
deut-
deutlich wahrzunehmen: und ſobald ſich wirklich ein-
zeln eingewachſene Magneteiſenkryſtalle vielleicht par-
theyenweiſe in ihrem Granite befaͤnden, ſo wuͤrde ſich
leicht erklaͤren laſſen, warum nicht jedem dieſe Wahr-
nehmung gelingt, welche alsdann lediglich durch das
Ohngefaͤhr beguͤnſtigt wird. Jn den Granitſtuͤcken,
welche ich von den Schnarchern beſitze, laͤßt ſich zwar
kein Magneteiſenkryſtall entdecken; aber da der Gra-
nit der Harzgebirge im Ganzen ſehr gleichartig iſt,
und von einer und derſelben Formation zu ſeyn ſcheint,
ſo waͤre es wenigſtens ſehr moͤglich, daß ſich auch an
jenen Felſen einzelne Stuͤcke mit dem nemlichen Jnhal-
te faͤnden.