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Chr. Phil. Ripke — Diſſert. de meritis Hambur-
genſium in hiſtoriam naturalem. Hamburgi
1791. 4. (Seiten 31.)
Eine gelehrte und mit recht vielem Fleiſſe ausgearbeitete
Abhandlung eines jungen Mannes, der bey ſeinem Abge-
hen von dem Hamburgiſchen Gymnaſium auf die Acade-
mie, unter dem Vorſize des Profeſſors Giſeke, öffentlich
diſputirte. Für die Geſchichte der Zoologie und noch
mehr der Botanik iſt dieſe kleine Schrift nicht unwichtig,
und es wäre wünſchenswerth, daſs in mehreren Städten
Deutſchlands ähnliche Unterſuchungen angeſtellt würden.
So wie der Character einzelner Menſchen oft durch einen
Zuſammenfluſs kleiner Begebenheiten gebildet wird, ſo
hängt die Cultur der Wiſſenſchaften von Urſachen ab, die,
weil ſie einzeln genommen, unwichtig ſcheinen, der Nach-
welt in keinen oder doch nur in verſtekten Denkmälern
erhalten ſind. Ein nüzliches Unternehmen iſt es daher,
dieſe einzelnen Urſachen aufzuzählen, und manchen tref-
lichen Mann, der einem Rajus, einem Tournefort, einem
Linné, einem Hedwig das Reformationsgeſchäft vorbeirei-
tete, der Vergeſſenheit zu entreiſſen. — Aus der Abhand-
lung des Herrn Ripke zeichnen wir nur folgendes aus: Am
Ende des vorigen Jahrhunderts hatten die Bürgermeiſter Pe-
ter Lütkens und Lucas von Boſtel ſchöne botaniſche Gärten
mit botaniſchen Bücherſammlungen angelegt. Des Boſtel-
ſchen Gartens erwähnt auch Linné im Hort. Cliffortian.
Unter den zu Hamburg lebenden oder dort geborenen Bo-
tanikern führen wir an: den D. Rolfinck der den botan.
Garten in Jena (1631.) ſtiftete, ſeinen Freund den D.
Schlegel, der durch Holland, England, Frankreich und
Italien reiſete, und zu Hamburg die Botanik öffentlich vor-
trug (wovon ſein noch übriges Herbar. vivum und ſeine
MSS. zeugen,) — und den groſſen, ſo lange verkannten
Joachim Jungius, von deſſen Leben und Schriften hier
überaus viel intereſſantes geſammlet iſt. Jungius war (1587.)
von ſehr dürftigen Aeltern zu Lübeck geboren. An Ge-
lehrſamkeit und philoſophiſchem Geiſte übertraf ihn keiner
ſeiner Zeitgenoſſen. Er war Mathematiker, Alterthums-
forſcher, Logiker, Phyſiker, Botaniker, Zoologe und Mi-
neraloge zugleich. Das Lob gleichzeitiger Gelehrten, und
ſeine eigenen, leider! ſo ſeltenen und fragmentariſchen
Schriften beweiſen, daſs er kein oberflächlicher Polyhiſtor
war. Nachdem er (1629.) ſeine Profeſſuren zu Roſtock
und Helmſtaedt niedergelegt, wurde er Rector des Ham-
burgiſchen Gymnaſiums, und (1640.) Profeſſor der Logik
und Phyſik zu Hamburg. Er hatte den erſten Plan zu ei-
ner gelehrten Societät in Deutſchland, durch die er der lit-
terariſch-politiſchen Alleinherrſchaft der Jeſuiten entgegen
zu arbeiten dachte. Der groſſe verheerende Krieg ſtöhrte
dieſen Plan und Jungius trat (wer kann ſeine Abſicht er-
rathen?) dem Orden der Roſenkreuzer bei. Er ſtarb als
ein 70. jähriger Greis, und ſeine MSS. (die zum Theil
nur aus einzelnen Zetteln beſtanden) wurden von ſeinem
Schüler Martin Fogel und dem D. Joh. Vagetius geſam-
melt und herausgegeben. Eine beträchtliche Menge der-
ſelben giengen in dem unglücklichen Brande der vagetiſchen
Bibliothek verloren, und nur die Doxoscopiae Phyſicae mi-
nores, die Iſagoge Phytoscopica, der Schedarum faſciculus
inſcriptus Mineralia und die Hiſtoria Vermium erſchienen.
Die Iſagoge Phytoscop iſt eine wahre Philoſophia botanica.
Herr Ripke hat die Definitionen von Fol. compoſitum,
digitat. pennat. impariter pennatum, von capitul. ſpica,
Panicula, Umbella, von flos perfectus und imperfectus,
von flos nudus und perianth. munit &c. &c. daraus ausgezo-
gen, und mit den Erklärungen des Rajus und Linné in
Tabellen zuſammengeſtellt, wobei man oft auf eine bewun-
dernswürdige Uebereinſtimmung dieſer 3 groſſen Männer
ſtöſst. — (Recens. der auch eine glückliche Gelegenheit
fand, die Jungiſchen Schriften genauer kennen zu lernen,
fügt noch folgende merkwürdige SăzeSäze aus der Iſagoge hin-
zu: „Differentiæ a Spinis, Colore, Odore, Sapore, Fa-
cultalibus Medicis, loco, tempore germinationis, numero
denique florum vel fructuum deſumtæ accidentales ſunt &
ſpeciem non variant vergleiche Linn. Phil. bot. ed Willd.
§. 267–272. — Ficui denegatum eſſe florem vulgo credi-
tur. Latet autem in fructus pulpa. — Flores frumentorum
ſunt ſtamina dependentia — Maris & feminæ nomine pro
lubitu Botanicorum quisque uti videtur. Exempla præbent
Cannabis, Mercurialis &c. — Difficilem reddit Botanicam
varia & diſcors plantarum appellatio. Cauſa inter alias
etiam hæc eſt, quod plerique ex botanicis id potius dant
operam, ut novas ſtirpes proferant, quam ut eas accurate
ad vera genera per differentias ſpecificas, ſecundum logi-
cas leges, reducant. — Alles aus der erſten Hälfte des vo-
rigen Jahrhunderts!) In der Abhandlung des H. Ripke
wird Linné auch von dem Vorwurfe befreit, den ihm
Heiſter in der merkwürdigen Vorrede zu Burckhardi epiſt.
ad Leibnitium, und Haller zu machen ſcheinen, als hätte
er den Jungius ſtillſchweigends benuzt. Herr Prof. Giſe-
ke, ein Schüler des groſſen Schwediſchen Reformatoren,
verſichert daſs dieſer den Jungius und ſeine Schriften nur
aus den Citationen des Rajus gekannt habe. Denn als er
nach ſeiner Rükkehr von ſeinen naturhiſtor. Reiſen durch
England, Frankreich und die Schweiz dem Archiater (1774.)
die Doxoſcopiæ minores ſchikte, erhielt er zur Antwort:
„Triduum eſt, quo accepi a Te miſſum rariſſimum donum
„Doxoſc. Jungii, quam antea nunquam obtinui, pro quo
„libro grates, quas unquam potero, reddo maximas. Au-
„tor, ut video, fuit vir ſuo tempore & laborioſisſimus &
„acutiſſimus.“ Darauf erſchien im Supplem. ein Moto
aus dem Jungius und die Jungia ferruginea aus der Syn-
genes. — Auf der öffentlichen Bibliothek zu Hamburg lie-
gen noch MSS. inedita des Jungius, worunter verſchiedenes
Mathematiſches, Metaphyſiſches, Doxoſcop. phys. majo-
res, ein Anfang von einem Commentar zum Ariſtoteles &c.
— Am Ende der Diſſert. (p. 27–30.) giebt H. Ripke eine
Nachricht von der, in ſo viele Sprachen überſezten Reiſe
des Chirurgus Martens nach Spizbergen, welche Abbil-
dungen von Cochlearia grönlandica, Ran. acris, R. Fica-
ria, R. hederac. R. lanuginoſus? Polyg. biſtorta aus Spiz-
bergen enthält.
H — t.