Schreiben aus Paris, vom 19 April.
Briefe aus Turin melden, daß Jhro Koͤnigl. Hoheit,
die
Graͤſinn von Artois, mit Jhren beyden jungen
Prinzen die
gedachte Stadt im May verlaſſen, und
nach Paris
zuruͤckkommen werden. Jhr Herr Gemahl
wird ſelbiger
ſogleich folgen, wenn unſere Landes-Con-
ſtitution
voͤllig zu Stande ſeyn wird.
Den 11ten iſt zu Grenoble eine Verſammlung von
mehr als
10000 Mann der Nationalgarden aus den
benachbarten Provinzen
verſammelt geweſen, welche
alle geſchworen
haben, die neue Conſtitution bis auf
ihren letzten
Blutstropfen zu vertheidigen. Jndeſſen
hat
dieſe Parthey doch eine ſtarke Gegenparthey in
den
dortigen Gegenden, an deren Spitze ſich der
Herr
Mounier befindet, und welche darauf bedacht iſt,
der
executiven Macht, das heißt, dem Koͤnige, die ihr
zu-
kommende Thaͤtigkeit und Autoritaͤt auch die
Freyheit
wieder zu geben, ſich da aufzuhalten, wo der
Koͤnig
es fuͤr gut finden wird. Aber die Parthey wird
gegen
die zahlreichen Nationalgarden nichts ausrichten
koͤn-
nen, die alle den Marquis de la Fayette ergeben,
und
zur Ausfuͤhrung ſeiner Befehle ſich
aufzuopfern bereit
ſind. Man will aber doch
verſichern, daß der Marquis
de la Fayette
ſelbſt die Meynung derer nicht billige,
welche die
ganze ausuͤbende Macht des Koͤnigs vernich-
ten
wollen; man ſchließt dieſes daraus, weil es
vorzuͤg-
lich auf ſein Verlangen geſchieht, daß
ſich das Chatelet
noch immer mit Abhoͤrung von Zeugen
in Betreff der
Scenen vom 5ten und 6ten Oetober zu Verſailles
be-
ſchaͤfftigt. Beſonders werden Mitglieder
der National-
verſammlung abgehoͤrt. Sogar hat das
Chatelet
Commiſſarien nach Grenoble und
Lauſanne geſchickt,
um am erſten Orte den Herrn
Mounier, und am
zweyten den Herrn von Lally-Tolendal
abzuhoͤren,
welche beyde die Nationalverſammlung nach
dem 6ten
October verließen. Man glaubt, daß dieſe
beyde
Herren wichtige Dinge, ſelbſt gegen einige
Glieder der
Nationalverſammlung, entdecken werden. Als
der
Dechant des Unterſuchungsausſchuſſes
die Erklaͤrung
der Koͤniginn uͤber dieſe
Scenen abholte, ſagte die
Monarchinn zu ihm: Jch habe alles vergeſſen.
Der Koͤnig iſt uͤber den Laͤrm vom vorigen
Dienſtage
ſehr traurig. Sonſt pflegte der Monarch
des Morgens
im Garten der Thuilleries ſpatzieren zu gehen, nun
iſt
er ſchon ſeit einigen Tagen gar nicht
hineingekommen.
Der Marquis von Ambert, welcher zu Marſeille
wegen einiger
Haͤndel mit der Nationalgarde arretirt
ward, hat ſeine
Freyheit wieder erhalten, und Mar-
ſeille
verlaſſen.
Die Parthey der Nationalverſammlung, welche zur
rechten Seite des
Praͤſidenten ſitzt, faͤhrt noch fort,
im
Capucinerkloſter Verſammlungen zu halten, aber
ihre
Entſchluͤſſe und Proteſtationen gegen
die Decrete,
betreffend die katholiſche Religion und die
Adminiſtra-
tion der geiſtlichen Guͤter, haben
bisher noch nichts
ausgerichtet. Geſtern mußte die
Verſammlung aus-
einander gehen, weil das Volk ſo viel
Laͤrm machte,
daß keiner den andern reden hoͤren
konnte.
Der Ritter Pio, Secretair des hieſigen Neapolitani-
ſchen
Ambaſſadeurs, welcher beym Anfange der
hieſigen
Revolution in ſehr
enthuſiaſtiſchen Ausdruͤcken
von
ſelbiger nach ſeinem Vaterlande geſchrieben
hatte, hat
die Gnade ſeines Hofes verlohren. Er hat
ſich nun
zum Franzoͤſiſchen
Buͤrger aufnehmen laſſen, und traͤgt
die
Mondirung der Nationalgarde.
Herr Linguet hat am 16ten in dem Diſtrict der
Franciſcaner,
wo er wohnt, den Buͤrgereid geſchworen.
Der Cincinnatus-Ritter, Herr Deboy, hat dem
Koͤnige 17 Perlen
geſchenkt, die auch außer der Schaale
wachſen, und
ihres gleichen hervorbringen. Er hat
ſelbige ſeit dem
1ſten November 1788 beſeſſen,
ſeit
welcher Zeit ſie viel groͤßer geworden.
Seit dem
Junii 1789 bis jetzt hat er eine Production davon er-
halten.
Dieſe Art Perlen beſinden ſich zu Manilla,
und
man bewahrt ſie auf in Reis.
Jn der Sitzung der Nationalverſammlung vom 16ten
dieſes
wurden die Juden im Elſaß unter den Schutz
der Geſetze
genommen. Nach einigen andern Debat-
ten wurden folgende wichtige
Saͤtze decretirt: 1) Die
Schulden der Geiſtlichkeit
ſollen von dieſem Jahre an
fuͤr
Nationalſchulden gehalten werden; der Schatz
ſoll
deren Jntereſſe und Capitalien bezahlen.
Die Nation
erklaͤrt, daß ſie alle diejenigen als
Glaͤubiger des Staats
anſieht, welche beweiſen
werden, daß ſie geſetzmaͤßig
mit der
Geiſtlichkeit contrahirt haben, und welche Jn-
haber von
Rente Contracten, die auf ſelbige aßignirt
ſind,
ſeyn werden; ſie hypothecirt ihnen folglich
alles
Eigenthum und Einkuͤnfte, woruͤber ſie
diſponiren
kann, ſo wie ſie es fuͤr alle
ihre uͤbrigen Schulden ge-
than hat. 2) Die
geiſtlichen Guͤter, welche kraft der
Decrete vom 19ten
und 21ſten December des v. J.
und vom 17ten Maͤrz
1790, verkauft werden ſollen,
ſind von aller Hypothek
der geſetzmaͤßigen Schuld der
Geiſtlichkeit,
womit ſie ehemals beſchwert waren, be-
freyet, und von
beſagten Glaͤubigern kann dem Ver-
kaufe dieſer
Guͤter kein Hinderniß in den Weg gelegt
werden. 3) Die durch die Decrete vom 19ten
und
21ſten December des v. J. creirte Aßignate
ſollen
unter allen Perſonen des
Koͤnigreichs Geldcours
haben, und als klingende
Muͤnze in allen oͤffent-
lichen und
beſonderen Caſſen angenommen
werden.
Alſo haben wir nun Papiergeld. Diejenigen
Glieder
der Nationalverſammlung, welche an der
Deliberation
uͤber den Verkauf der geiſtlichen
Guͤter keinen Antheil
genommen, haben auch an dem obgedachten
Decret
keinen Theil genommen.
Jn der Sitzung vom 17ten wurden die uͤbrigen Arti-
kel, betreffend
die Aßignate decretirt, wovon wir noch
ſolgende
anfuͤhren wollen: Fuͤr den Erſatz der
Zehnten,
die Koſten des oͤffentlichen
Gottesdienſtes, ꝛc. ſoll aufs
beſte und
ſchleunigſte geſorgt werden. — — Die
Aßig-
nate ſollen von 1000 bis 200 Livres gehen. Die
Jn-
tereſſe ſoll Tagweiſe gerechnet
werden. Ein Aßignat
von 1000 Livres giebt taͤglich 1 Sous 8
Deniers; eine
von 300 Livres, taͤglich 6, und eins von 200,
taͤglich
4 Deniers Jntereſſe. — —
Der letzte Jnhaber eines
Aßignats erhaͤlt die
jaͤhrliche Jntereſſe deſſelben
von
der außerordentlichen Caſſe. — — Die
400 Millio-
nen Aßignate ſollen zuerſt zum
Austauſch der Billette
der Diſconto
Caſſe gebraucht, und der Ueberſchuß in
die
außerordentliche Caſſe gelegt werden. — —
Der
18te und letzte Artikel des Decrets ſagt, daß der
Finanz-
Ausſchuß naͤchſtens einen Plan zur
Einrichtung der
Adminiſtration der außerordentlichen
Caſſe, zur ſchnel-
len Ausfuͤhrung des
Decrets einreichen ſolle. Dieſes
Decret ward dem
Koͤnige noch an dem Tage, da es
gemacht war, zur Sanction und
Annahme uͤberreicht,
und man arbeitet ſchon an der
Fabrication dieſer
Aßignate von 1000, 300 und 200 Livres. Man
wird
deren ungefaͤhr 600000 Stuͤck noͤthig
haben, und es
heißt, Herr Ducruey werde ſelbige allein
unterzeichnen.
Nach einer vom Herrn Necker eingegebenen Liſte
hat die
oͤffentliche Einnahme im Maͤrz 57 Millionen
446000
Livres, und die Ausgabe 45 Millionen 506000
Livres betragen.
Ausgang Maͤrz befanden ſich in Caſſe
12
Millionen 940000 Livres. Jm April wird die Aus-
gabe 36 Millionen
925000 Livres betragen, und die
Einnahme nur 15 Millionen und 65000
Livres; im
May wird die Ausgabe 36 Millionen 200000, und
die
Einnahme nur 11 Millionen 860000 Livres betra-
gen. Das ganze
Deficit fuͤr beyde Monate wird 46
Millionen 200000 Livres
ſeyn. Dieſe Liſte hat
die
Nationalverſammlung in große Beſtuͤrzung
geſetzt, und
es ward hierauf folgendes decretirt: “Da
die Natio-
nalverſammlung befohlen hat, daß die Billets
der
Diſcontocaſſe durch Aßignate erſetzt
werden ſollen,
welche 3 Procent Jntereſſe
tragen, ſo hat ſie folgendes
decretirt: 1) Es
ſoll kuͤnftig keine neue Ausgabe von
Billets ohne ein
Decret der Verſammlung und ohne
die Gegenwart ihrer
Commiſſarien geſchehen. 2) Jn
Gegenwart der
Commiſſarien ſollen durch die
Admini-
ſtratoren des Schatzes 20 Millionen Billets zum
oͤffent-
lichen Dienſt ausbezahlt werden.”
Dieſe 20 Millionen
erhaͤlt alſo Herr Necker
fuͤrs erſte auf ſein Verlangen
von 40
Millionen.
Jn der Abendſitzung ward bekannt gemacht, daß
Rochelle fuͤr
10 Millionen geiſtliche Guͤter kaufen
wolle. — Die
National-Cavallerie von Paris ſchenkte
dem Schatz 2500
Livres.
Jn der Sonntageſitzung ward deeretirt, daß Herr
Necker in 8 Tagen
dem Finanzausſchuſſe einen de-
taillirten Etat
aller Koſten des Maymonats zuſchicken
ſoll; ferner,
daß die Lage des Schatzes in Betreff der
Einnahme und Ausgabe alle Woche
dieſem Ausſchuß
vorgelegt werden ſoll; und endlich,
daß die 20 Millio-
nen, welche die Nationalverſammlung dem
Herrn
Necker ausbezahlt hat, von der Diſcontocaſſe
ohne Jn-
tereſſe und Gratification geliefert werden
ſollen.
Antwerpen, den 19 April.
General van der Meerſch wird mit ſeiner Frau
und
ſeinen Kindern in unſerer Citadelle aufs
genaueſte be-
wacht, und die Deputirten des
Congreſſes zu Naur
haben eine Schrift herausgegeben, in
welcher das Be-
tragen des gedachten Generals ſo
vorgeſtellet wird,
daß man ernſthafte Folgen fuͤr
ihn befuͤrchtet. Nun
iſt auch Herr von Broux von
Bruͤſſel in unſerer Cita-
delle
angekommen.
Luͤttich, den 21 April.
Es werden hier alle Anſtalten getroffen, um ſich
in
Vertheidigungsſtand zu ſetzen. Die
Preußiſchen Trup-
pen haben nun unſer Land
verlaſſen; die Pfaͤlziſchen
bleiben auf
neuem Befehl noch auf unſerm Gebiete,
um, wie es heißt, die
Muͤnſterſchen zu erwarten, und
dann vereinigt
hieher zur Execution aufzubrechen. Jn-
zwiſchen haben die
Staͤnde alle Staͤdte und Gemeinden
des
Luͤtticher Landes oͤffentlich aufgeboten, in
ihren
Diſtricten Wachen auszuſtellen, welche bey
Annaͤherung
fremder Truppen, die vorher ihre Ankunſt
nicht ange-
deutet, noch von den Staͤnden die Bewilligung
des
Durchzugs uͤber das Luͤtticher Territorium
erhalten
haͤtten, alſo gleich durch
Glockenſchlag oder ein ande-
res Signal, woruͤber man
ſich zu vereinigen habe, uͤberall
von Ort zu Ort
Laͤrm zu ſchlagen, um wider jeden
Ueberfall mit den
Waffen in der Hand bereit zu ſeyn.
Die Errichtung der 2 neuen
Jnfanterie Corps, jedes
zu 1000 Mann, und eines Cavallerie-Corps von 150
Mann wird
bereits ſtark betrieben, und ſo iſt das
pa-
triotiſche Anerbieten des Herrn Delle Creyer,
400
Mann einen Monat lang auf ſeine Koſten zu
beſolden,
mit großer Dankbezeugung angenommen worden.
Aachen, den 21 April.
Geſtern ſind die Muͤnſterſchen Truppen
etwa
1000 Mann ſtark, welche ſeit 3 Monaten in
unſerm
Bezirke cantonnirt haben, uͤber Geilenkirchen
aufge-
brochen, um zu den an der Maas im Luͤttichſchen
lie-
genden Churpfaͤlziſchen Truppen zu ſtoßen,
und als-
denn weiter ins Biſchofthum Luͤttich
einzuruͤcken.
Der groͤßte Theil des Luͤtticher
Domkapitels, wovon
nur 5 Glieder in Luͤttich anweſend
ſind, und da den
erſten Stand ausmachen, befindet
ſich jetzt allhier,
und tritt taͤglich
zuſammen, um ſeine Gerechtſame
durch
oͤffentliche Proteſtationen zu bewahren.
Schreiben aus London, vom 16 April.
(Ueber Oſtende.)
Parlementsſachen.
Herr Tierney that am Dienſtage im Unterhauſe den
Antrag,
daß die Oſtindiſche Compagnie moͤge
gehalten
ſeyn, einen Bericht von allen von ihr
ſeit 5 Jahren
angekauften und ins Reich
eingefuͤhrten Thee, mit An-
zeigung der
verſchiedenen Arten deſſelben, dem
Unter-
hauſe vorzulegen. Dieſes ward genehmiget.
— Wie
aber eben gedachter Herr Tierney verlangte, daß
die
Compagnie moͤge befehliget werden, einen Bericht
von
allen den Summen einzugeben, welche ſie der
Regie-
rung ſeit 5 Jahren wegen des
Militair-Elabliſſements
in Oſtindien
ſchuldig ſey, und zugleich die in jedem
Jahre
dieſerhalb gemachten Schulden einzeln zu be-
rechnen und
anzuzeigen, ſo ſetzten ſich Herr Dundas
und
Herr Pitt aus dem Grunde dagegen, weil die
Compagnie die hiezu
erforderlichen Rechnungen und
Nachrichten aus Jndien noch nicht
erhalten habe. —
Herr Sheridan und Herr Pitt kamen
hieruͤber ziem-
lich heftig an einander, und es ward
zuletzt ſo vermit-
telt, daß die Berichte, welche die
Compagnie dieſer-
wegen ſchon jetzt in
Haͤnden habe, durch die gehoͤrigen
Beamten
ſollten vorgelegt werden — Faſt
taͤglich
werden aus allen Gegenden Englands und
Schottlands
Bittſchriften gegen die Tobacksbill und gegen
Acciſe
im Parlemente uͤberreichet, und man
iſt begierig, zu
ſehen, was fuͤr einen
Ausgang dieſe Sache haben werde.
Die Bill, auf
Exchequerſcheine 5 Millionen 500000
Pf. Sterl. zu borgen,
iſt aus dem Unterhauſe ins Ober-
haus
uͤbergegangen. Dieſes ſind im Grunde
keine
neuen Schulden, ſondern heißt nur ſo viel,
als mit
einer Hand abbezahlen und mit der andern eben
ſo
viel neugeborgtes Geld wieder aufnehmen. Herr
Pitt
ſoll geſonnen ſeyn, dieſe
geſammte Summe den oͤffent-
lichen Fonds
einzuverleiben.
Der Koͤnig ſoll gewillet ſeyn, die bisherigen
Ver-
gnuͤgungen der Jagd voͤllig aufzugeben, weil die
Be-
wegung zu heftig, und die damit verbundene Gefahr
nicht gering
iſt.
Von Portsmouth wird gemeldet, daß die beyden
Schwediſchen
Oſtindienfahrer, die daſelbſt eine
lange
Zeit gelegen, im Begriff ſind, nach Schweden
zuruͤck-
zukehren. Der eine wollte am Dienſtage
aus dem
Haven gehen, gerieth aber dabey in den Schlamm,
und
hat einigen Schaden erlitten, wiewol von keiner
großen
Bedeutung. Es war ein ungegruͤndetes Vor-
geben der
hieſigen oͤffentlichen Blaͤtter, daß
dieſe Schiffe
durch zwo Engliſche Fregatten und einen Cutter
nach
Schweden wuͤrden convoyiret werden; die
Fregatten
ſowol als der Cutter ſind
Schwediſche. Der letztere
iſt ſchon
ſeit einem Monate zu Spithead angekommen,
und die beyden
erſtern werden taͤglich erwartet.
Den letzten Nachrichten aus China zufolge herrſchet
in den
meiſten Provinzen des Reichs eine große Hun-
gersnoth,
beſonders in der Gegend von Canton. Es
ſollen auch hin und
wieder buͤrgerliche Unruhen im
Reiche ausgebrochen
ſeyn.
Man tadelt die Directeurs unſerer
Oſtindiſchen
Compagnie ſehr, daß ſie
dem Capitain des verlohren
gegangenen Schiffes,
Vanſittart, deſſen wir
mehrmals
erwaͤhnet, die Erlaubniß zugeſtanden,
einen bisher
unverſuchten Weg nach China durch eine
unbekannte
Straße zu nehmen, wo hin und wieder nicht 20
Fuß
tiefes Waſſer iſt. Man rechnet den
Werth des verun-
gluͤckten Schiffes auf 100000 Pf. St.
Außer baa-
rem Gelde ſind an die 50000 Pf. Werth
Wollenma-
nufacturen, welche am Bord waren, verlohren
ge-
gangen.
Der Winter, der ſo aͤußerſt gelinde bisher
geweſen,
hat ſich mit vieler Strenge eingeſtellt.
Seit mehr als
14 Tagen haben wir die kaͤlteſten und
heftigſten Oſt-
und Nordoſtwinde, und am Sonntag,
ſo wie geſtern,
hat es gewaltig und lange
geſchneyet. Hier iſt freylich
der Schnee gleich
verſchwunden, aber in den weſtlichen
und
noͤrdlichen Theilen des Reiches hat er am Mon-
tage an einigen
Orten 4 bis 5 Fuß hoch gelegen, ſo
daß die Poſten
ſind aufgehalten worden.
Wien, den 17 April.
Se. Majeſtaͤt haben beſchloſſen, daß die
Geſchaͤffte
in geiſtlichen Studien- und
Stiftungsſachen von Un-
garn und Siebenbuͤrgen, welche bey
der hiezu aufge-
ſtellten Hof-Commißion behandelt wurden,
kuͤnſtig
wieder bloß bey der
Ungariſch-Siebenbuͤrgiſchen Hof-
kanzley
vorgetragen werden ſollen.
Dem Grafen von Sauer, bisherigen Hofrath
der
Ungariſch-Siebenbuͤrgiſchen Hofkanzley, haben
Se. Ma-
jeſtaͤt die Probſtey von Großwardein und
den Biſchofs-
Titel zu verleihen geruhet.
Der Koͤnig hat das Evangeliſch-Lutheriſche
Conſi-
ſtorium beſtaͤtigt.
Der Staatsrath Martini iſt zum Chef der Geſetz-
Commißion
ernannt.
Das Departement der geiſtlichen Angelegenheiten
iſt
aufgehoben, und ihre Direction dem
Cardinal-Erz-
biſchof uͤbertragen worden. Auch heißt es,
daß ver-
ſchiedene Kloͤſter und Orden wieder
Erlaubniß erhalten
haben, Novizen anzunehmen.
Zu Gladowa iſt es vom 1ſten bis 3ten April ſo
kalt
geweſen, daß Menſchen erfroren ſeyn
ſollen, welches
doch hoͤchſt
unwahrſcheinlich iſt.
Zu Carlsburg iſt der Kaimakan von Buchareſt und
1 Bojar aus
gedachter Stadt gefaͤnglich eingebracht
worden, welche verbotene Correſpondenz mit den
Tuͤr-
ken gefuͤhrt haben ſollen.
Der Koͤnig wird ſeine Gemahlinn und 5
Erzherzoͤge
mit ſich zur Kroͤnung nach
Oſen nehmen, und ſich, ſo
wie die
Erzherzoͤge, Ungariſch kleiden.
Es heißt, der Monarch habe die Generale vom
Tragen der Cherpen
diſpenſirt.
Der Feldzeugmeiſter, Graf von Colloredo, geht zur
Direction der
Artillerie zur Armee nach Maͤhren.
Der Erzherzog Franz hat auf Befehl des Koͤnigs
alle
Gefaͤngniſſe in Wien in Augenſchein
genommen, und
Bericht daruͤber abgeſtattet.
Herr Profeſſor Meisner zu Prag dirigirt jetzt
daſelbſt
die von Schoͤnfeldſche Buchhandlung
als Mitgeſellſchaf-
ter derſelben.
Schreiben aus Wien, vom 17 April.
Des Koͤnigs Majeſtaͤt ſind in Jhrem Cabinet
unauf-
hoͤrlich beſchaͤfftiget, außer
Dienſtags und Freytags,
an welchen Tagen Se.
Majeſtaͤt fuͤr jedermann oͤffent-
liche
Audienz geben. Ueber jeden Zweig der Staats-
verwaltung fordert der
Koͤnig umſtaͤndliche Berichte
von den Stellen;
auch muͤſſen die ſaͤmmtlichen
Stellen
ein vollſtaͤndiges Verzeichniß der Beamten
uͤberreichen,
welchem zugleich der Gehalt, den jeder bezieht,
beyge-
ſetzt werden muß. Jn Betreff der
Penſioniſten will
der Koͤnig
wiſſen, ob der Penſionirte auf ſein
eigenes
Verlangen, oder aus andern Urſachen jubilirt
worden
ſey? Wer noch Dienſte zu thun tauglich
iſt, ſoll wie-
der angeſtellet werden, damit
dem Staate unnoͤthige
Ausgaben durch neue Anſtellungen
erſpart werden.
Das Studienweſen ſoll auf einen
beſſern Fuß geſtellet
werden, und die bisherige
Studien Commißion auf-
hoͤren. Die geiſtlichen
Seminarien, heißt es, werden
aufgehoben, und die Alumnen wieder den
Erz- und
Biſchoͤfen zur Bildung fuͤr die
Seelſorge uͤbergeben.
Die Cenſur uͤber
alle in das Religionsweſen und in
das geiſtliche Fach
einſchlagende Gegenſtaͤnde ſoll
der
Cardinal Erzbiſchof erhalten.
Die wichtige Stelle eines Hof-Kriegsraths Praͤſi-
denten
ſoll erſt nach hergeſtelltem Frieden wieder
beſetzt
werden. Jndeſſen haben Se.
Majeſtaͤt die Verwaltung
derſelben dem General der
Cavallerie, Grafen von
Tige, und dem Feldmarſchall Lieutenant von
Zeſchwiz,
gemeinſchaftlich anvertrauet. So viel man
vernimmt,
ſind die Unterhandlungen mit dem Berliner Hofe
noch
nicht abgebrochen; und es heißt, daß es den
Bemuͤ-
hungen einer dritten neutralen Macht noch
gelingen
koͤnnte, das drohende Ungewitter abzuwenden.
Nach
den fortgeſetzten Kriegsanſtalten zu urtheilen,
ſcheint
der Ausbruch eines Krieges unvermeidlich. Die auf
dem
Marſch zu der Maͤhriſchen und
Boͤhmiſchen
Armee befindlichen Regimenter
beſchleunigen ihre
Maͤrſche, und dereits iſt
auch das Feld Kriegs Poſtamt
ernannt, und das Perſonale
befehliget, den 26ſten
dieſes Monats auf ihren
angewieſenen Poſten zu ſeyn.
Am Sonntage iſt der Freyherr von Buͤhler, welcher
zum
Rußiſch Kayſ. Geſandten fuͤr den Hof zu
Muͤnchen
ernannt iſt, aus Jaſſy hier
angekommen. Seine vom
Fuͤrſten Potemkin erhaltenen
Depeſchen ſollen von
großer Wichtigkeit ſeyn,
und er hat bereits eine be-
ſondere Andienz bey des
Koͤnigs Majeſtaͤt, und eine
lange
Conferenz mit dem Fuͤrſten Staatskanzler von
Kaunitz
gehabt. Jn der kuͤnſtigen Woche wird er wie-
der nach
Jaſſy zuruͤckgehen.
Aus einem andern Schreiben aus Wien,
vom 17
April.
Seit geſtern traͤgt man ſich hier mit dem
Geruͤcht,
daß der General Souwarow, in Vereinigung mit
dem
Oeſterreichiſchen Corps unter dem General Jordis,
die
Tuͤrken bey Braclaw angegriffen, ſie in die Flucht
ge-
ſchlagen, und ſich dieſer reichen
Staͤdt bemaͤchtiget
habe. Wenn dem ſo
iſt, muß es ſich wol naͤchſter
Tage
beſtaͤtigen. Gewiſſer iſt es, daß am
15ten dieſes
ſaͤmmtliche zum
Generalſtaade gehoͤrigen Officiers von
hier nach dem
kuͤnftigen Hauptquartier des Feldmar-
ſchalls Laudon
in Maͤhren aufgebrochen ſind, welches
zu
Wiſchau oder Ollmuͤtz vermuthet wird. Des
Feld-
marſchalls Laudon Abreiſe dahin ſieht man
jetzt ſtuͤnd-
lich entgegen, denn nur
uͤberhaͤufte Geſchaͤffte haben
ihn bis
jetzt abgehalten; auch iſt er oft beym Koͤnige.
Das
Feld-Poſtamt iſt ebenfalls ſchon nach
Maͤhren ab-
gegangen. Ueberhaupt werden in Boͤhmen,
Schleſien
und Gallizien von den commandirenden Generals
alle
Anſtalten zu einem nahen Kriege vorgekehrt, und
doch
bleibt die allgemeine Vermuthung, daß es nicht dazu
kommen
werde.
Aus Conſtantinopel hat man Nachrichten, daß
die
diesjaͤhrigen Kriegsruſtungen vielen
Schwierigkeiten
unterworfen waͤren, und daß die
Aſiatiſchen Truppen
nur in ſehr geringer Anzahl
eintraͤfen, auch verſpuͤhre
man Mangel an
Lebensmitteln in dieſer Hauptſtadt;
deſto eher
hofft man guͤnſtigere Vorſchlaͤge von
Seiten
der Pforte, und daß der Sultan um ſo geneigter
ſich
zu einem Frieden werde finden laſſen.
Aus Pohlen, vom 17 April.
Jn den Eiſenhaͤmmereyen zu Kielze und Konsky
werden
beſtaͤndig Kanonen gegoſſen, und viele
andere
Gewehre verfertigt, womit ſich faſt Tag und
Nacht
viele Haͤnde beſchaͤfftigen. Die
Litthauiſche Artillerie
wird kurze Gewehre erhalten, damit
der bey der Kanone
dienende Mann im Nothfalle auch ſeine
eigene Perſon
vertheidigen koͤnne. Die Commandanten
der Diviſionen
und alle Officiere uͤberhaupt befinden
ſich bereits alle
in ihren Standquartieren, und der Prinz
Joſeph Ponia-
towsky, Neffe unſers Koͤnigs,
iſt ebenfalls ſchon nach
ſeinem Poſten
bey Tultzyn, in der Ukraine, abgegangen.
Einem Befehle der Kriegs-Commißion zufolge ſoll
ein Corps von
12000 Mann gegen die Grenzen von
Gallizien, eben ſo viele in die
Ukraine, und ein gleich
ſtarkes Corps gegen Weißrußland
ruͤcken, um dort alle
Vorfaͤlle zu beobachten, und
unſer Gebiet zu decken,
da indeſſen der
Ueberreſt, welcher in 25000 Mann be-
ſteht, unweit
Warſchau campiren wird. So oertheilt
ſollen dieſe
verſchiedene Corps ſtehen bleiben, bis ſie
durch
Umſtaͤnde zu einer andern Beſtimmung
gerufen
werden. Zu gleicher Zeit wird auch die Veſtung
Ka-
miniek, ſo wie Cracau, mit Lebensmitteln, Kanonen
und
andern Kriegsbeduͤrfniſſen verſehen.
Man ſagt, daß dem Prinzen von Naſſau ein Monu-
ment
zu Petersburg errichtet werden ſoll.
(Hierbey ſolgt eine Beylage.)