Frankreich.
Paris, 19 Febr.
Am Grabe des Marschalls Maison wurden von dem General Trezel und Hrn. Thiers Reden gehalten.
Die Pairskammer hielt am 19 Febr. eine Sitzung, worin mehrere Petitionen von geringem Interesse verhandelt wurden. Die Deputirtenkammer versammelte sich am 19 nur auf ihren Bureaux. Hr. Muret de Bord hatte ein Amendement zu dem Dotationsentwurf niedergelegt, das die Dauer
der Dotation auf die Dauer der Regierung des Königs beschränken will. Bei den von allen Seiten Frankreichs eintreffenden Petitionen gegen den Dotationsentwurf sagte man im Conferenzsaale, daß dieses Amendement einige Wahrscheinlichkeit für sich hätte, die Majorität zu erhalten.
Der Constitutionnel, der vor einigen Tagen gemeldet hat, daß die Minister entschlossen seyen, aus dem Dotationsgesetze eine Cabinetsfrage zu machen, versichert jetzt, daß die Minister in der neuesten Zeit beschlossen haben, dieß nicht zu thun.
Graf Aberdeen, im Jahre 1830 brittischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten, hat, wie erwähnt worden, noch jedes Jahr und erst neulich wieder im Oberhaus die Occupation Algiers durch die Franzosen zur Sprache gebracht und behauptet, die Restauration habe, bevor sie die Expedition gegen Algier unternommen, den auswärtigen Mächten gegenüber sich verpflichtet, nicht ohne ihre Einwilligung sich an der Algierer Küste festzusetzen. Die Presse veröffentlicht nun eine Depesche, welche der Fürst Polignac am 12 Mai 1830 an den Herzog von Laval, damaligen französischen Botschafter in London gerichtet hat. Fürst Polignac schrieb, die französische Regierung hege bei diesen Rüstungen einen doppelten Zweck: erstens, die französischen Besitzungen gegen Angriffe und Gewaltthätigkeiten zu wahren und eine Geldentschädigung von der Regentschaft Algier für die Kriegskosten zu erlangen; zweitens die Piraterie zu zerstören. Im Falle die Regierung Hussein Dey's sich auflösen sollte, würden die Mächte gemeinschaftlich sich berathen, was aus der Regentschaft zum Vortheile der Christenheit zu machen sey. Lord Stuart de Rothesay antwortete auf diese Depesche im Namen seiner Regierung und beharrte besonders auf dem Punkt, daß Frankreich in keinem Fall eine militärische Niederlassung in Algier gründen würde. – Die Conjecturen, die sich an diese Publication der Presse knüpfen, bezeichnet der Schluß unseres heutigen Briefs aus Paris –.
Paris, 19 Febr. Es ist hohe Zeit, daß die Debatte über die Apanage des Herzogs von Nemours endlich vor sich gehe, denn der Eindruck, den der Plan macht, wird täglich schlechter. Der Vorschlag an sich läßt sich wohl vertheidigen: die Civilliste ist durch die Bauten des Königs verschuldet, und die Privatgüter sind nicht so beträchtlich als man sagte. Es scheint zwar wahr zu seyn, daß sie mehr eintragen könnten, wenn die Wälder nicht auf Hochwaldung administrirt würden, was ihren Ertrag auf die nächsten zwanzig Jahre und länger vermindert, aber bei dem Mangel an Schiffbauholz ist dieß kein Verlust für das Land, und der Gebrauch, den der König von der Civilliste macht, ist untadelhaft. Wenn er sie auch durch außerordentliche Bauten verschuldet, so ist dieß doch ein Geschmack, den Niemand geneigt ist dem König vorzuwerfen. Allein was zu einer andern Zeit und bei einer andern öffentlichen Stimmung natürlich und leicht wäre, hätte bei der gegenwärtigen nie versucht werden sollen. Der Hof hatte darüber hinlängliche Warnungen erhalten. Die Dotation des Herzogs von Nemours war vor vier Jahren verworfen worden; man konnte freilich glauben, daß der Grund darin gelegen habe, weil man eine ewige Alienation von Rambouillet dazu verlangt hatte. Aber unter dem Ministerium Molé wünschte der König eine Dotation für die Prinzessin Marie zu erhalten: das Cabinet, so schwach es war, widerstand in vier Conseils dem Wunsch des Königs, und bewog am Ende Hrn. v. Montalivet, den König zu überzeugen, daß er besser thue darauf zu verzichten. Das gegenwärtige Ministerium hätte dieselbe Linie verfolgen sollen, denn obgleich die Apanage, wenigstens in ihren Haupttheilen, durchgehen wird, so bezahlt sie der Hof theuer durch das Uebermaaß von demagogischen Umtrieben, welche dadurch hervorgerufen wurden. Die republicanische Partei hat die Gelegenheit ergriffen und aufs äußerste mißbraucht, Man läßt Adressen in den Fabriken cirkuliren, um die Arbeiter aufzustiften, welche nicht wissen können, daß diese Apanage financiell von keiner Wichtigkeit ist, und sie glauben zu machen, daß sie das ohnehin schon zu theure Brod vertheuern werde; doch man braucht nur die Journale zu lesen, um zu sehen, daß der Hof die Apanage theurer bezahlt, als sie werth ist. Die der neuen Dynastie ergebensten Deputirten waren von Anfang mißvergnügt und betreten über den Vorschlag, und viele von ihnen hätten dagegen gestimmt, wenn die Debatte vor vierzehn Tagen begonnen hätte; aber die Uebertreibung der Umtriebe der Republicaner, welche aus einer Geldfrage eine politische und dynastische gemacht haben, bewegt eine große Zahl von Deputirten dafür zu stimmen, weil sie sehen, daß die Verwerfung des Projects ein noch größeres Uebel wäre, als das Zugestehen desselben, und so ist es höchst wahrscheinlich, daß die Apanage wenigstens für die Lebenszeit des Königs bewilligt werden wird. Die ganze Verhandlung ist der größte Fehler, den das Ministerium begangen hat, besonders weil es nach allen Vorgängen der meisten seiner Mitglieder weniger ein Hofministerium seyn sollte, als jedes andere, und sie wird mehr dazu beitragen, daß es modificirt werden muß, als viele wichtigere Gesetzesvorschläge, welche dieser an sich unbedeutende Gegenstand für den Augenblick verdrängt hat.
Paris, 19 Febr. Morgen beginnen die Debatten über die Dotation. Die gegen diesen Entwurf gerichteten Petitionen an die Kammer und die Briefe an die Deputirten mehren sich täglich; sie gehen hauptsächlich von den Wählern aus. Große Sensation machte der gestrige Besuch einer Anzahl Wähler des siebenten Bezirks von Paris bei ihrem Deputirten Hrn. Moreau, zugleich Maire dieses Bezirks, dem sie ihre Beschwerden gegen jenen Gesetzesvorschlag mit der Bemerkung vortrugen, „wenn auch zuweilen wegen des Drangs ihrer persönlichen Geschäfte die Wähler von Paris an den politischen Angelegenheiten wenig Antheil zu nehmen schienen, würden sie doch sich jeder Verletzung der Grundsätze der Billigkeit und der öffentlichen Moral mit Energie entgegensetzen.“ Man erwartet hier noch ähnliche Schritte. Ein Mitglied des Ministeriums hatte vorgestern Abend geäußert, man werde die Dotation zu einer Cabinetsfrage machen; hierauf erfuhr man gestern, daß eine große Anzahl der vorigjährigen 221 – Freunde des Ministeriums Molé – beabsichtigten, gegen den Entwurf zu stimmen, um das jetzige Cabinet zu stürzen. Nunmehr erklären die Mitglieder des Cabinets jedem, der es hören will, sie betrachteten die Sache nicht als Cabinetsfrage. Diese Erklärung hat dem Entwurf wiederum eine andere Classe von Gegnern gebracht, nämlich mehrere der persönlichen Freunde der jetzigen Minister, die sonst für den Entwurf gestimmt haben würden, bloß um das Cabinet aufrecht zu erhalten, während sie jetzt ihrem Gefühl gegen denselben folgen. Die Opposition beabsichtigt die allgemeine Discussion nicht lange dauern zu lassen, sie wo möglich schon morgen zu endigen; sie will den Versuch machen, wie das Verhältniß der Stimmen bei der ersten Abstimmung seyn wird, über die Frage nämlich, ob zu den Debatten über die einzelnen Artikel geschritten werden soll oder nicht. Geht ersteres durch, so will sie ihre Kräfte für die Schlußabstimmung verstärken. Mehr als zwanzig Deputirte (die erforderliche Zahl) haben bereits eine Erklärung unterzeichnet, welche das geheime Scrutin für alle Abstimmungen in dieser Angelegenheit verlangt. Die Opposition hofft, daß in dem Scrutin manche Deputirten,
die vermöge ihrer Verhältnisse zu dem Hof es nicht wagen würden, bei der Abstimmung durch Aufstehen und Sitzenbleiben sich gegen den Entwurf zu erklären, dieß durch schwarze Kugeln thun werden. – Eines der Journale des Hofs, die Presse von gestern, enthält einen Aufsatz zur Bestätigung der bekannten Behauptung, daß Frankreich 1830 an England die Versicherung ertheilt habe, Algier nicht für sich zu behalten, es nicht colonisiren zu wollen, seine Absicht sey, bloß den Dey zu züchtigen. Der Artikel gibt den Text der damals gepflogenen diplomatischen Correspondenz, und scheint also keinen Zweifel an der Aechtheit der dem brittischen Cabinet ertheilten Zusicherung Raum zu lassen. Man betrachtet diesen Artikel allgemein als eine Ankündigung der Absicht der Hofpartei, Algier nach und nach ganz zu räumen.
Deutschland.
München. Zum Schluß der Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten am 15 Febr. ergriff der k. Minister des Innern, v. Abel, das Wort, und äußerte im Wesentlichen: „Minister oder Staatsminister“ das ist die hochwichtige Frage,
meine Herren, die Sie nun seit mehreren Stunden beschäftigt, an die das Heil des Vaterlandes geknüpft wird. Wenn ich noch einmal auf diese hochwichtige Frage zurückkomme, so geschieht es bloß deßwegen, um Ihnen den Standpunkt zu bezeichnen, aus welchem die Regierung nach allen Vorgängen diese Frage, die nun in Antrag gebrachte Modification, ohne irgend eine böse Absicht irgend Jemanden zur Last legen zu wollen, ansehen mußte und ansehen muß. Kaum hatten die Wahlen begonnen, und schon suchte man durch das ganze Land den Samen des Mißtrauens auszustreuen. Haben Sie nicht gehört, wie der Regierung das Bereithalten von Vorschlägen angedichtet wurde über die Uebernahme der Glypthothek und des Königsbaues auf die Staatsfonds? Hat man Ihnen nicht ferner gesagt, es seyen Vorschläge bereitet, um die Dotation von, ich weiß nicht wie vielen Klöstern in Anspruch zu nehmen? Haben Ihnen nicht öffentliche Blätter zugerufen von der griechischen Anleihe, dieser berüchtigten Anleihe, welche die Staatsgelder verschlungen haben soll? Hat man nicht ferner, ich wage kaum es zu berühren, selbst gesprochen von dem Mißbrauch öffentlicher Gelder für Privatzwecke? Ich rufe Sie alle auf, ist es so wie ich gesagt habe oder nicht? Dieselbe schamlose Ehrlosigkeit, die den Samen des Mißtrauens schon vor Ihrer Zusammenkunft auszustreuen gesucht hat, sie hat ihr schlechtes Spiel nicht aufgegeben, seitdem Sie versammelt sind. Der Gesetzesentwurf, die Abänderung des §. 6 Tit. VII der Verfassungsurkunde betreffend, ward in Ihre Mitte gebracht, ein Gesetzesentwurf, der nichts Anderes wollte, als den Charakter der Gesetzmäßigkeit demjenigen beilegen, was dem bisherigen constanten Gebrauche gemäß war, und zu keiner Zeit irgend einen Anstand hervorgerufen hatte. Kaum aber war der Gesetzesentwurf eingebracht, und alsbald ist von Mund zu Munde, oder vielmehr von Ohr zu Ohr die Verdächtigung gegangen; man hat auszustreuen gesucht, es sey darauf abgesehen, die Landtage in Postulatenlandtage umzuwandeln und die Verfassungsurkunde zu untergraben. Nachdem der erste Gesetzesentwurf nicht angenommen worden, ist die Regierung Ihren Wünschen entgegengekommen; sie hat in einem zweiten Gesetzesentwurfe den Termin für die Budgetvorlage, der in dem früheren auf spätestens 6 Monate bestimmt werden sollte, auf spätestens 9 Monate vor dem Ablauf des letzten Jahrs der Finanzperiode bereitwillig erweitert; sie hat Ihnen den besten Beweis damit gegeben, daß das, was man ausgestreut, ehrlose Verleumdung war. Und Sie, meine Herren, ich erkenne es dankbar, haben das vertrauende Entgegenkommen der Regierung gewürdigt und erwiedert, und haben dem Gesetzesentwurf einstimmig Ihre Zustimmung ertheilt. Doch nun haben Sie mit einemmale das trojanische Pferd vor sich. Equo ne credite Teucri! Trauet dem Pferde nicht, ihr Teukrer, so ruft man Ihnen warnend zu: auch hier hat sich der Calchas eingefunden. Et monstrum infelix sacrata sistitis arce! Das unheilschwangere Ungeheuer – ihr pflanzt's auf der geheiligten Burg auf! So ruft er. Und was ist denn nun in diesem trojanischen Pferde versteckt? Nichts Anderes, als die Festhaltung dessen, was die k. Verordnungen, was die Verfassungsurkunde seit 23 Jahren ausgesprochen haben, was stets gehandhabt worden ist! Man hat bemerkt, es habe Mißtrauen erregen müssen, daß ein einzelnes Ministerium des Ausdrucks „Ministerium“ sich zu bedienen angefangen habe, während von anderer Seite solches nicht geschehen. Aber ich frage, welches ist denn der Titel, den die Verordnung vom 2 Febr. 1817 vorgeschrieben hat? Ist dort nicht deutlich ausgesprochen, die Ministerien haben sich folgender Titel zu bedienen: „Ministerium des k. Hauses und des Aeußern etc.“ Ist nicht eben dasselbe in der Verordnung vom 9 Dec. 1825 aufs neue klar vorgeschrieben worden, und ist es geeignet, Verdacht und Mißtrauen zu erregen, wenn ein Ministerium k. Verordnungen treu, wie es seine Pflicht gebietet, befolgt? – Unsre Verfassung ist eine monarchische, eine ständische. Das Wesen einer monarchischen Verfassung ruht darin, daß der König die gesammte Staatsgewalt in sich vereinigt, keine ebenbürtige Gewalt im Staate neben sich erkennt. Das Wesen der ständischen Verfassung aber (und nur diese ständische, nicht die repräsentative hat unsre Verfassungsurkunde wieder hergestellt) besteht darin, daß, während der König die gesammte Staatsgewalt ungetheilt in sich vereinigt, er in den durch die Verfassungsurkunde von dem königlichen Geber selbst bestimmten und bezeichneten einzelnen Fällen für die Ausübung derselben, den Beirath und die Zustimmung seiner Unterthanen erholt. Freundlich berathet in diesen einzelnen ausdrücklich bezeichneten Fällen der König mit seinen Lieben und Getreuen den Ständen des Reichs (ich bediene mich gern und absichtlich des sinnvollen altdeutschen Ausdrucks), er berathet mit seinen Lieben und Getreuen, was dem Allgemeinen, dem ganzen Vaterlande frommt, was dem Einzelnen noth thut, und was dem allgemeinen Wohle, dem Rechte, dem Glücke und der Ehre des Landes zusagt. Und leicht wird hier die Verständigung, weil von allen Seiten nur der eine gemeinsame Zweck redlich gewollt und angestrebt wird, und weil Jeder des Andern Rechte ehrt und achtet. Der Staatsdiener ist nach dieser Verfassung Diener des Königs geblieben. Diesen Grundsätzen gegenüber hat in neuerer Zeit (ich sage nicht bei uns, sondern spreche im Allgemeinen) eine moderne Staatslehre sich geltend zu machen gesucht, welche statt dieses ständischen Princips das repräsentative einzuschwärzen unternimmt. In diesem Sinne habe ich mich dann auch des Ausdruckes „Einschwärzen“ in meiner frühern Aeußerung bedient, Niemand beschuldigend, am wenigsten diese oder eine andere hohe Kammer, wo am wenigsten die republicanisirende Staatslehre Anklang finden dürfte. Darum muß ich denn auch die Zurückweisung des zugemutheten Einschwärzens, weil sie auf einer unrichtigen Voraussetzung beruht, hiemit auf das bestimmteste zurückweisen. Diese moderne Staatslehre nun, sie führt unter dem weniger verletzenden Namen des Staates das Volk als eine moralisch-juridische Person, als die Gesammtgemeinde in die Verfassung herein. Folgerecht ist ihr die Staatsverfassung, die Verfassungsurkunde nichts Anderes, als der Urvertrag, auf welchem das Daseyn und die Rechte des Monarchen beruhen. Die Souveränetät ist beim Volke (der Name wird zwar nicht genannt, aber es hat das Volk jetzt den unschuldigen Namen des Staats angenommen). Nach dieser Theorie ist der König nichts Anderes als der oberste Diener, der erste Beamte des souveränen Volkes. Die Verfassungsurkunde setzt das Maximum fürstlicher Freiheit und fürstlicher Rechte fest. Was sie nicht ausdrücklich dem Monarchen einräumt und zugesteht, das ist ihm auch nicht gestattet; und würde er irgend etwas unternehmen, wozu er nicht aus der Verfassungsurkunde selbst seine Bevollmächtigung nachzuweisen vermöchte – er oder seine Räthe hätten (um mich eines beliebten Ausdrucks zu bedienen) verfassungswidrig gehandelt. Das Innehaben und die Ausübung der fürstlichen Rechte, so wie die Erfüllung der fürstlichen Pflichten, sie werden dem Monarchen abgenommen, und gehen auf seine Minister über. Denn wohin käme es sonst mit der Verantwortlichkeit gegen das souveräne Volk, genannt Staat? Die Repräsentanten dieses Volks sind eine dem Monarchen ebenbürtige Macht, sind Mitregenten – die Staatsdiener, Diener des Volks. Ich will die weitere Entwickelung dieser Theorie hier nicht verfolgen, wer aber mit der Litteratur des neueren Staatsrechts auch nur einigermaßen vertraut ist, ja wer
auch nur die Begebenheiten, wie sie uns täglich vor den Augen vorüber gehen, mit prüfendem Blicke erschaut und verfolgt, er hat diese Staatslehre längst erkannt, sie ist ihm längst nicht mehr ein Geheimniß geblieben. Diesem Grundsatz aber muß die Regierung überall nach ihrer Pflicht und eben, weil ihr die Verfassung heilig ist, auf das entschiedenste entgegentreten. Sie hat bis zu diesem Augenblicke, wo von der jetzt in Frage stehenden Modification die Rede war, den Ausdruck: „Ministerium und Staatsministerium“ als synonym behandelt, und einen schlagendern Beweis hiefür kann es wohl nicht geben, als den Umstand, daß in den an Sie gebrachten Gesetzesentwürfen theilweise der Ausdruck „Ministerium,“ theilweise aber auch „Staatsministerium“ gebraucht ist. Nun aber wird mit einemmale ein Unterschied aufgestellt zwischen Ministerium und Staatsministerium; und worin soll nun dieser Unterschied bestehen? In der Verfassungsurkunde und in allen bisherigen Verordnungen sind beide Ausdrücke als gleichbedeutend genommen. Jetzt soll diese Synonymität aufgehoben werden; Ministerium des Staats soll etwas Anderes seyn, als das königliche Ministerium oder das Ministerium des Königs. Mußte sich hier nicht die Regierung erinnern, daß gar vielfältig die Lehre aufgestellt wird, der Staat oder mit andern Worten das Volk sey der eigentliche Souverän; der Staatsminister, der eigentliche verantwortliche Minister, sey der Minister, der Beamte des Volks? Dazu kam aber auch noch eine andere Erwägung. Der König vereinigt nach Tit. II §. 1 der Verfassung alle Rechte der Staatsgewalt in sich. Er hat die Verfassung aus freiem Antriebe gegeben; er hat sich des Rechts, welches er vor der Verfassung unbestritten ausgeübt, nämlich des Rechts, die Benennung der öffentlichen Stellen festzusetzen, durch die Verfassungsurkunde nicht begeben. Und jetzt soll gesetzlich, und zwar im Widerspruch mit der Verfassungsurkunde, bestimmt werden, die Ministerien hätten in Zukunft keinen andern Titel zu führen, als den der Staatsministerien. Kann dieß der Regierung wohl gleichgültig seyn? Sicher nicht; das werden Sie mit mir anerkennen. Ich vertraue auf Ihren Rechtssinn, auf Ihre bayerische Gesinnung. Sie werden somit den Standpunkt zu würdigen wissen, auf dem jetzt der ganze Streit der Regierung erscheinen muß. In Bayern ist von jeher der König der Träger des Rechts und der heiligsten und höchsten Interessen der Gesammtheit gewesen. Liebe und Vertrauen und Treue und Anhänglichkeit haben in diesem Lande Volk und Fürst von jeher zu einem untrennbaren Ganzen verschmolzen. Beide haben Leid und Freude zu aller Zeit gleich getheilt, sie sind im Leben und Tod treu und fest bei einander gestanden, und von Geschlecht zu Geschlecht hat ein geheiligtes Band sie durch eine lange Reihe von Jahrhunderten auf das innigste verkettet. Liebe und Vertrauen und Treue und Anhänglichkeit für das angestammte Fürstenhaus, sie sind das schöne Erbtheil des bayerischen Volkes, und aus diesem ist reicher Segen seit Jahrhunderten dem Lande erwachsen. Dieses Band, es kann, es wird keine Störung erleiden; und daß es keine erleiden wird, dafür bürgt mir, meine Herren, Ihr deutscher Sinn und Ihre Verfassungstreue. Und mit diesem segenvollen Bande, mit diesem Vertrauen, dieser Liebe, dieser Treue und Anhänglichkeit für seinen König wird für und für Bayern blühen und in jeglichem Glücke gedeihen.“ Auf die vom ersten Präsidenten gestellten Fragen beschloß nunmehr die Kammer einstimmig: „die Modification der Kammer der Reichsräthe zu Art. 2 sey abzulehnen und derselbe unverändert vorläufig anzunehmen.“
Göttingen, 13 Febr. Die Kasseler Allg. Zeitung enthält folgende Erklärung: „Schon haben die meisten Zeitungen mehr und minder zutreffend berichtet, welche Beschränkung meiner natürlichen Freiheit durch eine, angeblich vom königl. Ministerium des Innern ausgehende Verfügung über mich verhängt ist. Zur Ehre der Wahrheit und meiner auswärtigen Freunde wegen glaube ich weitern ungenauen Angaben und falschen Schein erregenden Zusammenstellungen (wie namentlich im Hamburger Correspondenten vorgekommen rücksichtlich des zufällig gleichzeitig zweien Studenten gebotenen Stadtarrestes) zuvorkommen zu müssen durch nachstehende Mittheilung. Am 30 Jan. d. J. machte der hiesige Polizeidirector auf Befehl des königl. Ministeriums des Innern mir eine Verfügung bekannt, welche darauf hinausgeht, daß ich – von der Stunde an – das Weichbild der Stadt Göttingen nicht verlassen dürfe, bei Strafe arretirt und an die hiesige Polizei zurückgeliefert zu werden. Weder Einsicht noch Vorlesung, noch Abschrift des betreffenden Ministerialerlasses durfte mir gestattet werden und meine Frage: „ob darin ein Grund oder Gründe für diese schwere Maaßregel angegeben?“ wurde verneint. Nachdem ich 14 Tage vergeblich erwartet habe, daß die ohne Voruntersuchung, ohne Angabe von Gründen verfügte Maaßregel, rasch wieder aufgehoben oder doch wenigstens Aussicht auf rechtliches Gehör eröffnet werde, habe ich jetzt bei der königl. Justizkanzlei Beschwerde und Bitte um Schutz eingereicht, beklagend, daß die Ungunst der gegenwärtigen Zeit und Verhältnisse solche Bitte und solchen Schutz nöthig macht. Mögen aber meine auswärtigen Freunde fest überzeugt bleiben, daß ich zu solcher Ministerialverfügung durch ungesetzliches Verhalten irgend einer Art keinen zu Recht bestehenden Grund geliefert und die strengste richterliche Untersuchung meines Verfahrens während der letzten Jahre, wie meines ganzen Lebens, nicht zu scheuen habe. In Zeiten, wie wir erleben, wird jeder verständige loyale Unterthan sein Thun und Lassen und seine Gesinnung wo möglich noch fester an Gesetz und Recht binden, und möge er auch in der ihn betrübenden Lage seyn, über Recht und Wohl seines Landes seine gewissenhafte Ueberzeugung mit derjenigen der Regierung nicht in allen Fällen einigen zu können, doch stets vor Augen haben, was er als Unterthan seinem König und der Obrigkeit schuldig ist, eingedenk, daß Recht, mit nicht zu rechtfertigenden Mitteln erstrebt und vertreten, Verrath an ersehnten Recht selbst sey. Wehner.“
Aegypten.
Alexandria, 24 Jan. Ich habe Ihnen in meinem letzten Briefe den Eindruck geschildert, welchen hier die vielleicht voreilige Nachricht hervorgebracht hat, daß eine englische Seemacht, mit oder ohne Zustimmung der übrigen Mächte, es auf sich nehmen wolle, Mehemed Ali zur Annahme der Bedingungen zu zwingen, die man ihm auferlegt, um seinen Differenzen mit der Pforte ein Ende zu machen. Auch habe ich Ihnen geschrieben, daß der Vicekönig, dem das tapfere Blut bei diesen Nachrichten in den Adern kochte, erklärte, er werde in Person mit der vereinigten türkisch-ägyptischen Flotte auslaufen, um Gewalt mit Gewalt zurückzutreiben. Nach dem Abgang meines Schreibens erfuhren wir hier, daß Obrist Hodges von seiner Regierung beauftragt worden, gegen Mehemed Ali eine Art Drohung zu gebrauchen; aber als gewandter Diplomat hütete er sich, den rauhen Ton einiger seiner Collegen anzunehmen, welche durch dieses Mittel dem Vicekönig zu imponiren glaubten. Am Tage vor seiner Unterredung mit Mehemed Ali äußerte Obrist Hodges, er habe schon vor seiner Ankunft in Aegypten von dem Vicekönig eine hohe Meinung gehabt, und dieselbe gleich nach den ersten Unterredungen mit diesem außerordentlichen Mann noch übertroffen gefunden; er bedauere sehr, daß er sich in einer Stellung sehe, die ihn hindere, so oft er wünsche, Sr. Hoh. einen freundschaftlichen Besuch zu machen. „Meine Pflicht, sagte er, nöthigt mich zu einer Rolle, von der ich mich nicht entfernen darf, und die meinen persönlichen Gefühlen Schweigen auferlegt, da ich nur den Befehlen meiner Regierung zu gehorchen habe.“ Diese Worte wurden dem Vicekönig durch seine Anhänger hinterbracht, und als der brittische Consul sich Tags darauf anschickte, die Rede Die Allg. Ztg. hat dieser Unterredung früher schon einigemal erwähnt, indessen wird vorstehender Bericht nicht überflüssig erscheinen, da er aus einer äußerst gutunterrichteten, dem Vicekönig allerdings entschieden günstigen, directen Quelle kommt. Aus derselben Quelle flossen neulich die Nachweisungen über die ägyptischen Finanzen. mit einer passenden Einleitung zu beginnen, ehe er zu der Drohung überging, mit der seine Regierung ihn beauftragt, da ermuthigte ihn Mehemed Ali durch folgende wohlwollende Worte: „Hr. Obrist, Sie können mir den Gegenstand Ihrer Mittheilung frei heraus, ohne Rückhalt sagen, wie schmerzlich es mir auch fällt, denselben anzuhören. Ich weiß den Mann von seinem Amt zu unterscheiden. Erfüllen Sie Ihre Pflicht, ich werde die meinige thun, und wir werden deßhalb nichtsdestoweniger Freunde bleiben; es wird mir stets großes Vergnügen machen, so oft Sie mich mit Ihren Besuchen beehren.“ Obrist Hodges theilte hierauf dem Vicekönig den Inhalt seiner Instructionen mit, worauf Mehemed durch eine förmliche Weigerung antwortete. „Ew. Hoh. mögen aber die Folgen bedenken!“ bemerkte der Obrist. „Ich habe sie bereits bedacht – und bin auf Alles gefaßt. Nie werde ich mein Leben durch eine Feigheit beflecken.“ Nach dieser Unterredung sagte Mehemed Ali zu allen Personen seiner Umgebung: „Ich werde Niemanden angreifen; wenn man aber mich angreift, dann hat man beschlossen, das osmanische Reich zu zerstören. Die Muselmänner lassen sich hierüber nicht täuschen, denn sie kennen ihre Lage besser als die Fremden. Ich werde dann berufen seyn, die Vertheidigung meines Glaubens und meines Volks zu führen, und für eine solche Sache kann man nöthigenfalls auch erliegen, ohne zu bereuen, was man gethan. Ich werde mit meiner ganzen Familie dieser Sache mich weihen und die Moslim werden meinem Aufruf folgen.“ – Das Einschreiben von Individuen für die beiden Regimenter der Nationalmiliz geht seinen Gang fort; die übrigen Maaßregeln zur Formirung eines Truppencorps im Innern sind in der Ausführung begriffen. Eine sehr einflußreiche Person äußerte kürzlich: „Das Land hat zum Abwehren eines fremden Angriffs mehr Hülfsmittel, als man glaubt. Ich erstaune selbst hierüber, und ohne die Vorkehrungen, die der Vicekönig getroffen, hätte ich mich nie so genau davon überzeugt. Man sagt allgemein, daß die Engländer allein uns angreifen werden. Aegypten hat die Franzosen kennen gelernt, und würde sie mit Freude wieder begrüßen; die Deutschen und Russen hingegen sind dem Land unbekannt, daher ist man gleichgültig gegen sie. Was aber die Engländer anbelangt, so bin ich überzeugt, daß sie im Lande sehr verhaßt sind, und wenn sie in Aegypten eindringen wollen, so werden – (ich gebe seine eigenen Worte wieder) – die Kinder vor der Zeit aus dem Mutterleibe kommen, um an dem Kampfe Theil zu nehmen.“ – Mehemed Ali spricht nicht mehr davon, seine Flotte auslaufen zu lassen. Wahrscheinlich hat er gedacht, daß wenn er einmal außen wäre, man Alles aufbieten würde, ihm im Lande zu schaden. Seine Absicht ist jetzt, die Truppen und Matrosen mit allem Geschütz auszuschiffen und den Engländern, wenn sie die entwaffneten Schiffe in Brand stecken wollen, die Verantwortung dieser That Europa und dem Sultan gegenüber zu überlassen. Mehemed Ali wird sich darauf beschränken, das Land gegen jeden Angriff zu vertheidigen. Wenn er auf diesem Entschluß beharrt, wie es allen Anschein hat, so kann sicherlich keine bewaffnete Landung Erfolg hoffen, und die Angreifer werden daher ihren bösen Willen nur auf zweierlei Weise auslassen können. Erstens durch eine Blokade, welche Länder wie Aegypten und Syrien, die mit allen Consumtionsartikeln wohl versehen sind, nicht zu fürchten haben; zweitens durch Bombardirung der Städte St. Jean d'Acre und Alexandria. Ein Bombardement von St. Jean d'Acre wird keine große Wirkung haben, denn das Zerstörte würde man später wieder aufbauen, und die Armee unter den Befehlen Ibrahim Pascha's wird jede Landung zu hindern wissen. Aber unter den fanatischen Muselmännern Syriens könnte eine solche Maaßregel eine furchtbare Aufregung erzeugen und die Ermordung aller dortigen Christen wäre die wahrscheinliche Folge. Was Alexandria betrifft, so wissen wir nicht, welches Schicksal, ungeachtet der guten Absichten des Vicekönigs, die 10,000 Seelen starke europäische Bevölkerung treffen wird. Jedenfalls würde ein Bombardement hier sehr bedeutende, Europa zugehörige Capitalien zerstören, und zwar ohne Vortheil für die Angreifer, denn Alexandria liegt auf einer von dem übrigen Land isolirten Erdzunge. In jedem Falle würden dergleichen Demonstrationen die Frage durchaus nicht lösen und den beabsichtigten Zweck nicht erreichen, wohl aber unfehlbar das Leben einiger tausend Christen in Gefahr bringen, und den Handel der Europäer, der durch einen solchen Zustand ohnehin schon arg genug leidet, vollends zu Grund richten. Wir müssen wiederholen: vergebens würde man auf Mehemed Ali's Schwäche,
vergebens auf einen Aufstand des Landes und der osmanischen Flotte zählen; die Muselmänner werden den Christen gegenüber immer Muselmänner bleiben. Man spricht von der Legitimität des Sultans; gehörten aber dem Sultan diese Länder seit der Erschaffung der Welt? Sind sie nicht vielmehr die Früchte der Eroberung gewesen? Nennt uns die Geschichte dieser Länder nicht die Namen aller derer, die zur Würde des Khalifats sich erhoben? Doch solche Fragen würden uns zu weit führen. Hier handelt es sich vor Allem um eine rasche Lösung.
(Beschluß folgt.)
Alexandria, 9 Febr. Das Paketboot Acheron hat uns sehr neue Nachrichten aus Frankreich gebracht. Wir erfuhren mit Bedauern die Ausnahmsstellung, worein die Bemühungen des Hrn. v. Brunnow zu London unsere Regierung versetzt haben. Seit der Ankunft des Paketboots sehen wir den Pascha nachdenklich, während die Generalconsuln von Rußland und England ihre Freude unverholen an Tag legen. So wie der Capitän Brunet Hrn. Cochelet seine Depeschen überreicht hatte, begab sich dieser in den Palast, und man versichert, er habe dem Vicekönig im Namen seiner Regierung erklärt, wenn er bei seinen übertriebenen Forderungen beharre, dürfe er nicht mehr auf den Beistand Frankreichs rechnen, das sich wegen der orientalischen Frage mit seinen Verbündeten nicht entzweien wolle; er solle daher auf die Erblichkeit von Syrien verzichten, und seine Unterwerfung und Aufrichtigkeit durch Zurücksendung der ottomanischen Flotte nach Konstantinopel beweisen. Mehemed Ali konnte kaum seine Entrüstung bis zu Ende dieser Eröffnung zurückhalten. „Da mich Frankreich preisgibt, rief er aus, so werde ich allein gegen Europa kämpfen; meine Forderungen sind gerecht, der Sultan selbst hat dieß zugegeben, warum wollen nun die europäischen Mächte unsere Angelegenheiten verwirren?“ Nach dieser Conferenz übersandte Mehemed Ali eine Note, die der Acheron nach Frankreich bringen soll. Sie ist in abgemessenern Ausdrücken abgefaßt, als seine Unterredung, drückt aber dieselbe Entschlossenheit aus, jedem Angriff zu widerstehen. Der russische und der englische Consul haben von der Notification Frankreichs und von der Antwort des Pascha's Mittheilung erhalten. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, welche Wunder das Genie und die Thätigkeit des Pascha's wirkt. Aegypten ist Ein großes mit Truppen und Kanonen bedecktes Feldlager. Der Vicekönig wird bald 150,000 (?) regelmäßige und 30,000 Mann unregelmäßige Truppen unter den Waffen haben, mit mehr als 300 Kanonen, 23 Linienschiffen, 25 Fregatten und Corvetten. Täglich bringen Schiffe Kanonen, Munition, Vorräthe aller Art in die Häfen der Küsten von Aegypten und Syrien. Ibrahim Pascha bringt die Gränzfestungen in den besten Vertheidigungsstand. Man sieht großen Ereignissen entgegen.
Die Missionen in der Südsee.
London, 15 Febr. Die Wichtigkeit, welche Neuseeland in der neuesten Zeit erlangt hat, weckt die Aufmerksamkeit auf das Thun und Lassen der Missionen dort, und das Resultat ist der Art, daß ohne Zweifel die Regierung einschreiten wird, um den unerträglichen Mißbräuchen zu steuern, welche dort von einigen Missionsgesellschaften begangen worden sind und noch begangen werden. Im Jahr 1837 erklärte ein Katechist der anglikanischen Missionsgesellschaft (Church Missionary Society), Namens Flatt, einem Committee des Hauses der Lords, daß die Missionen dort Ländereien von solcher Ausdehnung angekauft hätten, daß ein Strich derselben 15 Meilen lang sey, andere Tausende von Morgen enthalten. Dieß war das Resultat einer höchst unklugen Erlaubniß, welche die Missionsgesellschaft im Jahre 1830 ihren Missionen gegeben hatte, für ihre Familien Land anzukaufen. Der Eindruck, den diese Erklärung machte, welche seitdem von vielen Augenzeugen bestätigt wurde, war so unvortheilhaft, daß die Einnahmen der Gesellschaft (welche nahe an 100,000 Pf. St. jährlich betrugen) von diesem Augenblick an abzunehmen anfingen, und die Direction verlangte von den Missionären Rechenschaft. Die Antworten derselben sind längst angekommen, aber nicht bekannt gemacht worden, allein es ist darüber ein Streit in der Gesellschaft selbst ausgebrochen, da der honettere Theil derselben verlangte, daß man den Missionären allen Besitz von Land, der sie nur von ihren geistlichen Pflichten abhalten könne, verbieten solle. Es sind darüber verschiedene Broschüren erschienen, und die Sache ist jetzt mit sehr häßlichen Details so bekannt und schreiend geworden, daß die Direction beschlossen hat, ein weltliches und ein geistliches Mitglied als Commissäre nach Neuseeland zu schicken, um über den Stand der Dinge zu berichten. Aber dieß ist ein weit aussehendes Mittel, und es ist weit wahrscheinlicher, daß die Regierung dem Capitän Hobson Befehl geben wird, die gesammten Landankäufe der Missionen für illegal zu erklären, und die Ländereien den ursprünglichen Besitzern zurückzugeben, aus dem Grunde, weil die Käufer ganze Districte angekauft haben, ohne den ursprünglichen Besitzern einen Theil derselben vorzubehalten, wodurch diese genöthigt worden sind, sich auf die umliegenden Stämme zu werfen; daraus sind Kriege entstanden, so daß nach einer allgemeinen Bemerkung die Bevölkerung in der Nähe der Missionen immer abnimmt. Die Missionäre erklären dieses Factum durch ein unergründliches Verhängniß von Gott, aber solche hypokritische Phrasen werden für dießmal wohl schwerlich durchdringen, denn dieser Skandal hat die Gesellschaft den Angriffen anderer Missionsgesellschaften ausgesetzt, namentlich denen der eigentlichen Bischöflichen (Propagation Society). Diese war längst auf sie eifersüchtig, indem sie trotz ihres Titels außer allem Verhältniß mit der anglicanischen Kirche steht und die Autorität der englischen Erzbischöfe nicht anerkennt. Die „Propagation Society“ ergreift daher die Gelegenheit, sie wo möglich zu absorbiren, und das zunehmende Deficit in ihrer Einnahme, welches sich durch das große Skandal der Länderspeculationen natürlich schnell vermehren muß, wird sie auch wahrscheinlich zwingen, sich der älteren Gesellschaft zu unterwerfen. Sie ist übrigens keineswegs die einzige Missionsgesellschaft, welche sich auf diese Art verfehlt hat, und man wird nächstens ähnliche Anklagen von andern hören, da die Sache einmal zur Sprache gebracht ist, und die Missionäre können sicher seyn, daß ihnen trotz des Fanatismus, der sie bisher mit einem Heiligenschein umgab, auf die Finger gesehen werden wird; denn so bereitwillig auch die fromme Bevölkerung von England ihr Geld zu Missionszwecken gibt, so ist es doch nicht so gemeint, daß diese Summen zum Ankauf von Provinzen für die Kinder der Missionäre dienen sollen.
Auf der andern Seite hat der Staat ein großes Interesse, die Missionen in Schranken zu halten, denn der Einfluß von England in einem großen Theile der Südsee hängt von dem der Missionsanstalten ab; wenn sich aber diese den Eingebornen verhaßt machen, so sind die französischen katholischen Missionäre ganz bereit, die Erbschaft dieses Einflusses an sich zu ziehen. Als die katholischen Missionen zuerst vor einigen Jahren in der Südsee erschienen, bedienten sich die protestantischen Missionen ihres politischen Einflusses, sie nach Californien deportiren zu lassen. Allein die Missionen in Paris, deren Hülfsmittel schnell zunahmen, verloren den Muth nicht: sie theilten die Südsee in zwei Generalvicariate, etablirten sich auf den Fidschi-Inseln, in dem Gambier Archipelagus, auf den Marquesas, und erhielten von der französischen Regierung, daß sie durch ihre Kriegsschiffe im Südmeere aus Otaheiti, den Sandwichinseln und überall, wo sie mit Gewalt vertrieben worden waren, wieder eingesetzt wurden, was von Seite der französischen Capitäne mit vieler Brutalität geschehen ist, wie man aus den Zeitungen und den officiellen Berichten im Moniteur gesehen hat. Diese Rivalität der Missionen verschiedener Kirchen ist ein großes Unglück für die Südseeinseln, und an sich hatten die Otaheiter und Sandwichinsulaner vollkommen Recht, daß sie keine andern Missionen, als die, welche sie einmal angenommen hatten, hereinlassen wollten, denn es prophezeite ihnen nichts als einen bürgerlichen Krieg. Allein ohne einen Krieg zwischen England und Frankreich ist es nun einmal nicht zu ändern, und das Interesse von England ist, seine Missionen so zu reguliren, daß sie den Eingriffen der katholischen widerstehen können. Dieß ist nicht so leicht, theils weil barbarische Völker durch die Ceremonien der katholischen Kirche angezogen werden, theils weil der finstere Geist der Sectirer, welche sich der englischen Missionen bemächtigt haben, ihrer Religion und ihrem politischen Einfluß einen Charakter gegeben hat, welcher sie nicht beliebt gemacht haben kann, und endlich weil es unendlich schwerer ist, verheurathete Missionäre zu regieren, als katholische Priester. Man hat es gesehen, zu welchen Mißbräuchen der an sich natürliche Wunsch der Missionäre, für ihre Familien zu sorgen, geführt hat, während der katholische Priester für nichts als seine Kirche zu sorgen hat. Die schottischen Baptisten haben bei ihrem Etablissement in Serampur die Erfahrung gemacht, wie schwer es ist, Missionen mit Familien in Abhängigkeit von der Stammgesellschaft zu halten, und in Neuseeland wird es die anglicanische Gesellschaft eben so schwer finden, während der französischen Propaganda nichts so leicht wäre, als Etienne, apostolischen Vicar für Ostoceanien, oder Pompallier, den Bischof von Westoceanien, nach China oder an den Missouri, oder wohin es ihr beliebte, zu versetzen, wenn sie sich erlaubten, gegen ihre Instructionen zu handeln. Dazu kommt, daß die katholischen Missionäre einen Ehrgeiz, die Krone des Märtyrerthums zu erringen, besitzen, von dem die verheuratheten Missionäre der protestantischen Kirchen ziemlich frei sind, die aber in Missionsangelegenheiten ein großes Element des Erfolgs ist.
Bei allen diesen Fehlern sind jedoch Missionen irgend einer christlichen Secte ein mächtiges Werkzeug von Civilisation, und nur ihr Conflict unter sich, oder überaus schlechte Verwaltung, wie die der Missionen in Neuseeland, kann sie zu einem Uebel machen. Diese beiden Uebel hat die Indolenz der anglicanischen Kirche über ihre Etablissements im Südmeere gebracht, denn hätte sie sich weniger mit ihren weltlichen Interessen in England beschäftigt, und sich mehr der Missionen angenommen, so hätten die Missionsgesellschaften der Secten nicht die Oberhand gewonnen, denn sie hat durch ihre hierarchische Form Organisationsmitteln der Missionen in der Hand, welche die Secten nicht besitzen. Aber sie ist zu sehr an fette Pfründen gewöhnt, als daß sie Bischöfe in neubekehrte Länder schicken könnte, wie die katholische Propaganda thut, welche ihren Bischöfen 40 Pfd. St. Gehalt gibt, und dafür eifrige Diener findet. Die Noth drängt sie freilich jetzt, und es ist zu erwarten, daß sie einen ernstlichen Versuch mache, ihre Autorität in dem Südmeere aufrecht zu halten, und wenn der Bischof von Exeter und der Lordbischof von London die Hälfte des Eifers, den sie auf irländische Zehnten verwenden, darauf wenden wollen, so kann es gelingen, wo nicht, so wird die katholische Kirche und der französische Einfluß in der Südsee die Oberhand gewinnen.
(Ausland.)
Briefe aus Pesth.
(Fortsetzung.)
Die schöne Litteratur Ungarns beginnt gleichfalls sich zu emancipiren, und hier wenigstens ist die Laufbahn ganz ohne Gefahr. Mehr als ein versprechendes Talent hat sich bereits in dieser Sphäre bemerkbar gemacht, an deren Spitze mir der Freiherr v. Josika zu stehen scheint, den Walter Scotts Beispiel besser inspirirte als manche unserer zu servilen deutschen Nachahmer des englischen Dichters. Hr. v. Josika hat in der romantischen Vorwelt seiner Nation und den eben so originellen als pittoresken Naturscenen seines Vaterlandes, die er oft meisterhaft schildert, ein reiches, neues Feld gefunden, und es mit durchdachter Kunst und dichterischer Phantasie auszubeuten gewußt, ja selbst die mitunter ein wenig unbeholfene Naivetät dieser jungen Litteratur, deren Zierde er ist, hat etwas Rührendes und Anziehendes, denn es ist nur der Mangel an Uebung und Erfahrung, nicht der des Talents, den sie verräth, und das ist immer lieblich anzuschaun, wie etwa für die reifere Frau die schüchterne Liebe des Jünglings es seyn mag. – Sehr verdienstlich ist gleichfalls die deutsche Uebersetzung dieser Werke, und, obgleich von einem Ungarn herrührend, der deutsche Styl doch so fließend, daß man nur selten an eine Uebertragung erinnert wird.
Graf Széchenyi, der Unermüdliche, hat trotz seines vielen Handelns auch noch Muße gefunden, als bedeutender Schriftsteller aufzutreten. Er soll eine ungemein scharfe Feder führen. Ich habe nur die Uebersetzung eines seiner Werke (das über Pferdezucht) lesen können, und dieses sehr humoristisch gefunden, wiewohl ich nicht in Allem mit ihm übereinstimme, am wenigsten mit seiner Polemik gegen den Marschall Marmont.
Pesth hat auch zwei gute Journale, das Tagblatt, redigirt vom Doctor Saphir, einem Verwandten unsers Landsmanns dieses Namens, und der Spiegel, welchen Hr. Dr. Rosenthal herausgibt. Ich habe beide oft mit Interesse gelesen....
Es gibt hier nicht weniger als drei Tempel Thaliens und alle
sind lebhaft besucht, zu welchem Umstand vielleicht der Mangel aller Promenaden und die geringe Zahl anderer geeigneter Belustigungsorte für die Mittelclassen das Seinige beitragen mag. Außerdem besitzt Pesth auch noch – vielleicht mit Preßburg allein in deutschthümlichen Landen – ein Sommertheater unter freiem Himmel in antikem Styl, von Holz versteht sich.
Das deutsche Theater ist das größte, ein imposantes, schönes Haus, doch innerlich nur frostig decorirt in Grau und Silber, mit einer Beleuchtung nur gerade hinlänglich „to make darkness visible.“ Die Bühne ist so hoch und geräumig, daß sie San Carlo in Neapel wenig an Umfang nachstehen soll. Als ein empfindlicher Mangel ist zu rügen, daß ein so ansehnliches Gebäude keinen Foyer hat, nicht einmal eine Conditorstube, oder irgend einen andern geschlossenen Platz, wo man sich in den Zwischenacten einige Augenblicke ergehen könnte. Auch ist die Kälte und der Zug in den Logen penetrant und an mehreren Orten hört man schlecht; dagegen habe ich beinahe nirgends so hübsche Logenschließerinnen gesehen. Lob, wo Lob gebührt.
Was die Darstellungen betrifft, so waren sie für eine Provincialstadt (denn in der Totalität ist Pesth noch nichts Anderes) über meine Erwartung, besonders die Oper. Diese besitzt an Mademoiselle Carl eine Künstlerin ersten Ranges, von einnehmendem Aeußern, und sowohl als Sängerin, wie als Schauspielerin ausgezeichnet. Ihre Darstellung der Norma z. B. kann sich gewiß, was plastische Schönheit jeder Bewegung und dramatischen Gesang anbelangt, den besten Leistungen Anderer in dieser Rolle keck an die Seite stellen, und eben so meisterhaft fand ich sie in der Genevra, der Semiramis etc., auch nicht weniger gewandt und lieblich im komischen Fach. Da Methode und Schule bei ihr durchaus vortrefflich sind, und sie hiermit eine große Fertigkeit verbindet, so bleibt nichts zu wünschen, als daß sie ihre Stimme conserviren möge, deren Metall und Frische eine fast übermäßige Benutzung derselben von Seite der Direction zuletzt in Gefahr bringen möchte. Auch das übrige Sängerpersonal ist nicht ohne Verdienst; das Orchester geschickt dirigirt, die Chöre, und überhaupt das Ensemble, meistens lobenswerth.
Weniger befriedigt das Schauspiel, wo mir nur Ein Individuum mit wahrer Künstlerweihe vorgekommen ist. Dieß ist Madame Grill, eine höchst talentvolle, denkende Schauspielerin, die auch der trivialsten Rolle durch eigene Schöpferkraft Bedeutung und eine interessante Seite abzugewinnen weiß. Das noch etwas ungebildete, und bei den äußerst wohlfeilen Theaterpreisen auch sehr gemischte hiesige Publicum scheint ihr – obgleich es das applaudirlustigste ist, das es gibt – nicht immer volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, weil sie Knalleffecte und Pathos nicht als tägliches Brod auftischt, und die ächt künstlerische, wieder zur Natur werdende Einfachheit ihres Spiels nicht verstanden wird. Uebrigens muß das Applaudiren hier jedem, dem seine Kunst lieb ist, und dessen Individualität daher, so lange er spielt, gewissermaßen in dem Wesen seiner Rolle aufgehen soll, höchst lästig werden, da die absurde Sitte eingeführt ist (die leider auch in Wien, obschon nicht mit so viel Uebertreibung, herrscht), daß sich der Schauspieler bei dem geringsten Klatschen, mitten in der Scene, tief vor dem Publicum verbeugen muß, was alle Illusion unerträglich stört, und oft unwiderstehlich lächerlich wird. Selbst Sterbende stehen auf, verbeugen sich und fallen wieder um, ja die Leiche im Sarge ist nicht sicher, sich durch die Convenienz zu einem gleichen Experimente genöthigt zu sehen. Außerdem ist es nichts Seltenes, daß ein Liebling des Parterre's und der Galerien nach jeder gefallenden Scene herausgerufen wird, wohl ein Duzendmal an demselben Abend, ja zwei bis dreimal hinter einander für dieselbe Scene. Zuweilen scheint dieß Herausrufen sich zu einer förmlichen Manie zu steigern, so daß nach einander Schauspieler, der Director, der Decorateur, der Compositeur, der Capellmeister, kurz alle Theilnehmenden, mit einziger Ausnahme des Souffleurs und Lampenputzers, auf der Bühne erscheinen, und in der Tiefe ihrer Verbeugungen wetteifern müssen. Auch Kränze fliegen bei solchen Gelegenheiten in Profusion auf das Theater, welche der scharfsinnige Elephant, als er hier gastirte, und von ihnen gleichfalls überschüttet ward, mit noch höherer Devotion, als bisher gezeigt wurde, sämmtlich – auffraß.
Das ungarische Theater – wie beinahe alles neuere Gemeinnützige und Nationale in Ungarn auch eine Schöpfung, die dem Grafen Széchenyi hauptsächlich ihr Daseyn verdankt – ist etwas freundlicher decorirt, aber weit kleiner als das deutsche. Es übertrifft dieses an Eleganz der Costume und Decorationen, was ihm ein ansehnlicher Zuschuß der reichen Unternehmer erleichtert, und steht ihm an Talent des Personals nicht viel nach. Der Liebling des ungarischen Publicums ist die Sängerin Madame Schodel, welche viel Feuer, dramatische Kraft und eine volltönende, frische Stimme hat. Doch fehlt es ihr ganz an geregelter Schule. Dabei hat sie den sehr widerlichen Fehler, beim Singen das Gesicht, oft auf burleske Weise, zu verzerren, und man hat nicht mit Unrecht von ihr gesagt: „daß sie mit dem ganzen Leibe trillere.“ Da sie noch jung, und, wie man leicht gewahr wird, durchaus strebend ist, so würden ein paar Jahre Studium in Italien sie gewiß zu einer ausgezeichneten Sängerin bilden. Hier kann sie sich in den angenommenen Fehlern nur immer mehr versteinern, und dieß muß um so mehr bedauert werden, da sie wirklich keine gemeine Erscheinung, von der Natur reich ausgestattet, und dabei voll Leben, Geist und auch Geistesgegenwart ist. Von der letztern Eigenschaft gab sie vor einiger Zeit eine ergötzliche Probe. Während man sie (ich weiß nicht zum wie vieltenmal an diesem Abend) herausrief, und, gleich dem Elephanten mit Kränzen überdeckte, bewarf sie in demselben Augenblick die Cabale pöbelhaft mit einer Zwiebelkrone. Ohne irgend eine Empfindlichkeit zu verrathen, hob sie die ominöse Zierde bedächtig auf, betrachtete sie aufmerksam, und sagte dann, sich lächelnd zum Publicum wendend: „Diese Krone verdiene ich nicht, erlauben Sie mir daher, sie auf dem Altar des Vaterlandes niederzulegen,“ nach welchen Worten sie den übelduftenden Kranz auf dem Kasten des Souffleurs deponirte.
Ich sollte nun noch des Ofener Theaters, das früher eine Kirche war, und des antiken Sommertheaters gedenken, aber beide blieben mir unbekannt, wie so manches andere Interessante, denn gleich einer Schnecke ziehe ich mich bei der unfreundlichen Jahreszeit meistens und gern in mein Haus zurück. Dieß Haus verdient übrigens Empfehlung. Es ist der Gasthof zur Königin Victoria, das ehemalige Hotel eines Magnaten, wo ich weit besser und dazu auch noch weit wohlfeiler wohne und bedient bin, als es dir, guter Max, diesen Winter im Athen an der Spree wahrscheinlich zu erlangen möglich seyn wird. Indessen ist meine Einsamkeit nicht total, und so wenig zahlreich (wie ich dir bereits meldete) die Gesellschaft dermalen in Ofen und Pesth ist, so gefällt sie mir doch in aller dieser Beschränkung ungemein. Sie scheint den Sibyllinischen Büchern zu gleichen, und wenn sechs Theile davon fehlen, die zwei zurückgebliebenen denselben Werth des Ganzen zu behalten.
Zwei Häuser in Ofen sind alle Abend den Besuchern offen: das des Commandirenden in Ungarn, Feldzeugmeisters v. Lederer,
eines allverehrten Mannes, eines wahren Chevalier sans peur et sans reproche, derengleichen in Wahrheit immer nicht häufig waren, aber nach dem neuen Gange der Welt noch seltener zu werden drohen (wie wird man z. B. künftig einen Bayard unter den Bankiers oder Industriellen classificiren? meine Einbildungskraft läßt mich dabei in Stich), und des Grafen Beckers, eines so liebenswürdigen, noch immer jugendlichen Greises, daß man sich bei seinem Anblick über das eigene Altwerden tröstet, in der Hoffnung, mit kräftigem Vorsatz auch einst einem so schönen Vorbild ähnlich werden zu können. Dieser grausame Winter, der so schnell nach einander mehrere bedeutende Personen in der österreichischen Monarchie plötzlich hinraffte, hat uns auch, wie ich so eben mit tiefem Schmerz erfahre, den Grafen Beckers entrissen.
Der erstgenannte Cirkel, voll Urbanität und ungezwungener Heiterkeit, ist in der Regel mannichfaltiger belebt als der zweite. Viele holde Frauen sah ich dort, bewunderte die schöne Gräfin Z....., lauschte mit Behagen der anziehenden Unterhaltung der Gräfin F....., besonders den Erzählungen vieler fast abenteuerlicher Wagnisse ihres Bruders, von denen ich schon in allen Welttheilen sprechen hörte, und die auch dir, dem kühnen Reiter, nicht unbekannt geblieben seyn werden, befestigte mich in meiner Frömmigkeit, durch die milderndsten Worte der vortrefflichen Gräfin Th..., eines der edelsten, ächt christlichen Gemüther, dessen Ausströmung die Seele erwärmt wie der Maisonne wohlthuendster Strahl, und erfreute mich endlich in den Zwischenacten, als ein in Afrika's Wüsten Verwildeter, fortwährend an der anmuthigen, harmlosen Weltgewandtheit der Hausfrau, die mit stets gleicher guter Laune jeden der Besucher zu berücksichtigen und das passende Wort für ihn zu finden wußte.
Im andern Hause, wo sich die Gesellschaft jetzt mehr auf die zahlreiche Familie beschränkt, präsidirt eine Dame, welche an ausgezeichneten Eigenschaften keiner nachsteht, und in der ich noch obendrein eine Landsmännin zu verehren hatte. Wie viel Güte habe ich in diesem patriarchalischen Kreise genossen, und wie fand ich immer dort Geist und Herz gleich innig angesprochen! Gewiß, solche Erinnerungen bleiben gehaltreich für das ganze Leben, und um Freunde zu erkennen, braucht es ja nicht immer langer Zeit, oft nur der günstigen Gelegenheit und der Empfänglichkeit.
Dieselbe Erfahrung – und du hast vollkommen recht, lieber Max, wenn du dich über mein gutes, wohl kaum verdientes Glück in dieser Hinsicht wunderst – habe ich auch noch an einem dritten Ort in Pesth gemacht. Doch dieß Triumvirat (denn von drei Damen ist die Rede) genügend zu schildern, versage ich mir aus mehr als Einem Grunde. Nur so viel wisse, für deine Jugend wäre solche Nähe gefährlicher gewesen als für mich, obgleich du mich jetzt beneiden wirst, wenn du erfährst, daß zwei holde Mädchen dazu gehören, wovon die ältere mit ihren blauen Augen und seidnen Goldlocken, mit ihrer klugen Stirn, ihrer Herzensgüte und ihrem hochgebildeten Geiste, die jüngere mit dem schwarzen Haar und dem circassischen Augenpaar, das, wie über noch ungelöste Geheimnisse brütend, fast immer an dem Boden weilt, und durch seinen Aufschlag dann nur um so heftiger ergreift – die eine des Nordens Typus, die andere des Orients Blumenleben auf wunderbare Weise repräsentirt.
(Beschluß folgt.)
Litterarischer Verein in Stuttgart
zur Herausgabe älterer Druck- u. Handschriften u. ausschließlicher Vertheilung derselben an die Vereinsmitglieder.
Unter dem Protectorat Sr. Majestät des Königs.
Die Unterzeichneten fordern hierdurch jeden Freund und Gönner der Litteratur zur Unterstützung des von ihnen eingeleiteten Unternehmens auf. Sie haben, nach dem beachtenswerthen Vorgange der Engländer, einen Verein zu begründen angefangen, dessen Zweck in der Ueberschrift bezeichnet ist. Se. Majestät der König von Würtemberg, jede gemeinnützige Thätigkeit väterlich beachtend und gnädig fördernd, hat den Verein huldvollst unter seinen erhabenen Schutz genommen.
Der Verein soll wenigstens 500 Mitglieder zählen. Der jährlich von jedem Mitgliede zu leistende Beitrag von 11 fl. rhn., also bei 500 Mitgliedern die Summe von 5500 fl., soll auf den Abdruck werthvoller, sey es handschriftlicher, sey es älterer schon gedruckter, aber bereits aus dem Buchhandel verschwundener und sehr selten gewordener Schriften verwendet werden, und zwar solcher, die dem germanischen oder romanischen Sprachgebiet angehören und ein allgemeineres Interesse darbieten, also vorzugsweise Schriften geschichtlichen oder poetischen Inhalts. Ein wissenschaftlicher Zweck, nicht Liebhaberei an Sonderbarkeiten oder Bibliomanie soll die Auswahl bestimmen. Uebersetzungen sind ausgeschlossen, sofern das Original noch existirt. Eben so ist der Abdruck solcher Quellen der deutschen Geschichte, die in der großen Pertz'schen Sammlung erscheinen werden, ausgeschlossen.
Die Sammlung soll typographisch auf das würdigste ausgestattet werden und in groß Octav in drei Sectionen erscheinen (Geschichtswerke – Dichtungen – vermischte Schriften). Die Abdrücke sollen ohne Commentationen nach den besten Originalen, die zu bekommen sind, treu copirt und auf das sorgfältigste corrigirt werden. Wie sehr auch kritische Ausgaben mit Erkärungen zu
wünschen wären, so erfordern solche doch Zeitaufwand und Kosten, die das Vermögen des Vereins überschreiten und nicht in seinem Zwecke liegen können. Dagegen werden, wie sich von selbst versteht, werthvolle, nicht zu ausgedehnte Erklärungen zum Text, wenn kein Honorar dafür gefordert wird, mit Dank angenommen.
Zählt der Verein 500 Mitglieder, so können, nach Abzug der Kosten für Correspondenzen, Abschriften, Papier, Satz, Druck, Correctur und Versendungen, jährlich wenigstens 150-180 Bogen, also nach Maaßgabe des Formats 5-6 Bände, und bei einer größeren Mitgliederzahl verhältnißmäßig noch mehr gedruckt werden. Für je 11 fl. jährlichen Beitrags erhält jedes Mitglied ein Exemplar der in dem betreffenden Jahr abgedruckten Schriften, wobei es jedem Mitglied freisteht, auf mehrere Exemplare zu subscribirten. Außer den subscribirten Exemplaren darf, ein kleiner üblicher Rest zur Ergänzung von Defecten ausgenommen, kein Exemplar weiter gedruckt werden.
Ueber die Wahl, welche Schriften überhaupt und welche zunächst abzudrucken seyen, sollen, so weit es möglich ist, alle Mitglieder zu Rathe gezogen werden; denn der Zweck des Vereins kann kein anderer seyn, als den Wünschen aller Mitglieder, und wenn die Meinungen verschieden wären, der Mehrheit zu genügen. Deßhalb werden alle, die dem Vereine beitreten wollen, ersucht, den Unterzeichneten ihre etwaigen Wünsche und Anträge mitzutheilen, auf seltene Schriften aufmerksam zu machen, die Herbeischaffung und Benutzung derselben zum Behuf des Abdrucks zu erleichtern.
Den erlauchten Geschlechtern bietet sich hier eine Gelegenheit dar, werthvolle Papiere aus ihren Archiven einer gewählten Gesellschaft und einem geschlossenen Kreise von Geschichtsfreunden bekannt zu machen. Geschichtsforscher finden Anlaß, neue Entdeckungen mitzutheilen. Bücherfreunde können als Mitglieder des Vereins ihre Seltenheiten gegen einander austauschen, indem sie sie dem Vereine zum Abdruck leihen. Akademien, gelehrten Corporationen und jedem, der berufen und geneigt ist, geistige Bildung zu fördern, wird auch die Verbreitung der seltensten Schätze des Wissens willkommen seyn, und er wird gerne nach Kräften dazu mitwirken.
Weil aber der Verein wahrscheinlich viele weit aus einander wohnende Mitglieder zählen wird, von denen unmöglich in allen Fällen Stimmen eingesammelt werden können, und weil ein Unternehmen dieser Art nur von Wenigen an einem bestimmten Punkte zweckmäßig geleitet werden kann, bieten sich die unterzeichneten ersten Begründer des Vereins auch zu Leitern und Verwaltern desselben an. Stuttgart ist zum Druckort und Centralpunkt des Vereins in vorzüglichem Grade geeignet, vermöge seiner zahlreichen und ausgezeichneten Druckereien, vermöge seines ausgebreiteten litterarischen Verkehrs und weil es in politischer, kirchlicher und akademischer Beziehung einen möglichst neutralen Mittelpunkt darbietet.
Die zuverlässigste Garantie der Gesellschaft gegenüber der Direction wird darin bestehen, daß die Unterzeichneten des Vertrauens und der Mitwirkung der Mitglieder nothwendig bedürfen, um das Unternehmen zu Stande zu bringen und im Gange zu erhalten, worin für sie die unumgängliche Pflicht liegt, sich dieses Vertrauens würdig zu zeigen.
Jedem Mitglied steht zu jeder Zeit der Austritt frei. Wer ein Jahr lang seinen Beitritt nicht bezahlt, wird für das folgende Jahr als ausgeschieden betrachtet.
Eine weitere Garantie der Gesellschaft gegenüber der Direction soll darin bestehen, daß, sobald 500 Mitglieder sich gemeldet haben und der Verein demnach sich constituirt, jedem Mitglied eine Namenliste der Gesellschaft zugeschickt und dasselbe aufgefordert werden soll, aus der Zahl der Mitglieder eine Commission von achtzehn außerhalb Stuttgart wohnenden namhaften Gelehrten zu bezeichnen, von denen, in Verbindung mit den Unterzeichneten, die Wahl der abzudruckenden Schriften abhängen soll. Jene Commission wird aus der Mehrheit der einlaufenden Stimmen hervorgehen, und im Fall ein Mitglied die Wahl nicht annähme, durch das im Stimmenmehr folgende ersetzt werden.
Sobald der Verein sich constituirt hat, werden wir davon (zunächst in der Allg. Zeitung) öffentlich Kunde geben und in den bedeutendsten Städten Commissionäre bezeichnen, durch welche die Beiträge können entrichtet und später die Abdrücke entgegen genommen werden. Die Beiträge müssen vorausbezahlt werden, damit die Auslagen gedeckt und die Abdrücke rechtzeitig im Lauf eines Jahres können vollendet werden.
Je am Jahrestage der Constituirung des Vereins wird von den Unterzeichneten öffentlich Rechnung abgelegt werden.
Wir ersuchen nun Alle, die sich für das Unternehmen interessiren und demselben beizutreten gesonnen sind, ihren Beitritt möglichst bald unter der Adresse des
Litterarischen Vereins in Stuttgart
in frankirten Briefen zu erklären. Nur bei Sendungen, deren Aufnahme zum Druck bereits zugesagt ist, übernimmt der Verein das Porto. – Stuttgart, den 6 December 1839.
Frhr. v. Cotta, k. bayer. Kämmerer. – Gfrörer, Professor, k. Bibliothekar. – Kausler, Archivrath. – v. Kölle, Geh. Legationsrath. – v. Lehr, Geh. Legationsrath, Inspector der k. Privatbibliothek. – Menzel, Dr. – v. Scheuerlen, Dr., Obertribunalrath. – Staelin, Professor, k. Bibliothekar. – v. Wächter, Kanzler der Universität Tübingen etc.
[612]
Rheinischer Kunstverein. Ausstellung im Jahre 1840
Im Laufe dieses Jahres findet die vierte jährliche Ausstellung des Rheinischen Kunstvereins, und zwar in folgender Ordnung statt:
im Mai zu Straßburg;
im Junius zu Mainz;
im Julius zu Darmstadt;
im August zu Mannheim;
im September zu Karlsruhe.
Alle verehrlichen HH. Künstler des In- und Auslands sind demnach freundlich eingeladen, durch Zusendung gehaltvoller Arbeiten auch in diesem Jahre die angekündigten Ausstellungen zu bereichern, und so die Bemühungen des Vereins zur Verbreitung der Kunst und Beförderung des Kunstsinns, im Bereiche seines Wirkens, nach Kräften zu unterstützen.
Im vorigen Jahre sind in den verbundenen Städten 432 Kunstwerke zur Ausstellung gekommen. Davon sind durch die Vereine sowohl als durch Privaten 71 angekauft worden um die Summe von 14,749 fl. Ferner sind für Kupferstiche und Lithographien zur Vertheilung unter die Mitglieder der Vereine 4565 fl. ausgegeben worden – was für Kunstwerke aller Art im Jahre 1839 eine Gesammtausgabe von 19,314 fl. ausmacht.
Um jedoch der Kunst eine ernstere Richtung, einen höhern Schwung zu geben, ist die Einrichtung getroffen worden, daß jedes Jahr einer der verbundenen Vereine einen Preis für irgend eine Aufgabe der historischen oder religiösen Malerei ausstellt. Zu diesem Zwecke hat bereits der Mannheimer Verein in der Einladung zu den Ausstellungen des vorigen Jahres einen Preis von 500 preuß. Thalern auf die Rückkehr Hermanns aus der Teutoburger Schlacht und das Wiedersehen Thusnelda's gesetzt. In diesem Jahre wählt nun der Karlsruher Verein:
Tabitha's Erweckung durch den Apostel Petrus. Apostelgeschichte, Cap. 9. 36-42.
Der dafür ausgesetzte Preis ist 1000 fl. Die concurrirenden Bilder dürfen nicht unter 5 Fuß Länge mit verhältnißmäßiger Höhe haben, und müssen bis Ende Hornungs 1841 an den Karlsruher Verein, oder spätestens bis Anfang der Ausstellungen im Jahre 1841 an den durch die Einladung desselben Jahres dazu bestimmten Verein eingesandt seyn.
Eine andere Einladung ergeht an die HH. Kupferstecher. Um jedes Jahr einen Kupfer- oder Stahlstich von bedeutenderm Werth
unter seine Mitglieder zu vertheilen, deren Zahl sich auf mehr als 3000 beläuft; und immer wächst, wünscht der Verein, daß jedes Jahr dazu passende Arbeiten der Centralconferenz seiner Abgeordneten zur Auswahl vorgelegt würden. Die HH. Kupferstecher also, welche Arbeiten der Art schon angefangen hätten, oder noch anfangen könnten, sind höflichst ersucht, Abdrücke davon nebst ihren Bedingungen an die Direction des Straßburger Kunstvereins, oder an Hrn. Prof. Felsing in Darmstadt, Präsidenten des Rheinischen Vereins, per Mitte Octobers 1840einzusenden.
Für die Ausstellungen übernimmt der Verein die Frachtkosten der Hin- und Rücksendung. Genauere Bedingungen finden sich in gedruckten Einladungen an die Künstler, welche die Expedition dieses Blattes, so wie die Directionen der vorzüglichsten Kunstvereine Deutschlands und Frankreichs mittheilen können.
Im Namen des Rheinischen Vereins der Kunstverein in Straßburg.
Bruch, Präsident.
Frantz, Secretär.
[616-18]
Ankündigung.
Dem §. 17 der Statuten gemäß ladet der unterfertigte Ausschuß die HH. Actionnäre zu einer
am 31 März a. c., Vormittags 9 Uhr,
in der Fabrik abzuhaltenden General-Versammlung ein, um
1) den Bericht über die fortschreitende Ausführung dieser Unternehmung anzuhören,
2) über allenfallsige Anträge der Gesellschaftsglieder zu berathen und zu beschließen, insofern solche dem §. 18, Absatz 9 der Statuten gemäß 4 Wochen vor der Versammlung dem Ausschusse übergeben werden.
Die General-Versammlung beginnt mit der §. 14 der Statuten vorgeschriebenen Legitimation der erscheinenden Gesellschaftsglieder. – Augsburg, den 22 Februar 1840
Der Ausschuß der mechanischen Baumwollspinnerei und Weberei in Augsburg.
Theodor H. v. Froelich, Vorstand.
[588-90]
Edictal-Ladung,
das Schuldenwesen des Jos. Zitter von Großenbrach betreffend.
Joseph Zitter, Bauer von Großenbrach d. G., ist seit einem halben Jahr abwesend, ohne Nachricht von seinem Aufenthalte zu geben.
Auf Antrag seiner Ehefrau Apollonia, geb. Hain, soll gegen den Abwesenden das Prodigalitätsverfahren eingeleitet, und zugleich ein Theil von seinem und der Ehefrau Grundvermögen zu Tilgung der vorhandenen Schulden veräußert werden.
Der Genannte hat sich
binnen drei Monaten
von heute an vor unterzeichnetem Amte über obige Anträge zu erklären, widrigenfalls man denselben mit seinen Einwendungen ausschließen und unter Aufstellung eines Curators in Sachen weiter fortfahren wird.
Kissingen, am 8 Februar 1840
Königlich bayer. Landgericht.
Frhr. v. Rotenhan.
Müllmerstadt..
[591-92]
Königl. würtemberg. Oberamtsgericht Neresheim.
Wiederherstellung der verbrannten Unterpfandsbücher in Unterriffingen nebst Parcellen.
In der Nacht vom 9/10 October v. J. sind mit dem Hause des Schultheißen Schneider in Unterriffingen auch sämmtliche auf die Führung des Unterpfandswesens zu Unterriffingen, Oberriffingen und Michelfeld sich beziehende Acten, und namentlich die Unterpfandsbücher verbrannt.
Die Wiederherstellung der letzteren ist mit höherer Genehmigung dem Verwaltungsactuar Blaicher dahier übertragen worden und es werden nun alle diejenigen, deren derzeit noch bestehende Eigenthums- oder andere dingliche Ansprüche in den verbrannten Unterpfandsbüchern eingetragen waren, hiemit aufgefordert, diese Ansprüche
innerhalb der Frist von 45 Tagen
bei dem erwähnten Verwaltungsactuar entweder mündlich oder schriftlich anzumelden.
Jede solche Anmeldung muß den Namen des Anmeldenden, und wenn derselbe nicht zugleich der Betheiligte ist, auch die Benennung des letztern, den Namen des Schuldners, sodann den Anspruch selbst, so wie dessen Betrag an Capital und Zinsen, so weit letztere in den verbrannten Büchern eingetragen waren, und endlich die Bezeichnung der Güter, auf welche sich die Ansprüche beziehen und die Zeit des früheren Eintrags enthalten.
Insbesondere haben die Anmeldenden die in ihren Händen befindlichen Urkunden, worauf sich die Ansprüche beziehen, namentlich die gerichtlichen Obligationen und Pfandbuchs-Auszüge etc. zu übergeben.
Sind mit einer Forderung in der Person des Gläubigers Veränderungen vorgegangen, so sind auch diese anzuzeigen.
Die rechtliche Folge, welche diejenigen trifft, die dem vorstehenden Aufruf innerhalb des anberaumten Termins keine Folge leisten, besteht darin, daß ihnen zwar eine spätere Anzeige (gegenüber von ihren Schuldnern) unbenommen bleibt, und daß dergleichen später angezeigte Absonderungs-, Vorzugs- und Pfandrechte zwar gleichfalls in die neuanzulegenden Unterpfandsbücher eingetragen werden, jedoch ohne Nachtheil derjenigen Gläubiger, welche ihre Rechte innerhalb des Termins angemeldet und deren Eintragung bewirkt haben, so wie überhaupt ohne Beeinträchtigung der nach diesem Termine entstandenen und bereits eingetragenen Rechte dritter Personen.
Neresheim, den 14 Februar 1840
Königlich würtemb. Oberamtsgericht.
Kiderlen.
[610-11]
Stuttgart.
Verpachtung einer Wirthschaft.
Da der bisherige Wirthschafts-Pächter des Museums ein anderwärtiges Etablissement an Jakobi d. J. übernehmen wird, so ist die Gesellschaft in dem Fall, einen neuen Pachtvertrag auf die Dauer von 6 Jahren abzuschließen, und ladet diejenigen, welche geneigt seyn sollten, die Pacht zu übernehmen, ein, sich in kürzester Frist bei dem Secretariat des Museums zu melden, welches ihnen die näheren Bedingungen eröffnen wird. Die Pacht begreift in sich die Wirthschaft in dem Museumsgebäude und (zunächst auf die Sommermonate) in dem Haus und Garten der Silberburg. Neben der täglichen Wirthschaft, mit welcher sich ein beständiger Mittagstisch leicht verbinden läßt, und bisher verbunden war, und dem Ertrag zweier Billards, hat der Pächter die Bewirthung bei den Bällen und gesellschaftlichen Unterhaltungen, welche den Winter über in jedem Monat wenigstens zweimal in den Sälen des Musesums statt finden. Auf der Silberburg wird den Sommer über wöchentlich ein- bis zweimal Musik gegeben und damit bisweilen eine Tanzunterhaltung verbunden. Die Kosten dieser Unterhaltungen trägt die Gesellschaft, so wie dieselbe auch die Heizung sämmtlicher Gesellschaftszimmer bestreitet. Da die Zahl der ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder der Museumsgesellschaft, ohne Einrechnung ihrer Familienangehörigen, während des Winters über 700, im Laufe des Sommers aber über 800 beträgt, und da neben dem gewöhnlichen Besuch des Museums in jeder Jahreszeit außerordentliche Festmahle vorkommen, so ist für einen gewandten tüchtigen Mann, welcher namentlich der Küche vorzustehen im Stande ist, alle Gelegenheit zu einem anständigen Erwerb gegeben. Die Mobiliareinrichtung in den Zimmern des Museums und der Silberburg wird von der Gesellschaft bestritten, und der Pächter bedarf daher nur eines Capitals von drei bis viertausend Gulden, um sich vollständig einzurichten. Von den Bewerbern werden Zeugnisse und Ausweise über den nöthigen Vermögensbesitz erwartet.
Stuttgart, den 7 Februar 1840
Der Verwaltungs-Ausschuß.
[424-29]
Guts-Verkauf.
Eines der schönsten Güter von circa 800 bayer. Morgen Feld, Wald und Wiesen, ganz arrondirt, in Oberbayern gelegen, ist um 150,000 fl. zu verkaufen.
Die Gründe stehen in höchster Cultur, Schloß- und Oekonomiegebäude etc. lassen nichts zu wünschen übrig. Die Lage ist die anmuthigste, und eignet sich das Ganze vorzüglich zu einer Fideicommiß-Besitzung und zum angenehmen Aufenthalt zu jeder Jahreszeit.
Kaufsliebhaber bittet man, sich ohne Unterhändler in frankirten Briefen an Hrn. Raimund Veit, königl. Professor an der Kreis-Landwirthschafts- und Gewerbsschule in Augsburg zu wenden, der nähere Auskunft geben wird.
[348-51]
A vendre.
Une belle machine à vapeur à haute pression, système anglais perfectionné et construit par Moulfarine, Ingénieur mécanicien à Paris, de la force de 16 chevaux, dans le meilleur état possible, valant le neuf n'ayant fonctionée que six mois au plus, ainsi que les transmissions de mouvement en fonte et ferbattu, coussinets et chaises.
S'adresser pour la voir et en traiter à Monsieur J. Hummel à Kehl ou au Propriétaire C. F. Weiler à Strasbourg.
Zum Verkauf wird angeboten eine schöne Dampfmaschine nebst ihren Verbindungen in Guß- und Schmiedeisen, mit hohem Druck nach englischem Systeme von Mandsley, durch Moulfarine, Mechaniker in Paris, verbessert und verfertigt, von 16 Pferdekraft. Diese Maschine, so gut als neu, hat höchstens sechs Monate in der verunglückten Zuckerfabrik in Offenburg gearbeitet.
Bei Hrn. J. Hummel in Kehl ist die Dampfmaschine zu sehen und zu erhandeln, so wie bei dem Eigner C. F. Weiler in Straßburg.