Großbritannien.
London, 5 Febr.
Das M. Chronicle setzt der neulich aus einem andern Blatte mitgetheilten Personalbeschreibung des Prinzen Albert folgendes in einigen Stücken abweichende Signalement entgegen: „Das Gesicht Sr. Hoh. ist rund, und nur leise gefärbt; die Stirn mäßig breit, am breitesten über dem äußern Augenwinkel, wo man die Protuberationen bemerkt, in denen die Phrenologie die Organe der Musik und Ordnungsliebe erkennen will. Das straff anliegende Haar, das die Stirne ganz frei läßt, ist nicht eigentlich blond, sondern mehr von hellbrauner Farbe, fast wie das Haar der Königin. Die Augenbrauen breit, nur leicht gewölbt und gegen den innern Augenwinkel gesenkt. Die Augen von heiterm Ausdruck, grünlich hellbraun (of a greenish hazel), und nicht groß. Die Nase länglich, unter dem Bug etwas eingedrückt, und gegen die Spitze hin sich wieder etwas hebend, so daß sie im Profil gesehen jener des verstorbenen Lord Byron ähnelt. Der Mund proportionirt, die Lippen von frischer Röthe, mit einem schmalen kurzen Schnurrbart darüber, der, so wie die Augenbrauen und die Wimpern, von etwas hellerer Farbe als das Haar ist. Die Gestalt Sr. Hoh. ist zur Zeit mehr dünn, als schlank; die Haltung aufrecht, die Bewegungen kräftig.“ – Der Spectator meint, wenn in unserer civilisirten Zeit noch mittelalterliche Prinzenentführungen üblich wären, so könnte der ministerielle Signalementverfasser im Chronicle beim „Hue and Cry“ treffliche Dienste thun.
Folgendes (unwahrscheinliche) Gerücht ist in den letzten vierundzwanzig Stunden sehr weit und sehr zuversichtlich verbreitet worden: Lord Melbourne werde mit Lord Lansdowne nach der Vermählung der Königin zurücktreten, Lord J. Russell die Leitung des Ministeriums übernehmen und Lord Durham ins Cabinet eintreten, wobei dann die HH. Ward und C. Buller ministerielle Aemter erhalten würden. Das Parlament soll aufgelöst, und die Aufhebung der Korngesetze (?) und das Ballot (?) zu Cabinetsfragen gemacht werden. Prinz Albert wird zum Feldmarschall ernannt, und einige neue Steuern werden aufgelegt, darunter eine Abgabe auf Salz, um die sinkenden Staatsrevenuen zu stützen. So berichtet der Standard.
Am 4 Febr. legte Lord Brougham dem Oberhause eine Petition von den beiden in der Haft des Unterhauses befindlichen Sheriffs von London und Middlesex vor. Er bemerkte dazu, die Bittsteller wendeten sich an das Haus Ihrer Lordschaften nicht bloß in seiner legislativen Eigenschaft, sondern auch als an das höchste Berufungstribunal des Hauses, zumal da die Sheriffs Beamte desjenigen Gerichtshofs (Sheriffs' court) seyen, über welchen Ihren Lordschaften eine unzweifelhafte Controle zustehe. Bei der Uebernahme ihres Amtes hätten die Sheriffs geschworen, alle ihnen übermachten geschriebenen Befehle der Königin nach ihrem besten Wissen und Können zu vollziehen; mehr hätten sie auch in dem betreffenden Falle nicht gethan. Der Redner ging in eine lange rechtsgelehrte Erörterung ein, und eiferte gegen die „Ungerechtigkeit und den Despotismus“ des Hauses der Gemeinen, wobei er jedoch einräumte, daß das Oberhaus zu einer näheren Einmischung in den Handel nicht befugt sey. Lord Melbourne entgegnete, eben aus letzterer Rücksicht würde sein edler und gelehrter Freund wohl klüger daran gethan haben, diese Frage nicht mit solcher Leidenschaft aufzufassen. Lord Brougham ward über diese Entgegnung noch hitziger, und rief aus, er spreche ungescheut seine Ueberzeugung aus, wiewohl er Angesichts solcher Willkür befürchten müsse, bei seinem Weggehen aus dem Parlamentshause durch den Stabträger der Gemeinen verhaftet zu werden, denn diese despotische Versammlung brauchte ja nur zu behaupten, er habe dessen Privilegien verletzt, und dabei zu verhehlen, daß diese angebliche Verletzung in einer Parlamentsrede bestanden, so könne es ihn einsperren bis zum Ende der Session. – Lord Melbourne hielt der Tapferkeit und Kriegserfahrenheit, die das indobrittische Heer in Afghanistan bewiesen, eine warme Lobrede, und beantragte ein Votum des Dankes an dasselbe. Der Herzog v. Wellington und Lord Hill, der Oberbefehlshaber der brittischen Heere, stimmten in dieses Lob mit ein. Der erstere, der jedoch die Bemerkung vorausschickte, daß er hier rein die Kriegsoperationen selbst, nicht die Politik im Auge habe, äußerte unter Anderm: „Mylords! Durch Zufall erhielt ich einige Kenntniß von den Anstalten zu diesem großen Kriegsunternehmen, und ich muß sagen, mir ist kein Fall bekannt, wo die Pflichten eines Generalstatthalters von Indien in größerem
Umfang erfüllt, für alle Möglichkeitsfälle, für all die verschiedenen Ereignisse, die während dieses Feldzugs eintreten konnten und wirklich eintraten, umsichtigere und angemessenere Vorkehrungen getroffen wurden.“ (Hört!) – Lord Brougham fragte, ob für den möglichen Fall – Gott wolle ihn verhüten! – daß die Königin mit Hinterlassung eines unmündigen Thronerben stürbe, eine legislative Maaßregel vorbereitet sey oder vorbereitet werden solle. Ministeriellerseits erfolgte keine Antwort. Hierauf brachte der Bischof von Exeter den Socialismus (s. Nro. 41 der Allg. Zeitung) abermals in großer Ausführlichkeit zur Sprache, und schloß mit der Motion, Ihre Maj. sey in einer Adresse um Erlassung eines Befehls zu bitten, daß wegen der beunruhigenden Zunahme gotteslästerlicher und revolutionärer Schriften, die besonders von der Secte der Socialisten ausfließen, strenge Untersuchungen eingeleitet und geeignete Maaßregeln zur Unterdrückung dieses Uebels ergriffen werden. Die Unterdrückung dieser Zeitungen und Flugschriften, meinte der Bischof, könne nicht schwer halten, die Regierung solle nur die zum Theil aus gestempelten Zeitungen bestehenden Schriften und die Pressen selbst mit Beschlag belegen lassen. Der Prälat las ein Schreiben des verstorbenen (sehr christlich gesinnten) Wilberforce, worin derselbe sich über Owens Charakter minder günstig ausspricht, als neulich Lord Brougham behauptete. Man müsse, so schloß der Prälat, das Volk lehren, daß ein Gott sey; außerdem würden die oberen Classen bald zu ihrem Schrecken erfahren, daß es einen Teufel – einen Teufel in der Menschenseele – gebe. Der Erzbischof von Canterbury unterstützte den Antrag mit Wärme. Die Minister Lord Melbourne, Normanby und Lansdowne hätten es zwar lieber gesehen, wenn die Sache ganz der Regierung überlassen worden wäre, die in einigen Fällen gegen die Veröffentlicher religions- und sittenwidriger Schriften der Art bereits gerichtliche Verfolgungen angeordnet habe, Lord Lansdowne erinnerte namentlich an das Schicksal des dem Socialismus verwandten Saint-Simonismus, der in Frankreich – unter einem weit weniger ernsten, weit weniger vom Geiste des Christenthums durchdrungenen Volke – schon nach wenigen Jahren an seiner eigenen Absurdität abgestorben sey; schlüßlich aber wurde die Motion ohne Abstimmung angenommen.
In der Unterhaussitzung am 4 Febr. wurde die Naturalisationsbill für Prinz Albert zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord J. Russell zeigte an, daß die Regierung im Laufe dieser Session eine Bill zur Reformirung der geistlichen Gerichtshöfe einbringen werde. Der Sprecher ward ermächtigt, einen Verhaftsbefehl gegen Stockdale's rückfälligen Advocaten, Hrn. Howard, zu erlassen, der bisher allen Vorladungen zum Wiedererscheinen an der Schranke des Hauses keine Folge geleistet. Hr. Slaney nahm nach längeren Debatten eine Motion zurück, welche die Anordnung einer allgemeinen Untersuchung hinsichtlich der Ursachen der unter den arbeitenden Classen herrschenden Unzufriedenheit zum Zweck hatte. Lord J. Russell widersetzte sich dem Antrag als zu weit und unbestimmt. Hr. Sergeant Talfourd ward ermächtigt, seine durch ungünstige Zufälligkeiten durch zwei Sessionen verzögerte Bill zur Verbesserung der Gesetze über litterarisches Eigenthum (copyright) wieder einzubringen. – Im Anfange der Unterhaussitzung vom 5 Febr. machte Lord Morpeth, der Generalsecretär für Irland, die wichtige Anzeige, daß die Regierung die Absicht habe, eine Bill gegen den irischen Absentismus einzubringen (vermuthlich zu einer Extra-Besteuerung der irischen Grundherren, die ihre Einkünfte außer Landes verzehren, zu Gunsten des irischen Armen- und Schulwesens).
* London, 4 Febr. Die Minister haben sich genöthigt gesehen, um nicht die auf nächsten Montag anberaumte Vermählungsfeier aufschieben zu müssen, die Clausel in dem Einbürgerungsgesetz des Prinzen Albert, wodurch ihm sein Rang gleich nach dem der Königin bestimmt werden sollte, zurückzunehmen. Lord Melbourne sagt, man werde ein anderesmal darauf zurückkommen; aber aus der Besorglichkeit, womit Brougham und einige Torycollegen des edlen Lords darauf hinwiesen, wie nöthig es sey, daß ein solcher schwankende Punkt ein- für allemal vom Parlament bestimmt werde, läßt sich abnehmen, daß die Partei inne geworden ist, sich verrechnet zu haben. Die Regierung scheint nämlich die Absicht zu haben, wie bei der Veranstaltung eines Erziehungsraths geschehen, das Parlament zu umgehen, und die Krone aus eigener Machtvollkommenheit (denn der Monarch ist ja selbst der Verfassung nach die Quelle aller Würden und in der Vertheilung derselben unbeschränkt) thun zu lassen, was sie aus Höflichkeit vom Parlament ververlangte, und eine Partei ihr versagte. Die Regierung würde nichts dabei wagen, so sehr auch die Tories über die Ausdehnung der königlichen Macht schreien würden. Denn die Liberalen würden darin nur eine Demüthigung einer Oligarchie erblicken, gegen die sie sich nur zu gern durch die Macht der Krone verstärken. Es ist überhaupt traurig, wie heutzutage die Parteien gegen die edlen Institute des Landes wüthen, und eines um das andere schwächen. Zwar haben die Ultratories und ihre Organe, von der öffentlichen Meinung beschämt, aufgehört, öffentlich gegen die Königin zu schimpfen, wie O'Connell und einige Radicale genöthigt wurden, die vor einigen Jahren angefangenen Umsturzversuche gegen das Oberhaus bald wieder fallen zu lassen. Aber derselbe Geist weht in dem Widerstande, den die Tories eben wieder gegen das unschuldige Verlangen einer jungen Fürstin, dem künftigen Gemahl, dem Mann ihrer Liebe, den ersten Platz an ihrem Throne anzuweisen, gezeigt haben, und würde aus dem Beifall aller Reformer hervorleuchten, den sie einem Gewaltstreich der Krone gegen den Adel zollen würden. So drängen sich nun auch hohe und niedrige Tories von allen Seiten herbei, um den gefangenen Sheriffs den Hof zu machen, und sie in ihrem Widerstand gegen das Unterhaus zu ermuntern; während in derselben Absicht Advocaten und Anwälte sich zu Hunderten herbeigedrängt haben, um Erklärungen zu unterschreiben, welche das innerste Wesen, ja die Existenz dieses allwichtigen Instituts zu zerstören drohen, und Mitglieder des Hauses selbst suchen durch allerlei Vorschläge und selbst Chicanen dasselbe verächtlich zu machen. Was man aber von der Einheit und Einigkeit dieser Partei denken müsse, erhellt offenbar daraus, daß sie als Willkür, Verhöhnung der Gesetze und der Rechtspflege, freche Gewaltthätigkeit brandmarken, was ihre Häupter, Peel, Stanley, Graham, Hardinge, Goulburn (Männer, welche allein Mitglieder eines Ministeriums von ihrer Partei werden könnten), als recht, billig, ja fürs gemeine Wohl nothwendig erklärt haben, und noch immer fort erklären. Noch gestern Abend wurde die Sache wieder vors Haus gebracht, indem es sich zeigte, daß Stockdale's Anwalt, Howard, der Vorladung des Hauses Hohn spricht, und doch von Tories in Schutz genommen ward; aber die meisterhafte Rede des neuen Generalfiscals (Wylde) mußte jeden Unbefangenen überzeugen, daß das Unterhaus im Recht ist, und die Tories aufs widersprechendste zu Werke gehen. So auch helfen viele von ihnen, nebst vielen ihrer Journale, den Chartisten in ihren Bemühungen die Minister zur gänzlichen Freigebung von Frost und Consorten zu nöthigen, sollte ein solches Verfahren auch noch so sehr zu neuen Aufstandsversuchen führen. Hätten sie doch dabei die Freude, sagen zu können,
die Nachlässigkeit der Kronbeamten (und zwar eine geflissentliche Nachlässigkeit, um ein solches Resultat zu bewirken) sey an allem Unheil Schuld. Auch muß man gestehen, daß es ganz den Anschein hat, als habe man die Sachen so angelegt, um diesen Leuten wenigstens das Leben zu retten. Mehr aber werden die Minister nicht thun; indem sie bereits die Delinquenten an Bord der Gefangenenschiffe transportiren lassen, offenbar mit solcher Schnelligkeit, theils um denselben alle weitere Hoffnung abzuschneiden, theils um einen etwanigen Aufstand in der Gegend zu deren Befreiung und mögliches Blutvergießen zu verhindern. – Zu Bolton in Lancashire hat vorige Woche ein Aufstandsversuch stattgefunden, ist aber ohne Mühe und ohne daß es einen Tropfen Blutes gekostet hätte, unterdrückt worden. Das Schloß zu York ist voll von Staatsgefangenen. Sonst ist's im Lande ruhig; und Handel und Gewerbe scheinen sich auch um ein Weniges heben zu wollen. Der hiesige Lordmayor hat, von einer großen Anzahl einflußreicher Kaufleute und Bürger aufgefordert, eine Versammlung gegen die Getreidegesetze berufen. – Man hebt aus den letzten großen Debatten allerlei Merkwürdigkeiten heraus. Unter andern enthüllte Peel ein bisher unbekanntes Geheimniß. Als nämlich das Wellington'sche Cabinet im Anfang 1829 zum Entschluß kam, daß die Emancipation der Katholiken dem Parlament vorgelegt werden müsse, widersetzte sich Georg IV so hartnäckig, daß am Morgen des 4 Febr., am Tage vor dessen Versammlung, die Minister Windsor verließen, nachdem sie ihre Stellen niedergelegt hatten. Nur in der Nacht darauf erhielten sie des Königs Erlaubniß, und mußten am folgenden Tage davon Gebrauch machen, ohne Zeit gehabt zu haben, ihre Freunde und Unterstützer vorher von ihrem so außerordentlichen und ihnen so unerwarteten Entschlusse in Kenntniß zu setzen.
Frankreich.
Paris, 7 Febr.
In der Sitzung der Deputirtenkammer am 6 Febr. sprach in Bezug auf den Vorschlag des Hrn. Gaugnier noch Hr. Murat-Ballange, und ermahnte die Kammer, bei Mißbräuchen eine strenge Polizei gegen sich selbst auszuüben und dafür Censoren in der Kammer einzuführen. Auch wünscht er, daß man den Deputirten Taggelder bewillige. Hr. Berville meint, nur die Wähler können Garantien darbieten, und dieß sey hinreichend. Hr. Jaubert spricht sich in einer pikanten Improvisation gegen die Beamten aus, die in der Kammer opponiren, und erklärt, daß er den Vorschlag des Hrn. Gaugnier unterstützen würde, wenn ein beigefügtes Amendement die Entfernung der kleinen Beamten aus der Kammer verlange, die für die Versuchungen der Staatsgewalt auf gleiche Weise wie für die Versprechungen der Opposition mehr als andere zugänglich seyen. Hr. Villemain sprach umständlich gegen alle diese Vorschläge, worauf, nach dem Antrag des Hrn. Odilon-Barrot, die Discussion auf den folgenden Tag verschoben wurde, obgleich viele Stimmen zur Abstimmung riefen.
In der Sitzung der Deputirtenkammer am 7 Febr. sprach in der Debatte über den Vorschlag des Hrn. Gauguier zuerst Hr. Dozon besonders gegen die Aeußerungen des Hrn. Murat-Ballange in der vorigen Sitzung. Man hatte eine Rede von Hrn. Berryer erwartet, der sich aber, so wie die HH. Thiers und Guizot, die in der Sitzung waren, nicht äußerte. Hr. v. Tracy hielt einen umständlichen Vortrag zur Unterstützung des Vorschlags des Hrn. Gauguier. Es sey endlich Zeit, einem Uebelstande abzuhelfen, den Jedermann fühle. So wie die ministerielle Gewalt auf irgend eine Weise in die Wahlen eingreife, sey es um die Wahlfreiheiten geschehen. Dann folge Schwächung des Ansehens der Beamten und Vermehrung der Staatslasten. Der Redner erklärt sich zum voraus geneigt, alle Vorschläge anzunehmen, welche diese Gefahr beseitigen könnten. Seine Rede ward mehrmals durch Murren unterbrochen. Hr. Dubois erklärte sich in einem Vortrage, der mehrere stürmische Auftritte in der Kammer veranlaßte, gegen die Vorschläge des Hrn. Gauguier. Hr. Odilon-Barrot meint, der Vorschlag des Hrn. Gauguier sey jetzt zu einer gewissen Reife gekommen, und er müsse irgend eine Art von Lösung in der Kammer erhalten. Man müsse zwischen den extremen Parteien eine versöhnende Maaßregel ergreifen. Er gehöre nicht zu denen, die sagen: Alles oder nichts! Er sey für Verbesserungen und blicke eher in die Zukunft als in die Gegenwart. (Abgang der Post.)
Das Paket, welches, wie gestern erwähnt worden, in der Deputirtenkammersitzung vom 6 Febr. von der Tribune herab in den Saal geworfen wurde, enthielt eine Anzahl gedruckter Blätter, welche die Deputirten von Hand zu Hand herumreichten. Auf der ersten Seite las man die Worte: Gott, das Gesetz, der König; auf der zweiten Seite stand mit großen Buchstaben: Franzosen lest und erbleichet vor Entsetzen! Der Rest der Broschüre bestand aus Auszügen einer gerichtlichen Statistik, welche von mehreren Journalen veröffentlicht werden, mit Zusätzen von dem Buchbinder Ruel, Verfasser der Blätter, versehen. Ein letzter Artikel führte die Ueberschrift: „Ruel, Buchbinder, an die Mitglieder der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften, so wie an alle Eusèbe Salverte der Session.“ Die sehr verworrene Prosa des Hrn. Ruel war auch mit reimlosen Versen untermischt. Das Individuum, welches die Schriften von der Tribune herabgeworfen hatte und dafür hinausgewiesen wurde, war, wie man erfuhr, der Verfasser selbst.
Das schon seit mehreren Tagen erwartete Pamphlet des Hrn. v. Cormenin gegen die Dotation des Herzogs von Nemours ist erschienen. Die Gazette de France, der National und andere Journale enthalten bereits Auszüge.
♀Paris, 2 Febr. Die Gesinnungen der Kammern und der Regierung stumpfen sich immer mehr ab durch Aneinanderspülen der Wellen und jene Art matten Kampfes der Cabalen, mit denen sie einander befehden; nicht Ein großes Gemüth, nicht Ein großer Geist wird geboren. Die Herzen sind wie ein Schwamm, in dem kaum ein vegetatives oder polypenartiges Leben sich mehr verspüren läßt. Dieß ist die nothwendige Folge der Nichtheilighaltung des Wortes, des Verzettelns in Phrasen und todten Maximen, des Abgangs aller Richtung im Leben. Klugheit ist der höchste Ausdruck der jetzigen Talente, und Glanz der einzige Körper, in dem sie erscheinen möchten; daher die furchtbare Indifferenz über alle Vorfälle in Regierung und Kammern. Solch eine kalte Gleichgültigkeit gegen das Bestehende hat es vielleicht noch niemals in der Geschichte gegeben. Ist aber deßhalb alle Kraft und aller Enthusiasmus erloschen? Keineswegs. Die große Kraft der Herzen beurkundet sich schon in dem einen Factum der Ausdauer der Soldaten in Afrika, wo wahrhafte Eisennaturen zusammengehärtet und geschmiedet werden; und diese Kraft der Bravour lebt in der innersten Seele der französischen Nation, wie in keiner andern, so wie auch das reizbarste fast weibliche Ehrgefühl. Trotz dessen versinkt die ganze legislative, administrative und bürgerliche Welt in den krassesten Egoismus. Franzosen, die sich selbst leiten und führen, sind rein undenkbar. Sie bedürfen irgend eines Vorgängers, Heinrich IV, Ludwig XIV, Richelieu, oder einer Jeanne d'Arc, oder eines Napoleon. Ohne irgend eine derbe und feste Personification und Individualisirung ihrer
Gemüthslagen, geben sie sich immer selbst auf, fluthen von wildem Jähzorn in unbestimmte Weichlichkeit und umgekehrt, eben wegen der rastlosen Beweglichkeit ihres Geistes.
* Lyon, im Febr. Lange schon hat man in Deutschland zwischen Gebildeten und Ungebildeten einen, wiewohl ziemlich elastischen Unterschied machen wollen, hat in geselliger Form oder Wissenschaft diese Bildung gesucht. Manchem gelehrt Gebildeten fehlte die feine Umgangsform, manchem reichen Mann von Welt selbst der Anflug von Gelehrsamkeit. Noch weniger ist in Frankreich dieser Unterschied richtig. Eigentliche Gelehrsamkeit ist der Besitz Weniger; die Colléges sind schlechte Schulanstalten; zwei Drittel der Schüler rutschen durch die Classen, ohne was Rechtes zu lernen, und vergessen in kurzer Zeit, worin sie mit Noth abgerichtet waren. Der aus der Volksschule gehende Bürgerssohn weiß seine Orthographie, sein Rechnen so gut wie jener, und bildet sich in großen Städten durch öffentliche Curse, durch Zeitungen, Zeitschriften, selbst durch Romanlecture. Nur die Gesellschaft und zwar die kostspielige Salongesellschaft bildet den Geist oder die Kenntnisse weiter; hier lernt der Franzose, bei der Beweglichkeit des Geistes und bei dem Drange sich durch Witz und Verstand geltend zu machen, am meisten. Hier auch lernt man den stets wechselnden Gebrauch in den Umgangsformen der Tracht, der Sprache, der Geste. Man könnte also, da hier Alles vom Gelde abhängt, die Franzosen in Salon-, Café- und Cabaretfähige theilen, was so ziemlich mit der jetzigen Unterscheidung in Wählbare, Wahlfähige und Nichtwähler zusammentreffen wird. Nur von Vermögen begleitete Intelligenz kann politische Bedeutung gewinnen; daher entspringen: Mittelmäßigkeit der Kammern; Furcht und Mangel an Energie in der Verwaltung; Geldschneidereien aller Art in Gewerben und im Handel und in der Verwaltung; Käuflichkeit der Schriftsteller; Corruption überall. Gelingt es nun der armen Intelligenz nicht, zur legalen Vertretung zu gelangen, da die Deputirtenkammer im eigenen Interesse jede Ausdehnung des Wählerbereichs als unzeitig hinausschiebt, so muß sie sich in den Journalen eine Tribune erschaffen. Tribune war der Titel des ersten antimonarchischen Journals, einer Extratribune des extralegalen Frankreichs mit extralegalen Tendenzen. Diese Deputirtenkammer der Presse muß sich also an die Masse der physischen Kräfte im Bürger- und Soldatenstande wenden und endlich, von Consequenz zu Consequenz getrieben, wie die dynastischen Oppositionsblätter sich an Coterien anschließen, so ihren Anhang in geheimen Gesellschaften zu organisiren suchen. Das ist die Geschichte der antimonarchischen Opposition. Sie zu schwächen gab es nur Ein Mittel, und die Juliusregierung hat es verschmäht oder übersehen. Statt den ärmern Volksclassen, wie dieß überall in Deutschland geschah, durch Unterstützung das Studiren und den Zutritt zu Staatsämtern zu erleichtern, dieselben nach Verdienst und nur nach strengen Prüfungen zuzulassen, werden die Boursen nach Gunst und meistens an wohlhabendere Familien vertheilt, kommen die Reicheren (und hier könnte ich viele Thatsachen anführen) noch immer mit Leichtigkeit durch die Examina, tragen bei allen Anstellungen die meisten Empfehlungen den Sieg über die größten Talente davon. Aber alle dergleichen Mißklänge vernimmt man um so stärker, je drohender die Haltung der verletzten Interessen wird. Die Reformpetitionen, durch Lafitte und seinen großen Anhang unterstützt, sind eine dieser verwirrenden Manifestationen, deren Folgen unberechenbar sind, und daher ist der noch vor einigen Tagen von Lafitte ausgesprochene Grundsatz: „die Reformen verhüten die Revolutionen“ seit lange schon zu sehr Gemeinplatz, um nicht in dem Munde des Revolutionsagenten von 1830 eine ernstliche Drohung zu werden. – Auch in Lyon ist eine neue Monatschrift unter dem Titel: la Démocratie lyonnaise mit Anfang dieses Jahres erschienen, deren Redacteur, Riviere cadet, Cattun- oder Crepedrucker ist, früher das Arbeiterjournal l'Echo de la Fabrique redigirte, und als Exsaintsimonist und Schüler Fourriers der Repräsentant der arbeitenden Classen war. Nach den Aprilunruhen 1834 entwischte er einer Verhaftung, stellte sich später vor der Pairskammer und ward freigesprochen. Das erste Heft seiner Zeitschrift gibt eine Geschichte der Demokratie mit der Ueberschrift: „als Adam hackt' und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?“ und beginnt mit den Worten: „Ich möchte weder Sklave noch Barbar seyn, sagt Aristoteles.“ In acht Capiteln, von einer ruhigen geschichtlichen Entwicklung zum Ausdruck der Leidenschaft übergehend, schließt der Verfasser: „les lois de Septembre ne nous ont presque laissé á remuer que la poussière des tombeaux,“ und nach einigen Zwischensätzen: „la dynastie nouvelle est fille du peuple et tout enfant est maudit qui frappe et meurtrit le sein de sa mère.“ Es ist evident, daß dergleichen Zeitschriften eine Fahne werden, die der Redacteur entfaltet, wenn er Zulauf hoffen darf, daß aber bei der Stockung unserer Fabriken es leicht wird, wie früher auf einen Tarif so jetzt auf die Wahlreform als auf die einzige Planke des Heils die Arbeiter hinzuweisen. Wir können nicht glauben, daß man beabsichtige, Lyon noch einmal den Gefahren eines Bürgerkriegs auszusetzen, denn das wäre unmöglich, aber ein passiver Widerstand, auf welchen schon Gazette de France und National hindeuten, würde das Gouvernement in große Verlegenheit setzen. Auf jeden Fall sind diese innern Verhältnisse von viel größerer Wichtigkeit als die äußere türkisch-ägyptische Frage. Es gibt in Hierarchie, Monarchie, Aristokratie, Constitutionalismus und Demokratie ein pentarchisches Kämpfen in Europa, das sich in dem französischen Volke nach allen Richtungen zugleich zeigt.
Deutschland.
*̲München, 10 Febr. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten erstattete Frhr. v. Rotenhan Bericht über den wieder vorgelegten modificirten Gesetzesentwurf die
Einreichungszeit des Budgets betreffend. Der Referent faßte die Einwürfe, welche bei der Berathung in der fünften Sitzung der Abgeordnetenkammer erhoben worden, im Ganzen so zusammen: die Abänderungen von Verfassungsbestimmungen seyen überhaupt bedenklich, und die gegenwärtige nicht nöthig, da gegen die bisherige abweichende Uebung eine Beschwerde nie erhoben worden; insbesondere aber erscheine diese Abänderung unräthlich wegen Verkürzung des Termins für die Vorlage des jedesmaligen neuen Budgets bis auf sechs Monate; denn es werde hiedurch die Zeit zur Berathung und Schlußfassung über das Budget und die übrigen Gegenstände ständischer Wirksamkeit zu sehr beschränkt, wenn die Sitzungen noch vor Eintritt der neuen Finanzperiode beendigt seyn sollen, und bei längerer Dauer werde der Zustand eines Provisoriums veranlaßt; verspätete Promulgirung des Finanzgesetzes könne die regelmäßige Wiederkehr der Landrathsversammlungen unterbrechen, und leicht bewirken, daß sie für ein ganzes Jahr ausfielen; ferner könnten nach Verabschiedung des Budgets die äußern Aemter erst nach vielen Vorarbeiten die Steuern geeignet erheben, namentlich in der Pfalz, wo nicht bloß die Repartition der Steuern, sondern auch die executorische Erklärung der Steuerrollen durch den Landrath vorhergehen müsse, ehe die zwangsweise Erhebung der Steuern erfolgen könne; endlich würden die Sommerlandtage Regel, die nicht allein den meisten Mitgliedern der beiden Kammern lästig wären, sondern auch den Bestand der Kammer der Reichsräthe gefährden könnten. Es werde nun, fuhr Referent fort, zu erläutern seyn, ob diese Einwendungen auch gegen den dermaligen Gesetzesentwurf stattfinden oder nicht. Die entschiedenste Demonstration gegen die Fortsetzung der bisherigen abweichenden Uebung liege in der Vorlage des ersten Gesetzesentwurfes und der ablehnenden Abstimmung der Kammer der Abgeordneten; man müsse daher in Zukunft an dem Buchstaben des §. 6 festhalten, oder eine Aenderung des Termins im verfassungsmäßigen Wege herbeiführen. Nach §. 6 soll die Budgetsvorlage nicht später als ein Jahr vor Beginn der neuen Finanzperiode, aber auch nicht früher als sechs Jahre nach der letzt vorhergegangenen Budgetsvorlage erfolgen. Beide Termine fallen nicht mehr auf einen Tag, und überhaupt lasse sich für eine solche Regierungshandlung nicht der engbegränzte Termin eines bestimmten Tages festsetzen. Eine Nachhülfe im Gesetze, hienach also die Abänderung des §. 6 müsse stattfinden, und bleibe nur noch die Frage über die Terminsänderung selbst. Der §. 6 nach dem neuen Entwurfe unterscheide sich von der bestehenden Fassung Der §. 6 des Titt. VII. der Verfassungsurkunde lautet also: Ein Jahr vor dem Ablaufe des Termins, für welchen die fixen Ausgaben festgesetzt sind, somit nach Verlauf von sechs Jahren, läßt der König für die sechs Jahre, welche diesem Termine folgen, den Ständen ein neues Budget vorlegen. dadurch, daß nun der Zwischensatz „somit nach Verlauf von sechs Jahren“ wegbleibe, dann das Wort „spätestens“ an die Spitze gestellt werde. Diese Abänderung, welche im frühern Entwurfe enthalten gewesen, sey von der Kammer nicht beanstandet worden. Die weitere Unterscheidung bestehe nun in dem festgesetzten Termine von „neun Monaten“ statt „eines Jahrs.“ Dieß sey nun die hauptsächlichste Veränderung. Gegen die Beibehaltung des einjährigen Termins habe die Regierung im Wesentlichen bemerkt, daß zur Stellung, Revision und Superrevision sämmtlicher Jahresrechnungen, dann ihrer Zusammenstellung zur Generalfinanzrechnung die Zeit eines Jahres nicht ganz hinreiche, weßhalb mit Beibehaltung des ganzjährigen Termins die Rechnungen des 4ten Jahres einer Finanzperiode noch nicht als rechnungsrichtig hergestellt benützt werden könnten – ein Mißstand, der allerdings nachtheilig auf die materielle Behandlung der Sache wirken müsse. Darüber sey auch die große Majorität der Kammer einig gewesen, nur das Hinausschieben um sechs Monate habe sie zu den erwähnten Einwendungen veranlaßt. Der neue Gesetzesentwurf halte die Mittelstraße; er vermeide die Mißstände der alten Fassung, erhalte das dem seitherigen Usus zu Grunde liegende Zweckgemäße, und begegne gleichzeitig allen Mißständen und Gefahren eines zu kurzen Termins. Neun Monate reichen hin zur gründlichen Erledigung aller ständischen Aufgaben und dürften auch noch die Zeit zur Versammlung der Landräthe übrig lassen, und hiernächst alle Stockungen im Staatsorganismus abwenden; überdieß falle nun der Beginn des Landtags in den Anfang des Winters, welche Zeit von allen Seiten bereits als der zweckmäßigste und erwünschteste Anfangspunkt der Versammlung bezeichnet worden sey. Da demnach dieser Entwurf nicht allein allen frühern Bedenken begegne, sondern auch den meisten geäußerten Wünschen entspreche, beantrage er (Referent) die unbedingte Annahme des Entwurfs. – Der zweite Ausschuß (für Steuern), welcher mit dem ersten (für Gesetzgebung) zur Berathung hierüber am 8 d. M. zusammengetreten war, hatte sich in dieser gemeinschaftlichen Sitzung bereits mit diesem Antrage des Referenten einverstanden erklärt. – Der erste Präsident (Hr. Graf v. Seinsheim) setzte nun dem Reglement gemäß die Berathung über diesen Gesetzesentwurf auf drei Tage hinaus, und bestimmte sie deßhalb auf Donnerstag den 13 d. M.; allein Dekan Vogl bemerkte, da dieser Gesetzesentwurf schon so viel besprochen und berathen worden, da zwei ausführliche und gründliche Referate darüber vorhanden seyen, da die beiden Ausschüsse einstimmig für dessen unbedingte Annahme gestimmt haben, dieser neue Gesetzesentwurf den Wünschen entgegenkomme, welche in der Mitte dieser Kammer ausgesprochen worden, dieser Gesetzesentwurf ein neues Merkmal einer erhabenen und höchst erfreulichen Gesinnung sey, da endlich Vertrauen auch wieder Vertrauen erwecke – ein Vertrauen, das wie Ariadnens Faden aus jedem Labyrinthe wieder zum freundlichen Lichte führe, so schlage er vor, daß dieser Gegenstand ohne weitere Discussion sogleich zur Abstimmung gebracht werde. Der Meinung, daß dieser Gegenstand, wenn auch nicht sogleich zur Abstimmung, doch jetzt schon zur Berathung reif sey, indem die Kammer bereits hinreichend hierüber informirt sey, schlossen sich an die HH. Frhr. v. Freyberg, Lambert, Frhr. v. Rotenhan, Bestelmeyer und Tischer. Frhr. v. Thon-Dittmer fand aber gegen diese Meinung ein Hauptbedenken darin, daß auf der Tagesordnung der Vortrag über diesen Gesetzesentwurf, nicht auch dessen Berathung angekündigt sey; der Beschluß, den dieser Antrag in Aussicht stelle, würde eine Ausnahme von der Regel statuiren, und insofern möchte es gerathen seyn, an den Bestimmungen der Geschäftsordnung festzuhalten. – Allein Freihr. v. Freyberg berief sich hinwieder auf Art. 80 der Geschäftsordnung, nach welchem im concreten Falle allerdings diese Ausnahme auf besondern Beschluß der Kammer statt finden könne. – Hr. Stöcker theilte zwar auch die Ansicht des Hrn. Vogl, glaubte aber gleichwohl auf seinen Antrag nicht eingehen zu können, weil man, wie derselbe sich äußerte, immerhin mit Ueberlegung handeln müsse, und sich keiner Uebereilung schuldig machen dürfe. Zu dieser Ansicht bestimme ihn noch mehr ein gemeiner Schmähartikel, der unlängst in der Augsburger Postzeitung Nro. 34 vom 3 d. M. erschienen sey, und wovon die Kammermitglieder
bereits Kenntniß haben werden. Der Schreiber dieses Artikels irre sich sehr, wenn er glaube, daß jene zwei Männer, Die HH. Dr. Schwindl und Dekan Vogl. welche ihre Ansicht frei in der Mitte der Kammer ausgesprochen haben, deßhalb weil sie durch dessen Angriff compromittirt worden, in der Achtung der Kammermitglieder gesunken; ja, wenn es je möglich sey, sey diese Achtung nur noch mehr gesteigert worden. Er wisse wohl, daß auch die Regierung hierüber ihre Mißbilligung ausgesprochen habe; allein für solche Beleidigung gebühre diesen beiden Männern öffentliche Satisfaction. Sie haben die Rechte des Volkes vertheidigt; er sey überzeugt, daß sie auch mit demselben Feuereifer die Rechte der Krone vertheidigen, wenn diese bedroht würden. Er beantrage daher die Vertagung, und erkläre übrigens, daß er für den Gesetzentwurf stimmen werde, da er sich bereits in der frühern Berathung für die Modification von 9 Monaten erklärt habe. – Nachdem hierauf Hr. Dekan Friedrich dieser Aeußerung sich anschließend gleichfalls sein Mißfallen über den fraglichen Zeitungsartikel ausgesprochen hatte, erhob sich der königl. Minister des Innern Hr. v. Abel und bemerkte: wenn er über diesen Gegenstand das Wort nehme, so geschehe es nur, um die Kammer davon in Kenntniß zu setzen, daß an dem Tage selbst, an welchem das betreffende Blatt hier eingetroffen, sogleich vom Ministerium des Innern an das Präsidium der Regierung von Schwaben und Neuburg die erforderliche Weisung ergangen sey, um den Censor zur Verantwortung zu ziehen, und die Einleitungen zu treffen, die dieser strafwürdige Artikel in Anspruch nehme. Das Verfahren des Censors habe dem Ministerium um so befremdender seyn müssen, als an alle Censoren die bestimmte Weisung ergangen gewesen, keinem Artikel die Aufnahme zu gestatten, worin beleidigende Ausdrücke gegen ein Mitglied der hohen Ständeversammlung enthalten seyen. – Die Kammer erklärte sich nun mit einer Majorität von 52 gegen 49 für die Vertagung der Discussion.
Kurhessen, 3 Febr. In der letzten Zeit kam es vor, daß einem angesehenen Kasseler Bürger die Herausgabe einer politischen Zeitung, welche ein vortheilhaft bekannter Schriftsteller redigiren sollte, durch die Weigerung der Regierung unmöglich gemacht wurde, hierfür einen Censor aufzustellen. Die Ursache dieser Weigerung dürfte darin zu suchen seyn, daß die Stände früher den Antrag verwarfen, eine Censorenbesoldung zu bewilligen, während man es keinem Staatsdiener zumuthen könne, das Geschäft ohne eine Vergütung zu besorgen. Indessen haben die Gerichte schon einmal entschieden, daß die Regierung zu jener Aufstellung verpflichtet sey. (Mannh. J.)
Göttingen, 31 Jan. Gestern wurde dem Moorcommissär Wehner hier von dem krank darniederliegenden Polizeidirector v. Beaulieu ein Rescript des Ministeriums des Innern eröffnet, wonach demselben unbedingt und bei Vermeidung gefänglicher Einziehung verboten wird, die Gränzen des Königreichs zu überschreiten, und geboten, im Inlande nur nach vorgängig eingeholter Erlaubniß und in Begleitung eines Landdragoners Reisen vorzunehmen, wie denn schon eine Ueberschreitung des Göttinger Weichbildes seine Verhaftnahme zur Folge haben würde. (Kasseler A. Z.)
Aus dem Bremischen, 1 Febr. Dem Hauptmann Böse ist auf dessen bei der königl. Justizkanzlei eingebrachte Beschwerde und Gesuch um richterlichen Schutz gegen die Uebergriffe der Polizeigewalt vorläufig eröffnet: „Daß, weil die Mittheilung der von ihm angezogenen polizeilichen Untersuchungsacten verweigert worden, gleichwohl die Einsicht derselben nöthig befunden ist, zur Zeit eine rechtliche Entscheidung nicht erfolgen könne, daß übrigens die Herbeiziehung der fraglichen Acten anderweit versucht werde, und Implorant zu seiner Zeit rechtliche Entscheidung zu gewärtigen habe.“ (Hamb. C.)
Geschichtliches über Erdbildung.
Vom Verhältniß der Geologie zu unserer Zeit.
Der Schluß des vorigen Jahrhunderts wird für alle Zeiten eine der merkwürdigsten Epochen in der Geschichte der Cultur wie der Staaten bleiben. In allen Zweigen des menschlichen Wissens und Erkennens wurde damals das bisherige Gleichgewicht der Ueberzeugungen und Meinungen rasch aufgehoben. Die durch die französische Revolution erzeugten Ideen, die Kantische Philosophie, die völlige Umkehr der Physik und Chemie durch die großen Lehren von der Wahlverwandtschaft und der Polarität, die deutsche Naturphilosophie, die geognostischen Theorien Werners und James Huttons, Cuviers, Leopold v. Buchs und Alexander v. Humboldts so fruchtbare Gedanken und Forschungen – alles dieß drängt sich in eine kurze Reihe von Jahren zusammen; es sind eben so viele einflußreiche und umfassende Aperçus, welche den Gesichtskreis des Menschen nach den verschiedensten Seiten aufs überraschendste erweitert haben. Aber der Geist fand in allen nur eine augenblickliche Befriedigung. Aus den Höhen, auf die er gehoben wurde, erblickte er nirgends ein unmittelbares Ziel seines Strebens; er übersah nur einen viel weitern Horizont als zuvor, voll Räthsel und Schwierigkeiten. Man überzeugte sich nach allen Seiten, daß die Synthesen des achtzehnten Jahrhunderts im Leben und Wissen blinde Anticipationen gewesen, daß vor Allem noth thue, das Geschäft der Analysis ernstlich und nach neuen Planen vorzunehmen; und der eigentliche Fortschritt bestand in Allem darin, daß man von der Speculation zur Erfahrung zurückkehrte.
Alle jene umfassenden Begriffe, welche am Ende des vorigen Jahrhunderts zumal aufsprangen, bezeichnen in allen Richtungen den Punkt, wo der Mensch auf einmal unendlich klüger geworden zu seyn meinte; und er war dieß auch, aber nur weil er eben durch jene Revolutionen im Staat und in der Wissenschaft schnell zu der Ueberzeugung kam, daß er unendlich weniger wisse und vermöge als er bisher geglaubt, weil er resigniren lernte, weil er abstieg vom Rosse der Phantasie und zum Grabscheit griff. Die Menschheit war insofern wissender geworden, als ihr Blick nicht mehr suffisant über die Oberflächen der Erscheinungen hinweg- und hinausschweifte, sondern in ein unendliches Labyrinth von Aufgaben tauchte. Sie sah überall eine gränzenlose Bahn möglicher Forschung und Reform vor sich liegen und gewöhnte sich, der einzelnsten Thatsache ihr Recht widerfahren zu lassen.
Diese praktische Richtung, diese Achtung der Thatsache, der umsichtige Versuch, die Analysis charakterisiren recht eigentlich unser Zeitalter im Leben und in der Wissenschaft. Man hat einsehen gelernt, daß Rousseau's contrat social, gerade wie Buffons Erdtheorie, zu viel und damit nichts bewies. Durch Kaiser Josephs Reformen und durch die extreme Neptunistische Ansicht der Erdbildung wurde nach den jetzigen Erfahrungen dem Menschen und der Natur gleich viel Zwang angethan, und man weiß jetzt das Thatsächliche, das Gewordene und Gewachsene in beiden Gebieten besser aufzufassen, und damit auch zu würdigen. Die Vorurtheilslosigkeit der sensualistischen Philosophie wurde selbst als ein grobes Vorurtheil erkannt, gerade wie man sich nicht mehr mit den allgemeinen rohen Begriffen von Niederschlägen aus dem alten Ocean und von wiederholten Einbrüchen desselben befriedigt, um sich von der Structur der Erdrinde Rechenschaft zu geben. Man ist im Staatsleben und in der Naturforschung gleich gewitzigt; man arbeitet ungefähr nach demselben Plan an der Umbildung der öffentlichen Zustände und am Bau der Wissenschaften; man belauscht die Natur, statt sie zu meistern, man läßt weise die Räthsel und Schwierigkeiten stehen, statt sie zu illudiren oder systematisch zu überbauen, und sieht sich gerade dadurch unendlich gefördert, daß man nicht mehr meint, die allgemeine Glückseligkeit und die Einsicht in die Natur der Dinge erzwingen zu können.
Durch diese Richtung des allgemeinen Geistes haben die Naturwissenschaften im verflossenen halben Jahrhundert die außerordentlichsten Fortschritte gemacht. Manche haben sich zu ganz neuen Disciplinen gespalten; andrerseits sind zahlreiche Zweige zu stattlichen Bäumen bisher unbekannter Wissenschaften zusammengewachsen. Polyhistorie, auch nur im Bezirk der Naturforschung, wird mit jedem Tag unmöglicher, und auch die Wissenschaft gedeiht jetzt nur durch jene Theilung der Arbeit, welche die Seele der materiellen Production der neuern Zeit ist. Aber in keinem Gebiete waren die Entwickelungen rascher, die Resultate erstaunlicher, als in der Kenntniß von der Structur der Erdrinde, von den frühern Zuständen derselben und den Ursachen ihrer mannichfachen Zusammensetzung und ihrer Unebenheiten. Es bedurfte einer gewissen Reife aller Zweige der Naturforschung, bevor überhaupt die rationelle Grundlage der Geologie im neuern Sinn gelegt werden konnte. Die große Naturwahrheit, welche jetzt die Basis dieser Wissenschaft bildet, nämlich die Entstehung der Unebenheiten der Erdoberfläche durch Hebung von unten, war seit den ältesten Zeiten geahnt, aber von den Theorien immer wieder verkannt worden. Das scheinbar so leichte Räthselwort konnte erst dann mit Ueberzeugung ausgesprochen werden, nachdem die Lehren der neuern Chemie auf die Erdbildung falsch oder richtig angewendet und ein umfassendes System der Mineralogie aufgestellt worden war. Nicht minder mußte die Kenntniß der jetzigen Thier- und Pflanzenschöpfung zu einer gewissen Vollständigkeit gelangt seyn, wollte man die Bedeutung der in den Gebirgsarten eingeschlossenen Thier- und Pflanzenreste vollkommen würdigen. So erscheint die Geologie als das jugendliche Product zahlreicher Wissenschaften, welche selbst größtentheils erst seit wenigen Generationen in die klare Bahn sichern Fortschritts geleitet worden sind. Aber so jung sie ist, sie hat schon in der Wiege manche Schlange des Vorurtheils erdrückt, und durch ihre Ausbildung scheint unser Zeitalter recht eigentlich seine wissenschaftliche Mission zu erfüllen.
Diese moderne Disciplin zeigt auch sehr ausgesprochen den Charakter, den wir oben unserer Zeit überhaupt zugeschrieben, den der wissenschaftlichen Resignation. Früher ging alles Raisonnement über die Bildung der Erdrinde auf die Genesis des Erdballs selbst zurück, und die Begriffe über die Entstehung der Gebirge und ihre Structur flossen unmittelbar aus den umfassenden Theorien, nach denen man sich die ursprüngliche Bildung der Erde so oder anders dachte. Jetzt aber läßt die Forschung die Frage nach der Schöpfung der Erde und die Beschaffenheit ihres Innern, die Geogenie, vorläufig bei Seite liegen und gestattet keiner umfassenden Hypothese Einfluß auf ihren bedächtigen und langsamen, aber sichern Gang. Man hat – und darin besteht auch hier der Fortschritt – gerade Kenntnisse genug gesammelt, um einzusehen, daß die ganze Masse unseres jetzigen geologischen Wissens, gegen die Unendlichkeit des Problems gehalten, gleichsam keinen meßbaren Winkel einschließt;
daß es vor Allem darauf ankommt, durch Erforschung der Gesetze der Oberflächenerscheinungen diesen Winkel zu vergrößern, daß es rein müßig ist, das alte Chaos zu lichten und die Erde aus Wasser oder Feuer sich ballen zu lassen, da der Geist kaum angefangen hat, im Labyrinth der Erdrinde sich zu orientiren. In den frühern Speculationen war die Beschaffenheit des Erdkerns immer der Ausgangspunkt, der jetzigen Forschung ist er ein in eine unabsehbare Perspective entrücktes Ziel, das der Geist, einer unendlichen Aufgabe sich bewußt, zu erreichen verzweifelt.
Die zur Ueberzeugung gewordene Naturanschauung, welche den Kern der modernen Geologie bildet, scheint in der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Geistes auf ähnliche Weise Epoche machen zu sollen, wie im 16ten Jahrhundert der gewonnene Begriff von der wahren Bewegung der Himmelskörper. Beides ist eine Frucht, die reif vom Baum der Erkenntniß fiel, aber auch unmittelbar den Samen zahlloser, bisher nicht geahnter Zweifel und Probleme verstreute. Die Aufgabe, die das Copernicanische System dem Menschen stellte, war großartiger und erhabener als die heutige, aber auch einfacher, und sie mußte in den Hauptzügen gelöst seyn, bevor die Aufgabe, welche das gegenwärtige Jahrhundert beschäftigt, klar und deutlich gefaßt wurde. Damals handelte es sich in Bezug auf die Erde davon, sie als I ndividuum, als Persönlichkeit im Universum klar aufzufassen, ihren Rang unter den Himmelskörpern auszumitteln, das Band, das sie an die Sonne knüpft, ihre Entfernung von dieser und ihren Genossen, den Planeten, ihre Bahn, ihre Neigung und Schwankung auf derselben, ihren Umriß, ihren Umfang und ihr Gewicht genau kennen zu lernen. Die wundervollen Gebäude der Astronomie und der physikalischen Geographie stehen jetzt da als das schöne Tagwerk der seitdem verflossenen Jahrhunderte. Aber während so die Geschichte der Erde im Raum eine sehr hohe Ausbildung erhielt, blieb ihre Geschichte in der Zeit so verworren und unklar, als die Bewegungen am Firmament vor der Lösung des Räthsels durch Copernicus.
Diese Geschichte der Erde in der Zeit ist nun das Pensum der Gegenwart und der Zukunft, und James Hutton ist der Copernicus, Leopold v. Buch der Galilei dieser neuen Epoche der Forschung. Noch Werners ausschließlich neptunistisches System der Erdbildung glich dem Ptolemäischen Firmament, wobei nur durch kecke Voraussetzungen Ordnung in die gränzenlose Verwirrung kommt; in der Erhebungstheorie erblicken wir ein Schema, gleich dem Aperçu des Copernicus, das auf Einmal die natürliche Lösung ahnen läßt. – Es ist aber merkwürdig, daß es im einen Falle dem Menschen fast so schwer wurde, den Augenschein anzuerkennen, als im andern, sich demselben zu entziehen. Denn das alte Weltsystem, in dem die Erde ruhend angenommen wird, hatte unbedingt das Zeugniß der Sinne für sich; dagegen die neptunistische Ansicht, nach welcher die Schichten der Erdrinde, steil aufgerichtet, wie sie so oft sind, sich aus den alten Meeren sollten niedergeschlagen haben, hatte jenes Zeugniß geradezu gegen sich. Es war die tiefe Ueberzeugung des speculativen Geistes, wenn Galilei, nachdem er eben seine ewigen Wahrheiten vor der Inquisition abgeschworen, ausrief: „e pur si muove!“ Es war der Sieg des sinnlichen Eindrucks über Schulbegriffe, wenn Leopold v. Buch im Angesicht eines mächtigen Profils der Alpen ausrief: und doch ist das Gebirge aufgestiegen!
Dieß bezeichnet zugleich scharf den Unterschied zwischen Astronomie und Geologie hinsichtlich der Geistesvermögen, welche sie vorzugsweise in Anspruch nehmen. Mit dem Copernicanischen System wurde der astrologischen, rein sinnlichen Betrach ung und Anordnung des Himmels eine Ende gemacht; man sah sich dadurch sofort auf die Bahn der Speculation geworfen; man konnte nur durch Combination und Rechnung zur Ermittlung von Verhältnissen gelangen, welche sich der unmittelbaren sinnlichen Beobachtung entziehen, wie die Bahnen der Himmelskörper, die Anziehungskraft, die Geschwindigkeit des Lichts, die Abplattung der Erde u. s. w. Mit der Theorie der Erdbildung war es gerade umgekehrt: die eigentlich fruchtbare Forschung begann hier erst dann, als man der Speculation entsagte, als man aufgeklärt genug geworden war, zu erkennen, daß man nur durch sinnlich treue Beobachtung des an der Erdoberfläche Bloßgelegten, auf dem langen Wege vorsichtiger Induction gemach dem Ziele zurücken könne. – Während aber so der Geist unserer Zeit mit besonderer Kraft erdwärts gerichtet ist, hat er sich doch keineswegs von der Erforschung der Gesetze des Himmels abgezogen; er ist vielmehr auch hier, nachdem er ein altes Pensum so ziemlich hinter sich gebracht, zu einem neuen, höhern fortgeschritten. Der Geist hat die Rechenschule des Planetensystems absolvirt, und es ist nun gewiß sehr bezeichnend, daß er in derselben Generation, welche sich zum mühseligen Detailstudium der Erdrinde, zur Entwirrung des unendlich Kleinen entschlossen hat, sich an das unermeßlich Große wagt und über den Uranus hinaus kräftig in die bisher versiegelten Geheimnisse des Fixsternhimmels dringt. Aber wie sonderbar – dieß im Vorbeigehen gesagt – wird der Geist bei dieser gedoppelten Thätigkeit zwischen den Begriffen von Groß und Klein hin- und hergetrieben! Die eine Forschung steht beobachtend und sichtend vor einem ungeheuern Felsprofil mit mächtigen durcheinander gestürzten Schichten, die andere berechnet die unendlich kleine Parallaxe eines Fixsterns; aber Lyell beobachtet, um wie viel Zolle sich in einer Reihe von Jahren die Küste von Skandinavien aus dem Meer erhoben hat, und Bessel beweist, daß der Stern 61 im Schwan um eben so viele hunderttausend Halbmesser der Erdbahn von der Erde abliegen muß. Auch hier, wie in der vorhergegangenen Periode der Astronomie und der Erdkunde, ist der Mathematiker weit voraus vor dem sinnlichen Beobachter, und die Astronomie mag leicht die Sternschichten der Milchstraße entwirrt haben, bevor die Geologie auch nur zu dem Punkte vordringt, wo geologische und historische Zeit sich berühren.
(Beschluß folgt.)
Die Franzosen und die Rheingränze.
Paris, 5 Febr. Die Reden Thiers' und Lamartine's haben patriotische Erwiederungen in der Allgem. Ztg. hervorgerufen die wir hier in Paris mit vielem Interesse gelesen haben, obschon wir von der Veranlassung, denen sie ihr Daseyn verdanken, nicht auf dieselbe Weise berührt worden sind. Ihre deutschen Correspondenten wollen keinem fremden Volke das Recht zugestehen, einen Theil des deutschen Landes von seiner Einheit loszureißen und sich mit freventlicher Anmaßung zuzuwenden, sie empören sich gegen eine Begehrlichkeit der Franzosen, die dahin lautete: das linke Rheinufer unter französische Hoheit zu werfen, damit Frankreich allerorts mehr mit natürlichen Gränzen umgürtet und geründeter sey, sie rufen dem fremden Eroberer mit trotzigem Lakonismus zu: „wenn ihr unsre Waffen wollt, kommt und holt sie“ was wohl heißt, wir werden unsre Landestheile in solcher Art vertheidigen, daß euch die Lust vergehen soll, uns auch nur eine Scholle gegen unsern und der betheiligten Provinzen Willen zu entreißen! Solche Grundsätze ehren die, welche sich zu Sprechern der Gesammtheit aufgeworfen, wie die Gesammtheit selbst, in deren Namen sie ausgesprochen werden; man müßte das Volk verachten, das
einer ausländischen Macht gegenüber, welche sie auch sey, ein anderes Gesetz als das seines eigenen freien Willens, ein anderes Vaterland als sein eignes, das seiner Sprache, seiner Geschichte anerkennte; so einfach diese Grundsätze sind, so wenig sie irgend eines Beweises, und einer neuen Darlegung bedürfen, so erkennen wir in ihnen doch zugleich so viel poetisches Element, daß man wohl einige Hyperbeln und allegorische Verirrungen bei ihrer nähern Erörterung zu gut halten mag. In einem Streite, in welchem in letzter Instanz die Stärke und die Kraft entscheiden, ist es kein Uebel, daß man von dem Gefühle seines Werthes voll sey, denn dieses Bewußtseyn erzeugt Muth und Stolz, und eine Nation kann deren nie zu viel haben. Niemand läugnet unserm lieben Deutschland die erste der beiden Tugenden, wer aber hat ihm nicht von jeher ein reicheres Maaß der zweiten gewünscht? Indessen es reicht in politischen Dingen und den heutigen Völkerverhältnissen nicht hin, einen im Allgemeinen wahren Satz ausgesprochen zu haben, wir verlangen die praktische Anwendung auf den gegebenen Fall, nur darin liegt seine Bedeutung und sein Werth. Waren die Kammerreden von Thiers und Lamartine wirklich der Art, daß sie jenen deutsch-patriotischen Erguß, jenen drohenden Fehde-Handschuh rechtfertigten? Ich glaube nicht, und ich fürchte, daß man den deutschen Erwiederungen ein wenig denselben Vorwurf machen kann, den wir bisher oft den Franzosen gemacht haben: sie sind von der Idee der „natürlichen Gränzen“ d. h. wir Deutschen sind von der angeblichen Eroberungssucht der Franzosen so verfolgt, daß wir sie überall hervortreten, den Dämon überall spuken sehen, und die geringste Rede für eine wirkliche Gefahr betrachten. Erstens, ist Hr. Lamartine ein in der Politik so armseliger Kopf, ein so hohler Träumer, daß sein Für oder Gegen in dem europäischen Staatenrecht auch nicht einen Deut gilt. Sie wollen wissen, welchen Werth Sie auf seine französisch-deutsche Staatensymmetrie zu legen haben? Sehen Sie, was er über den Orient in seinem unfruchtbaren Gehirn ausgeheckt hat. Seine Politik ist lyrische Phantasie, und seine Völkerabtheilung, wie überhaupt seine ganze Philosophie, eine sterile Schwangerschaft; lassen Sie den Maconnischen Poeten seinen Wein verkaufen, denn Gedichte macht er nur noch auf dem Rednerstuhl des Palais Bourbon, und achten Sie ferner auf seine Worte nicht mehr als man hier thut, d. h. mit einem achselzuckenden Lächeln. Aber Thiers? Glauben Sie wirklich, daß Thiers im Sinn gehabt habe, einen hochpolitischen Plan der Wiedereroberung der Rheingränze dareinzulegen? Vergessen Sie nicht, daß Hr. Thiers, den man jetzt so kriegerisch und umwälzend findet, als Minister stets die Aufrechthaltung der Verträge von 1815 gegen Alle und Jede vertheidigt hat. Hr. Thiers bedurfte, als Licht und Schatten seines Vortrags, einiges volksthümlichen Nachhalles und der großen Phrasen, die in der kriegerischen Erinnerung der Nation leben; er wollte die Solidarität, die enge Gemeinschaft nachweisen, die zwischen ihm, seinen Grundsätzen und Frankreich bestehen; er wollte nicht bloß Frankreich, er wollte Deutschland und ganz Europa von sich reden machen, und siehe da, es ist ihm gelungen; bedarf es eines andern Beweises, als der ehrwerthen Antworten, denen diese Zeilen selbst zur Erwiederung dienen? Geben Sie Hrn. Thiers ein Ministerium, und von morgen an wird er officiell den Grundsatz aussprechen, daß Frankreich so wenig als irgend ein andres Land das Recht hat, fremde Nationalitäten anzutasten, ja, er wird vielleicht beifügen, daß Frankreich zu seiner Würde und zu vollständiger Entwickelung seiner Macht einen fernern Länderzuwachs nicht nöthig hat – eine Ansicht, die hier von bei weitem mehr vernünftigen Leuten getheilt wird, als man sich in Deutschland vorstellt.
Zweitens: die französischen Redner haben überall nicht von einer gewaltsamen Wegnahme des linken Rheinufers, von einer Eroberung dieses Landes, von dessen gezwungener Einverleibung mit Frankreich gesprochen. Lamartine hofft die „natürlichen Gränzen“ Frankreichs in Folge seiner leoninischen Theilung des Orientes, Thiers erwartet sie von dem natürlichen Laufe der Politik und der Nothwendigkeit gemäß; beide gehen von der absoluten Ueberzeugung aus, daß Frankreich nur die Arme zu öffnen brauche, damit die Rheinprovinzen sich hineinwerfen, und daß es somit keiner andern Eroberung bedürfe, als jener, welche die Glorie und die Ehre Frankreichs, die Größe seiner politischen Stellung, seiner Civilisation, seiner Gesetze und Institutionen, seine Freiheit bereits längst über jene Länder vollbracht haben. Vielleicht ist dieses Selbstgefühl noch ein wenig impertinenter als die prahlerische Unterstellung, daß nichts den französischen Waffen widerstehen könne, aber mindestens muß man bekennen, daß eine solche Bewerbung, eine solche politische Proselytenmacherei gegen den völkerrechtlichen Katechismus nicht mehr verstößt. Die Franzosen lassen sich durch die Poesie ihrer Eitelkeit hinreißen, sie überschätzen sich in frevler Selbstvergötterung. „Alles was sie den Rheinprovinzen bieten können, wiegt nicht auf, was diese haben, und was sie in dem vorgeschlagenen Tausch verlieren könnten.“ Gut! das ist die Antwort, welche sich hier ganz natürlich darbietet, das ist der Beweis, den man dem fremden Bewerber mit siegreichem Uebergewichte entgegenhalten möge, und die Ruhe Deutschlands, und die Freundlichkeit der Zeitungspolemik wird auf keine Weise weiter gestört werden. Wie sollten sie es? Dem bewaffneten Angriff wird eine mächtige, durch Eintracht und brüderliche Uebereinstimmung, durch innere Einheit und Gleichheit der Interessen erstarkte und unüberwindliche Nation von 50 Millionen die gebührende Antwort geben. Ich denke wohl, dieß sind die bewährten Voraussetzungen, auf welche Ihr Correspondent des antiken: „Ihr wollt unsre Waffen, kommt und holt sie“ seine stolze Zuversicht gebaut hat! Den schmeichelnden Ueberredungskünsten der politischen Brautwerberei Frankreichs aber würden Deutschland und die betheiligten Provinzen das Bild ihrer eigenen politischen und socialen Vortheile entgegenhalten und antworten: ihr könnt uns nichts Besseres bieten; ihr seyd nicht reich genug, um uns zu verführen...! Ich gehe nicht weiter: dem fühlenden und sein Vaterland liebenden Deutschen wird auch ohne unsre schwache Zuthat klar seyn, daß hier ein weites Feld der Betrachtungen geöffnet ist. Die leise Behutsamkeit, mit welcher der Verfasser des Aufsatzes: „der Orient und die französischen Kammerdebatten“ in der Beilage vom 29 Jan., über diesen glatten Eisboden hingeglitten ist, hat mich zur Genüge gewarnt, daß es vergebliches Unternehmen seyn würde, auf diesem verpönten Gebiete einen freien Schritt thun, der Fülle des Herzens eine wohlthätige Schleuße öffnen zu wollen. Aber wo das Wort nicht mehr hinreicht, bahnt die Phantasie sich leicht den Weg, und die Vaterlandsliebe wie jede andere Liebe hat das instinctmäßige Bewußtseyn ihrer Gefahr. Wie freudig äußern wir unsere volle und dankbare Sympathie für die bedeutungsvollen, liebenden und warnenden Worte, die Ihr eben erwähnter Correspondent seinem Lande in seiner Nachschrift zuruft, die, wie es ja häufig in Briefen geschieht, unendlich mehr werth ist, als die Hauptschrift selbst, was denn auch im Vorbeigehen beweist, daß er nicht allein ein solider Patriot, sondern auch ein gewandter Dialektiker ist, der enthüllt, wo andere verbergen, und dessen Noten selbst ohne Text zu beherzigen sind.
Wien.
(Malerei. Zweiter Artikel.)
Wenn man unter Genre-Malerei im engern Sinne die Darstellung von Scenen aus dem bürgerlichen und ländlichen Leben versteht, so besitzt Wien mehrere Künstler, die derlei Motive mit Glück in ihre Darstellungen ziehen. Schade nur, daß bei den meisten derselben auch hier die Wahl der Gegenstände sich fast einzig auf den Kreis der obersteyerischen Gebirgsbewohner beschränkt, ohne daß selbst in dieser enggezogenen Sphäre eine charakteristische Auffassung des ächten Volkslebens wahrzunehmen wäre. Eduard Ritter, Franz Eibel sind im Genrefache mit Auszeichnung zu erwähnen; Renftel ist ein Talent, das sich nach vielen Richtungen hin mit Glück versucht; so stellt er z. B. Hunde als Meister dar, und weiß selbst in diese Region oft eine Art dramatischen Lebens zu bringen. Schade nur, daß er zuweilen nach englischen Effecten in seiner Darstellungsweise hascht. Michael Reder, ein Schuhmacher von Profession, muß besonders hervorgehoben werden. Er gibt die Erscheinungen der untersten Regionen des Volkslebens mit einer, zwar gemeinen, starren, aber drastischen Wahrheit wieder. Die technische Behandlung läßt mitunter gegründeten Tadel zu, die Zeichnung ist nicht immer richtig und die Schattenpartien oft trüb und schmutzig; doch sah Referent auch manches Bildchen von diesem Meister des Pinsels und der Ahle, die mit einer, an niederländische Meister mahnende Nettigkeit ausgeführt waren.
Fendi vereint Geschmack in der Wahl der Gegenstände und eine gewisse Innigkeit und Naivetät der Darstellung mit sehr entsprechender Art der Ausführung. Fendi's Aquarellbilder sind im Ganzen seinen Oelbildern vorzuziehen. Sehr glücklich ist er in Darstellung von Kindern, die er indeß oft in Situationen von mehr als naiver Unbefangenheit darstellt. Fendi ist außerordentlich productiv, und der größte Theil seiner sehr gesuchten Arbeiten ist dem größeren Publicum kaum bekannt, und befindet sich in den Albums vornehmer Liebhaber.
Albert und Karl Schindler, Schüler Fendi's, müssen wir gleichfalls bemerken; sie werden bei tüchtiger Fortbildung und strenger Zeichnung hoffentlich Vorzügliches leisten.
Leander Ruß ist erst seit einigen Jahren mit bedeutenderen Arbeiten auf den Kampfplatz getreten, die ganz geeignet waren, die schönsten Hoffnungen hervorzurufen. Er scheint sich das von den Franzosen Genre anecdotique Benannte zum Felde seiner Thätigkeit gewählt zu haben. Ein paar Scenen aus dem Leben Kaiser Josephs II gelten als günstige Vorboten von dem, was sich von diesem jungen Künstler erwarten läßt. Ein größeres Gemälde, das der Hof ankaufte: die Bürger Wiens auf der Bresche der Löwel-Bastei im Jahr 1688, zeigte eine vortreffliche Anordnung im Ganzen und vielen Fleiß im Studium des Details. Mit diesem sehr begabten jungen Künstler, dessen Arbeiten selbst auf der Gränze der Genre- und der Historienmalerei stehen, gehen wir wohl am geeignetsten zu dieser letztern über. Sie hat in Wien dasselbe Schicksal wie allerorten, wo nicht besonders günstige Einflüsse sie emporheben. Zum Theil sind wohl die Historienmaler selbst daran Schuld, wenn der Sinn für diese höchste Aufgabe der Malerei gemeinhin im Publicum für erloschen angesehen wird. Sie wurde zu lange in einer Weise betrieben, welche wenig geeignet war, die Theilnahme anzuregen. Das fehlerhafte und geistlose Nachbilden der Antiken, akademisch verkünstelte oder theatralisch angeordnete Gruppen, vernachlässigter Ausdruck und Mangel an Charakteristik konnten die Kunst nicht zum wahren pulsirenden Leben gelangen lassen. In Wien litt vorzüglich Fügers Schule an diesen Gebrechen. Füger, der seinerseits sich nach Mengs bildete, war allerdings ein Künstler von Bedeutung, und seiner Composition ist Würde und Geist nicht abzusprechen; aber ein falscher Idealismus läßt sie größtentheils kalt und raubt ihnen Lebendigkeit und Wahrheit. Einzelne Lichtblitze hiesiger Künstler sind Zeichen, daß die Richtung seither eine naturgemäßere geworden, und daß die ungünstigen Zeitverhältnisse das Streben selbst nicht zu unterdrücken vermochten. Ein günstiger, anregender Frühlingshauch und neue Blüthen werden nicht
säumen. Das Princip des „Gewähren lassen“ ist allerdings das wahre und zweckmäßigste Mittel des Fortschrittes für alle Zweige menschlicher Thätigkeit, und genügt selbst auf jene Erzeugnisse bildender Kunst angewandt, welche den Mitteln mäßig Begüterter zugänglich sind. Jene Schaffungen aber, die große Vorauslagen, specielle Vorbereitungen und einen bedeutenden Zeitaufwand erheischen, oder welche für einen bestimmten Ort und Raum eingerichtet werden müssen, können unmöglich der freien Concurrenz überlassen bleiben. Der Historienmaler, der Bildhauer können eben so wenig wie der Architekt Werke auf Speculation verfertigen. Er kann nicht Jahre langes Studium und Fleiß auf ein Werk verwenden, wenn er nicht vornhinein seines Lohns versichert ist. Die österreichische Regierung, die den Grundsatz vollkommen würdigte, daß die Kunst von ihr nicht unbeachtet bleiben dürfe, verwendete bedeutende Summen für die Bildung der Künstler. Sie errichtete Akademien, stattete dieselben mit allen materiellen Mitteln aus, stiftete Prämien und schickt die talentvollsten Zöglinge nach Rom; aber sie überläßt die zurückgebliebenen ihrem Schicksal – ein Schicksal, das meist schlimmer ist, als das jener Kunstjünger, die, statt sich an den hohen Vorbildern der Vorzeit zu begeistern, alljährig nach Ischl gehen und ihre Modelle unter den Sennerinnen und Holzknechten des Salzkammerguts aufsuchen. Der Zweck, den sich die Regierung vorgesetzt hat, und den sie großmüthig unterstützt, würde gewiß sicherer und besser erreicht werden, wenn man es in diesem einzelnen Zweige der Kunst den Künstlern überließe, die Kosten des Lernens selbst zu tragen und die Stipendien lieber zum Ersatz für das Erlernte, zur Gelegenheit für die Ausübung und Anwendung der künstlerischen Errungenschaft verwendete. Der Hof bestimmt zwar alljährig eine Summe zum Ankauf von Bildern bei der öffentlichen Ausstellung, aber meist herrscht bei der Auswahl mildthätige Nebenrücksicht vor dem eigentlichen Kunstzwecke vor. Eben so wenig genügt der Kunstverein, der seiner Stellung nach einer ganz andern Richtung folgen muß, und sich mit Ankauf von größeren, kostspieligen Werken nicht befassen kann. Der Historienmalerei und Sculptur die ihnen angemessene Thätigkeit zu verschaffen, gibt es nur Ein Mittel, und zwar durch die Ertheilung directer Aufträge und Bestellungen. Dieses Mittel steht bei uns, leider, in einigem Mißcredit, und läßt immer der Besorgniß Raum, daß der Erfolg der Erwartung nicht entsprechen, also der vorhinein versprochene Lohn mit dem Geleisteten nicht im gehörigen Einklange stehen werde. Es läßt sich nicht läugnen, daß diese Besorgniß keineswegs aus der Luft gegriffen ist; dennoch kann ein Werk von Bedeutung kaum anders als auf diesem Wege ausgeführt werden. Nur von der Staatsverwaltung als solcher, von Höfen, oder von sehr reichen Privatpersonen lassen sich solche Aufträge erwarten. Wenn die Bestellungen bisher vielleicht nicht immer von einem glücklichen Erfolge begleitet waren, so lag es wohl auch in der Art, wie dieselben gemacht wurden. Bestellungen von Staats wegen sollten nur bei anerkannten Meistern, nie bei Schülern, nie als Probe, nie aus einer wohlthätigen Rücksicht, gleichsam als Almosen gemacht werden. Der Kunstzweck allein muß hier entscheiden. Wenn von dieser Seite jährlich auch nur ein bedeutendes Werk, einzig für diese Summe erkauft würde, wäre schon ein großer Schritt zum Zwecke gethan. Die Ansicht, daß vom Staate aus, von wo doch zunächst der Impuls zu gesteigertem Kunstleben ausgehen muß, der Finanzrücksichten wegen, solche pecuniäre Unterstützungen gänzlich wegzufallen hätten und den Privaten überlassen werden müßten, ist eine Art von bequemem Trostmittel geworden, diese passive Ansicht vor der eigenen, besseren Einsicht zu vertheidigen. Man verbindet immer mit der Verwendung von Staatsgeldern zu Kunstzwecken die Idee, als ob dazu unmäßige Summen erforderlich wären, während die hiezu wirklich verwendeten meist überall ausreichen würden, wäre nur die Verwendung selbst eine angemessene, die Kunst fördernde. Mit derselben Summe, die, ohne Plan, ohne bestimmte Ansicht und deßhalb auch ohne sichtbaren Erfolg verbraucht, wie eine Quelle im Sande verrinnt, ließen sich durch eine Reihe von Jahren, constant nach einem wohlberechneten Plane wirkend, Resultate hervorbringen, die Erstaunen erregen würden; die versiegende Quelle würde ein Mühlwerk in Bewegung setzen. Und gesetzt auch, die Finanzen bewilligten einen reichlicheren Beitrag, wäre das ein Opfer? Und wenn man es so nennen wollte, wäre es nicht gerechtfertigt selbst von dem ökonomischen Standpunkte aus? Wenn man den Gegenstand auch noch so sehr mit dem Auge des Realismus betrachtet, wird doch Niemand die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Kunstbildung abläugnen können. Eine solche geht aber nicht bloß von Akademien oder polytechnischen Gewerkschulen aus; ein durch die Kunst geläuterter Schönheitssinn in der Masse verschafft erst seine Wechselwirkung, welche die commercielle Industrie zu höherer Vollendung treibt und so den Nationalreichthum auch auf anderweiten Wegen und durch wenig bedeutende Geldmittel steigert. – Die vom Staatsschatze gemachte Vorauslage wird reichlich verzinst erscheinen. Wenn dem Künstler Gelegenheit gegeben wird, eine angemessene Thätigkeit zu entwickeln, so mag man ihm getrost die Sorge überlassen, sich die erforderliche höhere Bildung zu verschaffen. Wie manche Professur, wie manches Prämium, wie manches Stipendium würde dann überflüssig werden. Will man Gelder zu Reisen für Künstler verwenden, so sende man Männer, welche die großen Denkmale der Kunst im Geiste aufzufassen vermögen, und nicht Schüler, welche noch der technischen Ausbildung bedürfen. – Demnächst wäre zu wünschen, daß Höfe und reiche Privaten, statt dem jährlichen Erwerbe mehrerer kleinen Bilder, zu denen sich überall minder bemittelte Liebhaber finden, ein bedeutendes Werk eines anerkannten Meisters kauften, zu dem die Geldmittel gewöhnlicher Liebhaber selten auslangen. Man kann nicht oft genug wiederholen, daß es der verderblichste Irrthum ist, Wohlthätigkeitsrücksichten mit Kunstzwecken vereinbaren zu wollen: so edel die einen an und für sich sind, so wenig fördert man dadurch die andern. – Ganz etwas Anderes ist es, einem anerkannten Verdienste in unglücklicher Hülflosigkeit beizustehen. So hat die Pension, welche die, zum Wohlthun stets offene Hand des Kaisers dem trefflichen Koch und seiner Familie zu Rom ertheilte, nicht nur das Dankgefühl der Empfänger, sie hat gewiß ein allgemeines Gefühl des Dankes bei jedem, der Kunst zugewandten, Herzen erregt!
Eine zweite Rücksicht, die den Mäcenaten der Künste wiederholt zu Gemüthe geführt werden sollte, ist, bei Bestellungen von Bildern den Gegenstand so viel als möglich der eigenen Wahl des Künstlers zu überlassen. Man kann zwar freilich Alles malen, aber nicht Alles ist malerisch.
(Beschluß folgt.)
Schweden.
Stockholm, 25 Jan. Folgendes ist die erste Hälfte der Thronrede, deren Schluß wir vorgestern geliefert: „Meine Herren! Dreißig Jahre sind nunmehr verflossen, seit Schweden, durch Katastrophen erdrückt, die in den Jahrbüchern der Völker bekannt sind, seine Blicke auf Männer wandte, die es für fähig hielt, nicht allein das Land wieder zu heben, sondern auch ihm weder den Rang zu verschaffen, von welchem es herabgesunken
war. Will man gerecht seyn und seinem Vaterlande gut dienen, so muß jeder sich dessen Geschichte gut ins Gedächtniß prägen. Lesen wir die unsrige seit anderthalb Jahrhunderten, so finden wir in derselben heilsame Lehren. Als Karl XIII sich bereit erklärte, die drückende Bürde der Regierung zu übernehmen, rettete er die Trümmer des Königreichs und verhinderte den gänzlichen Untergang desselben. Der damals mit so großen Opfern an Menschen und Geld erkaufte Friede war von kurzer Dauer. Zwei Jahre darauf wollte eine übergewaltige Macht diesen ganzen Theil des Nordens seiner Ohnmacht unterwerfen. Karl XIII wies diese Botmäßigkeit zurück, wie es die Bedrängniß der Nation nicht allein ihm, sondern auch seiner Regierung zum Gesetz machte. Ohne Heer, ohne Waffen, ohne Finanzen, ohne Militärverwaltung, aber unter dem Beistande der Vorsehung, sprach seine Weigerung der schwachen Bevölkerung, die Schweden noch zählte, Muth ein. Als Adoptivsohn des Königs, als Erbe seiner Rechte und erster Vertheidiger der Nation, habe Ich seine Politik befolgt, die mit dem Fortbestehen beider Reiche wesentlich verknüpft ist. Die redliche Entwickelung dieser Politik, wofür die Reichsstände in Masse im Jahr 1815 dem hochseligen König und Mir Dank abstatteten, hat der Halbinsel ein Vierteljahrhundert des Friedens und des Gedeihens geschenkt, den Werth unseres hauptsächlichsten Ausfuhrartikels, des Eisens, um mehr als das Doppelte erhöht und unermeßliche Hülfsquellen erschaffen, die in diesem Augenblick disponibel sind, wie der Ihnen vorzulegende Bericht darthun wird. Sie werden daraus mit Befriedigung ersehen, daß Unsere Mittel Uns der Nothwendigkeit einer Vermehrung der Bewilligungen, um die Bedürfnisse des Staatsdienstes zu decken, überheben. Sie werden auch in derselben Aussicht zur Herabsetzung der Abgaben finden, besonders solcher, die so lange auf dem Landbau gelastet. Endlich werden Sie sich durch den Anblick der Uebersicht der von 1810 bis 1837 in Schweden ausgeführten Arbeiten überzeugen, daß sie eine Summe von mehr als 15 1/2 Millionen Bankrthlr. betragen, obgleich mehrere auf den Boden gelegte Lasten aufgehoben worden. Alle diese Vortheile verdanken wir dem Zustande auswärtigen und innern Friedens, mit dem die Gottheit uns gesegnet. Die glückliche Lage stören, hieße das Daseyn des Vaterlandes in Frage stellen, sich den Wechselfällen und Gefahren der Kämpfe aussetzen; es hieße auch die Gewissenhaftigkeit des politischen Eides verletzen und eine Fluth von Leiden über das Land herbeiziehen.
„Der Elementarunterricht ist Gegenstand einer aufmerksamen Sorgfalt von Seite der Regierung und der Priesterschaft gewesen. Von 1009 Pfarrschulen und 377 umherziehenden Schullehrern im Königreich sind drei Viertheile seit 1811 bestellt worden. Der Eifer der Geistlichkeit und der frommen Gemüther hat Meine Dankbarkeit erregt. Ich rechne auf die Mitwirkung sämmtlicher Stände, um 1200 Pfarren mit diesen Institutionen zu dotiren, welche nicht allein für die religiöse und politische Moral, sondern auch für das Glück der Familien und den Ruhm des Vaterlandes in so hohem Grade wesentlich sind. Die Aufhebung der Reservemagazine, welche angelegt waren, um die verderblichen Folgen der Mißernten zu vermindern, hat die Regierung in Besorgnisse versetzt, die nicht zur Genüge gewürdigt worden. Sie werden unstreitig einsehen, daß diese Besorgnisse künftig von den beiden ersten Staatsgewalten getheilt werden müssen. Um die Bevölkerung vor einer leicht zu beseitigenden Geißel zu bewahren, soll eine eigene Botschaft an Sie gerichtet werden, wie es die Pflicht jeder vorsichtigen Verwaltung erheischt. Von jeher haben Mißjahre die Bewohner der Halbinsel vermindert und sie gezwungen, im Auslande einen Unterhalt zu suchen, den der heimische Boden ihnen versagte.
„Der Trollhätta-Canal, dessen Dimensionen denen des Götha-Canals nachstanden, so daß die Schifffahrt zwischen der Nord- und Ostsee gehemmt war, soll gleiche Breite und Tiefe mit letzterm erhalten. Die im Jahre 1838 begonnenen Arbeiten sind zu einem Punkte gediehen, welcher, nach Ablauf von vier bis fünf Jahren höchstens, die Beendigung dieses für Schifffahrt und Handel so nothwendigen Communicationsweges hoffen läßt.
„Das Heer, unermüdlich und stets bereit, der Stimme der Pflicht, des einheimischen und auswärtigen Ruhmes zu folgen, gehorcht nach wie vor dieser Stimme, um dahin zu eilen, wo der Boden seine Arme in Anspruch nimmt, und überall, wo das Vaterland seiner bedürfen wird. Was dieses Heer geleistet, werden Sie aus den Ihnen vorzulegenden Tabellen ersehen.
„Entwürfe zur Veränderung unserer Repräsentation sind seit mehreren Jahren in Umlauf gesetzt und Bittschriften, in denen Ich ersucht war, die Regierungsform des Staats zu verändern, vor dem Auseinandergehen des letzten Reichstags an Mich gerichtet worden. Das Grundgesetz hat die Art und Weise bestimmt, in welcher Veränderungen bewerkstelligt werden müssen, und unter Nachachtung desselben darf die Nation gewärtigen, daß Ich die von den Reichsständen Mir vorzulegenden Vorschläge mit dem Interesse und dem Eifer prüfen werde, die eine Sache von solcher Wichtigkeit erheischt. Alles, was das Glück und die Ruhe der Nation zu consolidiren vermag, wird ein Gegenstand Meiner Erwägung und Meiner innigsten Sorgfalt seyn. Mit Einem Worte, Alles, was ausführbar und nützlich seyn dürfte, kann von Mir nie verworfen werden.
„Es wird Ihnen nicht entgehen, daß es eine wesentliche Verbesserung ist, der höchsten Gerichtsbehörde des Königreichs die ihr so nothwendige Unabhängigkeit zu verleihen. Frei in seiner sorgfältigen Prüfung, darf der Richter von seinen Ueberlegungen nicht abgezogen werden. Der Buchstabe des Gesetzes und sein Gewissen müssen ihn vor der Furcht des Tadels und dem Bedürfnisse aller Lobsprüche fern halten. Meine frühere Botschaft hinsichtlich Meiner Entsagung auf die Präsidentschaft und die zwei Stimmen, welche die Verfassung Mir in dem höchsten Gerichte eingeräumt, soll Ihnen von neuem vorgelegt werden. Sowohl die, welche Recht sprechen, als die, über welche Recht gesprochen wird, werden darin eine gegenseitige Bürgschaft finden.
„Ueber fünf Jahre sind verflossen, seit Ich Sie um den Thron versammelt gesehen. Bei Ihrer Trennung waren die Besorgnisse vor einer nahen Wiederzusammenberufung allgemein. Sie beruhten auf einem vermuthlichen Deficit des Tilgungs-Comptoirs, welches eingebildete Deficit aber einem ansehnlichen Ueberschuß der Einnahme Raum gemacht hat.
„Der Allmächtige, der in seiner göttlichen Weisheit den Völkern Glück und Unglück austheilt, hat uns eins wie das andere widerfahren lassen. Strenge Winter haben die Leiden vermehrt, mit denen Mißernten uns heimzusuchen drohten. Unfälle der Art gehören zu den Warnungen, wie sie die Vorsehung den Nationen gibt, welche durch den langen Genuß des Wohlergehens dahin gelangt sind, dasselbe für ein Recht anzusehen, ohne vielmehr zu bedenken, daß das Unglück eher eine Weisung von oben herab ist, um sie vor ähnlichen Verirrungen zu bewahren. Dank sey es jedoch seiner Güte, die Prüfung war nicht von langer Dauer, und der Anblick, den sie gewährte, war schön und rührend: wo die Noth ihre Hände bittend hinstreckte, hat die Wohlthätigkeit sie gefüllt. So haben wir während der schwierigen
Zeiten die Sorgen getheilt, zusammen unser Brod unter diejenigen ausgetheilt, denen es fehlte; so haben wir gewetteifert, diejenigen zu bekleiden, die unbekleidet waren, und die zu unterstützen, deren Wohnungen die Feuersbrunst verzehrt hatte: denn zur Vermehrung unserer Bedrängniß trat die Feuersnoth in Verbindung mit der eisigen Kälte, und diese Gemeinsamkeit von Leiden und von Bestrebungen zu deren Abhülfe ist ein Ring mehr in der Kette gegenseitiger Verbindungen. Glücklichere Jahre und Schicksale, ebenfalls Gaben jener Vorsehung, die in unsern glücklichen und unglücklichen Ereignissen gleiche Güte an den Tag legt, sind auf jene gefolgt, und geben jetzt neuen Anlaß zur Dankbarkeit.“
Neben den Vortheilen, die aus der Vermehrung der Bevölkerung entspringen müssen, haben wir uns vor den in allen Ländern daraus entspringenden Nachtheilen zu wahren, nämlich Pauperismus und Heimathlosigkeit. Es sollen Ihnen Gesetze über Polizei und öffentliche Sicherheit vorgelegt werden. Die Rücksicht auf die Ruhe des Königreichs, auf die Sicherheit der Bewohner von Stadt und Land, werden Ihre Beschlüsse leiten.
[446]
Erklärung,
den Nachdruck von Jäcks Taschenbibliothek der See- und Landreisen betreffend.
Schmidls Wittwe und Ign. Klang in Wien haben obiges Werk für den billigen Preis von 6 fl. 40 kr. C. M. mit dem Bemerken angekündigt, daß sie den ganzen Vorrath besäßen; da dieselben aber die Bemerkung „der Vorrath des Nachdrucks“ dabei vergessen haben, so erkläre ich hiermit, daß die rechtmäßige Ausgabe (welche die Firma Haubenstricker in Nürnberg führt) nur von mir durch jede Buchhandlung und zwar zu demselben Preise als der angekündigte Nachdruck zu beziehen ist, wobei die Käufer auch noch den Vortheil haben, daß sie eine correcte, mit Kupferabdrücken versehene Ausgabe erhalten, während der Nachdruck voller Druckfehler und Unrichtigkeiten in Namen und Thaten wimmelt, und ihm der erbärmlichste und abgenutzteste Steindruck beigegeben ist.
Alle Buchhandlungen nehmen Bestellung darauf an.
Berlin, im Januar 1840
Th. Bade.
[341-42]
Sächsische Eisen- (L. S.) Compagnie.
Das Comité zu Errichtung der sächs. Eisen-Compagnie hatte bei seinem ersten Hervortreten aus bewegenden Gründen die öffentlichen Aufforderung zur Actienzeichnung nicht für angemessen erachtet. Nachdem binnen kurzer Frist die zu Constituirung der Compagnie laut der Subscriptionsbedingungen erforderlichen drei Fünftel der in 1000 Stück bestehenden Gesammtzahl der Actien auf Privatwegen untergebracht worden waren, nahm man mit weiterer Verbreitung der Einladung Anstand, da es wünschenswerth erschien, dem größern Publicum die Gelegenheit zur Betheiligung dann zu bieten, wenn die Resultate der Vorarbeiten die Begründung der davon zuversichtlich gehegten Erwartungen mehr und mehr ergeben haben würden. Dieser Zeitpunkt ist jetzt eingetreten. Die hohe Staatsregierung fördert, und die inzwischen gemachte Erfahrung sichert ein Unternehmen, für welches hauptsächlich durch die Wahl des Ausschusses die besten intellectuellen Kräfte gewonnen sind. Dieß ergeben die erlassenen Bekanntmachungen und erstatteten Berichte.
Das Directorium hält es daher für zeitgemäß, dem Publicum den Beitritt zur sächsischen Eisen-Compagnie, so weit derselbe nach der beschränkten Actienzahl noch gestattet ist, hierdurch anheim zu geben. Eine weitere Empfehlung des Unternehmens liegt weder in des erstern Absicht, noch in dem Zwecke gegenwärtiger Bekanntmachung, und es genügt daher zu bemerken, daß bei
dem Hrn. Stadtrath Hering in Zwickau,
dem Hrn. G. Meusel & Comp. in Dresden und
den unterzeichneten Schömberg Weber & Comp. in Leipzig,
die betreffenden gedruckten Mittheilungen einzusehen, die Bedingungen der Ueberlassung von Actien zu erfahren, und letztere zu erhalten sind. – Leipzig, den 20 Januar 1840
Das Directorium der sächsischen Eisen-Compagnie.
Heinrich v. Arnim, Vorsitzender.
Schömberg Weber & Comp., Bevollmächtigte.
[441-43]
Bekanntmachung.
Alle diejenigen, welche aus was immer für einem Titel Ansprüche auf den Rücklaß des am 31 Januar d. J. verlebten k. bayer. Geh. Raths etc. Joseph v. Utzschneider machen wollen, werden hiemit aufgefordert,
binnen neunzig Tagen a dato
solche um so gewisser hierorts anzumelden, als sonst bei Auseinandersetzung dessen Verlassenschaftssache hierauf keine Rücksicht genommen werden würde.
Den 4 Februar 1840
Königliches Kreis- und Stadtgericht München.
Graf v. Lerchenfeld, Dir.
[431-33]
Edictal-Citation.
Nachdem sich der vormalige k. Pfarrer Georg Wiedemann von Denklingen, k. Landgerichts Buchloe, auf die diesseitige erste Ladung vom 30 September v. J. dahier nicht gestellt und sich wegen der wider ihn vorhandenen Anschuldigung eines Verbrechens der Unterschlagung des Anvertrauten nicht verantwortet hat, so wird derselbe nunmehr mit der Warnung aufgefordert,
innerhalb drei Monaten a dato
dahier zu erscheinen, und sich wegen des erwähnten Verbrechens zu verantworten, widrigenfalls nach Verlauf dieser Frist wider ihn als einen Ungehorsamen den Gesetzen gemäß werde verfahren werden.
Memmingen, am 7 Februar 1840
Königlich bayer. Kreis- und Stadtgericht.
Leeb, Director.
Eckert.
[438-40]
Bekanntmachung.
Johann Fleischmann, Bauernsohn von Feldkirchen, marschirte im Jahre 1812 als Soldat des vormaligen 5ten Linien-Infanterie-Regiments, als dieses Regiment von Nürnberg ausrückte, mit nach Rußland, und hat seit dieser Zeit über sein Leben und Aufenthalt keine Nachricht mehr in seine Heimath gelangen lassen.
Derselbe wird daher aufgefordert, sich
innerhalb drei Monaten
bei dem unterfertigten Gerichte zu melden, und sein in 1100 fl. bestehendes Vermögen in Empfang zu nehmen, widrigenfalls solches nach Verlauf dieser Zeit an seine nächsten Verwandten gegen Caution ausgeantwortet wird.
Mallersdorf, den 3 Februar 1840
Königliches Landgericht Pfaffenberg.
Yberle, Landrichter.
[409-11]
Oeffentl. Bekanntmachung.
Da die geist'iche Stiftung, welche der verlebte ehemalige erzbischöflich Mainzische Official Franz Kuno v. Benzel am 22 October 1727 zum Besten der Nachkommen seiner beiden Geschwister, nämlich Jakob v. Benzel und Elisabetha v. Benzel, verehelicht gewesene v. Höchlein, wenn sich solche ernstlich dem geistlichen Stande widmen wollen, und deßfalls die Theologie oder die Rechtswissenschaft studiren, oder zu Rom in Praxis stehen, errichtet hat, wieder auf das ursprüngliche Stiftungscapital von 6000 fl. seither gestiegen ist, und nach Anordnung des Stifters die jährlichen Zinsen hieraus bezogen werden können, so werden die etwaigen Nachkommen aus obigen beiden v. Benzel'schen Stämmen hievon in Kenntniß gesetzt, wenn sie auf die Benutzung des erwähnten Stipendiums Ansprüche erheben wollen, aufgefordert, diese ihre Eigenschaft, als Abkömmlinge der v. Benzel'schen Familien sowohl, als auch die in der Stiftungs-Urkunde ausgesprochenen Erfordernisse bei unterzeichneter, von höherer Behörde angeordneter Stiftungs-Provision anzumelden und gehörig zu begründen, widrigenfalls die Erträgnisse der Stiftung so wie seither zum Capital geschlagen und verwaltet werden.
Aschaffenburg, am 24 Januar 1840
Die angeordnete frhrl. v. Benzel'sche Stiftungs-Provision.
Kurz.
Lemibach.
Huler, Actuar.
[336-37]
Die vorzüglichen, al fresco ausgeführten
Decken- und Wandgemälde
in der
Allerheiligen Hofcapelle zu München,
gemalt von
Professor Heinrich Heß u. A.,
in großen lithographischen Nachbildungen von F. G. Schreiner.
Der Verlagshandlung dieses ausgezeichnet schönen und würdigen Unternehmens gereicht es nun zur angenehmen Pflicht, den höchsten, hohen und verehrungswürdigen Subscribenten auf dieses Werk anzeigen und versichern zu können, daß dasselbe nunmehr ununterbrochen fortgesetzt und bis Ende dieses Jahres bestimmt zum Ziele gebracht wird.
Nicht, wie es so oft bei ähnlichen Bilderwerken der Fall, daß nur die ersten Lieferungen mit großer Sorgfalt und Sauberkeit ausgeführt werden, der gewissenhafte Unternehmer hat es sich zur Aufgabe gestellt, die weiteren Darstellungen in der größtmöglichen artistischen und technischen Vollendung zu liefern. Davon legen den sprechendsten Beweis die uns so eben zugekommenen Probe-Abdrücke von folgenden Blättern ab, die wahrhaft vollendete Kunstblätter dieses Nationalwerkes sind:
„die Dreieinigkeit, die Gesetzgebung, die Auferstehung, vier Blätter
„Apostel, der Oelberg, die Taufe Christi.“
NB. Zwölf Blätter sind bereits in Händen der hochgeehrten Subscribenten, und inclusive der eben bezeichneten sonach 2/3 des Werkes bereits gearbeitet.
Bis zur Beendigung des Ganzen bleibt der Subscriptionspreis für die Lieferung von 3 Blättern auf grand Colombier nur 9 fl. rhein. oder 5 Rthlr. sächs., um welche sie durch alle Buch- und Kunsthandlungen Deutschlands und bei der Verlagshandlung selbst zu beziehen sind, die auch vollständige Prospecte über dieses, zwölf Lieferungen umfassende, classische Unternehmen gratis ertheilen. Möge nun dasselbe eine reichliche und vielfach verdiente Theilnahme vom kunstliebenden Publicum erfahren, um welche besonders noch bittet
die Verlagshandlung Theodor Bläsing.
Erlangen, im Februar 1840
[385-87]
Bei dem Unterzeichneten ist so eben erschienen:
Das Jahr 1839.
Politisches Taschenbuch
auf das Jahr 1840
von
Wilhelm Fischer.
8. broschirt 1 fl. oder 16 gr. preuß. Courant.
Dieses Taschenbuch ist die Fortsetzung des im vorigen Jahre erschienenen Taschenbuches des Rheinischen Postillon. Die Ereignisse des denkwürdigen Jahres 1839 sind darin für Hoch und Nieder, für Jung und Alt auf die anziehendste Weise geschildert, so daß jeder, der Theil nimmt an den Ereignissen unserer großen Zeit, sich das Jahr gern noch einmal in diesem Spiegelbilde betrachten wird. Auch wird jeder Freund des Fortschrittes dieser Erscheinung gern seine Aufmerksamkeit zuwenden und sie in seinem Kreise weiter zu verbreiten suchen.
Mannheim, 1840
Heinrich Hoff.
[414-16]
Bei J. G. Heubner, Buchhändler in Wien, ist neu erschienen:
Das Herzogthum Steyermark,
geographisch-statistisch-topographisch dargestellt,
und mit geschichtlichen Erläuterungen versehen
von Georg Göth,
Custos am Museum der k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien, und Mitglied mehrerer gelehrten und ökonomischen Vereine.
Erster Band gr. 8. 1840 3 fl. 45 kr. C. M. oder 2 Rthlr. 12 gGr.
Dieses, Seiner kaiserlichen Hoheit, dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Johann von Oesterreich gewidmete, und unter höchstdessen Schutz entstandene Werk, wovon der erste Band so eben erschien, ist das Ergebniß ämtlicher Mittheilungen und eigener Anschauung. Der Verfasser, der während einer Reihe von Jahren in dieser Provinz lebte, hat mit vielem Fleiß und kritischer Auswahl alles jene zusammengestellt, was in einem solchen Werke überhaupt und von Steyermark besonders jetzt Interesse erregen kann, wo dieses Land bei einer Eisenbahn-Verbindung nach Süden eine nicht unwichtige Rolle zu spielen bestimmt ist.
Durch die Angabe aller nur möglichen Daten über die physikalischen, ökonomischen, industriellen und commerciellen Verhältnisse, und besonders die montanistische Betriebsamkeit, so wie durch die getreue topographische Schilderung der einzelnen Dominien, Bezirke und Gemeinden stellt sich diese statistisch-topographische Beschreibung den besten neueren Werken dieser Art an die Seite.
Was den ersten, den Bruckerkreis enthaltenden Band insbesondere betrifft, so dürfte er sich durch seine Details über die ständische Verfassung und das Steuerwesen, welches einen wesentlichen Theil der Einleitung bildet, vorzüglich auszeichnen.
Die Verlagshandlung glaubt daher den Freunden der Statistik, der Natur- und Länderkunde dieses Werk um so mehr empfehlen zu müssen, als es eine Provinz zur klaren Anschauung bringt, die zwar ihrer Naturschönheiten wegen vielfältig besucht wird, nach ihrer Wesenheit und ihren individuellen Verhältnissen aber noch viel zu wenig gekannt ist.