Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.I. Abschnitt. [Gleich. 15] Masse der Substanz also r d s d n, wenn r deren Dichte ist.1) Dam die Masse eines Moleküles ist, so enthält der Cylinder z 15) [Formel 1] Moleküle. Jedes derselben befindet sich nahe gleich tief unter der Begrenzungsfläche der Substanz, also nahe unter den gleichen Umständen. Es wird von den Molekülen, welche der Grenze der Substanz noch näher sind, gegen diese hin, von den weiter entfernten aber von ihr hinweg gezogen und da die Anzahl der letzteren überwiegt, so bleibt eine Resultirende, welche das Molekül von der Oberfläche hinwegzieht. Betrachten wir ein Molekül m innerhalb des Cylinders z 1) Durch die Waals'schen Cohäsionskräfte könnte allerdings eine
Veränderlichkeit der Dichte r in der Nähe der Gefässwand bewirkt werden, welche wir van der Waals folgend im Texte vernachlässigten. Man würde übrigens zur selben Formel wie dieser gelangen, wenn man nur annähme, dass sich bei Aenderung des Druckes oder der Temperatur die Dichten in verschiedenen Entfernungen von der Grenzfläche des Gases einander proportional ändern. Es würde dann bloss zu den Formeln 15) und 16) ein von r und T unabhängiger Factor F treten, und könnte F C, wie im Texte C gleich f (n) gesetzt werden. Ferner ist die im Texte durchgeführte Berechnung der Stosszahl sicher richtig, wenn die Waals'sche Cohäsionskraft nicht vorhanden ist. Beim Vorhandensein der letzteren aber könnte es zweifelhaft sein, ob es erlaubt ist, diese Berechnung ungeändert zu lassen und die Cohäsionskraft einfach zum äusseren Drucke zu addiren, wie wir es, ebenfalls van der Waals folgend, in § 4 thaten. Endlich haben wir die Gefässwand nur als undurchdringlich, ohne Adhäsionskraft gegen die Substanz betrachtet. Ich werde übrigens im V. Abschnitte eine Ableitung der Waals'- schen Formel geben, gegen welche alle diese Einwände nicht erhoben werden können. I. Abschnitt. [Gleich. 15] Masse der Substanz also ρ d s d ν, wenn ρ deren Dichte ist.1) Dam die Masse eines Moleküles ist, so enthält der Cylinder ζ 15) [Formel 1] Moleküle. Jedes derselben befindet sich nahe gleich tief unter der Begrenzungsfläche der Substanz, also nahe unter den gleichen Umständen. Es wird von den Molekülen, welche der Grenze der Substanz noch näher sind, gegen diese hin, von den weiter entfernten aber von ihr hinweg gezogen und da die Anzahl der letzteren überwiegt, so bleibt eine Resultirende, welche das Molekül von der Oberfläche hinwegzieht. Betrachten wir ein Molekül m innerhalb des Cylinders ζ 1) Durch die Waals’schen Cohäsionskräfte könnte allerdings eine
Veränderlichkeit der Dichte ρ in der Nähe der Gefässwand bewirkt werden, welche wir van der Waals folgend im Texte vernachlässigten. Man würde übrigens zur selben Formel wie dieser gelangen, wenn man nur annähme, dass sich bei Aenderung des Druckes oder der Temperatur die Dichten in verschiedenen Entfernungen von der Grenzfläche des Gases einander proportional ändern. Es würde dann bloss zu den Formeln 15) und 16) ein von ρ und T unabhängiger Factor F treten, und könnte F C, wie im Texte C gleich f (ν) gesetzt werden. Ferner ist die im Texte durchgeführte Berechnung der Stosszahl sicher richtig, wenn die Waals’sche Cohäsionskraft nicht vorhanden ist. Beim Vorhandensein der letzteren aber könnte es zweifelhaft sein, ob es erlaubt ist, diese Berechnung ungeändert zu lassen und die Cohäsionskraft einfach zum äusseren Drucke zu addiren, wie wir es, ebenfalls van der Waals folgend, in § 4 thaten. Endlich haben wir die Gefässwand nur als undurchdringlich, ohne Adhäsionskraft gegen die Substanz betrachtet. Ich werde übrigens im V. Abschnitte eine Ableitung der Waals’- schen Formel geben, gegen welche alle diese Einwände nicht erhoben werden können. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0032" n="14"/><fw place="top" type="header">I. Abschnitt. [Gleich. 15]</fw><lb/> Masse der Substanz also <hi rendition="#i">ρ d s d ν</hi>, wenn <hi rendition="#i">ρ</hi> deren Dichte ist.<note place="foot" n="1)">Durch die <hi rendition="#g">Waals’</hi>schen Cohäsionskräfte könnte allerdings eine<lb/> Veränderlichkeit der Dichte <hi rendition="#i">ρ</hi> in der Nähe der Gefässwand bewirkt<lb/> werden, welche wir <hi rendition="#g">van der Waals</hi> folgend im Texte vernachlässigten.<lb/> Man würde übrigens zur selben Formel wie dieser gelangen, wenn man<lb/> nur annähme, dass sich bei Aenderung des Druckes oder der Temperatur<lb/> die Dichten in verschiedenen Entfernungen von der Grenzfläche des<lb/> Gases einander proportional ändern. Es würde dann bloss zu den<lb/> Formeln 15) und 16) ein von <hi rendition="#i">ρ</hi> und <hi rendition="#i">T</hi> unabhängiger Factor <hi rendition="#i">F</hi> treten, und<lb/> könnte <hi rendition="#i">F C</hi>, wie im Texte <hi rendition="#i">C</hi> gleich <hi rendition="#i">f (ν)</hi> gesetzt werden.<lb/> Ferner ist die im Texte durchgeführte Berechnung der Stosszahl<lb/> sicher richtig, wenn die <hi rendition="#g">Waals’</hi>sche Cohäsionskraft nicht vorhanden ist.<lb/> Beim Vorhandensein der letzteren aber könnte es zweifelhaft sein, ob es<lb/> erlaubt ist, diese Berechnung ungeändert zu lassen und die Cohäsionskraft<lb/> einfach zum äusseren Drucke zu addiren, wie wir es, ebenfalls <hi rendition="#g">van der<lb/> Waals</hi> folgend, in § 4 thaten. Endlich haben wir die Gefässwand nur<lb/> als undurchdringlich, ohne Adhäsionskraft gegen die Substanz betrachtet.<lb/> Ich werde übrigens im V. Abschnitte eine Ableitung der <hi rendition="#g">Waals’</hi>-<lb/> schen Formel geben, gegen welche alle diese Einwände nicht erhoben<lb/> werden können.</note> Da<lb/><hi rendition="#i">m</hi> die Masse eines Moleküles ist, so enthält der Cylinder <hi rendition="#i">ζ</hi><lb/> 15) <hi rendition="#et"><formula/></hi><lb/> Moleküle. Jedes derselben befindet sich nahe gleich tief unter<lb/> der Begrenzungsfläche der Substanz, also nahe unter den gleichen<lb/> Umständen. Es wird von den Molekülen, welche der Grenze der<lb/> Substanz noch näher sind, gegen diese hin, von den weiter<lb/> entfernten aber von ihr hinweg gezogen und da die Anzahl<lb/> der letzteren überwiegt, so bleibt eine Resultirende, welche das<lb/> Molekül von der Oberfläche hinwegzieht.</p><lb/> <p>Betrachten wir ein Molekül <hi rendition="#i">m</hi> innerhalb des Cylinders <hi rendition="#i">ζ</hi><lb/> und irgend ein Volumelement <hi rendition="#i">ω</hi> in der Nähe desselben, so<lb/> werden alle Moleküle, die sich im Volumelemente <hi rendition="#i">ω</hi> befinden,<lb/> auf das Molekül <hi rendition="#i">m</hi> eine nahe gleiche und gleich gerichtete<lb/> Anziehung ausüben. Die Gesammtanziehung der Moleküle des<lb/> Volumelementes <hi rendition="#i">ω</hi> auf das Molekül <hi rendition="#i">m</hi> und daher auch ihre<lb/> Componente normal zu <hi rendition="#i">d s</hi> wird daher proportional der An-<lb/> zahl der Moleküle sein, die sich in <hi rendition="#i">ω</hi> befinden, also pro-<lb/> portional der Dichte <hi rendition="#i">ρ</hi> des Gases. Der Proportionalitätsfactor<lb/> ist bloss mehr von der Grösse des Volumelements <hi rendition="#i">ω</hi> und seiner<lb/> relativen Lage gegen das Molekül <hi rendition="#i">m</hi> abhängig. Namentlich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0032]
I. Abschnitt. [Gleich. 15]
Masse der Substanz also ρ d s d ν, wenn ρ deren Dichte ist. 1) Da
m die Masse eines Moleküles ist, so enthält der Cylinder ζ
15) [FORMEL]
Moleküle. Jedes derselben befindet sich nahe gleich tief unter
der Begrenzungsfläche der Substanz, also nahe unter den gleichen
Umständen. Es wird von den Molekülen, welche der Grenze der
Substanz noch näher sind, gegen diese hin, von den weiter
entfernten aber von ihr hinweg gezogen und da die Anzahl
der letzteren überwiegt, so bleibt eine Resultirende, welche das
Molekül von der Oberfläche hinwegzieht.
Betrachten wir ein Molekül m innerhalb des Cylinders ζ
und irgend ein Volumelement ω in der Nähe desselben, so
werden alle Moleküle, die sich im Volumelemente ω befinden,
auf das Molekül m eine nahe gleiche und gleich gerichtete
Anziehung ausüben. Die Gesammtanziehung der Moleküle des
Volumelementes ω auf das Molekül m und daher auch ihre
Componente normal zu d s wird daher proportional der An-
zahl der Moleküle sein, die sich in ω befinden, also pro-
portional der Dichte ρ des Gases. Der Proportionalitätsfactor
ist bloss mehr von der Grösse des Volumelements ω und seiner
relativen Lage gegen das Molekül m abhängig. Namentlich
1) Durch die Waals’schen Cohäsionskräfte könnte allerdings eine
Veränderlichkeit der Dichte ρ in der Nähe der Gefässwand bewirkt
werden, welche wir van der Waals folgend im Texte vernachlässigten.
Man würde übrigens zur selben Formel wie dieser gelangen, wenn man
nur annähme, dass sich bei Aenderung des Druckes oder der Temperatur
die Dichten in verschiedenen Entfernungen von der Grenzfläche des
Gases einander proportional ändern. Es würde dann bloss zu den
Formeln 15) und 16) ein von ρ und T unabhängiger Factor F treten, und
könnte F C, wie im Texte C gleich f (ν) gesetzt werden.
Ferner ist die im Texte durchgeführte Berechnung der Stosszahl
sicher richtig, wenn die Waals’sche Cohäsionskraft nicht vorhanden ist.
Beim Vorhandensein der letzteren aber könnte es zweifelhaft sein, ob es
erlaubt ist, diese Berechnung ungeändert zu lassen und die Cohäsionskraft
einfach zum äusseren Drucke zu addiren, wie wir es, ebenfalls van der
Waals folgend, in § 4 thaten. Endlich haben wir die Gefässwand nur
als undurchdringlich, ohne Adhäsionskraft gegen die Substanz betrachtet.
Ich werde übrigens im V. Abschnitte eine Ableitung der Waals’-
schen Formel geben, gegen welche alle diese Einwände nicht erhoben
werden können.
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