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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896.

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I. Abschnitt. [Gleich. 96]

N m ist die in der Zeiteinheit durch die Flächeneinheit
mehr von oben nach unten als umgekehrt hindurchgehende
Masse des ersten Gases, n m aber die in der Schicht z auf
die Volumeneinheit entfallende Masse des ersten Gases, daher
partial (n m) / partial z deren Gefälle in der z Richtung. Der Factor dieses
Ausdruckes in der letzten Gleichung ist also das, was man
den Diffusionscoefficienten nennt. Derselbe ergibt sich für Luft
von 15° C. beim Normalbarometerstande unter Zugrunde-
legung des obigen Werthes für R gleich 0,155 cm2 / sec, während
Loschmidt1) unter ähnlichen Bedingungen für die verschiedenen
Combinationen der Gase, die sich angenähert wie Luft ver-
halten, Werthe fand, die zwischen 0,142 und 0,180 liegen.
Berücksichtigt man die Abhängigkeit der Grösse r von Tem-
peratur und Druck, so findet man, dass der Diffusionscoefficient
der 3/2ten Potenz der absoluten Temperatur direct und dem
Gesammtdrucke beider Gase verkehrt proportional ist. Bei
gleicher Temperatur und gleichem Gesammtdrucke ist die
Diffusionsconstante für die Diffusion in sich selbst gerade so,
wie die Wärmeleitungsconstante der Grösse [Formel 1] verkehrt
proportional, wie sich aus Formel 96 ergibt, da dann h und
n + n1 constant sind.

In diesem einfachsten Falle der Diffusion, wo Masse und
Durchmesser eines Moleküls für beide Gase gleich sind, ver-
hält sich der Inbegriff beider Gase sicher wie ein ruhendes
Gas. Bezeichnen wir daher mit d Nc, th, d nc, th und [Formel 2] die
Gesammtzahl der Moleküle beider Gase, resp. die Zahl der
Moleküle der ersten oder zweiten Gasart, für welche die Ge-
schwindigkeit zwischen den Grenzen c und c + d c liegt und
ihre Richtung mit der positiven z-Axe einen Winkel bildet,
der zwischen th und th + d th liegt, so ist sicher gemäss der
Formel 38:
[Formel 3] .

Man könnte meinen, dass deshalb wenigstens in diesem
einfachen Falle unsere Rechnungen exact richtig wären. Wir
werden aber sehen, dass, wenn die Moleküle elastische Kugeln
sind, die rascheren Moleküle schneller, die langsameren minder

1) Wiener Sitzungsber. Bd. 61. S 367. 1870; Bd. 62. S. 468.
I. Abschnitt. [Gleich. 96]

N m ist die in der Zeiteinheit durch die Flächeneinheit
mehr von oben nach unten als umgekehrt hindurchgehende
Masse des ersten Gases, n m aber die in der Schicht z auf
die Volumeneinheit entfallende Masse des ersten Gases, daher
(n m) / ∂ z deren Gefälle in der z Richtung. Der Factor dieses
Ausdruckes in der letzten Gleichung ist also das, was man
den Diffusionscoëfficienten nennt. Derselbe ergibt sich für Luft
von 15° C. beim Normalbarometerstande unter Zugrunde-
legung des obigen Werthes für R gleich 0,155 cm2 / sec, während
Loschmidt1) unter ähnlichen Bedingungen für die verschiedenen
Combinationen der Gase, die sich angenähert wie Luft ver-
halten, Werthe fand, die zwischen 0,142 und 0,180 liegen.
Berücksichtigt man die Abhängigkeit der Grösse ϱ von Tem-
peratur und Druck, so findet man, dass der Diffusionscoëfficient
der 3/2ten Potenz der absoluten Temperatur direct und dem
Gesammtdrucke beider Gase verkehrt proportional ist. Bei
gleicher Temperatur und gleichem Gesammtdrucke ist die
Diffusionsconstante für die Diffusion in sich selbst gerade so,
wie die Wärmeleitungsconstante der Grösse [Formel 1] verkehrt
proportional, wie sich aus Formel 96 ergibt, da dann h und
n + n1 constant sind.

In diesem einfachsten Falle der Diffusion, wo Masse und
Durchmesser eines Moleküls für beide Gase gleich sind, ver-
hält sich der Inbegriff beider Gase sicher wie ein ruhendes
Gas. Bezeichnen wir daher mit d Nc, ϑ, d nc, ϑ und [Formel 2] die
Gesammtzahl der Moleküle beider Gase, resp. die Zahl der
Moleküle der ersten oder zweiten Gasart, für welche die Ge-
schwindigkeit zwischen den Grenzen c und c + d c liegt und
ihre Richtung mit der positiven z-Axe einen Winkel bildet,
der zwischen ϑ und ϑ + d ϑ liegt, so ist sicher gemäss der
Formel 38:
[Formel 3] .

Man könnte meinen, dass deshalb wenigstens in diesem
einfachen Falle unsere Rechnungen exact richtig wären. Wir
werden aber sehen, dass, wenn die Moleküle elastische Kugeln
sind, die rascheren Moleküle schneller, die langsameren minder

1) Wiener Sitzungsber. Bd. 61. S 367. 1870; Bd. 62. S. 468.
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[92/0106] I. Abschnitt. [Gleich. 96] N m ist die in der Zeiteinheit durch die Flächeneinheit mehr von oben nach unten als umgekehrt hindurchgehende Masse des ersten Gases, n m aber die in der Schicht z auf die Volumeneinheit entfallende Masse des ersten Gases, daher ∂ (n m) / ∂ z deren Gefälle in der z Richtung. Der Factor dieses Ausdruckes in der letzten Gleichung ist also das, was man den Diffusionscoëfficienten nennt. Derselbe ergibt sich für Luft von 15° C. beim Normalbarometerstande unter Zugrunde- legung des obigen Werthes für R gleich 0,155 cm2 / sec, während Loschmidt 1) unter ähnlichen Bedingungen für die verschiedenen Combinationen der Gase, die sich angenähert wie Luft ver- halten, Werthe fand, die zwischen 0,142 und 0,180 liegen. Berücksichtigt man die Abhängigkeit der Grösse ϱ von Tem- peratur und Druck, so findet man, dass der Diffusionscoëfficient der 3/2ten Potenz der absoluten Temperatur direct und dem Gesammtdrucke beider Gase verkehrt proportional ist. Bei gleicher Temperatur und gleichem Gesammtdrucke ist die Diffusionsconstante für die Diffusion in sich selbst gerade so, wie die Wärmeleitungsconstante der Grösse [FORMEL] verkehrt proportional, wie sich aus Formel 96 ergibt, da dann h und n + n1 constant sind. In diesem einfachsten Falle der Diffusion, wo Masse und Durchmesser eines Moleküls für beide Gase gleich sind, ver- hält sich der Inbegriff beider Gase sicher wie ein ruhendes Gas. Bezeichnen wir daher mit d Nc, ϑ, d nc, ϑ und [FORMEL] die Gesammtzahl der Moleküle beider Gase, resp. die Zahl der Moleküle der ersten oder zweiten Gasart, für welche die Ge- schwindigkeit zwischen den Grenzen c und c + d c liegt und ihre Richtung mit der positiven z-Axe einen Winkel bildet, der zwischen ϑ und ϑ + d ϑ liegt, so ist sicher gemäss der Formel 38: [FORMEL]. Man könnte meinen, dass deshalb wenigstens in diesem einfachen Falle unsere Rechnungen exact richtig wären. Wir werden aber sehen, dass, wenn die Moleküle elastische Kugeln sind, die rascheren Moleküle schneller, die langsameren minder 1) Wiener Sitzungsber. Bd. 61. S 367. 1870; Bd. 62. S. 468.

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 1. Leipzig, 1896, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie01_1896/106>, abgerufen am 23.11.2024.