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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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Heinrich des Vierdten
Majestät nimmt/ daß dieselben dem Könige von Ca-
stilien
einen Sohn geben werden.

Jndem er so viel gesaget/ erröthet er/ und kan nicht
weiter fortfahren: Die Königin ist auf ihrer Seiten
nicht weniger verwirret; Sie siehet Alphonsum an/
und hält davor/ sie könne in seinen Augen lesen/ was
er ihr ferner habe sagen wollen. Also bleiben beyde
eine Weile stille ohne ein Wort zu sprechen. End-
lich wirfft sich Alphonsus zu ihren Füssen und hebet
an: Ja/ Madame, alles/ was ihr dencket/ das ist
wahr; und ich bin es - - Ach/ was sagt ihr mir? Un-
terbricht die Königin seine Rede. Dieses/ fähret Al-
phonsus
fort/ was ich euch die gantze Zeit meines
Lebens verschwiegen hätte/ wenn ich fähig gewesen
zu leyden/ daß eure Majestät einen andern als mich
wegen des rühmlichsten Verbrechens und der am
stärcksten brennenden Liebe von der gantzen Welt in
Verdacht gehabt.

Die Königin bedecket darauf ihr Antlitz/ wendet
das Gesicht weg von ihm/ und sagt: Ach/ hättet ihr
dann zu den Unglück der allerglückseeligsten unter de-
nen Königinnen helffen sollen?

Es ist wahr/ antwortete Alphonsus, ich bin straff-
bahr: aber mein Fehler kömmt allein von der Liebe
her. Die Gnade und die Vertraulichkeit des Köni-
ges haben daran keinen Theil: Und dieser Fürst weiß
die Stunde noch nicht weder mein Verbrechen noch
mein Glück.

Als darauf Alphonsus siehet/ daß die Königin
kein Wort spricht/ erzehlet er ihr die gantze Sache/
wie er zu ihr durch so unvermutheten Zufall gekom-
men: kaum/ daß er solche Erzehlung geendet/ so tritt

der

Heinrich des Vierdten
Majeſtaͤt nimmt/ daß dieſelben dem Koͤnige von Ca-
ſtilien
einen Sohn geben werden.

Jndem er ſo viel geſaget/ erroͤthet er/ und kan nicht
weiter fortfahren: Die Koͤnigin iſt auf ihrer Seiten
nicht weniger verwirret; Sie ſiehet Alphonſum an/
und haͤlt davor/ ſie koͤnne in ſeinen Augen leſen/ was
er ihr ferner habe ſagen wollen. Alſo bleiben beyde
eine Weile ſtille ohne ein Wort zu ſprechen. End-
lich wirfft ſich Alphonſus zu ihren Fuͤſſen und hebet
an: Ja/ Madame, alles/ was ihr dencket/ das iſt
wahr; und ich bin es - - Ach/ was ſagt ihr mir? Un-
terbricht die Koͤnigin ſeine Rede. Dieſes/ faͤhret Al-
phonſus
fort/ was ich euch die gantze Zeit meines
Lebens verſchwiegen haͤtte/ wenn ich faͤhig geweſen
zu leyden/ daß eure Majeſtaͤt einen andern als mich
wegen des ruͤhmlichſten Verbrechens und der am
ſtaͤrckſten brennenden Liebe von der gantzen Welt in
Verdacht gehabt.

Die Koͤnigin bedecket darauf ihr Antlitz/ wendet
das Geſicht weg von ihm/ und ſagt: Ach/ haͤttet ihr
dann zu den Ungluͤck der allergluͤckſeeligſten unter de-
nen Koͤniginnen helffen ſollen?

Es iſt wahr/ antwortete Alphonſus, ich bin ſtraff-
bahr: aber mein Fehler koͤmmt allein von der Liebe
her. Die Gnade und die Vertraulichkeit des Koͤni-
ges haben daran keinen Theil: Und dieſer Fuͤrſt weiß
die Stunde noch nicht weder mein Verbrechen noch
mein Gluͤck.

Als darauf Alphonſus ſiehet/ daß die Koͤnigin
kein Wort ſpricht/ erzehlet er ihr die gantze Sache/
wie er zu ihr durch ſo unvermutheten Zufall gekom-
men: kaum/ daß er ſolche Erzehlung geendet/ ſo tritt

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[440/0476] Heinrich des Vierdten Majeſtaͤt nimmt/ daß dieſelben dem Koͤnige von Ca- ſtilien einen Sohn geben werden. Jndem er ſo viel geſaget/ erroͤthet er/ und kan nicht weiter fortfahren: Die Koͤnigin iſt auf ihrer Seiten nicht weniger verwirret; Sie ſiehet Alphonſum an/ und haͤlt davor/ ſie koͤnne in ſeinen Augen leſen/ was er ihr ferner habe ſagen wollen. Alſo bleiben beyde eine Weile ſtille ohne ein Wort zu ſprechen. End- lich wirfft ſich Alphonſus zu ihren Fuͤſſen und hebet an: Ja/ Madame, alles/ was ihr dencket/ das iſt wahr; und ich bin es - - Ach/ was ſagt ihr mir? Un- terbricht die Koͤnigin ſeine Rede. Dieſes/ faͤhret Al- phonſus fort/ was ich euch die gantze Zeit meines Lebens verſchwiegen haͤtte/ wenn ich faͤhig geweſen zu leyden/ daß eure Majeſtaͤt einen andern als mich wegen des ruͤhmlichſten Verbrechens und der am ſtaͤrckſten brennenden Liebe von der gantzen Welt in Verdacht gehabt. Die Koͤnigin bedecket darauf ihr Antlitz/ wendet das Geſicht weg von ihm/ und ſagt: Ach/ haͤttet ihr dann zu den Ungluͤck der allergluͤckſeeligſten unter de- nen Koͤniginnen helffen ſollen? Es iſt wahr/ antwortete Alphonſus, ich bin ſtraff- bahr: aber mein Fehler koͤmmt allein von der Liebe her. Die Gnade und die Vertraulichkeit des Koͤni- ges haben daran keinen Theil: Und dieſer Fuͤrſt weiß die Stunde noch nicht weder mein Verbrechen noch mein Gluͤck. Als darauf Alphonſus ſiehet/ daß die Koͤnigin kein Wort ſpricht/ erzehlet er ihr die gantze Sache/ wie er zu ihr durch ſo unvermutheten Zufall gekom- men: kaum/ daß er ſolche Erzehlung geendet/ ſo tritt der

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/476>, abgerufen am 22.11.2024.