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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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Die Würckungen
Grafen eines Eigensinnes und Eyfersucht/ daß er
seine Gemahlin nicht nach Pariß kommen liesse: Er
wirfft wieder alle Schuld auf sie; der Admiral sagt:
Er könne sich nicht einbilden/ daß eine so junge und
schöne Dame solte einen solchen Abschen vor dem
Hofe tragen; wenn er ihr nicht ausdrücklich verbo-
then/ ihm nachzukommen. Der Graf wendet ein;
daß er ihr ja/ auch bey itziger Anwesenheit/ genug-
sam geschrieben/ sich einzufinden: der Admiral a-
ber bathe sich aus/ daß er nur ihm einen Brieff in
die Feder dictiren möchte/ sie solte bald kommen.
Der Graf gieng alles ein. Er schrieb/ was ihm der
Admiral vorsagete; der zuletzt den Brieff nahm/
damit ins Cabinet gieng/ und ehe er ihn versiegelte/
das fatale Stück des halben Ringes ohne des Gra-
fens Vorbewust/ hinein legete/ und ihn also fort-
sendete.

Der Admiral breitet darauf an dem gantzen Ho-
fe die eheste Ankunfft der Gräfin Francisca von
Chateau-Briant aus/ und erzehlet in Geheim dem
Könige/ was er dem Grafen vor eine Tour spielete;
welches beym Könige ein brennendes Verlangen
machet/ die Gräfin wieder zu sehen.

Diese wird über den empfangenen Brieff von ih-
rem Gemahl nicht wenig verwirret/ weil sie den hal-
ben Ring/ als das Zeichen/ daß sie in Ernst nach Pa-
riß kommen soll/ darinnen findet. Sie weiß nicht/
wozu sie sich entschliessen soll; weil sie befürchtet/
wann sie den König zu Gesichte bekäm/ möchte sie
ihre Liebe zu ihm vor den Augen des gantzen Hofes
verrathen: da sie selbige auch in der weitesten Ent-
fernung von ihm nicht verbergen könte/ und an sol-

chen

Die Wuͤrckungen
Grafen eines Eigenſinnes und Eyferſucht/ daß er
ſeine Gemahlin nicht nach Pariß kommen lieſſe: Er
wirfft wieder alle Schuld auf ſie; der Admiral ſagt:
Er koͤnne ſich nicht einbilden/ daß eine ſo junge und
ſchoͤne Dame ſolte einen ſolchen Abſchen vor dem
Hofe tragen; wenn er ihr nicht ausdruͤcklich verbo-
then/ ihm nachzukommen. Der Graf wendet ein;
daß er ihr ja/ auch bey itziger Anweſenheit/ genug-
ſam geſchrieben/ ſich einzufinden: der Admiral a-
ber bathe ſich aus/ daß er nur ihm einen Brieff in
die Feder dictiren moͤchte/ ſie ſolte bald kommen.
Der Graf gieng alles ein. Er ſchrieb/ was ihm der
Admiral vorſagete; der zuletzt den Brieff nahm/
damit ins Cabinet gieng/ und ehe er ihn verſiegelte/
das fatale Stuͤck des halben Ringes ohne des Gra-
fens Vorbewuſt/ hinein legete/ und ihn alſo fort-
ſendete.

Der Admiral breitet darauf an dem gantzen Ho-
fe die eheſte Ankunfft der Graͤfin Franciſca von
Chateau-Briant aus/ und erzehlet in Geheim dem
Koͤnige/ was er dem Grafen vor eine Tour ſpielete;
welches beym Koͤnige ein brennendes Verlangen
machet/ die Graͤfin wieder zu ſehen.

Dieſe wird uͤber den empfangenen Brieff von ih-
rem Gemahl nicht wenig verwirret/ weil ſie den hal-
ben Ring/ als das Zeichen/ daß ſie in Ernſt nach Pa-
riß kommen ſoll/ darinnen findet. Sie weiß nicht/
wozu ſie ſich entſchlieſſen ſoll; weil ſie befuͤrchtet/
wann ſie den Koͤnig zu Geſichte bekaͤm/ moͤchte ſie
ihre Liebe zu ihm vor den Augen des gantzen Hofes
verrathen: da ſie ſelbige auch in der weiteſten Ent-
fernung von ihm nicht verbergen koͤnte/ und an ſol-

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[158/0182] Die Wuͤrckungen Grafen eines Eigenſinnes und Eyferſucht/ daß er ſeine Gemahlin nicht nach Pariß kommen lieſſe: Er wirfft wieder alle Schuld auf ſie; der Admiral ſagt: Er koͤnne ſich nicht einbilden/ daß eine ſo junge und ſchoͤne Dame ſolte einen ſolchen Abſchen vor dem Hofe tragen; wenn er ihr nicht ausdruͤcklich verbo- then/ ihm nachzukommen. Der Graf wendet ein; daß er ihr ja/ auch bey itziger Anweſenheit/ genug- ſam geſchrieben/ ſich einzufinden: der Admiral a- ber bathe ſich aus/ daß er nur ihm einen Brieff in die Feder dictiren moͤchte/ ſie ſolte bald kommen. Der Graf gieng alles ein. Er ſchrieb/ was ihm der Admiral vorſagete; der zuletzt den Brieff nahm/ damit ins Cabinet gieng/ und ehe er ihn verſiegelte/ das fatale Stuͤck des halben Ringes ohne des Gra- fens Vorbewuſt/ hinein legete/ und ihn alſo fort- ſendete. Der Admiral breitet darauf an dem gantzen Ho- fe die eheſte Ankunfft der Graͤfin Franciſca von Chateau-Briant aus/ und erzehlet in Geheim dem Koͤnige/ was er dem Grafen vor eine Tour ſpielete; welches beym Koͤnige ein brennendes Verlangen machet/ die Graͤfin wieder zu ſehen. Dieſe wird uͤber den empfangenen Brieff von ih- rem Gemahl nicht wenig verwirret/ weil ſie den hal- ben Ring/ als das Zeichen/ daß ſie in Ernſt nach Pa- riß kommen ſoll/ darinnen findet. Sie weiß nicht/ wozu ſie ſich entſchlieſſen ſoll; weil ſie befuͤrchtet/ wann ſie den Koͤnig zu Geſichte bekaͤm/ moͤchte ſie ihre Liebe zu ihm vor den Augen des gantzen Hofes verrathen: da ſie ſelbige auch in der weiteſten Ent- fernung von ihm nicht verbergen koͤnte/ und an ſol- chen

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/182>, abgerufen am 24.11.2024.