Die wir stark sind, sollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen, und nicht Gefallen an uns selber haben. Röm. 15, 1. Siehe auf dich selbst, daß du nicht auch versuchet werdest. Gal. 6, 1. (Denn) wer bist du, daß du einen fremden Knecht richtest? Röm. 14, 4. Wenn du ganz besonders gestärkt und erquickt bist; so must du desto weniger sicher seyn: es kommt oft bald darauf Leiden, Kampf und Versuchung, und bey Untreu und Verwahrlosung solcher grossen Gnade, desto grössere Züchtigung. Also fürchte dich, ja freue dich mit Zittern, und führe die Freude in die De- muth und Gelindigkeit gegen andere, sonst wirst du fallen.
Sey, o Mensch! nicht so vermessen, wenn auch andre sich vergehn, Wundre dich nicht, denk auch nicht: o! so werd ichs nimmer machen: Denn erhält dich GOtt nicht selber, wirst du es noch mehr versehn. Drum so fürchte dich vor dir, halt nur an mit Flehn und Wachen. Siehe nicht auf andre Menschen, du vergissest dich dabey. Mancher wäre nicht gefallen; wär er in der Demuth treu, Und im Richten nicht so scharf. Wer sich über andre setzet, Und nicht läßt die Schwachen stehen, wird oft unter sie gebeugt. Trage nun, (GOtt träget dich,) weil, wer sich für stärker schätzet, Da, wenn er am meisten träget, nur die meiste Stärke zeigt.
16. Mart.
Die wir ſtark ſind, ſollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen, und nicht Gefallen an uns ſelber haben. Röm. 15, 1. Siehe auf dich ſelbſt, daß du nicht auch verſuchet werdeſt. Gal. 6, 1. (Denn) wer biſt du, daß du einen fremden Knecht richteſt? Röm. 14, 4. Wenn du ganz beſonders geſtärkt und erquickt biſt; ſo muſt du deſto weniger ſicher ſeyn: es kommt oft bald darauf Leiden, Kampf und Verſuchung, und bey Untreu und Verwahrloſung ſolcher groſſen Gnade, deſto gröſſere Züchtigung. Alſo fürchte dich, ja freue dich mit Zittern, und führe die Freude in die De- muth und Gelindigkeit gegen andere, ſonſt wirſt du fallen.
Sey, o Menſch! nicht ſo vermeſſen, wenn auch andre ſich vergehn, Wundre dich nicht, denk auch nicht: o! ſo werd ichs nimmer machen: Denn erhält dich GOtt nicht ſelber, wirſt du es noch mehr verſehn. Drum ſo fürchte dich vor dir, halt nur an mit Flehn und Wachen. Siehe nicht auf andre Menſchen, du vergiſſeſt dich dabey. Mancher wäre nicht gefallen; wär er in der Demuth treu, Und im Richten nicht ſo ſcharf. Wer ſich über andre ſetzet, Und nicht läßt die Schwachen ſtehen, wird oft unter ſie gebeugt. Trage nun, (GOtt träget dich,) weil, wer ſich für ſtärker ſchätzet, Da, wenn er am meiſten träget, nur die meiſte Stärke zeigt.
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[85[75]/0087]
16. Mart.
Die wir ſtark ſind, ſollen der Schwachen Gebrechlichkeit tragen,
und nicht Gefallen an uns ſelber haben. Röm. 15, 1. Siehe auf
dich ſelbſt, daß du nicht auch verſuchet werdeſt. Gal. 6, 1. (Denn)
wer biſt du, daß du einen fremden Knecht richteſt? Röm. 14, 4. Wenn
du ganz beſonders geſtärkt und erquickt biſt; ſo muſt du deſto weniger ſicher
ſeyn: es kommt oft bald darauf Leiden, Kampf und Verſuchung, und bey
Untreu und Verwahrloſung ſolcher groſſen Gnade, deſto gröſſere Züchtigung.
Alſo fürchte dich, ja freue dich mit Zittern, und führe die Freude in die De-
muth und Gelindigkeit gegen andere, ſonſt wirſt du fallen.
Sey, o Menſch! nicht ſo vermeſſen, wenn auch andre ſich vergehn,
Wundre dich nicht, denk auch nicht: o! ſo werd ichs nimmer machen:
Denn erhält dich GOtt nicht ſelber, wirſt du es noch mehr verſehn.
Drum ſo fürchte dich vor dir, halt nur an mit Flehn und Wachen.
Siehe nicht auf andre Menſchen, du vergiſſeſt dich dabey.
Mancher wäre nicht gefallen; wär er in der Demuth treu,
Und im Richten nicht ſo ſcharf. Wer ſich über andre ſetzet,
Und nicht läßt die Schwachen ſtehen, wird oft unter ſie gebeugt.
Trage nun, (GOtt träget dich,) weil, wer ſich für ſtärker ſchätzet,
Da, wenn er am meiſten träget, nur die meiſte Stärke zeigt.
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Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 85[75]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/87>, abgerufen am 17.07.2024.
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