Niemand ist gut, denn der einige GOtt. Matth. 19, 17. (Hingegen) ist alles Tichten und Trachten unsers Herzens nur böse immer- dar. 1 Mos. 6, 5. Ein Christ fühlet stündlich die böse Unart des Herzens mit Neue, und hält sich daher für den allergebrechlichsten; ein Heuchler weiß von wenig Sünde, u. hält sich für besser als andere. Drum lerne dich fühlen, wie von Natur kein Bluts-Tropfen Gutes in dir ist, sonst bist du nicht recht bußfertig. Hast du dich aber so erkannt und bekehrt, so sey nicht vermessen, als wärest du schon über alle Berge hinweg; nach vielen Jahren wirst du erst noch erkennen, was für Greuel in dir stecken, so du nicht gedacht hättest. Du must dich also im- mer mehr vor deinem Herzen fürchten, und an der blossen Gnade hangen, wie ein armer, bußfertiger Sünder, der hinaus geführet wird; sonst ist der Phari- säer gleich wieder da. Wer sich ganz und gar in allem, als einen Sünder ansie- het, an dem von Natur nichts Gutes ist, und alles in Christo sucht, der hat auch Theil an dem ganzen Verdienste Christi, und kan sich in Christo als einen ganz Gerechten ansehen. Nun HErr! hilf, daß ich mit Reue immer mehr erken- ne und abthue; ich vermag wohl nichts, aber mein Trost ist, daß du allein gut bist, und also alles Gute auch selbst allein in mir wirken kanst und wilst.
Drum was mir fehlt und dir soll taugen, will ich aus deinen Wunden saugen.
7. Dec.
Niemand iſt gut, denn der einige GOtt. Matth. 19, 17. (Hingegen) iſt alles Tichten und Trachten unſers Herzens nur böſe immer- dar. 1 Moſ. 6, 5. Ein Chriſt fühlet ſtündlich die böſe Unart des Herzens mit Neue, und hält ſich daher für den allergebrechlichſten; ein Heuchler weiß von wenig Sünde, u. hält ſich für beſſer als andere. Drum lerne dich fühlen, wie von Natur kein Bluts-Tropfen Gutes in dir iſt, ſonſt biſt du nicht recht bußfertig. Haſt du dich aber ſo erkannt und bekehrt, ſo ſey nicht vermeſſen, als wäreſt du ſchon über alle Berge hinweg; nach vielen Jahren wirſt du erſt noch erkennen, was für Greuel in dir ſtecken, ſo du nicht gedacht hätteſt. Du muſt dich alſo im- mer mehr vor deinem Herzen fürchten, und an der bloſſen Gnade hangen, wie ein armer, bußfertiger Sünder, der hinaus geführet wird; ſonſt iſt der Phari- ſäer gleich wieder da. Wer ſich ganz und gar in allem, als einen Sünder anſie- het, an dem von Natur nichts Gutes iſt, und alles in Chriſto ſucht, der hat auch Theil an dem ganzen Verdienſte Chriſti, und kan ſich in Chriſto als einen ganz Gerechten anſehen. Nun HErr! hilf, daß ich mit Reue immer mehr erken- ne und abthue; ich vermag wohl nichts, aber mein Troſt iſt, daß du allein gut biſt, und alſo alles Gute auch ſelbſt allein in mir wirken kanſt und wilſt.
Drum was mir fehlt und dir ſoll taugen, will ich aus deinen Wunden ſaugen.
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7. Dec.
Niemand iſt gut, denn der einige GOtt. Matth. 19, 17. (Hingegen)
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dar. 1 Moſ. 6, 5. Ein Chriſt fühlet ſtündlich die böſe Unart des Herzens mit
Neue, und hält ſich daher für den allergebrechlichſten; ein Heuchler weiß von
wenig Sünde, u. hält ſich für beſſer als andere. Drum lerne dich fühlen, wie von
Natur kein Bluts-Tropfen Gutes in dir iſt, ſonſt biſt du nicht recht bußfertig.
Haſt du dich aber ſo erkannt und bekehrt, ſo ſey nicht vermeſſen, als wäreſt du
ſchon über alle Berge hinweg; nach vielen Jahren wirſt du erſt noch erkennen,
was für Greuel in dir ſtecken, ſo du nicht gedacht hätteſt. Du muſt dich alſo im-
mer mehr vor deinem Herzen fürchten, und an der bloſſen Gnade hangen, wie
ein armer, bußfertiger Sünder, der hinaus geführet wird; ſonſt iſt der Phari-
ſäer gleich wieder da. Wer ſich ganz und gar in allem, als einen Sünder anſie-
het, an dem von Natur nichts Gutes iſt, und alles in Chriſto ſucht, der hat auch
Theil an dem ganzen Verdienſte Chriſti, und kan ſich in Chriſto als einen ganz
Gerechten anſehen. Nun HErr! hilf, daß ich mit Reue immer mehr erken-
ne und abthue; ich vermag wohl nichts, aber mein Troſt iſt, daß du allein gut
biſt, und alſo alles Gute auch ſelbſt allein in mir wirken kanſt und wilſt.
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Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/357>, abgerufen am 17.02.2025.
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