Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.14. Ian. Beschicke dein Haus, denn du wirst sterben. 2 Kön. 10, 1. (HErr) HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal sterben muß, Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß, Nicht schnell, eh' Herz und Haus bestellt, mich unbereitet überfällt. Laß mir mit iedem Glockenschlage den letzten vorgestellet seyn: Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein; Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geistes rechte Wachsamkeit. Ach laß mich doch von alles scheiden, was nicht mit in den Himmel geht; Ja laß mich alles, alles meiden, was in dem Tode nicht besteht, Was manchem da erst Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht. Besonders laß den schnöden Lüsten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir, Und wenn sich solche Greuel brüsten; so stelle bald den Tod mir für, Auf daß sich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erst Schmerz erregt. 14. Ian. Beſchicke dein Haus, denn du wirſt ſterben. 2 Kön. 10, 1. (HErr) HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal ſterben muß, Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß, Nicht ſchnell, eh’ Herz und Haus beſtellt, mich unbereitet überfällt. Laß mir mit iedem Glockenſchlage den letzten vorgeſtellet ſeyn: Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein; Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geiſtes rechte Wachſamkeit. Ach laß mich doch von alles ſcheiden, was nicht mit in den Himmel geht; Ja laß mich alles, alles meiden, was in dem Tode nicht beſteht, Was manchem da erſt Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht. Beſonders laß den ſchnöden Lüſten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir, Und wenn ſich ſolche Greuel brüſten; ſo ſtelle bald den Tod mir für, Auf daß ſich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erſt Schmerz erregt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0026" n="14"/> <div n="2"> <dateline>14. <hi rendition="#aq">Ian.</hi></dateline><lb/> <p><hi rendition="#in">B</hi><hi rendition="#fr">eſchicke dein Haus, denn du wirſt ſterben.</hi> 2 Kön. 10, 1. (HErr)<lb/><hi rendition="#fr">Lehre uns bedenken, daß wir ſterben müſſen, auf daß wir klug<lb/> werden.</hi> Wer wol nicht grobe Laſter hat, aber doch nicht die Welt ver-<lb/> leugnet, ſondern manches mitmacht, den hält man für fromm, und auch für<lb/> klug, als der das rechte Mittel träfe, nicht zu weit ginge, und alles zur Sün-<lb/> de machte: aber dieſe thörichte Klugheit beſtehet nicht im Tode; denn was<lb/> werden da die vertanzt, verſchwätzt, verſpielten Stunden nutzen?</p><lb/> <lg type="poem"> <l>HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal ſterben muß,</l><lb/> <l>Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß,</l><lb/> <l>Nicht ſchnell, eh’ Herz und Haus beſtellt, mich <hi rendition="#fr">unbereitet</hi> überfällt.</l><lb/> <l>Laß mir mit iedem Glockenſchlage den letzten vorgeſtellet ſeyn:</l><lb/> <l>Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein;</l><lb/> <l>Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geiſtes rechte Wachſamkeit.</l><lb/> <l>Ach laß mich doch von <hi rendition="#fr">alles</hi> ſcheiden, was nicht mit in den Himmel geht;</l><lb/> <l>Ja laß mich alles, <hi rendition="#fr">alles</hi> meiden, was in dem Tode nicht beſteht,</l><lb/> <l>Was manchem da erſt Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht.</l><lb/> <l>Beſonders laß den ſchnöden Lüſten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir,</l><lb/> <l>Und wenn ſich ſolche Greuel brüſten; ſo ſtelle bald den Tod mir für,</l><lb/> <l>Auf daß ſich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erſt Schmerz erregt.</l> </lg> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [14/0026]
14. Ian.
Beſchicke dein Haus, denn du wirſt ſterben. 2 Kön. 10, 1. (HErr)
Lehre uns bedenken, daß wir ſterben müſſen, auf daß wir klug
werden. Wer wol nicht grobe Laſter hat, aber doch nicht die Welt ver-
leugnet, ſondern manches mitmacht, den hält man für fromm, und auch für
klug, als der das rechte Mittel träfe, nicht zu weit ginge, und alles zur Sün-
de machte: aber dieſe thörichte Klugheit beſtehet nicht im Tode; denn was
werden da die vertanzt, verſchwätzt, verſpielten Stunden nutzen?
HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal ſterben muß,
Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß,
Nicht ſchnell, eh’ Herz und Haus beſtellt, mich unbereitet überfällt.
Laß mir mit iedem Glockenſchlage den letzten vorgeſtellet ſeyn:
Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein;
Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geiſtes rechte Wachſamkeit.
Ach laß mich doch von alles ſcheiden, was nicht mit in den Himmel geht;
Ja laß mich alles, alles meiden, was in dem Tode nicht beſteht,
Was manchem da erſt Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht.
Beſonders laß den ſchnöden Lüſten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir,
Und wenn ſich ſolche Greuel brüſten; ſo ſtelle bald den Tod mir für,
Auf daß ſich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erſt Schmerz erregt.
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