So ziehet nun an, als die Auserwählten GOttes, Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld, und vertrage einer den andern. Ueber alles aber ziehet an die Liebe. Col. 3, 12. 13. 14. Richtet nicht etc. Matth. 7, 1. Und denke keiner kein arges in seinem Herzen wider seinen Näch- sten. Zach. 8, 17. sondern denke: Vielleicht ist es bey mir ein Argwohn, es mag wol nicht so übel gemeinet seyn. Die Liebe trägt alles, und hofft immer das Beste: denn wir können im Urtheilen hundert mal für ein mal fehlen. Sind Worte des sel. Herrn Prof. Franckens, solche merken sich die, welche im Ur- theilen so geschwinde und übereilend sind.
Wenn Ungeduld und Zorn sich regen, so laß, o Lamm! mich doch erwegen, Wie du mich wohl getragen hast, so trag ich auch der Schwachen Last. Will sich was hohes in mir brüsten, ja will der Tadel-Geist sich rüsten: So stelle mir bald klärlich dar; wer ich denn bin, und wer ich war. Die Demuth sey der Gnadenriegel, des Nächsten Fehler mir ein Spiegel, In dem ich meine Fehler schau, und gar nicht auf mich selber bau: Denn wer allhier auf Höhen steiget, der wird durch manchen Sturm gebeuget, Wer sich ins Thal der Demuth legt, der wird durch keinen Fall bewegt.
Q
29. Aug.
So ziehet nun an, als die Auserwählten GOttes, Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld, und vertrage einer den andern. Ueber alles aber ziehet an die Liebe. Col. 3, 12. 13. 14. Richtet nicht ꝛc. Matth. 7, 1. Und denke keiner kein arges in ſeinem Herzen wider ſeinen Näch- ſten. Zach. 8, 17. ſondern denke: Vielleicht iſt es bey mir ein Argwohn, es mag wol nicht ſo übel gemeinet ſeyn. Die Liebe trägt alles, und hofft immer das Beſte: denn wir können im Urtheilen hundert mal für ein mal fehlen. Sind Worte des ſel. Herrn Prof. Franckens, ſolche merken ſich die, welche im Ur- theilen ſo geſchwinde und übereilend ſind.
Wenn Ungeduld und Zorn ſich regen, ſo laß, o Lamm! mich doch erwegen, Wie du mich wohl getragen haſt, ſo trag ich auch der Schwachen Laſt. Will ſich was hohes in mir brüſten, ja will der Tadel-Geiſt ſich rüſten: So ſtelle mir bald klärlich dar; wer ich denn bin, und wer ich war. Die Demuth ſey der Gnadenriegel, des Nächſten Fehler mir ein Spiegel, In dem ich meine Fehler ſchau, und gar nicht auf mich ſelber bau: Denn wer allhier auf Höhen ſteiget, der wird durch manchen Sturm gebeuget, Wer ſich ins Thal der Demuth legt, der wird durch keinen Fall bewegt.
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29. Aug.
So ziehet nun an, als die Auserwählten GOttes, Heiligen und
Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth,
Sanftmuth, Geduld, und vertrage einer den andern. Ueber alles
aber ziehet an die Liebe. Col. 3, 12. 13. 14. Richtet nicht ꝛc. Matth. 7, 1.
Und denke keiner kein arges in ſeinem Herzen wider ſeinen Näch-
ſten. Zach. 8, 17. ſondern denke: Vielleicht iſt es bey mir ein Argwohn, es mag
wol nicht ſo übel gemeinet ſeyn. Die Liebe trägt alles, und hofft immer das
Beſte: denn wir können im Urtheilen hundert mal für ein mal fehlen. Sind
Worte des ſel. Herrn Prof. Franckens, ſolche merken ſich die, welche im Ur-
theilen ſo geſchwinde und übereilend ſind.
Wenn Ungeduld und Zorn ſich regen, ſo laß, o Lamm! mich doch erwegen,
Wie du mich wohl getragen haſt, ſo trag ich auch der Schwachen Laſt.
Will ſich was hohes in mir brüſten, ja will der Tadel-Geiſt ſich rüſten:
So ſtelle mir bald klärlich dar; wer ich denn bin, und wer ich war.
Die Demuth ſey der Gnadenriegel, des Nächſten Fehler mir ein Spiegel,
In dem ich meine Fehler ſchau, und gar nicht auf mich ſelber bau:
Denn wer allhier auf Höhen ſteiget, der wird durch manchen Sturm gebeuget,
Wer ſich ins Thal der Demuth legt, der wird durch keinen Fall
bewegt.
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Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/253>, abgerufen am 16.02.2025.
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