Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.Ich billige sonst Duelle bei gewöhnlichen Belei¬ -- So will ich Ihnen denn die Erbschaftsge¬ Ich billige ſonſt Duelle bei gewöhnlichen Belei¬ — So will ich Ihnen denn die Erbſchaftsge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <div> <pb facs="#f0082" n="70"/> <p>Ich billige ſonſt Duelle bei gewöhnlichen Belei¬<lb/> digungen nicht. Die ſogenannte Ehre iſt nichts, als<lb/> die falſche Münze der Tugend, ein kindiſches und<lb/> nichtswürdiges Ordensbändchen, das ſich der Hoch¬<lb/> muth der Ariſtokratie erfunden, damit ihre Verdienſt¬<lb/> loſigkeit zu ſchmücken. Aber Duelle aus politiſchen<lb/> Gründen preiſe ich. Man ſtirbt für die Freiheit ſo<lb/> ehrenvoll in einem Zweikampfe und auf dem Schaf¬<lb/> fotte, als auf dem Schlachtfelde.</p><lb/> <p>— So will ich Ihnen denn die Erbſchaftsge¬<lb/> ſchichte der Mars erzählen. Bei dieſer Gelegenheit<lb/> aber muß ich die Künſtlerin um Verzeihung bitten;<lb/> ich habe ihr großes Unrecht gethan. Wie ich geſtern<lb/> in einer Biographie geleſen, iſt ſie 1778 geboren,<lb/> alſo gegenwärtig erſt 55 Jahre alt und nicht 60,<lb/> wie ich neulich gewiß nicht aus Bosheit, aber aus<lb/> jugendlichem Leichtſinne behauptet hatte. Es geſchah<lb/> vor vielen Jahren, daß ein alter reicher Marquis<lb/> ſich in die Mars verliebte. Aber ſie erbarmte ſich<lb/> ſeiner nicht. Er ſchrieb ihr ſeidne Liebesbriefe, hoch<lb/> und weich ausgepolſtert mit Bankzetteln; die Edle<lb/> ſchickte ihm den Flaum ſammt dem Ueberzuge zu¬<lb/> rück. Kürzlich befreite der Tod den armen Marquis<lb/> von ſeinen Liebesleiden. Einmal fuhr er über den<lb/> Platz Vendome der Wagen wurde umgeworfen, und<lb/> der Marquis brach ein Bein. Man eilte herbei<lb/> ihm zu helfen und ihn nach Hauſe zu tragen. Aber<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0082]
Ich billige ſonſt Duelle bei gewöhnlichen Belei¬
digungen nicht. Die ſogenannte Ehre iſt nichts, als
die falſche Münze der Tugend, ein kindiſches und
nichtswürdiges Ordensbändchen, das ſich der Hoch¬
muth der Ariſtokratie erfunden, damit ihre Verdienſt¬
loſigkeit zu ſchmücken. Aber Duelle aus politiſchen
Gründen preiſe ich. Man ſtirbt für die Freiheit ſo
ehrenvoll in einem Zweikampfe und auf dem Schaf¬
fotte, als auf dem Schlachtfelde.
— So will ich Ihnen denn die Erbſchaftsge¬
ſchichte der Mars erzählen. Bei dieſer Gelegenheit
aber muß ich die Künſtlerin um Verzeihung bitten;
ich habe ihr großes Unrecht gethan. Wie ich geſtern
in einer Biographie geleſen, iſt ſie 1778 geboren,
alſo gegenwärtig erſt 55 Jahre alt und nicht 60,
wie ich neulich gewiß nicht aus Bosheit, aber aus
jugendlichem Leichtſinne behauptet hatte. Es geſchah
vor vielen Jahren, daß ein alter reicher Marquis
ſich in die Mars verliebte. Aber ſie erbarmte ſich
ſeiner nicht. Er ſchrieb ihr ſeidne Liebesbriefe, hoch
und weich ausgepolſtert mit Bankzetteln; die Edle
ſchickte ihm den Flaum ſammt dem Ueberzuge zu¬
rück. Kürzlich befreite der Tod den armen Marquis
von ſeinen Liebesleiden. Einmal fuhr er über den
Platz Vendome der Wagen wurde umgeworfen, und
der Marquis brach ein Bein. Man eilte herbei
ihm zu helfen und ihn nach Hauſe zu tragen. Aber
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