Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.waren die Rachefurien der Monarchie, sie ka¬ Eine Frau hatte im Garten eine Nelke abge¬ waren die Rachefurien der Monarchie, ſie ka¬ Eine Frau hatte im Garten eine Nelke abge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div> <p><pb facs="#f0036" n="24"/> waren die <hi rendition="#g">Rachefurien der Monarchie</hi>, ſie ka¬<lb/> men hinter der Sünde. Die Feinde der Freiheit<lb/> möchten gern die Strafe für das Verbrechen erſchei¬<lb/> nen laſſen. Die angſtzitternden Diener Beaumar¬<lb/> chais, waren im Hauſe zurückgeblieben und konnten<lb/> ſpäter ihrem Herrn von dem Hergange erzählen. In<lb/> dem reichen und vollen Hauſe wurde nichts entwendet,<lb/> auch nicht von dem Werthe eines Pfennigs. Kein<lb/> Glas Wein wurde angenommen, die Wuthentbrann¬<lb/> ten löſchten ihren Durſt mit Waſſer. Der zer¬<lb/> lumpte Kerl, der die Rotte anführte, erklärte es<lb/> würde jeder niedergeſtochen, der nur etwas anrühre.</p><lb/> <p>Eine Frau hatte im Garten eine Nelke abge¬<lb/> brochen; ſie bekam dreißig Ohrfeigen, und wäre bei¬<lb/> nahe im Springbrunnen erſäuft worden. Als Beau¬<lb/> marchais den andern Morgen in ſein Haus zurück¬<lb/> kehrte, war er erſtaunt, alle ſeine Schätze wiederzu¬<lb/> finden. Er war <hi rendition="#g">erſtaunt</hi> — ſo wenig verſtand er<lb/> die Revolution, er der doch ſelbſt dreißig Jahre<lb/> daran gearbeitet! Er ſtarb 1799 in ſeinem ſieben¬<lb/> zigſten Jahre, bei ungeſchwächter Kraft des Körpers<lb/> und des Geiſtes; nur ſeine Heiterkeit hatte er ver¬<lb/> loren. Ein Freund, der ihn noch wenige Stunden<lb/> vor ſeinem Tode, ohne das geringſte Zeichen von<lb/> Uebelbefinden geſehen, äußerte die Vermuthung, er<lb/> möchte ſich freiwillig das Leben geraubt haben.<lb/> Beaumarchais ſagte ihm beim Scheiden: „<hi rendition="#g">Ich bin<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0036]
waren die Rachefurien der Monarchie, ſie ka¬
men hinter der Sünde. Die Feinde der Freiheit
möchten gern die Strafe für das Verbrechen erſchei¬
nen laſſen. Die angſtzitternden Diener Beaumar¬
chais, waren im Hauſe zurückgeblieben und konnten
ſpäter ihrem Herrn von dem Hergange erzählen. In
dem reichen und vollen Hauſe wurde nichts entwendet,
auch nicht von dem Werthe eines Pfennigs. Kein
Glas Wein wurde angenommen, die Wuthentbrann¬
ten löſchten ihren Durſt mit Waſſer. Der zer¬
lumpte Kerl, der die Rotte anführte, erklärte es
würde jeder niedergeſtochen, der nur etwas anrühre.
Eine Frau hatte im Garten eine Nelke abge¬
brochen; ſie bekam dreißig Ohrfeigen, und wäre bei¬
nahe im Springbrunnen erſäuft worden. Als Beau¬
marchais den andern Morgen in ſein Haus zurück¬
kehrte, war er erſtaunt, alle ſeine Schätze wiederzu¬
finden. Er war erſtaunt — ſo wenig verſtand er
die Revolution, er der doch ſelbſt dreißig Jahre
daran gearbeitet! Er ſtarb 1799 in ſeinem ſieben¬
zigſten Jahre, bei ungeſchwächter Kraft des Körpers
und des Geiſtes; nur ſeine Heiterkeit hatte er ver¬
loren. Ein Freund, der ihn noch wenige Stunden
vor ſeinem Tode, ohne das geringſte Zeichen von
Uebelbefinden geſehen, äußerte die Vermuthung, er
möchte ſich freiwillig das Leben geraubt haben.
Beaumarchais ſagte ihm beim Scheiden: „Ich bin
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