lichen Gestalt und des freien Herzens- Wahlrechts hoch! Halleluja! Halleluja!
-- Nichts ist schwerer im menschlichen Leben -- ausgenommen einen Zitronenkern herausfischen, wenn er am Boden eines vollen Glases Limonade liegt -- als es mit den Deutschen acht Tage hinter einander gut zu meinen, so sehr sie es auch verdie¬ nen und so unglücklich sie auch sind. So oft ich über sie weine, haben meine Thränen nicht Zeit zu trocknen, und ich muß schon wieder lachen. So oft ich über sie lache -- nun freilich das kann niemals lange dauern. Es ist nicht meine Schuld. Auch der beste Mensch, der doch jedes Kind, so oft es hinfällt mitleidig aufhebt, obzwar keine Gefahr dabei ist, muß doch lachen, wenn er einen erwachsenen Menschen fallen sieht, der sich doch so leicht beschä¬ digen kann. Das deutsche Volk ist ein solch erwach¬ sener Mensch mit Kindesbeinen, und man muß la¬ chen so oft es auf den Kopf fällt. Es ist gar zu ungeschickt, zu zerstreut, zu gelehrt. Da sind Rotteck und Welcker, Männer die es gewiß gut meinen, und auf welche sonst so viele als auf ihre Erretter sagen. Sie haben der guten Sache mehr geschadet als deren schlimmste Feinde. Sie haben sich und ihre Leidensgenossen aus der Sklaverei befreiet, ließen aber
lichen Geſtalt und des freien Herzens- Wahlrechts hoch! Halleluja! Halleluja!
— Nichts iſt ſchwerer im menſchlichen Leben — ausgenommen einen Zitronenkern herausfiſchen, wenn er am Boden eines vollen Glaſes Limonade liegt — als es mit den Deutſchen acht Tage hinter einander gut zu meinen, ſo ſehr ſie es auch verdie¬ nen und ſo unglücklich ſie auch ſind. So oft ich über ſie weine, haben meine Thränen nicht Zeit zu trocknen, und ich muß ſchon wieder lachen. So oft ich über ſie lache — nun freilich das kann niemals lange dauern. Es iſt nicht meine Schuld. Auch der beſte Menſch, der doch jedes Kind, ſo oft es hinfällt mitleidig aufhebt, obzwar keine Gefahr dabei iſt, muß doch lachen, wenn er einen erwachſenen Menſchen fallen ſieht, der ſich doch ſo leicht beſchä¬ digen kann. Das deutſche Volk iſt ein ſolch erwach¬ ſener Menſch mit Kindesbeinen, und man muß la¬ chen ſo oft es auf den Kopf fällt. Es iſt gar zu ungeſchickt, zu zerſtreut, zu gelehrt. Da ſind Rotteck und Welcker, Männer die es gewiß gut meinen, und auf welche ſonſt ſo viele als auf ihre Erretter ſagen. Sie haben der guten Sache mehr geſchadet als deren ſchlimmſte Feinde. Sie haben ſich und ihre Leidensgenoſſen aus der Sklaverei befreiet, ließen aber
<TEI><text><body><divn="1"><div><p><hirendition="#g"><pbfacs="#f0202"n="190"/>
lichen Geſtalt und des freien Herzens-<lb/>
Wahlrechts hoch</hi>! Halleluja! Halleluja!</p><lb/><p>— Nichts iſt ſchwerer im menſchlichen Leben<lb/>— ausgenommen einen Zitronenkern herausfiſchen,<lb/>
wenn er am Boden eines vollen Glaſes Limonade<lb/>
liegt — als es mit den Deutſchen acht Tage hinter<lb/>
einander gut zu meinen, ſo ſehr ſie es auch verdie¬<lb/>
nen und ſo unglücklich ſie auch ſind. So oft ich<lb/>
über ſie weine, haben meine Thränen nicht Zeit zu<lb/>
trocknen, und ich muß ſchon wieder lachen. So oft<lb/>
ich über ſie lache — nun freilich das kann niemals<lb/>
lange dauern. Es iſt nicht meine Schuld. Auch<lb/>
der beſte Menſch, der doch jedes Kind, ſo oft es<lb/>
hinfällt mitleidig aufhebt, obzwar keine Gefahr dabei<lb/>
iſt, muß doch lachen, wenn er einen erwachſenen<lb/>
Menſchen fallen ſieht, der ſich doch ſo leicht beſchä¬<lb/>
digen kann. Das deutſche Volk iſt ein ſolch erwach¬<lb/>ſener Menſch mit Kindesbeinen, und man muß la¬<lb/>
chen ſo oft es auf den Kopf fällt. Es iſt gar zu<lb/>
ungeſchickt, zu zerſtreut, zu gelehrt. Da ſind Rotteck<lb/>
und Welcker, Männer die es gewiß gut meinen,<lb/>
und auf welche ſonſt ſo viele als auf ihre Erretter<lb/>ſagen. Sie haben der guten Sache mehr geſchadet<lb/>
als deren ſchlimmſte Feinde. Sie haben ſich und ihre<lb/>
Leidensgenoſſen aus der Sklaverei befreiet, ließen aber<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[190/0202]
lichen Geſtalt und des freien Herzens-
Wahlrechts hoch! Halleluja! Halleluja!
— Nichts iſt ſchwerer im menſchlichen Leben
— ausgenommen einen Zitronenkern herausfiſchen,
wenn er am Boden eines vollen Glaſes Limonade
liegt — als es mit den Deutſchen acht Tage hinter
einander gut zu meinen, ſo ſehr ſie es auch verdie¬
nen und ſo unglücklich ſie auch ſind. So oft ich
über ſie weine, haben meine Thränen nicht Zeit zu
trocknen, und ich muß ſchon wieder lachen. So oft
ich über ſie lache — nun freilich das kann niemals
lange dauern. Es iſt nicht meine Schuld. Auch
der beſte Menſch, der doch jedes Kind, ſo oft es
hinfällt mitleidig aufhebt, obzwar keine Gefahr dabei
iſt, muß doch lachen, wenn er einen erwachſenen
Menſchen fallen ſieht, der ſich doch ſo leicht beſchä¬
digen kann. Das deutſche Volk iſt ein ſolch erwach¬
ſener Menſch mit Kindesbeinen, und man muß la¬
chen ſo oft es auf den Kopf fällt. Es iſt gar zu
ungeſchickt, zu zerſtreut, zu gelehrt. Da ſind Rotteck
und Welcker, Männer die es gewiß gut meinen,
und auf welche ſonſt ſo viele als auf ihre Erretter
ſagen. Sie haben der guten Sache mehr geſchadet
als deren ſchlimmſte Feinde. Sie haben ſich und ihre
Leidensgenoſſen aus der Sklaverei befreiet, ließen aber
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/202>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.