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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

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"durfte, mitgetheilt hat. Eidgenossen! Nach solchen
"Schandthaten dürfen wir nicht mehr allein die
"Henker von Modena und Lissabon verwünschen.
"Die Preußisch-Neufchateller Zwerg-Tyrannen, haben
"sich zur Höhe jener zu erheben gewußt. Das
"sind die Qualen, welche unsere Brüder in den
"Gefängnissen von Neufchatel, und alle die, welche
"die würdige Regierung dort noch hineinführen kann,
"täglich zu erdulden haben! Berner! das ist das
"Schicksal, welches jeden Augenblick Meuren bedroht.
"Und im Herzen der Schweiz mit seinen milden
"und patriarchalischen Sitten, und im Herzen der
"republikanischen Schweiz werden solche monarchisch-
"aristokratische Schandthaten geduldet!

Und warum sie nicht dulden, wenn sie aus so
guten lieben Händen kommen? Der preußische
Staat ist der glücklichste der Welt, er hat die aller¬
besten Schulen. Dort wird das Volk gründlich zum
constitutionellen Leben erzogen; in den Schulen muß
die Freiheit von der Pike auf, vom a b c an dienen.
Sie halten jetzt schon am a, b ab; im zwanzigsten
Jahrhunderte kommen sie an das b, a ba und nach
eben so viel Jahrhunderten als das Alphabet Buch¬
staben hat, werden die Reichsstände zusammen¬
gerufen. Was mich aber an dieser schönen Ge¬
schichte von dem Menschenkäfig am meisten ergötzte,
war der Scepter, dieses heilige Kreuz worauf man

„durfte, mitgetheilt hat. Eidgenoſſen! Nach ſolchen
„Schandthaten dürfen wir nicht mehr allein die
„Henker von Modena und Liſſabon verwünſchen.
„Die Preußiſch-Neufchateller Zwerg-Tyrannen, haben
„ſich zur Höhe jener zu erheben gewußt. Das
„ſind die Qualen, welche unſere Brüder in den
„Gefängniſſen von Neufchatel, und alle die, welche
„die würdige Regierung dort noch hineinführen kann,
„täglich zu erdulden haben! Berner! das iſt das
„Schickſal, welches jeden Augenblick Meuren bedroht.
„Und im Herzen der Schweiz mit ſeinen milden
„und patriarchaliſchen Sitten, und im Herzen der
„republikaniſchen Schweiz werden ſolche monarchiſch-
„ariſtokratiſche Schandthaten geduldet!

Und warum ſie nicht dulden, wenn ſie aus ſo
guten lieben Händen kommen? Der preußiſche
Staat iſt der glücklichſte der Welt, er hat die aller¬
beſten Schulen. Dort wird das Volk gründlich zum
conſtitutionellen Leben erzogen; in den Schulen muß
die Freiheit von der Pike auf, vom a b c an dienen.
Sie halten jetzt ſchon am a, b ab; im zwanzigſten
Jahrhunderte kommen ſie an das b, a ba und nach
eben ſo viel Jahrhunderten als das Alphabet Buch¬
ſtaben hat, werden die Reichsſtände zuſammen¬
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[5/0017] „durfte, mitgetheilt hat. Eidgenoſſen! Nach ſolchen „Schandthaten dürfen wir nicht mehr allein die „Henker von Modena und Liſſabon verwünſchen. „Die Preußiſch-Neufchateller Zwerg-Tyrannen, haben „ſich zur Höhe jener zu erheben gewußt. Das „ſind die Qualen, welche unſere Brüder in den „Gefängniſſen von Neufchatel, und alle die, welche „die würdige Regierung dort noch hineinführen kann, „täglich zu erdulden haben! Berner! das iſt das „Schickſal, welches jeden Augenblick Meuren bedroht. „Und im Herzen der Schweiz mit ſeinen milden „und patriarchaliſchen Sitten, und im Herzen der „republikaniſchen Schweiz werden ſolche monarchiſch- „ariſtokratiſche Schandthaten geduldet! Und warum ſie nicht dulden, wenn ſie aus ſo guten lieben Händen kommen? Der preußiſche Staat iſt der glücklichſte der Welt, er hat die aller¬ beſten Schulen. Dort wird das Volk gründlich zum conſtitutionellen Leben erzogen; in den Schulen muß die Freiheit von der Pike auf, vom a b c an dienen. Sie halten jetzt ſchon am a, b ab; im zwanzigſten Jahrhunderte kommen ſie an das b, a ba und nach eben ſo viel Jahrhunderten als das Alphabet Buch¬ ſtaben hat, werden die Reichsſtände zuſammen¬ gerufen. Was mich aber an dieſer ſchönen Ge¬ ſchichte von dem Menſchenkäfig am meiſten ergötzte, war der Scepter, dieſes heilige Kreuz worauf man

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/17>, abgerufen am 24.11.2024.