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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

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furt habe ich ein großes Kommissionslager von Liebe
und Anbetung und jede Gesandtschaft kann sich dort
für ihren Herrn soviel davon holen, als ihm nach
Verhältniß seiner Civilliste zukömmt. Steht aber
wieder einmal ein baierischer Patriot unter dem Bilde
seines Königs, das er anzubeten verurtheilt worden,
werde ich ihn mit meinem Geheimnisse von seiner
Schande loskaufen. Mein Finanzplan geht in's Rie¬
senhafte, und ist so groß als das was ich damit zu
bezahlen gedenke. Ihnen will ich ihn gleich anver¬
trauen.

Im menschlichen Blute ist wie bekannt, Eisen
enthalten. Jetzt hat sich neulich ein hiesiger Chemi¬
ker zu dem Versuche angeboten, aus dem Blute ei¬
nes verstorbenen Menschen so viel Eisen zu ziehen,
daß man daraus eine Denkmünze von der Größe
eines Vierzigfrankenstücks prägen könne ... Ich
sehe vorher, ein Spitzbube von königlichem geheimen
Finanzrathe fällt mir hier in das Wort und sagt:
der Vertrag gilt nichts, wir wissen Ihr Geheimniß
schon .... Das ist Betrug, Herr Geheimer Fi¬
nanzrath! Freilich wissen Sie jetzt mein Geheim¬
niß, aber haben Sie es früher gewußt? Es ist
das Ei des Columbus. Nein, der Vertrag gilt;
Ihr sollt jenem armen blassen Jüngling dort, nicht
das Herz brechen; er soll nicht das Götzenbild eines

furt habe ich ein großes Kommiſſionslager von Liebe
und Anbetung und jede Geſandtſchaft kann ſich dort
für ihren Herrn ſoviel davon holen, als ihm nach
Verhältniß ſeiner Civilliſte zukömmt. Steht aber
wieder einmal ein baieriſcher Patriot unter dem Bilde
ſeines Königs, das er anzubeten verurtheilt worden,
werde ich ihn mit meinem Geheimniſſe von ſeiner
Schande loskaufen. Mein Finanzplan geht in's Rie¬
ſenhafte, und iſt ſo groß als das was ich damit zu
bezahlen gedenke. Ihnen will ich ihn gleich anver¬
trauen.

Im menſchlichen Blute iſt wie bekannt, Eiſen
enthalten. Jetzt hat ſich neulich ein hieſiger Chemi¬
ker zu dem Verſuche angeboten, aus dem Blute ei¬
nes verſtorbenen Menſchen ſo viel Eiſen zu ziehen,
daß man daraus eine Denkmünze von der Größe
eines Vierzigfrankenſtücks prägen könne ... Ich
ſehe vorher, ein Spitzbube von königlichem geheimen
Finanzrathe fällt mir hier in das Wort und ſagt:
der Vertrag gilt nichts, wir wiſſen Ihr Geheimniß
ſchon .... Das iſt Betrug, Herr Geheimer Fi¬
nanzrath! Freilich wiſſen Sie jetzt mein Geheim¬
niß, aber haben Sie es früher gewußt? Es iſt
das Ei des Columbus. Nein, der Vertrag gilt;
Ihr ſollt jenem armen blaſſen Jüngling dort, nicht
das Herz brechen; er ſoll nicht das Götzenbild eines

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[92/0104] furt habe ich ein großes Kommiſſionslager von Liebe und Anbetung und jede Geſandtſchaft kann ſich dort für ihren Herrn ſoviel davon holen, als ihm nach Verhältniß ſeiner Civilliſte zukömmt. Steht aber wieder einmal ein baieriſcher Patriot unter dem Bilde ſeines Königs, das er anzubeten verurtheilt worden, werde ich ihn mit meinem Geheimniſſe von ſeiner Schande loskaufen. Mein Finanzplan geht in's Rie¬ ſenhafte, und iſt ſo groß als das was ich damit zu bezahlen gedenke. Ihnen will ich ihn gleich anver¬ trauen. Im menſchlichen Blute iſt wie bekannt, Eiſen enthalten. Jetzt hat ſich neulich ein hieſiger Chemi¬ ker zu dem Verſuche angeboten, aus dem Blute ei¬ nes verſtorbenen Menſchen ſo viel Eiſen zu ziehen, daß man daraus eine Denkmünze von der Größe eines Vierzigfrankenſtücks prägen könne ... Ich ſehe vorher, ein Spitzbube von königlichem geheimen Finanzrathe fällt mir hier in das Wort und ſagt: der Vertrag gilt nichts, wir wiſſen Ihr Geheimniß ſchon .... Das iſt Betrug, Herr Geheimer Fi¬ nanzrath! Freilich wiſſen Sie jetzt mein Geheim¬ niß, aber haben Sie es früher gewußt? Es iſt das Ei des Columbus. Nein, der Vertrag gilt; Ihr ſollt jenem armen blaſſen Jüngling dort, nicht das Herz brechen; er ſoll nicht das Götzenbild eines

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/104>, abgerufen am 24.11.2024.