Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

denn bei ihnen fielen dann alle akustischen Täuschun¬
gen weg, es blieben nur noch die optischen übrig;
ihre Höfe könnten sie um die Hälfte weniger betrügen,
und ihre Völker wären um die Hälfte weniger un¬
glücklich. Aber dumm, wäre dumm. Man braucht
mehr Verstand die Griechen zu regieren, als das
ganze übrige Europa zusammengenommen. Diese
Entdeckung von den schönen Eigenschaften des Kö¬
nigs Otto, hat viel dazu beigetragen die französische
Kammer bedenklich zu machen, ob sie die Garantie
bewilligen solle, welche die Regierung für den drit¬
ten Theil des griechischen Anleihens zu übernehmen
versprochen. Der Zeitungsredakteur ging mit dem
Briefe, den er von einem baierischen geflüchteten Pa¬
trioten aus Straßburg erhielt, zu Düpin, wo an
dem Tage die Deputirten versammelt waren; dort
theilte er seine Nachrichten mit, von welchen er den
wichtigsten Theil, ich weiß nicht warum, nicht drucken
ließ, und sie machten einen großen Eindruck, der auf
die Kommission der Kammer über ging. Aber was
liegt daran? Sowohl die alt- als die neubaierischen
Herzen, die von München wie die aus dem Spessart,
sind, seit ihnen der Professor Thiersch erzählt, das
Sophokles und Aechylus mit dichterischer Begeiste¬
rung vom Bier gesprochen, so entzückt über die He¬
lenesirung ihres Ottos, daß sie die noch fehlenden
zwanzig Millionen gern hergeben werden und sollten

denn bei ihnen fielen dann alle akuſtiſchen Täuſchun¬
gen weg, es blieben nur noch die optiſchen übrig;
ihre Höfe könnten ſie um die Hälfte weniger betrügen,
und ihre Völker wären um die Hälfte weniger un¬
glücklich. Aber dumm, wäre dumm. Man braucht
mehr Verſtand die Griechen zu regieren, als das
ganze übrige Europa zuſammengenommen. Dieſe
Entdeckung von den ſchönen Eigenſchaften des Kö¬
nigs Otto, hat viel dazu beigetragen die franzöſiſche
Kammer bedenklich zu machen, ob ſie die Garantie
bewilligen ſolle, welche die Regierung für den drit¬
ten Theil des griechiſchen Anleihens zu übernehmen
verſprochen. Der Zeitungsredakteur ging mit dem
Briefe, den er von einem baieriſchen geflüchteten Pa¬
trioten aus Straßburg erhielt, zu Düpin, wo an
dem Tage die Deputirten verſammelt waren; dort
theilte er ſeine Nachrichten mit, von welchen er den
wichtigſten Theil, ich weiß nicht warum, nicht drucken
ließ, und ſie machten einen großen Eindruck, der auf
die Kommiſſion der Kammer über ging. Aber was
liegt daran? Sowohl die alt- als die neubaieriſchen
Herzen, die von München wie die aus dem Speſſart,
ſind, ſeit ihnen der Profeſſor Thierſch erzählt, das
Sophokles und Aechylus mit dichteriſcher Begeiſte¬
rung vom Bier geſprochen, ſo entzückt über die He¬
leneſirung ihres Ottos, daß ſie die noch fehlenden
zwanzig Millionen gern hergeben werden und ſollten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="88"/>
denn bei ihnen fielen dann alle aku&#x017F;ti&#x017F;chen Täu&#x017F;chun¬<lb/>
gen weg, es blieben nur noch die opti&#x017F;chen übrig;<lb/>
ihre Höfe könnten &#x017F;ie um die Hälfte weniger betrügen,<lb/>
und ihre Völker wären um die Hälfte weniger un¬<lb/>
glücklich. Aber <hi rendition="#g">dumm</hi>, wäre dumm. Man braucht<lb/>
mehr Ver&#x017F;tand die Griechen zu regieren, als das<lb/>
ganze übrige Europa zu&#x017F;ammengenommen. Die&#x017F;e<lb/>
Entdeckung von den &#x017F;chönen Eigen&#x017F;chaften des Kö¬<lb/>
nigs Otto, hat viel dazu beigetragen die franzö&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Kammer bedenklich zu machen, ob &#x017F;ie die Garantie<lb/>
bewilligen &#x017F;olle, welche die Regierung für den drit¬<lb/>
ten Theil des griechi&#x017F;chen Anleihens zu übernehmen<lb/>
ver&#x017F;prochen. Der Zeitungsredakteur ging mit dem<lb/>
Briefe, den er von einem baieri&#x017F;chen geflüchteten Pa¬<lb/>
trioten aus Straßburg erhielt, zu Düpin, wo an<lb/>
dem Tage die Deputirten ver&#x017F;ammelt waren; dort<lb/>
theilte er &#x017F;eine Nachrichten mit, von welchen er den<lb/>
wichtig&#x017F;ten Theil, ich weiß nicht warum, nicht drucken<lb/>
ließ, und &#x017F;ie machten einen großen Eindruck, der auf<lb/>
die Kommi&#x017F;&#x017F;ion der Kammer über ging. Aber was<lb/>
liegt daran? Sowohl die alt- als die neubaieri&#x017F;chen<lb/>
Herzen, die von München wie die aus dem Spe&#x017F;&#x017F;art,<lb/>
&#x017F;ind, &#x017F;eit ihnen der Profe&#x017F;&#x017F;or Thier&#x017F;ch erzählt, das<lb/>
Sophokles und Aechylus mit dichteri&#x017F;cher Begei&#x017F;te¬<lb/>
rung vom Bier ge&#x017F;prochen, &#x017F;o entzückt über die He¬<lb/>
lene&#x017F;irung ihres Ottos, daß &#x017F;ie die noch fehlenden<lb/>
zwanzig Millionen gern hergeben werden und &#x017F;ollten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0100] denn bei ihnen fielen dann alle akuſtiſchen Täuſchun¬ gen weg, es blieben nur noch die optiſchen übrig; ihre Höfe könnten ſie um die Hälfte weniger betrügen, und ihre Völker wären um die Hälfte weniger un¬ glücklich. Aber dumm, wäre dumm. Man braucht mehr Verſtand die Griechen zu regieren, als das ganze übrige Europa zuſammengenommen. Dieſe Entdeckung von den ſchönen Eigenſchaften des Kö¬ nigs Otto, hat viel dazu beigetragen die franzöſiſche Kammer bedenklich zu machen, ob ſie die Garantie bewilligen ſolle, welche die Regierung für den drit¬ ten Theil des griechiſchen Anleihens zu übernehmen verſprochen. Der Zeitungsredakteur ging mit dem Briefe, den er von einem baieriſchen geflüchteten Pa¬ trioten aus Straßburg erhielt, zu Düpin, wo an dem Tage die Deputirten verſammelt waren; dort theilte er ſeine Nachrichten mit, von welchen er den wichtigſten Theil, ich weiß nicht warum, nicht drucken ließ, und ſie machten einen großen Eindruck, der auf die Kommiſſion der Kammer über ging. Aber was liegt daran? Sowohl die alt- als die neubaieriſchen Herzen, die von München wie die aus dem Speſſart, ſind, ſeit ihnen der Profeſſor Thierſch erzählt, das Sophokles und Aechylus mit dichteriſcher Begeiſte¬ rung vom Bier geſprochen, ſo entzückt über die He¬ leneſirung ihres Ottos, daß ſie die noch fehlenden zwanzig Millionen gern hergeben werden und ſollten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/100
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/100>, abgerufen am 24.11.2024.