Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.Mittwoch, den 28. November. In Frankfurt haben sie ja den Wilhelm Tell Mittwoch, den 28. November. In Frankfurt haben ſie ja den Wilhelm Tell <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0066" n="54"/> <div> <dateline rendition="#right">Mittwoch, den 28. November.</dateline><lb/> <p>In Frankfurt haben ſie ja den Wilhelm Tell<lb/> verboten! Sie verbieten auch noch die Baſeler Leb¬<lb/> kuchen wegen der Unruhen im Lande. Es iſt merk¬<lb/> würdig was die deutſchen Regierungen für ein Ta¬<lb/> lent beſitzen, in die ſchrecklichſten Geſchichten Lächer¬<lb/> liches zu bringen. Wenn ich höre was ſie thun und<lb/> ſprechen, weine ich mit dem rechten Auge und lache<lb/> mit dem linken. Der König von Baiern läßt ſich<lb/> von allen Städten, Dörfern und Flecken ſeines Rei¬<lb/> ches Deputationen ſchicken, die ihm, ſeinem Sohn,<lb/> den Baiern, am meiſten aber Griechenland ſelbſt<lb/> Glück wünſchen, daß ein baieriſches Kind den griechi¬<lb/> ſchen Thron beſteigt. Was mich am meiſten kränkt,<lb/> iſt, daß auch die Bürger von Feuchtwangen ſtolz auf<lb/> Griechenland ſind; daß ich aber als Kind eine Zeit<lb/> lang unter ihnen gelebt — darauf ſind ſie nicht ſtolz<lb/> die dummen Philiſter. O welche Zeiten! Jetzt muß<lb/> man die bürgerlichen Reden und die königlichen Ant¬<lb/> worten hören. Hellas, Dinkelsbühl und deutſche<lb/> Gauen! Denn um keinen Preis der Welt würde<lb/> König Otto Griechenland anders nennen als Hellas,<lb/> und die deutſchen Schmachfelder anders als deutſche<lb/> Gauen. Und wie König Otto den Bürgermeiſter<lb/> von Nürnberg ſagte: er möge nicht daran vergeſſen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0066]
Mittwoch, den 28. November.
In Frankfurt haben ſie ja den Wilhelm Tell
verboten! Sie verbieten auch noch die Baſeler Leb¬
kuchen wegen der Unruhen im Lande. Es iſt merk¬
würdig was die deutſchen Regierungen für ein Ta¬
lent beſitzen, in die ſchrecklichſten Geſchichten Lächer¬
liches zu bringen. Wenn ich höre was ſie thun und
ſprechen, weine ich mit dem rechten Auge und lache
mit dem linken. Der König von Baiern läßt ſich
von allen Städten, Dörfern und Flecken ſeines Rei¬
ches Deputationen ſchicken, die ihm, ſeinem Sohn,
den Baiern, am meiſten aber Griechenland ſelbſt
Glück wünſchen, daß ein baieriſches Kind den griechi¬
ſchen Thron beſteigt. Was mich am meiſten kränkt,
iſt, daß auch die Bürger von Feuchtwangen ſtolz auf
Griechenland ſind; daß ich aber als Kind eine Zeit
lang unter ihnen gelebt — darauf ſind ſie nicht ſtolz
die dummen Philiſter. O welche Zeiten! Jetzt muß
man die bürgerlichen Reden und die königlichen Ant¬
worten hören. Hellas, Dinkelsbühl und deutſche
Gauen! Denn um keinen Preis der Welt würde
König Otto Griechenland anders nennen als Hellas,
und die deutſchen Schmachfelder anders als deutſche
Gauen. Und wie König Otto den Bürgermeiſter
von Nürnberg ſagte: er möge nicht daran vergeſſen,
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