Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.viele Menschen diese dummen Lügen annehmen; viele Menſchen dieſe dummen Lügen annehmen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0057" n="45"/> viele Menſchen dieſe dummen Lügen annehmen;<lb/> denn ſie brauchten nur die Hand nach ihrem Bücher¬<lb/> ſchranke auszuſtrecken, ſie brauchten nur eine Stunde<lb/> lang die Weltgeſchichte zu durchblättern, um mit<lb/> Schaamröthe zu erfahren, wie grob man ſie getäuſcht.<lb/> Drei Jahre haben die Gräuel der franzöſiſchen Re¬<lb/> volution gedauert, dieſe rechnet man; aber daß die<lb/> ſchweizeriſche Republik jetzt ſchon fünf hundert Jahre<lb/> ſchuldlos lebt, daß die amerikaniſche Republik keinen<lb/> Tropfen Bürgerblut gekoſtet, daß Rom ein halbes<lb/> Jahrtauſend, daß Athen, Sparta, die italieniſchen<lb/> Republiken des Mittelalters, die vielen freien Städte<lb/> Deutſchlands ein vielhundertjähriges Leben glücklich<lb/> und ruhmvoll vollendet, das rechnet man nicht!<lb/> Seitdem der letzte Römer fiel, von Auguſtus bis<lb/> Don Miguel, durch neunzehen Jahrhunderte, haben<lb/> tauſend Königsgeſchlechter die Welt gemartert, durch¬<lb/> mordet, vergiftet — das rechnet man nicht! und die<lb/> Gewaltthätigkeiten der franzöſiſchen Revolution haben<lb/> nur das ſinnliche Glück derer zerſtört, welche jene<lb/> betroffen; aber die Gewaltthätigkeiten der Monar¬<lb/> chien haben die Sittlichkeit der Bürger verdorben,<lb/> haben Treue, Recht, Wahrheit, Glaube und Liebe<lb/> rund umher <choice><sic>ansgerottet</sic><corr>ausgerottet</corr></choice> und haben uns nicht bloß<lb/> unglücklich gemacht, ſondern uns auch ſo umgeſchaf¬<lb/> fen daß wir unſer Unglück verdienten. Am Grabe<lb/> der Schlachtopfer der Revolution darf man doch wei¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0057]
viele Menſchen dieſe dummen Lügen annehmen;
denn ſie brauchten nur die Hand nach ihrem Bücher¬
ſchranke auszuſtrecken, ſie brauchten nur eine Stunde
lang die Weltgeſchichte zu durchblättern, um mit
Schaamröthe zu erfahren, wie grob man ſie getäuſcht.
Drei Jahre haben die Gräuel der franzöſiſchen Re¬
volution gedauert, dieſe rechnet man; aber daß die
ſchweizeriſche Republik jetzt ſchon fünf hundert Jahre
ſchuldlos lebt, daß die amerikaniſche Republik keinen
Tropfen Bürgerblut gekoſtet, daß Rom ein halbes
Jahrtauſend, daß Athen, Sparta, die italieniſchen
Republiken des Mittelalters, die vielen freien Städte
Deutſchlands ein vielhundertjähriges Leben glücklich
und ruhmvoll vollendet, das rechnet man nicht!
Seitdem der letzte Römer fiel, von Auguſtus bis
Don Miguel, durch neunzehen Jahrhunderte, haben
tauſend Königsgeſchlechter die Welt gemartert, durch¬
mordet, vergiftet — das rechnet man nicht! und die
Gewaltthätigkeiten der franzöſiſchen Revolution haben
nur das ſinnliche Glück derer zerſtört, welche jene
betroffen; aber die Gewaltthätigkeiten der Monar¬
chien haben die Sittlichkeit der Bürger verdorben,
haben Treue, Recht, Wahrheit, Glaube und Liebe
rund umher ausgerottet und haben uns nicht bloß
unglücklich gemacht, ſondern uns auch ſo umgeſchaf¬
fen daß wir unſer Unglück verdienten. Am Grabe
der Schlachtopfer der Revolution darf man doch wei¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |