Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.Dienstag, den 13. November. Ein herrliches deutsches Buch habe ich hier ge¬ Dienſtag, den 13. November. Ein herrliches deutſches Buch habe ich hier ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0024" n="12"/> <div> <dateline rendition="#right">Dienſtag, den 13. November.</dateline><lb/> <p>Ein herrliches deutſches Buch habe ich hier ge¬<lb/> leſen; ſchicken Sie gleich hin es holen zu laſſen.<lb/><hi rendition="#g">Briefe eines Narren an eine Närrin</hi>. Auch<lb/> in Hamburg bei Campe erſchienen, der ſeine Freude<lb/> daran hat, die Briefe aller Narren an alle Närrin¬<lb/> nen drucken zu laſſen. Es iſt ſo ſchnell abwechſelnd<lb/> erhaben und tief, daß Sie vielleicht müde werden es<lb/> zu leſen, ich bin es ſelbſt geworden und bin doch ein<lb/> beſſerer Kopfhänger als Sie. Aber es iſt der An¬<lb/> ſtrengung werth. Der Narr iſt ein ſchöner und edler<lb/> Geiſt und ſo unbekümmert um die ſchöne Form, wel¬<lb/> cher oft die beſten Schriftſteller ihr Beſtes aufopfern,<lb/> daß dieſe, wie jede Kokette, weil verſchmäht, ſich ihm<lb/> ſo eifriger zudringt. Der Verfaſſer ſchreibt ſchön<lb/> ohne es zu wollen. Er iſt ein Republikaner wie alle<lb/> Narren; denn wenn die Republikaner klug wären,<lb/> dann bliebe ihnen nicht lange mehr etwas zu wünſchen<lb/> übrig und ſie gewönnen Zeit ſich zu verlieben und<lb/> Novellen zu ſchreiben. Nichts kommt ihm lächerlicher<lb/> vor als das monarchiſche Weſen, nichts ſündlicher gegen<lb/> Gott und die Natur. Er theilt meinen Abſcheu gegen<lb/> die vergötterten großen Männer der Geſchichte und<lb/> meint, die ſchöne Zeit werde kommen, wo es wie<lb/> keine Hofräthe, ſo auch keine Helden mehr geben<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0024]
Dienſtag, den 13. November.
Ein herrliches deutſches Buch habe ich hier ge¬
leſen; ſchicken Sie gleich hin es holen zu laſſen.
Briefe eines Narren an eine Närrin. Auch
in Hamburg bei Campe erſchienen, der ſeine Freude
daran hat, die Briefe aller Narren an alle Närrin¬
nen drucken zu laſſen. Es iſt ſo ſchnell abwechſelnd
erhaben und tief, daß Sie vielleicht müde werden es
zu leſen, ich bin es ſelbſt geworden und bin doch ein
beſſerer Kopfhänger als Sie. Aber es iſt der An¬
ſtrengung werth. Der Narr iſt ein ſchöner und edler
Geiſt und ſo unbekümmert um die ſchöne Form, wel¬
cher oft die beſten Schriftſteller ihr Beſtes aufopfern,
daß dieſe, wie jede Kokette, weil verſchmäht, ſich ihm
ſo eifriger zudringt. Der Verfaſſer ſchreibt ſchön
ohne es zu wollen. Er iſt ein Republikaner wie alle
Narren; denn wenn die Republikaner klug wären,
dann bliebe ihnen nicht lange mehr etwas zu wünſchen
übrig und ſie gewönnen Zeit ſich zu verlieben und
Novellen zu ſchreiben. Nichts kommt ihm lächerlicher
vor als das monarchiſche Weſen, nichts ſündlicher gegen
Gott und die Natur. Er theilt meinen Abſcheu gegen
die vergötterten großen Männer der Geſchichte und
meint, die ſchöne Zeit werde kommen, wo es wie
keine Hofräthe, ſo auch keine Helden mehr geben
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