Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.Dienstag, den 15. Januar. Ein preußischer Naturforscher wollte eine wissen¬ 14 *
Dienſtag, den 15. Januar. Ein preußiſcher Naturforſcher wollte eine wiſſen¬ 14 *
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Dienſtag, den 15. Januar.
Ein preußiſcher Naturforſcher wollte eine wiſſen¬
ſchaftliche Reiſe nach Nordamerika machen und bat
ſeinen König um Unterſtützung. Dieſer antwortete:
Amerika ſey ſchon genug ausgeforſcht, aber in Si¬
birien wären noch die ſchönſten Entdeckungen zu ma¬
chen. Als ſich nun ein anderer Naturforſcher fand
der ſich bereitwillig zu Sibirien erklärte, bekam er
achthundert Thaler Reiſegeld. Iſt das nicht artig?
ja, dieſes Amerika thut ihnen wehe wie ein hohler
Zahn und ſtört ſie im Schlafe. Wenn es nur zu
plombiren wäre! Eine Republik ohne Guillotine —
und ſie ſagen uns doch ſeit vierzig Jahren: Repu¬
blik und Guillotine, das wäre Alle eins! Freiheit
ohne Blut — und ſie lehren doch der Hofraths-Ju¬
gend in allen Schulen: die Freiheit ſey eine Art
Fiſch der nur im rothen Meere lebe! Aber ſie hof¬
fen ſehr auf eine beſſere Zukunft, auf Blut und
Königthum auch in der neuen Welt. Sie haben es
längſt vorher geſagt, das Band welches die verſchie¬
denen Länder Amerikas aneinander knüpfe würde bald
zerriſſen und dann würden die vereinigten Staaten
aus der gottloſen Liſte der Republiken geſtrichen und
in die heilige Civilliſte geſetzt werden. Und in dieſen
Tagen hat ſich wirklich ereignet, daß eine Provinz
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Zitationshilfe: | Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/223>, abgerufen am 16.02.2025. |